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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 22. Januar 2019 um 8:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Vertrag von Aachen
  2. Konzerne zahlen zu wenig Steuern in der EU
  3. Der Westen & Russland
  4. Solidarität mit der Rebellion der Gilets Jaunes gegen den Neoliberalismus
  5. Reichtum
  6. Armut
  7. Landeverbot für iranische Airline
  8. Selbsternannte Elite in Davos setzt weiter auf Quadratur des Kreises
  9. Bedroht Italien die Börsen?
  10. Ich bin immer wieder aufgestanden
  11. Diese Lobbyisten können jederzeit in den Bundestag
  12. „Ohne Massen keine Veränderung“
  13. Digitalisierung und Überwachung in China
  14. Australien wird zum Überwachungsstaat
  15. Der tiefe Staat des George H. W. Bush
  16. Lesetipp: Jacobin – Die Anthologie
  17. So kann es nicht weitergehen
  18. Das Letzte – „Maischberger“: Christian Lindner greift Hartz-IV-Empfänger an: „Geh zum Aldi, guck RTL II“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Vertrag von Aachen
    1. Was der “Vertrag von Aachen” verspricht
      Er galt als Motor der europäischen Einigung: Jetzt wollen Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron den Élysée-Vertrag in Aachen ergänzen. Was steht drin? […]
      Außen-, Europa- und Verteidigungspolitik sollen fortan miteinander abgesprochen werden. Als konkrete Ergebnisse entstehen der deutsch-französische Ministerrat, der das deutsch-französische Jugendwerk gründet. Außerdem werden seither Austauschprogramme und Städtepartnerschaften, eine gemeinsame Hochschule und bilinguale Kindergärten gefördert.
      1988 wird der Vertrag unter Bundeskanzler Helmut Kohl und dem französischen Präsidenten François Mitterand ergänzt. Dabei werden ein gemeinsamer Finanz- und Wirtschaftsrat, ein Umwelt- und Kulturrat sowie ein Verteidigungs- und Sicherheitsrat gegründet.
      Quelle: SPON

      Anmerkung Jens Berger: Den „Vertrag von Aachen“ kann und muss man wesentlich kritischer als unsere Qualitätsmedien sehen …

    2. Trostpflaster für Macron
      Neuer deutsch-französischer Freundschaftsvertrag bringt gemeinsamen Wirtschaftsraum im Sinne eines Kerneuropa erneut ins Gespräch
      Wenn am morgigen Dienstag im Krönungssaal des Aachener Rathauses der neue deutsch-französische Freundschaftsvertrag unterzeichnet wird, geht ein Wunsch von Emmanuel Macron in Erfüllung: Die Übereinkunft in der Nachfolge des Élysée-Vertrags von 1963 gehörte in seiner vielgerühmten Rede in der Sorbonne im September 2017 zu dem »Reformpaket«, mit dem er die EU wieder in Schwung bringen wollte.
      Allerdings ist das neue Abkommen nur noch der kärgliche Rest des Gesamtpakets, nur ein Trostpflaster. Denn das Kernstück, die Vorschläge für die Stabilisierung der Euro-Zone, ist inzwischen auf Merkel’sches Maß geschrumpft. Weder wird es einen Finanzminister für die Euro-Zone noch ein substantielles eigenes Budget noch ein Euro-Zonen-Parlament geben. Und auch die Vollendung der Bankenunion ist an stabilitätspolitische Bedingungen aus dem Katechismus der Bundesbank geknüpft. Einmal als »Retter Europas« angetreten, muss sich Macron jetzt dem deutschen Auf-Sicht-Fahren anbequemen – und auch das nur auf dem Beifahrersitz.
      Der neue Vertragstext, der jW vorliegt, kann niemanden vom Hocker reißen. »Unambitioniert« schreibt dann auch prompt Le Monde. Neben viel Euro-Pathos und blumiger Freundschaftsrhetorik enthalten die 28 Artikel jede Menge Absichtserklärungen, aber wenig Konkretes. Typisches Beispiel: Die Außenpolitik soll enger abgestimmt werden, unter anderem in der UNO (Artikel 8), wo Berlin derzeit einen nicht ständigen Sitz im Sicherheitsrat hat. Damit wird übertüncht, dass der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kürzlich gefordert hatte, den ständigen Sitz Frankreichs mit dem dazugehörigen Vetorecht mit Berlin zu teilen. Paris denkt aber nicht im Traum daran, ausgerechnet auf einem Gebiet, wo es den Deutschen noch überlegen ist, was abzugeben. Das gleiche gilt für die französischen Atomraketen – in Deutschland wird wieder ungeniert über »atomare Teilhabe« spekuliert.
      Quelle: Junge Welt
    3. Nein zum Aachener Aufrüstungsvertrag
      Am 22. Januar 2019 wird im Krönungsaal des Aachener Rathauses der neue deutsch-französische Freundschaftsvertrag in Erweiterung des Élysée-Vertrags von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron unterzeichnet. Der Vertrag von Aachen soll “Begegnungen und den Austausch der Bürgerinnen und Bürger” unterstützen und eine engere Abstimmung vor EU-Gipfeln auf den Weg bringen. Deutschland und Frankreich halten demnach “vor großen europäischen Treffen regelmäßig Konsultationen auf allen Ebenen ab und bemühen sich so, gemeinsame Standpunkte herzustellen und gemeinsame Äußerungen der Ministerinnen und Minister herbeizuführen”.
      Dagegen scheint nichts zu sprechen. Doch der Vertrag hat es in sich. Anders als der Vorläufer, der Élysée-Vertrag von 1963, ist der Vertrag von Aachen im Wesentlichen ein binationaler Aufrüstungsvertrag. Denn das Kernstück des Vertragswerks sind die Aufrüstung im Rahmen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und eine Stärkung der jeweiligen Rüstungsindustrie, insbesondere durch noch schwammigere Rüstungsexportrichtlinien als die bisher geltenden. Und so liest sich denn der Vertragstext wie ein gemeinsamer Militarismus à la carte.
      Quelle: Sevim Dagdelen auf Telepolis
    4. Die deutsch-französische Achse eiert
      Am 22. Januar 1963 schlossen Charles de Gaulle und Konrad Adenauer den Elysée-Vertrag ab, der das Ende der Jahrhunderte alten „Erbfeindschaft“ zwischen Frankreich und Deutschland symbolisierte. Auf den Tag genau 55 Jahre später unterzeichnen Merkel und Macron diesen Dienstag in Aachen einen neuen Vertrag.
      Die Idee zu einem Elysée-Vertrag 2.0. stammt von Emmanuel Macron. Sie war Bestandteil seiner europapolitischen Reformvorschläge, die er in seiner vielgerühmten Rede an der Sorbonne im September 2017 ankündigte. Er glaubte damals zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können: die Eurozone wieder flott und gleichzeitig den Abstieg Frankreichs zum Juniorpartner der Deutschen mindestens wieder rückgängig, wenn nicht gar France great again machen zu können. Der neue Freundschaftsvertrag war dafür als zusätzliches Gleitmittel gedacht.
      Mit dem Versuch, die Eurozone wieder flott zu machen, ist Macron gescheitert. In erster Linie an der Bundesregierung. Das was von seinen Plänen übrig blieb, wurde in der Erklärung von Meseberg im Juni 2018 fixiert.[1] Statt eines Eurozonenbudgets in Höhe von „mehreren Prozentpunkten des BIP“ wie er es sich gewünscht hatte, gibt es nur die Zusage, sich in den EU-Budgetverhandlungen für einen Sonderposten in unterer zweistelliger Milliardenhöhe einzusetzen. Statt eines europäischen Währungsfonds wird der Krisenfonds ESM fest etabliert. Statt eines Eurozonen-Finanzminister und -parlaments gibt es überhaupt nichts. Und selbst bei der Bankenunion, die auch zehn Jahre nach dem Crash noch immer nicht vollendet ist, steht Berlin auf der Bremse. (…)
      Der alte Vertrag von 1963 war Symbol für eine historischen Wende: das Ende der Jahrhunderte alten „Erbfeindschaft“ zwischen den beiden Ländern. Man muss das nicht verklären, es waren damals weniger hehre Gefühle aus der Sphäre zwischenmenschlicher Beziehungen, wie Versöhnung und Freundschaft, sondern knallharte geopolitische Fakten – wie die totale Niederlage Deutschlands und der Kalte Krieg –, die die Rahmenbedingungen des Elysée-Vertrags bildeten. Aber es war von historischer Tragweite. Der neue Vertrag ist Ausdruck für das, was heute in den deutsch-französischen Beziehungen noch geht – nämlich sehr, sehr wenig.
      Quelle: Makroskop
  2. Konzerne zahlen zu wenig Steuern in der EU
    • In fast keinem EU-Land zahlen multinationale Konzerne den Steuersatz, der vorgeschrieben ist, fanden die europäischen Grünen heraus.
    • Der gesetzliche Steuersatz für Unternehmen liegt in Deutschland bei 30 Prozent, tatsächlich zahlten die Konzerne nur 20 Prozent. In Luxemburg waren es sogar zwei statt 29 Prozent.
    • Finanzminister Olaf Scholz lehnt eine Berichterstattungspflicht ab, bei der multinationale Konzerne angeben müssten, in welchem Land sie welchen Umsatz und Gewinn gemacht haben.

