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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 23. Januar 2019 um 8:32 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Tempolimit gefordert – Treffen von Kommission abgesagt
  2. Aachener-Militärvertrag: Deutsch-Französische Führungsansprüche
  3. Den Schuss nicht gehört
  4. Ohne Briten wird’s auch nicht besser
  5. Spanien erhöht Mindestlohn um 22 Prozent – „Wir wollen keine armen Arbeiter mehr“
  6. Wirken der Internationalen Arbeitsorganisation ILO: 100 Jahre Kampf um gerechte Arbeit
  7. Mindestsicherung: Dauerhaft Arme sterben zehn Jahre früher
  8. Schrecken ohne Ende
  9. „Pure Erniedrigung“: Hartz-IV-Empfänger berichten über demütigende Maßnahmen: Aufgaben auf Grundschulniveau
  10. Rheinmetall verlangt Schadenersatz
  11. Was rausgekommen ist: Palantir-Untersuchungsausschuss in Hessen
  12. Was gesund ist, bestimmt Bill Gates: Die WHO am Bettelstab
  13. Wie die Linkspartei beim Staatstrojaner einknickt
  14. Angriff auf Verdacht
  15. Amerikas Linke meldet sich aus der Versenkung
  16. Präsident Bolsonaro in der Schweiz, Sohn in Brasilien in den Schlagzeilen
  17. Wieder mal: China-Alarm
  18. Unter der Käseglocke

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Tempolimit gefordert – Treffen von Kommission abgesagt
    Die Arbeitsgruppe für mehr Klimaschutz im Verkehr wollte sich am Mittwoch über die Einführung eines Tempolimits austauschen. Das Verkehrsministerium hat das Treffen nun allerdings abgesagt – der Grund ist die derzeitige Debatte.
    Das Verkehrsministerium hat ein für Mittwoch geplantes Treffen einer Arbeitsgruppe zu mehr Klimaschutz im Verkehr abgesagt – nach dem Wirbel über Vorschläge wie ein Tempolimit. Die Absage wurde der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag aus Teilnehmerkreisen bestätigt. Zuerst hatte das „Handelsblatt“ darüber berichtet.
    „Die Regierungskommission Mobilität ist durch das gezielte Durchstechen von emotional aufgeladenen Einzelvorschlägen und die Überreaktion des Bundesverkehrsministers in schwieriges Fahrwasser geraten“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Dienstag der dpa. Er ist Mitglied der Klima-Arbeitsgruppe. „Nun gilt es, Vertrauen neu aufzubauen.“
    Quelle: Peiner Allgemeine Zeitung

    Anmerkung Jens Berger: Das ging aber schnell. Erst am Montag hatten die NachDenkSeiten vermutet, dass die über die Medien ausgerichtete „Scheindebatte“ über das Tempolimit wohl vor allem der Sabotage des geplanten Klimaschutzgesetzes dient. Keine 24 Stunden später hat das Verkehrsministerium diese Befürchtung bestätigt. So geht das heute. Man gibt ein Dokument, das einem nicht gefällt, an gewogene Journalisten weiter, die daraus mit fragwürdigen Mitteln eine Schmierenkomödie machen und den „gesunden Volkszorn entfachen“, der dann das Ministerium natürlich „zwingt“, das Papier und die damit verbundenen Pläne erst einmal verschwinden zu lassen.

  2. Aachener-Militärvertrag: Deutsch-Französische Führungsansprüche
    (…) Impulse sollen vor allem in der „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVP) gegeben werden, so hat es bei näherer Betrachtung des Vertrages zumindest den Anschein, da das Kapitel „Frieden, Sicherheit und Entwicklung“ im Vertragswerk beträchtlichen Raum einnimmt. Vordergründig wird dabei auf eine Intensivierung der Rüstungszusammenarbeit gedrängt, tatsächlich geht es aber vor allem um den Anspruch, der fortschreitenden Militarisierung Europas ein deutsch-französisches Gesicht zu verpassen. Neben diesem übergeordneten Ziel ist vor allem das deutsche Zugeständnis auf eine Harmonisierung der Rüstungsexportregeln hinarbeiten zu wollen sowie die französische Unterstützung für einen ständigen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat bemerkenswert.
    (…) Führungsansprüche im Aachener-Vertrag
    Die deutsch-französischen EU-Führungsansprüche waren in den letzten Jahren wahrlich schwer zu übersehen – weshalb sie nun auch noch unbedingt in einen Vertrag gegossen werden mussten, wissen wohl nur Berlin und Paris. Unter dem Vorwand, nur so könne der stockende Integrationsprozess überwunden werden, beabsichtigen beide Länder augenscheinlich sich in zentralen Fragen bereits im Vorfeld abzustimmen und anschließend die restlichen Mitglieder vor vollendete Tatsachen zu stellen…
    In klaren Worten beschreibt das Handelsblatt die Bedeutung dieser Passagen mit den Worten: „Am stärksten geht Deutschland im verteidigungspolitischen Kapitel des Aachener Vertrages auf Frankreich zu. […] Laut Vertragstext wollen beide Länder eine gemeinsame strategische Kultur entwickeln, vor allem mit Blick auf gemeinsame militärische Einsätze. Das Neue daran: Die Bundesregierung will künftig zuerst mit Frankreich voranschreiten, und dann die anderen Europäer einbinden. Bisher hatte Berlin stets nur solche Projekte vorantreiben wollen, bei denen alle Europäer mitgehen. Frankreich hielt dies schon immer für unrealistisch.“…
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

