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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 24. Juli 2019 um 8:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Boris Johnson
  2. Iran
  3. Doppelstandards: Journalismusforscher sieht Defizite in der Iran-Berichterstattung
  4. Die Causa Julian Assange: Ist die westliche Wertegemeinschaft von allen guten Geistern verlassen?
  5. Aus der Austerität in die Austerität
  6. Arbeitgeber drohen der IG Metall
  7. Deutsche Bank macht 3,1 Milliarden Euro Verlust
  8. Pflegekräfte: Die meisten Heime sind chronisch unterbesetzt
  9. Die schwedische Methode soll die deutschen Sparer aufwecken
  10. Ärger bei der Deutschen Bahn: Züge fahren seit Jahren über abrissreife Brücken
  11. Klimawandel und Verkehrswende
  12. Atommüll-Entsorgung: Staatsfonds macht Verluste
  13. Die fortwährende Kraft des 20. Juli 1944
  14. Österreich: Regierungsfestplatte unter falschem Namen geschreddert
  15. Familienministerin Stilling fordert: Nach ÖVP-FPÖ-Kürzungen – Familienbeihilfe für Krisenpflegeeltern soll wieder kommen
  16. 120 Vertreter blockfreier Staaten verurteilen US-Politik gegen Venezuela
  17. zu guter Letzt: Verbraucher, boykottiert Bentley!

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Boris Johnson
    1. Boris Johnson: the clown is crowned as the country burns in hell
      Well, here we are then. Someone who could easily be rejected as a Guess Who character for looking too ridiculous is now to lead the country. A man whose DNA profile is the exact same as a Bernard Manning joke. A man who mentioned the 20 hustings he had taken part in, approximately 30 seconds after Conservative party chairman Brandon Lewis talked of the 16 hustings held.
      With 8,000 members of the Johnson family watching on – and Jeremy Hunt, looking for all the world like a sub who’s never gonna get off the bench and knows it – Boris Johnson was announced as the new leader of the Conservative party, and, in short order, the new prime minister. Elected by a staggering 0.2% of the nation, we can’t say it isn’t the will of the people. (…)
      I don’t really know what to say myself. I don’t understand how a man can lie his way about bananas and condoms to high office. I don’t understand how a man whose entire prep for anything seems to consist of drawing a cock and balls – but in Latin! – on a sheet of paper, ends up in high office.
      I don’t understand how a man can be recorded offering to facilitate the assault of a journalist and reach high office. I don’t understand how a man can be fired twice for cavalierly making stuff up and reach high office. I don’t understand how a man whose entire personality is a job-lot sold off from a closing down joke shop can reach high office. A racist, an inveterate liar, a man who makes Machiavelli look misunderstood and Pinocchio button-nosed.
      It’s 33C outside in London. You can’t tell whether people are crying or sweating. We can’t do anything until we get a say – which, this time, we did not. So we beat on, against the sun, borne back ceaselessly into hell.
      Quelle: The Guardian

      Anmerkung Jens Berger: Sehen wir es positiv. Ein englischer Freund von mir sagte kürzlich, Boris Johnson sei die einzige Garantie dafür, dass Jeremy Corbyn die nächsten Wahlen mit einem satten Vorsprung gewinnt. Dem ist wohl erst einmal nichts hinzuzufügen und es ist von Tag zu Tag unwahrscheinlicher, dass die Tories mit ihrem Juniorpartner DUP die volle Legislaturperiode durchhalten.

    2. Schatzkanzler und Justizminister wollen bei Erfolg Johnsons zurücktreten
      (…) Finanzminister Philip Hammond und Justizminister David Gauke kündigten ihren Rücktritt an für den Fall, dass der frühere Außenminister und Brexit-Hardliner das Amt des Regierungschefs übernimmt. Der Alterspräsident des Unterhauses, Kenneth Clarke, warnte vor einem drohenden vertragslosen EU-Austritt Ende Oktober. In London demonstrierten Johnson-Gegner gegen dessen Brexit-Politik.
      Sollte Johnson wie erwartet das parteiinterne Duell gegen den amtierenden Außenminister Jeremy Hunt um die Nachfolge der scheidenden Regierungschefin Theresa May gewinnen, werde er noch bei May seinen Rücktritt einreichen, sagte Finanzminister Hammond der BBC. Er könne Johnsons Ankündigung, das Vereinigte Königreich auch ohne Austrittsvertrag aus der EU zu führen, niemals unterstützten, sagte Hammond zur Begründung.
      Justizminister Gauke: Harter Brexit wäre “Demütigung”
      Auch Justizminister Gauke will bei einem Erfolg Johnsons sein Amt niederlegen. Der von Johnson in Erwägung gezogene harte Brexit würde eine “Demütigung” für sein Land bedeuten, sagte Gauke der “Sunday Times”.
      Sechs Tories wollen zu Liberaldemokraten wechseln
      Vor diesem Hintergrund kündigten nach einem Bericht der “Sunday Times” insgesamt sechs pro-europäische Abgeordnete der Tories an, im Fall von Johnsons Sieg zu den europafreundlichen Liberaldemokraten zu wechseln. Damit hätte der mögliche Premierminister Johnson keine eigene Mehrheit mehr im Unterhaus…
      Trump stellte sich derweil erneut hinter Johnson. Der US-Präsident telefonierte nach eigenen Angaben am Donnerstag mit Johnson. “Er wird einen großartigen Job machen”, sagte Trump am Freitag…
      Quelle: Tagesspiegel

      Anmerkung Marco Wenzel: Natürlich wird Boris einen großartigen Job machen. So großartig, dass allen noch die Spucke wegbleiben wird. Den Segen des größten Präsidenten aller Zeiten hat er ja schon.

