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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 10. Juli 2019 um 8:22 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Trauerspiel EU-Demokratie: Riesen oder Zwerge
  2. Iran-Krise: Es gibt nur noch einen Millimeter Hoffnung
  3. EU: Nominierung von Ursula von der Leyen
  4. Rezo rockt die AfD
  5. Wahlkampf ohne Wahl
  6. Arbeitszeitgesetz: Weniger Kontrollen, viele Verstöße
  7. Entlassungsgrund: Frau! Und zu selbstbewusst!
  8. Lidl, Rewe und Edeka im Oxfam-Check – Deutsche Supermärkte achten kaum auf Menschenrechte in der Produktion
  9. Wendeverlierer und Akademiker in Berlin – Abgehängt trotz des Booms
  10. Beim Zoll stauen sich Verdachtsmeldungen
  11. Baulandkommission: Den großen Wurf verpasst
  12. Der neue Kolonialismus
  13. Der Große US-Plan für den Nahen Osten – Teil 2
  14. Peking erzürnt: US-Außenministerium gibt grünes Licht für Waffenlieferungen an Taiwan
  15. Cholera – Die Geißel des Jemenkriegs
  16. Venezuela: Nächster Halt: Barbados
  17. Politiker als feste Zeitungskolumnisten: Ungute Mischung
  18. Der Ex-Volkswagen-Mitarbeiter Lúcio Bellentani ist in São Paulo verstorben

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Trauerspiel EU-Demokratie: Riesen oder Zwerge
    Das Europaparlament an einem historischen Scheideweg, nachdem die Staats- und Regierungschefs die Entscheidung der Wähler nicht akzeptieren
    Die europäische Union ist überhaupt keine Demokratie. Mit diesem Vorurteil kämpft Europa seit seiner Gründung. Die Kritik wurde in den letzten Jahrzehnten immer leiser. Das Parlament hatte sich mehr Macht erkämpft – Stück für Stück. Es wird direkt von den Bürgern gewählt. Und es hat echte Machtbefugnisse. Der Machtpoker – oder besser: das Trauerspiel – um die Besetzung der Kommissionsspitze befeuert die alten Vorurteile wieder. Und das nicht zu Unrecht.
    Auf europäischer Bühne wird ein Trauerspiel aufgeführt. Es trägt den Titel: Kungler und Zwerge zerstören die Europäische Demokratie. Der erste Akt beginnt im Frühjahr. Die Europawahlen stehen vor der Tür. Die beiden großen Parteifamilien in Europa tun das, was Parteien vor einer Wahl tun müssen. Sie stellen Spitzenkandidaten auf…
    Das ist die ganz archaische Bedeutung einer Wahl. Der Gewinner der Wahl bekommt den Job.
    (…) Nach der Wahl schlägt in Europa die Stunde der Kungler in den Hinterzimmern
    Der zweite Akt des Dramas beginnt. Die europäischen Verträge sehen ein zweistufiges Verfahren vor. Die Staats-und Regierungschefs der Mitgliedstaaten machen einen Vorschlag, wer Präsident der Kommission werden soll. Das europäische Parlament stimmt diesem Vorschlag zu – oder es lehnt den Vorschlag ab. Gegen den Willen des Parlaments, das direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt ist, kann niemand Präsident der Kommission werden.
    Man darf es nicht beschönigen: Die Staats- und Regierungschefs akzeptieren die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler nicht. Das ist ein eigentlich unfassbarer Skandal, der die Grundlagen der Demokratie erschüttert. Europa hat ein immer schlechteres Image bei den Bürgern. Das (Vor)Urteil, Brüssel sei viel zu weit weg von den Bürgern, ist nicht totzukriegen. Die skandalöse Politik von Macron und Co. bei der Besetzung der europäischen Spitzenposten befeuert diese Meinung und spielt damit den antieuropäischen Populisten in die Hände…
    Quelle: Telepolis

    Dazu: Das Parlament muss den Aufstand wagen
    Für das Europaparlament hat die Woche der Wahrheit begonnen. Die neugewählten Abgeordneten müssen sich entscheiden, ob sie Verteidigungsministerin Von der Leyen wählen wollen – oder den Aufstand wagen.
    Bisher sieht es so aus, als würden sich die MEP damit abfinden, dass sie vom Europäischen Rat übergangen wurden – und dass mit VdL eine Politikerin antritt, die keine Spitzenkandidatin war.
    Doch das sollten sie sich zweimal überlegen, sagte Prof. Michèle Knodt bei einer Podiumsdiskussion der Böll-Stiftung in Frankfurt.
    Die EU sei zwar keine parlamentarische Demokratie, so die anerkannte Europa-Expertin. Mit den Spitzenkandidaten hätten die Abgeordneten ihre Kompetenzen “zärtlich überdehnt”.
    Dennoch sei es Zeit, dem Rat Kontra zu geben. Denn nur so könne das Parlament seine Rechte verteidigen. “Wenn es jetzt keinen Aufstand wagt, dann hat das Parlament verloren”, warnt Knodt.
    Allerdings geht sie nicht so weit wie manche MEP, die gleich ein Initiativrecht oder eine radikale Klimawende fordern. Das Ziel sollte vielmehr ein interinstitutionelles Abkommen mit dem Rat sein.
    Darin könnte dann ein “Modus vivendi” für die nächste Europawahl vereinbart werden. Die Sache hat allerdings einen Haken: Wer sagt denn, dass sich der Rat überhaupt auf Verhandlungen einläßt?
    Denkbar wäre auch, dass die EU-Chefs bei einem “Nein” auf stur schalten und auf ihrem Recht zur Nominierung beharren. Bestenfalls könnten sie sich auf eine Reformkonferenz einlassen – nach der Bestätigung von VdL.
    Eine solche Konferenz hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron bereits ins Gespräch gebracht. Den Vorsitz könnte Ex-ALDE-Chef Guy Verhofstadt übernehmen – ein überzeugter Föderalist, genau wie VdL.
    Sollte es so weit kommen, dann hätte die verkorkste Europawahl am Ende womöglich doch noch den Weg zu “mehr Europa” eröffnet. Es wäre eine neue paradoxe Wendung dieser paradoxen “Union”…
    Quelle: Lost in Europe

