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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 21. Januar 2019 um 8:34 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Brexit, Trump & Co. – Globaler Siegeszug der Gaga‐Politiker
  2. Gelbwesten
  3. Diskreditieren, kriminalisieren, finanziell austrocknen
  4. Teilnehmer am Weltwirtschaftsforum sind wieder reicher geworden
  5. Mit Phantom-Aktien den Staat melken
  6. Berlin könnte eine eigene Mietpreisregulierung einführen
  7. Pflegeversicherung : Spahn will neue Finanzierungsmodelle diskutieren
  8. Spahn trifft sich elfmal mit Lobbyisten – heraus kommt ein teurer Gesetzesvorschlag
  9. Multis bestellen das Feld
  10. Top 10 Reasons Not to Love NATO
  11. “Aachener-Vertrag” zwischen Deutschland und Frankreich bedeutet Aufrüstung!
  12. Deutschland schiebt so viel in andere EU-Staaten ab wie nie zuvor
  13. Ukraine: Vielleicht erwacht Europa doch noch
  14. Regierung in Brasilien plant Privatisierungswelle und sagt Landlosen den Kampf an
  15. 60 Prozent weniger Wirbeltiere als vor 40 Jahren: Der WWF bescheinigt dem ökologischen Zustand der Welt einen neuen Tiefpunkt
  16. Strache hat weiterhin Kontakte zu Rechtsextremisten und lügt vor Gericht
  17. Scripted-Reality-Methoden bei WDR-Vorzeige-Dokus?
  18. Der Gießener Essayist Götz Eisenberg über die Furie des Verschwindens

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Brexit, Trump & Co. – Globaler Siegeszug der Gaga‐Politiker
    Brexit‐Lustspiel, Trump‐Trara, Italo‐Dramen, AfD‐Gepolter: Was wie eine wundersame Häufung irrer Unfälle aussieht, hat gemeinsame Ursachen. Und die drohen auch den Deutschen bald Chaos zu bescheren.
    Spätestens seit dieser Woche steht fest: der Brite müht sich dieser Tage eifrig, eine neue Form des absurden Humors zu entwickeln ‐ aye, no, no, aye. May weg. May doch nicht weg. Wozu der Sprecher des Unterhauses “Order, Order” brüllt ‐ das Einzige, was die Briten politisch gerade nicht haben. Dafür hat das Brexit‐Blöken den Briten nach Expertenschätzungen jetzt schon mehr wirtschaftlichen Schaden zugefügt, als die EU‐Gegner ihnen als Gewinn eines AustrittS vorgegaukelt hatten. Gaga. […]
    Möglich. Könnte allerdings sein, dass die anderen das über uns auch bald sagen. Was aussieht, als würden sich in allen möglichen Ländern gerade wie zufällig gagaeske Polit‐Unglücke mit landestypisch folkloristischen Varia􀆟onen häufen, hat bei näherer Betrachtung eine gemeinsame Ursache. Und die könnte auch bei uns bald sehr viel fataler zu wirken beginnen.
    Für die USA stellten Forscher schon nach den Trump‐Wahlen 2016 fest, dass der vor allem dort gewonnen hatte, wo es in den Jahren davor die größten wirtschaftlichen Desaster infolge des Einzugs billiger chinesischer Konkurrenz gab. Ähnliche sozio‐ökonomische Ursachen fanden Experten für Frankreich heraus. Und für Deutschland, wo in der Vergangenheit rechte Parteien besonders dort gut abschnitten, wo etwa die Globalisierung schwindende Industrien hinterließ.
    Quelle: Thomas Fricke auf SPIEGEL Online

    Anmerkung Albrecht Müller: Das ist eine lesenswerte Kolumne von Thomas Fricke. Er weist auf den Zusammenhang zwischen dem Rückzug des Staates in wirtschaftlich kritischen Regionen einschließlich der Streichungen im sozialen Bereich und Wahlverhalten hin.

