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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 17. Juli 2019 um 8:15 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Von der Leyen
  2. Wie Medien Falsches berichten, weil es ins Narrativ passt
  3. Syrien: Stiller Tod durch Sanktionen
  4. Abschied vom INF-Vertrag (III)
  5. Medienhype um die Klinikstudie der Bertelsmann-Stiftung
  6. Rentenexpertin: “Vielen Rentnern droht Altersarmut”
  7. Arbeitskampf im Einzelhandel: Packer aller Länder …
  8. CO2-Steuer: Der Preis ist heiß?
  9. Venezuela erhält in der UNO Zustimmung für Resolution gegen Sanktionsregime
  10. Feiges Urteil für offensiven Schwarzfahrer
  11. Bundesverfassungsgericht lässt sich Zeit
  12. Triebkräfte des Populismus
  13. Seenotrettung – Die Moral geht nach Hause
  14. Bundesregierung rüstet Erdogan auf
  15. Stand der Kriegsvorbereitung gegen den Iran

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Von der Leyen
    1. Zensursula wird EUrsula
      Nach viel Kontroverse wurde über Ursula von der Leyen als neue EU-Kommissionspräsidentin abgestimmt. Die Mehrheit erzielte sie nur knapp.
      Sie musste bangen und kämpfen, doch am Ende eines langen Tages hat sie es geschafft: Das Europaparlament hat die deutsche CDU-Politikerin Ursula von der Leyen mit 383 zu 327 Stimmen zur nächsten Präsidentin der EU-Kommission gewählt. Sie erhielt neun Stimmen mehr als nötig. 23 Parlamentarier enthielten sich, es gab eine ungültige Stimme. Die Abgeordneten bestätigten damit die umstrittene Nominierung durch den Rat. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich über den Willen des Parlaments hinweggesetzt und keinen der Spitzenkandidaten für die Europawahl benannt.
      Der Wahl waren stundenlange hektische Beratungen vorausgegangen. Vor allem die Sozialdemokraten rangen um eine gemeinsame Haltung – die sie am Ende aber nicht fanden. So scherten die meisten deutschen Sozialdemokraten aus und stimmten mit Nein. Auch Grüne und Linke verweigerten von der Leyen ihre Stimme. Am Vormittag hatte von der Leyen mit viel Inbrunst für sich und ihr Programm geworben. Sozialer, grüner und weiblicher soll die EU werden, versprach die 60-Jährige. […]
      Und dann war da noch die feministische Offensive: Sollte sie zur Kommissionspräsidentin gewählt werden, so werde sie auf Parität zwischen Frauen und Männern in ihrem Team bestehen, betonte von der Leyen. Zur Not werde sie jene EU-Länder, die nur Männer nach Brüssel schicken wollen, auffordern, eine Frau nachzunominieren. […]
      Passiert ist es trotzdem. So haben die Abgeordneten der Fidesz-Partei von Ungarns „illilberalem“ Regierungschef Viktor Orban geschlossen für von der Leyen gestimmt. Etliche Stimmen dürfte sie auch von der rechtsradikalen Lega in Italien bekommen haben.
      Quelle: taz

      Anmerkung Jens Berger: Eine Kommissionspräsidentin von Gnaden der Lega, Fidesz und der PiS … wie passt das mit den Sonntagsreden eines liberalen und demokratischen Europa zusammen?

      Zur Wahl von von der Leyen und der Nominierung von Kramp-Karrenbauer lesen Sie bitte auch den redaktionellen Kommentar von Albrecht Müller.

