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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 23. Juni 2019 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. U.S. Escalates Online Attacks on Russia’s Power Grid
  2. Die ökonomischen und sozialen Kosten des Europäischen Fiskalpakts
  3. Die „Big Four“ in Deutschland
  4. Die Rente schmilzt – doch Sparen ist nicht die Lösung
  5. Studie zur Bahn-Infrastruktur: Wenig Geld für deutsche Schienen
  6. Habeck fordert Überprüfung von Verbindungen zur NSU
  7. Kuscheln mit der Bundeswehr: Tarnfarbe Grün
  8. Ist das Lesen kritischer Texte ansteckend?
  9. Wie Sachsen unter den Sanktionen gegen Russland und Iran leidet
  10. Rechtspopulisten sind nicht das Problem, Linkspopulisten haben sich verrannt – und die Grünen sind die neue Partei des Status quo

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. U.S. Escalates Online Attacks on Russia’s Power Grid
    The United States is stepping up digital incursions into Russia’s electric power grid in a warning to President Vladimir V. Putin and a demonstration of how the Trump administration is using new authorities to deploy cybertools more aggressively, current and former government officials said.
    In interviews over the past three months, the officials described the previously unreported deployment of American computer code inside Russia’s grid and other targets as a classified companion to more publicly discussed action directed at Moscow’s disinformation and hacking units around the 2018 midterm elections.
    Advocates of the more aggressive strategy said it was long overdue, after years of public warnings from the Department of Homeland Security and the F.B.I. that Russia has inserted malware that could sabotage American power plants, oil and gas pipelines, or water supplies in any future conflict with the United States.
    But it also carries significant risk of escalating the daily digital Cold War between Washington and Moscow.
    The administration declined to describe specific actions it was taking under the new authorities, which were granted separately by the White House and Congress last year to United States Cyber Command, the arm of the Pentagon that runs the military’s offensive and defensive operations in the online world.
    But in a public appearance on Tuesday, President Trump’s national security adviser, John R. Bolton, said the United States was now taking a broader view of potential digital targets as part of an effort “to say to Russia, or anybody else that’s engaged in cyberoperations against us, ‘You will pay a price.’”
    Quelle: New York Times

    dazu: Trump, die “New York Times” und der Cyberkrieg im Stromnetz
    US-Präsident Trump nennt die “New York Times” einen “Feind des Volkes”, nachdem die Zeitung über einen US-Cyberangriff auf Russland berichtet hat.
    Die USA hätten demnach Schadsoftware ins russische Stromnetz eingeschleust, die eingesetzt werden könne, um das Netz lahmzulegen.
    In der Tat verfolgen die USA seit geraumer Zeit eine offensivere Cyberstrategie.
    Nach einem Bericht der New York Times über eine Hacking-Aktion der USA gegen Russland hat US-Präsident Donald Trump die Zeitung via Twitter als “Feind des Volkes” bezeichnet. Der Bericht sei zudem absolut falsch. Die Zeitung hatte am Samstag unter Berufung auf mehrere Mitglieder der Regierung berichtet, dass die USA Schadsoftware ins russische Stromnetz eingeschleust hätten, die, wenn nötig, eingesetzt werden könne, um das Netz lahmzulegen. Die Aktion sei als Warnung an Russland zu verstehen. […]
    Dazu kommt laut dem Berliner IT-Sicherheitsexperten Sven Herpig von der Stiftung Neue Verantwortung noch eine zweite Strategie der US-Cybertruppen: “Persistent Engagement”. Sie sehe vor, dauerhaft in den Netzwerken und Systemen ausgewählter Gegner wie Russland und China aktiv zu sein, diese Akteure dort zu beschäftigen und diese Zugänge, wann immer nötig, auszunutzen, um Schaden abzuwehren oder Macht zu demonstrieren. Diese Herangehensweise der Cyberstreitkräfte erklärt möglicherweise auch die Offenheit, mit der die US-Offiziellen mit den Reportern der New York Times über die in der Vergangenheit selten öffentlich gemachten Cyberaktionen der USA sprachen.
