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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. Dezember 2018 um 8:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Aus für Finanztransaktionssteuer
  2. Das ist ein milliardenschwerer Gefallen für Reiche
  3. Frankreich
  4. Berater hatten mehr Einfluss in der Bundeswehr als bislang bekannt
  5. Wenn der Schuldenabbau ärmer macht
  6. 70 Mrd. in Stiftungen: Die Reichsten sind erst billig rein und wollen jetzt noch billiger raus
  7. Schweizer Dorf will Grundeinkommen ausprobieren – doch nun fehlt das Geld
  8. Man hat wieder Personal
  9. Der Mensch ist wichtiger als das Auto
  10. Die Linke und die „Open Borders“
  11. Am Pranger
  12. Andalusien: Ultrarechte feiern Erfolg
  13. Erika Steinbach, die Stiftung und die Millionen
  14. Dr. Gniffkes Macht um Acht: Auftrieb zum neuen Krim-Krieg
  15. Die erfundene Guillotine der „Gelbwesten“
  16. 100 Jahre Novemberrevolution – Die materielle Bestätigung

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Aus für Finanztransaktionssteuer
    Das Aus für die Finanztransaktionssteuer ist ein weiterer Beweis dafür, dass die politische Macht des Finanzsektors ungebrochen ist. „Letztlich haben sich nicht die Interessen der Mehrheit der Menschen durchgesetzt, sondern jene Regierungen, denen die Profite des Finanzsektors wichtiger sind als seine Stabilisierung und Beteiligung an den Krisenkosten“, sagt Detlev von Larcher von Attac Deutschland. „Anders als sein Vorgänger hat Bundefinanzminister Olaf Scholz dabei von vornherein jegliches Engagement für eine Finanztransaktionssteuer missen lassen.“
    Dabei ist in vielen europäischen Ländern laut Umfragen die Mehrheit der Menschen für die Finanztransaktionssteuer, in Deutschland und Österreich sind es rund zwei Drittel.
    So schlecht die Entscheidung auch ist, sie kommt nicht überraschend. Schon seit dem Vorstoß von Frankreichs Präsident Macron vom September 2017 war klar, dass nur noch eine minimale Chance für die Steuer besteht. Auch ein offener Brief hunderter europäischer Organisationen vergangene Woche wurde von den Finanzministern ignoriert.
    Das Aus für die Finanztransaktionssteuer ist ein weiterer Beleg für den fehlenden Willen der Regierungen, den Finanzsektor infolge der Krise 2008 ernsthaft zu regulieren. Detlev von Larcher: „Egal ob die Zerteilung systemrelevanter Banken, die Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken, die Regulierung von Schattenbanken oder ein Verbot riskanter Finanzprodukte und Geschäftspraktiken – keine dieser Mindestanforderungen für eine strengere Regulierung des Finanzsektors wurde umgesetzt. Auch die Eigenkapitalanforderungen für Großbanken sind nach wie vor viel zu niedrig. Das Risiko einer schweren Finanzkrise ist heute nicht geringer als 2008. Und im Ernstfall müssen dann wieder die Bürgerinnen und Bürger die Kosten tragen.“
    Der aktuelle deutsch-französische Vorschlag sieht vor, statt der Finanztransaktionssteuer in der gesamten EU eine reine Aktiensteuer einzuführen. Das ist zugleich der Ausstieg aus den bisherigen Vereinbarungen jener 10 EU-Länder, welche die Steuer bisher verhandelt haben. Eine reine Aktiensteuer ist keine Finanztransaktionssteuer sondern ihr Ende. Denn mit einer Aktiensteuer nicht erfasst wären genau jene Finanzinstrumente, die der Spekulation dienen und die Wirtschaft destabilisieren – darunter Derivate und alle außerbörslichen Transaktionen. Damit würde auch die erhoffte Lenkungsfunktion der Steuer völlig entfallen.
    Quelle: attac

    Dazu: Deutsch-französische Finanztransaktionssteuer ist eine Fake-Steuer
    Das ist eine Fake-Finanztransaktionssteuer. Der Ex-Investmentbanker Macron will mit einer Börsenumsatzsteuer die französischen Megabanken schonen. Olaf Scholz versteckt sich hinter Frankreich, um zehn Jahre nach der Finanzkrise die Finanztransaktionssteuer kalt zu beerdigen”, kommentiert Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, den deutsch-französischen Vorstoß zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer. De Masi weiter:
    „Die Ausnahme von Derivaten im deutsch-französischen Modell wird Ausweichreaktionen provozieren. Damit wird etwa der Hochfrequenzhandel nicht wirksam eingeschränkt. Die Anrechnung der Finanzaktionssteuer auf die Beiträge für das Eurozonenbudget ist nicht sachdienlich. Damit soll die Kritik von kleinen EU-Staaten abgewehrt werden, die nur eine echte Finanztransaktionssteuer nach dem österreichischen Vorschlag sinnvoll fänden. Denn der Aufwand für eine Börsenumsatzsteuer lohnt für kleine Staaten kaum. Zudem werden damit neue Widerstände von eben jenen Ländern provoziert, die kein Eurozonenbudget wünschen. Wir brauchen eine echte und umfassende Finanztransaktionssteuer auf alle Finanztransaktionen einschließlich Derivate. Dabei muss eine Kombinationsregelung von Sitz- und Ausgabeland angewendet werden, um eine Umgehung der Steuer auszuschließen. Eine solche Steuer müsste notfalls in einer Koalition williger Staaten bzw. im nationalen Alleingang eingeführt werden – wie es auch führende Unionspolitiker und Sozialdemokraten wiederholt forderten.”
    Quelle: DIE LINKE

  2. Das ist ein milliardenschwerer Gefallen für Reiche
    • Der Kandidat für den CDU-Parteivorsitz, Friedrich Merz, fordert Steuerfreiheit für den Aktienkauf als Form der Altersvorsorge.
    • Politiker von SPD und Grünen kritisieren die Idee, die Reaktionen von Wirtschaftsexperten sind gemischt.
    • Ebenfalls diskutiert werden Merz’ Äußerungen zum Umgang seiner Partei mit der AfD.

