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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 1. Oktober 2019 um 9:13 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. USA: Die Kluft zwischen Arm und Reich ist auf Rekordhöhe angestiegen
  2. ZDF-Interview mit Kurz : Super-Kleber und die Demokratie
  3. Die AfD Hamburg und die soziale Frage
  4. Wer beherrscht Deutschland?
  5. Zu Assad-freundlich: Veröffentlichung von US-Wissenschaftlern zu Giftgasvorwürfen gestoppt
  6. Von der Klima-Verzweiflung zur revolutionären Hoffnung
  7. Die Reimanns sind die reichsten Deutschen
  8. Geld verbrannt, dass einem schummrig wird
  9. Arbeitskampf von oben?
  10. Mietenwahnsinn: Warum wir eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit brauchen
  11. H2 No!
  12. Diese Länder verbrauchen am meisten Energie
  13. Pflegevollversicherung ist möglich – Spitzenverdiener endlich an Kosten beteiligen
  14. Pflegenotstand – ein drängendes Problem (Teil 2)
  15. NSU-Ausschuss kritisiert Polizei und Justiz
  16. Sicherheitsrisiko Bierbänke
  17. As China celebrates, HK an island and people apart
  18. Helden der Hitze

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. USA: Die Kluft zwischen Arm und Reich ist auf Rekordhöhe angestiegen
    Nach Daten des Census Bureau ist die Kluft zwischen Arm und Reich im Jahr 2018 so groß wie noch nie seit 50 Jahren gewachsen. Ab 1959 wird erst die Einkommensungleichheit gemessen. Die Armutsrate und die Zahl der Armen sind allerdings auf das Maß vor der letzten Rezession zurückgegangen. Seit letztem Jahr ist der Median des Haushaltseinkommens um 0,8 Prozent gewachsen und war mit 61.937 US-Dollar für 2018 ebenfalls der höchste seit Beginn der ACS-Erhebungen im Jahr 2005. Die Armutsrate fiel von 13,4 auf 13,1 Prozent. Allerdings fiel das Wachstum geringer aus als in den drei Jahren zuvor, während die Verringerung der Armutsrate seit 2014 stetig abnimmt. In den zehn größten Metropolregionen ist das Haushaltseinkommen angestiegen, in allen 25 nicht gesunken.
    Was also auf den ersten Blick gut aussieht und vielleicht diejenigen Neoliberalen bestärken könnte, die auf den Trickle-Down-Effekt von Steuererleichterungen für Unternehmen und Reiche setzen, ist auf den zweiten eher düster, denn mit der wachsenden Ungleichheit zerfällt die Gesellschaft weiter, was auch die Konflikte zwischen Rechten und Liberalen oder Linken und die Wut weiter verstärken wird – und die Neigung, es denen da oben zu zeigen, um dann scheinbar nicht der Machteleite angehördende Politik wie Donald Trump oder aus Frust gar nicht zu wählen.
    Die Einkommensungleichheit ist in neun Bundesstaaten gewachsen: Alabama, Arkansas, Kalifornien, Kansas, Nebraska, New Hampshire, New Mexico, Texas und Virginia. Am höchsten ist sie aber weiterhin in einigen der reichen Bundesstaaten an den Küsten wie in Kalifornien, Florida oder New York. Allerdings sinkt auch hier die Armutsrate, was aber die Einkommensungleichheit nicht mindert. Auffällig ist, dass da, wo die Armutsrate fast bei 20 Prozent liegt wie in West Virginia, Kentucky, Mississippi oder New Mexico, die Über-65-Jährigen den geringsten und die Jungen den größten Anteil haben. Zu erwarten ist daher, dass die Armutsrate gerade in den landwirtschaftlich und industriell geprägten Staaten ebenso weiter zunehmen wird wie die Altersmut der nachkommenden Generationen. In Deutschland liegt die Armutsquote bei etwa 20 Prozent.
    Quelle: Telepolis
  2. ZDF-Interview mit Kurz : Super-Kleber und die Demokratie
    Arroganz und Überheblichkeit, sie haben im deutschen Fernsehen viele Namen. Doch einer sticht immer wieder hervor.