    Auch der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, ist offenbar überzeugt von der neuen Herangehensweise. Am Dienstag sagte Bolton auf einer Konferenz des Wall Street Journal, die USA müssten die möglichen Ziele von Cyberoperationen erweitern. Es gehe darum, anderen Staaten klarzumachen, dass Attacken auf die USA nicht ungestraft bleiben werden.
    Quelle: Süddeutsche.de

  2. Die ökonomischen und sozialen Kosten des Europäischen Fiskalpakts
    In den letzten 20 Jahren hat man auf europäischer Ebene die Schärfe der finanzpolitischen Vorgaben noch über das Ausmaß hinaus erhöht, das der 1992er Vertrag von Maastricht vorsieht. 2012 gipfelte dies im Europäischen Fiskalpakt.
    Der »Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion«, der so genannte Fiskalpakt, wurde von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Ausnahme Großbritanniens und Tschechiens unterzeichnet. Er sieht die Einhaltung zweier Regeln für die öffentlichen Finanzen vor: (i) einen substanziell ausgeglichenen Haushalt, genauer gesagt, das Verbot, dass das strukturelle Defizit des öffentlichen Sektors über den Konjunkturzyklus hinweg 0,5 Prozent des BIP übersteigt, und (ii) dass die öffentliche Schuldenquote jedes Jahr um ein Zwanzigstel der Differenz zwischen ihrem tatsächlichen Niveau und dem Maastricht-Zielwert von 60 Prozent sinkt.
    So sehr die Europäische Kommission seit 2012 verschiedenen Ländern auch Ausnahmen von den Regeln des Fiskalpakts gewährt hat, kann man sich – auch im Hinblick auf einige Reformvorschläge, die sogar noch zusätzliche fiskalpolitische Verschärfungen vorsehen [1] – doch fragen, was passieren würde, wenn einzelne Länder verpflichtet wären, die bisher vorgesehenen Fiskalregeln einzuhalten. Insbesondere stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die fiskalpolitischen Regeln auf die Entwicklung der Staatsschuldenquote (das Verhältnis zwischen Staatsverschuldung und Bruttoinlandsprodukt) hätten.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  3. Die „Big Four“ in Deutschland
    Auswertung der Antwort der Bundesregierung (PDF) vom 05.06.2019 auf die Kleine Anfrage „Rolle und Regulierung von Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften” (BT-Drs. 19/10767) von Fabio De Masi u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.
    Zusammenfassung: Die weltweit größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften („Big Four“) Deloitte, Ernst & Young (EY), KPMG und PricewaterhouseCoopers (PwC) erwirtschaften einen Jahresumsatz von 120 Milliarden Euro und beraten 89 Prozent der 160 größten deutschen Aktienunternehmen. Ihre Macht- und Marktkonzentration kann zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Seit den Luxemburg Leaks ist bekannt, dass sie aggressive Steuersparmodelle vermarkten und in Deutschland prüften sie Banken im Cum-Ex-Skandal. Interessenskonflikte bestehen durch die gleichzeitige Prüfung und Beratung von Unternehmen sowie durch die Beratung der öffentlichen Hand bei Gesetzesvorhaben und von Unternehmen, die diese Gesetze anwenden.
    Die Bundesregierung verfügt trotz ihrer dominanten Stellung in der Wirtschaft in vielen Bereichen über keine Informationen über die Big Four, etwa hinsichtlich des Marktanteils oder etwaigen Gesetzesverstößen. Sie erkennt an, dass die Big Four Steuergestaltungsmodelle global vermarkten und verbreiten, sieht aber keinen weiteren Regulierungsbedarf. Verstöße gegen die Regulierung von Prüfungsgesellschaften hat es in Deutschland einmal in 10 Jahren gegeben, aber auch hier sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf. Das Europaparlament fordert wie internationale Experten die Trennung von Beratungs- und Prüfgeschäft. Cum-Ex-Geschäfte haben die Big Four in vier Fällen vor 2012 an die BaFin gemeldet.