    Der Bewerber für den CDU-Vorsitz Friedrich Merz wirbt für seine Idee, eine Altersvorsorge über Aktien steuerlich zu begünstigen. Bei SPD, Grünen und Wirtschaftsexperten stößt der Vorschlag auf Kritik.
    In der Welt am Sonntag warb Merz für einen “jährlichen Freibetrag, unter dem man einen auf Aktien basierten Spar- oder Vorsorgeplan aufbaut”. Er “spreche über eine ergänzende Altersvorsorge, die neben die gesetzliche Rentenversicherung treten muss”, führte der ehemalige Unionsfraktionschef in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin aus.

    • SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider sagte dem Tagesspiegel: “Statt Steuersubventionen für Aktiendeals von wenigen müssen wir die gesetzliche Rente stärken.” Generell sei die Entwicklung in der Union bedenklich: “Soli abschaffen, und mehr Geld für Verteidigung, jetzt auch noch Steuerfreiheit für Aktiendeals. Mit der Abgabe des Finanzministeriums hat die CDU offenbar die Grundrechenarten verlernt.”
    • SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil wies das Vorhaben mit deutlichen Worten zurück: “Was er vorschlägt, ist ein riesiger Schritt in die Privatisierung der Rente”, sagte Klingbeil am Montag. “Das ist ein milliardenschwerer Gefallen für Reiche und vor allem für seine Kollegen bei Blackrock.” Merz ist derzeit Aufsichtsratsvorsitzender beim Vermögensverwalter Blackrock Deutschland.
    • Der Finanzexperte der Grünen-Fraktion Gerhard Schick stimmte im Tagesspiegel zwar der Meinung zu, die Altersvorsorge sollte tatsächlich stärker über produktives Kapital erfolgen. Allerdings fehle es nicht an steuerlicher Förderung, sondern an einem guten und einfachen Angebot, bei dem nicht Banken und Versicherungen die Hand aufhielten.

    Quelle: SZ

    Anmerkung JK: Dass der Vorschlag Merz‘ einzig die Interessen der globalen Finanzindustrie im Blick hat und so an Unverschämtheit nicht zu überbieten ist, steht außer Zweifel, aber dass gerade hier SPD-Chargen für die gesetzliche Rentenversicherung eintreten ist sehr amüsant. War es nicht gerade die SPD, die Privatisierung der Altersvorsorge Tür und Tor geöffnet hat?

    Dazu: Der Aktien-Vorschlag von Merz ist ein zynischer Kapitalisten-Gag
    Die Deutschen sollen mehr Aktien als Altersvorsorge kaufen: Dieser Ratschlag von Friedrich Merz verkennt die Realitäten – und verhöhnt die Menschen, die wenig verdienen, kommentiert Heribert Prantl.
    Quelle: SZ Video via fb

  3. Frankreich
    1. Frankreich erwägt Ausnahmezustand
      Die Proteste gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron waren am Samstag in massive Gewalt umgeschlagen. In den Straßen von Paris kam es zu chaotischen Szenen, als Randalierer Barrikaden errichteten, Autos anzündeten und Fensterscheiben einwarfen. Vermummte zogen zum Teil mit Metallstangen und Äxten durch die Straßen. Der Triumphbogen wurde mit Graffiti besprüht.
      Die Ausschreitungen begannen, als Randalierer am Nachmittag versuchten, in der Nähe des Arc de Triomphe eine Polizeisperre zu durchbrechen und auf die Champs-Élysées zu gelangen. Die Ordnungskräfte gingen mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Dabei standen rund 5000 Polizisten etwa 5500 Protestlern gegenüber.
      An der Eskalation der Situation sollen sich Beobachtern zufolge linksextreme Gruppen genauso beteiligt haben wie rechtsextreme Gruppen und Gewalttäter aus den Vororten. Unter den Verhafteten befinden sich laut Innenminister Christophe Castaner jedoch auch viele normale Demonstranten, die sich von Randgruppen anstacheln ließen. Insgesamt wurden laut Innenminister Castaner 3000 Randalierer identifiziert. Die Randalierer würden vor Gericht gestellt, warnte Präsident Emmanuel Macron.
      Innenminister Christophe Castaner brachte die Verhängung des Ausnahmezustands ins Spiel, um die Sicherheitslage zu stabilisieren. “Bei allem, was zu mehr Sicherheit führt, habe ich kein Tabu. Ich bin bereit, alles zu überprüfen”, erklärte er. Macron berief für Sonntagmittag eine Krisensitzung im Élysée-Palast ein, um geeignete Maßnahmen abzustimmen.
      Bei der Sitzung soll es auch darum gehen, einen Dialog mit den Protestlern aufzunehmen. An die friedlichen Demonstranten werde appelliert, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, sagte ein Regierungssprecher. Die Herausforderung dabei ist, dass die Bewegung bislang weder eine Struktur noch eine Führung hat.
      Die Bewegung der “Gilets Jaunes” (“Gelbwesten”) hatte als spontaner Protest gegen die neue Öko-Mineralölsteuer begonnen und sich mithilfe der sozialen Medien rasant in Frankreich ausgebreitet. Mittlerweile ist sie zum Sammelbecken für den wachsenden Unmut über die Politik von Präsident Emmanuel Macron geworden.
      Quelle: SPON

      Anmerkung JK: In Frankreich kann man nun exemplarisch studieren was passiert, wenn der Protest gegen die Durchsetzung der neoliberalen Agenda überhandnimmt.. Es ist tiefergehend zu fragen, in wie weit der Neoliberalismus nicht ein generelles Klima der Gewalt hervorbringt, indem er die soziale Polarisierung vorantreibt und den Abgehängten und Ungehörten ein tiefes Gefühl der Wertlosigkeit vermittelt, das irgendwann, wie jetzt in Frankreich, in blinde Wut umschlägt. Was die Proteste der der “Gilets Jaunes” für die herrschenden Eliten dabei so gefährlich macht, ist die Tatsache, dass diese offensichtlich völlig außerhalb der üblichen Einhegungsstrukturen sozialen Protestes, wie Gewerkschaften und Parteien, organisiert sind.

      Sehr amüsant auch, Macron hat mit seiner französischen Agenda 2010 die Lebensumstände für viele Bürger massiv verschlechtert und das ohne die Bürger zu fragen. Jetzt fordert er plötzlich zum „Dialog“ auf – nicht ohne gleichzeitig mit dem Ausnahmezustand zu drohen.