  2. Gelbwesten
    1. Von der globalisierten Wirtschaft abgehängt und vergessen
      Die «Gilets Jaunes» sind die Folge einer Spaltung der Gesellschaft. Das hat der Geograf Christophe Guilluy schon 2014 dokumentiert.
      Christophe Guilluy hat für seine Analyse umfassende Daten ausgewertet und die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Stabilität bescheiden situierter Französinnen und Franzosen für alle Gemeinden des Landes mit acht statistischen Indikatoren bewertet: Anteil von aktiven Arbeitern, von aktiven Angestellten, Anteil Teilzeitbeschäftigung, Anteil Arbeit zu prekärem Lohn, Anteil Arbeitslose, Anteil Eigenheimbesitzer mit prekären Kreditbedingungen, Anteil Einkommen unter 18’700 Euro. Und: Entwicklung der Zahl der Arbeiter und Angestellten zwischen 1999 und 2010. Sein Fazit: Frankreich wurde in den «Glorieuses Trente» (den dreissig gloriosen Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg) von der Mittelschicht zusammengehalten, die in den wirtschaftlichen Boom integriert war – und ist heute in der globalisierten Wirtschaft durch einen tiefen Graben in zwei Teile gespalten:
      Auf der einen Seite eine France métropolitaine, wo rund 40 Prozent der Landesbevölkerung in den 15 grössten Metropolen und deren zentrumsnahen Vororten in der vom grenzenlosen Waren-, Kapital- und Personenverkehr dynamisierten Wirtschaft mehr oder weniger profitieren.
      Auf der anderen Seite der Rest des Landes. Guilluy nennt ihn France périphérique, wo rund 60 Prozent der Landesbevölkerung von gutbezahlten Jobs und Bildungsangeboten der globalisierten Welt weitgehend ausgeschlossen leben. Sie können sich die im globalisierten System existenziell nötige Mobilität zum Pendeln oder Zügeln in die metropole Erfolgswelt sowie die Wohnkosten in den Metropolen schlicht nicht leisten.
      Quelle: Infosperber
    2. Demonstranten lehnen Macrons Bürgerdialog ab
      “Gelbe Westen – schwarze Wut”: In mehreren Städten Frankreichs haben sich den zehnten Samstag in Folge zehntausende Menschen an Protesten der “Gelbwesten” gegen die Regierung beteiligt. Damit sprachen sie sich gegen den von Regierungschef Emmanuel Macrons gestarteten “Bürgerdialog” aus. Landesweit waren 80.000 Polizisten im Einsatz, die erneut Tränengas und Wasserwerfer einsetzten.
      Macron hatte in dieser Woche einenlandesweiten “Bürgerdialog” gestartet, um “die Wut in Lösungen zu verwandeln”. Dafür formulierte er 35 Leitfragen. Sollte es darüber hinaus “intelligente Fragen” und von ihm nicht vorhergesehene Themen geben, würden sie ebenfalls angenommen, sagte der 41-jährige Staatschef.
      Doch das Vertrauen in den Präsidenten ist bei vielen Demonstranten bereits verloren. “Schwindel” steht auf einigen Plakaten. Grund dafür seien die zunehmenden Fälle von schweren Verletzungen durch Polizeigewalt. Das Kollektiv “Désarmons-les!” (“Entwaffnen wir sie”) hat 98 Fälle aufgelistet, darunter 15 von Menschen, die ein Auge durch Hartgummigeschosse verloren. Die Polizei erklärt zur Rechtfertigung, sie sei von Demonstranten angegriffen worden. (…)
      Zudem lasse Macron diezentralen Forderungen der “Gelbwesten” unbeachtet – etwa nach höheren Renten, einer besseren Kaufkraft oder einer Wiedereinführung der Vermögensteuer. Sie erinnern unter anderem an den desolaten Zustand der Gesundheitsversorgung und der schlechten Verkehrsanbindungen auf dem Land.
      Quelle: Spiegel Online
    3. Gelbe Westen missbraucht
      Rechte Demos in Stuttgart und Wiesbaden / Rassismus und soziale Forderungen
      Dass bundesweit vernetzte rechte Kreise gezielt die äußere Form der französischen Gelbwestenbewegung für ihre Zwecke zu kapern versuchen, wurde am Samstag in Stuttgart deutlich. Dort war die AfD zusammen mit einer rechten Gewerkschaft treibende Kraft einer Kundgebung von »Gelbwesten« gegen das Dieselfahrverbot.
      In Wiesbaden demonstrierte gleichzeitig eine bislang in der Stadt nicht in Erscheinung getretene Gruppe in gelben Warnwesten sowie mit Deutschlandfahnen und Reichsadler gegen »regierungspolitische Missstände«, »abgehobene Politiker« und die »Diktatur der EU«. Die vorab über Internetdienste gestreuten Forderungen umfassten soziale Belange und den Protest gegen Altersarmut ebenso wie knallharte rassistische, gegen Geflüchtete gerichtete Parolen. Zugleich appellierten die Veranstalter an potenzielle Teilnehmer, auf dem Marsch vom Hauptbahnhof zum Landtag auf offensichtliche rechte Symbole, Embleme und Hakenkreuze zu verzichten. Um dem Ganzen einen biederen Anstrich des Aufschreis »kleiner Leute« zu geben und Ahnungslose zu beruhigen, wurden Plakate mit der Aufschrift »Nicht Rechts gegen Links – Nicht Links gegen Rechts« ausgegeben.
      Eine zentrale Figur der Veranstaltung war der rechte Meinungsmacher Henryk Stöckl, der seine Videoaufnahmen zeitnah im Internet veröffentlichte. Der Schweizer »Tagesanzeiger« beschrieb den 24-Jährigen unlängst als »höflichen Hetzer«, der sich durch »Lügen und an den Pranger stellen« auszeichne. Im Zusammenhang mit einer Demonstration in Freiburg, mit der Rechte Kreise die Vergewaltigung einer Frau instrumentalisierten, habe Stöckl »vier Falschmeldungen und eine maßlose Übertreibung« publiziert, schrieb das Blatt.
      Quelle: Neues Deutschland
  3. Diskreditieren, kriminalisieren, finanziell austrocknen
    Im feinsten Orban-Style bekämpfen CDU und CSU die Deutsche Umwelthilfe. Doch ihre Vorwürfe gegen den Verein entbehren jeder Grundlage.
    Die Kritiker stellen die Regierung bloß. Darum bringen die Regenten sie zum Schweigen. Dafür stellen willfährige Medien die Regierungsgegner zunächst wahlweise als Verräter oder Kriminelle dar. Im nächsten Schritt gehen staatliche Stellen den Widerständlern ans Geld. Und wenn auch das noch nicht reicht, dann müssen halt die Gesetze so geändert werden, dass sie ihre legale Grundlage verlieren.
    So gehen Autokraten wie Ungarns Regierungschef Viktor Orban vor, wenn sie ihre Gegner kalt stellen. In Deutschland ist das bisher undenkbar. Doch jetzt verfolgen die Regierungsparteien CDU/CSU eine Strategie nach genau diesem Muster. Diskreditieren, kriminalisieren, finanziell austrocknen – so wollen sie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) loswerden. Denn dieser Verein tut etwas Ungeheuerliches: Monat für Monat weisen die Mitarbeiter der DUH und ihr eloquenter Chef Jürgen Resch nach, dass sich die Regierungen in Bund, Ländern und Kommunen nicht an die Gesetze halten, die sie selbst erlassen haben. Und die Gerichte geben den Anklägern auch noch recht. Das ist für die Christenunion offenbar schwer zu ertragen.
    Quelle: Harald Schumann im Tagesspiegel

    Anmerkung unseres Lesers J.H.: Viele Lesern wird er zwar verwundern und entsetzen, unsere lupenreine Demokratie mit Orbans rechter Regierung zu vergleichen.

    Aber wenn es so ist, dann ist es so. Wehret den Anfängen! (Leider gibt es schon den Fall „attac“).

    Ergänzende Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut CDU vs. Umwelthilfe – Populismus in Reinkultur.

    dazu: „Die CDU ist die Partei der Autoindustrie“
    Die Forderung, dem Verein die Gemeinnützigkeit zu entziehen, ist für die Deutsche Umwelthilfe durchsichtiger Lobbyismus. Geschäftsführer Resch erhebt deutliche Vorwürfe gegen einen CDU-Bezirksverband.
    Quelle: FAZ

  4. Teilnehmer am Weltwirtschaftsforum sind wieder reicher geworden
    Die Ungleichheit hat zugenommen, besonders in Deutschland, das WEF sieht nach einer Umfrage die Globalisierung gegen den Populismus von der Mehrheit der Menschen gestärkt
    In Davos versammelte sich wieder einmal unter dem Titel Globalization 4.0 die politische und wirtschaftliche Elite, zumindest diejenigen, die meinen, sich hier zeigen zu müssen und zu demonstrieren, dass man dazu gehört. Man umgibt sich mit dem Nimbus, sich Gedanken um die Zukunft der Welt zu machen, dabei geht es den Reichen vor allem darum, den Status quo zu behalten, der ihnen weiterhin ein wachsendes Vermögen garantiert. Da kann man dann schon mal auf steigende Ungleichheit oder bedenkliche Folgen der KI hinweisen, aber nicht, um das Wirtschafts- und Eigentumssystem zu ändern, sondern um Maßnahmen zu fordern, die das Schlimmste verhindern, also den Reichtum und den Einfluss, den dieser garantiert, gefährden.
    Selbst ein Medium wie Bloomberg macht darauf aufmerksam, dass sich bei Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos dieses Mal wieder die Menschen treffen, die noch einmal reicher geworden sind, während die Lebensverhältnisse des Großteils der Menschen stagnieren und die Kluft zwischen Arm und Reich in vielen Ländern weiter angestiegen ist. Bloomberg hat sich die Vermögen von einem Dutzend der Besucher von Zuckerberg und Gates über Soros, Murdoch und Schwarzmann bis Mukesh Ambani angeschaut, das sich in einem Jahr um 175 Milliarden vermehrt hat. Seit 2009 ist das Vermögen der Milliardäre von 3,4 Billionen auf 8,9 Billionen US-Dollar in 2017 angewachsen. Entsprechend auch der Einfluss, den die Superreichen oder globalen Oligarchen auf die Politik ausüben können. Bloomberg: “It means the Davos Man—the conference remains overwhelmingly male—exerts more authority and visibility than ever.”
    Quelle: Telepolis

    dazu: Milliardäre werden 2,5 Milliarden Dollar reicher – pro Tag
    Der Abstand zwischen Arm und Reich wächst, kritisiert die Hilfsorganisation Oxfam – und fordert höhere Steuern für die Reichen. Auch die Wirtschaftselite in Davos will nach Antworten suchen.
    Quelle: SPON