    Wenn ein großes Unternehmen prüft, wo es sich in Europa am besten niederlassen soll, ist ein Faktor besonders ausschlaggebend: die Steuerlast. Auf den ersten Blick ist die Höhe der Abgaben ziemlich leicht herauszufinden. Denn in jedem Land gibt es staatlich festgesetzte Steuersätze. Doch gelten diese auch tatsächlich? Die Grünen im Europäischen Parlament sind der Frage nachgegangen und wollen die Ergebnisse ihrer Untersuchung an diesem Dienstag vorstellen. Der Bericht liegt der Süddeutschen Zeitung vor – und das Fazit ist eindeutig: In keinem Land der Europäischen Union – mit Ausnahme Bulgariens – stimmt der gesetzlich vorgeschriebene Steuersatz mit jenem überein, den multinationale Konzerne im Durchschnitt tatsächlich an den Fiskus abführen.
    Am stärksten ist diese Abweichung in Luxemburg. Im Großherzogtum liegt der gesetzliche Steuersatz für Unternehmen bei 29 Prozent – so viel müssten die Firmen eigentlich bezahlen. Doch die Grünen kommen auf eine ganz andere Zahl: auf lediglich zwei Prozent. Auch in Ungarn, den Niederlanden und Österreich ist der Graben zwischen nominalem und effektivem Steuersatz größer als im EU-Durchschnitt. Deutschland befindet sich im oberen Mittelfeld: Hierzulande lag die Abgabenlast in den Jahren 2011 bis 2015 bei 30 Prozent; der Untersuchung zufolge führten Konzerne aber tatsächlich nur 20 Prozent an den Fiskus ab.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

  3. Der Westen & Russland
    Zur Begleitmusik des Kalten Krieges gehörten auf westlicher Seite über die Jahrzehnte immer wieder auch Schreckensszenarien, in denen eine bis an die Zähne gerüstete Sowjetunion an der Spitze des Warschauer Paktes durch einen Überfall auf die NATO – gern in Zentraleuropa, an der Nahtstelle der Systeme, also auf deutschem Boden – den Dritten Weltkrieg vom Zaune brach und ein militärisch unzureichend gerüsteter Westen um sein Überleben kämpfte. Als prominentes Beispiel ist manchem vielleicht noch „The Third World War: The untold story“ des britischen Ex-Generals Sir John Hackett von 1982 in Erinnerung; deutscher Titel: „Welt in Flammen. Der Dritte Weltkrieg: Schauplatz Europa“.
    Entsprechende Szenarien gingen in aller Regel von einer mehr oder weniger dramatischen konventionellen Überlegenheit des Ostens aus, so dass der Vormarsch gegebenenfalls durch frühzeitigen massiven Einsatz taktischer Kernwaffen durch die NATO gestoppt werden sollte. […]
    Seither sind nicht nur der Warschauer Pakt und die einst als übermächtig empfundene Sowjetarmee längst Geschichte, sondern es hat sich das militärische Kräfteverhältnis so grundlegend gewandelt, dass, wie Kristin Ven Bruusgaard von der Stanford University im Dezember 2018 in The National Interest lapidar vermerkte, eine konventionelle Auseinandersetzung zwischen Russland und den USA heute „nicht fair sein wird, […] sie (die Russen – W.S.) werden verlieren“. Und zwar, so wäre zu ergänzen, umso eher, wenn sich zusätzlich europäische NATO-Staaten beteiligten. Wen dazu militärische Zahlenangaben zu Streitkräftestärken und unmittelbar einsetzbaren Beständen an Großwaffensystemen interessieren, der kann unter anderem die aktuelle Ausgabe der „Military Balance“ des Londoner International Institute for Strategic Studies (IISS) zu Rate ziehen. […]
    Im Dezember vergangenen Jahres steuerte der britische Denktank Human Security Center (HSC) ein Szenarium bei, dem zufolge es im Frühjahr 2024 – nach einer „unsauberen Wahl von Putins gesalbtem Nachfolger“ – zu Protesten in Moskau kommen könnte, die sich trotz staatlicher Gewaltmaßnahmen landesweit ausbreiten. Die herrschende Elite entscheidet daraufhin, dass ein „kontrollierter Konflikt mit der NATO […] die beste – oder eher die am wenigsten schlechte – Option“ sei, davon abzulenken. Im Visier: Estland, Lettland und Litauen. „Wie in anderen vergleichbaren Konflikten wird der russische Angriff durch einer Serie von Anschlägen unter falscher Flagge gegen Moskaus Interessen ausgelöst werden.“
    Seriöse deutsche Medien greifen, um dem Publikum die russische Bedrohung plausibel zu machen, nicht zuletzt auf die Expertise ausgewiesener Fachleute zurück. In einem Interview in der Tagesspiegel-Ausgabe vom 6. Dezember war das Joachim Krause, „Professor emeritus und Direktor des Institutes für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel“, wie das Blatt mitzuteilen wusste.
    Quelle: Das Blättchen

    Anmerkung JK: Das Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel (ISPK) sollte unseren Lesern inzwischen ein Begriff sein (Integrity Initiative – NATO-Propaganda auch in Deutschland).