      Was wäre wohl geschehen, wenn die Bürger in Deutschland die rot-grüne Agenda 2010 nicht so lammfromm hingenommen und es ähnlich massive Proteste, wie in Frankreich jetzt, gegeben hätte? Allerdings ging die rot-grüne Koalition durchaus geschickter vor, indem sie Durchsetzung der neoliberalen Agenda mit einer Hetzkampagne gegen Erwerbslose und Bezieher staatlicher Fürsorgeleistungen begleitete und den den Bürgern ein entsprechendes Feindbild für ihre Wut gleich dazu geliefert hat.

    2. “Eine klare Warnung an Macron”
      Hunderttausende Franzosen gehen auf die Barrikaden. Viele können sich das Leben nicht mehr leisten, sagt die Autorin Cécile Calla. Der Präsident sei nicht nur bei diesem Thema oft zu arrogant.
      Hunderttausende Menschen, viele in gelben Warnwesten, demonstrieren seit fast zwei Wochen in Frankreich. Sie legten ganze Straßen lahm, es kam zu Ausschreitungen und Verletzten. Auslöser war die neue Ökosteuer auf Sprit, mit der Präsident Emmanuel Macron eine neue Klimapolitik einleitet. Doch längst protestieren viele Franzosen auch gegen den Präsidenten selbst. Sie prangern die soziale Ungleichheit im Land an, sie fühlen sich abgehängt und von der Regierung vergessen.
      Am Dienstag hat Macron einen Schritt auf die “Gelben Westen” zugemacht und seine Reform etwas abgeschwächt. Doch die Wut, die viele auf die Straße bringt, wird damit nicht verschwinden, sagt die französische Journalistin und Autorin Cécile Calla. Macron müsse seine Politik sozial verträglich machen und sich den Franzosen besser als bisher erklären. Sonst drohe bei der Europawahl ein böses Erwachen.
      Calla lebt und arbeitet in Berlin. Von 2006 bis 2010 war sie Korrespondentin der Tageszeitung Le Monde.
      SZ: Frau Calla, viele Franzosen sind so wütend, dass sie seit bald zwei Wochen protestieren. Woher kommt dieser gewaltige Unmut?
      Cécile Calla: Der Unmut ist zwar plötzlich sichtbar durch die Proteste und Barrikaden, aber er ist nicht plötzlich entstanden. Die hohe Arbeitslosigkeit oder die prekären Lebensbedingungen sieht man als Deutscher oft nicht. Man verbindet Frankreich mit Paris, mit Reichtum und Eleganz. Die Demonstranten sind aber aus ländlichen Regionen, den kleinen Städten oder aus der Peripherie. Dort, wo zuletzt Zugverbindungen gestrichen, Krankenhäuser geschlossen wurden, wo die Jobs rar sind. Sie fühlen sich von der Regierung vergessen und verachtet. Die neue Ökosteuer auf Sprit hat das Fass zum Überlaufen gebracht.
      Schon der Wahlkampf 2017 offenbarte eine Spaltung Frankreichs in Stadt und Land, arm und reich. Hat Macron seit seinem Amtsantritt die soziale Ungleichheit zu wenig ernstgenommen?
      Er war nicht komplett untätig, für die Ärmsten der Ärmsten hat er schon einige Maßnahmen verabschiedet. Aber die, die jetzt demonstrieren, sind vor allem aus der Mittelschicht. Es sind Menschen, die arbeiten und deren finanzielle Mittel trotzdem knapp sind. Das hat natürlich nicht Macron alleine zu verantworten, sondern auch die Regierungen vor ihm. Schon 1995 machte Jacques Chirac Wahlkampf mit dem Thema “La fracture sociale”, also mit dem “sozialen Bruch”. Bereits damals wusste man, dass das Land gespalten ist, dass ein Teil der Bevölkerung sich abgehängt und vernachlässigt fühlt. Aber konkrete Maßnahmen gab es seither kaum. Etliche Korruptionsskandale haben dieses Gefühl der Ungerechtigkeit bei vielen Franzosen verstärkt.
      Quelle: SZ
    3. Aufschrei gegen die Arroganz der Elite
      Die “Gilets jaunes” haben kein politisches Programm. Das Gefühl, missachtet zu werden, bringt das Volk gegen die Regierenden auf.
      Egal wie man die Bewegung der “Gilets jaunes” (Gelbe Westen) politisch einordnet, kommt man nicht umhin, sie als Teil der langen Tradition von Volksbewegungen zu sehen, die die französische Geschichte nicht erst seit der Revolution von 1789 prägten.
      Eine 2002 veröffentlichte Studie von Jean Nicolas über die Zeit zwischen 1661 und 1789 fand heraus dass die Probleme, die das vorrevolutionäre Frankreich kurz- und langfristig beschäftigten, hauptsächlich den Widerstand gegen das Finanzsystem und die Staatsgewalt nach sich zogen. Sie führten dann bald zu einer Reform- und Modernisierungsbewegung. Diese Modernisierungen brachten wiederum einen Teil der Gesellschaft aus dem Gleichgewicht; die betroffenen Gruppen reagierten mit heftigem Widerstand auf die schnellen Veränderungen.
      Einen Teil dieser Unzufriedenheit finden wir heute, einige Jahrhunderte später, bei den “Gilets jaunes” wieder. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich dieser Verbindung bewusst sind oder dieses Erbe der Auflehnung gegen die Staatsgewalt explizit für sich beanspruchen. Eine Erkenntnis ist jedoch besorgniserregend: Seit Jahrhunderten, von der Monarchie bis zur gegenwärtigen Republik, besteht ein Konflikt, bei dem auf der einen Seite die Bürgerpflicht steht, Steuern zu zahlen, und auf der anderen Seite die Rolle des Staates in der Wirtschaft.
      Quelle: SÜddeutsche Zeitung
    4. Hilflos und entzaubert
      Es ist gerade einmal anderthalb Jahre her, da wurde Emmanuel Macron als großer Hoffnungsträger gefeiert. Er hatte den Mut, Europa, Klimaschutz und Reformen auf seine Fahnen zu schreiben und gewann trotzdem das Rennen um die Präsidentschaft. Ein starkes Zeichen gegen den überall um sich greifenden Populismus.
      Aber das Wunderkind ist entzaubert. Macron ist noch unpopulärer als seine schon sehr unpopulären Vorgänger. Viele Franzosen sehen in ihm den arroganten Vertreter einer abgehobenen Elite, den Präsidenten der Reichen. Für die senkte er als erstes die Steuern, während er die kleinen Leute, die in der Provinz nur zu oft auf ihr Auto angewiesen sind, mit einer Erhöhung der Spritsteuern vor den Kopf stieß.
      Macron dringt – trotz messbarer Fortschritte – nicht durch mit seinem Plan, Frankreich durch die Energiewende, durch Innovationen, Anreize für Investoren und einen schlankeren Staat fit für die Zukunft zu machen. Er hat übersehen, dass Millionen Franzosen weniger Angst vor dem Ende der Welt als vor dem Monatsende haben, wenn nämlich das Geld nicht mehr reicht.
      Zu Recht oder zu Unrecht, viele Millionen Franzosen sehen ihr Leben als einen einzigen Kampf ums Überleben. Und dieser Zorn bricht sich nun in einer völlig neuen sozialen Bewegung Bahn. Ihr Erkennungszeichen sind die gelben Westen, die Autofahrer bei sich führen müssen, ihr Kampfschrei ist die Erhöhung der Kaufkraft.
      Quelle: Tagesschau

