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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 17. Juni 2019 um 8:10 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Irankrise: WIRD AB MORGEN „ZURÜCKGESCHOSSEN“?
  2. U.S. Escalates Online Attacks on Russia’s Power Grid
  3. SPD-Politiker fordern Umbruch: So kann es nicht weitergehen!
  4. Rechtspopulisten sind nicht das Problem, Linkspopulisten haben sich verrannt – und die Grünen sind die neue Partei des Status quo
  5. Als mich ein Lügner überzeugte
  6. Die Steuerpolitik der Europäischen Union – wohin soll die Reise gehen?
  7. Ein unglaubliches Steuerloch für Millionäre
  8. Berater im Dieselskandal kosten den VW-Konzern mehr als 1,7 Milliarden Euro
  9. Höhere Mieten für alle!
  10. Josef Schuster, bleib bei deinem Leisten
  11. Immobilienkonzern Aroundtown – Union-Fans verärgert über Wahl des neuen Hauptsponsors
  12. Berlin genehmigte Waffenlieferungen an Jemen-Kriegsparteien
  13. Cem Özdemir: Der grüne US-Boy
  14. „Wir müssen befreit werden von diesem kriminellen Netzwerk“
  15. Dringender Tatverdacht gegen Rechtsextremisten im Mordfall Lübcke
  16. Französische Milliardäre haben noch keinen Cent gespendet
  17. Der Bamf-“Skandal“ in Bremen war zwar ein Skandal, allerdings ein Medienskandal.
  18. Freischreiber-Report 2019: Wer verdient was?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Irankrise: WIRD AB MORGEN „ZURÜCKGESCHOSSEN“?
    Es ist der älteste und mieseste Trick aller Kriegstreiber: Sie arrangieren über Mittelsmänner, dass sie oder ihre Verbündeten „beschossen“ werden. Oder sie täuschen eine solche Beschießung vor. Um endlich „zurückschießen“ zu können und das als „Verteidigung“ darstellen zu können.
    Ich hoffe, die Bundesregierung wird alles tun, damit die Welt nicht wieder in einen Krieg hineingelogen wird. Wenn es doch dazu kommt, hat sie die Pflicht, den gesamten deutschen Luftraum für alle US-Militäroperationen zu sperren. Das Grundgesetz verbietet auch die indirekte Teilnahme an verdeckten Angriffskriegen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur indirekten Beteiligung Deutschlands am völkerrechtswidrigen US-Krieg gegen den Irak ist in dieser Frage an Klarheit nicht zu übertreffen.
    Es gibt leider mehrere Länder, die an einem Irankrieg großes Interesse haben. Der Iran gehört nicht dazu.
    Euer JT
    Quelle: Jürgen Todenhöfer

    Anmerkung Jens Berger: Zu diesem Thema folgt im Laufe des Vormittags ein ausführlicher Artikel auf den NachDenkSeiten.

  2. U.S. Escalates Online Attacks on Russia’s Power Grid
    The United States is stepping up digital incursions into Russia’s electric power grid in a warning to President Vladimir V. Putin and a demonstration of how the Trump administration is using new authorities to deploy cybertools more aggressively, current and former government officials said.
    In interviews over the past three months, the officials described the previously unreported deployment of American computer code inside Russia’s grid and other targets as a classified companion to more publicly discussed action directed at Moscow’s disinformation and hacking units around the 2018 midterm elections.
    Advocates of the more aggressive strategy said it was long overdue, after years of public warnings from the Department of Homeland Security and the F.B.I. that Russia has inserted malware that could sabotage American power plants, oil and gas pipelines, or water supplies in any future conflict with the United States.
    But it also carries significant risk of escalating the daily digital Cold War between Washington and Moscow.
    The administration declined to describe specific actions it was taking under the new authorities, which were granted separately by the White House and Congress last year to United States Cyber Command, the arm of the Pentagon that runs the military’s offensive and defensive operations in the online world.
    But in a public appearance on Tuesday, President Trump’s national security adviser, John R. Bolton, said the United States was now taking a broader view of potential digital targets as part of an effort “to say to Russia, or anybody else that’s engaged in cyberoperations against us, ‘You will pay a price.’”
    Quelle: New York Times

    dazu: Trump, die “New York Times” und der Cyberkrieg im Stromnetz
    US-Präsident Trump nennt die “New York Times” einen “Feind des Volkes”, nachdem die Zeitung über einen US-Cyberangriff auf Russland berichtet hat.
    Die USA hätten demnach Schadsoftware ins russische Stromnetz eingeschleust, die eingesetzt werden könne, um das Netz lahmzulegen.
    In der Tat verfolgen die USA seit geraumer Zeit eine offensivere Cyberstrategie.
    Nach einem Bericht der New York Times über eine Hacking-Aktion der USA gegen Russland hat US-Präsident Donald Trump die Zeitung via Twitter als “Feind des Volkes” bezeichnet. Der Bericht sei zudem absolut falsch. Die Zeitung hatte am Samstag unter Berufung auf mehrere Mitglieder der Regierung berichtet, dass die USA Schadsoftware ins russische Stromnetz eingeschleust hätten, die, wenn nötig, eingesetzt werden könne, um das Netz lahmzulegen. Die Aktion sei als Warnung an Russland zu verstehen. […]
    Dazu kommt laut dem Berliner IT-Sicherheitsexperten Sven Herpig von der Stiftung Neue Verantwortung noch eine zweite Strategie der US-Cybertruppen: “Persistent Engagement”. Sie sehe vor, dauerhaft in den Netzwerken und Systemen ausgewählter Gegner wie Russland und China aktiv zu sein, diese Akteure dort zu beschäftigen und diese Zugänge, wann immer nötig, auszunutzen, um Schaden abzuwehren oder Macht zu demonstrieren. Diese Herangehensweise der Cyberstreitkräfte erklärt möglicherweise auch die Offenheit, mit der die US-Offiziellen mit den Reportern der New York Times über die in der Vergangenheit selten öffentlich gemachten Cyberaktionen der USA sprachen.
    Auch der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, ist offenbar überzeugt von der neuen Herangehensweise. Am Dienstag sagte Bolton auf einer Konferenz des Wall Street Journal, die USA müssten die möglichen Ziele von Cyberoperationen erweitern. Es gehe darum, anderen Staaten klarzumachen, dass Attacken auf die USA nicht ungestraft bleiben werden.
    Quelle: Süddeutsche.de