  2. Iran-Krise: Es gibt nur noch einen Millimeter Hoffnung
    Iran will die Anreicherung von Uran schrittweise erhöhen. Die nächste Eskalations-Stufe im Konflikt mit den USA ist programmiert.
    Dass die iranische Führung irgendetwas als Antwort auf die willkürlich verfügte wirtschaftliche Strangulierung durch die USA und die finanzpolitische Impotenz Europas erfinden musste, ist nachvollziehbar. Aber musste es unbedingt der Beschluss sein, die Uran-Anreicherung zu erhöhen – muss der Iran nun nicht damit rechnen, dass auch die Europäer formell aus dem sogenannten Atomabkommen aussteigen und ihrerseits Sanktionen verhängen?
    USA am längsten Hebel
    Doch, das muss er, denn es bleibt den westeuropäischen Partnerländern (Großbritannien, Frankreich, Deutschland) praktisch keine Wahl. Spätestens dann, wenn Iran noch einen weiteren Schritt weg vom Abkommen beschließt, müssen sie handeln, um glaubwürdig zu bleiben.
    Alle sind unter Zugzwang – nur einer ist es nicht: Donald Trump. Er kann die militärische Macht der USA ebenso ausspielen wie die finanzpolitische Dominanz. Die dazu führt, dass weltweit kein Unternehmen, egal ob privat oder staatlich, mit Iran geschäften kann. Es sei denn, das betreffende Unternehmen, der betreffende Staat nehme den Verlust des USA-Geschäfts in Kauf. Wer will das schon? Das Gefälle zwischen Handel mit den USA (europäischer Durchschnitt, gilt grob auch für die Schweiz) und Iran beträgt 90 zu eins. Für dieses «eins» will kein Manager seine Firma aufs Spiel setzen.
    (…) Hardliner bestimmen das Geschehen auf beiden Seiten
    Trump scheint von der Idee, ja der Überzeugung, besessen, er könne die Iraner durch Druck an einen Verhandlungstisch zwingen. Nur: Worüber sollten sie dann mit den (aus iranischer Sicht notorisch betrügerischen) USA verhandeln?…
    In Iran ist, hinter den Kulissen, ein Machtkampf im Gang. Sogenannte Radikale (Kommandanten der Revolutionswächter, also der wirklich wichtigen Einheiten bei den Streitkräften, plus religiös Konservative) wollen «Nägel mit Köpfen» machen, d.h. den USA im Notfall eine Lehre erteilen…
    Kaum Spielraum für vermittelnde Diplomatie
    Und nun stellt sich, versuchsweise in Distanz von diesen «Personalien», die Frage: Wo gibt es denn noch Spielraum für das, was man traditionell vermittelnde Diplomatie nannte?
    Sehr wenig, muss nüchtern erkannt werden…
    Quelle: infosperber

    Dazu: “Der Iran wird nicht kapitulieren”
    n-tv: Der Iran wird niemals eine Atombombe besitzen, sagt Donald Trump. Heißt das, im Notfall wird er militärisch eingreifen?
    Michael Lüders: Er hätte es ja fast im vorigen Monat schon getan, ist dann aber im letzten Moment wahrscheinlich vom Pentagon davon überzeugt worden, dass ein solcher Angriff auf den Iran gravierende Konsequenzen haben könnte und nicht zuletzt seine eigene angestrebte Wiederwahl gefährden könnte. Ein Angriff auf den Iran ist erst einmal vom Tisch. Die USA versuchen, den Iran wirtschaftlich in die Knie zu zwingen und gewissermaßen in die Kapitulation zu treiben. Das wird aber nicht geschehen. Die Iraner leiden zwar immens unter den US-Wirtschaftssanktionen. So ist etwa der Export des Erdöls von rund 2,5 Millionen Barrel am Tag vor einem Jahr noch auf rund ein Zehntel geschrumpft. Das ist wirklich gravierend für die iranische Volkswirtschaft. Aber das Land wird nicht kapitulieren. Insoweit gibt es eigentlich keinen Ausweg aus der Krise, es sei denn, die Amerikaner sind bereit, wieder zum Atomabkommen zurückzukehren.
    Jetzt erklärt aber der Iran, Uran stärker anzureichern als bisher vereinbart. Ärgert das Land damit nicht die letzten Schlichter im Streit und Anhänger des Atom-Deals wie Japan oder die Europäische Union?
    Quelle: ntv