    Im „heute journal“ des ZDF am Sonntagabend sprach der Moderator Claus Kleber mit dem Sieger der Parlamentswahl in Österreich, Sebastian Kurz, und wollte von diesem von Beginn an hören, dass er eine Koalition mit der FPÖ ausschlösse. Also zielte die erste Frage nicht auf die Gründe für den großen Wahlerfolg der ÖVP, sondern gleich darauf, dass diese die FPÖ nun ja nicht mehr brauche. „Trotzdem schließen Sie heute Abend auch eine Koalition mit den Rechtsnationalen nicht aus, warum?“, fragte Kleber. Kurzens Antwort, dass er nach der Wahl vollziehe, was er vor der Wahl versprochen habe, nämlich mit allen anderen Parteien zu sprechen, ließ Kleber nur über sich ergehen, um mit Verve nachzusetzen: „Wäre jetzt nicht von Ihnen eine klare Ansage genau das Richtige?“ Da wurde Sebastian Kurz für seine Verhältnisse kurz angebunden: „Vielleicht würden Sie besser wissen, was ich tun sollte, als ich das selbst weiß.“
    Es kam aber noch besser, wollte Kleber nun doch wissen, ob Kurz nicht wenigstens auf die Deutschen Rücksicht nehmen könnte: „Sie wissen, dass die deutsche Regierung, die Benelux-Regierung, die Frankreich-Regierung sehr darauf hoffen, dass die Allianz mit den zweifelhaften Rechtsnationalen in Österreich aufhört. Spielt ein solcher Gesichtspunkt bei den Überlegungen, die Sie anstellen werden, überhaupt eine Rolle?“ Die kurze Antwort: „Nein“. Gewählt haben, fügen wir an dieser Stelle hinzu, schließlich die Österreicher und nicht die Redaktionsmitarbeiter des „heute journals“.
    Dessen Moderator beendete seine Einvernahme schließlich mit einer Bemerkung, die zeigt, wie wenig dieser Vertreter eines Mediums, das, wenn es darum geht, die nächste Erhöhung des Rundfunkbeitrags einzufordern, gerne darauf verweist, dass es ein tragender Pfeiler der Demokratie ist, von Demokratie und freien Wahlen hält, wenn das Ergebnis nicht seinen Vorstellungen entspricht: nichts. So sprach der Mann vom Mainzer Lerchenberg, der es offenbar wie viele andere nicht verwinden kann, dass die Ibiza-Affäre die FPÖ Stimmen gekostet hat, nicht aber Sebastian Kurz und die ÖVP: „Dann ist es ja gut, dass die Österreicher mit der gegenwärtig regierenden Expertenregierung ohne politische Parteien so zufrieden sind.“
    Eine nicht direkt vom Volk gewählte Regierung, eine ohne Politiker und politische Parteien ist die bessere? Funktioniert so Demokratie à la ZDF? Reicht Kleber beim nächsten Mal seine Vorschläge für die Kabinettsliste gleich über den Bildschirm ein? Könnte er nicht wenigstens auf die Idee kommen, dass es für den ÖVP-Chef allein aus taktischen Gründen falsch wäre, die FPÖ wegzukicken, damit er in Gesprächen mit SPÖ und Grünen eine stärkere Position hat? Man kann nur hoffen, dass das Zweite Deutsche Fernsehen in Österreich am Sonntagabend nicht allzu viele Zuschauer hatte.
    Quelle: FAZ
  3. Die AfD Hamburg und die soziale Frage
    Sozialpolitik gilt als eine Art Achillesferse der AfD, ein Thema, bei dem es am ehesten zu Spaltungen in der Partei kommen könnte. Zwei Richtungen stehen sich gegenüber: Auf der einen Seite der marktradikale Flügel um die Fraktionsvorsitzende im Bundestag Alice Weidel und den Bundessprecher Jörg Meuthen, auf der anderen Seite eine sozialpopulistisch-völkische Richtung, dessen Vertreter*innen man vor allem im extrem rechten Flügel um Frontmann Björn Höcke findet.