  3. SPD-Politiker fordern Umbruch: So kann es nicht weitergehen!
    Dabei gilt mehr denn je die goldene Regel aus der Volkswirtschaftslehre: Öffentliche Investitionen sollen auch durch Kredite finanziert werden können. In Zeiten von negativen Zinsen umso mehr. Das stärkt Wirtschaftswachstum und Generationengerechtigkeit. Denn bisher erleben wir ein abschnürendes Korsett, das einerseits „schwarze Null“ und Schuldenbremse sowie andererseits ein im Koalitionsvertrag selbst auferlegtes Verbot für höhere Steuereinnahmen setzen.
    Mehr öffentliche Investitionen erhöhen hingegen den gemeinsamen Kapitalstock, beschleunigen die ökologische Modernisierung der Wirtschaft und schaffen höhere Produktivität und Wachstum. Davon profitieren auch zukünftige Generationen, die dies über den Schuldendienst mitfinanzieren. Das ist generationengerecht und zukunftsgerichtet.
    Fünftens kann nur eine leistungsgerechte Steuerbeteiligung aller dazu beitragen, dass Investitionen und Innovationen zu einem höheren Lebensstandard für alle führen. Dazu ist eine Vermögensteuer mit progressiver Ausgestaltung ebenso notwendig wie eine effektive Besteuerung von Millionen-Erbschaften und eine Bodenwertzuwachssteuer, um leistungslose Bodenwertsteigerungen an die Gesellschaft zurückzugeben.
    Auch wollen wir sämtliche Finanztransaktionen besteuern sowie Kapitaleinkünfte konsequent nach dem Einkommensteuersatz behandeln. Ein Ende des Solidaritätszuschlages auch für die oberen zehn Prozent der Einkommensbeziehenden kann es dann geben, wenn dieser Personenkreis einen entsprechend höheren Beitrag in der Einkommensteuer leistet.
    Und schließlich erfordert das digitale Zeitalter, Digitalunternehmen endlich zu besteuern und die grenzüberschreitende Steuervermeidung zu beenden. Denn es darf nicht länger sein, dass die Gewinn- und Vermögensteuern nur ein Fünftel zum gesamten Steueraufkommen beitragen und viele große Konzerne mittels aggressiver Steuervermeidung sich ihrer Verantwortung entziehen. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Reichen finanziell geschont und entlastet wurden, oft auf Kosten der Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen. Diesen Trend wollen wir umkehren.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung André Tautenhahn: Dieser Ansatz ist richtig und es gilt ihn zu unterstützen, nur steht er im Widerspruch zu dem, was die Fraktionsspitze der SPD denkt. Hier ist man sich mit dem Koalitionspartner nämlich einig darin, bislang gut regiert zu haben. Nach der gemeinsamen Klausur der Fraktionsvorstände von SPD und CDU/CSU berichtete Carsten Schneider in einem Interview von einer Großen Koalition, deren Arbeit bedeutend besser sei als ihr Ruf in der Öffentlichkeit. “Wir haben im letzten Jahr viel erreicht. […] Die Koalition muss ihre Erfolge noch besser kommunizieren. Wir müssen in der Regierungsverantwortung wieder Lust am Gestalten zeigen. Zu regieren ist eine große Verantwortung und eine Ehre.” Das sieht eben nicht nach Umbruch aus, sondern mehr nach einer Fortsetzung der desaströsen Profillosigkeit.

  4. Rechtspopulisten sind nicht das Problem, Linkspopulisten haben sich verrannt – und die Grünen sind die neue Partei des Status quo
    Der von Kommentatoren herbeigeschriebene Umsturz in der Politlandschaft Europas hat nicht stattgefunden. Es scheint vielmehr so, als wollten die europäischen Bürger keine Revolution, sondern erst mal Ruhe. Was bedeutet das für die Linke? (…)
    In Deutschland zeigt sich dies gerade exemplarisch: Der Ton der Grünen ist nicht eskalierend, sondern moderierend. Sie halten letztlich am politökonomischen Status quo fest – was sie wollen, ist bloss ein Kapitalismus mit grünem Antlitz. Darum ist eine Koalition der Grünen mit der radikalen Linken sehr unwahrscheinlich – die Grünen sind nicht konsequente und kompromisslose Linke, sondern die Alternative dazu. (…)
    Was lernen Linke wie ich aus alledem? Hören wir auf, von der grossen populären Mobilisierung zu träumen, und fokussieren wir auf die Veränderungen im Alltag. Der wahre Erfolg einer «Revolution» kann erst am Tag danach ermessen werden, wenn die Dinge sich normalisiert haben und klar ist, wie sie sich im Leben der gewöhnlichen Leute auswirken.
    Das Schicksal von Syriza, ursprünglich eine Koalition radikaler linker Gruppen, ist emblematisch für die schwierige Situation der radikalen europäischen Linken. Syriza wollte die politischen Verhältnisse in Griechenland von Grund auf ändern. Als Syriza 2015 in Zeiten der ökonomischen Krise und des Umbruchs mit Alexis Tsipras an der Spitze die Wahlen in Griechenland gewann, zerstörte sie damit zugleich die Basis-Mobilisierung, die zuvor ihre Stärke ausgemacht hatte. Kaum war die Partei an der Macht, erstarrte sie. Sie setzte, zusammen mit der kleinen rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen, eine schmerzhafte Austeritätspolitik durch, um Griechenlands finanzpolitische Souveränität zurückzuerobern. Nachdem die Arbeit nun erledigt ist, dürfte sie in den Wahlen im Juli die Macht verlieren, so dass die Dinge ihren normalen Lauf nehmen und die konservative Neue Demokratie wieder übernimmt.
    Das ist die Welt, in der wir heute leben: Radikale Linke setzen auf Austerität, während Rechtspopulisten den Sozialstaat für sich entdeckt haben. Und die Leute schütteln den Kopf.
    Was der Linken überall fehlt, ist eine neue linke Vision für Europa. Ihre Ideenlosigkeit kaschiert sie, indem sie sich an den Rechtspopulisten abarbeitet. Doch der Populismus stellt nicht die grosse Bedrohung für Europa dar. Denn die Populisten sind bloss eine Reaktion auf das Scheitern des politischen Establishments, dem emanzipatorischen Erbe Europas treu zu bleiben. Konsequente Linke sollten hier ansetzen – denn ohne Europa gibt es auch kein emanzipatorisches Potenzial. Es gilt, Europa zu retten, um die Emanzipation zu bewahren.
    Quelle: Slavoj Žižek in Neue Zürcher Zeitung
  5. Als mich ein Lügner überzeugte
    Ich bin misstrauisch, wenn jemand Beweise präsentiert. Denn ich habe an mir selbst erfahren, wie leicht sich Menschen manipulieren lassen. Eine Erinnerung.
    Ich war manipuliert worden, und ich hatte mich manipulieren lassen. Das war eine schmerzhafte Erfahrung. Weltbilder stürzten ein, Gewissheiten gerieten ins Wanken. Seitdem bin ich vorsichtig geworden, wenn mir Politiker Beweise präsentieren, angeblich unwiderlegbare Behauptungen aufstellen. Ich bin misstrauisch, wenn Kollegen über Indizien reden, die keinen Zweifel erlauben. Wie kommt es nur, frage ich mich dann, dass die sich so sicher sind?
    In solchen Momenten kreist meine Erinnerung um den 5. Februar 2003, einen legendären Tag. In fast allen Ländern der Welt saßen die Menschen gebannt vor dem Fernseher. So auch ich. Als USA-Korrespondent berichtete ich über den Auftritt des amerikanischen Außenministers Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat. Powell war ein Guter, das Gegenstück zu Dick Cheney und Donald Rumsfeld. Ihm durfte zu trauen sein, dachte ich.
    Powells Präsentation dauerte 80 Minuten. Er spielte heimlich abgehörte Tonbandmitschnitte ab, auf denen angeblich zu hören war, wie sich irakische Regierungsvertreter und Militärs über das Verstecken von Material vor den UN-Waffeninspektoren unterhalten. Auf einem der Bänder ist ein irakischer Offizier zu hören, der befiehlt, „Nervengas“ wegzuschaffen.
    Powell zeigte Satellitenfotos, auf denen angeblich zu sehen ist, dass Bagdad Raketenstartrampen und Raketen in großen Palmenanlagen versteckt. Auf einem der Bilder ist eine Munitionsfabrik zu sehen, in der leere Gefechtsköpfe für Chemiewaffen gefunden worden waren. Powell zitierte Augenzeugen, die von mobilen Bio-Labors berichten, in denen innerhalb von wenigen Wochen Munition hergestellt werden kann. Ein Chemieingenieur erzählt von der Produktion von Kampfstoffen. (…)
    Durch Lug und Trug war ein Krieg begründet worden. Der demokratische US-Senator Henry Waxman untersuchte ein Jahr nach Beginn des Irakkrieges alle Äußerungen der Bush-Regierung und registrierte bei 125 Auftritten 237 Irreführungen. Ausschmückungen, Unterlassungen, Verdrängungen und Übertreibungen waren die Regel, nicht die Ausnahme. Auch ich hatte mich manipulieren lassen. Daran denke ich in diesen Tagen oft.
    Quelle: Der Tagesspiegel

