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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 10. September 2019 um 8:12 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Kein „weiter so“! DIE LINKE muss von der Basis erneuert und wieder auf Kurs gebracht werden
  2. Assange wurde permanent bedroht und gedemütigt
  3. Verluste für Putin-Partei in Moskau
  4. Wie KPMG vor Cum-Ex warnte – und dennoch einknickte
  5. Richtig viel Geld verdienen in Deutschland (fast) nur Selbstständige
  6. Rendite ohne Risiko – was Klimaanleihen bringen
  7. Labour will Boni für Banker verbieten
  8. Tatsächliche Arbeitslosigkeit 35 Prozent höher
  9. Die Versäumnisse der Energiewende
  10. CSU-Schummelsoftware, unbekannte Ladesäulen und das Brexit-Chaos
  11. Folgekosten des Verkehrs
  12. Obergrenze für SUVs gefordert
  13. Die geheime Macht der Bilderberg-Gruppe
  14. Totalitarismus der Selbstoptimierung
  15. Streit um Mietendeckel-Pläne – Zweifel an der Verhältnismäßigkeit
  16. Schulprivatisierung: Selbst Geld vergraben wäre noch besser
  17. Der Lehrermangel macht die Schule noch ungerechter
  18. Was Apple am Dienstag zeigen wird

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Kein „weiter so“! DIE LINKE muss von der Basis erneuert und wieder auf Kurs gebracht werden
    DIE LINKE steuert in eine existenzbedrohende Krise. Innerhalb von 10 Jahren hat sie ihr Wahlergebnis in Brandenburg und Sachsen halbiert und kommt nur noch auf rund 10 Prozent der Stimmen. Keine andere Partei verlor im Vergleich zu den letzten Landtagswahlen auch absolut so viele Stimmen (- 47.600 der Zweitstimmen in Brandenburg, -85.170 in Sachsen). Dagegen konnte die AfD ihren Stimmenanteil (bei einer von 48 auf 61% gestiegenen Wahlbeteiligung) in Brandenburg fast verdoppeln, in Sachsen (bei einer von 49 auf 67% gestiegenen Wahlbeteiligung) sogar fast verdreifachen. In Sachsen erzielte die AfD mit 27,5% mehr Stimmen als DIE LINKE, Grüne und SPD zusammengenommen. Während die AfD besonders viele ehemalige Nichtwähler gewinnt, gelingt uns dies kaum. DIE LINKE schmort trotz gestiegenem politischen Interesse und höherer Wahlbeteiligung im eigenen Saft. […]
    Wie kann es sein, dass die AfD sich als „Arbeiterpartei“ profiliert, obwohl Interessen der Lohnabhängigen in ihrem Programm kaum eine Rolle spielen und sie ihre Wahlkämpfe von Milliardären aus der Schweiz bezahlen lässt? Offenbar haben wir ein Stück weit den Draht verloren zu den vielen Menschen, die zu Niedriglöhnen schuften und damit eine Familie ernähren müssen, zu Menschen, die keine sicheren Jobs (oder aufgrund guter Bildung wenigstens eine Perspektive darauf) haben. Diesen Draht müssen wir verstärken oder neu knüpfen –über beharrliche Arbeit mit und für diese Menschen an der (Partei)basis, in Kommunen, Betrieben, Schulen, Vereinen usw. Wir müssen unsere Partei stärker öffnen für Menschen, die im Berufsleben stehen, Familie haben, die keine höhere Bildung genossen haben oder die anderweitig sozial benachteiligt sind, müssen uns aktiv um Gewerkschafter, Betriebsräte oder Vertrauensleute bemühen. Wenn wir der AfD Paroli bieten wollen, darf unsere Politik nicht primär auf urbane Milieus zugeschnitten werden. Auch wenn es keine kurzfristigen Erfolge bringen mag: DIE LINKE sollte nicht nur von der Politik mehr Investitionen in strukturschwache Regionen und Stadtviertel einfordern, sondern muss sich auch selbst mehr um den Erhalt und Aufbau von Strukturen in „abgehängten“ Gebieten kümmern.
    Gemeinsam sind wir stark. Unversöhnliches Gezänk um Pöstchen und Positionen und um sich greifendes Sektierertum sind dagegen immer ein Zeichen von Schwäche – auch weil Ressourcen dann absehbar nicht ausreichen werden, um allen Abgeordneten und Hauptamtlichen eine Existenz zu sichern. DIE LINKE darf nicht erneut in unfruchtbarem Streit versinken, sondern muss sich von der Basis ausgehend erneuern. Vielleicht kann ein Mitgliederentscheid über das Führungspersonal, wie er etwa von der Initiative wirsinddielinke.de vorgeschlagen wird, einen Beitrag zu einer solchen Erneuerung leisten. Ein solcher Mitgliederentscheid kann aber nur ein Baustein sein und dann zum Ziel führen, wenn er mit einer breiten und konstruktiven Debatte darüber verbunden wird, wofür DIE LINKE steht und stehen sollte und wie wir das Vertrauen der Lohnabhängigen und sozial Abgehängten (zurück)gewinnen können.
    Quelle: Sozialistische Linke

    Anmerkung Jens Berger: Man kann nur hoffen, dass dieser Text Resonanz findet und von den zuständigen Parteigremien ernst genommen wird.