  2. Iran
    1. EU-Mächte planen Marineeinsatz im Persischen Golf
      Großbritannien dringt auf einen europäischen Marineeinsatz im Persischen Golf und stimmt sich dabei eng mit Deutschland und Frankreich ab. Wie der britische Außenminister Jeremy Hunt gestern mitteilte, soll der Einsatz dem “Schutz der Schifffahrt” insbesondere in der Straße von Hormuz dienen. Er ist dezidiert unabhängig von der parallel angekündigten US-Marineoperation in der Region geplant; London und Berlin distanzieren sich offen von der von Washington verfolgten Strategie des maximalen Drucks auf Iran. Hintergrund ist das Bestreben Deutschlands und der EU, sich im Streit um das Atomabkommen mit Iran eine führende Rolle in der Weltpolitik zu erkämpfen. Washington reagiert darauf, indem es unter anderem mit extraterritorialen Sanktionen die Unterordnung der Mächte Europas unter seine Mittelostpolitik zu erzwingen sucht. Auslöser für die aktuellen Einsatzpläne ist die Festsetzung eines britischen Öltankers durch Iran – eine Vergeltungsmaßnahme für die zuvor erfolgte Festsetzung eines iranischen Tankers durch Großbritannien in Gibraltar.
      Irans Motive bei der Festsetzung des britischen Öltankers Stena Impero werden in London völlig realistisch eingeschätzt. “Selbstverständlich” handle es sich dabei um eine Vergeltungsmaßnahme für die Festsetzung des iranischen Öltankers Grace 1 in Gibraltar am 4. Juli, erklärt etwa Peter Westmacott, ein pensionierter britischer Diplomat, der es im Lauf seiner Karriere bis zum Botschafter in Washington gebracht hat. Die britische Regierung erkläre, sie habe Irans Tanker festgesetzt, weil er Erdöl für Syrien geladen und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen habe. Freilich sei Iran – bekanntermaßen kein Mitglied der EU – “nicht an EU-Sanktionen gebunden”, stellt Westmacott trocken fest: Eine “iranische Antwort” sei daher mit Gewissheit “vorhersagbar” gewesen. Tatsächlich haben iranische Stellen wiederholt Vergeltungsaktionen gegen britische Schiffe angekündigt. Irans Zugriff auf die Stena Impero am 19. Juli erfolgte unmittelbar nach der Mitteilung britischer Stellen, die zunächst bis zum 21. Juli beschränkte Festsetzung der Grace 1 werde um 30 Tage verlängert. Mit dem Abseilen von Spezialkräften per Helikopter auf die Stena Impero ahmte Iran die britische Aktion gegen seinen Öltanker Grace 1 bis ins Detail nach….
      Quelle: German Foreign Policy
    2. Iran, die Tanker-Krise und die EU-Sanktionen
      Die Eskalation am Golf geht weiter. Nach Großbritannien hat nun auch Iran einen Tanker festgesetzt – offenbar als Vergeltung für eine britische Beschlagnahme vor Gibraltar. Und was macht die EU?
      Die Europäer solidarisieren sich mit den Briten. Die Situation am Golf sei durch die iranische Aktion “noch ernster und gefährlicher geworden” als ohnehin schon, sagte Außenminister Heiko Maas.
      “Es geht darum, Krieg zu verhindern”, betonte der SPD-Politiker.
      Wenn er das ernst meint, dann müsste er allerdings auch die Briten ermahnen. Denn die tun seit Wochen alles, um den Konflikt mit Iran anzuheizen – und die EU hineinzuziehen.
      Begonnen hat es mit der Beschlagnahme eines iranischen Tankers vor Gibraltar. Angeblich schlugen die Briten zu, weil das Schiff EU-Sanktionen gegen Syrien unterlaufen wollte.
      Doch diese EU-Sanktionen gelten nur gegen Syrien – und nicht für andere Länder. Im Gegensatz zu den US-Sanktionen wirken die europäischen nicht “extraterritorial”.
      Die Briten können sich also nicht auf EU-Recht berufen, wenn sie den iranischen Tanker festhalten. Wenn die EU-Verantwortlichen dies einmal laut aussprechen würde, wären sie nicht nur glaubwürdiger…
      Quelle: Lost in Europe
    3. Großbritannien kündigt “europäischen Seeschutzeinsatz” in Straße von Hormus an
      Die britische Regierung hat angekündigt, dass sie mit europäischen Verbündeten die Schifffahrt in der Straße von Hormus gegen iranische Übergriffe schützen werde. Damit könnten die Europäer in einen möglichen Konflikt mit dem Iran hineingezogen werden.
      Großbritannien plant einen “maritimen Schutzeinsatz unter europäischer Führung” in der Straße von Hormus. Dies erklärte der britische Außenminister Jeremy Hunt am Montag vor dem Unterhaus. Man wolle die Handelsschifffahrt in der Meerenge gemeinsam mit Verbündeten schützen. Dazu würden im Verlauf der Woche Gespräche mit anderen Ländern geführt.
      (…) Ob Deutschland sich am angeblichen Seeschutzeinsatz beteiligen wird, ist noch unklar. Außenminister Heiko Maas hatte am Sonntag mit Hunt telefoniert. Am Montagnachmittag erklärte er, dass man sich der US-Strategie des maximalen Drucks auf den Iran nicht anschließen wolle,
      „Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es Vorfälle gibt, mit denen man umgehen muss.“
      Man werde sich mit Frankreich und Großbritannien sehr eng abstimmen. Maas erklärte, es werde Maßnahmen geben, “mit denen man den Gefahren in der Straße von Hormus begegnet”. Bereits am Wochenende hatte Maas den Iran für die Festsetzung des britischen Tankers kritisiert und vor einer weiteren Eskalation gewarnt…
      Quelle: RT Deutsch
    4. Konflikt mit Iran: Linken-Politiker Liebich fordert Untersuchungskommission
      Bevor die Bundeswehr im Konflikt mit dem Iran eingreife, müsse zunächst geklärt werden, was in der Straße von Hormus überhaupt geschehen sei, sagte Stefan Liebich (Die Linke) im Dlf. Der Iran hatte dort einen britischen Tanker beschlagnahmt, nun wird über eine Schutzmission im Persischen Golf diskutiert.
      Quelle: Deutschlandfunk
  3. Doppelstandards: Journalismusforscher sieht Defizite in der Iran-Berichterstattung
    Drohnenabschüsse, obskure Videos von angeblichen Sabotageakten, Tanker-Beschlagnahmungen, wechselseitige Drohungen: Angeblich will keiner einen Krieg am Persischen Golf, aber niemand scheint ihn aufzuhalten. Im Interview kritisiert Journalismusforscher Florian Zollmann die Iran-Berichterstattung. […]
    Ich sehe, dass westliche Stimmen und Erklärungsmuster in den Nachrichten der Leitmedien überrepräsentiert sind. Das führt dazu, dass die von der US-Regierung aufgebaute Drohkulisse auch in den Medien stark zur Geltung kommt. Und es gibt auch ideologische Annahmen in den Medien. So sprechen Leitmedien wie der „Spiegel“ von einem „USA-Iran-Konflikt“. Das Wort Konflikt deutet auf Zweiseitigkeit hin. Dabei war sich die Staatengemeinschaft im Prinzip einig über die Gültigkeit des 2015 abgeschlossenen Atomabkommen mit dem Iran. Nun hat die Trump-Regierung dieses Abkommen vor etwa einem Jahr einseitig aufgekündigt. Es entspräche also der Faktenlage, die Trump-Regierung als Aggressor zu bezeichnen.
    Quelle: Leipziger Volkszeitung