    2. Alles nur zum Schein
      EU Die Demokratie in Europa krankt an mehr als der Nominierung Ursula von der Leyens
      (…) Zu fragen wäre aber: Macht es überhaupt einen Unterschied, wer Kommissionspräsidentin ist?
      (…) Ähnlich verhält es sich mit der Frage, ob die Nominierung von der Leyens demokratisch sei. Schließlich birgt das Spitzenkandidatenprinzip jenes Versprechen, wonach die Bürger über den Chef der europäischen Exekutive in Wahlen entscheiden können. Doch diese Debatte lenkt von den eigentlichen demokratischen Problemen der EU ab. Denn ob der Spitzenkandidat der größten Gruppe im Europäischen Parlament automatisch Kommissionspräsident wird oder nicht, ändert nichts Wesentliches an der Struktur der EU-Institutionen, die ob ihrer Komplexität und Eigenlogik für jeden Demokratietheoretiker eine Herausforderung sind. Obwohl die Kommission eine Art von europäischer Exekutive sein soll, hat sie auch Machtbefugnisse, die eigentlich der Legislative vorbehalten sind. Das Parlament und der Rat sollen den zwei Kammern eines Parlaments entsprechen. Allein aber, welche das Unter- und welche das Oberhaus sein soll, ist unklar.
      Mag die Beteiligung an der Europawahl dieses Jahr von 43 auf 51 Prozent gestiegen sein – die merkwürdige Struktur der EU führt dazu, dass vor allem zwischen nationalen Interessen, etwa im deutsch-französischen Streit über den Euro, und zwischen „Europäern“ und „Anti-Europäern“ debattiert wird. Eine europaweite Debatte zwischen links und rechts, etwa zu Verteilungsfragen, wie man sie von Demokratien auf nationaler Ebene kennt, existiert nach wie vor nicht.
      In Europa besteht der Status quo darin, dass einer permanent regierenden Großen Koalition keinerlei Opposition außer der der „Anti-Europäer“ gegenübersteht. Einen Machtwechsel zwischen Regierungsparteien, je nachdem, ob sie Wahlen gewonnen oder verloren haben, gibt es nicht. Kurzum, es fehlt das, was gemeinhin als fundamentale Voraussetzung einer Demokratie gilt: die Möglichkeit, eine Regierung abzuwählen. Solange sich dies nicht ändert, wird die EU eine Scheindemokratie bleiben. Dabei ist nicht von Belang, wer künftig die Europäische Kommission führen wird.
      Quelle: der Freitag
  2. Wie Medien Falsches berichten, weil es ins Narrativ passt
    Gestern nahm die italienische Polizei drei Rechtsextreme fest, die eine Rakete und ein Waffenlager in Besitz hatten. Sie hatten in der Ukraine gegen die Separatisten gekämpft. Viele Medien machten daraus “pro-russische” Kämpfer
    Kurz vor dem Jahrestag des Abschusses der malaysischen Passagiermaschine MH17 zirkuliert eine Meldung durch die Medien, die deutlich macht, wie der Blick der Medien und Journalisten im westlichen antirussischen Narrativ gefangen ist. Sie lässt auch erkennen, wie konform Medien berichten, die Meldungen von Nachrichtenagenturen verbreiten.
    (…) Zurechtgebogene Weltsicht
    Interessant ist bei der Meldung, darauf machte mich ein Leser aufmerksam, dass in vielen Medien die Rede davon war, dass die Rechtsextremen auf der Seite der Separatisten gekämpft hatten. So lautet die Unterzeile des Berichts im Tagesspiegel: “Die Razzien richteten sich gegen mutmaßliche pro-russische Ukraine-Kämpfer.” Bei n-tv gibt es eine kleine Abwandlung: “Die Verdächtigen sollen pro-russische Ukraine-Kämpfer gewesen sein.” In der Mitteilung der Polizei steht allerdings ausdrücklich, sie hätten gegen die Separatisten gekämpft (contro gli indipendentisti). La Stampa machte es immerhin diplomatisch und spricht davon, dass die Rechtsextremen am bewaffneten Konflikt im Donbass teilgenommen haben.
    In der Berner Zeitung liest man: “Dies im Rahmen einer Untersuchung gegen Italiener, die an dem von Russland unterstützten Aufstand im Osten der Ukraine teilgenommen haben.” Die Nachrichtenagentur AFP schreibt, wie die Welt, die NOZ, der Focus oder die SVZ sie übernimmt: “Der Einsatz richtete sich demnach gegen rechtsextreme Italiener, die verdächtigt werden, in der Ostukraine auf Seite pro-russischer Rebellen gekämpft zu haben.”
    Der Spiegel bringt noch eine innovative Variante herein, von der unklar ist, wie er an sie gekommen sein mag: “Bei einer Razzia im rechtsextremen Milieu hat die italienische Polizei zahlreiche Kriegswaffen beschlagnahmt – darunter eine dreieinhalb Meter lange Rakete. Sie sei ukrainischen Separatisten zum Verkauf angeboten worden.”
    Das Neue Deutschland verbreitet eine dpa-Meldung: “Der Einsatz richtete sich demnach gegen extrem rechte Italiener, die verdächtigt werden, in der Ostukraine auf der Seite pro-russischer Rebellen gekämpft zu haben.” Die NZZ hat mehrere Agenturmeldungen geplündert (sda/ap/apa/ansa/afp) und kommt auch zu keinem anderen Ergebnis: “Die Fahndungsergebnisse resultierten aus früheren Ermittlungen gegen rechtsextreme Italiener, die verdächtigt werden, in der Ostukraine auf Seite pro-russischer Rebellen gekämpft zu haben.”
    Quelle: Telepolis
  3. Syrien: Stiller Tod durch Sanktionen
    Der Rat der Europäischen Union hat am 1. Juni erneut einstimmig die eigenmächtigen, als »Sanktionen« bezeichneten Blockademaßnahmen der EU gegen Syrien um ein Jahr verlängert. Die USA haben ihre in den letzten Monaten sogar noch verschärft. Dabei machen die Vereinten Nationen (UNO) und Hilfsorganisationen sie seit langem und in hohem Maße für die miserablen Lebensbedingungen im Land mitverantwortlich. Die Zeit dagegen verteidigt sie in ihrer Ausgabe vom 1. März vehement. In einem Gastbeitrag bestreitet die grüne Politologin Bente Scheller jegliche negative Auswirkungen der wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen auf die Bevölkerung. Berichte über Mangel an Nahrung, Medikamenten, Ersatzteilen für medizinische Geräte et cetera tut sie salopp als »abstruse Gerüchte« ab, die hierzulande nur von der AfD sowie Teilen der Linkspartei und der Friedensbewegung verbreitet würden. Von Sanktionen betroffen sei »nichts, was humanitäre Belange beträfe«. »Das Regime« wolle sie nur loswerden, weil sie den Wiederaufbau behindern und benutze dabei das »Leid der Zivilbevölkerung als Waffe«.
    Die Autorin ist Leiterin des Büros der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung in Beirut und war zuvor unter anderem Referentin für Terrorismusbekämpfung an der deutschen Botschaft in Damaskus. Wäre sie nicht so fest verbunden mit grüner Partei- und deutscher Außenpolitik, könnte sie es daher besser wissen. Schließlich gibt es schon seit längerem Berichte, die ihrer Sicht fundamental widersprechen, unter anderem von der UN-Organisation für Wirtschaft und Soziales in Westasien (ESCWA) und dem Welternährungsprogramm (WFP).
    Die Zeit selbst hätte am 29. Mai die Gelegenheit gehabt, sich auf einer Pressekonferenz in Berlin von sachkundiger Seite über die tatsächlichen Folgen der Sanktionen zu informieren. Auf Einladung der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW berichtete der UN-Sonderberichterstatter Idriss Jazairy über die Ergebnisse seiner Untersuchungen vor Ort. Seine Ausführungen waren brisant, insgesamt eine vehemente Anklage gegen die westliche Sanktionspolitik. Das Medieninteresse blieb jedoch gering…
    Quelle: Ossietzky
  4. Abschied vom INF-Vertrag (III)
    Mit dramatischen Appellen suchen die EU und die NATO die Schuld am Bruch des INF-Vertrags auf Russland abzuwälzen. Moskau solle in den kommenden Tagen “substanzielle Maßnahmen” ergreifen, um die Abrüstungsvereinbarung noch in letzter Minute zu retten, fordert die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Andernfalls trage es “die alleinige Verantwortung” für neue Aufrüstungsschritte und für die damit verbundene zunehmende Unsicherheit, erklärt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Tatsächlich ist die Behauptung der NATO-Staaten, Russland habe gegen den Vertrag verstoßen, bis heute unbewiesen, während die Trump-Administration eingestanden hat, dass sie seit über eineinhalb Jahren an der Entwicklung neuer bodengestützter Mittelstreckenraketen arbeitet. Deren Stationierung ist mit dem INF-Vertrag nicht möglich. Rüstungskonzerne aus der EU sind mit Millionenaufträgen an der Produktion von US-Raketen beteiligt. Der künftige Vorsitzende der US-Joint Chiefs of Staff spricht sich dafür aus, neue Mittelstreckenraketen gegen China in Stellung zu bringen.
    Die Kriegsgefahr wächst
    Das definitive Ende des INF-Vertrags, den Moskau und Washington am 8. Dezember 1987 geschlossen hatten und der die vollständige Abrüstung sämtlicher landgestützter Raketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern vorsah, steht kurz bevor. Die Trump-Administration hat das Abkommen am 1. Februar gekündigt; der Ausstieg wird am 2. August nach Ablauf der vorgesehenen Sechsmonatsfrist in Kraft treten…
    (…) “Moskau allein verantwortlich”
    Nicht zuletzt deswegen sind EU und NATO bemüht, die Schuld am Bruch des INF-Vertrags auf Russland abzuwälzen. Die USA haben ihren Ausstieg offiziell mit der Behauptung begründet, Moskau habe vertragswidrig Mittelstreckenraketen hergestellt und stationiert. Beweise für diese – gravierende – Anschuldigung hat Washington bis heute nicht vorgelegt. Die Trump-Administration gibt an, über eindeutige Geheimdienstinformationen zu verfügen; allerdings ist nicht einmal deren Existenz nachprüfbar, geschweige denn ihre Stichhaltigkeit
    (…) Chinas Abwehrstrategie
    Daneben zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Trump-Administration vor allem die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Ost- und Südostasien ins Auge fasst. Hintergrund ist, dass China bei seinen Bemühungen, sich gegen mögliche Angriffe vom Meer her zu verteidigen, auf konventionelle Mittelstreckenraketen setzt: Sie sollen Kriegsschiffe eines potenziellen Angreifers, insbesondere Flugzeugträger, zuverlässig ausschalten können – dies nach Möglichkeit so weit von den eigenen Ufern entfernt, dass sie nicht in der Lage sind, die Metropolen an Chinas östlichen und südlichen Küsten zu attackieren.[9] Die Volksrepublik verfügt mittlerweile über eine hohe Zahl an Mittelstreckenraketen, darunter etwa die bekannten Anti-Schiffs-Raketen DF-21D. Auf der Suche nach Möglichkeiten, die chinesischen Abwehrraketen auszuschalten, um eigene Angriffe durchsetzen zu können, wird in Washington zunehmend der Rückgriff auf landgestützte Mittelstreckenwaffen diskutiert, die auf dem Territorium verbündeter Staaten wie etwa Japan stationiert werden sollen, um China von dort aus unter Feuer nehmen zu können. Das setzt freilich den Ausstieg aus dem INF-Vertrag voraus…
    Quelle: German Foreign Policy