  5. Mit Phantom-Aktien den Staat melken
    Sich Geld vom Staat zu ergaunern, in dem sie sich Steuern mehrfach erstatten ließen. Das war einigen besonders findigen Bankern und Aktienhändler irgendwann nicht mehr genug: Sie tricksten mit Phantom-Aktien, die sie noch nicht einmal besaßen: Zu den sogenannten Cum-Ex-Deals kam der Cum-Fake-Skandal.
    Schon bei der Cum-Ex-Masche ließen sich die Anleger durch ein geschicktes Karussellgeschäft Bescheinigungen über Kapitalertragsteuern und den darauf entfallenen Solidaritätszuschlag von den Behörden mehrfach ausstellen. Denn für die Finanzämter war nicht mehr klar, wer zum Dividendenstichtag der Aktienbesitzer gewesen war. Bei Cum-Fake jedoch verlangten die Händler vom deutschen Staat sogar Steuern für Schein-Papiere zurück. (…)
    Erstmals lässt sich nun eine Summe über diesen zusätzlichen Steuerraub beziffern: Laut einem noch unveröffentlichten Finanzgutachten für die Linken im Bundestag, das dem Tagesspiegel vorliegt, beläuft sich der Schaden allein durch die Cum-Fake-Deals für die deutschen Steuerzahler auf mindestens 200 Millionen Euro. Demnach lassen Unterlagen der US-Börsenaufsicht SEC Rückschlüsse auf den Schaden zu, der den Steuerbehörden insgesamt entstanden ist – und die Beute. „Die reinen Gewinne beziffern bislang insgesamt einen Betrag von über 200 Millionen US-Dollar“, heißt es im Papier. Explizit wird darauf verwiesen, dass der Schaden wahrscheinlich noch „ein Vielfaches“ darüber liege. (…)
    Das Finanzministerium sagte auf Anfrage zu den Gründen nichts. Ein Sprecher teilte lediglich mit, dass die Bafin seit Dezember 2018 – also im Nachhinein – an rund 60 Banken und an 135 Kapitalverwaltungsgesellschaften ein Auskunftsersuchen mit der Frage versendet habe, inwieweit eine Einbindung in den Handel oder die Emission von ADR vorgelegen habe. Zudem sei das digitale Erstattungsverfahren nach dem öffentlichen Bekanntwerden gestoppt worden und eine Task-Force der Bafin und des Bundeszentralamts für Steuern eingerichtet, um die „Gefährdungslage“ aufzuklären. (…)
    „Das ist Organisationsversagen und fehlendes Jagdfieber“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Linken, Fabio de Masi, dem Tagesspiegel. „Wir brauchen eine dauerhafte Task Force zwischen Finanzministerium, Bafin und Bundeszentralamt für Steuern. Durch einen permanenten Austausch über einerseits bezahlte und andererseits erstattete Steuern müssen systematische Betrugsmuster wie etwa bei faulen Cum-Ex, Cum-Cum und Cum-Fake Deals bereits im Vorfeld erkannt werden.“
    Quelle: Der Tagesspiegel

    Dazu: Fabio De Masi zum ABC des Steuerraubs
    #CumEx, #CumCum, #CumFake: Gangster haben uns um Milliarden ? geprellt! In unserem neuen ABC des Steuerraubs beleuchten wir das Ausmaß der Cum-Geschäfte, benennen Verantwortliche und schlagen Maßnahmen vor, wie krumme Cum-Deals in Zukunft eingeschränkt werden können: www.cumex.info
    Quelle: Fabio De Masi via Facebook

  6. Berlin könnte eine eigene Mietpreisregulierung einführen
    Die Wohnungen werden immer teurer. Was lässt sich dagegen tun? Ein neues Landesrecht könnte die Mieten effektiver deckeln.
    Die vom Bund 2015 eingeführte „Mietpreisbremse“ ist richtig, ebenso ihre jüngst auf Druck der SPD beschlossene Verschärfung. Doch die erneute Zurückhaltung bei der Ausgestaltung und die weiterhin zahlreichen Ausnahmen zeigen: Der Druck der Eigentümer-Lobby ist stark, und es ist ihr mit Hilfe der Christdemokraten wieder gelungen, die Regelungen stark zu verwässern.
    So weit, so ernüchternd. Aber: Es gibt eine Möglichkeit, wenigstens für Berlin mit der rot-rot-grünen Regierungsmehrheit, einen Mietendeckel einzuführen, der tatsächlich wirkt.
    Denn bisher wurde übersehen, dass das Land Berlin bei näherer verfassungsrechtlicher Betrachtung die Möglichkeit hat, eine eigene Mietpreisregulierung einzuführen, die unabhängig von der bestehenden Mietpreisbremse funktioniert. Grundlage dafür wäre die – zuletzt stiefmütterlich behandelte – Gesetzgebungskompetenz der Länder für das „Recht des Wohnungswesens“. (…)
    Dieses Recht, für das viele Jahrzehnte der Bund zuständig war, spielte vor allem in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine Rolle: Da in der jungen Bundesrepublik aufgrund von Kriegsverwüstungen und millionenfacher Flucht die Wohnungsnot grassierte, verhinderte man durch die sogenannte „Wohnraumzwangsbewirtschaftung“ und die damit verknüpften Mietgrenzen Spekulation und Wucher.
    Quelle: Der Tagesspiegel

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Warum erst jetzt? Warum erst hunderttausende von Sozialwohnungen abstoßen an Heuschrecken.

    Die SPD hat leider keine langfristige Strategie. Die Partei wird meist dann aktiv, wenn das Kind längst in den Brunnen gefallen ist. Und die Not der Partei – liegt bei 15 Prozent – immer größer wird!