  3. EU: Nominierung von Ursula von der Leyen
    Ausgerechnet die in Berater-Affären verstrickte Aufrüstungs-Ministerin von der Leyen soll EU-Kommissionspräsidentin werden? Leider handelt es sich bei dieser Meldung nicht um Satire, sondern um reale Politik einer offensichtlich mehr als kaputten EU. Frau von der Leyen hat in Brüssel inzwischen schon ein vorläufiges Büro bezogen und scheint gewillt, die anstehende Wahl im EU-Parlament für sich zu entscheiden. Auf Twitter habe ich kommentiert:
    „Eine Expertin für Beraterfirmen und dubiose Aufrüstungsprojekte, die schon mit ihrem Ministeramt heillos überfordert war, soll jetzt den wichtigsten EU-Job bekommen? Dann Gute Nacht, #EU. Salvini und Co. werden sich freuen.“
    Ich habe außerdem in einer Pressemitteilung zu diesem Thema Stellung genommen. Mein Fazit: Die SPD kann und sollte die Berufung von der Leyens verhindern, sonst erweist sie Europa und der Demokratie einen Bärendienst.
    Mehr zum Hintergrund von Ursula von der Leyen findest Du in dem folgenden empfehlenswerten Artikel auf den Nachdenkseiten.
    Röslein, Röslein, Röslein schwarz – warum von der Leyen eine Katastrophe für Europa wäre
    Die Nominierung Ursula von der Leyens zur künftigen EU-Kommissionschefin ist ein Schlag ins Kontor. Der einstmals als Friedensprojekt gestarteten EU droht nun die Militarisierung und die endgültige Metamorphose zu einem Projekt der europäischen Eliten; ein rechtes Projekt zumal, da von der Leyen auf die Stimmen von Afd, Le Pen, Salvini und Co. angewiesen sein dürfte, um im Europaparlament eine Mehrheit zu bekommen.
    Quelle: Team Sarah
  4. Rezo rockt die AfD
    […] Es gab keine Fakten zu Rezo, die ein politisches Komplott bewiesen oder auch nur nahelegten. Ich telefonierte herum und bekam einige interessante Informationen, allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Was da in den alternativen Medien und bei den Parteien abgehe (was für eine interessante Gruppe Gleichgesinnter sich da gebildet hatte!), sei der helle Wahnsinn. Weil man mit wahrheitsgemäßen Antworten auf heftige Unterstellungen nichts erreicht habe, jede Erklärung habe die wilden Thesen nur weiter angefacht, werde man es einfach bleiben lassen, etwas zu sagen. Es gab aber ein glasklares Dementi der Grünen, dass sie keine, keinerlei, niente Verbindung zu Rezo oder dem Video hätten. Und Leute, die den Blauhaarigen kannten, sagten, gegen die Zusicherung des Quellenschutzes, Rezo habe einen Uni-Abschluss als Informatiker und sei sehr wohl in der Lage eigenständig zu denken, zu recherchieren und Videos zu drehen. Ob ich meine Videos und Filme nur mit betreutem Recherchieren und mit visueller Unterstützung durch den Arbeitersamariterbund hinbekäme? […]
    Ich war sehr überrascht, verhörte mich selbst unter Androhung geradezu US-amerikanischer Befragungsmethoden, und versicherte mir umgehend, dass diese gequirlte Kaninchenkacke nur Teil eines Alptraumes sein könne. Vielleicht würde es helfen, aufzuwachen?
    Nein, das half nicht, denn im Diesseits hat Oliver Janich eine erstaunlich große Anhängerschaft. Und er hat Telegramgruppen. Eine heißt Konterrevolution. Mit ihr dirigiert er seine Fan-Group in die Kommentarspalten der sozialen Medien.
    Jetzt werde ich dutzendfach gefragt, wieso ich Anhänger der heiligen Greta und der Klimakirche sei, ich sei doch sonst nicht als außergewöhnlich bescheuert aufgefallen, ob ich nur ahnungslos sei, geistig verwirrt, oder ob ich doch bösartig manipulieren wolle? Ob ich nicht wisse, dass Umweltschutz und Klimaerwärmung strikt zu trennen sei, es eine Warmphase zur Römerzeit und im Mittelalter gab, dass Grönland Grünland bedeute, dass CO2 kein Gift sei, dass es immer schon Wandel im Klima gegeben habe und vieles mehr. Ob ich die genialen EIKE Videos nicht kenne? […]
    Vorher würde ich noch gerne darauf verweisen, dass die AfD den Rezo Erfolg nachzuahmen versucht. Sie bauen gerade eine Anti-Greta in YouTube auf. Womit klar ist, dass sie nichts gegen die Methode „PR-Star für die junge Generation“ haben, sondern nur auf Gretas Erfolg neidisch sind. Die Anti-Greta heißt Naomi Seibt, ihre Mutter ist AfD Aktivistin, was man von ihrer Tochter auch behaupten kann, ohne zu lügen. Die AfD in Gestalt der Bundestagsabgeorneten Nicole Höchst hat Naomi Seibt einen Preis für ein Mut-Gedicht verliehen, das bemüht klingt, um es höflich auszudrücken, sprachlich begrenzte Eleganz abstrahlt und rhythmisch stark holpert. EIKE ist sich aber sicher, dass die Abiturientin eine großartige akademische Karriere vor sich hat. Na dann.
    Quelle: Dirk Pohlmann bei KenFM
  5. Wahlkampf ohne Wahl
    Christine Lagarde – Der eiskalte Charme der Bourgeoisie
    (…) Natürlich steht Frau Lagarde nicht zur Wahl. Aber die beiden angeblichen Spitzenkandidaten für das Amt des Präsidenten der EU-Kommission – Frans Timmermans und Manfred Weber – standen auch nicht zur Wahl und doch spendierte das ERSTE der Fälschung einer Kampf-Kandidatur gute 90 Minuten: Für eine “Wahlarena zur Europawahl”…
    Lagarde kommt aus einer der bourgeoisen Familien Frankreichs und aus dem Stall des „American Field Service“, einem Schüler-Austauschprogramm, das vom US-amerikanischen Politiker Abram Andrew gegründet wurde. Fast folgerichtig arbeitete sie später im Büro von William Cohen, der auch mal Verteidigungsminister im Kabinett des US Präsidenten Bill Clinton war. Mit dem nächsten Karrieresprung landete sie in der international tätigen Anwaltskanzlei Baker McKenzie, ein Laden mit mehr als 4.700 Rechtsanwälten und einem Jahresumsatz von 2,9 Milliarden Dollar. Die Rede geht, dass Lagarde noch immer in dieser Kanzlei zur Durchsetzung von Konzerninteressen Partnerin ist. Da konnte es nicht ausbleiben, dass sie von 1995 bis 2002 Mitglied der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS) wurde, wo sie gemeinsam mit Zbigniew Brzeziński das Aktionskomitee USA-EU-Polen anführte und sich speziell in der Arbeitsgruppe Rüstungsindustrie USA-Polen betätigte. Dass die EU bald eine Agentin des Militärisch-Industriellen Komplex als Präsidentin ihrer Zentralbank inthronisieren wird, das sollte die Wege zur Finanzierung der EU-Rüstungsprojekte deutlich verkürzen.
