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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 9. September 2019 um 8:40 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Steinmeiers Rede zum Bürgerfest – Chuzpe hat der Mann
  2. Robert Habeck will Schuldenbremse reformieren
  3. Doppelmoral
  4. “Cum-Ex-Files”: Angriff auf Europas Steuerzahler
  5. Der deutsche Spargroschen-Trump
  6. Versteckte Steuererhöhung: Das sind die Pläne von Olaf Scholz
  7. Territoires zéro chômeur de longue durée – Jobgarantie auf Französisch?
  8. JU-Chef Kuban: Grundrente streichen und Hauskauf erleichtern
  9. Streit um Geoengineering – Kalter Klimakrieg
  10. Umweltgifte statt Menschenrechte: Das Sterben der Indigenen in Kolumbien
  11. Neue Satellitenaufnahmen zeigen dramatische Eisschmelze
  12. Verkehrsministerium rechnet Klima-Schiene klein
  13. Investitionen der Ölindustrie unterlaufen Pariser Klimaziele
  14. Schulprivatisierung verursacht über 800 Millionen Euro Mehrkosten
  15. Stuttgart-21-Fan-Gemeinde feiert Deutschlands dümmsten Eisenbahntunnel
  16. So verspielen die klammen deutschen Kommunen ihre Zukunft
  17. Endspiel für die Türkei vor den Toren Idlibs
  18. Und jetzt die ganze Wahrheit über Syrien

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Steinmeiers Rede zum Bürgerfest – Chuzpe hat der Mann
    Der Bundespräsident hatte zum Bürgerfest ins Schloss Bellevue eingeladen. Dort hielt Steinmeier eine Rede, die paradigmatisch für die völlige Entfremdung der politischen Eliten steht – denn er ist einer der Architekten der Spaltung Deutschlands und Europas. (…)
    Zum einen steht er als maßgeblicher Architekt der Agenda 2010 für diejenigen Maßnahmen, durch die die Bundesrepublik immer weiter gespalten wurde und wird.Was hat er getan? Er hat ein System befördert, das Druck auf die Arbeitnehmer ausübt, das einen riesigen Niedriglohnsektor in Deutschland geschaffen hat. Er ist mitverantwortlich für die Schwächung der Gewerkschaften und damit dafür, dass in Deutschland die Löhne weit hinter dem Möglichen zurückgeblieben sind. Er hat aktiv die Angst der Mittelschicht vor der realen Möglichkeit eines Abstiegs befördert.
    Das hatte aber auch Rückwirkungen auf die Länder der Währungsunion. Er hat es mit zu verantworten, dass sich Deutschland als Mitglied in dieser Währungsunion durch Lohndumping, durch systematischen, gesetzlich beförderten Betrug an den Arbeitnehmern in Deutschland, Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Nationen des Euroraumes erschlichen hat. Auf Kosten der anderen Euroländer wurde Deutschland zum Exportweltmeister, der nicht nur Autos und Technologie, sondern auch seine Arbeitslosigkeit an seine Handelspartner exportiert.
    Um einen gesunden Währungsraum zu haben, müssen Handelsbilanzen ausgeglichen sein, in die eine wie die andere Richtung. Deutschlands Handelsbilanz ist extrem ungesund. Steinmeier ist mit der Ausgestaltung der Agenda 2010, dem Umbau und dem Rückbau der sozialen Sicherungssysteme, maßgeblich für das ökonomische Ungleichgewicht mitverantwortlich, an dem die EU zu scheitern droht. Er hat darüber hinaus die Angst vor einem individuellen Abstieg geschaffen, die so etwas wie die AfD hervorgebracht hat. Die Politik, die er zu verantworten hat, hat den Aufstieg rechter Parteien und Parteien, die man gemeinhin populistisch nennt, erst möglich gemacht. Es war eine rot-grüne Regierung, die sozialdemokratische und linke Politik von der Idee der Verteilungsgerechtigkeit völlig entkernt und damit nach rechts verschoben hat. Seitdem ist der Platz links von rechten, marktradikalen Wirtschaftspolitiken frei. (…)
    Auch außenpolitisch hat Steinmeier nicht zur Einigung Europas, sondern als Spaziergänger auf dem Maidan zu einer neuen Spaltung Europas beigetragen. Dabei sind ihm alle diplomatischen Gepflogenheiten abhanden gekommen. Es gilt nach wie vor das völkerrechtliche Prinzip der Nichteinmischung. Ein Außenminister, der auf Demonstrationen im Ausland mit seiner Präsenz einer Gruppe Unterstützung für ihr Anliegen zusichert, verstößt gegen dieses Prinzip.
    Das war allerdings nicht das erste Mal. Mit der rot-grünen Regierung und dem Überfall auf die Bundesrepublik Jugoslawien wurde der Völkerrechtsbruch zum regulären Mittel der deutschen Außenpolitik erhoben. Gewalt ersetzt Recht. Die Beispiele dafür sind inzwischen zahlreich. Egal, ob militärische Unterstützung im Irak, in Syrien, Anerkennung von selbsternannten Präsidenten, Staatspiraterie mit deutscher Unterstützung usw. usf., die Außenpolitik Deutschlands ist inzwischen von groben Missachtungen internationalen Rechts durchzogen.
    Quelle: RT Deutsch

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten weisen seit vielen Jahren auf die hier genannten Fehlleistungen des heutigen Bundespräsidenten hin. Bitte lesen Sie dazu auch den aktuellen Diskussionsbeitrag von Albrecht Müller: “Zur Diskussion gestellt: Arbeitet das Spitzenpersonal Steinmeier und Merkel für uns oder für fremde Interessen?“.