  4. Solidarität mit der Rebellion der Gilets Jaunes gegen den Neoliberalismus
    1.Die Gelbwesten-Bewegung gehört zu den bedeutendsten sozialen Bewegungen in Europa seit der Jahrhundertwende. Sie umfasst mehrere Hunderttausend Aktive und hat die Sympathie einer großen Mehrheit der Bevölkerung in Frankreich. Sie fällt deutlich aus dem Rahmen der bekannten Protestbewegungen von Gewerkschaften und linken Organisationen gegen die neoliberale Politik, Kampagnen zivilgesellschaftlicher Organisationen, oder auch von Bewegungen wie Occupy oder Nuit Debout.
    2.Die Gilets Jaunes haben ihren Ursprung unter den Verlierern der neoliberalen Globalisierung, die sich vom etablierten politischen System nicht mehr repräsentiert sehen. Viele Gelbwesten hatten bisher noch nie an Protesten teilgenommen. Initiiert wurde die Bewegung von unorganisierten Einzelpersonen, die sich politisch weder als rechts noch links verorten und sich explizit von Gewerkschaften und politischen Parteien – auch der Linken – distanzieren. Sie lehnen feste Strukturen und Repräsentanten der Gesamtbewegung ab. Bisher ist nicht erkennbar, dass organisierte Kerne oder bestimmte Strömungen die Hegemonie besäßen.
    3.Dennoch ist klar sichtbar, dass die konsensfähigen Forderungen sich gegen die neoliberalen Reformen Macrons richten. Es handelt sich in der Substanz also um eine anti-neoliberale Revolte. Objektiv besteht eine Konvergenz der sozialen Forderungen der Gelbwesten mit den Positionen linker Gewerkschaften und Parteien. Die Regierung hat daher konsequenterweise sozialpolitische Zugeständnisse in der Höhe von 10,3 Mrd. Euro gemacht. Auch wenn dies der Bewegung den Wind aus den Segeln nehmen soll, ist es auch ein Erfolg, wie er so schnell und so umfangreich keiner anderen Bewegung in letzter Zeit gelungen ist. Der Protest geht dennoch weiter.
    Quelle: attac
  5. Reichtum
    1. Superreiche gewinnen 2,5 Milliarden Dollar pro Tag, die Hälfte der Weltbevölkerung wird ärmer
      Milliardär*innen werden reicher und reicher: Im vergangenen Jahr ist ihr Vermögen um 900 Milliarden US-Dollar gewachsen – im Durchschnitt sind das 2,5 Milliarden US-Dollar täglich. Gleichzeitig wissen ärmere Familien oft nicht, wie sie Schulbücher und Medikamente bezahlen sollen.
      Jeff Bezos, Gründer von Amazon und reichster Mann der Welt, besitzt 112 Milliarden US-Dollar. Nur ein Prozent seines Vermögens entspricht dem kompletten Gesundheits-Budget Äthiopiens – ein Land, in dem 105 Millionen Menschen leben.
      Wie die krasse Anhäufung von Vermögen der Superreichen mit dem fehlenden Geld für öffentliche Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung zusammenhängt – und warum darunter insbesondere Frauen und Mädchen leiden – zeigt der neue Oxfam-Bericht „Public Good or Private Wealth“.
      So hat sich in den zehn Jahren seit der Finanzkrise die Zahl der Milliardär*innen weltweit nahezu verdoppelt. Gleichzeitig können sich immer weniger Menschen aus extremer Armut befreien: Das Tempo, in dem extreme Armut abnimmt, hat sich seit 2013 halbiert. In Teilen Afrikas steigt die extreme Armut sogar wieder an. …
      Das Unfassbare dabei: Konzerne wie VW und Superreiche erhalten von Regierungen sogar noch dicke Steuergeschenke. In reichen Ländern sind beispielsweise zwischen 1970 und 2013 die Spitzensteuersätze auf Einkommen gefallen – von durchschnittlich 62 auf 38 Prozent. In einigen Ländern, darunter Großbritannien und Brasilien, müssen die ärmsten zehn Prozent der Bevölkerung einen höheren Anteil ihres Einkommens für Steuern aufwenden auf als die reichsten zehn Prozent.
      Es ist ein Skandal, dass sich Konzerne und Superreiche weiterhin um ihren gerechten Steuerbeitrag drücken. Dieses Geld fehlt, um in öffentliche Bildungs- und Gesundheitssysteme zu investieren – in Ländern wie Vietnam und Äthiopien, aber auch in Europa.
      Quelle: Oxfam
    2. Clan-Kriminalität wächst
      Die Bundesrepublik zählt zu den Industrienationen, in denen die Ungleichheit am größten ist. Das reichste eine Prozent der Kapitalisten verfügt hierzulande über soviel Vermögen wie die ärmsten 87 Prozent der Lohnabhängigen. Das geht aus einem Bericht zur sozialen Ungleichheit der Organisation Oxfam hervor.
      Im vergangenen Jahr konnten die Multimilliardäre in der BRD förmlich im Schampus baden, denn laut Bericht ist es ihnen gelungen, ihren Reichtum um 20 Prozent zu steigern. Geschmiert liefen ihre Geschäfte dank der freundlichen Hilfe der Bundesregierung. Beim Amtsantritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) 2005 hatten die Hochvermögenden in Deutschland Bargeld, Einlagen, Wertpapiere und Forderungen an Versicherungen im Wert von rund vier Billionen Euro angehäuft. 14 Jahre später hat es die Bundesregierung geschafft, das Geldvermögen der »privaten Haushalte« auf mehr als sechs Billionen Euro zu steigern – das Bruttoinlandsprodukt der BRD umfasste 2018 lediglich 3,3 Billionen Euro. Möglich wurde das deshalb, weil Deutschland das Eldorado für Kapitalisten ist. Das Erbe von Konzernchefs wird auf Minderjährige übertragen, um den Besitz am Fiskus vorbeizuschleusen. Eine Vermögenssteuer wird seit 1997 nicht mehr erhoben. …
      Die Bosse und Spekulanten haben diese Summen nicht erarbeitet. Sie bedienten sich am öffentlichen Eigentum, raubten den von der arbeitenden Bevölkerung geschaffenen Mehrwert. Die Einkommen und Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung sind im vergangenen Jahr um elf Prozent gesunken. 3,4 Milliarden Menschen hätten pro Tag maximal 5,50 Dollar zur Verfügung. Vielen von ihnen drohe etwa bei Krankheit der Fall in die extreme Armut, weil sie Behandlungen oder Medikamente nicht bezahlen könnten. Insgesamt lebten 736 Millionen Menschen in extremer Armut und müssten mit weniger als 1,90 Dollar täglich versuchen zu überleben.
      Quelle: junge welt
    3. Rechnet Oxfam die Armen zu arm?
      Regelmäßig berichten Medien ausführlich über Oxfam-Berichte, die eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich beklagen. Doch die Berechnungen werden auch deutlich kritisiert. Sind die Vorwürfe gegen Oxfam berechtigt?
      Die Organisation Oxfam errechnet jedes Jahr pünktlich zum Weltwirtschaftsforum in Davos, wie viele Super-Milliardäre es gibt, über wie viel Vermögen sie verfügen und vergleicht diese Zahlen mit dem Besitz und Einkommen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung. Der Report sorgt auch für Widerspruch. Ein Faktencheck zentraler Kritikpunkte.
      Quelle: tagesschau

      Anmerkung JK: Wieder einmal liefert der Tagesschau „Faktenfinder“ anstatt aufzuklären – was auch nie dessen Intention war – den Deutungsrahmen im Sinne der herrschenden Oligarchie. Da sich zunehmende soziale Polarisierung nicht mehr leugnen lässt wird einfach versucht den Überbringer der schlechten Nachricht als unglaubwürdig hinzustellen.