    Die Marktradikalen fordern eine Politik im Sinne der Deutschen Wirtschaft, wie Kürzungen der sozialen Haushalte, Steuererleichterungen für Großkonzerne, Privatisierungen und andere Maßnahmen auf Kosten von Arbeitnehmer*innen, Rentner*innen und Bezieher*innen staatlicher Leistungen. Eine solche Position hat eine lange Tradition in der extremen Rechten und auch die AfD begann als eine Partei, die u.a. nationalkonservative und neoliberale Standpunkte verbinden konnte. Leute wie der Hamburger Professor Bernd Lucke, die gegen die sogenannten Rettungsschirme der Europäischen Union für südeuropäische Staaten polemisierten, prägten das Bild der Partei in der Anfangszeit und auch nach dem Austritt einiger bekannter Neoliberaler ist diese Richtung nicht verschwunden.
    Auf der anderen Seite gerieren sich die Sozialpopulist*innen als Beschützer der „kleinen Leute“. Ihre sozialpolitisch weitestgehende Forderung ist die Ausweitung der gesetzlichen Altersvorsorge und ein Aufschlag für Bezieher*innen kleiner Renten, letzteres aber nur für Menschen mit deutschem Pass. Die Marktradikalen wollen das nicht mittragen, vertreten sie doch das Gegenteil, eine weitere Rentenprivatisierung.
    Allerdings ist die soziale Frage bei der AfD immer der nationalen Frage untergeordnet. Deutschland soll eine homogene Gesellschaft mit möglichst wenig Migrant*innen sein. Das verbindende Element der verschiedenen Flügel ist vor allem Rassismus und Flüchtlingsfeindlichkeit, auch wenn die Völkischen dies besonders drastisch äußern. Dementsprechend werden soziale Probleme von der AfD meistens auf Flucht und Migration zurückgeführt. Damit hat sie nicht nur einen Sündenbock, sondern verschleiert auch die Ursachen dieser Probleme.
    Die Hamburger AfD steht traditionell dem marktradikalen Flügel nah, was eine rassistische Haltung keineswegs ausschließt. Im Wahlprogramm für die Bürgerschaftswahl 2015 wurde die Ausrichtung deutlich: Die Partei versteht sich als „Partner der Wirtschaft“, sie fordert die unbedingte Einhaltung der Schuldenbremse und dass die Stadt sich von einem Großteil ihrer Unternehmensbeteiligungen trennen solle. Die Schlagworte heißen mehr Wettbewerb in allen Bereichen, weniger Regulierung, Abbau von bürokratischen Vorschriften und Stärkung des Leistungsprinzip – mehr Neoliberalismus ist kaum möglich.
    Quelle: AfD Watch Hamburg
  4. Wer beherrscht Deutschland?
    Wer beherrscht Deutschland? Schon die Frage provoziert, und sie soll provozieren. Wie ist es bestellt um die Machtverhältnisse in Deutschland? Ist Angela Merkel mächtiger als der Chef eines Dax-Unternehmens? Nicken die gewählten Volksvertreter nur noch ab, was ihnen einflussreiche Lobbyisten einflüstern? Wer bestimmt die Geschicke einer Stadt stärker: der gewählte Bürgermeister oder der einflussreiche Unternehmer, der mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen droht und sein Sponsoring einstellt, wenn die Stadt seine Forderungen nicht erfüllt?
    Ist eine Bürgerinitiative in der Lage, sich gegen einen scheinbar übermächtigen Konzern zu wehren? Wie kann eine Gewerkschaft in Zeiten der Globalisierung noch Druck auf einen Arbeitgeber ausüben und die Interessen der Arbeitnehmer durchsetzen? Wer hat die Macht, und wer fühlt sich machtlos?
    Mit der Demokratie sei die beste Regierungsform gefunden, das war lange der Grundkonsens in der Bundesrepublik. 30 Jahre nach der friedlichen Revolution in der DDR und der anschließenden Vereinigung scheint es, als würde sich dieser Konsens in Auflösung befinden. Zwar ist die Zustimmung zur Idee der Demokratie immer noch hoch, doch die Zufriedenheit mit den politischen Verhältnissen in Deutschland bröckelt.