  2. Robert Habeck will Schuldenbremse reformieren
    Der Grünenpolitiker fordert, die schwarze Null aufzugeben und bis zu 35 Milliarden Euro in Infrastruktur zu investieren. Das geht nur mit einer Grundgesetzänderung.
    Der Parteivorsitzende der Grünen Robert Habeck fordert angesichts einer möglichen Rezession in Deutschland eine Abkehr von der Haushaltsdisziplin der großen Koalition. “Wir wollen die europäischen Stabilitätsvorgaben auf Deutschland übertragen und daran entlang die Schuldenbremse aktualisieren. Das würde dem Staat zwischen 30 und 35 Milliarden Euro jährlich an zusätzlichem Spielraum geben”, sagte er in einem Interview mit der Welt am Sonntag. Die Schuldenbremse, wie sie jetzt bestehe, stamme aus einer Zeit, in der politische Handlungsfähigkeit durch hohe Zinsen eingeschränkt gewesen sei.
    Das Geld solle in einen Investitionsfonds überführt werden, der der Jährlichkeit des Haushalts entzogen ist und Ländern und Kommunen offensteht. “Damit ließen sich beispielsweise Infrastruktur, Breitbandversorgung, Sanierung von Schulen, Sporthallen, Schwimmbädern und der Ausbau der Schiene finanzieren”, sagte Habeck. Um den Investitionsfonds abzusichern, würden die Grünen eine Grundgesetzänderung anstreben.
    Habeck forderte außerdem eine Unterstützung der neuen italienischen Regierungskoalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und Sozialdemokraten. “Deutschland profitiert davon, wenn Italiens Wirtschaft funktioniert. Deswegen sollten wir nicht auf einem schnellen Schuldenabbau bestehen, sondern den Schwerpunkt darauf legen, die italienische Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen”, sagte Habeck der Welt am Sonntag. Italien sei ein “Schlüsselland”.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Grünen scheinen langsam ein bißchen vernünftiger zu werden – warum aber jetzt wieder die nächste Grenze bei 35 Milliarden Euro (ca. 1% des BIP) eingezogen werden sollen, bleibt unklar. Viel höhere zusätzliche Investitionen sind notwendig. Die Begründung für die Zustimmung zur Schuldenbremse (“aus einer Zeit, in der politische Handlungsfähigkeit durch hohe Zinsen eingeschränkt gewesen sei”) ist genauso schief. Die Schuldenbremse war noch nie richtig, und ihre Einführung hat maßgeblich zum Verrotten der deutschen Infrastruktur beigetragen. Begrüßen kann man Habecks Wunsch nach einer Unterstützung für Italien und die italienische Wirtschaft, womit er wesentlich mehr Einsicht zeigt als Merkel und Scholz, die Italien mit dem Beharren auf sinnlosen Schuldenregeln gnadenlos kaputtsparen wollen.

  3. Doppelmoral
    Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich bei ihrem China-Besuch für die „Rechte und Freiheiten“ der Bevölkerung in Hongkong ausgesprochen. Es müsse jetzt „alles daran gesetzt werden, Gewalt zu vermeiden“, erklärte sie bei einer gemeinsamen Pressebegegnung mit Regierungschef Li Keqiang. Wer mag dem Ruf nach politischen Lösungen durch Dialog nicht zustimmen?
    Doch sollte er eben nicht nur für China gelten, oder für Russland. Warum hat Merkel nicht wenigstens ein Mal die – von der französischen Regierung angeordneten – brutalen Einsätze der Polizei gegen die Gelbwesten problematisiert. Die Bilanz dort seit Herbst vergangenen Jahres ist erschreckend: 2 Tote, 24 Augen ausgeschossen, fünf Hände von Granaten zerfetzt, 315 Kopfverletzungen durch gummiummantelte Stahlgeschosse. Über 3000 Verletzte sind es Presseberichten zufolge insgesamt, darunter auch 95 Journalisten und mindestens 30 ehrenamtliche Rettungssanitäter.
    Und zur Erinnerung: Als Demonstranten auf den Champs-Élysees randalierten und Pariser Luxusboutiquen brannten, hat Präsident Emmanuel Macron den Einsatz von Anti-Terror-Einheiten und Elitesoldaten der Armee in Paris angeordnet. Kanzlerin Merkel hatte sich seinerzeit an die Seite der französischen Regierung gestellt in deren Bemühen, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Mit derlei Doppelmoral wird man in Beijing schwerlich Gehör finden.
    Quelle: Sevim Dagdelen via Facebook
  4. “Cum-Ex-Files”: Angriff auf Europas Steuerzahler
    “Es geht um mindestens 55 Milliarden Euro: Der organisierte Griff in die Steuerkasse durch “steuergetriebene Aktiengeschäfte” ist viel größer als angenommen. Das belegen Recherchen europäischer Medien, an denen auch die ARD beteiligt ist. (…) Und die Bundesregierung unterließ es über Jahre, ihre europäischen Partner zu warnen, obwohl sie längst von dem Raubzug wusste. (…) Im Interview bezeichnet der Insider die “steuergetriebenen Geschäfte” als “organisierte Kriminalität in Nadelstreifen”. “Alle wussten, worum es geht: dass man hier Rendite aus dem Steuersäckel holt.” Offenbar um dem Gefängnis zu entgehen, entschloss er sich auszupacken. Ihm drohen viele Jahre Haft. Das Geld wird er zurückzahlen müssen. Die Ermittler halten ihn für glaubwürdig. Im Interview berichtet er, wie der Angriff auf Europas Steuerzahler ablief. (…) Cum-Ex wird von der Bundesregierung als illegal eingestuft und ist Gegenstand zahlreicher staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren. Cum-Cum ist nicht per se illegal, die Bundesregierung geht aber von einem Gestaltungsmissbrauch aus, wenn die Geschäfte rein steuerlich motiviert sind. Dies ist nach Ansicht von Spengel bei so gut wie allen am Markt angebotenen Modellen der Fall. (…) Fast alle großen Banken waren an den Aktiengeschäften auf Kosten des Steuerzahlers beteiligt. “Da können Sie sich eine aussuchen. Ich kenne kaum eine, die nicht dabei war”, so der Insider. Verdeckte Recherchen zeigen außerdem, dass die Geschäfte zulasten der europäischen Steuerzahler bis heute weitergehen…”
    Quelle: LabourNet Germany