    Anmerkung Christian Reimann: Es könnten (oder müssen?) sich noch viel mehr Journalisten an Manipulationen wie diese erinnern. Politisch motivierte Manipulationen haben eine lange Tradition – nicht lediglich in den USA. Erinnert sei z.B. an den „Hufeisenplan“. Bitte lesen Sie dazu auch “Fake News? Das ist doch ein alter Hut“.

    Dazu: No 416
    “Mit dem Ziel, die politischen Argumente für einen Krieg zu stärken, haben beide Regierungen ihre Einschätzungen regelmäßig koordiniert, wie aus den Aufzeichnungen hervorgeht, und gelegentlich Unstimmigkeiten über die verfügbaren Geheimdienstinformationen heruntergespielt oder sogar beseitigt. Die neuen Dokumente, die größtenteils im Rahmen des britischen Informationsfreiheitsgesetzes erlangt wurden und häufig weniger redigierte Versionen von zuvor veröffentlichten Aufzeichnungen enthalten, zeigen auch, dass die Regierung Blair, viel früher als bisher angenommen, PR-Spezialisten zur Erstellung der offiziellen >>Weißbücher<< zu Geheimdienstinformationen über das irakische Massenvernichtungswaffenprogramm hinzugezogen hat. Obwohl die Geheimdienstbeamten skeptisch waren, gingen die Briten zu einem bestimmten Zeitpunkt so weit, in ihr Weißbuch Behauptungen über Saddams nukleare Ambitionen aufzunehmen, weil sie von Präsident Bush und Vizepräsident Cheney öffentlich verkündet worden waren. […] Die Dokumente zeigen auch, dass:

    • von Anfang 2002 an beide Regierungen einen Regimewechsel anstrebten, doch Premierminister Blair und seine Beamten sich über die Notwendigkeit bewusst waren, diesen auf der Grundlage von Vorwürfen über irakische Massenvernichtungswaffen stattfinden zu lassen. […]
    • Beamte, die an den Parallelpapieren arbeiteten, an mehreren abgesicherten Videokonferenzen teilnahmen, um Inkonsistenzen zwischen den Dokumenten zu vermeiden. Beide Seiten hatten die Ausarbeitung ihrer Weißbücher im September 2002 im Rahmen einer koordinierten Propagandabemühung beschleunigt. […]
    • darüber hinaus das britische Dossier stark von Blairs Beratern und PR-Experten beeinflusst wurde, darunter Alastair Campbell, Blairs Kommunikationsdirektor. Die Verfasser der Stellungnahme waren auch bereit, sie zu ändern, um sie an die öffentlichen Äußerungen britischer Regierungsberater anzupassen, unabhängig davon, ob diese Aussagen wahr waren oder nicht.”1

    Quelle: Maskenfall

  6. Die Steuerpolitik der Europäischen Union – wohin soll die Reise gehen?
    Die Steuerpolitik in der EU ist aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips nach wie vor in der Kompetenz der Mitgliedstaaten, und diese wollen ihre Kompetenz nur äußerst ungern abgeben. Dementsprechend schwierig ist daher die Entscheidungsfindung. Dabei zeigt die aktuelle Entwicklung deutlich den akuten Handlungsbedarf im Bereich der Steuerpolitik der EU. Globalisierung und Digitalisierung führen dazu, dass Konzerne trotz Rekordgewinnen kaum noch Gewinnsteuern zahlen. Der Finanzsektor ist chronisch unterbesteuert, und Steuerhinterziehung und Steuerflucht in Niedrigsteuerländer und Steueroasen führen zu beträchtlichen Einnahmenausfällen. Das erhöht den Druck, die Steuern auf immobile Faktoren wie Arbeit und Konsum zu erhöhen. (…)
    Ein gutes Steuersystem zeichnet sich dadurch aus, dass es wachstumsfreundlich und beschäftigungsfreundlich wirkt, auf die aktuellen ökologischen Herausforderungen Rücksicht nimmt und für Verteilungsgerechtigkeit sorgt. Unter diesem Gesichtspunkt sind auf europäischer Ebene folgende Maßnahmen zu treffen, um die notwendigen Rahmenbedingungen in der EU zu schaffen:

    • die Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer
    • die Einführung einer einheitlichen Konzernbesteuerung in der EU mittels der Gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage und eines Mindeststeuersatzes
    • die Einführung von geeigneten Maßnahmen zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft (hier sollen auch die Pläne der OECD entsprechend berücksichtigt werden, um auch über die EU hinaus eine möglichst einheitliche, koordinierte Vorgehensweise sicherzustellen)
    • die Einführung von Rahmenbedingungen, um sicherzustellen, dass auch große Vermögen innerhalb der EU fair besteuert werden
    • die Einführung von Rahmenbedingungen zur konsequenten Bekämpfung von Steuerflucht und Steuerhinterziehung

    Es ist klar, dass mit einer raschen Umsetzung aufgrund der aktuellen Situation nicht zu rechnen ist, aber es sollte den politisch Verantwortlichen auch klar sein, dass Änderungen in der europäischen Steuerpolitik unabdingbar sind. Die letzten Europawahlen sind auch ein Zeichen dafür, dass viele BürgerInnen mit der Politik der EU unzufrieden sind und dass auch steuerpolitische Maßnahmen dringend notwendig sind.
    Quelle: A&W blog

  7. Ein unglaubliches Steuerloch für Millionäre
    Durch legale Steuertricks bereichert sich in Deutschland eine kleine Oberschicht, die mehrere Immobilien besitzt. Die Mieter sind dabei die Dummen – mithin über 90 Prozent der Bevölkerung. Wenn die Politik jetzt den Wohnungsmarkt neu regeln will, könnte sie hier viel Geld für sozialen Wohnungsbau holen. (…)
    Dieses irre Steuerloch wird gern genutzt: Der Mietmarkt ist ein gigantisches Geschäft in Deutschland, denn etwa die Hälfte aller Bundesbürger wohnt zur Miete. Doch gewerbliche Vermieter spielen fast gar keine Rolle. Der letzte Zensus von 2011 ergab, dass nur 12,3 Prozent aller Wohnungen im Besitz von privaten Gewerbeunternehmen sind. 65 Prozent gehört hingegen “Privatpersonen”. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass professionelle Vermieter so tun, als wären sie “nicht gewerblich”.
    FDP und CDU propagieren gern den Grundsatz “Leistung soll sich lohnen”. Doch wenn es um Immobilien geht, gilt das glatte Gegenteil: Leistungslose Einkommen werden steuerlich begünstigt. Wer Mietwohnungen besitzt, erwirtschaftet den Gewinn sozusagen im Schlaf. Man muss nur warten, bis die Häuser noch teurer werden.
    Zudem ist der steuerfreie Spekulationsgewinn gar nicht das einzige Geschenk, das die Vermieter erhalten. Mindestens genauso schön sind die Möglichkeiten, fiktive Wertverluste abzuschreiben. Pro Jahr sind dies 2 Prozent. Um dies erneut am Beispiel des Berliner Mietshauses vorzurechnen: Da es 2005 zwei Millionen gekostet hat, konnte der Besitzer jedes Jahr 40.000 Euro als “Abschreibung” beim Finanzamt geltend machen, weil das Haus angeblich weniger wert war. Übersetzt: Pro Jahr waren 40.000 Euro an Mieteinnahmen steuerfrei. Davon kann jeder Arbeitnehmer nur träumen, bei dem die Steuern automatisch abgebucht werden.
    Nun könnte man argumentieren, dass ein Haus tatsächlich an Wert verliert, wenn nicht Fenster, Dächer, Heizungen und Fassaden regelmäßig erneuert werden. Nur: Diesen “Erhaltungsaufwand” können die Vermieter ebenfalls komplett von der Steuer absetzen. Faktisch wird also doppelt abgeschrieben: Man macht einen Wertverlust geltend, den es gar nicht geben kann, weil man den Wert ja erhalten hat – ebenfalls steuerbefreit. Diese Doppelbegünstigung kennt zudem kein Ende: Nach jedem Verkauf wird ein Gebäude, das schon abgeschrieben war, wieder ganz von vorn abgeschrieben. Jedes Haus verliert also gleich mehrfach seinen Wert – sogar wenn es im Wert gestiegen ist.
    Quelle: Ulrike Herrmann in Gegenblende
  8. Berater im Dieselskandal kosten den VW-Konzern mehr als 1,7 Milliarden Euro
    Für die Aufarbeitung der Abgasaffäre beschäftigt der Wolfsburger Autobauer etliche Berater- und Anwaltsfirmen. Die Honorare erreichen Rekordniveau.
    Berater, Forensiker und vor allem Anwälte: Nach Informationen des Handelsblatts hat der Volkswagen-Konzern für die Aufarbeitung des Dieselskandals in Summe inzwischen 1,77 Milliarden Euro ausgegeben. Der Betrag bezieht sich auf alle Märkte und alle Marken des Konzerns, wie ein Sprecher von Volkswagen bestätigte.
    Damit dürfte es sich schon jetzt um den höchsten Betrag handeln, den ein deutsches Unternehmen für die Aufarbeitung einer Wirtschaftsstraftat bezahlt hat. Zum Vergleich: In der Korruptionsaffäre soll Siemens rund eine Milliarde Euro für Berater ausgegeben haben. (…)
    In Deutschland sind ebenfalls zahlreiche Kanzleien mit dem Dieselskandal befasst. In einigen Bereichen hat Freshfields Bruckhaus Deringer die Federführung, etwa bei den Klagen der Autobesitzer. Es gibt inzwischen 63.000 Einzelklagen in Deutschland plus mehr als 400.000 Diesel-Besitzer, die sich der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) angeschlossen haben.
    Freshfields koordiniert die Abwehr dieser Klagen und vertritt außerdem VW in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen mit sechs gekündigten Managern. In der Klage der Aktionäre wegen möglicher Verletzung von Informationspflichten setzt VW auf SZA Schilling Zutt Anschütz und Göhmann.