    Der Autor Jan Lorenzen ist durch das ganze Land gereist. Er hat mit kämpferischen Gewerkschaftlern und wütenden Nichtwählern gesprochen. Er hat eine sich machtlos fühlende Bürgerinitiative begleitet und einen ernüchterten Bürgermeister. Er hat mit nachdenklichen Spitzenpolitikern und besorgten Politologen gesprochen.
    Die einzelnen Beispiele fügen sich zu einer tiefgreifenden Analyse der derzeitigen politischen Situation: Hat der Staat in den vergangenen Jahren zu viel Macht abgegeben? Wie wirkt sich die zunehmende soziale Ungleichheit auf die politische Machtverteilung aus? Gibt es in Deutschland ein grundsätzliches Demokratiedefizit?
    Quelle: Das Erste

    Anmerkung JK: Eine erschreckende Reportage, die zeigt, dass Deutschland inzwischen eine Demokratie der oberen Mittelschicht ist – keine Überraschung, wenn man sich die soziale Zusammensetzung des Bundestages ansieht – und die auch ein Licht auf das Dilemma aktueller linker Politik wirft, wenn etwa ein junger Mann aus Köln-Chorweiler meint, dass es den Menschen dort erst einmal darum geht ob sie im nächsten Monat noch mit ihrer Miete hinkommen.

  5. Zu Assad-freundlich: Veröffentlichung von US-Wissenschaftlern zu Giftgasvorwürfen gestoppt
    Immer wieder war in den vergangenen Jahren die Rede von Giftgasangriffen der Assad-Regierung. Gegenstimmen wurden stets als unseriöse Propaganda abgetan. Nun führte eine weitere Veröffentlichung renommierter US-Wissenschaftler nicht zum gewünschten Ergebnis – und wurde prompt auf Eis gelegt.
    Der 4. April 2017 steht symbolisch für die Grausamkeit des sogenannten Assad-Regimes – zumindest wenn man den Ausführungen der vermeintlichen “internationalen Gemeinschaft” Glauben schenkt. An diesem denkwürdigen Tag soll Assad gegen jede taktische Logik – immerhin befanden sich die Truppen der Syrischen Arabischen Armee zu diesem Zeitpunkt bereits unwiderruflich auf dem Vormarsch – einen grausamen Massenmord durch Giftgas befehligt haben. Über 80 Zivilisten fielen dem Angriff zum Opfer, was prompt den vorhersehbaren Zorn der transatlantischen Gemeinschaft nach sich zog.
    Wie im Rechtsverständnis von Brüssel, London, Paris und Berlin inzwischen üblich wurde nicht viel Federlesen um die Unschuldsvermutung und die schiere Logik gemacht. Ohne eine tatsächlich eingehende Untersuchung standen die Schuldigen aufgrund “eindeutiger”, aber keiner professionellen Begutachtung standhaltenden “Beweise” binnen kürzester Zeit fest: Assad und seine Schergen. In einer unmittelbaren “Vergeltungsaktion” befahl US-Präsident Trump den Abschuss von 59 Cruise Missiles auf syrischem Territorium, freilich ohne substantiellen Schaden anzurichten.
    Das Narrativ lautete wie folgt: Die syrische Regierung ließ einer ihrer berühmt-berüchtigten “Fassbomben”, gefüllt mit dem Nervengift Sarin, auf die von “Rebellen” gehaltene Stadt Chan Schaichun in der Region Idlib niedergehen. Einige Zeit nach dem denkwürdigen Giftgasangriff übernahmen auch die Vereinten Nationen im Rahmen ihres Joint Investigative Mechanism (JIM) die propagierte Version des US-Nachrichtendienstes CIA.
    Stimmen von Experten und international renommierten Journalisten, die zur Besonnenheit aufriefen und eine gründliche Untersuchung – und zwar am Ort des Geschehens – anmahnten, wurden als Apologeten der russischen bzw. syrischen Propaganda abgetan. Soweit so gewöhnlich.