    Dazu: DIE LINKE sagt Nein zum Aachener Aufrüstungsvertrag
    „Der Aachener Vertrag beschwört die deutsch-französische Freundschaft, sorgt aber mit seinen Aufrüstungsvorhaben in erster Linie für Profite der Rüstungskonzerne beider Länder. Statt Europa als Kontinent des Friedens zu einen, vertiefen Kanzlerin Merkel und Präsident Macron mit dem binationalen Deal zur weiteren Militarisierung die Spaltung der EU“, erklärt Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Dagdelen weiter:
    „Der Aachener Vertrag zielt im Kern auf eine Intensivierung der deutsch-französischen Militärkooperation bis hin zu gemeinsamen Interventionen. Die von der Bundesregierung mit auf den Weg gebrachte Vereinbarung ist ein Hauptgewinn für die deutsche Waffenindustrie: Mit dem Vertrag sollen über neue binationale Rüstungsprojekte die ohnehin schwammigen deutschen Rüstungsexportrichtlinien endgültig ausgehebelt werden. Es ist einfach nur schändlich, wie die Bundesregierung hier durch die Hintertür einer Zusammenarbeit mit Frankreich Rechtssicherheit für alle Exporte gerade auch an autokratische Regime wie Saudi-Arabien zu schaffen versucht.
    DIE LINKE lehnt den Aachener Vertrag daher entschieden ab. Die von Merkel und Macron vereinbarte Aufrüstung im Namen der Völkerfreundschaft verdient jeden Widerstand.”
    Quelle: DIE LINKE

  3. Den Schuss nicht gehört
    Deutschlands sicherheitspolitisches Umfeld ist zunehmend labil, doch die Bundesbürger wollen keine internationale Verantwortung tragen. Zeit für eine überfällige Debatte
    Januar 2014. Vom Rednerpult der Münchner Sicherheitskonferenz herunter fordern Bundespräsident, Außenminister und Verteidigungsministerin unisono mehr deutsches Engagement in der Welt. “Früher, entschiedener und substanzieller” müsse sich Deutschland einbringen – Worte wie Donnerhall für die sicherheitspolitisch eher zart besaitete deutsche Öffentlichkeit. […]
    Doch während sich die tektonischen Platten der Geopolitik gerade verschieben, bleibt eines konstant: Trotz der Verschlechterung von Deutschlands sicherheitspolitischem Umfeld wünschen sich die Deutschen ihr Land als eine Art große Schweiz – nicht als gestaltenden internationalen Akteur. Nach wie vor sprechen sich nur vier von zehn Bundesbürgern und -bürgerinnen für eine aktivere deutsche Rolle in der Welt aus.
    Großmachtkonflikte und brüchige Allianzen
    “Hat Deutschland die neuen Gefahren und die Veränderungen im Gefüge der internationalen Ordnung schon angemessen wahrgenommen?”, fragte Joachim Gauck 2014 in seiner Münchner Rede. Bezogen auf die deutsche Öffentlichkeit, lautet die ernüchternde Antwort heute wie vor fünf Jahren: nein. Oder anders gesagt: Die Deutschen haben – salopp gesagt – mehrheitlich den Schuss nicht gehört. […]
    Es braucht erstens konkrete Antworten auf aktuelle Herausforderungen. Zweitens den Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen: Deutschland ist keine Insel der Seligen, an der die Stürme der Welt vorüberziehen, und Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Drittens die Ressourcen, vor allem aber den politischen Willen, Worten Taten folgen zu lassen. Ja, Schritte in die richtige Richtung sind erkennbar: Berlin ist zentraler Impulsgeber bei den Ukraine-Verhandlungen, trainiert Soldaten aus den Sahelstaaten in Mali, knüpft neue Netzwerke für den Multilateralismus. Doch unterm Strich bleibt Deutschland weiter unter seinen Möglichkeiten.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung Albrecht Müller: Der Text ist in vielerlei Hinsicht interessant. Das bürgerliche Leserpublikum der Zeit wird mit oberflächlichen Formeln umgarnt – Verantwortung in der Welt, wirtschaftliche Größe und so weiter. Interessant ist auch, dass sich die Autorin auf den Dreiklang damals führender Politiker beruft Von der Leyen, Gauck und Steinmeier haben 2014 bei der Münchner Sicherheitskonferenz mehr Verantwortung für Deutschland angemahnt. Und das war damals schon militärisch gemeint, aber mit dem Wort Verantwortung verbrämt. Jene, die heute in Steinmeier einen Friedenspolitiker sehen, sollten sich des damaligen Vorgangs erinnern.

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: “Den Schuss nicht gehört”? Zum Glück, kann ich nur sagen, denn mir wird schon viel zu viel geschossen in der Welt. Leicht verdruckst schleicht die Autorin um ihre Forderung nach “mehr deutscher Verantwortung in der Welt” herum und nennt das Kriegführen doch nicht beim Namen. Und wenn sich laut Artikel “nur vier von zehn Bundesbürgern und -bürgerinnen für eine aktivere deutsche Rolle in der Welt aus[sprechen]”, also für mehr deutsche Militärs in der Welt, dann sind mir das vier zu viel. “[Ü]ber Interessen und Ziele deutscher Außenpolitik”, z. B. mehr Lebensraum im Osten, kann sich die Autorin gerne mit Hitler und Göring unterhalten – ich lehne solche Diskussionen ab.

    Anmerkung unseres Lesres H.B.: …Kriegsgetrommel von der übelsten Sorte vom Qualitätsmedium ZON…