    Dazu: Wie KPMG vor Cum-Ex warnte – und dennoch einknickte
    In dieser Woche hat in Bonn der erste Strafprozess zur größten organisierten Steuerhinterziehung in Deutschland begonnen. Vor Gericht stehen zwei Aktienhändler, die den deutschen Staat zwischen 2006 und 2011 um 447 Millionen Euro gebracht haben sollen. Mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften sollen sie sich eine nur einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Dividenden doppelt und dreifach vom Staat zurückerstattet haben lassen.
    Insgesamt stahlen Investoren, Banken und ihre Helfershelfer dem deutschen Staat Schätzungen zufolge mehr als zehn Milliarden Euro durch Cum-Ex-Deals. Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln gegen weitere Verdächtige. Sie werden durch zahlreiche Kronzeugen aus dem Cum-Ex-Milieu unterstützt. Auch die in Bonn angeklagten Aktienhändler sind Kronzeugen in anderen Ermittlungen.
    Der Prozess in Bonn und folgende Prozesse könnten auch neue Erkenntnisse über die Dienstleister der Cum-Ex-Geschäfte zutage fördern, die über die Erkenntnisse aus dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss des Bundestages hinausgehen. Laut Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, waren „nie zuvor so viele Akteure in einen Fall von Finanzkriminalität involviert: inländische und ausländische Banken, private und öffentliche Geldinstitute, Fondsverwalter, Aktienhändler, Wirtschaftsprüfer, Bankenverbände, Steuerberater, Rechtsanwälte, Professoren“. Schick saß bis Ende 2018 als grüner Finanzpolitiker im Bundestag und war in dieser Zeit Mitglied des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses. (…)
    Hochrangige Zeugen aus der Bafin gaben im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss an, die Bafin habe erst ab dem Jahr 2012 von den Geschäften erfahren. Zudem mangelte es der Behörde an steuerrechtlichen Kompetenzen, um die Geschäfte zu bewerten, so sagten Zeugen im Ausschuss. Dementsprechend habe man sich bei der Einschätzung von Cum-ExGeschäften größtenteils auf die Bewertung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verlassen. Diese Wirtschaftsprüfer wurden jedoch gleichzeitig von jenen Banken für Jahresabschlussprüfungen bezahlt, in denen die Profiteure der Cum-/Ex-Geschäfte saßen, die ein großes Interesse an der Verschleierung ihrer Geschäfte hatten.
    Aufsichtsbehörden und Politik hätten frühzeitig von den Cum-Ex-Geschäften wissen können. Fehlendes Detailwissen und Ignoranz gegenüber Hinweisen aus der Finanzbranche trugen dazu bei, dass die Cum-Ex-Geschäfte jahrelang laufen konnten. Nun ist es an der Justiz, diesen Scherbenhaufen aufzukehren und Licht ins Dunkel der Cum-Ex-Geschäfte zu bringen.
    Quelle: Der Tagesspiegel

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Nicht neu, aber man muss diesen Opportunismus immer wieder dick unterstreichen!

    Anmerkung Christian Reimann: Haben Aufsichtsbehörden und Politik gegenwärtig ausreichend Detailwissen von aktuellen Geschäften und sind sie heute weniger ignorant gegenüber Hinweisen? Beim Thema Steuerhinterziehung hat Bundesfinanzminister Scholz auf jeden Fall noch einiges zu tun – es besteht dringender Handlungsbedarf.

  5. Der deutsche Spargroschen-Trump
    Der deutsche Sparkassenchef macht die Europäische Zentralbank zum Sündenbock, weil sie Sparer enteigne. Dabei kämen die ohne Draghi und Euro heute schlechter weg.
    Populisten sind Männer mit hellen Haaren, die wütend tönen, dass irgendwer schuld ist, wenn es im Land schlecht läuft – mal Mexikaner, mal Polen oder Syrer. Und die vor der nahenden Apokalypse warnen – um dann darzulegen, wie sie ebendiese durch einfach zu verstehende Dinge heroisch abwenden würden. Mauer bauen. Brexit machen. Syrer raus. Wobei die Rezepte sich dann in der Regel als untauglich erweisen – und als doch nicht so einfach. Siehe Boris Johnson.
    Bei uns bewirbt sich gerade Helmut Schleweis, der oberste Vertreter des Sparkassengewerbes, um Aufnahme in die Kategorie. Schuld: der Italiener, also Mario Draghi. Unheil: die Negativzinsen. Apokalypse: dass der Sparer enteignet wird.
    Wogegen nur hilft, den Italiener und seine Europäische Zentralbank zu stoppen (und wenn es nach dem einen oder anderen älteren Mitbürger im Land geht, am besten gleich die D-Mark wieder einzuführen). Dann kriegt der deutsche Sparer wieder Zins. Apokalypse abgewendet.
    Dabei könnte in Wirklichkeit das Gegenteil eintreten. Es spricht eine Menge dafür, dass es ganz andere Gründe für die Nullzinsen gibt – und der deutsche Sparer ohne Europäische Zentralbank (EZB) und den Italiener nicht besser wegkäme, sondern noch schlechter. Wie der Brite mit dem Brexit. Ökonomie für Spargroschen-Trumps.
    Quelle: SPIEGEL Online
  6. Versteckte Steuererhöhung: Das sind die Pläne von Olaf Scholz
    Geht es nach dem Willen von Scholz, sollen künftig Bildungsangebote für Erwachsene, die nichts mit dem Beruf zu tun haben, umsatzsteuerpflichtig werden. Dazu gehören zum Beispiel Erste-Hilfe-Kurse zum Erwerb des Führerscheins, Computerkurse für Senioren, Schulungshilfen für Menschen mit Behinderung, Integrationskurse, Vortragsreihen für Diabetes-Kranke oder Fortbildungsangebote für ehrenamtlich Tätige. Bislang sind derartige Angebote steuerfrei. Wird die Umsatzsteuer künftig fällig, steigen die Gebühren für die Teilnehmer. (…)
    Die bisher nur Steuerexperten aufgefallene Änderung ist in einem Gesetzentwurf enthalten, den das Bundeskabinett bereits im Sommer beschlossen hat. Darin geht es im Wesentlichen um die steuerliche Förderung der Elektromobilität. Die geplanten Umsatzsteuer-Änderungen im Bildungsbereich werden im Begleittext des Gesetzentwurfs gar nicht erwähnt. Das Finanzministerium bestätigte dem RND die geplanten Änderungen. Künftig sollten Bildungsleistungen generell nur dann steuerbefreit sein, wenn sie nicht der „reinen Freizeitgestaltung“ dienten. Begründet werden die Pläne mit einer notwendigen Anpassung an europäisches Recht.
    Die führenden Wohlfahrtsorganisationen machen jedoch in einem Schreiben an das Finanzministerium darauf aufmerksam, dass die nationalen Regierungen in dieser Frage einen Ermessensspielraum hätten. Dieser müsse genutzt werden. Ansonsten drohe eine Verteuerung der von den Sozialverbänden angebotenen Leistungen.
    Quelle: RND