      Anmerkung Jens Berger: So langsam macht der Faktenfinder dem Postillon Konkurrenz …

      26 fleißigste Menschen genauso reich wie 3,8 Milliarden faulste Menschen zusammen
      […] “Diese 26 Menschen sind so fleißig, dass jeder von ihnen pro Tag in etwa 146 Millionen mal soviel leistet wie ein Mensch aus der fauleren Hälfte der Weltbevölkerung”, erklärt ein Sprecher der Organisation. “Das ist eine beeindruckende Leistung, für die diese 26 völlig zu Recht fürstlich entlohnt werden.” Ein normaler Mensch könne sich gar nicht vorstellen, was es heißt, Tag für Tag so hart zu arbeiten.
      Neueste Daten deuten zudem darauf hin, dass sich die Kluft zwischen faul und fleißig immer weiter vergrößert. “Ob es daran liegt, dass die wenigen Fleißigen immer fleißiger oder die Milliarden Faulen immer fauler werden, ist noch nicht abschließend geklärt”, so der Sprecher.
      Quelle: Der Postillon

  6. Armut
    1. Arme haben freie Wahl: Hamsterrad oder Hungerstrafe
      Mit leistungslosen Einkommen hat die politische Klasse in Deutschland kein Problem. Diese betrugen laut Sachverständigenrat der Deutschen Wirtschaft bereits vor zehn Jahren mehr als eine halbe Billion Euro pro Jahr – Tendenz steigend. Mehr als ein Drittel jedes Kaufpreises einer jeden Ware geht für die Dividenden, Pachten und Zinsen der Reichen drauf. Mit großzügigen Aufträgen für Rüstungs- und Luxusprojekte wirft die Politik ihrer Klientel die Moneten in den Rachen. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall etwa kassiert jährlich sieben- bis achtstellige Summen für den Betrieb des Gefechtsübungszentrums Altmark in Sachsen-Anhalt, inklusive der Kriegsübungsstadt „Schnöggersburg“. Milliardengräber wie Stuttgart 21 und die Endlos-Flughafen-Baustelle BER lassen grüßen. Bei Cum-ex-Geschäften sieht die Politik weg. Milliarden sickern jährlich in einen monströsen Überwachungsapparat und in Subventionstöpfe der Großkonzerne. …
      In Karlsruhe verhandelten die Verfassungsrichter eine Beschlussvorlage des Sozialgerichts Gotha. Nach dessen Ansicht verstoßen Hartz-IV-Sanktionen gegen die Grundrechte auf Menschenwürde, körperliche Unversehrtheit und freie Berufswahl. Wie die Bundesregierung hatten die Karlsruher Richter in zwei Urteilen 2010 und 2014 die Hartz-IV-Sätze als physisches und soziokulturelles Existenzminimum definiert.
      Jedes Kind weiß: Ein Existenzminimum ist das mindeste, was ein Mensch zum Leben braucht. Denn er muss essen, trinken und sich vor der Kälte schützen können. Dafür braucht er Geld. Jedem inhaftierten Schwerverbrecher stehen in Deutschland diese Grundbedürfnisse zu.
      Für Hartz-IV-Bezieher und übrigens auch Asylbewerber gilt das nicht. Beiden Gruppen kann der Staat dieses Minimum kürzen, Asylbewerbern sogar dauerhaft um gut ein Drittel, Hartz-IV-Beziehern für drei Monate um 30, 60 oder gar 100 Prozent, einschließlich Miete. Unter 25jährigen wird schon beim ersten „Vergehen“ der Regelsatz komplett gestrichen, beim zweiten auch die Wohnkosten. Dafür genügt es, wenn sie zu wenige Bewerbungen nachweisen können, ein Stellenangebot, ein Praktikum oder eine Maßnahme ablehnen oder schlicht den wohnortnahen Bereich verlassen, ohne sich beim Jobcenter oder Ausländeramt abzumelden. …
      2017 verhängten Jobcenter laut Bundesagentur für Arbeit allein 953.000 Sanktionen gegen 420.000 Hartz-IV-Bezieher. Betroffen war damit jeder zehnte „erwerbsfähige Hilfebedürftige“, und dies teils doppelt und dreifach. Im Schnitt erhielt jeder Sanktionierte 2,3 solcher Strafen, das entspricht einer Kürzungsdauer von sieben Monaten. Zehntausende darunter sanktionierten die Ämter auf null.
      Quelle: KenFM
    2. Und wieder ein bedauerlicher Einzelfall im Jobcenter Wuppertal
      Wir thematisieren den nächsten Fall aus der Reihe „bedauerliche Einzelfälle” des Jobcenter Wuppertal: eine junge Frau, alleinerziehend mit zwei kleineren Kindern, schwanger, zieht mit ihrem Freund und Kindesvater des ungeborenen Kindes zusammen.
      Die beiden werden, entgegen der gesetzlichen Vorschriften, sofort zu einer Bedarfsgemeinschaft erklärt, die Frau bekommt dadurch nur die Regelbedarfsstufe 2, also 382 €, statt 424 € und der Mehrbedarfszuschlag für Alleinerziehung in Höhe von 152,64 € fällt weg. Insgesamt werden hier monatlich 194,64 € unterschlagen.
      Das Gesetz schreibt aber vor, dass sie erst dann in einer Bedarfsgemeinschaft leben, wenn die Partner länger als ein Jahr oder mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (§ 7 Abs. 3a SGB II). Dies ist aber erst mit der Geburt des Kindes, voraussichtlich im April 2019, erfüllt.
      Der Freund der Frau ist italienischer Staatsbürger, er war bis zum 07.11.2018 sozialversicherungspflichtig beschäftigt und besitzt daher die Arbeitnehmereigenschaft, somit hat er für mindestens 6 Monate einen SGB II Anspruch.
      Das Jobcenter ignoriert die Rechtslage, verneint jeden Anspruch von ihm und zahlt in der Folge keine Leistungen aus. Aber das ist noch nicht alles, als absolute Krönung wird direkt noch für alle Personen gar keine Miete und Heizung mehr bezahlt. (…)
      Selbst wenn der Anspruch des Kindsvaters noch ungeklärt ist, hätten mindestens für die Frau und ihre Kinder kopfanteilig Miete, Heizkosten und auch die fällige Kaution gezahlt werden müssen. Die Miete beträgt derzeit 500 €, die Kaution 1.000 €, davon hätten mindestens ¾ gezahlt werden müssen, also 375 € und 750 €. Der Anspruch auf Leistungen der Frau ist nämlich nicht ungeklärt. (…)
      Das Verhalten des Jobcenters ist schon vorsätzlicher Rechtsbruch, geteilt und befürwortet durch Herrn Lenz. Es scheint ihm einerlei zu sein, ob eine schwangere Frau mit kleinen Kindern obdachlos wird, ob sie krankenversichert ist (die Krankenversicherung wurde auch über Monate mal eingestellt) und dass die Frau und ihr Freund hunderte von Euro im Monat zu wenig haben.
      Quelle: njuuz
    3. Wer arm ist, stirbt 10 Jahre früher – und zahlt die Pensionen der Gutverdiener
      Wer lange in Armut lebt, stirbt 10 Jahre früher. Das hat eine Untersuchung der Statistik Austria ergeben. Weltweit geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander – und damit auch die Lebenserwartung. Für die Pensionen heißt das: Menschen mit niedrigen Einkommen finanzieren letztlich die Pensionen für Menschen mit hohem Einkommen. Die Statistik Austria hat die Auswirkungen von Armut auf die Lebenserwartung der Österreicher untersucht. Sie führte eine Sonderauswertung der EU-Sozialstudie SILC durch. Ergebnis: Dauerhaft arme Menschen sterben zehn Jahre früher als der Rest der Bevölkerung. Noch größer ist der Unterschied bei Obdachlosen.
      In Österreich sind 1,5 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet. Das heißt, sie haben ein Einkommen unter 1.238 Euro (bei Einzelpersonen) oder können notwendige Grundbedürfnisse nicht erfüllen. Und das reduziert die Lebenserwartung.
      Wer in manifester Armut lebt, also seine Wohnung nicht ordentlich heizen kann oder kein Geld für unerwartete Reparaturen hat, lebt deutlich kürzer. In Zahlen gegossen, bedeutet das: Frauen, die davon betroffen sind, sterben um 4 Jahre früher als andere – bei Männern sind es 11 Jahre. Muss man Jahre lang so leben, verschärft sich die Situation nochmals. Die Lebenserwartung sinkt bei Frauen dann um 9 und bei Männern um 12 Jahre. …
      Die Unterschiede bei der Lebenserwartung wirken sich auch auf die Pensionen aus. Weil kleine Pensionisten im Durchschnitt deutlich kürzer eine Pension beziehen als die reichsten 10 Prozent, steigen kleine Einkommen systematisch schlechter aus.
      Rechnet man noch ein, dass etliche Bezieher kleiner Einkommen ihren Pensionsantritt mit 65 gar nicht mehr erleben, ist der Umverteilungseffekt nach oben noch drastischer. Die Beitragsrendite wird mit steigendem Einkommen größer. Das haben Forscher für Deutschland errechnet – ähnlich Schlüsse können auch auf Österreich gezogen werden.
      Die Forscher empfehlen daher, die ungleiche Lebenserwartung bei zukünftigen Pensionsreformen unbedingt zu berücksichtigen. Gerade wenn die Einkommensverteilung ungleicher wird, verschärfen sich die Schieflagen im Pensionssystem noch mehr.
      Quelle: Kontrast.at
  7. Landeverbot für iranische Airline
    Die Fluggesellschaft Mahan Air darf ab sofort nicht mehr nach Deutschland fliegen. Das hatte sich die US-Regierung gewünscht.
    Die Bundesregierung verhängt neue Sanktionen gegen den Iran. Sie hat der iranischen Fluggesellschaft Mahan Air mit sofortiger Wirkung den Betrieb in Deutschland untersagt. Dies sei „zur Wahrung der außen- und sicherheitspolitischen Interessen“ Deutschlands unverzüglich erforderlich, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag. […]
    Die US-Regierung begrüßte die Entscheidung. „Die Fluggesellschaft transportiert Waffen und Kämpfer in den Nahen Osten und unterstützt damit die destruktiven Ambitionen des iranischen Regimes in der Region“, twitterte US-Außenminister Mike Pompeo. Die Reaktionen der deutschen Opposition fielen gemischt aus. „Mich stimmt skeptisch, dass Deutschland hier offenbar ohne Einigkeit in der EU zu erzielen US-Sanktionen folgt“, sagte der Linkspartei-Außenpolitiker Stefan Liebich der taz. „Eine gemeinsame europäische Außenpolitik sieht anders aus.“ Man müsse nicht mit der iranischen Politik sympathisieren, um das für einen Irrweg zu halten.
    Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, sagte der taz, es sei „korrekt“, Mahan Air zu belangen. Die Fluggesellschaft generiere mit der zivilen Luftfahrt Geld für die Aktivitäten der Revolutionsgarden in der Region. „Diesen Geldhahn zuzudrehen ist richtig und darf nicht mit der US-Forderung nach dem Ende des Atomabkommens vermischt werden.“
    Ob die deutsche Sanktion die Verhandlungen über das Atomabkommen beeinflusst, ist offen. Von iranischer Seite gab es zunächst keine Reaktion.
    Quelle: taz