    Anmerkung Jens Berger: Lesenswert!

  4. Die Causa Julian Assange: Ist die westliche Wertegemeinschaft von allen guten Geistern verlassen?
    Der Fall Assange ist ein Kristallisationspunkt für die Dekadenz der Demokratie: Entweder hat der Bürger Entscheidungsmacht auf Basis transparenter Informationen, oder er ist Untertan.
    1971 veröffentlichten die «New York Times» und die «Washington Post» Geheimdokumente der US-Regierung über den Vietnamkrieg. Der brisante Inhalt: Die Regierung rechnete nicht mit einem Sieg in Vietnam, war aber bereit, weiter amerikanische Bürger zu verheizen. Die Veröffentlichung der «Pentagon Papers» half den Krieg zu beenden, auf die Journalisten regnete es Pulitzerpreise, und insgesamt war es ein Sieg der Wahrheit über die offizielle Propaganda.
    Derartige Sternstunden sind heute selten geworden. Gut, wir erfuhren, dass der US-Geheimdienst eigene Bürger und befreundete Staats- und Regierungschefs abhörte, von «weißer Folter», Guantánamo und von zahlreichen Kriegsverbrechen, wie im Fall von US-Soldaten, die von Helikoptern aus irakische Zivilisten und zwei Reuters-Journalisten erschossen, als wäre es Counter-Strike – gemäß den USA eine reguläre Anti-Terror-Aktion. Doch das meiste davon erfuhr man nicht zuerst aus Qualitätsmedien, sondern von Wikileaks. Und für die Veröffentlichung vieler als geheim klassifizierter Dokumente über Verbrechen der Mächtigen droht Julian Assange jetzt in den USA eine Haftstrafe von 175 Jahren. Erstmals könnte ein Publizist dort wegen Spionage verurteilt werden.
    Im Kern geht es im Fall Assange um die Existenz der westlichen Demokratie…
    (…) Der Fall Assange bringt die Krise der westlichen Wertegemeinschaft nicht nur ans Licht, sondern stellt die Frage, ob es diese Wertegemeinschaft überhaupt noch gibt. Wo bleibt der Aufschrei? Vermutlich meinte Dante uns, als er schrieb: «Der heißeste Platz der Hölle ist für jene bestimmt, die in Zeiten der Krise neutral bleiben.»
    Quelle: NZZ

    Anmerkung unseres Lesers J.B.: wenigstens eine Zeitung hat den Mut sich für Assange und den echten Journalismus einzusetzen. Die NZZ. Die gleiche Zeitung, die auch schon eine hervorragende Kritik zu Prof. Mausfelds Buch “Warum schweigen die Lämmer” veröffentlichte. Es besteht noch Hoffnung, dass der Arm der USA noch nicht überall hineinreicht.

    Danke an den Autor mit Mut, an Milosz Matuschek.

  5. Aus der Austerität in die Austerität
    Mit Erleichterung haben Politik und Medien in Deutschland die erste Regierungserklärung des neuen griechischen Premierministers Kyriákos Mitsotákis zur Kenntnis genommen. Mitsotákis hatte im Wahlkampf eine Abkehr von der strikten, von Berlin und der EU oktroyierten Austeritätspolitik in Aussicht gestellt und erklärt, der “schmerzhafte Kreislauf” stetiger Kürzungen werde “beendet”; Griechenland stehe eine Zukunft voller “Jobs, Sicherheit und Wachstum” bevor. Nach scharfer Kritik aus der Bundesrepublik hat der neue Premierminister jetzt gelobt, die Austeritätspolitik im Wesentlichen fortzusetzen; diese sieht unter anderem bis zum Jahr 2022 einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent vor – ein Ziel, das sogar der Internationale Währungsfonds für nicht umsetzbar hält…
    (…) Für Eliten und Konzerne
    Die anvisierten Steuersenkungen sollen vor allem der Unternehmerschaft und der Elite des verarmten Landes zugutekommen. Demnach plant die neue konservative Regierung, die Körperschaftssteuer um zwei Prozentpunkte auf 24 Prozent zu mindern und die Vermögenssteuer, die 2012 auf dem Höhepunkt der Krise als Notmaßnahme eingeführt wurde, um durchschnittlich 22 Prozent zu verringern. Überdies sollen Kapitalbesitzer durch eine massive Reduzierung der Steuer auf Dividenden entlastet werden; geplant ist eine Halbierung auf fünf Prozent. Von einer substanziellen Entlastung der griechischen Lohnabhängigen oder der verarmten Bevölkerungsschichten, die die Hauptlast der deutschen Austeritätsdiktate tragen mussten, war hingegen in der Regierungserklärung des neuen Ministerpräsidenten kaum die Rede…
    Quelle: German Foreign Policy
  6. Arbeitgeber drohen der IG Metall
    (…) In der Metall- und Elektroindustrie zeichnet sich ein Grundsatzkonflikt zwischen den Arbeitgebern und der IG Metall ab. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetalls, Rainer Dulger, drohte der Gewerkschaft mit einem Ende des Flächentarifvertrags, der seit Jahrzehnten die Arbeitsbedingungen von 1,9 Millionen Beschäftigten regelt. “Wenn alle Unternehmen die Tarifbindung verlassen, kann die Gewerkschaft zusehen, wie sie sich im Häuserkampf durchschlägt”, sagte Dulger in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
    In der Branche, die die wichtigste der deutschen Wirtschaft ist, gibt es seit längerem Klagen, dass die IG Metall viele Betriebe überfordert. Sie setze zu hohe Löhne und zu viel Freizeit durch. Dulger berichtete, dies führe zu immer mehr Austritten aus seinem Verband. Unter anderem forderte er von der Gewerkschaft eine Vereinbarung, dass sogenannte “Tagesstreiks” künftig nur noch nach einer gescheiterten Schlichtung erlaubt sein dürften. Bei der Tarifrunde im vergangenen Jahr hätten diese Streiks – die von der Gewerkschaft das erste Mal ausgerufen wurden und die jeweils 24 Stunden dauerten – insgesamt drei Millionen Arbeitsstunden gekostet…
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers T.D.: Abgesehen von der Tatsache, dass der letzte Tarifabschluss nicht nur der IG Metall mit den Arbeitgebern immer noch zu niedrig war und seit Jahren ist, was Produktivität und Inflationsziel anbelangt, sollte sich Herr Dulger nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen! Eine fortschreitende Austrittswelle aus dem Flächentarifvertrag kann für den einzelnen Betrieb kurzzeitig Vorteile bedeuten, würde aber auch negative Auswirkungen auf den Rest der Betriebe mit sich bringen!
    Ein typisches Beispiel dafür, dass selbst unsere “Eliten” den ökonomischen Unterschied zwischen Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft nicht verstanden haben! Oder verstehen wollen?
    Wie schrieb der Ökonom Prof. Dr. Heiner Flassbeck 2001:

    Den Flächentarifvertrag auszuhebeln, um den Betrieben mehr “Flexibilität” zu geben, klingt gut. Es klingt nach Anpassung an die Zwänge des globalen Marktes. Es klingt nach moderner Wirtschaftspolitik, weil modern ist, was den “Erfordernissen” der Unternehmen entgegenkommt. Nur leider richtet sich der Markt als solcher nicht danach, was gerade in der Wirtschaftspolitik als modern gilt. Wer systematisch unter Tarif zahlen will, hat die Rechnung ohne den Markt gemacht…
    Ausführlich nachzulesen hier.

    Dazu: Arbeitgeber wollen weiter triumphieren
    Da reibt man sich verwundert die Augen. Die Süddeutsche Zeitung bringt eine exklusive Sommerlochgeschichte über den Präsidenten des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Rainer Dulger. Er droht der Gewerkschaft IG Metall mit einem Ende des Flächentarifvertrages. “Wenn alle Unternehmen die Tarifbindung verlassen, kann die Gewerkschaft zusehen, wie sie sich im Häuserkampf durchschlägt”, sagte Dulger in einem Interview. Warum aber Häuserkampf? Die Schlacht ist doch schon längst zugunsten der Arbeitgeber entschieden. Das zeigt gerade der jüngste Tarifabschluss, den Dulger als angeblich schmerzhaftes Beispiel hervorkramt.
    Übertriebenes Gejammer
    Das Gejammer der Unternehmen ist übertrieben. Sie prangern an, dass die Gewerkschaft andauernd höhere Löhne und mehr Freizeit für die Beschäftigen verlange. Ja was denn auch sonst? Das überfordere die Betriebe, die sich deshalb Stück für Stück aus dem Arbeitgeberverband verabschieden würden. Diese Geschichte hat Dulger bereits Anfang 2018 erzählt, zur Zeit des jüngsten Tarifabschlusses. Den führt der Verbandschef oder die Interviewer, man weiß es wohl erst hinter der Bezahlschranke genauer, auch an, um zu zeigen, unter welch harten Lohnbedingungen die Arbeitgeber zu leiden hätten. “Es war ein sehr, sehr hoher Abschluss, der bei uns zu Austritten geführt hat”, sagte Dulger. “Ich habe da wirklich Sorgen: sowohl, was die Tarifbindung der Betriebe, als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie betrifft.”…
    Nachwirkungen
    (…) Die Arbeitgeber wollen mit der bekannten Drohung vor allem Angst bei den Beschäftigten erzeugen, um später Zugeständnisse bei der nächsten Tarifrunde leichter durchsetzen zu können. Sie bereiten also den nächsten Triumph über die Arbeitnehmer in der Zukunft vor, mit viel öffentlicher Empörung über angeblich zu schmerzhafte Tarifabschlüsse in der Vergangenheit. Und die Öffentlichkeit schluckt den Köder…
    In Wirklichkeit hinkt Deutschland bei der Lohnentwicklung aber weiterhin deutlich hinterher, was kürzlich auch der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem Deutschlandbericht bemängelte…
    Die Drohung der Arbeitgeber, wegen angeblicher Härten aus der Tarifpartnerschaft aussteigen zu wollen, verdeckt zudem, dass die Tarifbindung in Deutschland bereits sehr schlecht ist und schlechter wird. Die Gewerkschaften verfügen dadurch schon jetzt im Arbeitskampf über immer weniger Macht. Hier ist dann auch die Politik gefragt. Sie kann die Tarifpartnerschaft stärken, indem sie erstens für ordentliche Abschlüsse im öffentlichen Dienst sorgt und zweitens geschlossene Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt. Doch all das passiert nur unzureichend, wie der immer noch große Niedriglohnsektor beweist und der feste Glauben an die Sinnhaftigkeit von schwarzer Null, Schuldenbremse und Exportüberschüsse. Dieses Dogma herrscht leider auch in den Köpfen der meisten Medienmacher vor, die folglich das Arbeitgebermärchen von den viel zu hohen Lohnabschlüssen überzeugend finden.
    Quelle: Taublog

    Anmerkung Christian Reimann: Bereits 2007 war festzustellen: Tarifbindung nimmt weiter ab Und bereits damals war klar, dass die Arbeitgeberseite von dieser Entwicklung profitiert.