    Anmerkung J.K.: Tja, ein deutscher Finanzminister, ist ein deutscher Finanzminister. Den Reichen geben und den Armen nehmen ist das handlungsleitende Motiv. Es fragt sich, was diese geplanten Umsatzsteuer-Änderungen im Bildungsbereich eigentlich an Steuereinnahmen bringen soll? Die Verluste durch die Abschaffung des Solidaritätsbeitrages werden damit wohl kaum kompensiert. Zudem sollte Scholz sein Augenmerk lieber explizit auf die nach wie vor praktizierte aggressive Steuervermeidung und Steuerhinterziehung richten. Hier entstehen der Allgemeinheit jedes Jahr Milliardenverluste. Die letzte Frage die sich dann wieder einmal stellt, ist die, weshalb Scholz überhaupt in der SPD ist.

  7. Territoires zéro chômeur de longue durée – Jobgarantie auf Französisch?
    Langzeitarbeitslosigkeit ist sowohl für die Betroffenen als auch für die Gesellschaft ein großes Problem: Sie erschwert soziale Teilhabe, lässt Potenzial ungenützt und kostet Geld. Weder gute Konjunktur noch aktivierende Arbeitsmarktpolitik haben sich bisher als erfolgreiche Mittel zur Bekämpfung des Phänomens erwiesen. Manche Länder in Europa – allen voran Frankreich – versuchen es daher mit neuen Ansätzen: staatlich geförderte und regional verankerte Jobs für alle Langzeitarbeitslosen auf freiwilliger Basis. (…)
    Um diesem Trend etwas entgegenzusetzen, erprobt Frankreich seit beinahe drei Jahren ein arbeitsmarktpolitisches Experiment: „Territoires zéro chômeur de longue durée“ – Kommunen ohne Langzeitarbeitslosigkeit. Dabei handelt es sich um staatlich finanzierte Beschäftigungsmöglichkeiten für alle, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance mehr bekommen. Die Grundidee ist, neue Beschäftigungsverhältnisse auf Basis der vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten arbeitsloser Personen und des Bedarfs in den jeweiligen Regionen zu generieren. Dabei findet ein arbeitsmarktpolitischer Strategiewechsel statt: Statt weiterhin zu versuchen, die Zielgruppe mittels arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen fit für den Arbeitsmarkt zu machen, richtet sich der Fokus darauf, wie die Fähigkeiten der Betroffenen gesellschaftlich sinnvoll eingesetzt werden können. Die Kosten halten sich dabei in Grenzen, denn finanziert werden die Jobs teilweise mittels eines Passiv-aktiv-Transfers: also über die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, die die vormals langzeitarbeitslosen Menschen ohnehin erhalten hätten.
    Ziel dieses arbeitsmarktpolitischen Experiments ist es zu zeigen, dass es möglich ist, auf regionaler Ebene sinnvolle (gesellschaftlich nützliche) Arbeitsplätze zu schaffen, die unbefristet sind, Nutzen stiften und keine Mehrkosten verursachen. Um welche Jobs es sich genau handelt, wird jeweils in den Regionen unter Miteinbeziehung möglichst aller relevanten AkteurInnen entschieden. Beispiele umfassen kommunale Dienstleistungen, administrative Unterstützung lokaler Unternehmen, Hilfsarbeiten in der Landwirtschaft, Re- und Upcycling und andere Arbeiten im Sinne der ökologischen Transformation. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Experiment sind positiv, aller Voraussicht nach wird es verlängert und in weiteren Regionen umgesetzt.
    Quelle: A&W blog

    Anmerkung Christian Reimann: Das wäre wohl auch für Deutschland interessant. Mit so einem Programm könnten die Bundesminister Heil und Scholz erwerbslosen Personen hierzulande tatsächlich helfen. Aber wollen sie das auch?

  8. JU-Chef Kuban: Grundrente streichen und Hauskauf erleichtern
    Es gab auch in der Union zuletzt Diskussionen um die schwarze Null, also das Dogma des ausgeglichenen Haushalts und des Neins Zu Neuverschuldung. Ist das zu wenig inspiriert?
    Ich halte neue Schulden für einen Skandal. Wir müssen an der schwarzen Null festhalten. Wir haben oft genug erlebt, dass Schulden gemacht wurden, um dann neue Renten- und Sozialgeschenke zu finanzieren, statt in Innovation und Zukunft zu investieren. Da ging es dann darum, die ältere Generation glücklich zu machen, weil sie die größte Wählergruppe von Union und SPD stellen.
    Eines der nächsten Projekte der Groko ist die Grundrente.
    Ich kann völlig verstehen, dass jemand der lange Jahre hart gearbeitet hat, eine ordentliche Rente will. Aber die Frage ist, wer das bezahlen soll. Man kann jeden Euro nur ein Mal ausgeben. Und da wäre es sinnvoller, der jungen Generation Chancen zu eröffnen. Im Koalitionsvertrag steht, dass die Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim gestrichen werden soll. Der Staat nimmt dadurch seit Jahren mehr und mehr Milliarden ein und für den Einzelnen ist es eine Riesenbelastung, der den Immobilienkauf im Zweifel verhindert, weil allein die Steuer mehrere Monatsgehälter verschlingt. Die Streichung wäre also dringend geboten.
    Lieber die Grunderwerbssteuer für Erst-Immobilien streichen also als die Grundrente einführen?
    Ja. So ermöglicht man jungen Menschen, fürs Alter vorzusorgen, da sie als Rentner keine Miete mehr zahlen müssen. Das ist generationengerechte Politik.
    Quelle: RND

    Anmerkung Christian Reimann: Das ist also der „christliche“ Nachwuchs der Unionsparteien – erschreckend viel neoliberales Geschwätz in so wenigen Zeilen! Und das obwohl selbst neoliberale Ökonomen Abstand von der Schuldenbremse und der „schwarzen Null“ nehmen.

    Kennt Herr Kuban die Lebensverhältnisse junger Personen überhaupt? Offensichtlich kennt er lediglich solche, die sich zumindest einen Hauskauf leisten könnten.