    Nach einer Reihe von französischen Ministerposten ergatterte Christine Lagarde im Juli 2011 den Job der geschäftsführenden Direktorin des IWF. Wie schön für die Schwester der Finanzmacht, dass sie ihr Jahresgehalt von 467.940 Dollar plus einer pauschalen Aufwandsentschädigung in Höhe von 83.760 Dollar nicht versteuern musste. Immer noch sitzt die Unbesteuerte auf einer Liste von griechischen Steuerflüchtigen, die ihr der damalige griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou rübergeschoben hat und schweigt eisern. Und natürlich ist die künftige EZB-Chefin auch vorbestraft: Im Fall der betrügerischen Entschädigungszahlung in Höhe von 403 Millionen Euro an den französischen Geschäftsmann Bernard Tapie wäre von einer ordentlichen Justiz längst Beugehaft fällig gewesen….
    Aber so korrupt die EU auch sein mag, von den deutschen Medien bleibt sie unbehelligt. Der STERN titelt ungerührt: “Christine Lagarde und Ursula von der Leyen – zwei starke Frauen für Europa”, der SPIEGEL weiß von der Lagarde als “die bessere Partie” zu texten, die TAGESSCHAU nennt sie glatt “Krisenmanagerin mit Charme” und die FAZ faselt “Ein neuer Anfang mit Lagarde”, als ob es sich bei Lagarde nicht um die Fortsetzung der bekannten EU-Bürokratur handeln würde, jener antidemokratischen Verschwörung der Eliten gegen die Insassen der Europäischen Union…
    Quelle: Rationalgalerie
  6. Arbeitszeitgesetz: Weniger Kontrollen, viele Verstöße
    (…) In vielen Bundesländern ist die Zahl der Aufsichtsbeamten für die Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze rückläufig. Auch die Zahl der Kontrollen zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes ist zum Teil deutlich zurückgegangen.
    Die Zahl der Aufsichtsbeamten ist von 2017 zu 2018 in acht Bundesländern gesunken, in sechs Bundesländern gleichgeblieben oder gestiegen (für zwei Bundesländer liegen keine vergleichbaren Zahlen vor). Im Fünf-Jahres-Vergleich (2013-2018) ist die Zahl der Aufsichtsbeamten sogar in zehn Bundesländern gesunken.
    Die Zahl der Kontrollen des Arbeitszeitgesetzes ist im Jahr 2018 im Vergleich zu 2017 in neun Bundesländern gesunken und in sieben Bundesländern angestiegen. Im Fünf-Jahres-Vergleich ist die Zahl der Kontrollen sogar in elf Bundesländern gesunken, in sechs Bundesländern sogar um über 40 Prozent. Zahlen zur Kontrolldichte (Verhältnis Kontrollen und zu kontrollierende Betriebe), die nur für wenige Bundesländer vorliegen, reichen von 0,3 bis 3,17 Prozent.
    (…) Dazu erklärt Susanne Ferschl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE:
    „Der Schutz des Arbeitszeitgesetzes steht für die Beschäftigten nur auf dem Papier. Denn ganz offensichtlich fehlt dieser Regierung der politische Wille, die Durchsetzung ihrer eigenen Gesetze durch Kontrollen auch sicherzustellen. Da kommt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung genau zur rechten Zeit – das zeigen allein die aufgebrachten Reaktionen der Unternehmensverbände, die vor Überwachung und Kontrolle warnen. Vertrauen ist zwar gut, aber bei der Arbeitszeit ist angesichts von Millionen unbezahlter Überstunden Kontrolle offenbar doch besser. Denn zu lange Arbeitszeiten machen krank.”
    Quelle: Die Linke
  7. Entlassungsgrund: Frau! Und zu selbstbewusst!
    Wie Arbeitgebervertreter in der Bundesagentur für Arbeit eine ihnen nicht mehr genehme Vorständin abservieren wollen.
    Showdown am kommenden Freitag.
    Eine Verwaltungsratssitzung in Nürnberg gehört üblicherweise nicht zu den Terminen, die Aufsehen erregen. Verwaltungsrat – das klingt nach Bürokratie und gehobener Langeweile. Das mag bisweilen auch so sein. Aber am kommenden Freitag, wenn der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit tagt, ist das anders. Da geht es nicht nur, wie sonst, um die Arbeitslosenstatistik und um die Finanzlage der Agentur; da geht es um Macht, um viel Macht, und darum, wer sich dieser Macht wann und wie bedienen darf. Hauptakteur in diesem Machtspiel ist Peter Clever, 64 Jahre alt, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der BdA, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Er ist der Vertreter der Arbeitgeber im Verwaltungsrat der Bundesagentur und dort deren Sprecher.
    Peter Clever will in der Verwaltungsratssitzung am 12. Juli seine Frau loswerden. Nun ist der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit kein Familiengericht, bei dem solche Scheidungen üblicherweise verhandelt werden. Dieser Verwaltungsrat ist ein Gremium vergleichbar dem Aufsichtsrat bei einem Wirtschaftsunternehmen; es kontrolliert also den Vorstand. Und in diesem Vorstand sitzt seit gut zwei Jahren eine Frau namens Valerie Holsboer, eine selbstbewusste Juristin, 42 Jahre alt, hochgelobt. Sie geht aber, wie man so sagt, dem 64-jährigen Verbandsfunktionär Clever auf den Zeiger, sie ist ihm zu souverän, agiert offenbar nicht so, wie er das will; sie stört seine Kreise und die Art, wie er sie seit jeher zu ziehen gewohnt ist.
    (…) Jeder bedient seine Interessen
    Wenn dieses Ränkespiel Aussicht auf Erfolg hat, liegt das an den Besonderheiten der sogenannten Selbstverwaltung der Bundesagentur, die bisweilen eher einer Selbstbedienung ähnelt. Verfassungsrechtler halten diese spezielle Selbstverwaltung, die von den Vertretern der Gewerkschaften und den Vertretern der Arbeitgeber ausgeübt wird, für verfassungswidrig – weil demokratisch nicht legitimiert.
    Aber weder die Arbeitgeber noch Gewerkschaften haben ein Bedürfnis, daran etwas zu ändern: Jeder schickt seine Leute in den Verwaltungsrat, jeder bedient damit seine Interessen; und es gibt die stillschweigende Vereinbarung, dass jede Seite die andere nach Gutdünken dabei gewähren lässt…
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  8. Lidl, Rewe und Edeka im Oxfam-Check – Deutsche Supermärkte achten kaum auf Menschenrechte in der Produktion
    Die Bilanz deutscher Supermärkte im Oxfam-Check ist verheerend: In ihren globalen Lieferketten spielen Schutz von Arbeitern, Zulieferern und Frauen kaum eine Rolle. Aldi Süd macht Fortschritte – allerdings nicht ganz freiwillig.
    Die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam wirft deutschen Supermarktketten vor, zu wenig gegen Menschenrechtsverletzungen bei der Herstellung ihrer Waren zu tun. Zwar hätten sich Aldi, Rewe und Lidl bei einer Untersuchung im Vergleich zum Vorjahr ein bisschen verbessert – aber “Leid, Ausbeutung und Diskriminierung sind in den Lieferketten deutscher Supermärkte an der Tagesordnung”, kritisiert Oxfam. Die Supermärkte müssten “endlich handeln und dafür sorgen, dass nicht andere die Rechnung für unseren Einkauf zahlen”, fordert Oxfam-Expertin Franziska Humbert.
    Die Organisation nahm zum zweiten Mal Supermärkte in Deutschland, Großbritannien, den USA und den Niederlanden und ihren Umgang mit Menschenrechten unter die Lupe. In vier Kategorien konnten die Supermarktketten Pluspunkte sammeln:

    • Transparenz,
    • Rechte von Arbeitern,
    • Umgang mit Kleinbauern,
    • Frauenrechte.

    Oxfam gibt an, sich dabei an den Leitprinzipien der Uno für Wirtschaft und Menschenrechte zu orientieren. Die Daten für die Bewertung holte sich Oxfam aus öffentlich zugänglichen Informationen in Nachhaltigkeitsberichten und auf Websites, wo die Unternehmen Handlungsgrundsätze, Projekte und Maßnahmen beschreiben. Die tatsächliche Praxis der Supermärkte und einzelne Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Anbauländern überprüfte Oxfam nicht…
    Quelle: SPON

  9. Wendeverlierer und Akademiker in Berlin – Abgehängt trotz des Booms
    Berlin war einst die Hauptstadt der Arbeitslosen, vor allem in den Ostbezirken. Heute ist die Teilung der Stadt auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr sichtbar. Aber viele Menschen mit DDR-Biografien blieben auf der Strecke – und nicht nur die. Von Anna Bayer und Daniel Donath.
    (…) Mit dem Mauerfall brach auch das Wirtschaftsmodell der ehemaligen DDR zusammen. Staatliche Betriebe in Ost-Berlin, die einst tausende Mitarbeiter beschäftigten, mussten in kürzester Zeit ihre Pforten schließen. Viele dieser sogenannten Volkseigenen Betriebe (VEB) waren auf dem internationalen Markt nicht mehr konkurrenzfähig. Der Personalstock war aufgebläht und die Technologien veraltet…
    Quelle: rbb 24

    Treffende Anmerkungen unseres Lesers M.J: (…) Die Lügen und Unwahrheiten, die hier schon im ersten Absatz als „Wie jeder weiß“-Evidenzen verabreicht werden, werde ich inzwischen nirgends mehr stehen und durchgehen lassen.

    „Das Wirtschaftsmodell der DDR brach“ nicht „mit dem Mauerfall“ zusammen, sondern mit der von den Allermeisten – u.a. der SPD unter Oskar Lafontaine und auch von der Bundesbank – heftig kritisierten Währungsunion am 01.07.1990. Es ist auch nicht wahr, was Richard Schröder (SPD) etc. immer behaupten: Daß die Binnenwirtschaft schlicht mangels Nachfrage kollabierte. Die Einrichtungen des Einzelhandels waren aufgrund eines gewissen Chaos bei der HO und der Konsum-Genossenschaft schlicht von reisenden Vertretern erpresst worden – die WU war eine einzige Über-Nacht-Markterschließung für West-Schund. Außerdem war das Rückgrat der DDR-Ökonomie nicht der Binnenverbrauch, sondern der Export. Helmut Kohl und seine Entourage haben die WU (übrigens: 2:1, worüber auch immer gelogen wird!) gegen heftige Warnungen Gorbatschows bei den 2+4-Verhandlungen brutalstmöglich durchgezogen und damit den RGW-Außenhandel über Nacht zum Erliegen gebracht. Die Lieferketten innerhalb der Kombinate waren durch die West-Mark über Nacht zerstört worden, eine Überleitung in marktwirtschaftliches Bilanzieren somit gar nicht mehr möglich.

    Heerscharen an Glücksrittern durchstreiften in den besoffenen Monaten nach der WU den „Wilden Osten“ und machten alles, dessen sie habhaft werden konnten, zu Ramsch. Was marode war, wurde nicht etwa saniert, sondern abgewickelt (Ausnahme: Immobilien). Lobbyisten rannten dem Kanzleramt die Türen ein, um gerade die wettbewerbsfähigen, auf möglichst hohe Ausstoßzahlen kalibrierten VEB und Kombinate mit der Drohung „Arbeitsplätze (im heimischen Westen)!“ politisch gesteuert zu zerstören (Glas, Düngemittel, Stahl, Maschinen, Schiffbau, Minol).

    Worüber die Kräfte des West-Imperialismus und der Konterrevolution auch immer lügen, ist die Verschuldungssituation bei Öffentlicher Hand, Versorgungs- und Produktionsbetrieben in der DDR; darüber kann man sich bei Dirk Labs und anderswo belesen.

    Der nächste Punkt betrifft die Abfederung dieser brutalstmöglichen Zerstörung, die – gegen Schröder & Co. – in Polen und der CSSR als den Vergleichsmaßstäben der DDR so eben nicht stattgefunden hat. Um die Ossis da zu halten, wo sie saßen, und nur die jungen, qualifizierten und fertilen (!!!) abzuwerben, kaufte Kohl massiv Wählerstimmen, v.a. bei der Umstrukturierung der Landwirtschaft. Die allerallermeisten LPG-Mitglieder wurden mit einer lächerlichen Altersgrenze in den Vorruhestand verabschiedet. Quasi Westgeld fürs Nicht-mehr-Arbeiten. Gedankt wurde es mit Wahlsiegen der CDU im Osten, wo sie sich die Bauernpartei und eben die Masse der Vorruheständler eingekauft hatte. Wer damals zu jung war, blieb allerdings in Sozialhilfe, ABM und später Hartz-IV sitzen – ohne die Chance, durch Arbeitsmigration nochmal auf den Zweig zu kommen, weil Transferempfänger bis heute nicht den Wohnsitzlandkreis verlassen dürfen – noch nicht einmal zu Bewerbungsgesprächen! Auch das unterscheidet den Ossi von Polen und Rumänen in der „schönen neuen Welt“ der „Freizügigkeit des Humankapitals“. Arbeit muß man sich erstmal leisten können!