    Auch strafrechtlich mischt Freshfields mit. Die erste Runde der internen Aufklärung hat zwar die US-Kanzlei Jones Day übernommen, dieses Mandat ist inzwischen aber beendet. Gleiss Lutz spielt als Beraterin des Aufsichtsrats eine wichtige Rolle.
    Insgesamt hat der Dieselskandal VW rund 30 Milliarden Euro gekostet. Die Endabrechnung dürfte allerdings noch um einige Milliarden Euro höher ausfallen – auch weil die Anwälte mit ihren Arbeiten noch lange nicht am Ende sind.
    Quelle: Handelsblatt
  9. Höhere Mieten für alle!
    In Deutschland aber werden Altverträge systematisch geschützt. Mieter können nicht gekündigt werden, solange sie ihre Miete bezahlen. Mieterhöhungen werden über Mietspiegel limitiert. Die sollen angeblich die Situation der letzten vier Jahre widerspiegeln. Faktisch gibt es aber viele Hinweise darauf, dass sich die Mietspiegelpreise – politisch gewollt – meilenweit von den Marktmieten entfernt haben.
    Erst kürzlich zwang der Vermieterverband „Haus und Grund“ die Stadt München vor Gericht, Daten über 30.000 Wohnungen offenzulegen, deren Mieten zwar erhoben wurden, aber nicht in den Mietspiegel einflossen – zusammen mit den 3000, die verwendet wurden. Es liegt die Vermutung nahe, dass hier Daten ausgeschlossen wurden, um die ausgewiesenen Preise künstlich niedrig zu halten. Die Privilegierung der Altverträge war und ist politisch gewollt. Denn Altmieter gibt es viele, Vermieter sind selten. Doch hier stehen nicht nur Mieter gegen Vermieter oder Arm gegen Reich, sondern hier geschieht eine andere, merkwürdige Art der Umverteilung, die weder sozial noch effizient ist. (…)
    Statt einen angemessenen Marktpreis zu zahlen und so vielleicht anderen Platz zu machen, genießen Altmieter eine sozial kaum zu rechtfertigende Sonderstellung. Anders ausgedrückt: Wer schon lange schön und preiswert wohnt, darf das weiter tun, und die Neumieter zahlen doppelt drauf. So schafft die Aushebelung des Marktes durch die Mietspiegel und die Privilegierung der Altverträge eine Klasse von Regulierungsgewinnern, die ein knappes Gut weit unter Marktpreis beziehen. Durch Einschränkungen wie den „freiwilligen“ Verzicht auf Kündigungen von Mietern über 70, wie ihn der Vonovia-Konzern ankündigte, wird die Lage noch verschlimmert.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Clickbaiting at its best: ich hatte unter der Überschrift “Höhere Mieten für alle!” eine angemessen sarkastische Glosse über den Mietenwahnsinn erwartet. Stattdessen meint der Autor die Forderung todernst: dank Deregulierung des Mietrechts sollen die Mieter nicht mehr vor (unbegrenzten) Mieterhöhungen geschützt sein, sondern durch jährliche Mieterhöhungen und die (heiligen) Marktkräfte gezwungen werden, in begehrten Städten durch Umzug und Aufgabe von Wohnraum Platz freizugeben. Vor ein paar Jahren wurde als “Insider-Outsider-Problem” oder auch “-Theorie” die wirklichkeitsfremde These diskutiert, daß Arbeitnehmer mit Stelle (“Insider”) durch egoistisches Festhalten an ihren Privilegien (z. B. Kündigungsschutz) Arbeitslose aus dem Arbeitsmarkt draußen halten (“Outsider”), womit die Schleifung des Kündigungsschutzes als “gut für uns alle” begründet wurde. Hier wird das Prinzip auf den Wohnungsmarkt übertragen. Wer so etwas schreibt, ist meiner Meinung nach entweder völlig asozial oder unbeschränkt marktgläubig oder hat nicht mehr alle Tassen im Schrank (“Höhere Mieten sind gut für alle!”), und vom deutschen Mietrecht, das immerhin drastische Mieterhöhungen von bis zu 20 Prozent in drei Jahren, nach Modernisierungen auch über 100 Prozent erlaubt, hat er auch keine Ahnung. In diesem Fall trifft meines Erachtens alles gleichzeitig zu, was der Autor durch die Berufung auf Friedrich von Hayek auch bereitwillig zugibt. Wirklich zynisch ist tatsächlich die Forderung, daß ggf. auch kinderreiche Familien z. B. ein Zimmer einer vielleicht schon eh zu engen Wohnung aufgeben müßten – oder ein Single sein 1-Zimmer-Appartement durch die 0-Zimmer-Variante ersetzen müßte. Der Autor stellt sich bereitwillig außerhalb der Gesellschaft, denn die Mehrheit der Menschen würde sicher zustimmen, daß eine Wohnung zumindest einem Sozialstaat auch sein soziales Recht sein kann und noch mehr Verarmung breiter Schichten und noch viel mehr Obdachlosigkeit als heute keine gute Idee sind. Selbst wenn man in der Gedankenwelt des Autors bleibt, gibt es erhebliche Widersprüche: warum sollten Mieterhöhungen für alle (Altmieter) dazu führen, daß bei Neuvermietung niedrigere Mieten aufgerufen werden – welcher Mechanismus soll das in einer unregulierten Marktwirtschaft bewirken? Ist dem Autor nicht bekannt, daß auch Umzüge eine Menge Geld kosten, schnell ein paar Tausend Euro, so daß Mieterhöhungen keineswegs so friktionslos vonstatten gehen, wie hier zusammenphantasiert? Oder daß viele Mieter (ungefähr die ärmere Hälfte der Bevölkerung) so mittellos sind, daß erhebliche Mieterhöhungen oder ein (jährlicher?) Umzug schnell zum Ruin führen können? Und warum sollte die Mehrzahl der Bevölkerung, die Mieter, so einen Irrsinn mitmachen wollen? “Mietenwahnsinn” kann offensichtlich eine weitere Bedeutung haben, nämlich als volkswirtschaftliche, ähem, “Theorie”.