  4. Ohne Briten wird’s auch nicht besser
    In Europa läuft zweifelsohne etwas falsch
    (…) Die Frage, der sich die EU-Vertreter stellen sollten, ist: Warum haben sich die britischen Bürger für den Ausstieg entschieden? Zu suggerieren, dass die Briten irgendwie weniger europäisch sind, ist keine überzeugende Antwort. Ebenso wenig plausibel ist es, zu glauben, sie seien einfach von den europaskeptischen Boulevardmedien manipuliert worden. Als die Franzosen und Niederländer im Jahr 2004 die Chance bekamen, ihre Meinung zur europäischen Verfassung zu äußern, stimmten sie ebenfalls mit Nein, relativ gesehen in größerer Zahl. In den vergangenen Jahren haben antieuropäische Politiker in ganz Europa zugelegt. Zweifelsohne läuft etwas falsch, so wie Europa funktioniert. Darüber müssen wir eine ernsthafte Diskussion führen, statt einfach den undankbaren Briten oder den heimischen Populisten die Schuld zu geben.
    Die Wahrheit ist, dass die EU darin gescheitert ist, sinnvolle Möglichkeiten für die Partizipation der Bürger zu schaffen. Statt ihre Bürger vor den Effekten der Globalisierung zu schützen, ist die EU ein Instrument der Globalisierung geworden. Selbst die stärksten europäischen Volkswirtschaften haben Mühe, Wachstum zu generieren, und die europäischen Sozialsysteme brechen zusammen. Die EU-Kommission scheint auf die rund 30.000 Lobbyisten in Brüssel zu hören, aber nicht auf die normalen Bürger, besonders nicht auf die, die in Armut leben. Die europäische Migrations- und Außenpolitik ist oft unmoralisch und ineffektiv. Die Konflikte im Innern der EU sind zahlreich, zwischen Gläubiger- und Schuldnerländern, Importeuren und Exporteuren, denen im Euro und denen mit eigener Währung, jenen, die sich Sorgen wegen der Ukraine und Russland machen, und jenen, die sich um Nordafrika sorgen.
    Die europäische Integration ist kein fehlgeleitetes Projekt
    All das bedeutet nicht, dass die europäische Integration ein fehlgeleitetes Projekt wäre und wir zur Politik der Mauern und nationaler Herrlichkeit zurückkehren sollten. Es bedeutet, dass die EU fundamentaler Reformen bedarf, wenn wir das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen wollen….
    Leider scheinen die europäischen Anführer diese einfachen Wahrheiten zu ignorieren. Für sie ist der Brexit ein Mittel, um potenzielle Europaskeptiker auf dem ganzen Kontinent abzuschrecken. Das Ergebnis dieser Taktik ist pervers: Die europaskeptischen Politiker wollen die EU nicht länger verlassen, sie wollen sie übernehmen.
    Quelle: Zeit

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Mit anderen Worten: der Neoliberalismus hat die EU zugrundegerichtet, und mehr Demokratie und eine Reform zu einer EU für alle, für mehr Sozialstaat und eine bessere Verteilung des Wohlstands würden helfen. Nur benennt der Autor die verheerende Ideologie und die autoritären Politiker, die Zielonka leider immer noch als “liberale[…] Anführer[…]” schönredet und die den Neoliberalismus gegen Demokratie und den Wohlstand der Massen durchsetzen, nicht beim Namen. Eigentlich ein schöner Text, aber am Ende mit Angst vor der eigenen Courage.