    Anmerkung Marco Wenzel: siehe hierzu: INF-Vertrag : Die Stunde der NATO-Propaganda gestern auf den NDS

    Dazu: Nukleare Aufrüstung der Nato und die nukleare Teilhabe
    In einem Nato-Bericht wurden die europäischen Stützpunkte genannt, auf denen US-Atombomben stationiert sind, das eigentlich offene Geheimnis wurde wieder gelöscht
    Ein Bericht des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung der parlamentarischen Versammlung der Nato mit dem Titel “Eine neue Ära der nuklearen Abschreckung” geht davon aus, dass Atomwaffen in der Nato wieder eine größere Rolle spielen werden. Beschworen wird als Anlass vornehmlich die “russische Aggression” der letzten Zeit. Die strategischen Streitkräfte seien die letzte Sicherheitsgarantie. Die Atomwaffen seien lange als Nebensache behandelt worden, aber neben der “russischen Aggression” würde die Beendigung des INF-Abkommens und die Modernisierung der strategischen Streitkräfte aller Atomwaffenstaaten eine neue Debatte erforderlich machen, zumal daraus ein “neues Zeitalter der Wiederaufrüstung und eines destabilisierenden Wettrüstens” möglich werden. In dem befinden wir uns allerdings bereits schon.
    Der Bericht, verfasst vom kanadischen Ausschussvorsitzenden Joseph Day, wurde am 16. April veröffentlicht, am 1. Juni im Plenum in Bratislava diskutiert und erfuhr keine weitere Beachtung. Zumindest so lange, bis er wieder von der Website verschwand und am 11. Juli erneut auftauchte, ein klein wenig überarbeitet. Im Wesentlichen wurde eine Passage gestrichen, in der zu lesen war, wo im Zuge der “nuklearen Teilhabe” amerikanische Atombomben des Typs B-61 in europäischen Nato-Ländern vorrätig gehalten werden.
    Day, der es natürlich besser, verweist darin umständlich auf “offene Quellen”, nach denen die USA in Europa ungefähr 150 Atombomben verlegt hat, die von amerikanischen und europäischen Flugzeugen eingesetzt werden können. Und es geht umständlich weiter, obgleich es ein offenes Geheimnis ist: “Die europäischen Alliierten, die oft genannt werden, solche Flugzeuge in Betrieb zu haben, sind Belgien, Deutschland, Italien, die Niederlande und die Türkei.” Das stelle eine “breite Einbeziehung der Alliierten in die nukleare Mission sicher”, zudem sei dies eine “konkrete Erinnerung an die amerikanische Verpflichtung für die Sicherheit der europäischen Alliierten”. Das kann man natürlich auch anders lesen, nämlich dass die USA die Alliierten unter ihren “nuklearen Schirm” hält und von sich abhängig macht.
    Quelle: Telepolis

    Dazu auch: Trumps künftiger Generalstabschef fordert atomare Aufrüstung gegen China
    General Mark Milley, den US-Präsident Trump als künftigen Vorsitzenden des militärischen Beratergremiums Joint Chiefs of Staff nominiert hat, forderte am Donnerstag in einer Anhörung vor dem Militärausschuss des Senats eine deutliche Vergrößerung des US-Atomwaffenarsenals. Gleichzeitig benannte er China als das Hauptangriffsziel der Kriegsmaschinerie des US-Imperialismus.
    Zu Beginn der Anhörung gab der General eindeutig Washingtons Bestrebungen Ausdruck, den langfristigen Niedergang des amerikanischen Kapitalismus und seiner globalen Hegemonie mit militärischen Mitteln aufzuhalten…
    Auf die Frage des Vorsitzenden des Senatsausschusses James Inhofe (Republikaner), was ihm in Bezug auf die Konfrontation der USA mit China und Russland am meisten Sorgen mache, antwortete Milley: „Für mich und für das Verteidigungsministerium ist die allerwichtigste Aufgabe die Modernisierung und Rekapitalisierung der nuklearen Triade unserer Nation. Das halte ich für das Entscheidende. Das zweitwichtigste ist meiner Meinung nach der Weltraum. Das ist ein neues Gebiet für Militäroperationen.“
    Quelle: world Socialist Website