      Anmerkung JK: Oh ha, der noch im vergangenen Jahr in den deutschen „Qualitätsmedien“ als neuer Messias gefeierte Macron plötzlich „hilflos und entzaubert“. Nein, wer nun echte Reflektion erwartet hatte wird enttäuscht, ist doch der Tenor, dass das französische Volk einfach zu beschränkt ist, die großen Visionen Macrons zu verstehen und es schwingt die Angst, der sich immer den Interessen der herrschenden Oligarchie verpflichtet sehenden deutschen „Qualitätsjournalisten“ vor der geballten Wut des Volkes, mit.

  4. Berater hatten mehr Einfluss in der Bundeswehr als bislang bekannt
    In der Affäre um Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe an externe Berater im Verteidigungsministerium kommen neue Details ans Licht. In einem vertraulichen Bericht an den Verteidigungsausschuss des Bundestags räumt das Ministerium ein, dass Externe mehr Einfluss in der Bundeswehr ausübten, als es in diesem Ausmaß bisher bekannt war. So sollen Außenstehende direkt an sogenannten Leistungsbeschreibungen mitgewirkt haben, die den Rahmen für den Einsatz Dritter im Ministerium überhaupt schaffen.
    Stark vereinfacht bedeutet dies, dass Externe selbst über die von ihnen zu erbringenden Leistungen mitbestimmt haben. Dies ist normalerweise Aufgabe der zuständigen Referate im Ministerium. Im Bericht vom 30. November, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, heißt es, aus Unterlagen samt Mailverkehren und Stellungnahmen der Beteiligten habe sich ergeben, “dass Externe durchaus an der Erstellung von Leistungsbeschreibungen für externe Unterstützungsleistungen mitgearbeitet” hätten.
    Der Bericht ist Teil der Bemühungen des Ministeriums, doch noch einen Untersuchungsausschuss des Bundestags abwenden zu können. In mehreren Prüfberichten hatte der Bundesrechnungshof klare Rechtsverstöße und eklatante Mängel bei der Auftragsvergabe an Dritte moniert. Seither sind Haushalts- und Verteidigungspolitiker um Aufklärung des Sachverhalts bemüht. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) musste den Parlamentariern bereits mehrfach Rede und Antwort stehen. Bei einer weiteren Sondersitzung vom 12. Dezember wollen die Abgeordneten entscheiden, ob ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden soll. Die Opposition droht seit Wochen damit.
    Quelle: SZ
  5. Wenn der Schuldenabbau ärmer macht
    Ein Unternehmen ohne Schulden ist ein Kuriosum. Ein Staat ohne Schulden gilt vielen als erstrebenswertes Ideal. Für ein Unternehmen gilt: Wenn der erwartete Ertrag einer Investition größer ist als der Zins für Fremdkapital, dann mehren schuldenfinanzierte Investitionen den Unternehmenswert. Für den Staat sollte Ähnliches gelten, fordert der Internationale Währungsfonds in seinem im Oktober veröffentlichen Fiscal Monitor.
    Maastricht-Kriterien und Schuldenbremsen, an denen die Haushaltspolitik in Europa ausgerichtet wird, zielen aber darauf ab, öffentliche Defizite und Schulden zu begrenzen und abzubauen, unabhängig davon, was damit finanziert wird. “Die Konzentration auf Schulden ignoriert große Teile der Regierungsaktivität und leistet illusorischen Fiskalpraktiken Vorschub”, beklagt der Fonds. So könne man zwar durch Verzicht auf Instandhaltung der Infrastruktur das Defizit senken. Aber man vermindere dadurch auch das öffentliche Vermögen, oft sogar überproportional. Zudem gebe es einen übertriebenen Anreiz, öffentliches Vermögen zu verkaufen:
    “Privatisierungen erhöhen die Einnahmen und senken das Defizit, aber sie reduzieren auch die staatlichen Vermögenswerte.”
    Viele Wohnungen in Staatsbesitz wurden aus solchen schuldenkosmetischen Gründen verkauft, was heute den Handlungsspielraum in der Wohnungspolitik einschränkt. Umgekehrt wird eine staatliche Bodenvorratspolitik, die ein ausreichendendes Flächenangebot für Gewerbe und Wohnungsneubau sicherstellt, schwierig, wenn eine Schuldenbremse die Finanzierung auf Kredit verhindert.
    Quelle: Norbert Häring
  6. 70 Mrd. in Stiftungen: Die Reichsten sind erst billig rein und wollen jetzt noch billiger raus
    Die Liste der großen Privatstiftungen in Österreich ist so gut wie identisch mit der Liste der reichsten Österreicher: Pierer, Benko, Glock und Piech – in rund 3.000 Privatstiftungen haben sie gemeinsam ein Vermögen von 70 Mrd. Euro liegen. In ihren Privatstiftungen steckt so viel Geld, wie der Staat Österreich in einem ganzen Jahr einnimmt (2017: 73,8 Mrd). Es ist also um sehr viel Geld für Österreich, wenn die schwarz-blaue Regierung jetzt deutliche Erleichterungen für die Stiftungs-Milliardäre plant, wie der US-Finanznachrichtendienst Bloomberg berichtet.
    Seit 1993 gibt es in Österreich die Möglichkeit sein Vermögen in Privatstiftungen zu parken. Das war unter den reichsten Österreichern vor allem aus steuerlichen Gründen sehr beliebt: Vermögen konnte über die Stiftung vererbt werden, ohne auch nur einen Cent Erbschaftssteuer zu zahlen. Dieser Vorteil fällt seit 2008 weg: Denn seither gibt es in Österreich keine Erbschaftssteuer mehr. Und damit auch keinen Grund, sein Vermögen einer Stiftung zu übertragen.
    70 Mrd. Euro haben Österreichs Milliardäre und Millionäre in Stiftungen gebunden. Das ist fast soviel wie das gesamte Budget des österreichischen Staates, das für 2018 bei 86,6 Mrd. Euro liegt. Doch jetzt klagen Österreichs Reichste über das „Einfrieren von Familienvermögen“ und wollen ihr Geld wieder möglichst günstig aus diesen Stiftungen bekommen.
    Quelle: Kontrast.at
  7. Schweizer Dorf will Grundeinkommen ausprobieren – doch nun fehlt das Geld
    Unter dem Motto “Dorf testet Zukunft” will eine Filmemacherin in Rheingau bei Zürich ein Experiment zum bedingungslosen Grundeinkommen wagen. Doch daraus wird wohl nichts – die Schweizer haben zu wenig Geld gespendet.
    Fast zweieinhalb Jahre ist es her, dass die Schweizer Bevölkerung gegen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens gestimmt hat. Filmemacherin Rebecca Panian wollte im Dorf Rheinau dennoch ein Experiment starten. Jeden Monat sollten Bewohner ein Grundeinkommen erhalten. Der Gedanke dahinter: Man solle die Idee doch erst einmal testen, bevor man sie abschreibt.
    Finanzieren wollte sie das über Crowdfunding. Doch nun fehlt das Geld, wie das Portal swissinfo.ch berichtet. Gut 150.000 Franken sind bisher zusammengekommen (umgerechnet etwa 130.000 Euro). Gebraucht werden aber gut 6,2 Millionen Franken (umgerechnet etwa 5,5 Millionen Euro). […]
    n Kenia und Finnland gab es bereits staatliche Experimente mit dem Grundeinkommen, in Kalifornien und Schottland sind weitere geplant. Die Absichten dahinter sind unterschiedlich. Finnland will Sozialleistungen einsparen. In Kalifornien sucht man die Antwort auf die Frage, wie es weitergehen soll, wenn Roboter die Jobs übernehmen. Die Initiatoren in Kenia interessieren sich für Armutsbekämpfung. Es scheint, als wäre es in der Schweiz dafür noch zu früh.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Man kann ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht lokal „testen“. Die interessanten Erkenntnisse bekommt man doch erst, wenn man die Auswirkungen des BGE auf Lohnstrukturen und Preise und die sich daraus resultierenden Zweitrundeneffekte betrachten kann. Das ist aber nicht möglich, wenn man das BGE nur in einem Dorf „verschenkt“. Solche PR-Aktionen sind wissenschaftlich sinnlos und es ist ärgerlich, dass die Presse bei diesem Thema immer wieder an der seichten Oberfläche bleibt.