    Anmerkung Jens Berger: Das ist eine sehr interessante Meldung. Es ist noch gar nicht lange her, da klagte die Bundesregierung wegen „Trumps Iran-Sanktionen“, gegen die man deutsche Firmen beschützen wolle. Was von solchen Schwüren zu halten ist, zeigt das aktuelle Fallbeispiel. Noch immer liest die Bundesregierung dem „großen Bruder“ aus Washington jeden Wunsch von den Lippen ab.

  8. Selbsternannte Elite in Davos setzt weiter auf Quadratur des Kreises
    Die selbst ernannte Elite, die sich ab Dienstag beim sogenannten Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos versammelt, hat keine Lösungen für die von ihr verursachten globalen Probleme zu bieten. Das zeigen erneut die vorab veröffentlichten Berichte des WEF (Global Risk Report und Global Competitiveness Report).
    “Klimawandel, Cyberattacken und geopolitische Auseinandersetzungen werden als globale Gefahren benannt, und die Autoren beklagen, dass statt gemeinsamer Gefahrenabwehr egoistischer Nationalismus im Vordergrund steht. So weit, so richtig. Doch bei den Lösungsvorschlägen wird es absurd. Wieder richten sollen es Konkurrenz und Wirtschaftswachstum, also jene Prinzipien, die uns die Suppe erst eingebrockt haben”, sagt Alfred Eibl vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.
    Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Gründung des Club of Rome weiterhin auf “unendliches Wachstum in einer endlichen Welt” zu setzen, wird den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht. Stattdessen ist es höchste Zeit, konkrete Schritte zu einer nachhaltigen Ökonomie zu diskutieren.
    “Wenn wir ein stabiles Ökosystem als unsere natürliche Lebensgrundlage erhalten und zu einer Gesellschaft werden wollen, in der Gemeinwohl und persönliche Entfaltung sich gegenseitig bedingen, führt an einer sozial-ökologischen Transformation unserer Wirtschaftsweise kein Weg vorbei. Darüber müssen wir sprechen”, fordert Alfred Eibl.
    Dabei geht es nicht um die eine große Lösung, sondern um eine breite Umgestaltungsaufgabe. Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, soziale Bedürfnisse und ihre Finanzierung sind in Einklang zu bringen. Notwendig dafür ist eine breite gesellschaftliche Debatte.
    Achim Heier, ebenfalls aktiv im Attac-Koordinierungskreis: “Wenn jemand den Anspruch erhebt, die Zukunft gestalten zu wollen, muss er sich an dieser großen Transformationsaufgabe mit Lösungsvorschlägen beteiligen. Dass sich das WEF sich dieser Aufgabe nicht stellt, zeigt, dass von Davos kein Beitrag zur Lösung der globalen Probleme zu erwarten ist.”
    Quelle: attac.de
  9. Bedroht Italien die Börsen?
    “Eine dumpfe Angst liegt über dem Aktienmarkt. Eine neue Finanzkrise scheint zu lauern. Diesmal sind die verschuldeten Staaten ins Visier geraten. Ist die Furcht begründet? “Staaten, die in ihrer eigenen Währung verschuldet sind, können gar nicht pleitegehen. Sie können ihre Währung ja selbst drucken. Selbst das höchst verschuldete Japan kann Yen in beliebiger Höhe bereitstellen um seine Gläubiger zu befriedigen. Anders sieht es bei Ländern aus, die nicht in ihrer eigenen Währung verschuldet sind, wie etwa die Türkei oder Argentinien. Diese Länder sind aber zu klein um die Finanzmärkte aus den Angeln zu heben. Selbst das in Euro verschuldete Europa der Euro-Länder inklusive Italien kann nicht pleitegehen. Mario Draghi kann so viel Euro drucken, wie er möchte, es sei denn wir wollen, dass Italien in den Bankrott getrieben wird
    Die primäre Funktion der Notenbank eines Landes besteht darin die Funktionsfähigkeit des Staates aufrechtzuerhalten. Gerät ein Land in Zahlungsschwierigkeiten und kann sich kein Geld mehr am Markt leihen, muss die eigene Notenbank einspringen und Liquidität bereitstellen, damit der Staat die Sicherheit und die Versorgung der Bürger aufrechterhalten und die Renten zahlen kann. “Diese Funktion muss die EZB auch gegenüber Italien wahrnehmen. Die Euro Krise des Jahres 2012 war exakt in der Sekunde zu Ende als Mario Draghi die Worte “Whatever it takes” fand und damit implizit die italienischen Schulden garantierte. …
    Der deutsche Steuerzahler würde damit für die italienische Ausgabenfreudigkeit haften. “Doch diese Bedenken kann man auch zerstreuen. Staatsschulden werden nicht zurückgezahlt, genauso wenig wie Bargeld zurückgezahlt wird. Die Forderungen der EZB an Italien können in den nächsten 100 Jahren in der Bilanz verbleiben. Genauso wie der irische Staat während der Finanzkrise eine 40-jährige Staatsanleihe emittiert hat, die die Bank of Ireland in ihre Bilanz genommen hat und mit deren Erlös die irischen Banken gerettet wurden. Jedes Geld ist die Verbindlichkeit eines anderen.”
    Quelle: Der Aktionär