  7. Pflegeversicherung : Spahn will neue Finanzierungsmodelle diskutieren
    Damit die lohnabhängigen Beiträge für die Pflege nicht immer weiter steigen, fordert der Gesundheitsminister eine Grundsatzdebatte, ob es auch anders geht. Ein Vorschlag kommt aus der SPD und betrifft Beamte und Selbständige.
    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will wegen der absehbar steigenden Kosten der Pflege eine Grundsatzdebatte über die künftige Finanzierung. „Wir müssen noch mal ganz neu austarieren, was die Familien selbst leisten können und wo sie Unterstützung brauchen“, sagte der CDU-Politiker der „Bild“-Zeitung. „Und wenn die Beiträge nicht immer weiter steigen sollen, dann wird man auch über andere Finanzierungsmodelle diskutieren müssen.“
    Wegen der erwarteten Kostenentwicklung gibt es schon länger Forderungen nach einer Reform der Finanzierung. Der Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen (GKV) hatte sich am Mittwoch etwa für einen steuerfinanzierten Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung ausgesprochen. (…)
    Bislang wird diese nur aus Beiträgen finanziert. Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge wird der Beitragssatz angesichts immer zahlreicherer Pflegebedürftiger weiter steigen müssen. Bis zum Jahr 2045 rechnen die Autoren mit einer Steigerung von heute 3,05 auf dann 4,25 Prozent.
    Bereits Anfang dieses Jahres war der Beitragssatz zur Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte angehoben worden. Spahn machte laut „Bild“ deutlich, dass dies noch bis 2022 ausreicht. „Aber wir brauchen jetzt schon eine Grundsatzdebatte darüber, was danach passiert.“ (…)Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Karl Lauterbach erneuerte die Forderung nach einer „Bürgerversicherung“ in der Pflege: „Wir werden die steigenden Kosten auf Dauer nur finanzieren können, wenn auch Beamte und Privatversicherte in Zukunft Beiträge in die gesetzliche Pflegeversicherung einzahlen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Diese Gruppen profitieren vom Pflegesystem, zahlen aber zum Teile deutlich niedrigere Beiträge.“
    Die Chancen für einen solchen Systemwechsel stiegen mit jedem Jahr. „Allein deshalb, weil sich immer mehr Beamte und Selbständige mit kleinen Einkommen die steigenden Beiträge für die private Pflegeversicherung im Alter nicht mehr leisten können.“
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Dazu: Gesundheitsfinanzierung : Die private Pflegeversicherung steht bereit
    Die staatliche Pflege ist bald nicht mehr ausreichend finanziert. Die Kapitaldeckung leidet unter dem Zins. Können Privatversicherungen helfen, die Lücke zu schließen?
    Zu Jahresbeginn ist der Kopf immer noch frei genug für ganz neue Vorschläge. Insofern passt es, dass sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag in der „Bild“-Zeitung mit einigen perspektivischen Aussagen zur Pflege-Finanzierung zitieren ließ. „Die Beitragssteigerungen Anfang des Jahres reichen bis 2022“, sagte der Minister. „Aber wir brauchen jetzt schon eine Grundsatzdebatte darüber, was danach passiert.“ Dabei hat sich Spahn in der Vergangenheit durchaus auch als Politiker gezeigt, der an die Kapitalbildung glaubt. Wie viel kann die private Versicherungswirtschaft dazu beitragen, die entstehende Finanzierungslücke zu schließen?
    Die gesetzliche Pflegeversicherung ist seit ihrer Einführung im Jahr 1995 als Teilkaskoversicherung konzipiert. Das bedeutet, dass Pflegeleistungen nur bis zu einem gewissen Anteil abgedeckt sind und für den weiteren Teil andere Finanzierungsquellen aufkommen müssen.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Die Pflegeversicherung soll teilweise privatisiert werden. Dieses war immer der Plan des Gesundheitsindustrie-Lobbyisten Jens Spahn.

    Am 17.1.2019 werden in der FAZ die „Grundlagen“ gelegt, indem die „Forderung“ erhoben wird, dass Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Pflegeversicherung einzahlen sollen. Wie üblich wird die Bertelsmann-Stiftung als Stichwortgeber herangezogen.

    Am 18.1.2019 eröffnet Jens Spahn in der FAZ seine wahren Absichten:

    “…Die gesetzliche Pflegeversicherung ist seit ihrer Einführung im Jahr 1995 als Teilkaskoversicherung konzipiert. Das bedeutet, dass Pflegeleistungen nur bis zu einem gewissen Anteil abgedeckt sind und für den weiteren Teil andere Finanzierungsquellen aufkommen müssen….“

    Die SPD schweigt zum diesem angekündigten Systemwechsel von der „Voll-gesetzlichen Pflegeversicherung“ zur „Teil-privaten Pflegeversicherung“.

    Hier werden die „Erfahrungen“ der gescheiterten „Drei-Säulen-Altersicherung“ a´la Schröder/Fischer/Riester genutzt, , um den Systemwechsel zur „Zwei-Säulen-Pfleversicherung“ a´la Spahn/Lauterbach zu planen.

    Lernt die SPD erst aus ihren Fehlern, wenn sie in den bundesweiten Umfragen unter 10% dauerhaft liegt?

  8. Spahn trifft sich elfmal mit Lobbyisten – heraus kommt ein teurer Gesetzesvorschlag
    Für ein neues Gesetz traf sich Jens Spahn mit einer Gruppe aus dem Gesundheitswesen besonders häufig: den Apothekern. Heraus kam ein Vorschlag, der den Apothekern hunderte Millionen bringt. Bezahlen sollen das die Krankenkassen – die nach eigenen Angaben nie gefragt wurden.
    Die Lobbyorganisationen der Apotheker hatten offenbar einen deutlich größeren Einfluss auf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als andere Vertreter des Gesundheitswesens.
    Im Zusammenhang mit seinem Vorschlag für ein neues Apothekengesetz, den Spahn Mitte Dezember der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, „gab es insgesamt elf Termine von Vertretern der Leitungsebene des Bundesministeriums für Gesundheit mit Vertretern der Apothekerverbände“. So heißt es in einer Antwort des Hauses auf eine schriftliche Frage der Grünen, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt – aber kein einziges dokumentiertes Treffen mit anderen betroffenen Akteuren wie beispielsweise den Krankenkassen.
    Dabei stellt Spahn den Apothekern mit seinen Eckpunkten zur „Stärkung der flächendeckenden Versorgung“ viel Geld in Aussicht. Insgesamt 375 Millionen Euro zusätzlich sollen Apotheken demnach für Nacht- und Notdienste, die Abgabe von Betäubungsmitteln und für „zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen“ bekommen.
    Quelle: Focus
  9. Multis bestellen das Feld
    Die Europäische Union fördert Agrarkonzerne. Kleinbäuerliche Betriebe sind Verlierer der Vergabepraxis. Weitere Kürzungen vorgesehen
    Für nichts gibt die EU so viel Geld aus wie für die Agrarpolitik. Rund 60 Milliarden Euro fließen Jahr für Jahr in landwirtschaftliche Betriebe und in die Förderung des ländlichen Raums. Verbunden sind damit zahlreiche politische Ziele. So soll die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) laut EU-Kommission etwa dazu beitragen, die Einkommenssituation der Bauern zu verbessern, den Klimawandel zu bekämpfen, Artenvielfalt und Biodiversität zu erhalten sowie den Generationenwechsel auf den Höfen zu erleichtern.
    Doch die Realität der Fördermittelvergabe geht an diesen Zielen vorbei. So wird ein Großteil der Mittel in Form von Direktzahlungen schlicht nach dem Kriterium der Betriebsgröße vergeben. Die Folge ist, wie der jüngst veröffentlichte Agraratlas des BUND und der Heinrich-Böll-Stiftung zeigt, dass etwa in Deutschland 69 Prozent der Fördermittel an nur 20 Prozent der Betriebe gehen. In Ländern wie Portugal oder Tschechien sind es sogar mehr als 80 Prozent. Die Verlierer dieser Vergabepraxis sind die kleinbäuerlichen Betriebe. So trägt die EU-Agrarpolitik auch zum allerorts um sich greifenden Höfesterben bei.
    Der Protest gegen diese GAP-Vergabepraxis kommt zum richtigen Zeitpunkt. Auf EU-Ebene wird derzeit über eine umfassende Reform debattiert. Die Kommission hatte eine Flexibilisierung vorgeschlagen. Künftig soll weniger auf die strikte Einhaltung von Regeln und dafür mehr auf die Ergebnisse geachtet werden. Die Mitgliedsstaaten sollen mehr Spielräume bei der Mittelvergabe erhalten, um gezielter auf spezifische regionale Bedürfnisse eingehen zu können.
    Vorgesehen sind zudem Einsparungen. Denn verhandelt wird derzeit auch der EU-Haushalt für die Zeit nach 2020. Durch den »Brexit« und neue kostspielige Projekte wie die Aufrüstung des Grenzschutzes, die militärische Zusammenarbeit oder neue Instrumente für die Euro-Stabilisierung sind die EU-Finanzen unter Druck geraten. Rund fünf Prozent weniger sollen daher künftig für die GAP zur Verfügung stehen.
    Quelle: junge Welt