  10. Josef Schuster, bleib bei deinem Leisten
    Philipp Peyman Engel ärgert sich darüber, was aus dem renommierten Jüdischen Museum Berlin geworden ist. In Wirklichkeit ärgert sich Herr Engel und mehr noch sein Boss, Herr Josef Schuster, dass das Jüdische Museum macht, was es will und es nicht um seine Erlaubnis fragt. Ich befürchte, der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster wird wohl nichts unversucht lassen, am Stuhl des Museumsdirektor Peter Schäfer zu sägen. Und ich hoffe, dass das Jüdische Museum diesem Versuch der Zensur widerstehen wird.
    Das Jüdische Museum Berlin gehört der Stadt Berlin und somit dem Steuerzahler, also uns allen. Es gehört nicht, wie mancher glauben möchte, dem Zentralrat der Juden in Deutschland und noch weniger der israelischen Botschaft bzw. der israelischen Regierung. Es ist deshalb höchste Zeit, dass Zionisten wie Benjamin Netanjahu und Josef Schuster sich aus der Politik des Jüdischen Museums heraushalten. Dafür ist deren Aufsichtsrat und Direktor zuständig und verantwortlich sind sie gegenüber der Kultursenatorin der Stadt Berlin und nicht den Juden, wer auch immer das sein mag. Universitäten und Museen sind nach dem Gesetz frei in der Gestaltung des Lehrplans und der Ausstellungen. Sie sind nicht der Politik unterstellt und schon gar nicht dem Zentralrat der Juden, der sich leider immer wieder in kulturelle Angelegenheiten einmischt und Zensur fordert. Wie oft ist die „berühmt berüchtigte“ Nakba-Ausstellung verhindert worden durch Stadtverwaltungen auf Betreiben jüdischer Gemeinden. Immer wieder mussten Gerichte bemüht werden, um die Meinungsfreiheit, die uns unser Grundgesetz garantiert, zu schützen.
    Was ist wieder geschehen? Das Jüdische Museum hat einen offenen Brief von 240 jüdischen und israelischen Intellektuellen und Akademikern veröffentlicht, in dem sie die Bundesregierung auffordern, den Beschluss des Bundestages, BDS zu verbieten zu ignorieren. Das ist auch richtig so, denn der Beschluss des Parlaments war ein Schlag ins Gesicht eines jeden Demokraten und wird hoffentlich bei einer Verfassungsklage gegen diesen Beschluss zurückgenommen werden.
    Quelle: Der Semit

    Anmerkung Albrecht Müller: Lesenswert.

  11. Immobilienkonzern Aroundtown – Union-Fans verärgert über Wahl des neuen Hauptsponsors
    Der Bundesliga-Aufsteiger stellt sich gerne als etwas anderer Klub dar. Passt da eine intransparente Immobilienfirma als Hauptsponsor ins Bild?
    Wenige Stunden, nachdem der 1. FC Union am Freitagabend seinen neuen Hauptsponsor präsentiert hat, ist unter den Fans des Berliner Bundesliga-Aufsteigers bereits eine Debatte über diesen entbrannt.
    In der kommenden Saison trägt Union das Logo des milliardenschweren Immobilienunternehmens Aroundtown SA mit Sitz in Luxemburg auf der Brust.
    Dessen Unternehmenstochter Grand City Properties (GCP) sponsert bereits seit zwei Jahren die A- und B-Jugend des Vereins. „Der 1. FC Union Berlin und Aroundtown haben vieles gemeinsam“, wird Andrew Wallis, stellvertretender Hauptgeschäftsführer von Aroundtown zitiert – doch genau dort liegt der Streitpunkt, denn viele Union-Fans sehen das anders.
    „Im Fall von Union und Aroundtown ist es ziemlich eindeutig, dass Union für etwas anderes steht als das Unternehmen“, heißt es etwa im von Fans geführten Blog „Textilvergehen“.
    Stadtsoziologe Andrej Holm, Union-Fan und vor zweieinhalb Jahren kurzzeitig Staatssekretär für Wohnen, bezeichnete die Sponsorenwahl auf Twitter als „sehr ärgerlich“ und nutzte bei seinem Beitrag den Hashtag „notmyhauptsponsor“. […]
    Union stellt sich stets als etwas anderer Klub dar, der zwar im hochkommerzialisierten Fußballgeschäft mitmischt, dabei aber Wert legt auf Tradition, Zusammenhalt und das Soziale. Schaut man sich die intransparente Unternehmensstruktur von Aroundtown an, wird schnell deutlich, dass solche Werte dort keine Rolle spielen.
    Unions Präsident Dirk Zingler versicherte noch vor zwei Wochen, dass der Klub sich durch den Aufstieg nicht verändern würde.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Jens Berger: Schon dumm, wenn die Fans einen Fußballverein für „alternativ“ halten, das Management dieses Vereins das aber irgendwie nicht mitbekommen oder verstanden hat.

  12. Berlin genehmigte Waffenlieferungen an Jemen-Kriegsparteien
    Deutsche Unternehmen haben Rüstungsgüter im Wert von einer Milliarde Euro an Länder geliefert, die am Jemenkrieg teilnehmen. Auch Saudi-Arabien ist Kunde – für das Land gilt eigentlich ein kompletter Exportstopp.
    Deutschland hat seit Jahresanfang Rüstungsgüter für mehr als eine Milliarde Euro an die von Saudi-Arabien geführte Allianz im Jemen-Krieg genehmigt. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour hervor. Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
    Für die acht Länder der Allianz gelten Transportbeschränkungen. Dennoch wurden zwischen dem 1. Januar und dem 5. Juni 122 Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von 1,1 Milliarden Euro erteilt.
    Darunter waren

    • 13 Exporte für 801,8 Millionen Euro nach Ägypten
    • und 43 Exporte für 206,1 Millionen Euro an die Vereinigten Arabischen Emirate.
    • Sogar zwei Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien genehmigte die Regierung – für das Land gilt seit November eigentlich ein kompletter Exportstopp. Bei der Lieferung handle es sich um “sondergeschützte Geländewagen” für 831.003 Euro. Das sagte Ulrich Nußbaum, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. (…)

    Im November 2018 folgte ein kompletter Exportstopp für Saudi-Arabien, der nach der Tötung des saudischen Regierungskritikers Jamal Khashoggi verhängt wurde. Er wurde im März leicht gelockert. Zwar bekommt das Land nicht direkt Rüstungsgüter aus deutscher Produktion. Doch Lieferungen für Projekte mit Bündnispartnern werden genehmigt.
    Quelle: Spiegel Online

    Dazu: Kurz notiert: Zusammenhänge
    Im ersten Artikel äußern sich Politiker der Großen Koalition besorgt über die Ereignisse im Nahen Osten. Die Situation sei „bis zum Äußersten“ angespannt und ein Krieg nicht auszuschließen. „Wir brauchen eine Diplomatie der Deeskalation und der Gesprächskanäle.“ Auf der anderen Seite werden weiter Rüstungsgüter in die Krisenregion verkauft. Das eine hat aber mit dem anderen selbstverständlich nichts zu tun. Schließlich dienen Rüstungsexporte nur der Sicherheit und dem Frieden.
    Quelle: TauBlog