  7. Deutsche Bank macht 3,1 Milliarden Euro Verlust
    Die Deutsche Bank ist im zweiten Quartal tief in die Verlustzone gerutscht. Grund ist nach Angaben des Konzerns der Umbau des Geldhauses.
    Das Minus war abzusehen, fällt aber deutlich stärker aus als erwartet: Der Konzernverlust belief sich im zweiten Quartal auf 3,15 Milliarden Euro nach einem Gewinn von 401 Millionen ein Jahr zuvor, wie der Dax-Konzern mitteilte. Grund ist der Radikalumbau mit der Streichung von 18.000 Stellen.
    Bei Bekanntgabe der Pläne Anfang Juli hatte die Bank noch ein Minus von 2,8 Milliarden Euro angekündigt. Allerdings verbuchte das Institut mit 3,4 Milliarden Euro nun einen größeren Anteil der Umbaukosten bereits im zweiten Quartal.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: So langsam wird es wirklich brandgefährlich. Nach den Vorgaben der EZB muss die EZB eine Tier 1-Kapitalquote von 13,32 Prozent und eine Gesamtkapitalquote von 15,32 Prozent vorhalten. Zum Jahreswechsel hatte die Deutsche Bank 15,72 Prozent (Tier 1) bzw. 17,49 Prozent (Gesamt). Da Verluste stets dem Eigenkapital zugeordnet werden, dürfte der Eigenkapitalpuffer der Deutschen Bank damit so langsam aufgezehrt sein. Wenn die Bank nicht bald wieder Gewinne macht, könnte schon bald der Ruf nach dem Steuerzahler (oder der EZB) nötig werden. Zur Erinnerung: Die Deutsche Bank gilt hinter der BNP Paribas mit einem „systemischen Risiko“ iHv 66,3 Mrd. Euro als die zweitgefährlichste Bank der Welt und weist zur Zeit einen „Hebel“ (Verhältnis Bilanzsumme zu Eigenkapital) von 97 auf. Das ist Krisenniveau.

  8. Pflegekräfte: Die meisten Heime sind chronisch unterbesetzt
    Fehlende Fachkräfte und Kostenkampf der Heime – trotz vieler Versprechen der Politik in den letzten Jahren ist die Situation in der Pflege nach wie vor kritisch. Und bevor politische Maßnahmen greifen, müssen kurzfristig Pflegerinnen und Pfleger aus dem Ausland her.
    (…) Doch nicht nur die Arbeitnehmer, auch die Arbeitgeber müssen sich organisieren, damit bessere Löhne ausgehandelt werden können. Und dazu ist der Wille bei den Heimbetreibern durchaus unterschiedlich ausgeprägt. Zusammen mit drei anderen gemeinnützigen Trägern in Brandenburg hatte sich der ASB in Senftenberg in einem Arbeitgeberverband, der Paritätischen Tarifgemeinschaft zusammengeschlossen.
    Ab März 2017 konnte die Gewerkschaft dann dank des Engagements der Betriebsräte mit diesem Verband über einen Flächentarifvertrag für die Sozialwirtschaft verhandeln – nicht nur die Altenpflege, sondern auch die Krankenpflege, ambulante Pflege, Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe und Behindertenwerkstätten. Ralf Franke von Verdi in Cottbus hat den Flächentarifvertrag ausgehandelt.
    „Der Flächentarifvertrag ist insoweit besser, weil Arbeitgeber, die einen Tarifvertrag anwenden wollen, müssen nur noch Mitglied des Arbeitgeberverbandes werden und haben den dann sofort. Sie müssen selbst keine schwierigen, langwierigen, zeitaufwendigen Haustarifvertragsverhandlungen führen. Und sie können gegenüber dem Kostenträger, der AOK, einen Tarifvertrag vorweisen, der auch bei anderen Anwendung findet.
    Und gerade bei den Verhandlungen für die Pflegesätze und Kostensätze ist es dann natürlich von großem Vorteil, wenn es einen einheitlichen Tarifvertrag für das ganze Land Brandenburg gibt, der natürlich nur dort Anwendung findet, wo der Arbeitgeber Mitglied dieses Verbandes ist.“
    Tarifregelung, um den Beruf attraktiver zu machen
    … Um den Beruf attraktiver zu machen und Fachkräfte zu gewinnen, soll es eine Tarifregelung für alle Pflegekräfte in Deutschland geben, wünscht sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil von der SPD:
    „Es gilt immer noch, bei allen Abweichungen, die es auch gibt, dass in der Regel da, wo ein Tarifvertrag ist, die Arbeits- und Lohnbedingungen besser sind als in anderen Bereichen. Und ich bin froh, dass sich einige aufgemacht haben, gar nicht wenige, jetzt einen entsprechenden Arbeitgeberverband zu gründen.“
    Mit diesem neu gegründeten Arbeitgeberverband soll dann ein Flächentarifvertrag geschlossen werden, der dann für ganz Deutschland als „allgemeinverbindlich“ erklärt wird und somit automatisch für alle Arbeitgeber in der Pflege und die Pflegekräfte gelten würde.
    Quelle: Deutschlandfunk
  9. Die schwedische Methode soll die deutschen Sparer aufwecken
    Die private Altersvorsorge ist so kompliziert, dass viele Deutsche kapitulieren – und ganz darauf verzichten. Als Lösung sehen daher manche einen deutschen Staatsfonds nach schwedischem Vorbild. Doch Kritiker prophezeien großes Panik-Potenzial…
    Grundsätzlich sind sich die meisten Experten einig, dass die private Altersvorsorge in Deutschland so kompliziert ist, dass ein normaler Arbeitnehmer diesen Bereich längst nicht mehr durchschauen kann. Es gibt Riester, Rürup sowie gleich fünf Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge…
    (…) Ganz ähnlich würde die sogenannte Deutschland-Rente funktionieren, die Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) schon vor mehr als einem Jahr als Vorschlag in den Bundesrat eingebracht hat. Demnach solle auch Deutschland einen Staatsfonds schaffen, und jeder Arbeitnehmer, der nicht explizit widerspricht, würde einen Teil seines Lohns darin einzahlen. Verwaltet würde der Fonds von der Deutschen Rentenversicherung, zum Selbstkostenpreis ohne Gewinnabsichten, wodurch die Kosten extrem gering wären. Zusätzlich würde der Staat für die Auszahlung bürgen.
    (…) Tatsächlich hat der schwedische Fonds eben zeitweise auch enorme Verluste eingefahren, 2002 beispielsweise 27 Prozent. Das kommt auch daher, dass der Fonds auch auf Kredit spekuliert.
    Quelle: Welt

    Anmerkung Marco Wenzel: Die Welt trommelt mal wieder für die private Altersvorsorge. Dass die sehr unsicher und meist ein Verlustgeschäft ist, muss sie sogar selber zugeben.