  2. Assange wurde permanent bedroht und gedemütigt
    […] SZ: Herr Melzer, Sie haben Julian Assange im Mai – also kurz nach seiner Festnahme – im Gefängnis besucht. Was für einen Eindruck hat er auf Sie gemacht?
    Nils Melzer: Ich habe zusammen mit einem forensischen Mediziner und einem Psychiater vier Stunden mit ihm verbracht. Assange zeigte die typischen Symptome einer Person, die über längere Zeit psychischer Folter ausgesetzt war.
    …Nach Ihrem Besuch bei Assange erklärten Sie: “Ich habe noch nie zuvor erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammenschließt, um ein einzelnes Individuum so lange Zeit und unter so geringer Berücksichtigung der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit bewusst zu isolieren, zu verteufeln und zu missbrauchen.” Das ist ein harsches Urteil, vielleicht zu harsch?
    Die mir vorliegenden Beweise lassen keinen anderen Schluss zu, als dass die betroffenen Staaten in diesem Fall ihre Macht und Institutionen systematisch missbraucht haben, um an Assange ein abschreckendes Exempel zu statuieren. Assange hat öffentlich gemacht, dass westliche Regierungen Aggressionskriege führen, dass sie foltern und Wehrlose massakrieren. Wenn nun aber das Aufdecken von Verbrechen zum Verbrechen wird, dann haben wir ein ganz fundamentales Problem: Denn dann leben wir fortan unter Zensur und Tyrannei. Mein Urteil war daher wohl eher zu milde formuliert.
    …Das hätte Assange ja alles vor Gericht vorbringen können. Schweden ist ein EU-Mitglied, eine Demokratie, ein Rechtsstaat. Wenn seine Argumente einer Überprüfung standgehalten hätten, hätte er als freier Mann das Gericht verlassen können.
    Das müsste man eigentlich meinen, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Für Assange war die größte Bedrohung jedoch sowieso nie das Sexualstrafverfahren in Schweden, sondern die Gefahr seiner Auslieferung an die USA. Und gerade in diesem Bereich gibt es sehr prominente Fälle, wo die schwedische Sicherheitspolizei 2001 zwei registrierte Asylbewerber ohne jedes rechtsstaatliche Verfahren gekidnappt und in Stockholm an die CIA übergeben hat, worauf sie in Ägypten gefoltert wurden. Ich verstehe daher, dass Assange vorsichtig war. Überdies hatte er sich in Schweden ja bereits freiwillig befragen lassen und stand mehrere Wochen lang für weitere Verhöre zur Verfügung. Als er das Land schließlich verlassen wollte, holte er zuerst die schriftliche Erlaubnis der Staatsanwältin ein. Erst dann ist er weitergereist: zuerst nach Berlin, dann nach London.
    Quelle: SZ

    Anmerkung Moritz Müller: Bezeichnenderweise haben die schwedischen Behörden, die Ermittlungen gegen Julian Assange auf Eis gelegt, denn schon Anfang Juli verlautbarte die zuständige Ermittlungsbehörde, Herrn Assange zu befragen stehe nicht auf der Tagesordnungs / “not on the cards“. Seitdem ist in dieser Richtung, zumindest wahrnehmbar, nichts passiert, obwohl der öffentlich Beschuldigte für die Ermittlungsbehörden leicht zugänglich, in einem EU-Partnerland in Isolationshaft sitzt. Erstaunlich, dass der SZ Interviewer diesem Thema breiten Raum gibt.

  3. Verluste für Putin-Partei in Moskau
    Der Wahltag galt als der große Stimmungstest für die russische Regierungspartei Geeintes Russland. Und es sieht so aus, als habe sie in den meisten Regionen ihre Mehrheit verteidigt. Große Verluste erlitt sie in Moskau.
    Der große Wahltag in Russland ist vorbei, fast alle Stimmen sind ausgezählt und beinahe überall sind Überraschungen ausgeschlossen. Zur Wahl standen 16 Gouverneure und 13 regionale Parlamente. Laut dem vorläufigen Wahlergebnis siegten bei den für den Kreml besonders wichtigen Gouverneurswahlen die Kandidaten des Machtapparats – direkt von der Regierungspartei Geeintes Russland aufgestellte oder unabhängige Kandidaten, die von der Partei unterstützt werden.
    Anders sieht es bei den Wahlen der Regionalparlamente auf: Umfragen hatten der Regierungspartei Geeintes Russland wegen der Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Lage im Land teils massive Verluste vorhergesagt. Bei der Wahl in der Region Chabarowsk an der Pazifikküste etwa kam die Partei nur auf 12,51 Prozent der Stimmen – nach der ultranationalistischen Liberaldemokratischen Partei Russlands und den Kommunisten.
    Die größte Überraschung gab es bei der Wahl des Moskauer Stadtparlaments, der international das größte Augenmerk galt. Hier haben die Kreml-treuen Kandidaten laut dem vorläufigen Endergebnis große Verluste eingefahren. Nach Auszählung fast aller Stimmen verlor Geeintes Russland hier fast ein Drittel seiner Mandate und kommt auf 25 der 45 Sitze. Das melden russische Nachrichtenagenturen. Viele Stimmen gingen an unabhängige Kandidaten, Kommunisten und Liberale.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unserer Leserin A.G.: Die Medien jubeln, weil die “Kremlpartei” in Moskau Verluste hatte. Doch da hab ich gestaunt, als ich diese Nachricht bei der ZEIT las. Die Stimmen gingen also v.a. an die Kommunisten! Klar, die sind auch Opposition. Aber ob das die von unseren Medien so bejubelte Opposition ist? …

    “Im umkämpften Moskauer Stadtrat verlor sie allerdings viele Mandate: Hier stellt die Partei künftig nur noch 25 von 45 Vertretern, zuvor waren es 38 gewesen, berichteten die Nachrichtenagentur Interfax und RIA Nowosti. Die Kommunisten, die bisher fünf Stadträte stellten, können demnach mit 13 bis 14 Sitzen rechnen. Die liberale Jabloko-Partei und die linksgerichtete Partei Gerechtes Russland, die bisher nicht im Moskauer Stadtrat vertreten waren, können demnach jeweils mit drei Sitzen rechnen.”
    Quelle: Zeit

    Anmerkung JK: Es ist in der Tat die Frage, ob Kommunisten die Opposition sind, die man sich im „Westen“ wünscht. So zeigt sich der Deutschlandfunk, als einer der publizistischen Speerspitzen gegen Russland und Putin, auch enttäuscht.