    Anmerkung J.K.: Den stumpfen Dogmatismus Kubans gerade bezüglich der schwarzen Null muss man eigentlich nicht kommentieren. Selbst neoliberale Ökonomen rücken inzwischen angesichts einer sich ausweitenden Rezession und des rasanten Verfalls der Infrastruktur vom Austeritätsdogma ab. Bis in die Junge Union scheint das noch nicht vorgedrungen zu sein. Dabei beansprucht die CDU doch immer “Wirtschaftskompetenz” für sich. Wieder bezeichnend, dass diesbezüglich zwischen Finanzminister Scholz (SPD) und den Hardliner der JU kein Blatt Papier passt.

  9. Streit um Geoengineering – Kalter Klimakrieg
    Die Klimakrise wird schon bald Kriege befördern – um Wasser, Ackerland und Orte, an denen Menschen ohne Angst vor Naturkatastrophen leben können. Ein noch bedrohlicherer Konflikt könnte in 25 Kilometern Höhe entstehen. […]
    Es würde nur etwa ein bis zwei Milliarden Dollar im Jahr kosten, mit Flugzeugen jedes Jahr etwa eine Million Tonnen bestimmter Aerosole in die Stratosphäre zu sprühen, das haben Forscher von den Universitäten Harvard und Carnegie Mellon sowie Mitarbeiter des Unternehmens Aurora Flight Sciences schon vor Jahren ausgerechnet. Damit könnte man die Erwärmung der Atmosphäre tatsächlich bremsen – solange man mit dem Versprühen der Aerosole nicht aufhört. Der Mechanismus ist bekannt: Als der indonesische Vulkan Pinatubo im Jahr 1991 eine gigantische Wolke Schwefeldioxid in die Atmosphäre spuckte, kühlte das die Erde vorübergehend messbar ab – um bis zu 0,5 Grad Celsius.
    Dieser Effekt ließe sich auch künstlich herstellen. Das aber wäre nur eine temporäre Hilfe und zudem hochriskant. Denn, so schreibt der “Economist”-Redakteur Oliver Morton in seinem Buch “The Planet Remade”: Die Stratosphären-Schleier wären “kein Gegengift gegen die Klimaveränderung”, sondern lediglich “eine zusätzliche Klimaveränderung”. Und die würde ihrerseits nur schwer vorhersagbare Auswirkungen haben – zum Beispiel vermutlich die Niederschlagsmenge auf der Erde verringern.
    All das hat übrigens mit “Chemtrails” nichts zu tun – auch wenn die Chemtrails-Verschwörungstheoretiker die entsprechenden Forschungsprojekte selbstverständlich mit Argwohn und Wut beobachten.
    Tatsächlich sind viele Wissenschaftler schon seit Jahren damit beschäftigt, entsprechende Berechnungen anzustellen und zu vergleichen. Konkrete Experimente aber beschränken sich bislang auf harmlose Modellversuche.
    Quelle: SPIEGEL Online
  10. Umweltgifte statt Menschenrechte: Das Sterben der Indigenen in Kolumbien
    Auch 500 Jahre nach der europäischen Militärinvasion in Amerika geht der Genozid an den Ureinwohnern des Kontinents weiter. Niemand spricht vom Holocaust an den Indianervölkern Amerikas. Die “Nationale Indianerorganisation Kolumbiens” (ONIC) schlug vor wenigen Wochen Alarm. Sie warnte vor der Gefahr, dass eine Reihe von ethnischen Gruppen vom Aussterben bedroht ist.
    Besonders tragisch ist die Situation des kolumbianischen Wayuu-Volkes mit 5.000 an chronischer Unterernährung gestorbenen Kleinkindern. Hunger, Mangelerkrankungen und fehlende ärztliche Versorgung haben auch bei fast 100 Indianerinnen während der Schwangerschaft zum Tod geführt.
    Der größte Kohletagebau der Welt
    Die größte indigene Nation Kolumbiens, die Wayuu (insgesamt etwa 800.000), sind auf der kolumbianischen Halbinsel La Guajira vom Aussterben bedroht. Der Fluss Ranchería, die Lebensader der Gegend, wurde im Rahmen des Kohlebergbaus aufgestaut und umgeleitet. Das früher von den Wayuu landwirtschaftlich genutzte Gebiet ist heute eine dürre Einöde. Die Menschen haben keinen Zugang zu Trinkwasser. Man hat ihnen den Fluss geraubt, wie sie sagen.
    Die kolumbianische Firma “El Cerrejón”, Betreiberin des größten Steinkohletagebaus der Welt, liefert in großem Umfang an deutsche Energieunternehmen. Darunter Firmen wie Eon, RWE, die Steag oder Thyssenkrupp. Sie kaufen zwei Drittel ihres Bedarfs in Kolumbien ein. Die deutsche Abhängigkeit kennt keine Menschenrechte.
    Quelle: RT Deutsch
  11. Neue Satellitenaufnahmen zeigen dramatische Eisschmelze
    Klimaforscher haben die Auswirkungen der globalen Erwärmung anscheinend unterschätzt. Neue Satellitenaufnahmen der Nasa zeigen eine dramatische Eisschmelze, die in diesem Ausmaß nicht erwartet wurde.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wenn man nach ähnlichen Artikeln googlet, dann findet man für 2011 “Meereis in der Arktis schrumpft dramatisch schnell” und für 2012 “ARKTISCHES MEEREIS – Größte Eisschmelze seit Beginn seriöser Messungen“. Jahr für Jahr für Jahr ein neuer Rekord – traurigerweise ist das kein neues Thema.