  8. Man hat wieder Personal
    Ob Pfleger, Butler oder Putzkraft: etwa 3,6 Millionen Haushalte in Deutschland beschäftigen Hilfspersonal. Und anders als früher hat inzwischen auch die Mittelschicht keine Skrupel mehr, sich bedienen zu lassen – oft für wenig Geld.
    Nach Schätzungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft beschäftigen ca. 3,6 Millionen deutsche Haushalte eine Haushaltshilfe. Christoph Bartmann: „Da gibt es alle möglichen Spielarten von legaler oder illegaler Beschäftigung.“
    Hamburg-Osdorf, ein Stadtteil im Bezirk Altona mit schicken Einfamilienhäusern und noblen Villen. Im Botanischen Garten und den vielen anderen Parks sieht man Spaziergänger, Müßiggänger und Hundesitter. Im alten Bahnhofsgebäude residiert die Agentur Straub.
    „Wir sind eine Personalvermittlung und wir sind spezialisiert auf die Vermittlung von Hauspersonal und bedienen alles, was ein Privathaushalt braucht“, sagt Marketa Straub. Ob Haushälterin, Gärtner, Nanny, Chauffeur, persönliche Assistentin oder Butler – für Inhaberin Marketa Straub, eine studierte Betriebswirtschaftlerin, ist das kein Problem. Die Nachfrage sei groß:
    „Also, wir haben zu Beginn eher den normalen Haushalt gehabt. Für uns war ein Kunde, der zweimal in der Woche fünf Stunden Personal benötigte, ein Großauftrag. Das ist heute eher etwas, was wir nicht bedienen. Heute ist das Mindestvolumen, was wir sagen, 20 Stunden in der Woche. Und die meisten Kunden liegen zwischen 20 und 40 Stunden in der Woche pro Mitarbeiter, den sie benötigen. Wir haben auch Kunden, wo zum Beispiel eine alleinstehende Dame zehn Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt.“
    Die Personalvermittlerin spricht zurückhaltend über ihre Klientel. Diskretion habe Priorität. Man respektiere die Privatsphäre der Kunden. Auf der Referenzliste im Netz finden sich Namen von prominenten Unternehmern und Sportlern. Wer richtig wohlhabend ist, kann sich gutes Personal leisten. Aber auch gutsituierte Mittelstandsfamilien greifen auf die Dienste der Agentur zurück.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  9. Der Mensch ist wichtiger als das Auto
    Es ist so einfach, Autofahrer zu verdammen. Wenn sie einem nicht den Weg abschneiden, verpesten sie die Luft. Sie sitzen in ihren tonnenschweren Fahrzeugen, betrieben von einem Rohstoff fressenden Motor, und bewegen sich in Städten nur meterweise vorwärts. Für Fahrrad fahrende Urbanisten fühlt sich das an, als radle man durch ein düsteres Zukunftsszenario, das bereits Realität ist.
    Dass nun einer der mächtigsten Lobbyisten im Land, der ADAC, fordert, Parkplätze zu vergrößern, für die neueren Autos, die höher und breiter als früher sind, macht fassungslos. Straßen und Parkplätze nehmen längst riesige Flächen in Städten ein – jetzt also noch mehr davon? Man kann es auch so sagen: Die deutschen Autofahrer gleichen sich den amerikanischen an, für die massives Gerät zum Way of Life gehört. Auch für deutsche Autobauer lohnen sich vor allem SUVs. Es tut weh, dieser Unvernunft zuzuschauen.
    Wenn Privateigentum öffentlichen Raum zuparkt und verdreckt, ist das eine gesellschaftliche, ja eine Machtfrage. Die Fahrradfahrer, die Fußgänger und der öffentliche Nahverkehr müssen sich diesen Raum zurückerobern. Städte müssen sich radikal wandeln – und zwar schnell.
    Vielen mag es wie ein müdes Mantra vorkommen, Individualverkehr zu verdammen. Zu oft, zu ziellos wurde es vorgebracht. Zu zahm sind die klingelnden Fahrrad-Demos, zu einfach lassen sich Stadtbewohner mit Helm auf dem Kopf als Gutmenschen verharmlosen. Wer auf dem Land lebt und vom Auto abhängig ist, hält diese Städter oft für arrogant, weil sie kurze Wege gewohnt sind und sich die Mieten leisten können.
    Dabei ist es anmaßend zu glauben, das Stadtleben sei per se privilegiert. Wer einmal länger als fünf Minuten ohne schützendes Auto an einer mehrspurigen Kreuzung stand, an Ampeln neben Lastern ausharren musste, der kann nicht ernsthaft behaupten, das sei Lebensqualität. Sehr viele Menschen leben an solchen Kreuzungen, sehr viele leben beengt.
    Quelle: SZ
  10. Die Linke und die „Open Borders“
    Einst beschränkte sich die Rede von „offenen Grenzen“ auf radikale marktwirtschaftliche Think Tanks und libertäre anarchistische Kreise. Nun ist sie integraler Bestandteil des liberalen Diskurses und führt die Linke in eine existenzielle Krise. (…)
    Das offene Grenzen zu einer „linken“ Position geworden sind, ist ein ganz neues Phänomen und steht in grundlegender Weise im Widerspruch zur Geschichte der organisierten Linken. Offene Grenzen sind seit langem ein Ruf der Wirtschaft nach der „freien Marktwirtschaft“. Ausgehend von neoklassischen Ökonomen haben sich diese Gruppen für eine Liberalisierung der Migration aus Gründen der Marktrationalität und wirtschaftlichen Freiheit ausgesprochen. Sie lehnen Migrationsbegrenzungen aus dem gleichen Grund ab wie sie Beschränkungen des Kapitalverkehrs ablehnen.
    Das von den Gebrüdern Koch finanzierte Cato Institute, das sich auch für die Aufhebung gesetzlicher Beschränkungen der Kinderarbeit einsetzt, trommelt seit Jahrzehnten für offene Grenzen. Sie seien ein essentieller Grundsatz des Liberalismus: „Forget the wall already, it’s time for the U.S. to have open borders. „Das Adam Smith Institute agitiert in die gleiche Richtung , weil „Einwanderungsbeschränkungen uns ärmer machen“.