    Kein großer Erfolg für die Opposition
    Die Zustimmung zur Kreml-Partei schmilzt. Insbesondere in der Hauptstadt Moskau ist sie abgestraft worden. Doch so lang das Land so illiberal bleibe, wie es derzeit sei, werde das Ergebnis der Kommunalwahlen kaum Auswirkungen haben, meint Moskau-Korrespondent Thielko Grieß.
    Quelle: Deutschlandfunk

  4. Wie KPMG vor Cum-Ex warnte – und dennoch einknickte
    Der erste Cum-Ex-Prozess könnte die Doppelrolle der Wirtschaftsprüfer zeigen. Sie hätten sich gegen diejenigen stellen müssen, von denen sie bezahlt wurden.
    In dieser Woche hat in Bonn der erste Strafprozess zur größten organisierten Steuerhinterziehung in Deutschland begonnen. Vor Gericht stehen zwei Aktienhändler, die den deutschen Staat zwischen 2006 und 2011 um 447 Millionen Euro gebracht haben sollen. Mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften sollen sie sich eine nur einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Dividenden doppelt und dreifach vom Staat zurückerstattet haben lassen.
    Insgesamt stahlen Investoren, Banken und ihre Helfershelfer dem deutschen Staat Schätzungen zufolge mehr als zehn Milliarden Euro durch Cum-Ex-Deals. Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln gegen weitere Verdächtige. Sie werden durch zahlreiche Kronzeugen aus dem Cum-Ex-Milieu unterstützt. Auch die in Bonn angeklagten Aktienhändler sind Kronzeugen in anderen Ermittlungen.
    Der Prozess in Bonn und folgende Prozesse könnten auch neue Erkenntnisse über die Dienstleister der Cum-Ex-Geschäfte zutage fördern, die über die Erkenntnisse aus dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss des Bundestages hinausgehen. Laut Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, waren „nie zuvor so viele Akteure in einen Fall von Finanzkriminalität involviert: inländische und ausländische Banken, private und öffentliche Geldinstitute, Fondsverwalter, Aktienhändler, Wirtschaftsprüfer, Bankenverbände, Steuerberater, Rechtsanwälte, Professoren“. Schick saß bis Ende 2018 als grüner Finanzpolitiker im Bundestag und war in dieser Zeit Mitglied des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses.
    Dieser Ausschuss ergab, dass Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer maßgeblich involviert waren. Sie dienten den Banken und Investoren, die Steuergelder hinterzogen, als Dienstleister: Anwaltskanzleien und Steuerberater entwickelten das Geschäftsmodell Cum-Ex mit. Rechtsanwälte schrieben Gutachten über die vermeintliche Legalität des Vorgehens.
    Und Wirtschaftsprüfer wussten schon frühzeitig über die Risiken und die Machenschaften von Banken und Investoren Bescheid. Aufgrund von Interessenkonflikten informierten sie die zuständigen Aufsichtsbehörden jedoch nicht ausreichend.
    Quelle: Tagesspiegel
  5. Richtig viel Geld verdienen in Deutschland (fast) nur Selbstständige
    Die aktuelle Einkommensstatistik belegt, wie ungleich die Einkommen in Deutschland verteilt sind – und welche Jobs sich jenseits der klassischen Top-Branchen wirklich lohnen.
    Besonders aufschlussreich sind dabei die Daten über die Einkünfte der Freiberufler im Lande. Denn die sind, anders als die Angestellten, die dort nur nach Gehaltsgruppen sortiert auftauchen, in der Statistik mitsamt ihrer Berufsbezeichnung aufgelistet.
    Und so zeigt die Statistik zunächst einmal auf, wie groß die Einkommensspreizung zwischen Freiberuflern im Lande ist. So erzielen freiberufliche Lehrkräfte im Bereich Kultur und Sport nur ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 9960 Euro – so wenig, dass man diesen Beruf offensichtlich nur nebenbei ausüben kann. Aber selbst freiberufliche Kinderbetreuer, also vor allem Tagesmütter (und ein paar Tagesväter), kommen demnach nur auf ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 13.300 Euro. Pro Monat sind das gerade einmal 1100 Euro.
    Wie gering dieses Einkommen tatsächlich ist, wird erst deutlich, wenn man es mit dem anderen Ende der Gehaltstabelle vergleicht: Notaren, den von jeher bestbezahlten Freiberuflern der Republik. Im Durchschnitt kommen sie auf ein Jahreinkommen von 356.000 Euro. Oder anders ausgedrückt: auf 37,4 Jahresgehälter eines Kinderpflegers. Des einen Lebenseinkommen ist des anderen Jahresverdienst. Notare, die einzig diesen Beruf ausüben, kommen sogar auf ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 475.000 Euro. Bei Kinderpflegern ist der Durchschnittsverdienst unter denjenigen, die überwiegend diesen Beruf ausüben, hingegen mit 14.640 Euro nur unwesentlich höher.
    Wie exorbitant viel Notare in Deutschland verdienen, belegt der Vergleich mit dem allgemeinen Durchschnitt. So geben nur 0,2 Prozent aller Steuerpflichtigen im Land ein Jahreseinkommen von mehr als 375.000 Euro an. Der Durchschnitt der 1700 hauptberuflichen Notare im Lande gehört somit zu den bestverdienenden 100.000 Personen im Land.
    In der erweiterten Spitzengruppe finden sich zunächst die üblichen Verdächtigen: So geht es auch der Gruppe der Patentanwälte mit einem Jahresverdienst von durchschnittlich 167.000 Euro vorzüglich, auch Zahnärzte (160.000 Euro) und praktische Ärzte (130.000 Euro) kommen auf deutlich sechsstellige Jahresgehälter. Deutlich überraschender ist da schon die fünfte Gruppe der echten Großverdiener: freiberufliche Lotsen. Mit durchschnittlich 148.000 Euro im Jahr erzielen die einzigen Nicht-Akademiker unter den Top-Verdienern ein deutlich höheres Jahreseinkommen als praktische Ärzte.
    Quelle: Wirtschaftswoche
  6. Rendite ohne Risiko – was Klimaanleihen bringen
    Die neuen Klimapläne der CDU/CSU enthalten eine große Überraschung: Die Unionsparteien haben nicht nur wenig für die heiß diskutierte CO2-Steuer übrig, sie erwärmen sich auch für die sehr neue Idee einer Klimaanleihe. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat die Pläne in einem Interview der Funke-Regionalzeitungen ausgebreitet. Laut der Nachrichtenagentur dpa zeigte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Klausurtagung der Fraktionsspitze Sympathie für die Idee.
    Woher kommt die Idee?
    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt brachte das Schlagwort “Klimaanleihe” per “Bild am Sonntag” erst am 25. August ins Spiel. Die ersten Reaktionen hatten den Tenor: Wieder so eine unausgegorene Idee der CSU, wie die gescheiterte Pkw-Maut. Daher überrascht es, dass die Schwesterpartei CDU jetzt ihr politisches Gewicht dafür einsetzt.
    Welche Vorteile werden versprochen?
    “Wir haben eine echte Chance auf eine breite Bürgerbewegung für das Klima”, sagte Dobrindt. “Ich will Positivzinsen für Klimainvestitionen und keine Negativzinsen zur Geldvernichtung.”
    Es werden also verschiedene politische Ziele vermischt, die zunächst wenig miteinander zu tun haben: Milliarden in den Klimaschutz investieren, und den Sparern eine positive Rendite bieten. Dobrindt legte sich sogar auf einen Zinssatz von 2 Prozent pro Jahr fest – und Altmaier wiederholte das Versprechen.
    Wie groß soll das Programm werden?
    Altmaier spricht von einem Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro und einer Laufzeit bis 2030. Diese Summe “würde helfen, viele Millionen Tonnen CO2 zu sparen”.
    Wie passt das zur Schwarzen Null?
    Gar nicht. Anleihen sind Schulden. Inzwischen fordern zwar die meisten Ökonomen, das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts und auch die ein bisschen flexiblere Schuldenbremse im Grundgesetz zugunsten von Zukunftsinvestitionen – oder auch zur Stützung der Konjunktur – fallen zu lassen. Kosten würde das nichts, da der Bund sich zu negativen Zinsen verschulden kann, also den Gläubigern weniger Geld zurückzahlen müsste, als er aufnimmt.
    Die Union will davon aber nichts wissen und an der “Schwarzen Null” als Markenzeichen festhalten. Altmaier will die neuen Schulden fürs Klima deshalb an einen Schattenhaushalt auslagern: eine privatwirtschaftliche Stiftung, die vom Bund nur mit rund zwei Milliarden Euro pro Jahr unterstützt wird, um die Positivzinsen zu bezahlen.
    Quelle: manager magazin