  12. Verkehrsministerium rechnet Klima-Schiene klein
    50 Maßnahmen, wie der Verkehrssektor CO2 einsparen soll, hatte Minister Andreas Scheuer zu Beginn des Sommers vorgelegt. Doch die Zahlen zum Güterverkehr in dem Klima-Paket werden nun aus der Schienenbranche stark angezweifelt: Das Ministerium habe das Potenzial der Bahnen stark unterschätzt.
    ür Klimaschützer ist Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lediglich ein weiterer Autominister. Die zunehmende Kritik war Anlass für Scheuer, sich seit einiger Zeit in sozialen Netzwerken als “Fahrradminister” zu inszenieren. In einem Youtube-Video rast er mit weißem Helm auf seinem Drahtesel in Richtung Klimaschutz.
    Außerdem machte er der Bahn Druck, die Preise im Personenverkehr zu senken. Zu Beginn des Sommers präsentierte er dann 50 Maßnahmen, wie der gesamte Verkehrssektor CO2-Emissionen einsparen könnte. Doch genau dieses Klima-Paket sorgt nun für Kritik.
    Nach Ansicht des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) wird in dem Paket das Potenzial der Schiene vollkommen unterschätzt. Es sei bis zu fünfmal so hoch wie das vom Bundesverkehrsministerium errechnete, so das NEE, ein Zusammenschluss privater Bahngüterverkehrsunternehmen vor allem aus Deutschland.
    Scheuers Klimamaßnahmen für den Güterverkehr sehen vor, den Schienenverkehr zu digitalisieren, auszubauen und zu elektrifizieren. Dafür will sein Ministerium drei Milliarden Euro bereitstellen. Zusammen mit dem Schiffsverkehr soll die Schiene dann bis zum Jahr 2030 etwa zwei Millionen Tonnen CO2 einsparen. Das Einsparpotenzial beim Lkw-Verkehr schätzt das Verkehrsministerium hingegen auf mindestens 17 Millionen Tonnen.
    Quelle: Klimareporter
  13. Investitionen der Ölindustrie unterlaufen Pariser Klimaziele
    Große Ölkonzerne wie BP, Shell oder Equinor haben sich mittlerweile dazu verpflichtet, ihre Geschäftsstrategie am Pariser Klimaabkommen auszurichten. Bislang sind das nur leere Versprechen, zeigt eine neue Studie des britischen Thinktanks Carbon Tracker.
    Um die Klimaziele des Paris-Abkommens einzuhalten, muss der Verbrauch fossiler Brennstoffe in den kommenden Jahren drastisch sinken. Nur dann kann der weltweite CO2-Ausstoß so weit reduziert werden, dass die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzt bleibt.
    Dennoch steckt die Erdölindustrie weiterhin Milliardensummen in neue Förderprojekte, obwohl diese nicht “Paris-konform” sind. Das zeigt eine neue Studie des britischen Thinktanks Carbon Tracker, die am heutigen Freitag veröffentlicht wurde.
    Das Fazit der Finanzanalysten: Keiner der großen Öl- und Gaskonzerne ist auf dem Kurs, den das Paris-Abkommen vorgibt. Jeder der Energieriesen hat im vergangenen Jahr Projekte beschlossen, die nicht vereinbar sind mit dem Zwei-Grad-Ziel, geschweige denn mit dem 1,5-Grad-Ziel.
    Insgesamt 18 Projekte im Gesamtwert von 50 Milliarden US-Dollar listet die Studie auf, die von den Unternehmen seit Anfang 2018 das Okay bekamen, aber nicht “Paris-kompatibel” sind. Weitere zwölf Projekte über nochmals 21 Milliarden Dollar sollen noch dieses Jahr genehmigt werden.
    Zu den schon beschlossenen Projekten gehört etwa das Flüssigerdgas-Projekt “LNG Canada”, in das Shell 13 Milliarden Dollar investiert. Zunächst sollen jährlich 14 Millionen Tonnen Flüssigerdgas (liquefied natural gas, LNG) produziert werden. Eine mögliche Verdopplung der Produktion ist ausdrücklich vorgesehen.
    Auch das “Aspen”-Projekt von Exxon Mobil gehört dazu, bei dem zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder eine neue Ölsandförderanlage in Kanada entstehen soll. In das Vorhaben in der Provinz Alberta steckt der US-Konzern 2,6 Milliarden Dollar, produziert werden sollen 75.000 Barrel Bitumen pro Tag.
    Exxon bewirbt das Projekt mit dem Hinweis, man setze neue und effizientere “Next Generation”-Technologien ein. Dadurch müsse beim Ölsandabbau weniger Wasser und Energie eingesetzt werden, sodass auch der Ausstoß von Treibhausgasen sinke. Carbon Tracker schätzt das Projekt indes als besonders umweltschädlich ein.
    Quelle: Klimareporter

    Dazu: Oil and gas companies undermining climate goals, says report
    Major oil and gas companies have invested $50bn (£40.6bn) in fossil fuel projects that undermine global efforts to avert a runaway climate crisis, according to a report.
    Since the start of last year, fossil fuel companies have spent billions on high-cost plans to extract oil and gas from tar sands, deepwater fields and the Arctic despite the risks to the climate and shareholder returns.
    Carbon Tracker, a financial thinktank, found that ExxonMobil, Chevron, Shell and BP each spent at least 30% of their investment in 2018 on projects that are inconsistent with climate targets, and would be “deep out of the money in a low-carbon world”.
    Andrew Grant, the author of the report, said: “Every oil major is betting heavily against a 1.5C world and investing in projects that are contrary to the Paris goals.”
    The study is the first to analyse individual projects to test whether they are compliant with a 1.5C world, and whether they would be financially sustainable in a low-carbon world.
    It found that none of the largest listed oil and gas companies are making investment decisions that are in line with global climate goals, and risk wasting $2.2tn (£1.8tn) by 2030 if governments take a tougher stance on carbon emissions.
    Last year Shell said it would spend $13bn on a liquefied natural gas project in Canada and ExxonMobil agreed to invest $2.6bn in the Aspen project in Canada, the first greenfield oil sands project in five years.
    “Investors should challenge companies’ spending on new fossil fuel production. The best way to both preserve shareholder value in the transition and align with climate change goals will be to focus on low-cost projects that will deliver the highest returns,” Grant said.
    Quelle: The Guardian

    Anmerkung Christian Reimann: Möglicherweise fühlt sich die Erdöl-Industrie nicht (mehr) an das Klimaabkommen und seine Ziele gebunden. Vorbild könnte US-Präsident Trump mit seiner Entscheidung vom Ausstieg aus diesem Abkommen gewesen sein . Nach dem Motto „Was Staaten können, schaffen wir doch auch“.