    Nach Reagan und Figuren wie Milton Friedman, setzte sich George W. Bush für die Liberalisierung der Migration vor, während und nach seiner Präsidentschaft ein. Grover Norquist, ein eifriger Verfechter von Reagans, Bushs und Trumps Steuersenkungen, schimpft seit Jahren gegen den Illiberalismus der Gewerkschaften und erinnert daran: „Feindseligkeit gegenüber der Einwanderung war traditionell eine Gewerkschaftsangelegenheit.“
    Quelle: Makroskop
  11. Am Pranger
    Seitdem die Deutsche Umwelthilfe Fahrverbote vor Gericht durchsetzt, sieht sie sich öffentlichen Angriffen ausgesetzt. Dabei müsste die Autoindustrie angeklagt werden.
    Ich bin ja für Klimaschutz, aber … hört man allenthalben als Ouvertüre für den lauten Protest deutscher Klein- und Spießbürger: nicht gegen den Abgasbetrug und die Kartellabsprachen der deutschen Automobilindustrie, die zu Lasten der Kundinnen und Kunden ging, nicht gegen die Profiteure dieses systematischen Betruges, nicht gegen die mafiösen Strukturen, die dahinter stecken, nicht gegen die Großaktionäre, die Porsches, Piëchs, Quandts, Klattens und die Scheichs von Katar und Kuwait. Nein, sie krakeelen gegen die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die als öffentlich anerkannter Verbraucherschutzverband nichts anderes tut, als die Einhaltung von Gesetzen einzuklagen.
    Der 1975 gegründete Verein Deutsche Umwelthilfe hat sich zum Ziel gesetzt, Umweltpolitik für die Öffentlichkeit transparent zu machen. In Netzwerken arbeitet die DUH mit Umwelt-, Verkehrs- und Verbraucherverbänden sowie mit Kommunen und Schulen zusammen. Jährlich werden viele Natur- und Umweltschutzprojekte gefördert. Die DUH finanziert ihre Arbeit durch Mittel aus öffentlichen Fördertöpfen für den Umwelt- und Naturschutz, privaten Spenden sowie Beiträgen aus der Vergabe von Patenschaften.
    Quelle: junge Welt
  12. Andalusien: Ultrarechte feiern Erfolg
    In der für ganz Spanien richtungsweisenden Wahl bekamen die drei Rechtsparteien praktisch eine absolute Stimmenmehrheit
    Dass in Spanien die Wahlumfragen “mit besonderer Vorsicht genossen werden müssen”, hatte Telepolis vor den Regionalwahlen am Sonntag im südspanischen Andalusien erneut unterstrichen. Tatsächlich lagen die Umfragen wieder völlig daneben.
    Statt, wie vorhergesagt, mit knapp 5 Prozent und mit etwa drei Parlamentariern zieht die ultrarechte Partei VOX mit 11 Prozent und 12 Sitzen erstmals in ein Regionalparlament ein. Im besten Fall hatte eine Umfrage den Ultras für die bevölkerungsreichste Region knapp 7% prophezeit.
    Weil das Ergebnis der Ultrarechten unterschätzt wurde, reibt sich die Linke in Andalusien erstaunt die Augen. So hatte der linke Podemos-Europaparlamentarier Miguel Urbán praktisch ausgeschlossen, dass es in Andalusien eine Rechtsregierung geben könnte: “Das Szenario gibt keine Umfrage her”, hatte er im Telepolis-Gespräch erklärt.
    Weit gefehlt. Die rechte Volkspartei (PP) und ihre beiden Abspaltungen Ciudadanos (Bürger/Cs) und VOX kommen gemeinsam nicht nur auf eine Sitzmehrheit, sondern haben mit 49,99% fast eine absolute Stimmenmehrheit.
    Quelle: Telepolis
  13. Erika Steinbach, die Stiftung und die Millionen
    Steinbach hat als langjährige Chefin des „Bundes der Vertriebenen“ Linke gegen sich aufgebracht, manchmal sogar die Kanzlerin. Sie erschien als Karikatur auf dem Cover einer polnischen Zeitschrift – in einer SS-Uniform. Und sie trat als Bundestagsabgeordnete nach mehr als 40 Jahren Parteilaufbahn aus der CDU aus.
    Es hätte das Ende ihrer Karriere sein können. Doch Erika Steinbach entschied sich anders. Sie hat am Ende ihres Lebens vielleicht ihre politische Heimat gefunden.
    Seit März dieses Jahres ist sie Präsidentin der Desiderius-Erasmus-Stiftung, der parteinahen Stiftung der AfD. Noch bekommt diese Stiftung kein Geld vom Staat, noch finanziert sie sich nur aus Spenden. Doch spätestens, wenn die AfD 2021 erwartungsgemäß erneut in den Bundestag einzieht, dürfte sich das ändern. Knapp 600 Millionen bekamen die parteinahen Stiftungen im vergangenen Jahr vom Staat. Rund 70 Millionen Euro würden der AfD jährlich zustehen. Und wenn es nach Steinbach geht, fließt das Geld so schnell wie möglich. Dafür wird sie vor dem Verfassungsgericht kämpfen.
    Schon 1998, da war sie gerade Vertriebenenpräsidentin geworden erklärte Steinbach, sie wolle „ein Stachel im Fleisch der Politik“ sein. Heute sagt Steinbach, sie wolle weiterhin Politik verändern, aber indirekt, „subkutan“, also unter der Haut. Das gleiche Ziel mit anderen Mitteln. Was treibt diese Frau?
    „Natürlich wollen wir mit der Stiftung auch unsere Überzeugungen weitertragen“, sagt sie. Im Esszimmer gießt sie Kaffee in ihre mit filigranen Vögeln verzierten Porzellantassen. Sie sagt „wir“. Sie ist jetzt wieder unter Gleichgesinnten. Das Kuratorium der Stiftung hat Steinbach mit zusammengestellt. Fast die Hälfte der Mitglieder war oder ist CDU-Mitglied. Etwa die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe, die Pegida-Anhängerin ist, oder der Ökonom Max Otte, der trotz seiner CDU-Mitgliedschaft 2017 für die AfD warb. Daneben sind da noch Karlheinz Weißmann, ein Vordenker der Neuen Rechten in Deutschland, und die in rechtskonservativen Kreisen bekannte Buchhändlerin Susanne Dagen. Sie entscheiden über die programmatische Linie der Stiftung.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung JK: Weshalb bekommen eigentlich diese „parteinahen Stiftungen“ 600 Millionen Euro sauer verdienten Steuergeldes? Vor allem für was?