    Anmerkung JK: Diese Klimaanleihe mit einer Verzinsung von 2 Prozent ist, man kann es nicht anders formulieren, kompletter ökonomischer Schwachsinn, denn aktuell bekommt Deutschland für seine Staatsanleihen ja von den Investoren quasi noch Geld dazu.

  7. Labour will Boni für Banker verbieten
    Die britische Labour-Partei beklagt „ein groteskes Niveau von Ungleichheit“. Ihr finanzpolitischer Sprecher findet, normale Bürger würden durch die hohen Boni „beleidigt“.
    Ein Wahlsieg der Labour-Partei könnte die Topverdiener in britischen Banken Milliarden Euro kosten. Der finanzpolitische Sprecher und somit der Schatten-Schatzkanzler der Partei, John McDonnell, bekräftigte nun, dass Labour strikte Beschränkungen für Boni und möglicherweise sogar ein Verbot plane. McDonnell kritisierte, die Banken schüfen ein „groteskes Niveau der Ungleichheit“. Die Londoner City müsse freiwillig die Boni beenden, andernfalls werde Labour politische Maßnahmen treffen. „Wenn das weitergeht und die City ihre Lektion nicht gelernt hat, dann werden wir aktiv werden. Ich warne sie“, sagte McDonnell in der Zeitung „Financial Times“. Die normalen Bürger würden durch die hohen Boni „beleidigt“.
    Aus der Bankenwelt heißt es zur Verteidigung, wenn am Finanzplatz London nicht so hohe Boni bezahlt werden könnten, würden Top-Banker zu anderen Finanzplätze wie New York, Singapur, Paris oder Frankfurt abwandern. Stephen Jones, Chef der Lobbyorganisation UK Finance, sagte, die Boni-Politik der Banken habe sich schon geändert, Boni setzten nicht mehr so kurzfristige, sondern eher langfristige Anreize. Top-Boni werden seit der Finanzkrise eher über mehrere Jahre gestreckt in einen Topf gelegt und nur ausgezahlt, wenn vereinbarte Ziele längerfristig erreicht werden. Eine scharfe gesetzliche Beschränkung würde die britische Finanzindustrie beschädigen. „Es wäre enttäuschend und schädlich, wenn die gegenwärtige Politik so geändert würde, dass es die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche schädigen würde und den Rang des Vereinigten Königreichs als weltführender Standort für Finanzdienstleistungen“, sagte er.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JK: „Ein Wahlsieg der Labour-Partei könnte die Topverdiener in britischen Banken Milliarden Euro kosten. “ Zu so einem Satz kann man nur laut und locker rufen, na und, wen von den 99 Prozent interessiert das? Die FAZ macht munter weiter mit ihrem Corbyn-Bashing, damit auch kein Zweifel aufkommt welche Interessen in deren Redaktion Priorität haben.

  8. Tatsächliche Arbeitslosigkeit 35 Prozent höher
    Im Westen der BRD sind zahlreiche Stadtteile im Ruhrgebiet von Armut geprägt. Die Infrastruktur zerfällt. Ein Gespräch mit Jürgen Aust
    Seit Jahren werten Sie monatlich den sogenannten Arbeitsmarktbericht der Agentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen aus. Wie ist es derzeit um den Arbeitsmarkt im bevölkerungsreichsten Bundesland bestellt?
    Die Arbeitslosenzahlen werden Monat für Monat klein gerechnet oder manipuliert, damit das angebliche deutsche »Beschäftigungswunder« legitimiert werden kann. Offiziell wurden für den Monat August 2019 lediglich 656.657 Arbeitslose registriert, während die tatsächliche Arbeitslosigkeit mit 890.300 um 35 Prozent höher liegt. Wenn man die verdeckte Arbeitslosigkeit – also alle, die zwar arbeitslos sind, aber sich nicht mehr bei der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter registrieren lassen – hinzurechnet, muss man mindestens von rund 1,2 Millionen Arbeitslosen in NRW ausgehen.
    Vor allem das Ruhrgebiet leidet seit Jahrzehnten unter Deindustrialisierung. Sind die Probleme von Städten wie Duisburg, Dortmund oder Essen vergleichbar mit abgehängten Regionen in Ostdeutschland?
    Nur zum Teil, weil der Osten nach der sogenannten Wiedervereinigung, die im Grunde eine Einverleibung in das westliche kapitalistische System war, flächendeckend »privatisiert« wurde. Lebensfähige Betriebe wurden zerschlagen und die Belegschaften entlassen, damit westliche Konzerne die damit erhofften Umsätze und Profite erzielen konnten. 80 Prozent aller Ostdeutschen wurden in den vergangenen 30 Jahren mindestens einmal arbeitslos. Ein Viertel ist aufgrund dieser Problemlagen in den Westen gezogen.
    In zahlreichen Stadtteilen des Ruhrgebiets liegt die SGB-II-Quote, also die der Sozialleistungsbezieher, nahezu bei 50 Prozent, ohne dass die neoliberale Politik ein Interesse hat, diese Entwicklung aufzuhalten oder umzukehren. Die den Kommunen verordnete Schuldenbremse führt dazu, dass seit Jahren notwendige Investitionen in die weitgehend marode Infrastruktur ausbleiben und sich die herrschende Politik dem Abbau der Massenarbeitslosigkeit verweigert.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung JK: Hier werden noch einmal die Folgen der neoliberalen Schocktherapie auf dem Gebiet der ehemaligen DDR angesprochen. Eine öffentliche politische Diskussion darüber und die sozialpsychologischen Folgen für das kollektive Bewusstsein der davon betroffenen Menschen wird bis heute vermieden. Warum ist unschwer zu erraten. Sonst müsste man darüber diskutieren, dass seit Jahren eine bizarre und menschenverachtende Ideologie, das handlungsleitende Moment fast aller Parteien der „Mitte“ ist.