    Anmerkung unseres Lesers J.Z.: Beim Börsenmagazin weiß man genau, bei wem man sich zu bedanken hat. Darüber hinaus liefert der Beitrag eine blitzsaubere Analyse zur Funktionsweise von Notenbanken. Daran können sich einige der sogenannten Qualitätsmedien durchaus ein Beispiel nehmen. “Staatsschulden werden nie zurückgezahlt… .” Stimmt! Es wäre noch anzufügen, dass die globalen Staatsschulden ihre saldenmechanische Entsprechung in Geldforderungen des globalen Privatsektors finden. Da die privaten Wirtschaftssubjekte in ihrer Gesamtheit über Generationen hinweg ihren Forderungsbestand vererben und ausbauen, mithin dauerhaft manifestieren, ist es eine saldenmechanische Gewissheit, dass der verbleibende Komplementärsektor, also die öffentlichen Wirtschaftssubjekte in ihrer Gesamtheit (der VGR-Sektor “Ausland” entfällt ja auf globaler Ebene), den entsprechenden Bestand an Verbindlichkeiten ebenfalls dauerhaft ausbauen und tragen. Wer immer also den öffentlichen Sektor entschulden möchte, sollte sich bewusst sein, dass dieses Vorgehen im Erfolgsfall ein entsprechendes Entsparen des privaten Sektors erzwingt. Dies wäre mit Blick auf die enorme Vermögenskonzentration sogenannter “Ultra High Net Worth Individuals” auch dringend nötig. Allerdings beziehen sich die zeitgenössischen öffentlichen Sparanstrengungen kaum auf die hinreichende Besteuerung von Superreichen, Globalkonzernen und Erbdynastien sondern auf “alternativlose” Ausgabenkürzungen zu Lasten der Habenichtse, also auf jenen Teil des Privatsektors, der ohnehin kaum spiegelbildliches, gegen Staatsschulden zu kürzendes Privatvermögen auszuweisen hat. Dass diese saldenmechanisch untauglichen Sparversuche scheitern müssen, ist offensichtlich geworden.