    Interessenskonflikte mit der öffentlichen Hand sieht die Bundesregierung nicht, obwohl die Big Four seit 2008 134 Aufträge von der Bundesregierung erhalten haben, fast 60 Prozent davon zwischen 2016 und 2018. Allein seit März 2018 haben sich Staatssekretäre des BMF 10 Mal mit den Big Four getroffen. Für ihre Aufsichtsratsmandate lassen sie sich bei den Unternehmen schulen. Etliche Bundesunternehmen werden von PwC geprüft.
    O-Ton Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:
    „Die Big Four verfügen über große Marktmacht, sind mit der Regierung vernetzt und prüfen bzw. beraten in allen großen Konzernen. Ob Cum-Ex oder Luxemburg Leaks, immer waren die Big Four dabei. Dies schafft Interessenskonflikte. Das Europaparlament fordert die Trennung von Beratungs- und Prüfgeschäft und Großbritannien diskutiert gar die öffentlich-rechtliche Wirtschaftsprüfung. Auch Deutschland muss daher handeln.“
    Die Auswertung der Ergebnisse im Einzelnen können Sie hier als PDF herunterladen.
    Quelle: Fabio De Masi/Die Linke
  4. Die Rente schmilzt – doch Sparen ist nicht die Lösung
    Bleiben die Zinsen tief, schmilzt die Rente. Falsch ist aber, noch mehr zu sparen. Das macht alles nur noch schlimmer.
    In ihrer neuen Pensionskassen-Studie hat uns die Swisscanto eine kleine Lektion in Versicherungsmathematik erteilt, und die Medien haben sie – unter dem üblichen Zeitdruck – ungefiltert weiter verbreitet. Die Lektion geht so: Wenn die Zinsen so tief bleiben wie bisher und wenn wir weiter älter werden, dann muss der «aktuarisch korrekte Umwandlungssatz» (mit dem das Sparkapital in eine Rente umgewandelt wird) von 6,73 Prozent wie vor zehn Jahren auf 4,9 Prozent sinken. Damit dadurch aber keine «dramatische Rentenlücke» entstehe, müsse demnach das Sparkapital durch Beitragserhöhung, längere Einzahlungsdauer etc. deutlich erhöht werden und zwar um insgesamt 37 Prozent. Rechne: Bei einem um 37 Prozent höheren Kapital bleibt die Rente mit einem Umwandlungssatz von 4,9 Prozent gleich hoch wie bei 6,73 Prozent. Reiner Dreisatz.
    Wie die Studie weiter ausführt haben die Pensionskassen bereits reagiert und den Umwandlungssatz im Schnitt schon mal auf 5,73 Prozent gesenkt und – vor allem durch Beitragserhöhungen – das angepeilte Sparkapital um durchschnittlich 17,6 Prozent aufgestockt. Was aber – siehe oben – bei weitem nicht reicht. Das «Vorsorgeforum», das Kampforgan der Pensionskassenlobby, schliesst deshalb messerscharf: «Soll der Trend gestoppt werden, muss mehr angespart oder länger gearbeitet werden. Das mag schmerzhaft sein, aber es ist sinnlos, die Augen vor der Realität zu verschliessen.»
    Quelle: Werner Vontobel auf Infosperber
  5. Studie zur Bahn-Infrastruktur: Wenig Geld für deutsche Schienen
    Die Bahn hat keinen guten Ruf: Verspätungen, Ausfälle, Schäden. Teilweise liegt das auch am Schienennetz. Ein Vergleich zeigt nun: Deutschland gibt deutlich weniger Geld für die Infrastruktur aus als andere Nationen.