  5. Spanien erhöht Mindestlohn um 22 Prozent – „Wir wollen keine armen Arbeiter mehr“
    Die sozialistische Regierung in Spanien hebt den Mindestlohn um 22 Prozent an. Damit steigt er von einem der niedrigsten zu einem der höchsten innerhalb der EU. Der spanische Ministerpräsident Sanchez will, dass es keine armen Arbeiter mehr in Spanien gibt. In Österreich wird hingegen die Mindestsicherung gekürzt – und es gibt zu wenige Jobs.
    Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine Regierung kürzen die Mindestsicherung, damit es sich „wieder auszahlt“ arbeiten zu gehen. In Kurz‘ Argumentation verstecken sich zwei Fehler:
    Bei 380.000 Arbeitslosen und 70.000 offenen Stellen bleiben selbst bei bester Vermittlung noch über 300.000 Arbeitslose übrig. Es gibt keinen einzigen Job mehr, weil bei Arbeitslosen gekürzt wird. Eventuell gibt es sogar weniger Jobs, weil Konsum und Nachfrage im Land sinken.
    Wenn sich Arbeit nicht auszahlt, liegt das daran, dass Arbeit oft nicht zum Leben reicht. Weil die unteren Einkommen in den letzten zehn Jahren kaum gestiegen sind, während Top-Einkommen in den Himmel schießen.
    SPANISCHE SOZIALISTEN ERHÖHEN DIE LÖHNE
    Damit es sich also „auszahlt“ arbeiten zu gehen, braucht es gute Jobs und höhere Mindestlöhne. Und genau das wird gerade in Spanien gemacht. Ein paar Tage vor Weihnachten trat eine Regierungssprecherin in Spanien an die Öffentlichkeit und verlautbarte:
    „Das ist die größte Erhöhung des Mindestlohns seit 1977. Sie kommt mehr als 2,5 Millionen Menschen zugute, die meisten davon Frauen.“
    Die Überraschung war perfekt: Die neue sozialistische Regierung unter Ministerpräsident Pedro Sanchez erhöhte den spanischen Mindestlohn gleich um 22 Prozent auf 1050 Euro. Mit diesem Erlass springt der Mindestlohn in Spanien von einem der niedrigsten in der EU zu einem der höchsten…
    Quelle: kontrast.at
  6. Wirken der Internationalen Arbeitsorganisation ILO: 100 Jahre Kampf um gerechte Arbeit
    (…) Die alten Probleme sind noch nicht mal ansatzweise beseitigt, da tun sich neue auf: Roboter und Algorithmen ersetzen immer schneller Hände und Gehirne. Gleichzeitig steigen Zahl und Anteil ungesicherter informeller Arbeitsverhältnisse und es droht eine gehörige Umverteilung von Arbeit zwischen Regionen. Wenn die ILO die Arbeitswelt der Zukunft gestalten will, muss sie wissen, wie sie aussieht….
    Die Zukunft der Arbeit ist kein Kinderspiel. Sie lässt sich nicht als App auf das Smartphone laden. Aber sie ist für jedes Land von entscheidender Bedeutung. Die Dinge werden sich ändern. Jobs verschwinden und neue entstehen. Genauso wie beim Klimawandel wissen wir, dass dies passieren wird. Wir müssen darauf vorbereitet sein.“
    Der Arbeitgebervertreter spricht von enormen Herausforderungen.
    „Wir werden die Mobilität der Arbeit erleben. Wir werden die Mobilität der Unternehmen erleben. Wir werden die Mobilität aller Menschen entlang der Wertschöpfungskette erleben. Vor allem muss sich die Welt mit der Regulierung von Maschinen und der Regulierung künstlicher Intelligenz befassen. (…) Wir sind Menschen und müssen am Ende sicherstellen, dass die Maschinen für uns arbeiten.“
    (…) Arbeit ist keine Ware. Freiheit der Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit sind wesentliche Voraussetzungen beständigen Fortschritts. Armut, wo immer sie besteht, gefährdet den Wohlstand aller. Der Kampf gegen die Not muss innerhalb jeder Nation und durch ständiges gemeinsames internationales Vorgehen unermüdlich weitergeführt werden.
    Die ILO ist bis heute eine einzigartige Institution, weil Staaten, Arbeitgeber und Gewerkschaften Regeln für Arbeitende gemeinsam festsetzen und überwachen.
    Zu Arbeitszeiten, freien Tagen und Urlaub. Zu Mutterschutz, Nachtarbeit von Frauen. Zum Mindestalter für Beschäftige. Gegen Zwangs- und Kinderarbeit oder gegen Diskriminierung. Für die Vereinigungsfreiheit und gesunde und sichere Arbeitsbedingungen. Bis heute gibt es 187 Konventionen und viele Empfehlungen….
    Quelle: Deutschlandfunk
  7. Mindestsicherung: Dauerhaft Arme sterben zehn Jahre früher
    Laut Statistik Austria ist die Lebenserwartung deutlich geringer. “Man kann einen Menschen mit einer feuchten Wohnung genauso töten wie mit einer Axt”, warnt die Armutskonferenz
    Wien – Dauerhaft arme Menschen sterben zehn Jahre früher als der Rest der Bevölkerung. Das hat eine von der Statistik Austria durchgeführte Sonderauswertung der EU-Sozialstudie SILC ergeben. Noch größer ist der Unterschied bei Obdachlosen. Die Armutskonferenz, ein Netzwerk sozialer Hilfsorganisationen, warnt daher davor, die Situation von Mindestsicherungsbeziehern weiter zu verschlechtern.
    Laut Statistik Austria sind 1,5 Millionen Menschen in Österreich von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet. Sie haben also ein niedriges Einkommen (unter 1.238 Euro bei Einzelpersonen) oder Schwierigkeiten bei der Erfüllung notwendiger Grundbedürfnisse. Und das bringt auch eine sinkende Lebenserwartung mit sich, wie die Statistik Austria für das Sozialministerium errechnet hat. […]
    Feuchte Wohnung kann genauso töten, wie Axt
    “Diese enorme Einschränkung der Lebenserwartung betrifft in Österreich fast 270.000 Menschen, das entspricht in etwa der Bevölkerung von Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs”, sagt Martin Schenk von der Armutskonferenz. Hier gehe der Stress durch finanziellen Druck Hand in Hand mit geschwächtem Krisenmanagement und einem ungesunden Lebensstil. “Man kann einen Menschen mit einer feuchten Wohnung genauso töten wie mit einer Axt.”
    Quelle: derStandard.at
  8. Schrecken ohne Ende
    Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung plagt sich mit der Frage, ob Hartz IV »eine Zukunft« hat. Das gewerkschaftsnahe Institut richtete dazu am Dienstag eine Tagung im Französischen Dom am Berliner Gendarmenmarkt aus. Hier hatte der damalige VW-Personalvorstand Peter Hartz am 16. August 2002 vor 500 geladenen Gästen eine Liste mit Vorschlägen für eine »Reform« der sozialen Sicherungssysteme an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) übergeben. Die bald danach von der »rot-grünen« Bundesregierung auf den Weg gebrachten »Hartz-Gesetze« haben nicht nur den Niedriglohnsektor vergrößert und die Armutsbevölkerung einem erbarmungslosen Sanktionsregime unterworfen, sondern der deutschen Sozialdemokratie auch die Hälfte ihrer Wählerstimmen gekostet.
    Die SPD denkt deshalb seit einigen Monaten über eine große »Sozialstaatsreform« nach und will dem Vernehmen nach »weg« von Hartz IV. Die IMK-Tagung war ein Baustein in dieser von den Gewerkschaften flankierten Neuausrichtung, und sie hat eine Ahnung davon vermittelt, was von diesem taktischen Schwenk zu halten ist – nicht viel nämlich. Denn die Mehrheit der Referenten fand am Dienstag, dass Hartz IV eine Zukunft verdient hat – die nur eben ein bisschen menschenfreundlicher gestaltet werden muss. (…)
    Ungewohnt war die Offenheit, mit der die Referenten die Mechanismen hinter dem »Arbeitsmarktwunder« benannten: Das »Sicherheitsgefühl« der Beschäftigten sei »massiv eingeschränkt« worden, es gebe eine »Abstiegsangst« bis tief hinein in die »Mitte der Gesellschaft«, oftmals prekäre Arbeitsplätze seien durch Lohnverzicht und Dequalifizierung erkauft worden. Aber auch den Beschäftigten, die nie erwerbslos geworden seien, habe die Hartz-IV-Gesetzgebung geschadet: Ihre Verhandlungsmacht sei gemindert, die Reallohnentwicklung in der Folge gebremst worden oder sogar rückläufig.
    Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Hubertus Heil (SPD), fand dennoch, dass die Forderung nach der Abschaffung von Hartz IV eine zu »einfache« Antwort sei. Ihr reicht es, das Verhältnis von »Fördern und Fordern« neu auszutarieren; womöglich habe es bislang eine Schlagseite in Richtung »Fordern« gegeben, vielleicht müssten ja ein paar »überzogene Sanktionen« weg. Ansonsten gelte: Die »Leistungen« dürften nicht »uferlos« werden, sie sei gegen »Anspruchsdenken«.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Volker Pispers sagte mal sinngemäß “Wenn die SPD einmal einen Fehler begeht, wiederholen die den immer und immer wieder”. Recht hat er auch heute noch …