  9. Die Versäumnisse der Energiewende
    Seit die Grünen bei den letzten Wahlen stark zugelegt haben, haben alle im Bundestag vertretenen Parteien, außer der AfD, grüne Themen, insbesondere den Klimaschutz, für sich entdeckt. Das sollte eigentlich positiv sein, treibt aber leider seltsame Blüten, weil jetzt schnell unausgegorene Scheinlösungen vorgeschlagen werden.
    Eine ist die Idee von der “Abwrackprämie für Ölheizungen”, die Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Wochenende neu bekräftigte. Die andere ist die Idee des “Verbots der Ölheizungen”, wofür die SPD-Umweltministerin Svenja Schulz eintritt. Eine Lösung ist so wenig zu Ende gedacht wie die andere.
    Richtig ist, dass wir so schnell wie möglich so viel wie möglich CO2-Emissionen einsparen müssen. Richtig ist auch, dass Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung einer der größten CO2-Verursacher sind und dass in diesem Bereich in der Vergangenheit nur geringe Einsparungen realisiert wurden. Daraus ergibt sich logischerweise die richtige Forderung nach ordentlichen Einsparungen in diesem Sektor.
    Aber wenn wir bestimmte Heizsysteme abschaffen wollen, weil sie zu viel CO2 erzeugen, müssen wir uns Gedanken machen, wie wir sie ersetzen. Wodurch wollen wir die Ölheizungen ersetzen? Da es sich um über 5 Millionen Anlagen handelt, scheiden Holz- und Pelletheizungen aus, da wir die benötigten Brennstoffmengen nicht sicherstellen können. Bleiben Gasheizungen und Wärmepumpen.
    Zurzeit werden noch etwa 5,8 Millionen Gebäude in Deutschland mit Öl beheizt. Etwa 2,1 Millionen davon liegen in Gebieten mit Gasrohren und könnten so problemlos auf Gasheizung umgestellt werden, was etwa 14 Millionen Tonnen CO2-Einsparung im Jahr ergibt, bei Komplettumstellung aller alten Ölheizkessel sogar 30 Millionen Tonnen.
    Aber ist das auch sinnvoll? Mit Gasheizungen lassen sich gegenüber Ölheizungen etwa 20% CO2 einsparen, d.h. wir drücken die CO2-Emissionen von etwa 1/3 der vorhandenen Heizkessel, der Rest sind schon Gasheizungen, auf 80% des jetzigen Wertes. Das ergibt dann eine CO2- Einsparung von maximal 7-10% im gesamten Gebäudeheizungsbereich. Damit ersetzen wir nur eine “ganz schlechte” durch eine etwas weniger schlechte fossile Technologie.
    Wir müssen aber in den nächsten 10 Jahren nicht nur 7-10% der CO2-Emissionen im Gebäudeheizungsbereich einsparen, sondern mindestens 30%, wenn wir bis 2050 CO2-neutral sein wollen. Das ist mit Gasheizungen nicht zu schaffen.
    Quelle: Telepolis
  10. CSU-Schummelsoftware, unbekannte Ladesäulen und das Brexit-Chaos
    Kalenderwoche 36: Ein Zertifikatehandel mit Obergrenze, wie ihn die CSU vorschlägt, wird für den Klimaschutz nichts bringen, sagt Gero Lücking, Geschäftsführer für Energiewirtschaft beim Ökostrom-Anbieter Lichtblick und Mitglied des Kuratoriums von Klimareporter°. Ein Maximalpreis wäre wie ein Tempolimit, das für niemanden gilt. (…)
    Klimareporter°: Herr Lücking, die CSU hat sich in ihrem Klimakonzept dafür ausgesprochen, einen nationalen Emissionshandel für Verkehr und Gebäude einzuführen. Es soll eine Preis-Obergrenze für CO2-Zertifikate geben, die Unions-Fraktionsvize Nüsslein vergangene Woche auf die aktuelle Höhe des CO2-Preises bezifferte. Wie finden Sie den Vorschlag?
    Gero Lücking: Da haben mal wieder einige etwas bewusst falsch verstanden. Oder anders gesagt, sie haben den Emissionshandel und auch die Diskussion und Kritik daran genau richtig verstanden und versuchen jetzt, es ins Gegenteil zu verkehren.
    Dass sie damit die Idee des Emissionshandels konterkarieren, dem Instrument die Wirkung nehmen und dem Klimaschutz einen Bärendienst erweisen, ist genau das, was sie inhaltlich wollen. Das passt wunderbar in die Strategie, Aktivität vorzugaukeln, aber nichts zu bewirken.
    Genau wie es der Youtuber Rezo in seinem Video “Die Zerstörung der CDU” beschreibt: mit gespaltener Zunge reden, mit zweierlei Maß messen – und in Wahrheit nichts tun.
    Der Emissionshandel hat bisher seine Wirkung weitestgehend verfehlt, weil die Preise jahrelang auf einem Niveau unterhalb von zehn Euro pro Tonne vor sich hin dümpelten. Sie haben keine Lenkungswirkung in Richtung Einsparung, energieeffiziente Technologien, Neuinvestitionen, Ausbau der erneuerbaren Energien et cetera entfaltet. Investitionen in den Klimaschutz konnten nicht über die Einsparung an Emissionszertifikaten zurückverdient werden.
    Die Politik hat nach Jahren des Diskutierens, Zauderns und Zögerns gehandelt und seit Anfang des Jahres Millionen Zertifikate entwertet und so aus dem Verkehr gezogen. Die CO2-Preise sind deshalb gestiegen. Sie liegen jetzt bei rund 30 Euro pro Tonne. Kritiker sagen, dass eine Lenkungswirkung ab 50 Euro pro Tonne einsetzen wird. Andere fordern Mindestpreise von 100 Euro pro Tonne.
    Jetzt kommt die CSU und fordert, weitere Sektoren in den Emissionshandel aufzunehmen und gleichzeitig Höchstpreise festzulegen. Keiner, kein Experte oder Wissenschaftler, hat bisher in der Debatte um den Emissionshandel jemals Preis-Obergrenzen gefordert. Auf so etwas kommt nur die CSU. Klingt natürlich gut, weil es Kosten deckelt.
    Dem Klima wird es nichts bringen, weil das entscheidende Steuerungsinstrument in dem System des Emissionshandels von Beginn an so entschärft wird, dass das ganze System nicht mehr funktionieren wird. Eine Art Schummelsoftware.
    Das ist so, als wenn wir ein bundesweites Tempolimit einführen und gleichzeitig alle Fahrzeuge von ihm befreien würden.
    Quelle: Klimareporter
  11. Folgekosten des Verkehrs
    Durch den Verkehr in Deutschland entstehen 149 Milliarden Euro Folgekosten pro Jahr. Durch Klimabelastung, Unfälle, Lärm und Luftverschmutzung verursacht allein der Straßenverkehr 95 Prozent, das zeigt eine aktuelle Studie. (…)
    Zu den Folgekosten zählen alle negativen Auswirkungen der Mobilität, für die nicht die Verkehrsteilnehmer*innen selbst bezahlen. Sie gehen zu Lasten anderer Menschen, der Umwelt und künftiger Generationen.
    Zu den Gesamtkosten der Mobilität steuert die Schiene vier Prozent bei. Jeweils knapp ein Prozent stammen von dem inländischen Luftverkehr und der Binnenschifffahrt. Wegen mangelnder Vergleichbarkeit wurde der grenzüberschreitende Luftverkehr in der Studie nicht berücksichtigt. Auch die aktive Mobilität wurde in der Studie nicht berücksichtigt.
    Die höchsten gesellschaftlichen Kosten verursachen Unfälle mit einem Anteil von 41 Prozent an der Gesamtlast. Mit 21 Prozent stellen vor- und nachgelagerte Prozesse, wie etwa durch Herstellung oder Stromproduktion, den zweitgrößten Posten dar. Es folgen Klimakosten (18 %) und Kosten für Natur und Landschaft (9 %).
    Bei den Berechnungen stützte sich Infras auf angewandte Methoden vom Umweltbundesamt (UBA). Bei Lärm und Unfallopfern liegen der Studie die Standards der Europäischen Kommission zu Grunde.
    Quelle: adfc
  12. Obergrenze für SUVs gefordert
    Nachdem in Berlin ein SUV in eine Gruppe Passanten gefahren ist und vier Menschen getötet hat, ist eine Debatte über große Autos entbrannt. Die Unfallursache ist zwar noch nicht geklärt, dennoch fordern die Grünen jetzt Regelungen, um Sportgeländewagen verstärkt aus Innenstädten herauszuhalten.
    Dass die Emotionen jetzt hochschlagen, wundert Antje Kapek, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus nicht. Der Trend gehe zu immer größeren und schweren Fahrzeugen. Die seien nicht nur umweltschädlicher, sondern schützten bei Unfällen zwar den Fahrer besser, für den Unfallgegner allerdings seien die Folgen viel schlimmer als bei kleineren und leichteren Autos. Auf Bundesebene denke man bereits über die Einführung von Größenbegrenzungen nach, auf Berliner Ebene könnte Kapek sich eine Regelung per City-Maut vorstellen:„Die dann im Preis eine deutlichen Unterschied macht zwischen schweren und großen Fahrzeugen und solchen, die umweltfreundlich und klein sind, beziehungsweise auch bei der Parkraumbewirtschaftung die Anschaffung von diesen besonders großen und gefährlichen Fahrzeugen limitieren.“
    Limitierende Faktoren gebe es für die Halter großer Autos aber bereits jetzt, stellt der verkehrspolitische Sprecher der Berliner CDU, Oliver Frederici, klar:
    „Denn die Halter dieser Fahrzeuge fahren ja ohnehin in breiteren teuereren Fahrzeugen, sie müssen mehr Kfz-Steuer zahlen, mehr Sprit. Damit sind sie eigentlich schon ganz gut reglementiert. Sie müssen sich das auch überlegen, weil es kostet sie mehr, diese Fahrzeuge zu betreiben. Außerdem kriegen sie schwerer einen Parkplatz.“
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Jens Berger: Das klingt doch sehr populistisch. Wie definiert man denn ein SUV und wie unterscheidet es sich von einem „normalen“ Auto?