  14. Schulprivatisierung verursacht über 800 Millionen Euro Mehrkosten
    Gemeingut in BürgerInnenhand hat herausgefunden, dass die geplante Schulprivatisierung in Berlin über 800 Mio. Euro an Mehrkosten verursachen wird. Grund ist, dass die Wohnungsbaugesellschaft Howoge GmbH, mit der die Privatisierung durchgeführt werden soll, nahezu doppelt so viel Geld pro Schulplatz verlangt wie Schulen sonst im Bundesdurchschnitt kosten. Auch die Sanierungen durch die Howoge kommen viel teuer als anderswo. Den Mehrkosten steht keinerlei Mehrwert gegenüber: Das Geld wird verschleudert. Für die Summe von 800 Mio. Euro könnten über 1000 Beschäftigte eingestellt werden, die in der öffentlichen Verwaltung 10 Jahre lang den Schulbau vorantreiben.
    Hier die Studie zum download: Studie zu den Kosten der Berliner Schulbauoffensive (BSO) und den Auswirkung auf Beschäftigte in Berlin und Brandenburg
    Quelle: GiB
  15. Stuttgart-21-Fan-Gemeinde feiert Deutschlands dümmsten Eisenbahntunnel
    Als schwere Hypothek zulasten von Steuerzahler*innen und Klima bezeichnet Martin Poguntke vom Aktionsbündnis den Fildertunnel, dessen Teilfertigstellung am Montag mit viel Pomp und Prominenz gefeiert werden soll. Mit Milliardenaufwand werde ein „Rekord”-Tunnel aus dem Talkessel auf die Filderhöhe hochgebohrt, nur um drei Kilometer weiter die eben noch mit höchstem Energieeinsatz hochkatapultierten Züge fast dieselbe Zahl an Höhenmetern wieder ins Neckartal hinunterfahren zu lassen.
    Jeder der Tausende Züge die jahrein, jahraus gegen jede physikalische Vernunft diese Tunnel auf und abfahren, würde erheblich mehr Energie brauchen als auf einer Fahrt im derzeitigen Streckensystem durchs Neckartal – wegen der zusätzlichen Höhendifferenz und wegen des Luftwiderstands in den engen Tunneln. Und all das nur, damit der Flughafen per ICE ein paar Minuten schneller (das allerdings 250 m vom Flughafen entfernt) erreichbar wäre, um so weitere Zuwächse beim klimaschädigenden Flugverkehr zu generieren.
    Auf 4,5 Kilometer verläuft der Fildertunnel zudem durch Gipskeuper und unmittelbar unter dem Fernsehturm hindurch. In bahninternen Gutachten (von KPMG) warnen auch Schweizer Tunnelbauexperten vor den Risiken des Tunnelbaus durch die Anhydritgeologie. Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, so Poguntke, dass auf die lange Lebensdauer eines Tunnels gesehen, gerade der Fildertunnel zu einer Geschichte der Pannen, Streckensperrungen und wiederum betonintensiver Reparaturen, Neu- und Umbauten werden wird.
    Da der gefeierte Tunnel einen der weltweit niedrigsten Brandschutzstandards aufweist, ist zu hoffen, dass am Ende das Verantwortungsbewusstsein über Profit und politische Unterwerfung obsiegen wird und dem Fildertunnel die brandschutzrechtliche Genehmigung und damit der tatsächliche Verkehr von Zügen verwehrt werden wird.
    Damit Konsequenzen dieser Art nicht erst in vielen Jahren, sondern sofort gezogen werden, ruft das Aktionsbündnis am 9. September ab 14.30 h zu Protesten am Zugang zur Baustelle bzw. zur Feier auf.
    Quelle: K21
  16. So verspielen die klammen deutschen Kommunen ihre Zukunft
    Gerade in finanzschwachen Gemeinden müssen Unternehmen immer höhere Gewerbesteuern zahlen. Die Firmen suchen sich dann oft alternative Standorte – ein Teufelskreis. Um den zu durchbrechen, sehen Experten vor allem eine Lösung.
    „Wir haben genug Geld, da können wir etwas zurückgeben“, sagt Bürgermeister Frank Schneider. Der Haushalt der 60.000-Einwohner-Stadt Langenfeld im Rheinland weist seit dem Jahr 2008 einen Überschuss aus. Jetzt senkt Schneider sowohl die Gewerbe- als auch die Grundsteuer, in drei Schritten bis zum Jahr 2021.
    Er reagiert auf die Nachbarschaft zu Köln und Düsseldorf – und vor allem zu Monheim. „Ich wurde von Geschäftsführern angesprochen, ob bei den Steuern auch bei uns was möglich ist oder sie ihr Büro nach Monheim verlegen müssen“, sagt der CDU-Politiker. Monheim gehört seit Jahren zu den steuerlich attraktivsten Gemeinden.
    So niedrig wie in der 40.000-Einwohner-Stadt ist die Gewerbesteuer nirgendwo, bei der Grundsteuer reicht es für Platz fünf. Da musste Langenfeld reagieren und den Abstand bei den Hebesätzen reduzieren. Schließlich sollen auch in Zukunft Arbeitsplätze und Gewinne in Langenfeld bleiben und entstehen.
    Ein Wettbewerb wie zwischen Langenfeld und Monheim ist selten. Trotz der über Jahre erfreulichen Konjunkturlage und steigender Einnahmen sind Steuersenkungen im Kampf um Unternehmen und Arbeitskräfte die Ausnahme. Das zeigt eine Untersuchung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), die WELT AM SONNTAG exklusiv vorliegt.
    Hohe Hebesätze werfen Gemeinden im Wettbewerb zurück
    Von 699 Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern senkten in diesem Jahr nur acht die Hebesätze für die Gewerbesteuer. 54 erhöhten sie. Die Grundsteuer ging in zehn Gemeinden zurück, in 37 stieg sie. Die beiden Steuern sind die einzigen Unternehmensteuern, deren Höhe jede einzelne Gemeinde über den Hebesatz selbst bestimmen kann.
    Erhöhungen wollen nicht recht zu den Zahlen der kommunalen Spitzenverbände passen. Sie rechnen auch für 2019 mit einem deutlichen Überschuss der Kommunen – in Höhe von 5,6 Milliarden Euro. Nicht nur das Steueraufkommen steigt dank der guten Wirtschaftslage seit Jahren. Auch der Bund schießt immer mehr Geld hinzu. Gleichzeitig sind die Zinsausgaben für den Schuldendienst gering.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die WELT als Sprachrohr des Unternehmenslobbyisten Wansleben redet hier einem Steuerwettbewerb der Kommunen das Wort, also einer Senkung der Gewerbesteuerhebesätze. Wenn das aber nun alle tun, ist das logische Ergebnis niedrigere Gewerbesteuereinnahmen für ALLE Kommunen, die sich dann nur gegenseitig Unternehmensansiedlungen abjagen – und das, wo Gewerbe- und Grundsteuer die größten kommunalen Einnahmeposten und viele Kommunen heute schon unterfinanziert sind. Im Effekt würden sich die “klammen Kommunen” also richtig ins Knie schießen und noch schneller pleite gehen: ein Supertip von dem Lobbyisten. Die hier lobend erwähnte Stadt Monheim hat tatsächlich Unternehmen abgeworben, allerdings durch Dumping-Gewerbesteuerhebesätze, womit sie anderen Kommunen massiv geschadet hat.