  9. „Pure Erniedrigung“: Hartz-IV-Empfänger berichten über demütigende Maßnahmen: Aufgaben auf Grundschulniveau
    Hartz-IV-Maßnahmen sollen Arbeitslose bei der Jobsuche voranbringen. Doch Aufgaben auf Grundschulniveau sind bei diesen „Fortbildungen“ möglicherweise keine Seltenheit.
    Berlin – Puzzeln, Blätter sammeln und bestimmen oder Aufgaben auf Grundschulniveau lösen – solche und andere Zeitvertreibe werden allem Anschein nach mancherorts Arbeitslosen in Deutschland im Zuge von Hartz-IV-Maßnahmen als „Fortbildungen“ aufgetragen. Diesen mutmaßlichen Missstand hat nun ein Tweet ans Licht gebracht.
    Der Post einer Twitter-Userin namens Mila lässt Zweifel zu, ob Hartz-IV-Maßnahmen wirklich zielführend sind: Die junge Frau postete ein Foto mit einer Aufgabe, die ihre Mutter bei einer Fortbildung lösen sollte – so erklärt es zumindest die Userin.
    Der Schwierigkeitsgrad der abgebildeten Aufgaben: eher gering. Es geht darum, Bilder mit den zugehörigen Wörtern zu beschriften. Ein Bild von einer Katze: „Katze“. Ein Bild von einem Herz: „Herz“. Die nächste Teilaufgabe: Welches Wort wird mit tz geschrieben? „Katze.“ Und Stufe drei: „Schreibe noch andere Wörter mit tz auf, die du kennst.“
    (…) Hartz-IV-Empfängerin sollte in einer Fortbildung puzzeln
    Auch Miriam Müller, die eigentlich anders heißt, hat etwas Ähnliches erlebt. „In einer Maßnahme sollte ich den ganzen Tag puzzeln“, erzählt sie der Huffington Post….
    Quelle: Merkur
  10. Rheinmetall verlangt Schadenersatz
    Der Rüstungskonzern Rheinmetall glaubt, er müsse wegen des Rüstungsembargos gegen Saudi-Arabien der Bundesregierung drohen.
    Der Waffenhersteller Rheinmetall will nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ die Bundesregierung wegen des Lieferstopps für Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien verklagen. In einem Brief an das Bundeswirtschaftsministerium drohe Rheinmetall bei einer Fortsetzung des Embargos damit, wegen der eigenen Umsatzausfälle Schadenersatz zu fordern, berichtete das Magazin am Sonntag. Die Bundesregierung stellt sich demnach auf Forderungen in Millionenhöhe ein.
    Nach dem Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) festgelegt, dass keine neuen Genehmigungen für Waffenexporte nach Riad erteilt werden und auch bereits durch die Bundesregierung genehmigte Rüstungs-Lieferungen Deutschland nicht verlassen dürfen. Rheinmetall sehe den Anspruch auf Schadensersatz, da die Bundesregierung mit ihrer Entscheidung bereits genehmigte Exporte aus politischen Gründen aufhalte, berichtete der „Spiegel“ aus dem Schreiben an das Ministerium.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung Jens Berger: Wer Geschäfte mit „Kopf-ab-Diktaturen“ macht, sollte sich nicht beschweren, wenn diese Geschäfte auch mal platzen.

  11. Was rausgekommen ist: Palantir-Untersuchungsausschuss in Hessen
    Der Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag zur Beschaffung des Palantir-Systems Gotham alias Hessendata hat seinen Bericht vorgelegt. Die alte und neue, schwarz/grüne Regierungskoalition bestätigt sich selbst, dass keinerlei Fehler gemacht wurden. Ganz gegenteilig sieht das die Opposition aus SPD, LINKEN und FDP und steuert detaillierte und wohlbegründete Minderheitenberichte bei. In den Medien kommt davon NICHTS an. Am Tag darauf findet man in 23 Tageszeitungen den gleichen Text und die Losung „Hessen soll noch (?!) sicherer werden“. Das ist journalistische Qualität auf neuem Tiefstand!
    Quelle: POLICE-IT
  12. Was gesund ist, bestimmt Bill Gates: Die WHO am Bettelstab
    Reiche Privatspender manipulieren die Politik der WHO, vor allem seit die USA ihren Beitrag zusammenstreichen. Das schadet Entwicklungsländern – und vielen armen Kranken.
    Die Weltgesundheitsorganisation WHO wird mittlerweile zu 80 Prozent von privaten Geldgebern und Stiftungen finanziert. Größter privater Geldgeber ist die Bill und Melinda Gates Stiftung. Seit der Jahrtausendwende hat die Gates-Stiftung der WHO insgesamt 2,5 Milliarden Dollar gespendet – 1,6 Milliarden davon für die Ausrottung von Polio, Kinderlähmung. Insgesamt gibt die Stiftung jährlich vier Milliarden Dollar aus. Das Geld fließt in einen Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, in die medizinische Forschung und in Impfpartnerschaften mit Pharmakonzernen.
    Die großen Verdienste der Gates Stiftung sind unbestritten. Problematisch ist, dass Bill Gates durch seine Stiftungen seine Vorstellung von Gesundheitsförderung durchsetzt. So investiert die Gates Stiftung vor allem in technische Maßnahmen gegen Infektionskrankheiten, zum Beispiel in Impfkampagnen und die Verteilung von Medikamenten. Gesundheitsexperten wie Thomas Gebauer von der Hilfsorganisation Medico International kritisieren, dass dadurch andere wichtige Aufgaben vernachlässigt würden – der Aufbau funktionierender Gesundheitssysteme in armen Ländern zum Beispiel.
    Der Kampf gegen soziale Ursachen von Krankheit bleibt auf der Strecke
    Gesundheit wird nur zu einem geringen Teil durch ärztliches Handeln beeinflusst. Viel wichtiger seien, so Gebauer, die Lebensverhältnisse des Einzelnen. Der Gesundheitsexperte ist überzeugt: Menschen, die ihre Kindheit in Elendsvierteln verbringen, haben eine weit geringere Lebenserwartung als diejenigen, die in wohlhabenden Vierteln aufwachsen. Eine Expertenkommission der WHO kam schon in den 80er-Jahren zu dem Ergebnis, dass die meisten Todesfälle nicht durch Viren oder Krankheiten verursacht werden, sondern durch soziale Ungleichheit.
    Zweckgebundene Spenden an die WHO führen dazu, dass der Kampf gegen soziale Ursachen von Krankheit auf der Strecke bleiben, kritisiert Thomas Gebauer…
    Quelle: swr2

    Anmerkung Marco Wenzel: Wir wiesen bereits am 9. Januar auf diesen Sachverhalt hin.