  14. Dr. Gniffkes Macht um Acht: Auftrieb zum neuen Krim-Krieg
    Konfrontation zwischen der Ukraine und Russland in der Meerenge von Kertsch: Putschpräsident Poroschenko provoziert einen läppischen Zwischenfall nahe der neuen Krim-Brücke und nutzt ihn als Vorwand, um Kriegsrecht über die Ukraine zu verhängen. Tatsächlich will er die anstehenden Wahlen stornieren, denn er selbst ist dabei nur mehr Zählkandidat. Die ARD-aktuell-Redaktion unterschlägt jedoch erst einmal den Hintersinn der Aktion. Stattdessen dient sie sich westlichen Politikern als Tröte für russlandfeindliche Sprüche an und lässt sogar NATO-Stoltenberg stänkern – obwohl die Ukraine (noch) nicht NATO-Mitglied ist. Die AgitProp der Tagesschau verschleiert, wer das Chaos und Leid in der Ukraine angerichtet hat: Die USA-geführte “Westliche Wertegemeinschaft” darf ihren Scheinheiligen-Schein wahren.
    Verschleiern und Geschichte leugnen: Der Westen hat die Katastrophe mit Intrige, Geld und Gewalt herbeigeführt. USA und EU organisierten den Putsch auf dem Maidan und demonstrierten nachdrücklich ihre NATO-Machtansprüche. Angesichts dieses mit vielen Toten und Verletzten herbeigeführten Umsturzes votierte eine überwältigende Mehrheit der Krimbewohner für Trennung von der Ukraine und Aufnahme in die Russische Föderation. So geschehen; seither herrschen Krise und Kriegshetze.
    Dass Tagesschau-Redakteure ungern selbst über komplexe Zusammenhänge informieren, zeigt sich an ihrer häufigen Inanspruchnahme von “Experten”. Vorgeblich neutrale Fachleute entheben die Redaktion der Notwendigkeit, selbst Stellung zu beziehen und sich dabei zu exponieren. Mit der Auswahl des jeweiligen Experten lässt sich zudem ganz unauffällig die Tendenz einer Nachricht gestalten. Besonders beliebt bei Dr. Gniffkes Qualitätsmannschaft sind daher die Vertreter der “Stiftung Wissenschaft und Politik”. Wer sie befragt, beweist Linientreue und kann nichts falsch machen: Es ist die “Denkfabrik” der Bundesregierung, finanziert vom Steuerzahler. „Stiftung“ klingt jedoch immer gut und außerdem neutral. Kanzlerin und Minister ziehen die Angestellten dieses Instituts ständig zu Rate.
    Wie der Herr, so´s Gescherr. Die ARD-aktuell-Redaktion wandte sich im hier betrachteten Fall an die Expertin Dr. Sabine Fischer. Die kam zwar gleich zu Beginn zu der Erkenntnis:
    „Ich sehe auf russischer Seite im Moment eigentlich kaum ein Interesse an einer militärischen Eskalation. Russland hat sich im Grunde genommen seit einem halben Jahr sehr stark zurückgezogen.“
    Aber trotz dieser objektiv stimmigen Ansicht gaben die Gniffke-Krieger nicht klein bei. Sie fragten und schwadronierten so lange herum, bis das Feindbild wieder gerade hing und sich „neue Sanktionen gegen Russland“ fordern ließen.
    Quelle: RT Deutsch
  15. Die erfundene Guillotine der „Gelbwesten“
    Bei der Demonstration in Paris beschimpften Gelbwesten die Journalisten lautstark als „Collabo“ – Kollaborateure wie einst jene Franzosen, die ihre Landsleute an die deutschen Besatzer verrieten. In Toulouse wurden erboste Gelbwesten sogar handgreiflich und versuchten, Fernsehreportern zweier Nachrichtensender nachzustellen. Die Journalisten konnten in letzter Minute entkommen, „sie hätten uns gelyncht“, sagte ein Reporter hinterher. Die Journalisten erstatteten Anzeige wegen versuchter Körperverletzung.