  10. Ich bin immer wieder aufgestanden
    Unsere Reporterin Alexa Hennings begleitete seit Jahren den Langzeitarbeitslosen und ehrenamtlichen Fußballtrainer Andreas Steinhoff. Er war einer jener Menschen, über deren Leben sonst kaum kaum berichtet wird. Nun ist er gestorben – ein Nachruf.
    So kannte man Andreas Steinhoff in Parchim: Ein hagerer, mittelgroßer Mann Im blauen Trainingsanzug mit der Aufschrift „Parchimer Fußballklub“, inmitten von Kindern auf dem Rasen.
    Zwei Nachwuchsmannschaften trainierte er selbst, für elf war er verantwortlich als Jugendchef seines Vereins. Dazu war Andreas Steinhoff noch Staffelleiter des Kreisfußballverbandes. Alles ehrenamtlich. Ohne einen Cent dafür zu bekommen. Der Sportplatz liegt in einem sozialen Brennpunkt der Stadt. Die meisten Kinder und Jugendlichen kommen aus schwierigen Verhältnissen. Andreas Steinhoff war einst selbst ein Heimkind, und so versuchte er, Kinder durch den Sport, die gemeinsame Anstrengung und die gemeinsame Freude Halt zu geben. So wie ihm der Sport sein Leben lang Halt gegeben hatte.
    „Wenn ich keinen Sport hätte jetzt in meiner Situation, dann würd’s mich nicht mehr geben. Das steht fest. Ich hab echt jeden Morgen zu tun um zu sagen: Junge, jetzt gehst du wieder raus, motiviert. Und das 365 Tage im Jahr. Weil, das ist die Verantwortung, die man noch hat für den Jugendbereich, für die Mannschaften, für den Kreisfußballverband. Das zieht mich wieder hoch.“
    Andreas Steinhoff gehörte zu jenen Menschen, die jahrelang von Hartz IV leben mussten. Er wusste aus eigener Erfahrung, was das bedeutet – für den Körper und für die Seele.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  11. Diese Lobbyisten können jederzeit in den Bundestag
    Dank eines Hausausweises haben 778 Lobbyisten einen weitgehend ungehinderten Zugang zu den Abgeordnetenbüros. Dies zeigt eine Liste, die die Bundestagsverwaltung auf Antrag von abgeordnetenwatch.de herausgegeben hat. Auffallend: Vor allem in der Immobilienwirtschaft gab es vergangenes Jahr ein großes Interesse an den Zugangskarten. Wer sind die Lobbyisten, die über einen Hausausweis zum Bundestag verfügen? Veröffentlicht von Sabrina Winter am 14.01.2019 – 11:35 Lobbyismus & Transparenz Wer einen Hausausweis für den Deutschen Bundestag hat, dem stehen die Türen zu den Parlamentsgebäuden offen: Kurz die Zugangskarte an der Pforte zeigen, und schon wird man durchgewinkt. 778 Interessenvertreterinnen und -vertreter haben derzeit einen weitgehend unbegrenzten Zugang zum Bundestag – zu den Abgeordnetenbüros genauso wie zu den Fraktionsräumen und dem Bundestagsrestaurant. Das geht aus einer Übersicht hervor, die die Bundestagsverwaltung auf Antrag von abgeordnetenwatch.de nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausgegeben hat.
    In der Liste werden insgesamt 500 Verbände, Vereine und sonstige Organisationen aufgeführt, unter anderem: der Bundesverband deutscher Banken, der u.a. die Interessen von Commerzbank, Deutscher Bank und UBS vertritt (zwei Hausausweise), der Bundesverband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, hinter dem u.a. die Rüstungsunternehmen Heckler & Koch oder Krauss-Maffei Wegmann stehen (zwei Hausausweise), die Umweltorganisation Greenpeace (zwei Hausausweise), der Mineralölwirtschaftsverband, der im Auftrag von BP, Esso und Shell Lobbyarbeit betreibt (zwei Ausweise), der Deutscher Zigarettenverband, der u.a. von Reemtsma und British American Tobacco (Lucky Strike, HB) finanziert wird (ein Hausausweis), das Deutsche Rote Kreuz (zwei Hausausweise).
    Hausausweisliste wurden erst öffentlich, als abgeordnetenwatch.de klagte Dass die Hausausweisliste nun öffentlich ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Lange hatte der Bundestag eine Übersicht aller zugangsberechtigten Lobbyisten unter Verschluss gehalten, bis abgeordnetenwatch.de gegen die Geheimhaltung klagte und 2015 recht bekam. In der Folge wurden die Zugangsregeln verschärft und die Zahl der Hausausweise drastisch verringert.
    Quelle: Lobbycontrol
  12. „Ohne Massen keine Veränderung“
    Politische Aufmärsche, Klassenkämpfe, Fließbandarbeit – ist die Massengesellschaft nicht eine Welt von gestern? Keineswegs, meinen die Philosophen Gunter Gebauer und Sven Rücker. Sie setzen auf die Macht der neuen Massen.
    Ein Mensch in der Masse – wer möchte das schon sein? „Masse“, das klingt nach Durchschnitt, Mainstream, Langeweile, nach einem genormten Leben in längst vergangenen Zeiten: Vor hundert Jahren kämpften politische Massenbewegungen von links und rechts um die Vorherrschaft auf den Straßen. Fast ebenso weit weg erscheint heute die Ära der dunklen Einbauschränke, exakten Rasenkanten und mächtigen Volksparteien, die den Zeitgeist der BRD bestimmten, während im Osten des Landes jeder Gemeinschaftsgeist propagandistisch überhöht wurde.
    Haben wir all das im Namen des Individualismus nicht längst hinter uns gelassen? „Ich glaube, dass Massen nie wirklich weg waren“, sagt Sven Rücker im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur: „Sie haben nur die Bühnen gewechselt.“ Massenaufmärsche der Popkultur wie die „Love Parade“ versteht Rücker als „selbstgenügsame hedonistische Massen“, die sich seit den 1990er Jahren „um ihrer selbst willen“ versammelten und einen „Nullpunkt der politischen Bewegungen“ markierten.
    Seit der Wende zum 21. Jahrhundert beobachtet Rücker jedoch eine Rückkehr politischer Massen: Bewegungen wie „Occupy Wallstreet“, der Arabische Frühling oder die sogenannten Gelbwesten, die aktuell in Frankreich gegen die Sozialpolitik der Regierung protestieren.
    Rücker: „Das sind führerlose Massen, die keinen Sprecher haben, der für die gesamte Masse spricht, den man adressieren könnte auch von der Seite der etablierten politischen Parteien. Das ist ein Beispiel für die „Masse der Einzelnen“, es ist aber auch ein Beispiel für eine Masse, die sich wieder relativ offensiv als Klasse manifestiert.“
    Neue politisierte Massen dieser Art folgen aus Rückers Sicht anderen Regeln, als sie die klassischen Massen-Theorien beschrieben haben. Psychologen wie Gustave Le Bon und Sigmund Freud verglichen das Massenerlebnis mit einer Hypnose. Ein derartiges Machtgefälle zwischen Führer und Verführten finde man in heutigen Massen nicht, meint Rücker. Auch die traditionelle Deutung, derzufolge die Masse alles Individuelle einebne und sogar zu zerstören drohe, müsse deutlich relativiert werden.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  13. Digitalisierung und Überwachung in China
    Parteichef Xi Jinping betreibt in China mit digitalen Mitteln die Rückkehr zum Totalitarismus, kritisiert der Sinologe Kai Strittmatter. Terror und Gewalt sind inzwischen Mittel von gestern – heute geht es vor allem um den Einfluss auf das Denken der Menschen.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  14. Australien wird zum Überwachungsstaat
    Whatsapp-Nachrichten, die entschlüsselt werden, Journalisten, denen langjährige Haftstrafen drohen, wenn sie das Ansehen Australiens schädigen: Canberra nutzt die Angst vor Terrorismus, um die Freiheit von Bürgern und Medien zu beschneiden. …
    Auch australische Journalisten stehen inzwischen mit einem Fuss im Gefängnis, selbst wenn sie ihre Arbeit professionell und gewissenhaft erledigen. Laut der Aktivistengruppe Get up droht Reportern mit den neuen Gesetzen lebenslängliche Haft, wenn sie Informationen veröffentlichen, die in den Augen der Regierung die nationale Sicherheit schädigen.
    Dieser Tatbestand gelte bereits, wenn ein Drittland «den Glauben und das Vertrauen in Australien» verliere, so das Fachmagazin Sydney Criminal Lawyers (SCL). Das könne über die Publikation von Nachrichten geschehen, gibt der Generalstaatsanwalt zu bedenken. Laut Get up drohe Journalisten beispielsweise Gefängnis, wenn sie über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in von Australien betriebenen Internierungslagern für Flüchtlinge berichteten.
    Besonders besorgniserregend ist, dass das Gesetz die Definition von «nationaler Sicherheit» auf Wirtschaftsgüter und Handel ausweitet. «Es ist nun ein Vergehen, über irgendetwas zu berichten, das dem Ruf Australiens international schaden könnte – politisch oder wirtschaftlich», so SCL. Ein Reporter, der einen Beitrag über das unter Korallenbleiche leidende Grosse Barrier-Riff schreibt, macht sich theoretisch strafbar, weil er potenziell den wirtschaftlich wichtigen Tourismus gefährdet. Journalisten drohten auch dann Strafen, wenn ihnen Informanten klassifiziertes Material zuspielten und sie es dann auf seine Richtigkeit prüften, so der bekannte Justizkommentator Richard Ackland.
    Quelle: NZZ
  15. Der tiefe Staat des George H. W. Bush
    Reagans Vizepräsident betrieb einen Schattengeheimdienst
    Einen Monat nach dem Tod des 41. Präsidenten der USA wartet der legendäre Investigativjournalist Seymour Hersh mit brisanten Enthüllungen über George Herbert Walker Bush auf. Hersh, der 1970 mit dem Pulitzerpreis bedacht wurde, war einst in der Watergate-Affäre maßgeblich an der Demontage von Richard Nixon beteiligt und macht seither US-Präsidenten das Leben schwer.
    Wie Hersh nunmehr von überwiegend nicht genannten Quellen zugetragen wurde, installierte Bush als Vizepräsident pragmatisch einen Schattengeheimdienst, der diskret nasse Sachen wie politischen Mord erledigte. Mit seinem verborgenen Netzwerk hinterging Bush seinen Präsidenten, die CIA und das Pentagon – sowie jegliche Kontrolle.
    Schattengeheimdienste
    Schattengeheimdienste haben in den USA eine gewisse Tradition. Bereits der allererste US-Geheimdienst Secret Service, der im 19. Jahrhundert offiziell nur dem Schutz der Währung diente, hatte die geheime Primärfunktion, Komplotte gegen den Präsidenten aufzudecken. Das “Secret Team” der CIA, das in den 1960er Jahren unter der Leitung von William King Harvey schmutzige Operationen wie politischen Mord und Staatsstreiche ausführte, war innerhalb der CIA keine offiziell verfasste Organisation, sondern agierte wie ein Geheimbund.
    Geheimdienst-Direktor Allen Dulles kontrollierte die von ihm aufgebaute CIA auch nach seiner Entlassung von seinem Privathaus aus heimlich weiter. Dulles’ Vertrauter James Jesus Angleton betrieb sogar “eine CIA innerhalb der CIA”, um diese zu kontrollieren. Auch Richard Nixon, der den “Clowns aus Langley” misstraute, rekrutierte Ex-CIA-Leute für seinen inoffiziellen Privatgeheimdienst, die “Klempner”, die etwa für ihn das Watergate-Hotel verwanzen sollten. Einer seiner Klempner plante sogar die Vergiftung des lästigen US-Journalisten Jack Anderson.
    Quelle: Telepolis
  16. Lesetipp: Jacobin – Die Anthologie
    Seit 2010 mischt Jacobin als Sprachrohr der neuen amerikanischen Linken die intellektuelle Szene in den USA auf. In dem Magazin treten junge Autorinnen und Autoren offen für den Sozialismus ein, und das im Land des Hyperkapitalismus. Mit polemischen Artikeln entwickelte sich Jacobin schnell zu einem einflussreichen Ideengeber für Occupy Wall Street und die Bewegung um Bernie Sanders. Inzwischen erscheint die Zeitschrift in einer Auflage von 30.000 Exemplaren, online erreicht sie jeden Monat rund eine Million Leser.
    Die Webseite des Magazins
    Quelle: Suhrkamp