  13. Wie die Linkspartei beim Staatstrojaner einknickt
    Als letzte Partei hat die Linke noch nie für den Einsatz von Staatstrojanern gestimmt, weder auf Landes- noch auf Bundesebene. Und darauf war sie stolz. Die Berliner Arbeitsgemeinschaft Netzpolitik verkündete erst letzten Herbst, dass „unter Regierungsbeteiligung der Linken in Thüringen, Berlin und Brandenburg, bisher sämtliche Bestrebungen zu Beschaffungen oder gar Einsatz von Staatstrojanern erfolgreich abgewehrt wurden“.
    Diese Erfolgsgeschichte scheint nun ein jähes Ende zu nehmen: Die Linke in Brandenburg ist drauf und dran, den Einsatz von Staatstrojanern bei polizeilichen Ermittlungen zu erlauben. Die Netzpolitik-Expertinnen der Linken im Bundestag zeigen sich entsetzt. Der zuständige innenpolitische Sprecher in Brandenburg geht auf Tauchstation.
    Das heimliche Hacken von privaten Handys durch Polizei oder Verfassungsschutz ist eines der wirkungsmächtigsten Überwachungsinstrumente überhaupt und damit besonders problematisch. Zudem bleibt als Kollateralschaden die allgemeine IT-Sicherheit auf der Strecke, denn die Nutzung von unbekannten Sicherheitslücken sorgt dafür, dass sie offenbleiben und somit alle gefährden. Zu Recht trägt der Beschluss der Bundesarbeitsgemeinschaft Netzpolitik der Linken den Titel: „Staatstrojaner zerstören Privatsphäre, Demokratie und IT-Sicherheit“.
    (…) Gegen „potenzielle Straftäter“ und ihre Freund:innen
    Ob sich die Linksfraktion in Brandenburg bewusst war, welche Brisanz das Thema Staatstrojaner für die Glaubwürdigkeit der eigenen Partei hat? Im gemeinsamen Entwurf von SPD und Linke für ein neues Polizeigesetz wird der Einsatz der Überwachungssoftware jedenfalls besonders umfangreich genehmigt. Zukünftig dürften Polizist:innen in Brandenburg dann heimlich Schadsoftware auf Computern, Tablets und Handys installieren und Kommunikationsdaten ausleiten. Der Einsatz soll als sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) stattfinden. Dabei werden beispielsweise WhatsApp-Nachrichten vor ihrer Verschlüsselung ausgelesen und heimlich an die Ermittlungsbehörden übermittelt. Bei einer ersten Anhörung gab es deshalb viel Kritik von unabhängigen Jurist:innen…
    Quelle: Netzpolitik.org

    Anmerkung Marco Wenzel: Das kommt davon, wenn man sich als Linkspartei an der Verwaltung des bürgerlichen Staates beteiligt. Meist um der Posten Willen. Realpolitik halt, die SPD und die Grünen haben es ja schon vorgemacht. „Ohne uns wäre es noch schlimmer gekommen“ ist dann die Ausrede. Und so verrät man nach und nach erst alle Prinzipien und zuletzt auch die eigenen Anhänger. Die Verbürgerlichung ist vorprogrammiert und führt letztendlich in die Sackgasse.

  14. Angriff auf Verdacht
    Israels Armee attackiert Ziele in Syrien. Luftabwehr zerstört mehr als 30 Raketen
    In der Nacht zu Montag haben die israelischen Streitkräfte (IDF) einen der schwersten Angriffe der letzten Wochen auf Syrien verübt. Bereits in der Nacht zum Sonntag hatte die syrische Luftabwehr sieben »feindliche Raketen« abgeschossen, die von israelischen Kampfjets im libanesischen Luftraum abgefeuert worden waren. Die IDF-Führung gab an, iranische Waffendepots und Ausbildungslager in Syrien zerstört zu haben. Beweise dafür gibt es nicht.
    Anwohner von Damaskus berichteten gegenüber jW von schweren Explosionen und Erschütterungen in der Stadt. Der Angriff habe sich am frühen Morgen ereignet…
    Das russische Verteidigungskontrollzentrum in Moskau bestätigte, dass die syrische Luftabwehr »mehr als 30 israelische Cruise Missiles und Lenkraketen« zerstört habe. Drei Luftangriffe auf Syrien seien »vom Westen, Südwesten und Süden« aus verübt worden. Vier syrische Soldaten seien demnach dabei getötet, sechs weitere verletzt worden. Zudem seien »Teile der Infrastruktur des internationalen Flughafens von Damaskus beschädigt« worden.
    In ungewohnter Offenheit bestätigte ein Sprecher der IDF den Angriff. Dieser sei angeblich als Vergeltung für einen syrischen Raketenangriff auf die von Israel besetzten Golanhöhen erfolgt…
    Seit Anfang des Jahres haben die israelischen Streitkräfte mit Generalmajor Aviv Kochavi einen erklärten Hardliner gegenüber Syrien an der Spitze. Der bisherige Chef des IDF-Militärgeheimdienstes hatte für einen Sturz der syrischen Regierung einschließlich der Ermordung des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad plädiert. Der Chef des Mossad, Josef Meir »Yossi« Cohen, hatte dem laut israelischen Medien widersprochen, weil er lieber mit einem bekannten Gegner verhandeln wolle.
    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beschrieb die Angriffe als Teil der »israelischen Politik, den Iran zurückzudrängen, der in Syrien Fuß fassen« wolle.., die Angriffe hätten nicht nur »iranischen Basen« in Syrien gegolten, auch das syrische Militär, das den Iranern helfe, sei angegriffen worden. Belege für iranische Truppenpräsenz oder Militärbasen und Ausbildungslager in Syrien hat Israel nicht vorgelegt.
    Der Iran weist die israelischen Behauptungen zurück, er setze sich militärisch in Syrien fest. Die einzige militärische Präsenz, die der Iran auf Bitten von Damaskus in Syrien habe, seien Militärberater.
    Quelle: junge Welt
  15. Amerikas Linke meldet sich aus der Versenkung
    (…) Für einen «Grünen New Deal»
    Alexandria Ocasio-Cortez, oder AOC , wie sie oft genannt wird, wurde im fortschrittlichen Staat New York gewählt. Sie fordert einen «Grünen New Deal» in den USA, der innert weniger Jahrzehnte den Ausstoß von Treibhausgasen unterbinden soll. Weiter verlangt die «demokratische Sozialistin» eine kostenlose Krankenversicherung für alle und ein universelles Basiseinkommen, finanziert von einer 70-Prozent-Steuer für die Reichsten der Reichen
    Mit ihrem Vorhaben begeistert Ocasio Cortez den erstarkten linken Flügel ihrer Partei. Gleichzeitig bringt sie ihre Partei in Schwierigkeiten, weil Mitte-Wähler verloren gehen. Und damit wäre auch die Wahl eines fortschrittlichen Präsidenten in Frage gestellt.
    Junge Amerikaner sympathisieren mit dem Sozialismus
    Ältere Amerikaner erinnert «Sozialismus» an die Sowjetunion und den Kalten Krieg. Für die jüngere Generation jedoch war die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 das prägende Ereignis. Eine Umfrage der Harvard Universität aus dem Jahr 2016 unter 18 bis 29 Jährigen kam zu folgenden Ergebnissen: 51 Prozent der Befragten lehnten den Kapitalismus ab und 33 Prozent unterstützten den Sozialismus. Im Vorzeigeland des Kapitalismus gilt Sozialismus nicht mehr als unamerikanisch.
    Die jungen Amerikaner, so präzisiert der Leiter der Harvard-Umfrage, dächten an die radikalen Reformen unter Franklin D. Roosevelt (New Deal), die Amerika aus der schweren Wirtschaftskrise der 30er Jahre retten mussten…
    Quelle: Infosperber