    (…) Das war kein übles Schicksal und keine Nachwirkung der „unfähigen“ DDR-Ökonomie, sondern es war ein bewußt gewollter und gesteuerter sozioökonomischer und politischer Prozeß! Der sich mit dem Durchschlagen des Neoliberalismus unter der letzten SPD-Regierung – Privatisierung der Daseinsvorsorge, Abschaffung der Tarifbindung usw. – nochmals verstärkte…

    (Der RBB) …schreibt (und sendet) die üblichen kolonialen Gewinner-Lügen weiter…

    Anmerkung Marco Wenzel: „Wendeverlierer“, wenn ich sowas bloß höre! Das ist neoliberaler Neusprech, so als wenn die Betroffenen halt eine Pechsträhne gehabt hätten, für die keiner kann. Eine verantwortungsvolle Politik hätte von Anfang an dafür sorgen müssen, dass es bei der Wiedervereinigung nur Wendegewinner gegeben hätte. Leider gab es nach der „Wende“ in der DDR aber weit mehr Wendeverlierer als Wendegewinner. Und das war von Anfang an so geplant. Wendegewinner waren einzig und allein die westdeutschen „Investoren“, die die Filetstücke aus den DDR-Betrieben nicht nur geschenkt bekamen, sonders obendrauf noch Geld auf die Kralle als „Anschubfinanzierung“ kassierten.

  10. Beim Zoll stauen sich Verdachtsmeldungen
    Deutschlands bedeutendste Einrichtung im Kampf gegen Geldwäsche, die Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls, hat einen Höchststand an offenen Geldwäsche-Verdachtsmeldungen zu verzeichnen.
    Aus der Antwort auf eine Anfrage der Partei die Linke, die dem NDR exklusiv vorliegt, geht hervor, dass im Mai 2019 mehr als 36.000 Meldungen über möglicherweise strafbare Geldgeschäfte bei der Behörde nicht oder nicht abschließend bearbeitet waren. Das ist der größte Rückstau, der je erfasst worden ist.
    Der Bundestagsabgeordnete der Linken, Fabio De Masi, bezeichnet die FIU angesichts des Rückstaus von Zehntausenden Meldungen als “Krisenherd der Geldwäschebekämpfung”. “Schmutzige Gelder gehen den Strafverfolgern durch die Lappen, weil die Behörde überfordert ist. Das ist ein Versagen der Bundesregierung und ein Sicherheitsrisiko, denn es geht auch um Terrorgelder”, sagte De Masi dem NDR. Er fordert von Bundesfinanzminister Olaf Scholz einen umfassenden Masterplan zur Bekämpfung von Geldwäsche in Deutschland. (…)
    Banken, Finanzdienstleister und Händler von Immobilien oder Luxusgütern melden bei der FIU, wenn ihnen eine Transaktion verdächtig vorkommt. Dazu sind sie gesetzlich verpflichtet. Die FIU bewertet diese Meldungen dann und leitet, bei entsprechenden Verdachtsmomenten, die Informationen an die zuständigen Polizeibehörden weiter. So soll Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindert werden. Im ersten Quartal 2019 gingen bei der FIU im Schnitt rund 9500 Meldungen im Monat ein.
    Geldwäsche-Bekämpfung war lange Zeit Aufgabe des Bundesinnenministeriums, bis Scholz‘ Vorgänger Wolfgang Schäuble die Zuständigkeit im Sommer 2017 zum Zoll und damit in das Bundesfinanzministerium verlagerte.
    Quelle: tagesschau.de

    Anmerkung Christian Reimann: Herr De Masi von der Linkspartei bringt es auf den Punkt. Auch dieser Sachverhalt verdeutlicht die Fehlleistungen des Herrn Schäuble als Bundesfinanzminister. Und Herr Scholz hat es – zumindest bislang – versäumt, für erfolgreiche Abhilfe zu sorgen. Vermutlich dürfte die Rückführung der entsprechenden Aufgaben zum Bundesinnenministerium erforderlich sein.