  5. Medienhype um die Klinikstudie der Bertelsmann-Stiftung
    Ein Beleg für versteckten Lobbyismus und die Blindheit der Medien
    Es ist schon sehr interessant. Da macht eine der bekanntesten Stiftungen Deutschlands eine Studie zu der Krankenhausversorgung in Deutschland und kommt zu dem Schluss, dass viele Kliniken geschlossen werden sollten. Der Gründer und Finanzier dieser “Stiftung” ist der Bertelsmann Konzern, der durch diese Stiftung viele Steuern sparen und gleichzeitig riesigen Einfluss auf die Politik nehmen kann. Eine Win-Win-Situation also für den Konzern.
    Auffällig an der Krankenhausgeschichte, die gestern und heute auf allen Medienkanälen läuft, ist aber vor allem – wie so oft -, was nicht berichtet wird: Dass nämlich Dr. Brigitte Mohn nicht nur im Vorstand der Bertelsmann Stiftung sitzt, sondern zugleich Vorstandsmitglied der Rhön-Privatkliniken AG ist, eine Aktiengesellschaft also, die ein direktes finanzielles Interesse an der Schließung öffentlicher Krankenhäuser haben könnte. Schon jetzt gehört die Rhön Kliniken AG zu den großen Playern in Deutschland und erwirtschaftete 2018 einen Gewinn von rund 51,2 Millionen Euro, fast 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
    Wenn es womöglich bald zu wenige öffentliche Krankenhäuser gibt, dann können sicherlich ein paar großherzige private Helfer wie die Rhön Kliniken in der Not einspringen …
    Offensichtlich unterschlägt die Bertelsmann Stiftung in ihrer Studie, dass es bei Krankenhäusern nicht in erster Linie ums Geschäft geht, sondern um die kranken Menschen samt ihrer Angehörigen. Und die bevorzugen wohnortnahe Kliniken, die ausreichend finanziert und personell gut ausgestattet sind.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Marco Wenzel: Siehe hierzu auch: „Krankenhäuser schließen – Leben retten?“ – Öffentlich-rechtlicher Kampagnenjournalismus zur besten Sendezeit gestern auf den NDS

    Dazu: Kritik an Bertelsmann-Klinik-Studie: „Man lässt die Bedürfnisse der Menschen unter den Tisch fallen“
    Die Vorschläge der Bertelsmann-Studie zu Krankenhäusern in Deutschland seien finanziell nicht realisierbar, sagte Rudolf Henke vom Ärzteverband Marburger Bund im Dlf. Die Studie sei am grünen Tisch entstanden, die Bedürfnisse der Menschen vor Ort würden ignoriert.
    Rudolf Henke im Gespräch mit Jörg Münchenberg
    Die radikalen Kürzungen, die die Studie vorschlage, seien Ideen nach dänischem Vorbild, sagte Rudolf Henke, Vorsitzender des Marburger Bundes. Dort seien sehr gut ausgestattete Krankenhäuser gebaut worden, aber es gebe weniger Kliniken. Für ein solches Projekt, übertragen auf die Bundesrepublik, bräuchte man einen Investitionsbedarf jenseits von 80 Milliarden Euro. Im Jahr würden die Bundesländer aktuell aber nur 2,7 Milliarden Euro in die Krankenhäuser investieren. „Dann sehe ich überhaupt nicht, wie man dieses dänische Vorbild in Deutschland umsetzen will. Ich sehe nirgendwo die politische Bereitschaft, dieses Geld aufzubringen.“
    „Am grünen Tisch gemacht“
    In keinem medizinischen Bereich würden in Deutschland so viele Kapazitäten abgebaut wie in Krankenhäusern. Es sei ein beträchtlicher Rückgang an Häusern und Betten zu verzeichnen – diese Entwicklung werde sich fortsetzen, so Henke. „Die Forderung nach einer Neuordnung der Krankenhauslandschaft ist in der Realität schon längst eingetreten. Es ist ziemlich simpel, vom grünen Tisch aus Zentralisierung und Kapazitätsabbau zu propagieren, wenn man dabei die Bedürfnisse der Menschen vor Ort unter den Tisch fallen lässt.“ Die Studie „übersteigert und übertreibt aus politischen Gründen die Richtung, in die die Entwicklung geht“.
    Krankenhäuser bräuchten ein ausreichende und qualifizierte Personalbesetzung. Die Krankenhäuser müssten besser miteinander kooperieren. Und es müssten genügend finanzielle Mittel für die Digitalisierung der Häuser zur Verfügung gestellt werden.
    Quelle: Deutschlandfunk