    Die Oppositionsparteien vom linken und rechten Rand fachen die Wut auf die Presse weiter an. „Mir gelingt es nicht, ernsthaft Mitleid mit diesen Journalisten zu haben“, schrieb Sophia Chikirou nach dem Zwischenfall von Toulouse. Sie leitete den Präsidentschaftswahlkampf des linken Kandidaten Jean-Luc Mélenchon, der sich mit knapp zwanzig Prozent der Stimmen beinahe für die entscheidende Stichwahlrunde qualifiziert hätte. In ihrer Facebook-Botschaft urteilte Chikirou weiter über Journalisten: „Die Wut auf sie ist aufgrund ihrer mentalen Korruption, ihrer Lügen und ihrer Desinformation gerechtfertigt.“
    Sie empfahl, auf Nachrichtensender und andere etablierte Medien zu verzichten: „Soziale Netzwerke sind sicherer.“ Und schloss mit dem Ratschlag an die Anhänger des „Unbeugsamen Frankreichs“ Mélenchons, „den Journalisten keinen Vorwand mehr zu geben, sich als Opfer darzustellen“: „Lyncht sie nicht, sprecht nicht mit ihnen, lest sie nicht und schaut sie nicht an!“ Mélenchon selbst hat wiederholt Journalisten als „Lügner“ und „Schummler“ bezeichnet. …
    Quelle: FAZ
  16. 100 Jahre Novemberrevolution – Die materielle Bestätigung
    In der Nacht zum 1. März 1919 nähern sich mehrere langsam und dicht hintereinander fahrende Züge von Süden her Halle. Sie transportieren das sogenannte Freiwillige Landesjägerkorps des Generals Georg Maercker. Gustav Noske, seit zwei Wochen Wehrminister im Kabinett des Sozialdemokraten Philipp Scheidemann, hatte Maercker beauftragt, in der Stadt an der Saale, wo ein »roter« Arbeiterrat etwas zu regsam ist und die Arbeiter seit fünf Tagen im Generalstreik stehen, mit seinem Freikorps »Ordnung« zu schaffen. Der Hallesche »Bürgerausschuss« hatte Noske am 27. Februar in einem Telegramm dazu aufgefordert.
    Die Strecke, ist im »Kriegstagebuch« Maerckers zu lesen, »lag infolge des Streiks in tiefem Dunkel. Bei Leißling fährt der erste Transportzug auf den vorausfahrenden Bauzug der technischen Abteilung und bringt ihn zum Entgleisen«. Erst am Vormittag ist der erste Zug in Ammendorf: »Die beabsichtigte Überrumpelung Halles ist damit missglückt.« Obwohl somit vorgewarnt, entscheiden sich der Arbeiter- und der Soldatenrat in Halle dafür, auf Widerstand zu verzichten. Sie verfügen zwar über bewaffnete Kräfte – darunter eine Matrosenkompanie unter dem Kommando des Kommunisten Karl Meseberg –, aber die sind der eingespielten und schwerbewaffneten Bürgerkriegstruppe ­Maerckers nicht gewachsen. Erst durch deren provozierendes und aggressives Auftreten kommt es nach dem Einmarsch zu Schießereien, die bis zum 3. März andauern. Dabei setzt Maercker auch Minenwerfer ein. Der Belagerungszustand wird verhängt: »Die bürgerliche Bevölkerung begrüßt ihn freudig. (…) Die Aufständischen haben 29 Tote und 67 Verwundete, die Landesjäger 7 Tote und 22 Verwundete.« Der Soldatenrat wird aufgelöst, der Vorsitzende des Arbeiterrates, Otto Kilian, festgenommen; ein Gericht schickt ihn nach monatelanger Untersuchungshaft wegen »Bildung von bewaffneten Haufen, Freiheitsberaubung und Aufreizung zum Klassenhass« ins Gefängnis. Er stirbt im Frühjahr 1945 im KZ Bergen-Belsen. Karl Meseberg treibt schon im März 1919 tot in der Saale. Andere Laufbahnen beginnen in diesen Tagen: Ein 15jähriger Bürgersohn aus Halle macht sich als Meldeläufer bei den Landesjägern nützlich. Sein Name ist Reinhard Heydrich: Der Blick auf die Gegenrevolution von 1919 ist der Blick in die Wiege des deutschen Faschismus.
    Quelle: junge welt

    Anmerkung JK: Zum Verrat der Revolution durch die deutsche Sozialdemokratie lohnt sich auch noch ein wiederholter Blick in die letzte Sendung der Anstalt.


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