  10. Ärger bei der Deutschen Bahn: Züge fahren seit Jahren über abrissreife Brücken
    Mindestens 1250 Eisenbahnbrücken sind so marode, dass nur der Abriss bleibt. Die Deutsche Bahn fährt trotzdem darüber – und beruhigt die Passagiere.
    Deutschlands Eisenbahnbrücken sind in einem noch schlechteren Zustand als bisher bekannt. Die 25710 Eisenbahnbrücken in Deutschland sind in noch größerem Ausmaß überaltert und abrissreif als bisher bekannt. Fast jedes zweite Bauwerk ist älter als hundert Jahre. Mindestens 1250 Überführungen sind so marode, dass nur noch der Abriss bleibt. Die Sanierungskosten haben sich in kurzer Zeit auf mehr als 25 Milliarden Euro verdreifacht. Das zeigen interne Unterlagen der Deutschen Bahn AG aus Aufsichtsratskreisen, die unserer Redaktion vorliegen.
    (…) Wie die DB-Spitze in den vertraulichen Papieren einräumt, wurde über viele Jahre mehr als die Hälfte aller Brücken mit falschem und zumeist deutlich jüngerem Alter ausgewiesen. Für viele stand in massiver und auffälliger Häufung das Jahr 1927 in der Statistik. Erst nach einer Überprüfung, abgestimmt mit den Aufsehern vom Eisenbahnbundesamt (EBA), wurde demnach die bisherige Nutzungsdauer bei 13 535 Bauwerken drastisch nach oben korrigiert. Das durchschnittliche Brückenalter stieg dadurch 2017 auf einen Schlag um 16,4 Jahre und liegt Ende 2018 bei 73,5 Jahren…
    Mindestens 1000 Brücken müssten in fünf Jahren erneuter werden
    Bei den Brücken liegt die durchschnittliche technische Nutzungsdauer bei 122 Jahren. Nach Angaben des Rechnungshofs müssten mindestens 1000 Brücken in fünf Jahren erneuert werden, damit der Sanierungsstau nicht noch größer wird. Von 2015 bis 2019 soll die DB Netz AG 875 Bauwerke im Bestand ersetzen, so schreibt es die LuFV II vor…
    Quelle: Tagespiegel

    Anmerkung Marco Wenzel: Privatisierung und Schuldenbremse zeigen ihre Wirkung. Bald wird der schwarzen Null im Staatshaushalt die schwarze Null an Infrastruktur gegenüberstehen. Dann hinterlassen „wir“ unseren Kindern zwar keine Schulden aber auch keine Eisenbahn, keine Schulen, keine Straßen, nichts. Nur eine Null.

  11. Klimawandel und Verkehrswende
    Grünen-Papier gegen die Flugscham
    Die Grünen nutzten die Sommerpause und machten Nägel mit Köpfen, kommentiert Barbara Schmidt-Mattern. Ihr Verkehrspapier sei durchdacht. Mit der Einführung einer Kerosinsteuer würde die bisherige Praxis klimaschädlicher Subventionen endlich beendet werden…
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers M.H.: Es ist zwar richtig, dass gegen die unnötige, steuerbegünstigte Fliegerei und deren Umweltverschmutzung endlich etwas getan werden muss, aber wieviel Oliv-Grüne sind eigentlich während der Parlamentsferien ohne Flugzeuge unterwegs?

    Der ministerielle Luft-Pendelverkehr zwischen Bonn-Berlin-Bonn, der vermeidbare Luftverpestung erzeugt und Steuergelder verprasst wäre seit langem nicht mehr nötig, es sei denn, die Bundesregierung will Bonn als Bundeshauptstadt wiederbeleben, falls die Russen kommen; Bonn liegt ja linksrheinisch und in der Eifel sind ja die atomsicheren Regierungsbunker!

    Anmerkung Marco Wenzel: Nichts als grüne heiße Luft! Die Grünen werden umfallen, so wie sie immer umfallen, wenn konkret wird. Nicht einmal bei ihren (ehemals!) ureigensten Themen: Umwelt und Frieden sind sie jemals standhaft geblieben, wenn sie „in Verantwortung“ waren.

  12. Atommüll-Entsorgung: Staatsfonds macht Verluste
    Deutschland steigt aus der Atomkraft aus – für die Kosten für Zwischen- und Endlagerung des Atommülls soll ein Fonds aufkommen, in den die Energieversorger 24 Milliarden Euro eingezahlt haben. Das Geld wird angelegt – doch der Fonds macht Verluste.
    (…) „Ziel ist, dass wir aus 24,3 Milliarden Euro, die eingezahlt wurden, rund 169 Milliarden Euro bis zum Jahr 2100 machen.“
    169 Milliarden Euro – so viel, rechnet das Wirtschaftsministerium, soll die Zwischen- und Endlagerung am Ende kosten. Trotz der optimistischen Worte von Anja Mikus: Bisher ist das Geld beim Fonds weniger geworden, anstatt mehr. Von den ursprünglich eingezahlten 24 Milliarden Euro waren Ende des vergangenen Jahres noch 23,6 Milliarden übrig.
    Das liegt zum einen an den regelmäßigen Kosten – zum Beispiel für die Zwischenlagerung des radioaktiven Abfalls und für die Endlagersuche. Aber der Fonds selbst hat 2018 auch Verluste gemacht – 71 Millionen Euro. Grund ist die Niedrigzinspolitik, die viele Anleger belastet.
    Sichere Investitionen – zum Beispiel in Staatsanleihen – bringen momentan kaum Rendite. Der sogenannte „Entsorgungsfonds“ parkt einen Großteil des Vermögens bisher bei der Bundesbank und zahlt dafür Negativzinsen von 0,4 Prozent. Man sei aber auf gutem Kurs, meint Mikus.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Marco Wenzel: Um aus 24,3 Mrd € in 80 Jahren 169 Mrd € zu machen, muss man sie zu einem durchschnittlichen Zinssatz von 2,5% anlegen. Rechnet man die Inflation ab, bleibt da nicht viel Gewinn. Dafür aber fehlt das Geld dann 80 Jahre lang in der Realwirtschaft.