  6. Rentenexpertin: “Vielen Rentnern droht Altersarmut”
    Die Regierung muss dringend eine Grundrente einführen, sagt DGB-Rentenexpertin Annelie Buntenbach. Eine Bedürftigkeitsprüfung lehnt sie ab.
    (…) Mit der Grundrente würde – einem Beispiel der SPD zufolge – eine Frisörin nach 35 Jahren Arbeit statt 513 dann 961 Euro Rente bekommen. Wäre das eine Lösung?
    Buntenbach: Es wäre auf jeden Fall für viele eine Verbesserung. Die Gewerkschaften fordern seit langem, dass die Rente aufgewertet wird für jene mit niedrigem Einkommen, wenn sie lange Jahre eingezahlt haben. Damit die Betroffenen nicht in die Altersarmut abrutschen und auf Grundsicherung angewiesen sind. Das gehört für mich zum Respekt vor der Lebensleistung der Menschen dazu. Wer 35 Jahre und mehr gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat oder einmal arbeitslos war, soll am Ende eine bessere Rente bekommen. Das würde rund drei Millionen Menschen helfen – auch jenen, die bereits Rente beziehen. Eine Grundrente stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
    Anders als die Union will die SPD keine Prüfung, ob der Empfänger die Rente auch wirklich braucht oder doch genug eigene Mittel hat. Der Streit über die Bedürftigkeitsprüfung dauert Wochen an. Wird die Grundrente damit am Ende blockiert?
    Buntenbach: Ich erwarte von der Großen Koalition, dass sie wirklich praktische Maßnahmen beschließt, die ein würdevolles Leben im Alter ermöglichen. Dafür müssen die Koalitionspartner jetzt einen Weg finden und das schnell ins Gesetzblatt bringen. Ich hoffe, dass dies noch vor den Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern geschieht.
    Es gibt ein berühmtes Beispiel für die Bedürftigkeitsprüfung: Braucht die Zahnarztgattin wirklich eine Grundrente?
    Buntenbach: Dieses Argument zieht nicht. Es gibt viel mehr Zahnarzthelferinnen, die auf die Grundrente angewiesen sind, als die immer wieder genannten Zahnarztgattinnen. Wir haben das mal durchrechnen lassen. Nur rund zehn Prozent derjenigen, die Anspruch auf die Grundrente hätten, leben in einem finanziell gut ausgestatteten Haushalt, bräuchten diese Rente also nicht. Die Politik – und zumindest Teile der Union tun dies – darf diese zehn Prozent aber nicht vorschieben, um die anderen 90 Prozent zum Sozialamt zu schicken und ihre Lebensleistung nicht anzuerkennen. Außerdem wäre die Zahnarztgattin über die Einkommensteuer zu erreichen. Die ist nämlich zu zahlen, wenn die Rente über dem Grundfreibetrag liegt.
    Ist die Grundrente auch finanzierbar?
    Buntenbach: Ja, Hubertus Heil und Olaf Scholz haben vorgeschlagen, sie über die Finanztransaktionssteuer und die Streichung der Vergünstigungen für Hoteliers zu bezahlen. Das wäre gut – für uns ist dabei entscheidend, dass sie als Aufgabe, die die Gesellschaft insgesamt betrifft, auch aus Steuermitteln finanziert wird. Man darf hier nicht den Fehler wiederholen, der bei der Mütterrente machen gemacht wird und in den Beitragstopf der Rentenversicherung greifen…
    Quelle: Augsburger Allgemeine
  7. Arbeitskampf im Einzelhandel: Packer aller Länder …
    Prime Day bei Amazon: Beschäftigte in Deutschland und den USA streiken für höhere Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen
    Bereits Tage vorher spannten die Schnäppchenjäger ungeduldig ihre Büchsen: Prime Day bei Amazon! Das Onlinekaufhaus lockt die Kunden am Montag und Dienstag mit mehr als tausend vermeintlichen Preisknallern. Für die Belegschaft bedeutet der Kaufrausch einen weiteren Großkampftag: In Leipzig, Koblenz, Bad Hersfeld, Rheinberg und Werne (beide Nordrhein-Westfalen) und Graben bei Augsburg wird gestreikt.
    Die Beschäftigten kommen sich inzwischen nämlich selbst vor wie Ramschware auf dem Arbeitsmarkt. »Während Amazon mit satten Preisnachlässen beim Prime Day zur Schnäppchenjagd bläst, wird den Beschäftigten eine existenzsichernde tarifliche Bezahlung vorenthalten«, klagte Orhan Akman von der Gewerkschaft Verdi am Montag in einer Presseerklärung.
    Das US-Unternehmen finanziere die jährliche Sonderaktion praktisch aus dem Portemonnaie der Lohnabhängigen. »Die Rabatte an die Kundinnen und Kunden lässt sich Amazon durch Tarifflucht und Niedriglöhne der eigenen Beschäftigten bezahlen – damit muss Schluss sein«, fordert Akman. »Die Löhne und Gehälter dürfen nicht länger nach Gutsherrenart bestimmt werden.« Geld genug sollte vorhanden sein, denn der Konzern habe im ersten Quartal 2019 nach eigenen Angaben einen Rekordgewinn von 3,2 Milliarden Euro erzielt.
    Für den Standort in Werne bei Dortmund rechnete Karsten Rupprecht von Verdi in Westfalen mit einer ansehnlichen Beteiligung: Von den rund 1.800 Angestellten befänden sich gut 300 im Ausstand, schätzte er am Montag auf Nachfrage von junge Welt. Der Konzern habe es sich einiges kosten lassen, die Belegschaft zum Arbeiten zu bewegen. »Zehn Euro pro Tag Anwesenheitsbonus, der sich nach einer Woche verdoppelt«, erklärte er. Außerdem gebe es am Ende der Woche einen freien Tag extra. Für Rupprecht ein Indiz dafür, dass Amazon den Streik fürchtet: »Sonst würden sie das bestimmt nicht machen.«…
    Quelle: junge Welt

    Dazu: Die Angebote im Überblick
    Surface Pro bis Tefal-Grill: Die besten Schnäppchen gibt es nur noch heute
    Mehr Top-Angebote im Überblick zu Amazon Prime Day 2019:

    Quelle: Focus

    Anmerkung Marco Wenzel: Bravo Focus!