    Anmerkung Marco Wenzel: Mit der Bezeichnung „links“ muss man in Bezug auf die USA immer vorsichtig sein. Die Demokratische Partei als links einzustufen geht an der Realität vorbei. Veränderungen sind mit ihr nicht zu machen. Sogar das Programm der FDP würde in den USA sogar schon als links eingestuft werden. Aber es scheint sich trotzdem in den USA seit langer Zeit wieder etwas zu bewegen. Kein Wunder, die Widersprüche werden immer offensichtlicher, die Lügen des Establishments glaubt kaum noch jemand. Zu weit klaffen inzwischen Anspruch und Wirklichkeit auseinander. Freiheit, der amerikanische Traum wird immer mehr zum Synonym dafür, nichts mehr zu verlieren zu haben. Freedom’s just another word for nothing have to lose, wie Janis Joplin einst sang…

  16. Präsident Bolsonaro in der Schweiz, Sohn in Brasilien in den Schlagzeilen
    Während Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro seine erste Auslandsreise zum Weltwirtschaftsforum im Schweizerischen Davos angetreten hat, wird in Brasilien gegen den ältesten Sohn Flávio wegen des Verdachts der Korruption ermittelt. Noch nicht einmal drei Wochen im Amt, haben die Regierung Bolsonaro und die Präsidentenfamilie damit ihren ersten Skandal.
    Am 7. Januar vergangenen Jahres berichtete die Tageszeitung Folha de São Paulo schon über erste Verdachtsmomente gegen Flávio Bolsonaro. Das Blatt identifizierte 19 fragwürdige Immobiliengeschäfte im Süden von Rio de Janeiro und in dem beliebten Stadtteil Barra da Tijuca.
    Nun wurde offenbart, dass im Zeitraum vom Juni bis Juli 2017 insgesamt 48 Bareinzahlungen von jeweils 2.000 Reais (umgerechnet rund 22.500 Euro) auf das Konto von Flávio Bolsonaro, dem damaligen Abgeordneten des Bundesstaates Rio de Janeiro, überwiesen wurden. Die Korruptionskontrollbehörde und der Kontrollrat für Finanzaktivitäten (Conselho de Controle de Atividades Financeiras, Coaf), konnten den Ursprung dieser Einlagen nicht nachweisen. Aber die Tatsache, dass in fünf Tagen die jeweils höchste zulässige Geldmenge überwiesen wurde, lässt den Verdacht aufkommen, dass etwas verborgen werden sollte.
    Quelle: Amerika 21

    Anmerkung Marco Wenzel: Man erinnere sich: Bolsonaro, bis vor Kurzem noch rechtsextremer Hinterbänkler im brasilianischen Parlament, war angetreten, um die Korruption in Brasilien zu bekämpfen. Das war sein wichtigster Wahlslogan. Die Kampagne Lava Jato (Autowäsche) in Zusammenarbeit mit der Justiz rund um den korrupten Richter Sergio Moro und die Propaganda des Fernsehsenders Globo haben seinen Wahlsieg erst ermöglicht. Die Regierung Bolsonaro übertrifft jedoch alles, was in Brasilien bisher als korrupt galt um ein Vielfaches. Die betrogenen Wähler werden das bald zu spüren bekommen.