  13. Die geheime Macht der Bilderberg-Gruppe
    Die einen betrachten die Bilderberg-Gruppe als internationales Diskussionsforum, das nur dank absoluter Diskretion einen offenen Austausch ermöglicht. Andere vermuten, dass an den Bilderberg-Konferenzen unter Umgehung der demokratischen Institutionen geheime, informelle Absprachen über die Strategie des Westens getroffen werden. Die Investigativ-Journalistin Candice Vacle bringt im folgenden Bericht ein wenig Licht ins Dunkle dieser Kontroverse.
    Die Bilderberg-Gruppe hat alles getan, um ihre Existenz zu verbergen und geheim zu bleiben. Seit 1954 treffen sich europäische und nordamerikanische «Machthaber» jedes Jahr zu einem geheimen Treffen. Diese Treffen sind im Zusammenhang mit dem Kalten Krieg entstanden, um die Beziehungen zwischen Europa und den USA zu stärken.1,2
    Die Teilnehmer, die als «Master of the World» bezeichnet werden, sind laut dem Journalisten Luis Gonzalez-Mata3 Staatsoberhäupter, Minister, Bankmanager, Leiter multinationaler Unternehmen wie Bill Gates, Armeeangehörige, internationale Sicherheitsexperten, Wissenschaftler, Vertreter internationaler Organisationen wie des IWF oder der Weltbank und Journalisten.4 In diesem Jahr fand das jährliche geheime Treffen vom 30. Mai bis 2. Juni 2019 in Montreux am Genfersee in einem Luxushotel statt.5
    Unter den 130 Teilnehmern waren der Schwiegersohn und Berater von US-Präsident Donald Trump Jared Kushner, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso, die UNESCO-Direktorin Audrey Azoulay, der ehemalige US-Aussenminister Henry Kissinger, der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire.
    An der Sitzung nahmen auch Exponenten von Grossunternehmen wie Total und Axa, Grossbanken wie Credit Suisse sowie Intellektuelle teil. Die Schweiz war vertreten mit Bundespräsident Ueli Maurer, CS-Chef Tidjane Thiam und Tamedia-Verleger Pietro Supino.
    Und es gab einen «Überraschungsbesuch»! Ja, dieses streng geheime Treffen öffnete seine Türen für US-Aussenminister Mike Pompeo. Er war CIA-Direktor und schliesst nicht aus, dass er in Zukunft für das Weisse Haus kandidiert.5,7 Alle Teilnehmenden füllen Schlüsselpositionen aus in den Bereichen Macht, Politik, Wirtschaft, Militär, Wissenschaft und Wissensvermittlung. Ihre Power, die Welt zu beeinflussen, ist enorm.
    Quelle: Infosperber
  14. Totalitarismus der Selbstoptimierung
    Die Achtsamkeitslehre fügt sich dadurch perfekt in die heutige Ich-Fixiertheit ein, die den Lebenskodex vieler beherrscht. Das Ich ist ein work in progress, an dem man sich abarbeiten muss. Selbstoptimierungstrends wie das Quantified-Self, bei dem der eigene Körper zu einem komplett messbaren Organismus wird, oder das Biohacking, bei dem Physis und Psyche durch Zunahme von Ergänzungsmitteln oder Eingriffe in die DNA-Struktur verbessert werden sollen, liegen im Trend.
    Genau wie bei diesen geht es auch bei der Achtsamkeit darum, Autonomie über den eigenen Körper (zurück) zu erlangen, um das Bewusstsein zu stärken und resistenter zu machen – in jedem Bereich des Lebens.
    Der Journalist David Gelles gab in seiner wöchentlichen „New York Times“- Kolumne „Meditation for Real Life“ über Jahre hinweg Tipps, wie man den Alltag am achtsamsten bestreitet, „achtsam krank ist“, „achtsam mit dem Hund Gassi geht“ oder „achtsam saisonale Allergien übersteht“ – ganz simpel: Wenn die Nase zugeschwollen ist, einfach die Aufmerksamkeit auf einen anderen Körperteil lenken, ohne eine Wertung des eigenen physischen Zustands vorzunehmen.
    Gelles Texte verdeutlichen den Totalitarismus der Selbstoptimierung zwar mit einem Augenzwinkern, sind aber symptomatisch für eine Entwicklung, die keine Ineffizienz im Leben duldet und die Selbsthilfeliteratur zum Millionengeschäft gemacht hat. Dabei fällt nicht mehr auf, wie viel Abhängigkeit und wenig Selbstbestimmung in der Selbsthilfe steckt. Wie Komiker George Carlin es zusammenfasste: „Wenn es in einem Buch steht, ist es nicht Selbsthilfe, sondern einfach Hilfe.“
    Der Fokus auf das Selbst, schreibt Purser, sei die Auslebung des neoliberalen Individualismusmantra, das Verantwortung auf den Einzelnen schiebt und das Gesellschaftsgefühl untergräbt. Die Achtsamkeitslehre predigt wie der Neoliberalismus, dass gesellschaftliches Umdenken erst beim Individuum stattfinden muss, aber sie raubt ihm die nötigen Emotionen, um dieses voranzutreiben.
    Ärger oder Wut haben keinen Platz mehr, sie gehören nicht zur mentalen Hygiene. Doch ein sediertes Bewusstsein, das nur noch um sich selbst kreist, leitet keinen Wandel ein. Wut, Traurigkeit oder Hilflosigkeit sind kostbare Emotionen, die fast schon auf religiöse Art ausgetrieben werden.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung JK: Auch die aktuelle Klimadiskussion wird, wie es treffend im Artikel heißt, durch das “neoliberalen Individualismusmantra” dominiert In der Debatte steht das individuelle (Konsum)verhalten im Vordergrund: weniger Fleisch essen, weniger fliegen, weniger mit dem Auto fahren, Steuerung des individuellen Konsums durch Sanktionen, …. das ist definitiv nicht falsch, aber in der gesamten Debatte spielt die Systemfrage, spielt die Frage insbesondere nach den ökonomischen Besitz- und Machtverhältnissen, die Frage nach den Interessen, die das gegenwärtige System des Konsums und des exponentiellen Ressourcenverbrauchs antreiben, keine Rolle.