  8. CO2-Steuer: Der Preis ist heiß?
    (…) Kohle, Öl und Gas zu verfeuern, soll erheblich teurer werden und, so die Idee, Industrie und Verbraucher*innen dazu anhalten, sich umweltfreundlich zu verhalten.
    Diese Idee erscheint auf den ersten Blick so einfach wie gut, und nicht nur unter Ökonomen gilt die CO2-Bepreisung daher längst als klimapolitisches Allheilmittel. Schon heute wird sie in mehr als 40 Ländern weltweit eingesetzt, um den Ausstoß des Treibhausgases zu begrenzen…Allerdings fällt in der aktuellen Debatte meist dreierlei unter den Tisch: Ein CO2-Preis kann erstens nur dann Wirkung entfalten, wenn er hoch genug ausfällt. Er benötigt zweitens viele Jahre, um Effekte zu erzielen. Und er sollte sich drittens an politisch festgelegten Zielen für die jeweiligen Emissionsbereiche ausrichten.
    In Deutschland sind viele dieser Bedingungen derzeit nicht gegeben: Die diskutierten Preise fallen erheblich zu niedrig aus, und die Zeit ist, mit Blick auf die selbst gesetzten Klimaziele, äußerst knapp. Vor allem aber verdrängt die aktuelle Debatte über den CO2-Preis längst überfällige Diskussionen um weitgehende Maßnahmen, die tatsächlich die dringend benötigte ökologische und soziale Wende einleiten würden.
    Der Markt soll‘s richten
    Gerade deshalb verwundert es allerdings auch nicht, dass sich inzwischen sowohl Unternehmerverbände und Teile der Automobilindustrie als auch die große Koalition zunehmend für die Einführung eines CO2-Preises aussprechen…Mit dem Pariser Klimaabkommen verpflichtete sie sich, die Erderwärmung international auf deutlich unter zwei Grad Celsius, möglichst auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Dazu aber müsste die Bundesregierung ihre Klimaziele nachjustieren – und Deutschland bereits 2035 statt 2050 klimaneutral sein. Nun allerdings soll weniger die Politik als vielmehr ausgerechnet der Markt dazu beitragen, die Ziele zu erreichen…
    (…) Ein radikaler Umbau ist nötig
    Diese Bedingungen zu schaffen, obliegt vor allem der Politik. Die Bundesregierung muss, wenn sie das 1,5-Grad-Ziel tatsächlich erreichen will, weitaus grundlegendere Maßnahmen ins Auge fassen als die derzeit diskutierten.
    Das aber bedeutet nichts anderes, als eine gewaltige Transformation unserer Gesellschaft einzuleiten – und zwar möglichst schnell…
    (…) Fest steht: Der Großteil unserer Infrastruktur bevorteilt noch immer fossile Energieträger. Die Energieversorgung, unser Verkehrssystem, die Städte, in denen wir leben und arbeiten: All diese Bereiche müssen wir grundlegend umbauen – und zwar in den verbleibenden elf Jahren bis 2030. Dazu aber braucht es eher einen gesamtgesellschaftlichen Green New Deal als ein Preisschild auf dem Treibhausgas CO2…
    Quelle: Blätter für deutsche & internationale Politik
  9. Venezuela erhält in der UNO Zustimmung für Resolution gegen Sanktionsregime
    Mit 28 Ja-Stimmen, 14 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNO) eine von Venezuela vorgelegte Resolution angenommen, die zur internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte aufruft, um den negativen Folgen einseitiger Zwangsmaßnahmen und Sanktionen zu begegnen. Das Dokument wurde von dem südamerikanischen Land im Namen der Blockfreien-Bewegung eingebracht, deren Vorsitz es aktuell innehat.
    Die Resolution bekräftigt, dass eines der Ziele der UNO und eine wesentliche Verantwortung der Staaten darin bestehe, die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten unter anderem durch internationale Zusammenarbeit zu schützen und zu fördern. Sie äußert die “Besorgnis über die anhaltende Auferlegung von Unilateralismus und einseitigen Zwangsmaßnahmen, die das Wohlergehen der Bevölkerung der betroffenen Länder beeinträchtigen und Hindernisse für die uneingeschränkte Verwirklichung ihrer Menschenrechte schaffen”.
    Weiter betont das Dokument, dass die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte im Einklang mit den in der Charta und im Völkerrecht festgelegten Zielen und Grundsätzen einen wirksamen und praktischen Beitrag zu der dringenden Aufgabe leisten sollte, Verletzungen der Menschenrechte und der Grundfreiheiten zu verhindern.
    In der Entschließung wird auch bekräftigt, dass “jeder Staat das unveräußerliche Recht hat, im Einklang mit dem souveränen Willen seines Volkes seine eigene politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Ordnung frei zu wählen und zu entwickeln, ohne dass sich ein anderer Staat oder nichtstaatlicher Akteur einmischt”. Alle Akteure auf internationaler Ebene seien ferner aufgefordert, “eine internationale Ordnung aufzubauen, die auf Integration, Gerechtigkeit, Gleichheit, Menschenwürde, gegenseitigem Verständnis und der Förderung und Achtung der kulturellen Vielfalt und der universellen Menschenrechte beruht”, so die im Rat mehrheitlich angenommene Resolution weiter…
    Quelle: Amerika 21
  10. Feiges Urteil für offensiven Schwarzfahrer
    Manuel Erhardt hat mit gekennzeichnetem Schwarzfahren die Debatte um einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr neu angestoßen. Das zuständige Starnberger Gericht hat nun einiges unternommen, um ihn heimlich und ohne Medienaufmerksamkeit verurteilen zu können.
    Wer mit einem Schild, beschriftet mit der Aussage „Ich fahre ohne gültige Fahrkarte“, ausgestattet Bahn fährt, der macht sich nicht, wie bei einer normalen Fahrt ohne Ticket, als Schwarzfahrer strafbar. „Der Tatbestand der Dienstleistungserschleichung greift nur, wenn die Leistung, also der Transport, auch erschlichen wurde. Davon kann im hiesigen Fall einfach keine Rede mehr sein“, so der im Verfahren zugelassene Strafverteidiger Schachtner. Entsprechend groß war das mediale Interesse zu Beginn der Verhandlung.
    Anscheinend zu groß für den Geschmack des Gerichtes. „Um das Urteil fernab jeglicher Öffentlichkeit sprechen zu können, wurden alle Register gezogen“, so der Strafverteidiger weiter…
    (…) Für Manuel Erhardt steht indes fest: „Wenn das Gericht nicht den Mumm hat, mich öffentlich zu verurteilen, zeigt das nur, wie berechtigt meine Forderung nach einem kostenlosen und damit diskriminierungsfreieren ÖPNV ist. Selbstverständlich lasse ich mich von dem Urteil nicht entmutigen, ganz im Gegenteil, meinen Kampf für den Nulltarif werde ich nun umso beharrlicher weiterführen!“ Gegen das Urteil wurden Rechtsmittel eingelegt.
    Quelle: scharf links
  11. Bundesverfassungsgericht lässt sich Zeit
    Heute ist es auf den Tag genau sechs Monate her, dass das Bundesverfassungsgericht eine mündliche Anhörung zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen durchgeführt hat.
    Sechs Monate in denen von den Jobcentern weiterhin munter Sanktionen verhängt wurden die die Menschen unter das Existenzminimum gedrückt, Depressionen verursacht, und nicht selten in die Obdachlosigkeit geführt haben.
    Sechs Monate in denen junge Menschen unter 25 Jahren beim ersten „Vergehen“ für drei Monate keine Leistungen mehr erhalten haben und beim zweiten „Vergehen“ selbst die Miete gestrichen wurde.
    Marcel Nowitzki Mitglied im SprecherInnen-Rat der Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV der Partei Die Linke meint dazu:
    „Bereits 2010 wurde vom Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das Existenzminimum unverfügbar ist. Die gängige Sanktionspraxis der Jobcenter unterschreitet jedoch mit jeder Sanktion dieses Existenzminimum. Daher ist es unbegreiflich wieso das Bundesverfassungsgericht jetzt so lange braucht um ein von ihm gefälltes Urteil zu bestätigen.“
    Es sind jedoch nicht nur diese sechs Monate, die einen faden Beigeschmack hinterlassen.
    (…) Die Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV der Partei DIE LINKE sieht in den Sanktionen ein Instrument der Unterdrückung und Gängelung von Erwerbslosen.
    Alleine die Angst vor diesen Sanktionen soll die Erwerbslosen gefügig machen, jede Entscheidung des Jobcenters hinzunehmen, egal ob diese rechtlich abgesichert ist oder nicht, jeden noch so miesen und schlecht bezahlten Job anzunehmen.
    Uns verwundert es nicht, dass das Bundesverfassungsgericht sich bei der Entscheidung ob Sanktionen verfassungsrechtlich zulässig sind Übergebühr Zeit lässt, weil ohne diese Sanktionen das Hartz IV System wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen würde.
    Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht den Schneid hat die Sanktionen zu kippen, oder ob es eine fadenscheinige Begründung heranzieht diese weiter fortbestehen zu lassen.
    Quelle: Scharf links