    Anmerkung JK: Hier sei den potentiellen Lesern besonders das Interview mit dem amerikanischen Literaturtheoretiker Walter Benn Michaels aus dem Band ans Herz gelegt, der ebenso mit der Identitäts- und Diversitätspolitik der Linksliberalen abrechnet (siehe auch „Warum Moralisieren der Linken nicht weiterhilft“). Er verdeutlicht dies an der Forderung nach „offenen Grenzen“, die Weltoffenheit und das Eintreten für kulturelle Vielfalt demonstrieren soll, aber ebenso ganz im Interesse der neoliberalen Eliten nach grenzlosem Austausch von Waren, Kapital und Arbeitskraft liegt. Wie sich die Einwanderungspolitik im Sinne ökonomischer Prämissen verändert hat zeigt Michaels am Beispiel der US-Einwanderungsquoten für Inder, die in den zwanziger Jahren, als vornehmlich ethnische Auswahlkriterien galten, bei 100 Personen – pro Jahr – lag. Heute würde eine derartige Beschränkung ein Proteststurm hervorrufen, nicht nur bei Linksliberalen sondern gerade auch bei den amerikanischen Technologie- und Softwarekonzernen für die indische Computerspezialisten und Programmierer begehrte Arbeitskräfte sind – die dann aber bei starker Migration wiederum in Indien selbst fehlen können. Aber so ist der Neoliberalismus ganz selbstverständlich für „offene Grenzen“ und erscheint nach außen politisch progressiv.

  17. So kann es nicht weitergehen
    Der Brexit, Donald Trump, der Angriff auf den AfD-Politiker Magnitz: Unseren Kolumnisten macht es wütend, auf welche Weise viele Medien über solche Themen berichten. Denn sie lassen sich instrumentalisieren.
    Der Brexit tobt, Trump wütet, die AfD opferposiert.
    Dass die redaktionellen Medien immer noch nicht merken, dass sie instrumentalisiert werden – oder es nicht merken wollen, oder es merken und richtig finden. Jeden verdammten Tag aufs Neue.
    Wie wenig kann man sich der Folgen des eigenen Handelns bewusst sein? Es ist zum Heulen, nein, zum Ausflippen. Es wird offenbar kaum Reflexion betrieben im massenmedialen Alltagsbetrieb, und wenn doch, bleibt es bisher wirkungslos.
    Daher hier nochmal, wütend, aber längst mit dem Beigeschmack der resignativen Verzweiflung:
    Der Aufstieg der autoritären Kräfte weltweit wäre ohne Medien nicht möglich gewesen, und zwar sowohl sozialer wie redaktioneller Medien. Die Verantwortung für eine weitere Stärkung der Rechten, Rechtsextremen, Autoritären liegt zum guten Teil bei ebendiesen Medien. (…)
    Langsam, so ganz langsam könnten die werten redaktionellen Qualitätsmedien vielleicht mal im 21. Jahrhundert ankommen und begreifen, wie die Ökonomie der Aufmerksamkeit funktioniert, wie sie instrumentalisiert werden und was sie dagegen tun können. Nein: tun müssen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Das ist mal wieder typisch: Herr Lobo fordert, dass die „Qualitätsmedien, bitte aufwachen“ mögen. Aber mit keinem Wort erwähnt er den „Spiegel“ und „SPON“. Sind sie etwa kein Instrument der politischen und ökonomischen Eliten?

    Und was soll der Hinweis auf Russlands Präsident Putin, der sich „mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit“ eine „Marionette“ Trump halte? Wo sind die Beweise?

    Anmerkung Jens Berger: Was zahlt Sascha Lobo SPON eigentlich, um dort seien Texte unterzubringen?

  18. Das Letzte – „Maischberger“: Christian Lindner greift Hartz-IV-Empfänger an: „Geh zum Aldi, guck RTL II“
    Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt momentan über Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger und FDP-Chef Christian Lindner hat zu dem Thema eine besonders starke Meinung. Auch bei „Maischberger“ in der ARD ging es am Mittwoch um die Frage: Wie hart darf der Sozialstaat sein?
    Christian Lindner von der FDP steigt in die Diskussion ein. Christian Lindner findet, sein Politik-Kollege hat teilweise recht. „Wir fordern schon seit Jahren, Leistung zu belohnen.“ Wer neben Hartz IV einen Minijob habe, solle das Geld auch behalten können. Seine Haltung fasste Christian Lindner so zusammen: „Man kann den Leuten nicht einfach sagen: ‘Du bekommst hier 1.000 Euro überwiesen, wir lassen dich in Ruhe, setz dich auf die Couch, geh zum Aldi, guck RTL II.“ …
    Aber, so Christian Lindner: „Solidarität haben wir mit Bedürftigen, aber es ist keine Einbahnstraße. Deshalb ist jeder dazu gehalten, sich um Arbeit und Bildung zu bemühen. Und wer angebotene Arbeit oder Bildungsmöglichkeiten nicht in Anspruch nimmt, hat es ja anscheinend nicht nötig.“
    Quelle: Der Westen

    Anmerkung JK: Wieder einmal ein schlagendes Beispiel für die typische, zynische Menschenverachtung der Neoliberalen, wie öffentlich Stimmung gegen eine Menschengruppe gemacht wird, und dass dies offenbar völlig legitim erscheint, aber dann wird auf der anderen Seite eine „zunehmende Kaltherzigkeit und Aggressivität“ beklagt. Es symptomatisch für das nachfolgende Interview wie auch für die zugehörige öffentliche Debatte, dass hier nicht ein einziges Mal der Begriff des Neoliberalismus auftaucht.

    “Wir leben in Zeiten einer gewissen Verrohung”
    Die FAZ-Journalistin Melanie Mühl macht eine zunehmende Kaltherzigkeit und Aggressivität aus. Zuerst in Worten, dann in Taten, etwa in Angriffen auf Politiker. In ihrem neuen Buch plädiert sie für Gefühl mit Verstand.
    Quelle: Deutschlandfunk


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