    Dazu: Frau Klöckner und die wütenden Bauern
    Julia Klöckner in ihrem Element: Händeschütteln, Fototermine, die große Bühne. Die Grüne Woche verbringt die Landwirtschaftsministerin quasi im Dauer-Rampenlicht: Mal neben Bauern und Kühen, mal neben Merkel und den Landesagrarministern. Auch ausländische Amtskollegen sind nach Berlin gekommen, zum “Davos der Landwirtschaft”, wie Klöckner gerne sagt. (…)
    Die Ministerin hat Charisma – aber damit kann sie nicht alle überzeugen. Mehr als zehntausend Menschen sind nach Berlin gekommen, um gegen die aktuelle Landwirtschaftspolitik zu protestieren. “Wir haben es satt” ist das Motto der Demo. Das Demo-Bündnis fordert, dass der Agrarindustrie “endlich der Geldhahn abgedreht werden muss”.
    Stattdessen solle eine “enkeltaugliche” Landwirtschaft gefördert werden. “Steuergeld muss bäuerliche Betriebe unterstützen, die Umwelt und Klima schützen und unsere Rinder, Schweine oder Hühner gut halten”, erklärte eine Sprecherin des Bündnisses. Mehr Tierschutz und nachhaltige Landwirtschaft ist vielen Menschen in Deutschland ein Anliegen, das zeigen etliche Umfragen.
    Quelle: tagesschau.de

  10. Top 10 Reasons Not to Love NATO
    The New York Times loves NATO, but should you?
    Judging by comments in social media and the real world, millions of people in the United States have gone from having little or no opinion on NATO, or from opposing NATO as the world’s biggest military force responsible for disastrous wars in places like Afghanistan (for Democrats) or Libya (for Republicans), to believing NATO to be a tremendous force for good in the world.
    I believe this notion to be propped up by a series of misconceptions that stand in dire need of correction.
    1. NATO is not a war-legalizing body, quite the opposite. NATO, like the United Nations, is an international institution that has something or other to do with war, but transferring the UN’s claimed authority to legalize a war to NATO has no support whatsoever in reality. The crime of attacking another nation maintains an absolutely unaltered legal status whether or not NATO is involved. Yet NATO is used within the U.S. and by other NATO members as cover to wage wars under the pretense that they are somehow more legal or acceptable. This misconception is not the only way in which NATO works against the rule of law. Placing a primarily-U.S. war under the banner of NATO also helps to prevent Congressional oversight of that war. Placing nuclear weapons in “non-nuclear” nations, in violation of the Nonproliferation Treaty, is also excused with the claim that the nations are NATO members (so what?). And NATO, of course, assigns nations the responsibility to go to war if other nations go to war — a responsibility that requires them to be prepared for war, with all the damage such preparation does. (…)
    7. Russia is not a military threat to the world. That Russia would cheer NATO’s demise tells us nothing about whether we should cheer too. Numerous individuals and entities who indisputably helped to put Trump in the White House would dramatically oppose and others support NATO’s demise. We can’t go by their opinions either, since they don’t all agree. We really are obliged to think for ourselves. Russia is a heavily armed militarized nation that commits the crime of war not infrequently. Russia is a top weapons supplier to the world. All of that should be denounced for what it is, not because of who Russia is or who Trump is. But Russia spends a tiny fraction of what the United States does on militarism. Russia has been reducing its military spending each year, while the United States has been increasing its military spending. U.S. annual increases have sometimes exceeded Russia’s entire military budget. The United States has bombed nine nations in the past year, Russia one. The United States has troops in 175 nations, Russia in 3. Gallup and Pew find populations around the world viewing the United States, not Russia, as the top threat to peace in the world. Russia has asked to join NATO and the EU and been rejected, NATO members placing more value on Russia as an enemy. Anonymous U.S. military officials describe the current cold war as driven by weapons profits. Those profits are massive, and NATO now accounts for about three-quarters of military spending and weapons dealing on the globe.
    Quelle: Counterpunch
  11. “Aachener-Vertrag” zwischen Deutschland und Frankreich bedeutet Aufrüstung!
    Am kommenden Dienstag soll in Aachen der sogenannter „Aachener Vertrag“ zwischen Deutschland und Frankreich von Macron und Merkel unterzeichnet werden. Einst markierte der historische Elysee-Vertrag einen wichtigen Schritt zur Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich. Dieser neue Vertrag, der jetzt unterzeichnet wird, hat damit aber nicht mehr viel zu tun: damals ging es um die Aussöhnung, heute geht es um Aufrüstung! Deswegen werden wir von der Linken diesen Vertrag ablehnen.
    Quelle: Andrej Hunko via Facebook
  12. Deutschland schiebt so viel in andere EU-Staaten ab wie nie zuvor
    • Von Januar bis Ende November 2018 wurden 8658 ausreisepflichtige Asylsuchende in andere EU-Staaten abgeschoben.
    • Das waren bereits deutlich mehr als im gesamten Jahr davor.
    • Das Dublin-System galt bislang stets als unausgewogen und schwer durchsetzbar.