    Deutschland gibt laut einer Untersuchung deutlich weniger Geld für die Bahn-Infrastruktur aus als andere europäische Staaten. Wie die Allianz pro Schiene erklärte, gab der deutsche Staat im vergangenen Jahr pro Bürger 77 Euro für das Eisenbahnnetz aus. Andere europäische Nationen investieren dagegen deutlich mehr in den Erhalt und den Ausbau der Gleise.
    Quelle: Tagesschau
  6. Habeck fordert Überprüfung von Verbindungen zur NSU
    Die Grünen drängen im Mordfall Lübcke auf umfassende Ermittlungen zu möglichen rechtsextremen Netzwerken. Auch Verbindungen etwa zum NSU-Komplex müssten geprüft werden, fordert Parteichef Habeck. (…)
    Die Grünen fordern deshalb umfassende Ermittlungen über solche Verbindungen. “Die Sicherheitsbehörden müssen mögliche rechtsextreme oder rechtsterroristische Strukturen schnell, gründlich und umfassend durchleuchten”, sagte Parteichef Robert Habeck der Deutschen Presse-Agentur. “Dazu gehört, zu prüfen, ob es auch mögliche Verbindungen zu anderen Fällen wie dem NSU-Komplex gibt.” Es sei gut, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen schnell an sich gezogen habe.
    “Dieser Fall hat eine historische Dimension”, sagte Habeck. Wenn sich der Verdacht erhärte, dann sei dies der erste gezielte rechtsextreme Mord an einem deutschen Politiker seit 1945. “Das ist eine Zäsur und eine neue Dimension rechter Gewalt.”
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Der talentierte Mr. Habeck mal wieder. So was kommt bei der Zielgruppe an. Die weiß ja auch nicht, dass es die hessischen Grünen waren, die zusammen mit der CDU im NSU-Untersuchungsausschuss jegliche Aufklärung verhindert haben und die NSU-Akten mit einem Sperrvermerk für 120 Jahre versehen haben. Dank der Grünen dürfte die von Habeck nun öffentlichkeitswirksam geforderte Überprüfung der NSU-Verbindungen also im Sande verlaufen. Grün wirkt.

  7. Kuscheln mit der Bundeswehr: Tarnfarbe Grün
    Parteiprominenz wirbt fürs Militär, Kanzlerin Merkel macht mit. Proteste gegen »Tag der Bundeswehr« am Sonnabend
    Alle reden über die Grünen, so scheint es zumindest. Jüngste Umfragen sahen die Partei zuletzt bundesweit mit Werten zwischen 26 und 27 Prozent an erster Stelle, noch vor der Union. Im bürgerlichen Blätterwald wird eifrigst spekuliert, ob nun Robert Habeck bald alleiniger Bundeskanzler wird oder eher als Doppelspitze mit Annalena Baerbock. Eines muss man derweil beiden Parteichefs sowie dem Rest der Grünen-Truppe zugute halten: Sie machen klar, wohin mit ihnen die Reise gehen soll.
    Bereits am Freitag postete der frühere Vorsitzende Cem Özdemir ein Foto auf dem Selbstinszenierungsportal Instagram, auf dem er zusammen mit seinem Parteifreund Tobias Lindner, dem sicherheitspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion, in der Uniform eines Oberleutnants und mit Barett auf dem Kopf in die Kamera lächelt. Dazu frohlockt Özdemir: »Ein Grüner bei der Bundeswehr – passt das zusammen? Ich finde: Ja.« Es falle ihm und seinem Kollegen Lindner »niemals leicht, die Bundeswehr in einen Auslandseinsatz zu schicken«, so Özdemir weiter. Die Konsequenz daraus besteht allerdings nicht darin, gegen deutsche Kriegsbeteiligungen zu stimmen, sondern »eine Woche am Alltag der Truppe teilzunehmen« und sich »mit den Soldat*innen intensiv auszutauschen«.