  17. Wieder mal: China-Alarm
    Große Aufregung am Jahresanfang. „Droht ein Krieg um Taiwan?“ titelt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Netzversion faz.net vom 2. Januar…
    (…) Trotzdem: Die Angst vor der „Gelben Gefahr“ hat erst einmal wieder Futter.
    Nun ist es kein Geheimnis, dass die Spannungen zwischen den USA und der VR China zunehmen. Aber warum? Schürt China die Kriege im Nahen Osten und im arabischen Raum? Hat es einen Militärstützpunkt in Panama oder auf Hawaii errichtet? Baut es an einem weltweiten, gegen die USA gerichteten Militärbündnis? Nichts von alledem ist der Fall. Es ist einzig die Entwicklung Chinas selbst – seine ökonomische Stärke, seine politische Stabilität und das damit selbstverständlich verbundene Interesse, als bevölkerungsreichstes Land der Welt seine Außenbeziehungen global zu gestalten. Das aber wird von den USA und ihren Verbündeten als Angriff auf die eigenen strategischen Interessen betrachtet; als Angriff, dem energisch – also: das Konfliktrisiko immer in Kauf nehmend – entgegenzutreten ist.
    Diese Art der Weltbetrachtung und der auf ihr basierende Kurs sind finstere Steinzeit. Nicht um die so überaus notwendige weltweite Kooperation geht es da, sondern um die uralten Instrumente Konkurrenz und Krieg. Und in diesem Konkurrenz- und Kriegsdenken hat Taiwan für die USA einen in der Tat einzigartigen Platz.
    Ein eigenständiger Staat im modernen Sinne war Taiwan nie.
    (…) Dem langjährigen China-Beobachter aus der DDR…entsetzt bei diesem Vorgang einmal mehr, mit welcher Selbstherrlichkeit und Arroganz der Westen darüber entscheidet, wann ihm welche politischen und Völkerrechtsprinzipien gerade wichtig sind und wann nicht. Katalonien – selbstverständlich – darf sich nicht von Spanien lossagen. Aber Taiwan von China darf es? Oder auch so: Deutschland musste, sollte, durfte sich unter der Herrschaft des Stärkeren vereinigen – und China darf es nicht?
    Man kann es drehen und wenden, wie man will: Eine friedliche Zukunft verlangt eine friedliche, auf Ausgleich und Zusammenarbeit gerichtete Neujustierung der internationalen Beziehungen, die den veränderten wirtschaftlichen und politischen Kräfteverhältnissen Rechnung trägt. Mit einer „America first“-Politik, bei der Taiwan immer noch wie seit 1949 zu „America first“ gehört, wird es nicht zu machen sein.
    Quelle: Das Blättchen
  18. Unter der Käseglocke
    Thailand steht vor der Rückkehr zu ­zivil-demokratischen Verhältnissen. Doch die regierende Militärjunta unter Premier Prayut hat in ihrem Sinne vorgesorgt.
    Kein Putsch, sondern bloß eine Maßnahme, die aus dem Ruder laufenden Massenproteste der verfeindeten politischen Lager zu beenden und die öffentliche Ordnung in der Stadt wiederherzustellen. So stellte Thailands Militär um den damaligen Armeechef General Prayut Chan-ocha das am 20. Mai 2014 ab drei Uhr morgens über die Metropole Bangkok verhängte Kriegsrecht dar…Zwei Tage später ließen Prayut und seine Mitstreiter, die Chefs der übrigen Teilstreitkräfte, die Maske fallen. Die Regierung wurde für abgesetzt erklärt. Der Putsch, der noch kurz zuvor keiner sein sollte, ließ sich nun nicht mehr leugnen. Yingluck Shinawatra, die jüngere Schwester Thaksins, wurde ihres Amtes als demokratisch gewählte Regierungschefin enthoben. Die Situation hatte etwas von einem Déjà-vu: Vieles erinnerte daran, wie es siebeneinhalb Jahre zuvor ihrem Bruder ergangen war, als dieser sich gerade zur UN-Generalversammlung in New York aufhielt und daheim die Panzer durch die Straßen rollten. Freilich ohne einen Schuss abzufeuern – unblutig waren beide Coups.
    (…) Die Junta an der Macht
    Inzwischen sind beinahe fünf Jahre vergangen. In diesem Frühjahr nun sollen Parlamentswahlen die Rückkehr zur bürgerlich-demokratischen Normalität anzeigen…
    Spurlos sind diese fünf Jahre an dem südostasiatischen Königreich keineswegs vorbeigegangen. Prayut, wie so manch andere Putschisten in den vergangenen Jahrzehnten nur als »Aufräumer« für eine überschaubare Zeit angetreten, hat dem »Neustart« seinen Stempel aufgedrückt. Doch anders als viele seiner Vorgänger sieht er damit seine Mission keineswegs als erfüllt an. Der 64jährige, der die Uniform zuletzt gegen Anzüge eingetauscht hatte, ist davon überzeugt, dass ihn die Thais noch eine Weile brauchen werden. Deshalb setzt er darauf, weiter einer königlichen Regierung vorstehen zu dürfen. Und es gibt genügend politische Kräfte im Land, die Prayut dabei nur zu gerne behilflich wären.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Marco Wenzel: Man kann die politische Landschaft Thailands nicht mit derjenigen der Länder Europas vergleichen. So gibt es bis heute noch keine organisierte Partei der Arbeiterschaft und keine sozialdemokratische Partei wie wir sie in Europa kennen. Gewerkschaften gibt es kaum und wenn, dann nur auf Ebene einzelner Betriebe. Klassenkampf in diesem Sinne gibt es in Thailand nicht. Alle politischen Parteien sind nur Fraktionen eines Teils der Bourgeoisie, die Parteimitglieder wechseln ständig von einer Partei zur anderen, je nachdem, wer sie am besten für ihre Stimme bezahlt. Über allem steht das Königshaus. Das letztes Jahr verstorbene König Bhumipol regierte das Land 70 Jahre lang. Er war sehr beliebt und wird noch heute von allen Thailändern verehrt. Kaum Thailänder kennt ein Land ohne Bhumipol, dessen Porträt in allen öffentlichen Gebäuden und auf allen Plätzen hing.

    Proteste und Demonstrationen sind selten und gehen meist von den Studenten aus, die mehr Demokratie wollen. Die ehemalige kommunistische Partei Thailands war eine maoistische Partei. Nach Studentenunruhen im Jahre 1973 und deren blutiger Ausgang ging die KP Thailands in die Berge im Norden Thailands um von dort aus den Guerillakampf gegen die Regierung in Bangkok zu führen. Sie hat später desillusioniert aufgeben müssen und nachdem die Regierung ihnen eine Amnestie angeboten hatte ist sie aus den Bergen zurückgekehrt. Sie ist heute inexistent. Trotz ständiger Militärputsche und jetzt wiederum 5 Jahre Militärdiktatur bleibt die Lage ruhig. Das Militär ist nie zu sehen aber es zieht die Fäden im Hintergrund.


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