  15. Streit um Mietendeckel-Pläne – Zweifel an der Verhältnismäßigkeit
    Wie sozial ist das Gesetzesvorhaben, die Mieten zu deckeln? Juristen warnen, dass Eigentümer benachteiligt werden könnten. Ein Gastbeitrag.
    Karola Knauthe ist Professorin für Immobilienrecht mit den Schwerpunkten Immobilienwirtschaft und Immobiliensteuerrecht sowie Öffentliches Immobilienrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.
    Die Idee des Mietendeckels ist einfach: Er soll Mietern zu günstigem Wohnraum verhelfen. Bei genauer Betrachtung des Referentenentwurfs stellt man jedoch fest, dass die Umsetzung dieser Idee nicht so einfach ist. Die Diskussionen über den Mietendeckel sind vielfach sehr emotional. Eine Versachlichung könnte helfen, die Einzelheiten besser zu verstehen.
    Das ist Anlass genug, sich die Regelungen des geplanten Mietendeckels näher anzusehen und vor allem auch einen Blick auf die Auswirkungen zu werfen. Hiervon unabhängig ist die Frage, ob der Mietendeckel in der jetzt vorgelegten Form verfassungsgemäß ist. Juristen streiten schon über die Frage, ob Berlin überhaupt die Gesetzgebungskompetenz hat oder diese beim Bund liegt. Rechtlich besonders umstritten ist zudem die Frage der Verhältnismäßigkeit des Mietendeckels.
    Die Verhältnismäßigkeit hängt von der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes ab. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2019 zur Mietpreisbremse ist zu berücksichtigen. Bei der Untersuchung des aktuellen Entwurfs müssen jedoch Zweifel an der Verhältnismäßigkeit aufkommen. Dies gilt umso mehr, als in der Gesetzesbegründung darauf abgestellt wird, dass der Mietendeckel „sozial“ sei. Was aber geschieht, wenn etwas für die einen sozial ist und für andere genau das Gegenteil?
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Der Tagesspiegel schießt wieder gegen den Mietendeckel. Und holt sich mit Karola Knauthe eine Autorin, die über zehn Jahre lang in der der Kanzlei von Dr. Keinzheinz Knauthe tätig war. Die Kanzlei von Karlheinz Knauthe (offenbar Vater oder Schwiegervater von Karola Knauthe) ist eng mit der Immobilienwirtschaft verbandelt.