  13. Cem Özdemir: Der grüne US-Boy
    Am 19. November 2017 platzte für den damaligen grünen Parteivorsitzenden Özdemir wohl ein Lebenstraum. Mit dem Scheitern der Verhandlungen von CDU, CSU, FDP und Grünen für eine “Jamaika-Koalition” entschwand sein Ziel, Vizekanzler und Außenminister der Bundesrepublik Deutschland zu werden.
    Statt Weltsicherheitsrat winkte nur noch der Vorsitz im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestags. Statt neuer chinesischer Seidenstraße nun die Niederungen wie eine B 311- Ortsumfahrung Deppenhausen, 40 Kilometer von Bad Urach, dem Geburtsort des “schwäbischen Türken” entfernt.
    Entsprechend fremdelt er mit dieser ungeliebten Aufgabe. Statt früherer markiger Worte zum Stuttgarter Milliardengrab Stuttgart 21 am nun eigentlich richtigen Platz hört man vom neugebackenen Verkehrsexperten weiterhin mehr zur großen Weltpolitik als zum Thema Verkehr. (…)
    Selbst Ex-Präsident Jimmy Carter hielt die USA kürzlich für das “kriegerischste Land der Welt”. Frage an Özdemir: “Würden Sie Carter widersprechen? Mit welcher Begründung halten Sie Russland für aggressiver als die USA?” Auch für eine Antwort hierauf findet der USA-Fan wie gewohnt “keine Zeit”.
    Warer wenigstens schon mal in Russland, beispielsweise in Samara, der Stuttgarter Partnerstadt, in der Özdemir erfolglos immer das Direktmandat für den Bundestag anstrebt? Selbst sein Stuttgarter MdB-Kollege von der CDU, Stefan Kaufmann, war immerhin mehrfach vor Ort und unterstützte, wie die örtliche SPD-Frau Ute Vogt, auch schon Projekte der dortigen Germanistikfakultät. Auch dafür: “Keine Zeit”. Wie übrigens sein grüner Parteifreund und OB der schwäbischen Landeshauptstadt, Fritz Kuhn, der Samara selbst zum 25. Jubiläum der Parterschaft wie die Pest mied. Grüne nach Russland? Igittigitt. (…)
    Durchaus Zeit kann Özdemir allerdings einem von ihm nach eigener Darstellung mitbegründeten Think-Tank widmen – dem “European Council on Foreign Relations” (ECFR).
    Auskunftsfreudig ist diese “gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung” mit Büros in London, Madrid, Paris und Warschau allerdings so wenig wie ihr “council member” aus Bad Urach. Dort treffen sich, so viel erfährt man wenigstens, neben den Ex- Außenministern Joschka Fischer und Sigmar Gabriel, wohl künftiger Chef der Atlantikbrücke, oder dem Ex-Fellow Niels Annen, heute Staatsminister im Auswärtigen Amt, auch sämtliche antirussischen Hardliner der Union wie Norbert Roettgen, ebenfalls Atlantikbrücke. Hier versammeln sich, wie praktisch, weitere Institutionen wie die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), welche das Auswärtige Amt berät und (natürlich) am bösen Russland gleichfalls kein gutes Haar lässt. Atlantiker und NATO-Getreue, wie deren Ex-Generalsekretär Carl Bildt, wohin man sieht und unter sich parteiübergreifend bestens vernetzt.
    Quelle: Telepolis
  14. „Wir müssen befreit werden von diesem kriminellen Netzwerk“
    Die kosovo-albanische Guerillaarmee UCK kämpfte für die Loslösung des Kosovo von Serbien. Mutmaßlich von der UCK begangene Kriegsverbrechen sind nur unzulänglich aufgearbeitet: Zeugen wurden bedroht, verfolgt, ermordet. Mancher hofft nun auf ein neues Sondergericht in Den Haag – wie Fetah Rudi. (…)
    Aber wer steckte hinter dem Attentat? „SHIK“, sagt Fetah Rudi ohne zu zögern – der umstrittene Geheimdienst, der schon während des Kriegs von der UCK aufgebaut wurde. Der Chef von SHIK war damals Kadri Veseli, heute ist er Parlamentspräsident.
    Das Attentat auf Fetah Rudi war zu dieser Zeit kein Einzelfall: Rund 100 LDK-Aktivisten und Politiker oder Unterstützer sollen in der unmittelbaren Nachkriegszeit entführt, ermordet oder bei Überfällen verwundet worden sein. Belangt wurde dafür fast niemand. Die ehemaligen UCK-Kämpfer wiederum stehen heute an der Spitze von Staat und Gesellschaft.
    „Jedes Mal, wenn wir den Fernseher anmachen, sehen wir sie, die Leute, die diese Verbrechen begangen haben. Sie sind überall: in der Regierung, im Parlament, bei der Polizei. Und sie haben nicht aufgehört mit ihren kriminellen Aktivitäten.“
    Zwei Mal wurde Fetah Rudi von internationalen Ermittlern der UN und der EU verhört. Aber im Kosovo Recht zu sprechen, das ist selbst für internationale Richter schwierig: Zeugen werden eingeschüchtert oder sogar umgebracht. (…)
    Seit einiger Zeit hat er wieder neue Hoffnung.
    „Nach dem Versagen der kosovarischen Justiz, nach dem Versagen der UN-Mission Unmik, nach dem Versagen der EU-Mission Eulex: Unsere letzte Hoffnung ist nun das neue Sondergericht in Den Haag für die Aufarbeitung der UCK-Kriegsverbrechen.“ (…)
    Aber auch das neue Gericht dürfte mit denselben Problemen zu kämpfen haben: dass Zeugen aus Angst nicht aussagen wollen. Nein, erwidert Fetah Rudi, diesmal wird es anders laufen.
    „Das Gericht wird Kosovo von dieser kriminellen Klasse befreien. Früher hatten die Zeugen Angst, sie sagten selbst gegenüber Unmik oder Eulex nichts, weil die UCK-Kommandeure stärker waren. Aber das neue Sondergericht können sie nicht beeinflussen. Diese Leute werden das hinkriegen. Ich glaube fest daran.“
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch „Der Gebietstausch ist vom Tisch“ mit einer Anmerkung.