  17. Endspiel für die Türkei vor den Toren Idlibs
    Der Fall der strategisch wichtigen syrischen Ortschaft Chan Scheichun hat die türkische Armee und Politik tief verunsichert.
    Die Bilder aus dem türkisch-syrischen Grenzgebiet, welche letztes Wochenende über soziale Medien verbreitet wurden, hätte die türkische Regierung am liebsten gleich aus dem Internet und vor allem aus dem Gedächtnis der türkischen Beobachter gelöscht: Nach dem Freitaggebet in Idlib zog eine wütende Menschenmenge zum Grenzübergang Bab al Hawa und skandierte immer wieder die Parole “Verräter Türkei”.
    Das Portrait des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wurde demonstrativ in Brand gesetzt und Erdogan selber als “Hund” beschimpft. Unzählige Privatwagen drängten sich auf den Strassen zum Grenzübergang und wer schon da angekommen war, forderte die türkischen Polizisten auf, die Grenze für die hilfsbedürftigen Flüchtlinge endlich zu öffnen. (…)
    Eigentlich hatte die syrische Armee vor genau einem Jahr ihren Vormarsch auf Idlib beschlossen. Damals konnte der türkische Präsident seinen russischen Amtskollegen im letzten Moment für eine Aufschiebung der Operation gewinnen. Seitdem Erdogan nach 2016 sein Land faktisch als Alleinherrscher regiert, zählt er auf seine persönlichen Beziehungen zu den starken Männern unseres Globus. Diplomatie und Institutionen sind ihm von zweitrangiger Bedeutung. Gemeinsam mit Putin haben sie beim sogenannten Sotschi-Abkommen die Errichtung einer Deeskalationszone vorgesehen, in der die türkische Armee 12 Beobachtungsposten errichten und mit den russischen Truppen für Sicherheit sorgen sollte.
    War Erdogan “zu naiv oder zu optimistisch” zu glauben, dass sein Wort und das Wort Putins für eine Aufschiebung der Operation gegen Idlib ewig gelten würde?, fragte sich der ehemalige türkische Aussenminister Yasar Yakis. Bei seinem Treffen mit Putin in Sotschi versprach Erdogan jedenfalls, die Dschihadisten bald entweder in die oppositionelle Gruppierung der gemässigten Islamisten einzugliedern oder schlimmstenfalls zu entwaffnen. Es war faktisch eine “mission impossible” von Anbeginn an. Die al-Kaida-nahe dschihadistische Organisation Hayat al-Sham wurde im Laufe der letzten 12 Monate nicht nur nicht geschwächt, sondern konnte den Grossteil der Provinz Idlib unter ihrer Kontrolle bringen.
    Quelle: Infosperber
  18. Und jetzt die ganze Wahrheit über Syrien
    Der Krieg in Syrien ist kompliziert. Da erstaunt es nicht, dass viele Menschen nach einfachen Antworten suchen und selbsternannte Klartextredner grossen Zulauf haben. Wer den Konflikt auf einen geplanten Regimewechsel oder einen gescheiterten Pipeline-Deal reduziert, kann sich einer treuen Fangemeinde sicher sein. (…)
    Ganser gehört zu den Stars der Szene, die den Leitmedien nicht nur im Syrien-Konflikt eine Verschleierung der wahren Umstände vorwerfen. So sei es in dem Land in Wahrheit nie um einen Aufstand der Zivilgesellschaft gegangen, sondern um einen von den USA und ihren Verbündeten angezettelten Wirtschaftskrieg. Wie beim Sturz Muammar al-Ghadhafis in Libyen 2011 oder beim «Putsch» in der Ukraine Anfang 2014 habe die Nato die Situation vor Ort mit Geheimoperationen eskalieren lassen. Von einer Erhebung des Volkes will Ganser nicht sprechen, wohl aber von Plänen zu einem «regime change». Der syrische Diktator sollte gestürzt werden, weil er nicht prowestlich gewesen sei beziehungsweise den strategischen und wirtschaftlichen Interessen der USA im Weg gestanden habe. Einen freien politischen Willen spricht Ganser den Syrerinnen und Syrern, die zu Hunderttausenden gegen Asad auf die Strasse gingen, damit ab – was an sich schon reichlich paternalistisch ist.
    Doch die Masche zieht. (…)
    Wie Ganser versteift sich Lüders auf die USA als Verursacherin des Syrien-Krieges und ignoriert dabei die völlig zögerliche Aussenpolitik des damaligen Präsidenten Obama. Der war gewählt worden, um Amerika nicht in einen weiteren Krieg hineinzuziehen, und lehnte deswegen zunächst sowohl die Bewaffnung syrischer Rebellen ab – zu einem Zeitpunkt, als diese noch mehrheitlich moderat waren – als auch die Einrichtung einer Flugverbotszone. Den Einsatz chemischer Waffen bezeichnete Obama als «rote Linie», er weigerte sich dann aber, militärische Konsequenzen zu ziehen, als es im Sommer 2013 tatsächlich zu Giftgasangriffen in Syrien kam. Lüders Erklärung dafür: weil «mit hoher Wahrscheinlichkeit» nicht das Asad-Regime schuldig gewesen sei, sondern weil es sich um Angriffe «unter falsche Flagge» gehandelt habe.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers R.K.: eines der üblichen Versuche der NZZ Daniele Ganser oder Michael Lüders als Verschwörungstheoretiker zu diffamieren. Gegenbeweise zu deren Theorien, erbringt der Autor selbstverständlich keine.


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