  13. Die fortwährende Kraft des 20. Juli 1944
    (…) Braune Renaissance
    Weil, wie sich zeigt, im Deutschland von heute der Schoß noch fruchtbar ist, aus dem das Braune kroch. Ein Gedenken, das nur gedenkt und nicht zugleich ernst und ernsthaft gegen die Neonazis von heute vorgeht – es wäre, es ist ein schales Gedenken. Der Widerstand gegen den Neonazismus ist die Form des Gedenkens, die immer Jahrestag hat.
    (…) Der Versuch der feindlichen Übernahme
    Es gehört zu den Perversitäten des neuen Rechtsextremismus, dass ausgerechnet er sich auf Stauffenberg und den Widerstand vom 20. Juli 1944 beruft, um zum Bruch mit dem “System”, also der rechtsstaatlichen Demokratie, aufzufordern. Es ist diese der Versuch der feindlichen Übernahme des Gedenkens. Die Pegidisten, die Neorechten und Neonazis, die von Widerstand reden und Menschenverachtung propagieren – sie betreiben Erbschleicherei. In braunen Netzwerken wird so getan, als seien die demokratischen Parteien eine zu stürzende, volksverräterische Herrscherclique. So wird der Widerstandsbegriff pervertiert, er wird von den Grund- und Menschenrechten getrennt, für die der Widerstand gegen Hitler gekämpft hat; der Begriff des Widerstands wird angefüllt mit völkischem Gebräu und populistischem Extremismus. Es ist dies eine Verhöhnung des Andenkens an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Es bedarf dagegen des kleinen Widerstands.
    (…) Der Mantel der Gleichgültigkeit
    Es gibt, damals wie heute, die Formeln, die man gern zur Beschwichtigung oder zur Tarnung der eigenen Bequemlichkeit benutzt, zur Ausrede dafür, warum man selber nichts tun kann: “Alleine kann man ja doch nichts bewirken.” So oft heißt es also: “Was soll man machen?” Es sind Sätze der Gleichgültigkeit, Sätze der Trägheit, der Apathie, der Resignation, manchmal auch der Feigheit. In uns allen stecken solche Sätze: “Was soll man machen? Da kann man gar nichts machen.” Und: “Nach uns die Sintflut”. Eine Demokratie kann man aber mit solchen Sätzen nicht bauen. Einen guten Rechtsstaat auch nicht. Und die Menschenrechte bleiben, wenn man solchen Sätzen nachgibt, papierene Rechte.
    Wer vom Mut der Widerständler gegen Hitler spricht, vom Mut der Weißen Rose, vom Mut des Georg Elser, vom Mut des Grafen Stauffenberg, des Carl Goerdeler, wer diesen Mut vor Augen hat – der tut sich allerdings schwer, dieses Wort in einer Gegenwart zu gebrauchen, in der Mut wenig kostet. Ist der Mut von damals aber nicht umso mehr Mahnung und Verpflichtung?…
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  14. Österreich: Regierungsfestplatte unter falschem Namen geschreddert
    In Österreich gibt es nach der Ibiza-Affäre jetzt eine “Schredder-Affäre”, nachdem herauskam, dass ein inzwischen zur ÖVP gewechselter ehemaliger Mitarbeiter des Bundeskanzleramts wenige Tage vor dem Misstrauensantrag gegen die Regierung Kurz die Festplatte eines Kopierers professionell vernichten ließ. Ein merkwürdiger Umstand dabei ist, dass er das unter einem falschen Namen machte. Noch merkwürdiger ist aber, dass er die 76 Euro für die Vernichtung der Festplatte nicht bezahlte, aber seine richtige Telefonnummer hinterließ.
    Mit dieser Telefonnummer stellte die Vernichtungsfirma auf der Suche nach ihrer Vergütung eine Betrugsanzeige, welche dazu führte, dass die Polizei an den richtigen Namen gelangte, den sie an die nach der Ibiza-Affäre eingesetzte Sonderkommission weitergab. Dem Kurier zufolge kam dieser “Soko Ibiza” die Angelegenheit so merkwürdig vor, dass sie den Mann nicht nur aus der ÖVP-Zentrale abholen, sondern auch seine Wohnung durchsuchen ließ.
    Kurier: Blümel wusste davon
    Bei der Befragung durch die Polizei gab der Mann an, er habe keine Beweismittel unterschlagen, sondern lediglich dafür sorgen wollen, dass Informationen über die auf dem Kopierer gefertigten Ausdrucke und Kopien nicht an Parteien gelangen, die sie im Wahlkampf einsetzen. Dem Kurier zufolge handelte er dabei nicht alleine, sondern mit dem Wissen des damaligen Kanzleramtsministers Gernot Blümel, dessen Name auch in den Affären um ein “schwarzes Netzwerk” im österreichischen Verfassungsschutz (vgl. Österreich: Kurzer Dienstweg zwischen Verfassungsschutz und ÖVP) und illegale Parteienfinanzierung über Vereine auftaucht (vgl. Staatsanwältin will “genaue Landkarte politiknaher Vereine”) und der eine Quasi-Klarnamenspflicht im Internet durchsetzen wollte (vgl. “Digitales Vermummungsverbot”)…
    Quelle: Telepolis