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten hatten über die mündliche Verhandlung in Karlsruhe berichtet.

  12. Triebkräfte des Populismus
    Der Rechtspopulismus ist nach wie vor im Aufschwung. Warum ist das so? Darauf gibt es viele kluge Antworten, die sich teils widersprechen, teils ergänzen. Noch wichtiger ist jedoch die Frage: Was müssen wir dagegen tun?
    Warum ist der Rechtspopulismus nur so erfolgreich? Diese Frage wird derzeit zu Recht immer wieder gestellt. Zeugen Donald Trumps Präsidentschaft, der Brexit und der Aufstieg der rechtsextremen, fremdenfeindlichen Parteien in Europa von einem tiefen Graben zwischen den Werten einer liberalen Gesellschaft und denen der Rechtskonservativen? Konservativen, die mittlerweile immer stärker xenophobe, ethno-nationalistische und autoritäre Politiker unterstützen. Oder zeugt der Rechtsruck von den ökonomischen Ängsten und der Unsicherheit vieler Wähler*innen angesichts von Finanzkrisen, Sparprogrammen und der Globalisierung?
    Soziale Ungerechtigkeit lässt sich einfacher bekämpfen als Nationalismus
    Von der Antwort auf diese Fragen hängt viel ab. Hat der autoritäre Populismus seine Ursache in der wirtschaftlichen Lage, dann ist die richtige Reaktion ein Populismus der anderen Art – einer, der soziale Ungerechtigkeit und Exklusion bekämpft. Der Ansatz ist offen für unterschiedliche Gruppen und nicht unbedingt schädlich für die Demokratie. Sind jedoch gesellschaftliche Ursachen für Rechtspopulismus ursächlich, dann gibt es weniger Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun. Liberale Demokratien sind in diesem Fall womöglich verloren, weil sie von inneren Widersprüchen und Streitigkeiten gelähmt sind.
    (…) Zuballerst musss die Politik die sozialen Ungerechtigkeiten angehen
    Norris und Inglehart kommen zu dem Schluss, dass „mittelfristige ökonomische Bedingungen und die zunehmende soziale Diversität“ den gesellschaftlichen Rückfall beschleunigten. In ihrer empirischen Arbeit zeigen sie ebenfalls die wirtschaftlichen Gründe für den Erfolg der Populisten. In vergleichbarer Weise betont Will Wilkinson, dass Rassismus und ökonomische Sorgen sich ja nicht ausschließen. Denn ökonomische Schocks haben die sozialräumliche Trennung in Metropolen- und Landbevölkerung deutlich verstärkt. In jedem Fall ereignen sich wirtschaftliche Veränderungen nicht im luftleeren Raum, sondern in einem Kontext, indem gesellschaftliche Spaltungen entlang sozio-kultureller Fragen längst existieren.
    Letztlich ist die Analyse der Ursachen des Rechtspopulismus bis ins letzte Detail aber nicht so entscheidend. Viel wichtiger ist die Frage, welche Lehren wir aus seinem Aufstieg ziehen. Und da gibt es derzeit wenig zu diskutieren: Zu allererst müssen gegen die sozialen Ungerechtigkeiten kämpfen und die soziale Absicherung der Menschen wieder verbessern. Daran führt kein Weg vorbei, wenn wir den Populismus überwinden wollen.
    Quelle: DGB
  13. Seenotrettung – Die Moral geht nach Hause
    Die Stadt Paris möchte Carola Rackete eine Ehrenmedaille verleihen. Nachdem Frankreich die Flüchtlinge der Sea Watch 3 erst nicht aufnehmen wollte. Doch das Treiben der deutschen Kapitänin hat mit der eigentlichen Seenotrettung wenig zu tun.
    Vorweg: Jeder Schiffseigner oder Kapitän hat das Recht, mit seinem Schiff im Mittelmeer zu kreuzen und in internationalen Gewässern Flüchtlinge und Migranten aufzunehmen. Er ist sogar dazu „verpflichtet, allen Personen, selbst feindlichen, die auf See in Lebensgefahr angetroffen werden, Beistand zu leisten, soweit er dazu ohne ernste Gefahr für sein Schiff und für dessen Besatzung und Reisende imstande ist.“ So lautet die Seerechtskonvention von 1911, soweit die formale Rechtslage. Sie trifft zweifellos zu, wenn auf hoher See Flüchtlinge und Migranten in einem hochseeuntauglichen Schlauchboot angetroffen werden und von einem Rettungsschiff an Bord genommen werden. Dies zu unterlassen, brächte sie in unmittelbare Lebensgefahr. Doch wie kam die Situation überhaupt zustande?
    Im Umgang mit dem Begriff „Seenot“ herrscht heute eine heillose Verwirrung. Der Normalfall ist eine Situation, in der ein Schiff im Sturm, aufgrund eines Maschinenschadens oder einer Havarie so stark beschädigt ist, dass es zu sinken droht; daraufhin werden über Funk die Küstenwache oder der Seenotrettungskreuzer alarmiert, die sofort auslaufen, um die Schiffbrüchigen zu retten. Seenot ist mithin etwas, in das man „gerät“, nicht etwas, in das man sich willentlich begibt. Der Sturm ist ein Ereignis, das über einen hereinbricht, er ist alles andere als beabsichtigt oder ein kalkuliertes Risiko. Diese Art Seenot – und das ist die übliche Wortbedeutung – bringt den anderen unverschuldet in Lebensgefahr, aus der er gerettet werden muss.
    Keine klassische Seenotrettung