  11. Baulandkommission: Den großen Wurf verpasst
    Anfang Juli hat die Kommission “Nachhaltige Baulandgewinnung und Bodenpolitik” ihre Ergebnisse vorgestellt. Gewerkschaften waren dort nicht vertreten – und am Status Quo der Bodenpolitik wurde nicht gerüttelt. Dabei wäre genau das dringend nötig gewesen: Die steigenden Bodenpreise sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Wohnkosten immer weiter durch die Decke gehen.
    Mehrgeschossige Neubauten hinter einem Bauplatz
    Am 2. Juli stellten die politischen Vertreter/-innen in der Kommission „Nachhaltige Baulandgewinnung und Bodenpolitik“ ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vor. Bereits im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass in der Bodenpolitik keine weiteren Eingriffe in das Eigentumsrecht vorgesehen sind. Auch die Zusammensetzung der Kommission ließ wenig progressives Vermuten: Fünf Vertreter/-innen der Immobilienlobby und ein Vertreter des Mieterbundes saßen sich gegenüber. Vertreter/-innen von Gewerkschaften waren – trotz anderslautender Pressemitteilung des BMI – nicht Teil der Kommission. Am Status Quo der Bodenpolitik wurde nicht gerüttelt; der große Wurf blieb aus.
    Die Reichsten der Reichen profitieren
    Ein solcher Wurf wäre angesichts der steigenden Bodenpreise (in vielen Städten um mehr als 150% zwischen 2013 und 2017) jedoch dringend notwendig. Die Steigerung der Bodenpreise ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass kaum noch bezahlbare Wohnungen gebaut werden können und die Wohnkosten immer weiter durch die Decke gehen. Von diesen leistungslosen Wertsteigerungen des Bodens profitieren vor allem die Reichsten der Reichen. Das bleibt auch in Zukunft so. Zusätzliche Instrumente zur verbesserten Abschöpfung von Bodenwertsteigerungen, durch Planungsmaßnahmen oder andere Aufwertungsmaßnahmen der öffentlichen Hand, sind dem Papier nicht zu entnehmen…
    Quelle: DGB
  12. Der neue Kolonialismus
    Es ist kein Zufall, dass gerade jetzt ein angeblich historisches «Freihandels»-Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur angekündigt wird: Europas Regierungen, angeführt von Angela Merkel, haben die politische Schwäche Argentiniens und Brasiliens gnadenlos ausgenutzt, um die Rekolonialisierung Südamerikas weiter voranzutreiben. Sollte der erst in Umrissen bekannte Deal tatsächlich den Ratifizierungsmarathon in den europäischen Parlamenten bewältigen, wäre das vor allem ein Triumph der transnationalen Konzerne und ihrer Profitlogik; Menschenrechte und Umweltschutz blieben rhetorisches Beiwerk.
    In der internationalen Arbeitsteilung spielt Lateinamerika seit 1492 überwiegend die Rolle des Rohstofflieferanten. Genau darauf sollen Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay nach den Emanzipationsversuchen des 20. und frühen 21. Jahrhunderts wieder und möglichst für immer festgenagelt werden. Von der schrittweisen Senkung der Zollschranken profitieren in Südamerika bestenfalls das Agrobusiness und der Importsektor; Kleinbäuer*innen, Indigene und Arbeiter*innen bezahlen die Rechnung mit der weiteren Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen und der Aushöhlung ihrer Rechte…
    Quelle: taz
  13. Der Große US-Plan für den Nahen Osten – Teil 2
    Donald Trump hat mit seinem großen US-Plan für den Nahen und Mittleren Osten die Spaltung in der arabischen Welt vertieft. Seine einseitige Parteinahme für Israel hat die arabische Welt an den Rand eines neuen, großen Krieges geführt.
    von Karin Leukefeld
    Ein “besserer Frieden als Ihr Euch je habt vorstellen können” sollte der “Jahrhundertdeal” werden, hat US-Präsident Donald Trump Israel versprochen. Ein Deal, mit dem Frieden zwischen Israel und den Palästinensern geschaffen werden sollte. Doch nun ist der politische Plan, wenn er überhaupt existiert, auf Eis gelegt. Und der wirtschaftliche Teil bringt die reichen Golfstaaten und Israel zusammen. Von den Palästinensern werden dafür lediglich Land, Ressourcen und Arbeitskräfte gebraucht.
    Etwa 300.000 US-Amerikaner leben in Israel und sind in den USA wahlberechtigt. Rund 60.000 von ihnen leben in Siedlungen in der von Israel 1967 besetzten Westbank (Westjordanland). Der Bau dieser Siedlungen ist völkerrechtlich illegal. Dennoch ist die Zahl der Siedler seit 1967 auf mehr als 500.000 gestiegen.
    Die amerikanischen Israelis sind in den USA wahlberechtigt und 2016 warb der damalige Präsidentschaftskandidat Donald Trump (erfolgreich!) um ihre Stimmen.
    (…) Mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump hätten sich “die Spielregeln geändert”, sagte der stellvertretende Bürgermeister von Jerusalem Meir Turgeman damals vor Journalisten. Obama habe Israel die Hände gebunden, aber “jetzt können wir endlich bauen.”
    Anders als für seine Vorgänger seit 1967 waren und sind für Donald Trump die Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten “kein Hindernis für den Frieden”…
    UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich irritiert von den Äußerungen und warnte Trump, dass es zur Zwei-Staaten-Lösung keine Alternative gäbe. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, versuchte Guterres zu beruhigen: “Wir unterstützen vollkommen die Zwei-Staaten-Lösung”, sagte sie. “Aber wir denken auch über den Tellerrand hinaus.”
    Quelle: RT Deutsch
  14. Peking erzürnt: US-Außenministerium gibt grünes Licht für Waffenlieferungen an Taiwan
    Das angespannte Verhältnis der USA zu China wird einer weiteren Belastungsprobe ausgesetzt: Das US-Außenministerium genehmigte die Ausfuhr von Militärgerät in Milliardenhöhe an Taiwan. Peking betrachtet dies als Unterstützung der Bestrebungen Taiwans nach Unabhängigkeit.
    Washington hat grünes Licht gegeben, Taiwan mit US-Militärgütern im Wert von 2,2 Milliarden US-Dollar zu beliefern, einschließlich Panzern und Boden-Luft-Raketen. Die Maßnahme verstößt gegen die von Peking verfolgte Ein-China-Politik, laut der Taiwan zu China gehört.
    (…) “China lehnt Waffenverkäufe der USA an Taiwan entschieden, konsequent und unmissverständlich ab”, erklärte auch der Sprecher des Außenministeriums Geng Shuang. Er warnte Washington davor, “den bilateralen Beziehungen sowie dem Frieden und der Stabilität in der Taiwan-Straße [Meerenge zwischen China und Taiwan, Anm. d. R.] schweren Schaden zuzufügen”.
    Die Beziehungen zwischen Peking und Taipeh haben sich verschlechtert, seit die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen im Mai 2016 ihr Amt angetreten hat. China vermutet, dass die Präsidentin mit der Unterstützung Washingtons die formale Unabhängigkeit des Inselstaats anstrebt, auf die ihr Amtsvorgänger Chen Shui-bian noch verzichtet hatte.
    Quelle: RT Deutsch
  15. Cholera – Die Geißel des Jemenkriegs