  15. Dringender Tatverdacht gegen Rechtsextremisten im Mordfall Lübcke
    Im Zuge der Ermittlungen um den getöteten Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat die Polizei in Kassel einen 45 Jahre alten Mann festgenommen. Nach F.A.Z.-Informationen hatte er Kontakte zum rechtsextremistischen Milieu.
    m Fall des Mordes an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke verdichten sich die Hinweise, dass es sich um einen Anschlag mit politischem Hintergrund handeln könnte. Nach Angaben der Polizei wurde am Samstag ein 45 Jahre alter Mann unter dringendem Tatverdacht festgenommen. Gegen ihn wurde mittlerweile Untersuchungshaft verhängt. Nach F.A.Z.-Informationen handelt es sich um eine Person, die früher in der rechtsextremistischen Szene aktiv war Geprüft wird derzeit, inwieweit der Mann dort jüngst noch aktiv war. Der Verdächtige soll über eine DNA-Spur identifiziert worden sein, die am Tatort gefunden wurde. Offenbar war der Mann einschlägig bekannt.
    Wie die Staatsanwaltschaft Kassel und das hessische Landeskriminalamt am Sonntag mitteilten, wurde der Verdächtige am frühen Samstagmorgen gegen zwei Uhr festgenommen. Nähere Informationen zu der Person machten sie zunächst nicht. Sie wollen sich an diesem Montag zu den möglichen Hintergründen der Tat äußern.
    Einzeltat oder mehrere potentielle Opfer?
    Für die Sicherheitsbehörden war am Sonntag noch unklar, ob es sich um eine Einzeltat handelte, die sich nur gegen den Kasseler Regierungspräsidenten richtete, oder ob damit weitere Taten verbunden sein könnten. Dem Vernehmen nach wird die Möglichkeit weiterer potentieller Opfer geprüft.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Christian Reimann: Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zum sogenannten NSU-Komplex. Bitte lesen Sie dazu auch Mordfall Lübcke – Von „Dönermorden“ bis zur „Kirmesspur“. Daraus ein Zitat:

    “Was wäre, wenn man in alle Richtungen ermitteln würde, ohne Ansehen der Person, und man würde dabei auf NSU 2.0 stoßen, also auf neonazistische/paramilitärische Strukturen, in denen sich Polizisten, Neonazis, Politiker und Elitesoldaten (Ex-KSK-Mitglieder) zusammenfinden, um sich auf den „Ernstfall“ vorzubereiten – zu dem auch die Tötung von unbequemen Politkern gehört.

    Dann läge der Teppich des Schweigens, der über den Fall „NSU 2.0“ gelegt wurde, wieder frei und man würde sich auch fragen, warum man davon nichts mehr hört.”

  16. Französische Milliardäre haben noch keinen Cent gespendet
    Medienwirksam hatten französische Milliardäre nach dem Brand in der Pariser Kathedrale Notre Dame dreistellige Millionensummen für den Wiederaufbau versprochen. Milliardär und Luxuskonzern-Eigner Bernard Arnault (Platz 4 der Forbes-Liste, geschätztes Vermögen 75 Milliarden US-Dollar) wollte genauso spenden wie François Pinault (Forbes-Liste Nr. 30, knapp 30 Milliarden US-Dollar), doch bisher ist von ihnen noch kein Geld geflossen.
    “Die großen Spender haben nicht gezahlt. Nicht einen Cent”, sagte Notre-Dame-Pressesprecher André Finot am Freitag. Stattdessen seien es vor allem Kleinspender, die mit Spenden für Stiftungen wie Fondation Notre Dame und Friends of Notre Dame für die Gehälter der bis zu 150 Arbeiter aufgekommen seien, die auf der Baustelle arbeiten. (…)
    Die großen Spender wollten erst wissen, wofür das Geld ausgegeben werde, bevor sie es an die Kathedrale gäben, sagte Presseprecher Finot. Und auch sonst ist die Finanzierung schwierig, weil die rechtliche Grundlage für die Bezahlung der Arbeiter fehlt. Daran feilt derzeit das französische Parlament. So ist man bisher ausschließlich auf Spenden angewiesen, um die Arbeiter auch zu bezahlen.
    Die Diözese hatte am Donnerstag mitgeteilt, die Fondation Notre Dame habe bereits 15,7 Millionen Euro erhalten. Finot sagte, die ersten 3,6 Millionen Euro an Stiftungsgeldern würden dieser Tage überwiesen, um für die erste Phase des Wiederaufbaus zu zahlen.
    Das eingegangene Geld ist nur ein Bruchteil der Summe, die zugesagt wurde. So versprach etwa Pinault, der mit seiner Firma Artemis unter anderem die Luxusmarken Gucci und Saint Laurent besitzt, 100 Millionen Euro, ebenso wie Patrick Pouyanné vom Energiekonzern Total. Arnault, dessen Konzern LVMH unter anderem Louis Vuitton und Dior im Portfolio hat, sagte 200 Millionen Euro zu, ebenso viel wie die Bettencourt-Schueller-Stiftung des L’Oréal-Imperiums.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut “Dutzende von Notre-Dames sind auch mit militärischer Unterstützung Frankreichs in Schutt und Asche gelegt worden“.

  17. Der Bamf-“Skandal“ in Bremen war zwar ein Skandal, allerdings ein Medienskandal.
    Dabei sind viele Fehler passiert, die Journalisten immer wieder machen. Eine ernüchternde Bilanz.
    Da wäre zuallererst die Sache mit der Verdachtsberichterstattung, deren Inhalt zu einem großen Teil aus Geschichten bestand, an denen, wie man inzwischen weiß, nicht viel dran war.
    “Der Rechercheverbund hat, statt erst zu recherchieren und dann Ergebnisse zu präsentieren, aus einzelnen, für eine Recherche sinnvollen Schritten, jeweils schon Beiträge gestaltet, die sich rückblickend als Serie von Gerüchten erweisen.“ …. Der Bamf-“Skandal“ in Bremen war zwar ein Skandal, allerdings ein Medienskandal.
    Quelle: MDR
  18. Freischreiber-Report 2019: Wer verdient was?
    ber Geld zu sprechen ist für freie Journalist*innen existenzentscheidend. Deshalb haben wir das Honorartool entwickelt, in das freie Kolleg*innen und Festangestellte ihre Honorare und Gehälter eintragen können – anonym, aber für alle einsehbar. Hier sind unsere ersten Erkenntnisse. […]
    Geo, Brand Eins, P.M. und der Stern erreichen Werte deutlich über 100 Euro pro 1.000 Zeichen. Tageszeitungen wie die WAZ oder die taz, aber auch die dpa liegen hingegen am unteren Ende der Skala.
    Quelle: Freischreiber

    Anmerkung Jens Berger: Ein „normaler“ redaktioneller Artikel hat zwischen 4.000 und 6.000 Zeichen. Bei der Honorarstruktur der taz entspräche dies einem Honorarsatz von 80,40 Euro bis 120,54 Euro. Da muss man sich nicht ernsthaft wundern, wenn die Qualität nicht überzeugen kann. Hinzu kommt das soziale Problem. Bei derartigen Honoraren bleibt vielen Kolleginnen und Kollegen, die hauptberuflich tätig sind, nichts anderes übrig, als zum Aufstocker zu werden.


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