    Von dieser Situation ist das, was sich heute im Mittelmeer abspielt, grundverschieden. Gewiss lässt die unmittelbare Situation keine Wahl, trotzdem zeigen die Handlungsketten, die diese Lage erst herbeigeführt haben, ein anderes Bild. Die Flüchtlinge sind vor Krieg und Verfolgung geflohen, die Wirtschaftsmigranten sind aufgebrochen, um für sich und ihre Familie ein neues Leben in Europa zu beginnen. Sie haben sich für die Fluchtroute über Libyen entschieden, und es ist kaum glaubhaft, dass sie über die Gefahren für Leib und Leben nicht informiert waren, die sie dort erwarteten. Sie haben es trotzdem gewagt. Der Wunsch, um jeden Preis nach Europa zu gelangen, war stärker. Die gleiche Risikokalkulation gilt für das Besteigen der untüchtigen Schlauchboote. Sie bringen sich bewusst in Lebensgefahr, haben aber die Hoffnung, von einen NGO-Rettungsschiff aufgenommen zu werden. Oft ist diese Hoffnung begründet, in anderen Fällen jedoch nicht. Sie haben sich in Gefahr gebracht und kamen darin leider um. Wer das als hartherzig oder zynisch verurteilt, sollte bessere Erklärungen beibringen.
    Quelle: Cicero
  14. Bundesregierung rüstet Erdogan auf
    Obwohl der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nach wie vor die zehntausenden Oppositionelle in der Türkei inhaftiert und weiterhin alles tut, um die Türkei zu einem islamistischen Unterdrückungsstaat zu machen, wird er weiterhin von der Bundesregierung mit Geld und Kriegswaffen unterstützt.
    Während die Bundesregierung den Export von Kriegswaffen in die Türkei genehmigt und grünes Licht für die tatsächliche Ausfuhr gibt, bewaffnet Erdogan islamistische Terrormilizen in Syrien und in Libyen und gefährdet die Sicherheit im gesamten Nahen und Mittleren Osten, sowie auf dem Balkan und in Nordafrika. Selbst jüngste Drohungen Erdogans, unter Bruch der Souveränität Syriens, gegen die Kurden im Norden des Landes militärisch zu intervenieren sowie der türkische Einmarsch im Norden des Iraks, haben die Bundesregierung bisher nicht zu einer Änderung ihrer üblen Genehmigungs- und Lieferungspraxis bewegen können. Dabei zeigt das Bespiel Zypern, dass die Bundesregierung auf der einen Seite Solidarität gegenüber Bedrohungen Erdogans heuchelt, während sie ohne mit der Wimper zu zucken Erdogans Türkei massiv aufrüstet.
    (…) Sicherheitspolitische Geisterfahrt
    Die Bundesregierung unterstützt die Türkei mit ihren maritimen Kriegswaffenexporten trotz der manifesten Drohungen Erdogans, die aus Deutschland gelieferten U-Boote gegen Zypern einzusetzen. Während die Türkei in Syrien und Libyen islamistische Terrormilizen bewaffnet, greift die Bundesregierung dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan mit massiven Lieferungen von Kriegswaffen unter die Arme.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas sind verantwortlich für diese sicherheitspolitische Geisterfahrt und handeln in hohem Maße unverantwortlich. Die Rüstungsexporte an das autoritäre Regime in der Türkei müssen gestoppt werden. Das betrifft sowohl die Genehmigungen als auch die tatsächliche Ausfuhr.
    Quelle: Telepolis
  15. Stand der Kriegsvorbereitung gegen den Iran
    Die Wahrscheinlichkeit eines neuen Kriegs am Persischen Golf steigt. Allerdings haben die USA bisher weder einen Verteidigungsminister noch eine “Koalition der Willigen”
    In den vergangenen Wochen verschärfte die amerikanische Außenpolitik ihre seit mehr als einem Jahr anhaltende Eskalation gegenüber der Islamischen Republik Iran noch einmal deutlich. Jüngster Höhepunkt ist die Beschlagnahme des iranischen Supertankers Grace 1 auf Antrag der amerikanischen Behörden. Es ist das erste Mal in der jüngeren Geschichte, dass ein Öltanker wegen Sanktionsbestimmungen in internationalen Gewässern festgehalten wird.
    Die britischen Behörden, welche die Grace 1 vor Gibraltar haben festsetzen lassen, behaupten, dass Schiff sei Richtung Syrien unterwegs gewesen. Diese bisher unbelegte Konstruktion soll ihnen eine plausible Rechtsgrundlage verschaffen. Innerhalb der EU sind die amerikanischen Sanktionen gegen die Republik Iran nicht rechtskräftig. Gegen Syrien hingegen hält die EU weiterhin ihre 2014 erlassenen Sanktionen in Kraft, um den Wiederaufbau des durch Söldner- und Dschihadistenhorden verwüsteten Landes zu behindern.
    Auffällig am Vorgehen der britischen Behörden ist auch, dass die Verwaltung von Gibraltar gerade erst am 3. Juli ein neues Regelwerk verabschiedet hat, um Sanktionen durchzusetzen. Gleich am darauffolgenden Tag enterte eine 30-köpfige Spezialeinheit der britischen Flotte zusammen mit Polizeieinheiten aus Gibraltar das Schiff (Britische Marines entern iranischen Tanker vor Gibraltar).
    Mithilfe der frisch erlassenen Sanktionsvorschriften entschied ein Gericht in Gibraltar nun, den Kapitän und den Ersten Offizier festzunehmen und das Schiff bis mindestens 21. Juli festzuhalten. Wohlgemerkt: Unter dem Vorwurf, dass Schiff habe den syrischen Hafen Baniyas im Mittelmeer anlaufen wollen.
    Ausgerechnet dort kam es am Samstag, den 22. Juni, zu einer massiven Sabotageaktion. Mindestens fünf Unterwasser-Ölpipelines in der Nähe von Baniyas wurden sabotiert und verursachten eine Ölpest, wie israelische Medien unter Berufung auf die syrische Nachrichtenagentur Sana berichteten. Fotos zeigen massive Eindellungen und lange Risse an den Rohren.
    Der syrische Minister für Erdöl, Ali Ghanem, erklärte später, dass sogar sechs Leitungen beschädigt worden seien und nannte den Vorgang einen “feigen Terroranschlag”. Die Pipelines verbinden den Hafen von Baniyas mit einer Entladeplattform, an der Supertanker wie die Grace 1 anlegen können…
    Quelle: Telepolis


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