    Im Jemen wird die Welt Zeugin der verheerendsten Choleraepidemie, die je in der Menschheitsgeschichte erfasst wurde – ein weiteres der vielen Superlative, mit denen wir es im Kontext des Jemenkriegs zu tun haben. Bis April 2019, so die jüngsten Zahlen der Weltgesundheitsorganisation, wurden mehr als 1,7 Millionen Verdachtsfälle auf Cholera erfasst, und fast dreieinhalb Tausend cholerabedingte Todesfälle registriert.
    Die Epidemie begann im Oktober 2016 in der von den Houthi-Rebellen kontrollierten Hauptstadt Sana’a und resultierte in zunächst rund 25 Tausend infizierten Personen. Diese erste kleinere Welle schwächte zum Frühjahr 2017 hin ab und Hoffnungen keimten auf, das Gröbste sei überstanden. Doch ab Ende April kam es zu einer regelrechten Explosion an Neuinfektionen, mit Tausenden neuen Infektionen jeden Tag – mit dem Peak Ende Juni des Jahres.
    Nach einem Abflauen im ersten Halbjahr 2018 kam es im Sommer erneut zu einem drastischen Anstieg der Neuinfektionen, was meiner Einschätzung nach eine direkte Folge der Großoffensive der Saudi-Emirate-Koalition auf die Hafenstadt Hodeida war – der buchstäblichen Lebensader des Jemen mit dem mit Abstand wichtigsten Industriehafen des Landes – die Mitte Juni des Jahres ihren Anfang nahm. Im Frühjahr 2019 ereignete sich eine weitere Welle mit Hunderttausenden Neuinfektionen vor nur ein paar Wochen – und Dutzenden neuen Infektionen in den Minuten, in denen ich hier spreche.
    Vor dem Ausbruch im Jemen hielt Haiti den traurigen Rekord der größten Choleraepidemie der modernen Aufzeichnungen, als Folge des Jahrhunderterdbebens 2010. In der ebenfalls bis heute andauernden Epidemie infizierten sich in den ersten sieben Jahren knapp eine Dreiviertelmillion Menschen – eine Zahl, die im Jemen in nur einem halben Jahr durchbrochen wurde. Um diese beiden Tragödien in Perspektive zu setzen: Der grausame Krieg im Jemen forderte mehr Choleraopfer in einem halben als das verheerendste Erdbeben des 21. Jahrhunderts in sieben Jahren.
    (…) Ein offensichtlicher Grund ist die systematische Bombardierung von Krankenhäusern durch die Kampfjets der Saudi-Emirate-Koalition, die schlicht und ergreifend die physische Grundlage zerstören, Menschen adäquat zu behandeln…
    Quelle: justice now
  16. Venezuela: Nächster Halt: Barbados
    Venezuelas Regierung und Opposition setzen Gespräche fort. Druck auf Guaidó wächst aus den eigenen Reihen
    Die nächste Runde der Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition Venezuelas findet in dieser Woche auf der Insel Barbados statt. Das teilte das Außenministerium des als Vermittler auftretenden Norwegens am Sonntag mit. Damit wird der im Mai zunächst in Oslo eröffnete Prozess fortgesetzt, obwohl das Büro des selbsternannten »Übergangspräsidenten« Juan Guaidó am 29. Mai verkündet hatte, der norwegische Vermittlungsversuch sei ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Das war allgemein als Absage an weitere Gespräche verstanden worden.
    Noch am Sonntag (Ortszeit) hatte Guaidó über Twitter verkündet, das Land in den »Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand« (TIAR) zurückführen zu wollen. Venezuela hatte dieses Abkommen, nach dem bei äußerer Bedrohung eines Mitgliedsstaates der gemeinsame Verteidigungsfall eintritt, im Jahr 2012 verlassen. Der Versuch der venezolanischen Regierungsgegner, durch einen Beschluss der Nationalversammlung in das Abkommen zurückzukehren, soll die »legale« Grundlage für eine militärische Intervention der USA und anderer Unterzeichnerstaaten schaffen. Doch wenige Stunden nach dieser Ankündigung veröffentlichte Guaidó dann eine »offizielle Erklärung« über die Teilnahme seiner Vertreter an der neuen Gesprächsrunde.
    Quelle: junge Welt
  17. Politiker als feste Zeitungskolumnisten: Ungute Mischung
    Friedrich Merz bekommt eine wöchentliche Kolumne in der „Welt am Sonntag“, Sigmar Gabriel ist Autor der Holtzbrinck-Medien. Das ist gefährlich.
    (…) Es ist also nicht so, als käme Friedrich Merz, der ehemalige Unions-Fraktionsvorsitzende und Wirtschaftslobbyist, nicht in der Presse vor. Im Gegenteil: Dafür, dass er kein politisches Mandat hat, ist er gerade auffallend präsent. Das dürfte daran liegen, dass er sein politisches Comeback vorbereitet. Ein fester Kolumnenplatz in einer Zeitung ist dabei natürlich hilfreich. Dass es zwischen Friedrich Merz und der Springer-Presse eine Nähe gibt, ist nicht neu. Dass die allerdings so groß ist, dass sich die WamS zur Aufstiegsgehilfin von Merz macht, ist bemerkenswert.
    Auch Sigmar Gabriel darf seine Ansichten regelmäßig in eine Zeitung schreiben. Seit einem Jahr ist Gabriel, immerhin Mitglied des Bundestags, „Autor und Gesprächspartner“ der Medien der Holtzbrinck-Gruppe (unter anderem Handelsblatt, Tagesspiegel, Wirtschaftswoche und Zeit). Er verdient damit zwischen 15.001 und 30.000 Euro im Monat, so gibt er es auf seiner Webseite an.
    Quelle: taz
  18. Der Ex-Volkswagen-Mitarbeiter Lúcio Bellentani ist in São Paulo verstorben
    Seine Stimme bebte, aber er verlor sich nicht in der Beschreibung. Er stockte, wenn seine Worte sich an die ganze Brutalität des Erlebten annäherten, hielt kurz inne und fuhr dann fort. Klar und detailliert berichtete er Punkt um Punkt, wie sich die Ereignisse 1972 überschlugen, wie er im Beisein und unter aktiver Mitwirkung von VW-Mitarbeitern verhaftet wurde, er beschrieb minutiös die Schläge, die Prügel, er gab ein Zeugnis der erlittenen Folter und der täglichen Erniedrigungen. Er beschrieb die einzelnen Täter, die Verräter und die Denunzianten, die Mitläufer und die Mittäter. Und er nannte den Namen dessen, den er für den Hauptverantwortlichen dabei sah: die aus Deutschland stammende Firma Volkswagen. Die hat sich bis heute nie bei ihm entschuldigt. Am 19. Juni 2019 ist Lúcio Bellentani, der Hauptbelastungszeuge der Causa „Kollaboration von Volkswagen do Brasil mit der brasilianischen Militärdiktatur“, in São Paulo verstorben.
    Lúcio Bellentani war 1972 Mitarbeiter bei VW do Brasil, einer der unzähligen Arbeiter in den riesigen Werkshallen, die dort tagein, tagaus schufteten. In Brasilien herrschte damals die Militärdiktatur, die sich dafür rühmte, für das milagre econômico verantwortlich zu zeichnen: Jährliche Wachstumsraten beim Bruttoinlandsprodukt von rund zehn Prozent ließen das südamerikanische Land als Darling der internationalen Industriebosse strahlen, während gleichzeitig durch den Diktaturstaat mittels des sogenannten arrocho salarial die Löhne staatlich eingefroren waren und die Arbeiter mit dem kargen Lohn gerade so über die Runden kamen…
    (…) Mitarbeiter von Volkswagen wurden in den „bleiernen Jahren“ Brasiliens, in denen die Repression der Militärdiktatur am brutalsten war, von Agenten des Militärregimes am Arbeitsplatz verhaftet, geschlagen und verprügelt. Dies geschah laut Betroffenenaussagen unter Aufsicht und Mitwirkung von VW-Sicherheitspersonal. Vom Betriebsgelände wurden die Betroffenen direkt ins Folterzentrum DOPS gebracht, wo sie oft mehrwöchige Folter erleiden mussten….
    Quelle: taz


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