    Deutsche Behörden haben im vergangenen Jahr so viele Flüchtlinge in andere Staaten der Europäischen Union überstellt wie nie zuvor. Von Januar bis Ende November 2018 wurden 8658 ausreisepflichtige Asylsuchende in andere EU-Staaten abgeschoben – das waren bereits deutlich mehr als im gesamten Jahr davor, als es lediglich 7102 solcher Überstellungen gab. Das geht aus Zahlen hervor, mit denen das Bundesinnenministerium eine Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke beantwortete. Sie liegen der Süddeutschen Zeitung vor.
    Demnach ging es 2018 in jedem dritten Asylverfahren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) um einen sogenannten Dublin-Fall – also darum, ob ein anderer EU-Staat für ein Asylgesuch zuständig ist. Nach der Dublin-III-Verordnung der EU soll in der Regel der Mitgliedstaat um einen Flüchtling kümmern, in dem dieser nach seiner Ankunft in Europa zuerst registriert wurde. Dieses System gilt jedoch als unausgewogen und nur schwer durchsetzbar.
    So hat das Bamf in den ersten elf Monaten des Jahres 2018 insgesamt 51 558 Mal andere EU-Staaten um Übernahme von nach Deutschland geflohenen Menschen ersucht, in 35 375 Fällen stimmten die angefragten Staaten zu. Gegenüber den Vorjahren ist damit die Quote tatsächlich überstellter Flüchtlinge stark auf 24,5 Prozent gestiegen, 2017 lag sie noch bei 15,1 Prozent. Dabei gab es nach Ungarn gar keine und nach Griechenland nur fünf Überstellungen. In beiden Ländern gilt der Umgang mit Flüchtlingen als oft nicht menschenrechtskonform, Athen lehnt zudem die allermeisten Übernahme-Ersuchen ab, aus “überwiegend nicht stichhaltigen” Gründen, klagt die Bundesregierung. Aber auch Überstellungen nach Bulgarien werden in zwei von drei angestrengten Eilverfahren gerichtlich verhindert. Hauptzielland der innereuropäischen Abschiebungen war Italien: Dorthin wurde fast jeder dritte Überstellte gebracht. In der Gegenrichtung kam fast die Hälfte der 7 205 aus anderen EU-Staaten in die Bundesrepublik überstellten Flüchtlinge aus Griechenland.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

  13. Ukraine: Vielleicht erwacht Europa doch noch
    In fast allen Medien ist die Ukraine nur das arme Opfer russischer Aggression. Die Ukraine selbst ist kein Thema – mit Ausnahmen.
    «Die Korruption prägt in der Ukraine den Alltag: Es gibt bestechliche Ärzte, Polizisten, Beamte oder Professoren, die Universitätsabschlüsse für ein paar hundert US-Dollar verkaufen. Die Korruption erschöpft sich aber nicht nur im Fehlverhalten einzelner, oft kümmerlich bezahlter Beamter, sondern formt die Grundstruktur der politischen Ökonomie – und gerade deshalb ist sie so schwer zu bekämpfen. Es ist ein System, in dem Macht reich macht und Reichtum mächtig, in dem zwar die Form des bürgerlichen Staates existiert, aber letztlich doch Netzwerke im Hintergrund den Staat kontrollieren, um sich zu bereichern.»
    Der dies schreibt, ist Paul Simon, ein im deutschen Münsterland aufgewachsener und heute in Kiew lebender Journalist in der Monatszeitschrift «Blätter für deutsche und internationale Politik», die für ihre journalistische Qualität bekannt ist.
    Paul Simon im gleichen Artikel an anderer Stelle:
    «‹Es ist die beste Ukraine, die es je gegeben hat›, sagte etwa noch Ende September 2018 Andreas Lier, Präsident der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer, im Gespräch mit der Zeitung ‹Kyiv Post›. Zwar gebe es bei der Privatisierung von Staatsbetrieben, der Deregulierung, dem Kampf gegen die Korruption und strukturellen Wirtschaftsreformen noch viel zu tun. Aber das deutsch-ukrainische Handelsvolumen nehme zu, und bereits jetzt seien 2000 deutsche Firmen in der Ukraine aktiv. Die Fertigungsketten der deutschen Autoindustrie, die sich seit Jahrzehnten wie ein Netz über Osteuropa ausbreiten, reichen mittlerweile bis hinter das westukrainische Lwiw, wo zehntausende Ukrainer vor allem einfache Teile wie Kabel für die deutschen Weltmarktführer produzieren. Mit Monatslöhnen ab 200 Euro kann die Ukraine selbst mit Asien konkurrieren – befindet sich aber, dank des 2017 in Kraft getretenen Freihandelsabkommens, nur eine Lastwagenfahrt vom EU-Markt entfernt.»
    Überrascht? Nicht wirklich. Der Deutsch-Ukrainischen-Handelskammer geht es vor allem um tiefe Gestehungskosten, und da kommt die Ukraine mit ihren krisenbedingten Tiefstlöhnen grad zur richtigen Zeit.
    Quelle: Infosperber
  14. Regierung in Brasilien plant Privatisierungswelle und sagt Landlosen den Kampf an
    Wirtschaftsminister will bei Weltwirtschaftsforum in Davos Käufer werben. Staatssekretär für Landfragen bezeichnet Kleinbauern als “Müll”
    Die neue brasilianische Regierung plant den radikalen Ausverkauf staatlichen Eigentums. Rund 100 staatseigene Unternehmen sollen privatisiert oder liquidiert werden. Ziel sei es, Ausgaben zu senken und Einnahmen zu generieren, so der zuständige Minister für Infrastruktur, Tarcísio Gomes de Freitas, vergangene Woche. Mindestens 6,5 Milliarden Reais (rund 1,5 Milliarden Euro) will de Freitas mittels der Versteigerung von Flughäfen, Banken oder Energieunternehmen einnehmen, berichtet die noch staatliche Nachrichtenagentur Agência Brasil.
    Die Veräußerungen staatlicher Firmenanteile sollen bereits in den kommenden Monaten erfolgen und während des Weltwirtschaftsforum in Davos Ende Januar im Mittelpunkt der brasilianischen Diplomatie stehen. Der marktradikale Wirtschaftsminister Paulo Guedes will die geplanten Privatsierungen und die Rentenreform zum “Schaukasten der neuen Regierung” machen. In Davos wolle er Staatschefs, Investoren und Vertreter internationaler Organe vom “Kurswechsel überzeugen und den Anteil Brasiliens am internationalen Handel ausbauen”. Durch eine weitere Öffnung des Binnenmarktes und der Reduzierung von Importsteuern beabsichtigt Guedes den Anteil des Außenhandels am brasilianischen BIP von derzeit 22 auf 30 Prozent bis 2022 zu erhöhen.
    Quelle: amerika21

    Dazu: Regierung in Brasilien bereitet Privatisierung des Rentensystems vor
    Die Regierung des ultarrechten brasilianischen Präsidenten, Jair Bolsonaro, hat einen Entwurf für die Reform des Rentensystems vorgelegt, der den Weg zur Privatisierung ebnet.
    Das Reformprojekt muss zunächst die Zustimmung des Kongresses erhalten. Ausgearbeitet wurde es unter der Regie des neoliberalen Ministers für Wirtschaft, Industrie und Handel, Paulo Guedes. Er will das in Chile in den 1980er-Jahren unter Diktator Augusto Pinochet eingeführte Modell der individuellen Kapitalisierung auf Brasilien anwenden.
    Dagegen gibt es in Chile seit Jahren massive Proteste. Kritisiert wird unter anderem, dass es unsolidarisch ist und dass Verluste auf die – zum Einzahlen gezwungenen – “Kundinnen und Kunden” abgewälzt werden, während die privaten Rentenfonds Gewinne in Milliardenhöhe machen, während sie an die meisten Pensionierten Renten weit unter dem Mindestlohn auszahlen.
    Quelle: amerika21