    (…) Solche Töne dürften in der Union, die als künftiger Koalitionspartner auf Bundesebene bereitsteht, gerne vernommen werden. In ihrer wöchentlichen Videobotschaft erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die Bundeswehr sei in der Vergangenheit »nicht ausreichend mit Mitteln versorgt« gewesen. Es sei deshalb »gut, dass wir seit einigen Jahren für unsere Sicherheit, für unsere Bundeswehr den Etat gesteigert haben, und wir werden das auch im nächsten Jahr wieder tun«, so Merkel in dem am Sonnabend veröffentlichten Video. Für 2020 sind im Militäretat zwei Milliarden Euro mehr eingeplant als im laufenden Jahr…
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung J.K.: In BW-Uniform posieren? Haben die Grünen eigentlich noch alle Tassen im Schrank. Die Grünen sind eine zu tiefst bürgerlich-elitäre Partei. Das waren sie schon immer. Die Grünen kommen nicht aus der Arbeiterbewegung. Auch die 68-er waren bürgerlich.

    Anmerkung Marco Wenzel: Auf die Grünen ist stets Verlass, wenn es um Militarisierung geht. Auch vor Kriegseinsätzen, Seit an Seit mit „unseren amerikanischen Freunden“ scheuen sie nicht zurück. Das haben sie in ihrer Zeit als Juniorpartner unter Rot-Grün ja bereits zur Genüge unter Beweis gestellt. Jetzt, wo eine Regierungskoalition mit CDU-CSU möglich scheint, wollen sie umso mehr zeigen, dass sie zu allen Schandtaten bereit sind, wenn man sie nur mit an die Tröge der Macht lässt. Die einstige Friedenspartei hat alles verraten, wofür sie einmal stand.

  8. Ist das Lesen kritischer Texte ansteckend?
    Direktor des Jüdischen Museums Berlin muss nach Literaturempfehlung zurücktreten
    Der Direktor des Jüdischen Museum Berlin Peter Schäfer ist vor wenigen Tagen zurückgetreten, um weiteren Schaden vom Jüdischen Museum abzuwenden, wie es in einer kurzen Erklärung heißt.
    Der Schritt ist besorgniserregend, weil im Fall von Peter Schäfer eine rechte Kampagne erfolgreich war. Er stand seit Jahren im Fokus ultrarechter Kritik, weil er auf der künstlerischen Autonomie des Jüdischen Museum bestand und sich nicht darauf einlassen wollte, sie auf das Narrativ der israelischen Regierung zu beschränken. […]
    Der unmittelbare Grund für den Rücktritt von Schäfer zeigt diese Geistfeindlichkeit seine Kritiker. Er hatte via Twitter einen Taz-Artikel zur Lektüre empfohlen, in dem der Nahost-Korrespondent der linksliberalen Zeitung über den Protest jüdischer Intellektueller gegen den Beschluss des deutschen Bundestags zur Israel-Boykott-Kampagne berichtet. Die Stellungnahme der jüdischen Intellektuellen war keine Solidaritätserklärung mit der Boykott-Kampagne, viele lehnen sie auch ab. Sie wandten sich aber dagegen, dass sie mit staatlichen Maßnahmen bekämpft wird.
    Die Kritiker bestritten in ihrer Erklärung auch, dass die BdS-Kampagne pauschal als antisemitisch klassifiziert werden kann. Darüber wird man tatsächlich im Einzelfall streiten müssen, wie sich am Beispiel der britischen Künstlerin Kate Tempest zeigte. Weil sie einen einseitig propalästinensischen Aufruf unterzeichnete, wurde sie gleich als in die Nähe des Antisemitismus gerückt.
    Quelle: Telepolis
  9. Wie Sachsen unter den Sanktionen gegen Russland und Iran leidet
    Erst Russland, jetzt Iran: Jahrelang machten sächsische Firmen gute Geschäfte mit beiden Ländern – und bekommen jetzt auch die Sanktionen gegen beide Länder zu spüren. Die Folge: China wird als Absatzmarkt für die sächsische Wirtschaft immer wichtiger.
    Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Iran liegen damit wieder am Boden, bevor sie überhaupt so richtig aufstehen konnten. Dabei habe es seit der Öffnung durchaus eine klare Entwicklung gegeben, sagt Lars Fieler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer Dresden.
    „Wir sind natürlich auf einem doch recht geringen Niveau gestartet. Aber wenn wir uns die letzten Jahre angucken von 2016 bis 2018, dann haben sich die Exporte in den Iran schon deutlich erhöht. Wir lagen im letzten Jahr bei gut 82 Millionen, das war nochmal ein Zuwachs von 20 Prozent gegenüber 2017.“
    Doch das ist nun vorbei. Obwohl das Abkommen formal nach wie vor gelte, haben sich seit dem Rückzug der USA die Bedingungen für deutsche Unternehmen geändert.
    Quelle: Deutschlandfunk
  10. Rechtspopulisten sind nicht das Problem, Linkspopulisten haben sich verrannt – und die Grünen sind die neue Partei des Status quo
    Der von Kommentatoren herbeigeschriebene Umsturz in der Politlandschaft Europas hat nicht stattgefunden. Es scheint vielmehr so, als wollten die europäischen Bürger keine Revolution, sondern erst mal Ruhe. Was bedeutet das für die Linke? (…)
    In Deutschland zeigt sich dies gerade exemplarisch: Der Ton der Grünen ist nicht eskalierend, sondern moderierend. Sie halten letztlich am politökonomischen Status quo fest – was sie wollen, ist bloss ein Kapitalismus mit grünem Antlitz. Darum ist eine Koalition der Grünen mit der radikalen Linken sehr unwahrscheinlich – die Grünen sind nicht konsequente und kompromisslose Linke, sondern die Alternative dazu. (…)
    Was lernen Linke wie ich aus alledem? Hören wir auf, von der grossen populären Mobilisierung zu träumen, und fokussieren wir auf die Veränderungen im Alltag. Der wahre Erfolg einer «Revolution» kann erst am Tag danach ermessen werden, wenn die Dinge sich normalisiert haben und klar ist, wie sie sich im Leben der gewöhnlichen Leute auswirken.
    Das Schicksal von Syriza, ursprünglich eine Koalition radikaler linker Gruppen, ist emblematisch für die schwierige Situation der radikalen europäischen Linken. Syriza wollte die politischen Verhältnisse in Griechenland von Grund auf ändern. Als Syriza 2015 in Zeiten der ökonomischen Krise und des Umbruchs mit Alexis Tsipras an der Spitze die Wahlen in Griechenland gewann, zerstörte sie damit zugleich die Basis-Mobilisierung, die zuvor ihre Stärke ausgemacht hatte. Kaum war die Partei an der Macht, erstarrte sie. Sie setzte, zusammen mit der kleinen rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen, eine schmerzhafte Austeritätspolitik durch, um Griechenlands finanzpolitische Souveränität zurückzuerobern. Nachdem die Arbeit nun erledigt ist, dürfte sie in den Wahlen im Juli die Macht verlieren, so dass die Dinge ihren normalen Lauf nehmen und die konservative Neue Demokratie wieder übernimmt.
    Das ist die Welt, in der wir heute leben: Radikale Linke setzen auf Austerität, während Rechtspopulisten den Sozialstaat für sich entdeckt haben. Und die Leute schütteln den Kopf.
    Was der Linken überall fehlt, ist eine neue linke Vision für Europa. Ihre Ideenlosigkeit kaschiert sie, indem sie sich an den Rechtspopulisten abarbeitet. Doch der Populismus stellt nicht die grosse Bedrohung für Europa dar. Denn die Populisten sind bloss eine Reaktion auf das Scheitern des politischen Establishments, dem emanzipatorischen Erbe Europas treu zu bleiben. Konsequente Linke sollten hier ansetzen – denn ohne Europa gibt es auch kein emanzipatorisches Potenzial. Es gilt, Europa zu retten, um die Emanzipation zu bewahren.
    Quelle: Slavoj Žižek in Neue Zürcher Zeitung


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