    Dazu: “Schredder-Gate” in Wien
    Datenträger aus Kanzleramt vernichtet – Kurz sprich von “normalem Vorgang”
    (…) Kanzlerin Brigitte Bierlein hat eine interne Evaluierung veranlasst. Die Opposition, allen voran die FPÖ, will vor allem wissen, welche Unterlagen denn vernichtet wurden.
    „Der Umstand, dass jemand aus dem Kurz-Büro rasch nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos unter falschem Namen eine Festplatte schreddern lässt und dafür nicht einmal bezahlt, kann als weiteres Indiz dafür gedeutet werden, dass die ÖVP von den Medienberichten am 17. Mai doch nicht so überrascht gewesen sein könnte, wie sie heute behauptet”, zitiert die Kronen-Zeitung den FPÖ-Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein.
    “Angesichts des Ibiza-Skandals hätte das Bundeskanzleramt im Umgang mit sensiblem Datenmaterial noch größere Sorgsamkeit walten lassen müssen. Das ist aufzuklären, und dazu werden wir eine parlamentarische Anfrage an das Bundeskanzleramt einbringen”, sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda.
    Die “Soko Ibiza” ermittelt gegen den Kurz-Mitarbeiter. Er wird demnach des Betrugs und der Unterdrückung von Beweismitteln beschuldigt – wegen Nutzung einer falschen Identität und weil der Datenträger, den er vernichtet hat, ein Beweismittel hätte sein können.
    Quelle: RT Deutsch

  15. Familienministerin Stilling fordert: Nach ÖVP-FPÖ-Kürzungen – Familienbeihilfe für Krisenpflegeeltern soll wieder kommen
    ÖVP und FPÖ haben Anfang 2019 beschlossen, dass viele Krisenpflegeeltern kein Kindergeld mehr erhalten. Familienministerin Ines Stilling will das jetzt ändern: Auch Kurzzeit-Eltern sollen für die Betreuung von Kindern in Not Familienbeihilfe bekommen.
    Krisenpflegeeltern bekommen Kindergeld und andere Familienleistungen erst nach 90 Tagen – so haben es ÖVP, und FPÖ Anfang des Jahres im Parlament beschlossen. Das bringt finanzielle Einschnitte vor allem für Kurzzeit-Kriseneltern.
    Denn im Schnitt sind Kinder nur 6 bis 8 Wochen bei ihrer Notfall-Familie. Und die bekommt jetzt kein Kindergeld mehr. Selbst wenn sie mehrere Kinder hintereinander oder überlappend in Pflege haben, bekommen sie nie die Familienbeihilfe.
    Krisenpflege-Mama ist kaum mit Job vereinbar
    Wenn kleine Kinder verwahrlosen, geschlagen werden oder Eltern drogenabhängig sind, dann springen Krisenpflegeeltern ein und geben den Kleinen Vertrauen und Liebe zurück. Es sind vor allem Frauen, die den Kindern aus krisengebeutelten Familien helfen. Die Lebensbedingungen für Krisenpflege-Eltern sind schwer. Die Entschädigung nicht hoch, Pflegegeld gibt es nur im Nachhinein. Gewand, Medizin, Essen, Spielzeug – das alles bezahlen die Krisenpflege-Eltern selbst…
    Quelle: kontrast.at
  16. 120 Vertreter blockfreier Staaten verurteilen US-Politik gegen Venezuela
    Treffen in venezolanischer Hauptstadt Caracas. Blockfreie Staaten entschieden gegen äußere Einmischung
    Caracas. Die Repräsentanten der Blockfreien Bewegung (Non-Aligned Movement, NAM), die 120 Staaten vertreten, haben am Wochenende in einer Erklärung die feindliche Politik der USA gegen Venezuela verurteilt. Sie forderten die Regierung der USA auf, die gegen Venezuela verhängten wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen unverzüglich aufzuheben. Als Ehrengast nahm der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow an dem Treffen teil.
    Die Ministertagung des Koordinierungsbüros von NAM fand turnusgemäß in Caracas statt und zeigte sich besorgt über den zunehmenden Unilateralismus. Bereits in seiner Eröffnungsrede rief der venezolanische Außenminister Jorge Arreaza zur Stärkung des Multilateralismus auf. “Wir leben in einem historischen Moment, in dem der Multilateralismus angegriffen wird, einem systemischen Phänomen, das viele Länder der Welt betrifft: Staatsstreiche, politische Destabilisierung, Wirtschaft mit geopolitischen Interessen.” Weiter betonte Arreaza die Notwendigkeit, das Recht auf Frieden zu fördern und die Zukunft der Völker ohne äußeren Druck zu entscheiden, um eine friedlichere und wohlhabendere Welt zu schaffen. “Venezuela sowie Kuba, Iran, Syrien, Nicaragua und die Demokratische Volksrepublik Korea sind Opfer des Interventionismus, von Ausländern, die auf einem Regierungswechsel bestehen, die sich für ein Regime entscheiden, das ihren Interessen unterwürfig ist.”
    (…) Die Mitglieder der internationalen Organisation konstatierten in der Erklärung, dass nur Venezuela über sein Schicksal entscheiden kann. Kein anderer Staat könne im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen eingreifen. Die NAM-Länder lehnen eine ausländische Intervention in das südamerikanische Land ab und bekräftigten ihr Engagement für eine friedliche Lösung der Probleme des Landes…
    Venezuelas Präsident Maduro äußerte sich erfreut zu den Ergebnissen des Treffens: “Ich bin dankbar für die starke Unterstützung aller Mitglieder und Delegationen aus den 120 NAM-Ländern für die Präsidentschaft, die Venezuela seit drei Jahren innehat und die einen akuten Kampf für die gerechten Anliegen der Menschheit darstellt. Das venezolanische Volk begrüßt alle entgegengebrachte Solidarität!”
    Quelle: Amerika 21
  17. zu guter Letzt: Verbraucher, boykottiert Bentley!

    Quelle: Karl Lauterbach via Twitter

    Anmerkung Jens Berger: Wenn der vielleicht kommende SPD-Vorsitzende den „Verbrauchern“ (sic!) rät, eine Automarke zu boykottieren, deren Produkte bei rund 200.000 Euro anfangen, ist dies schon skurril. Noch skurriler ist, dass Bentley eine Tochter der Volkswagen AG ist, bei der das Land Niedersachsen einer der wichtigsten Anteilseigner ist. Und wer regiert doch gleich in Niedersachsen?


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