  15. 60 Prozent weniger Wirbeltiere als vor 40 Jahren: Der WWF bescheinigt dem ökologischen Zustand der Welt einen neuen Tiefpunkt
    In einem neuen Report zeigen Wissenschafter alles auf, was im Umgang mit unseren Lebensgrundlagen schiefläuft. Das liest sich verheerend – und doch ist es noch nicht zu spät. (…)
    Die wichtigsten Punkte des Reports in der Übersicht:
    Die Wissenschafter haben Studien zu 16 704 Populationen von 4005 Wirbeltierarten auf der ganzen Welt ausgewertet, von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Amphibien und Reptilien. Ergebnis: Die Bestände haben sich in den vergangenen 44 Jahren um fast zwei Drittel verringert. Am stärksten war der Rückgang zwar in den 1980er und 1990er Jahren. Doch allein seit dem vorangegangenen Living-Planet-Report von 2016 sind es wieder zwei Prozent weniger.
    Als «ökologischen Fussabdruck» bezeichnet man die Fläche auf der Erde, die nötig ist, um den Lebensstandard eines Menschen dauerhaft zu ermöglichen. Seit 1966 hat sich dieser verdoppelt. 60 Prozent machen dabei die CO2-Emissionen durch fossile Brennstoffe aus. Die bei der Berechnung verwendete Einheit wird globale Hektare (gha) genannt; eine globale Hektare entspricht einer biologisch produktiven Hektare Land mit weltweit durchschnittlicher Produktivität. Die Staaten mit dem grössten durchschnittlichen ökologischen Fussabdruck in globalen Hektaren pro Kopf sind die USA, Kanada, mehrere Golfstaaten, die Mongolei – und Dänemark. Und das, obwohl Dänemark in Europa als Vorreiter in Sachen Fahrrad und Windenergie gilt.
    Seit mehr als 40 Jahren verbrauchen die Menschen mehr natürliche Ressourcen, als die Erde erneuern kann. Es brauchte 1,7 Planeten dieser Art, um den Ressourcenverbrauch zu decken.
    Wer für den Erhalt der Natur einen wirtschaftlichen Grund sucht: Die Natur erbringt eine ökonomische Wertschöpfung von geschätzt etwa 100 Billionen Euro jährlich: aus Rohstoffen, Wasser, Lebensmitteln, Arzneimitteln, Energie, Bestäubung, Bodenbildung, Schutz vor Überflutungen, Stürmen und Erosion.
    80 Prozent aller auf dem Land lebenden Tier-, Pflanzen- und Insektenarten sind Waldbewohner. Doch weltweit wird Wald in erschreckendem Masse abgeholzt, etwa in Südamerika. Die Entwaldung habe sich zwar etwas verlangsamt, heisst es in dem Bericht, doch sie schreite weiter voran. Ursachen seien vor allem Rodungen für die Landwirtschaft, nicht nachhaltige Holzgewinnung, Bergbau, grosse Infrastrukturprojekte und die immer häufigeren Brände. (…)
    Bei allen schlechten Neuigkeiten betonten Experten bei der Vorstellung des Berichts aber auch, dass die Trendwende noch machbar sei. «Das ist kein Weltuntergangsszenario», sagte etwa Jörg-Andreas Krüger vom WWF in Berlin. Wichtige Schritte seien vorgedacht, etwa in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und im Pariser Klimaschutzabkommen. Diese Ziele müssten bis 2030 aber auch umgesetzt werden, die Weichen dazu sollten laut WWF bald gestellt werden. «Wir können nicht noch einmal zehn Jahre warten», sagte Krüger.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung
  16. Strache hat weiterhin Kontakte zu Rechtsextremisten und lügt vor Gericht
    Im Web kursiert wieder einmal ein Foto, das Vizekanzler Strache gemeinsam mit gewaltbereiten Rechtsextremen zeigt. Strache behauptete zuerst, das Foto sei eine Fälschung – musste nun aber vor Gericht zugeben, gelogen zu haben. Denn es wurden ihm einige Fotos von diesem Abend vorgelegt. Das Lokal selbst ist beliebter Treffpunkt der rechtextremen Szene. Wir haben uns angesehen, wer neben Strache auf den Bildern zu sehen ist.
    Strache hat den Politik-Berater Rudi Fußi angezeigt, weil dieser ein Foto von ihm verbreitet hat. Das Bild zeigt Strache in geselliger Runde mit Führungsfiguren der rechtsextremen „Identitären“. Strache wollte seine Verbindungen zu den Rechtsextremisten vertuschen und klagte Fußi. Zu Beginn seiner Anhörung vor Gericht behauptete Strache noch: Das Bild sei eine Fälschung.
    Während der Verhandlung stellte sich das Gegenteil heraus. Es tauchte eine ganze Foto-Reihe von Strache und den rechtsextremen Aktivisten aus dem Jahr 2015 auf. (…)
    Und es gibt noch mehr Beispiele für die politische Nähe zwischen der FPÖ und den Rechtsextremen:
    „Identitäre“ machten Wahlkampf für Norbert Hofer.
    Ein amtierender FPÖ-Gemeinderat in Graz tritt als Ordner und Fahnenträger bei „Identitären“-Aufmärschen auf.
    Identitäre arbeiten in der Redaktion der FPÖ-nahen Magazins „Info Direkt“.
    Herbert Kickl hält auf einem Kongress vor identitären Mitveranstaltern eine Rede.
    NR-Abgeordneter Wolfgang Zanger ruft zur Teilnahme an einem „Identitären“-Aufmarsch auf.
    Gerhard Kurzmann, dritter Landtagspräsident in der Steiermark, marschiert gemeinsam mit „Identitären“ auf.
    Warum sich Strache zu einer Klage hinreißen ließ, um zu verhindern, dass ein Bild im Netz kursierte, dass ihn gemeinsam mit „Identitären“ zeigt, ist rätselhaft.
    Quelle: Kontrast.at