  16. Schulprivatisierung: Selbst Geld vergraben wäre noch besser
    Gemeingut in BürgerInnenhand hat herausgefunden, dass die geplante Schulprivatisierung in Berlin über 800 Mio. Euro an Mehrkosten verursachen wird. Grund ist, dass die Wohnungsbaugesellschaft Howoge GmbH, mit der die Privatisierung durchgeführt werden soll, nahezu doppelt so viel Geld pro Schulplatz verlangt wie Schulen sonst im Bundesdurchschnitt kosten. Auch die Sanierungen durch die Howoge kommen viel teuer als anderswo. Den Mehrkosten steht keinerlei Mehrwert gegenüber: Das Geld wird verschleudert. Für die Summe von 800 Mio. Euro könnten über 1000 Beschäftigte eingestellt werden, die in der öffentlichen Verwaltung 10 Jahre lang den Schulbau vorantreiben.
    Quelle: Gemeingut in Bürgerhand

    Anmerkung JK: Dass DIE LINKE, kaum an der Macht, nicht anders agiert als die Parteien der neoliberalen Mitte, ist sicher ein nicht unwesentlicher Aspekt für das Wahldesaster bei den vergangenen Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Gerade in Berlin hat die LINKE und das dort agierende politische Personal massiv Vertrauen verspielt.

  17. Der Lehrermangel macht die Schule noch ungerechter
    Die Zahl ist noch alarmierender, als sie auf den ersten Blick wirkt: 26 000 Lehrkräfte könnten bis zum Jahr 2025 an den deutschen Grundschulen fehlen, der Mangel ist zweifellos eklatant. Sprengstoff liegt aber vor allem darin, dass dieser Mangel Deutschlands Bildungslandschaft noch ungleicher und unfairer machen könnte, als sie es ohnehin schon ist.
    Der Mangel wird nicht alle Schulen gleichermaßen treffen. Wenn Lehrerinnen und Lehrer händeringend gesucht werden, heißt das auch: Sie können sich ihrerseits die Stelle aussuchen und gehen dann lieber in die Viertel mit bürgerlicher Klientel. Sie machen einen Bogen um die Schulen, in denen Kinder mit Sprachdefiziten sitzen und Eltern nicht wie selbstverständlich am Nachmittag bei den Hausaufgaben helfen können. Man kann es den Lehrern nicht vorwerfen, sie nutzen schlicht ihre Macht auf Arbeitsmarkt.
    Brennpunktschulen fällt es schwerer als anderen, Stellen zu besetzen. Sie müssen überdurchschnittlich oft auf Quereinsteiger zurückgreifen. In Berlin zum Beispiel unterrichten an Schulen in Problemkiezen schon jetzt doppelt so viele Quereinsteiger wie an Schulen in besseren Lagen. Es ist zwar ein Klischee, dass die Spätberufenen automatisch die schlechteren Lehrer abgeben würden; viele von ihnen haben durchaus pädagogische Vorerfahrungen und Freude am Umgang mit Kindern, wie eine Untersuchung der TU Dresden vor einigen Jahren zeigte. Quereinsteiger sind keineswegs immer nur die, die gefrustet von ihrem bisherigen Job einfach nur irgendeine sichere Stelle im Staatsdienst wollen. Ihr Image ist oft zu Unrecht schlecht.
    Quelle: SZ
  18. Was Apple am Dienstag zeigen wird
    Gerade bin ich von der Ifa zurückgekommen. Das waren ein paar spannende Tage in Berlin, mit den ersten Amazon-Fernsehern, neuen Smartphones – auch solchen zum Falten -, Kopfhörer tragenden Holzpfosten und einem Huawei-Chef, der uns erzählte, wie es mit seinen Gadgets ohne Android weitergehen wird. Aber jetzt geht es weiter. Wenn dieser Newsletter veröffentlicht wird, bin ich schon auf dem Weg in die USA. Am Dienstagabend, um 19 Uhr deutscher Zeit, wird Apple dort neue Gadgets vorstellen. Zusammen mit meinem Kollegen Patrick Beuth werde ich live von der Veranstaltung berichten.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: SPIEGEL Online schickt also gleich zwei Redakteure nach Kalifornien, um dort live(!) von der Produktpräsentation eines Unternehmens zu berichten. Das ist ökologischer und ökonomischer Wahnsinn und zeigt, wofür Medien wie der SPIEGEL offenbar ein Budget haben. Unabhängig davon: Normalerweise zahlen Unternehmen ja dafür, dass Medien Werbung für ihre neuen Produkte machen. Bei Apple ist es erstaunlicherweise anders herum. Irre.


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