    Dazu: Ungemütlicher des Tages: Heinz-Christian Strache
    Heinz-Christian Strache ist Vizekanzler Österreichs und hält es für möglich, dass in Zukunft einmal Fotos von ihm auftauchen, die ihn beim Hitlergruß zeigen. Man könne eben keine »b’soffene G’schicht vom Bruchteil einer Sekunde« ausschließen, wie er vor einigen Jahren in einem Interview sagte. Nee, kann man nicht, vor allem wenn man mit Neonazis abhängt.
    Beispielsweise denen, die im feschen BWLer-Look herumlaufen und sich die »Identitären« nennen. Als aber im Netz ein Bild von ihm kursierte, das ihn 2015 übers ganze Gesicht strahlend im Kreise dieser illustren Gesellschaft beim Abendessen in einem Gasthaus zeigt, klagte er vor Gericht – das Bild sei eine Fälschung. Er kenne weder das Lokal noch die Leute. Der Text zu dem geteilten Foto – »Strache beim gemütlichen Zusammensein mit Identitären-Kader« – sei »unzulässig« und für den Vizekanzler Österreichs eine »Kränkung«.
    Am Donnerstag wurde nun vor Gericht geklärt, dass die Bilder echt sind. Dann seien sie eben keine Fälschung, sagte Strache dem Richter, »aber ich habe kein gemütliches Treffen mit Identitären gehabt«. Das scheint schon sehr viel glaubwürdiger, »gemütlich« wird es da nicht zugegangen sein, trotz Bier, Wein und leckeren Abendessens aus der deftigen österreichischen Küche. Treffen dieser Art sind für den Mann schließlich harte Arbeit an der politischen Basis. Strache hatte den »Identitären« doch einmal bescheinigt, »quasi junge Aktivisten einer nicht-linken Zivilgesellschaft« zu sein.
    »Ich war kein Neonazi, und ich bin kein Neonazi«, auch das sagte Strache vor einigen Jahren einmal. Und natürlich ist der Vizekanzler Österreichs das nicht, aber zum Glück gibt es ja genügend andere Neonazis, und mit denen kann man sich dann einfach ab und zu mal »ungemütlich« zusammensetzen.
    Quelle: junge Welt

  17. Scripted-Reality-Methoden bei WDR-Vorzeige-Dokus?
    ‚Menschen hautnah‘ ist ein außergewöhnliches Format in der deutschen Medienlandschaft.“ Darunter sind die Preise aufgelistet, die das Magazin gewonnen hat. Allein in den vergangenen zehn Jahren waren es etwa 40 Auszeichnungen und Nominierungen.
    Doch wenn Zuschauern in öffentlich-rechtlichen Qualitäts-Dokumentationen dieselben Gesichter begegnen wie im privaten Trash-Fernsehen, entsteht schnell der Eindruck, dass das im Grunde doch alles das Gleiche ist. Bei einigen Zuschauern regen sich schon dann Zweifel, wenn dieselbe Person in unterschiedlichen Dokus des gleichen Senders auftaucht. … Bislang gibt es keinen Hinweis darauf, dass am Ende die Erkenntnis stehen wird: Hier hat jemand bewusst gefälscht oder betrogen. Es sieht eher so aus, als wären die Fehler entstanden, weil es schnell gehen sollte – weil schnell Protagonisten gefunden werden mussten, weil Angaben nicht geprüft wurden.
    Die Autorin selbst arbeitet nicht nur für den WDR, sondern auch für private Sender. Sie dreht Doku-Soaps für Vox, Kabel eins, Pro Sieben oder RTL 2. Vielleicht hat sie zwischendurch einfach selbst vergessen, dass das überhaupt nicht das Gleiche ist.
    Quelle: Übermedien
  18. Der Gießener Essayist Götz Eisenberg über die Furie des Verschwindens
    Es ist eine Erfahrung, die wir immer häufiger machen: Man dreht etwas kurz den Rücken zu und wenn man sich wieder rumdreht, ist es verschwunden. War da nicht neulich noch ein Papiergeschäft, dort ein Blumenladen? Standen da vor kurzem nicht noch Bäume? Dieser Tage wird uns das mit dem Antiquariat in der Bahnhofstraße so gehen. Nach sieben Jahren werfen die Betreiber das Handtuch. Der Laden ernährte sie eher schlecht als recht und nur um den Preis einer intensiven Selbstausbeutung. Sie empfanden den Laden mehr und mehr als Mühlstein um ihre Hälse und erhoffen sich von seiner Schließung ein Mehr an Freiheit und Zeit für Dinge und Tätigkeiten, die ihnen wichtig sind. Zum Beispiel für ihr politisches Engagement und das Lesen von Büchern. (…)
    Aber nicht nur wir Büchermenschen verlieren etwas durch die Schließung des Antiquariats, auch die Stadt wird ärmer. Eine Stadt, die mehr sein will als eine Ansammlung von Häusern und Geschäften, benötigt etwas, das man als urbanes Element bezeichnen kann. Dieses ist aufs Engste mit der Sphäre der Öffentlichkeit verknüpft. Öffentlichkeit braucht Platz, nicht-kommerzialisierte Räume, sie muss sich ausdehnen, hin- und her fluten können. Sie braucht Cafés, in denen Zeitungen ausliegen, kleine, fast dörfliche Inseln der Besinnung, sie braucht den kleinen Laden, wo man einander kennt. Und sie benötigt Buchhandlungen, Antiquariate, frei zugängliche Bibliotheken und Theater, die den Geist mit Nahrung versorgen.
    Durch die Entwicklung der Städte in den letzten Jahrzehnten ist dieses urbane Element fast vollständig zerstört worden. Die Kapitalisierung des Bau- und Wohnungsmarktes hat die urbane Substanz der Städte beinahe ruiniert. Das, was da durch Kommerzialisierung und Privatisierung des öffentlichen Raumes zerstört worden ist, lässt sich nicht dadurch wiederherstellen, dass man ein Stück Altstadt und ein paar Fachwerkfassaden wiederherstellt. Verloren gegangene Urbanität kann nicht als Folklore künstlich wiederhergestellt werden.
    Demokratie basiert auf Mündigkeit und kritischer Urteilsfähigkeit, das heißt der Fähigkeit, sich seines Verstandes ohne Anleitung durch andere zu bedienen. Solche Haltungen erwirbt man durch Lesen und intellektuellen Austausch. In den vergangenen Jahren haben Millionen Deutsche, darunter auch das Gros der Studierenden, sich entschieden, keine Bücher mehr zu lesen und sich stattdessen voll und ganz ihren Smartphones zu widmen. Laut Statistik holen sie diese im Schnitt alle 18 Minuten aus der Tasche, was aber eine trügerische Zahl ist, weil es nach meiner Beobachtung jede Menge Leute gibt, die ihre Smartphones keinen Augenblick aus den Augen lassen.
    Der Facebook-Mitbegründer Sean Parker sagte unlängst, die Plattform sei von Anfang an so konzipiert gewesen, die anthropologische Sehnsucht ihrer Nutzer, von Anderen Bestätigung zu erfahren, in Verweildauer umzuwandeln, die dann wiederum die Anzeigenkunden interessiert und auf diese Weise Facebook Gewinn bringt. Um ein Maximum an Nutzerzeit herauszuschlagen, fördern die Algorithmen der Social-Media-Plattformen all jene Emotionen, die Menschen am längsten am Bildschirm halten. Das sind Angst, Hass und Schadenfreude. Nicht gerade Tugenden, die demokratisches und solidarisches Verhalten begünstigen.
    Quelle: Gießener Anzeiger


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