    Nun sorgt ein Manuskript für Aufregung unter US-Wissenschaftlern. Es handelt sich um eine forensische Analyse innerhalb einer renommierten Zeitschrift der US-Universität Princeton (Science & Global Security, SGS). Als die Presse Wind von der bevorstehenden Veröffentlichung des Papiers bekam, wurde dessen Veröffentlichung demzufolge von den SGS-Redakteuren gestoppt. Die Analyse hatte im Vorfeld zu heftiger Kritik und Warnungen geführt, da die Veröffentlichung des wissenschaftlichen Beitrags dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und der russischen Regierung in die Hände spielen würde.
    Quelle: RT Deutsch
  6. Von der Klima-Verzweiflung zur revolutionären Hoffnung
    Das Eindringen der Klimakrise in unseren Alltag lässt viele vereinzelt verzweifeln. Doch die Kritik Greta Thunbergs und das gemeinsame Eingreifen der Fridays-for-Future Bewegung lassen trotz gigantischer Herausforderungen eine revolutionäre Hoffnung keimen.
    Spätestens in diesem Sommer war die Klimakrise auch in Europa nicht mehr zu verdrängen. In Österreich war es der zweitheißeste Sommer der Messgeschichte und der dritte in Folge, der zu den fünf heißten gehört, seit die Aufzeichnungen 1767 begonnen haben. Vier davon liegen in den letzten fünf Jahren.
    Und auch die apokalyptischen Nachrichten überschlugen sich: Auf der Nordhalbkugel brannte Wald in der Größe Griechenlands ab. Die dadurch freigesetzte Wärme beschleunigte das Auftauen der Permafrostböden, in denen gigantische Mengen an Treibhausgas gebunden sind. Das Bild von Schlittenhunden, die nicht mehr auf „ewigem Eis“ laufen, sondern in Schmelzwasser warten, ging um die Welt. Und als der Brand des Amazonas-Regenwaldes den Himmel selbst im zweitausend Kilometer entfernten São Paulo verfinsterte, schockierte das viele.
    Krise der Verzweiflung
    „Vor allem seit mein Sohn geboren wurde, erzeugen die Sommer Stress bei mir. Es ist schwierig eine Jahreszeit zu genießen, die einen ständig daran erinnert, dass sich die Welt stetig aufheizt.“, bringt Meg Ruttan Walker, Lehrerin aus Ontario, ein Gefühl auf den Punkt, das viele teilen. Die Klimakrise wird für uns individuell und symbolisch immer greifbarer. Die große Bedrohung, vor der die Menschheit steht, sickert in unseren Alltagsverstand ein. Das Ergebnis ist nur allzu oft tiefe Verzweiflung.
    Wollen wir sicherstellen, dass der Planet auch noch ab 2050 bewohnbar bleibt, müssten Länder des kapitalistischen Zentrums bis 2030 ihren CO2-Austoß jährlich drastisch um 15 Prozent reduzieren. Was Politik und Gesellschaft dafür tun, ist viel, viel zu wenig. Dieser Widerspruch ist für viele Menschen schwer zu ertragen und gespenstisch. Psychotherapeut_innen forderten daher jüngst die politisch Mächtigen auf, endlich entschlossen zu handeln, da andernfalls mit einem starken Anstieg von Depressionen zu rechnen sei.
    Quelle: Mosaik Blog
  7. Die Reimanns sind die reichsten Deutschen
    Mit einem Vermögen von 35 Milliarden Euro sind die Reimanns die reichsten Deutschen. Das ergibt die Schätzung des Vermögens der 1001 reichsten Bundesbürger, die das manager magazin zum 19. Mal veröffentlicht.
    Das Vermögen der Reimanns, die 2017 erstmals Platz 1 belegt hatten, hat nach mm-Schätzung um zwei Milliarden Euro zugelegt. Zwar lief der Beauty-Konzern Coty so schlecht, dass die JAB Holding, die Investmentfirma der Reimanns, 2018 sogar einen Verlust von fast einer Milliarde Euro ausweisen musste. Im ersten Halbjahr 2019 wies die Reimann-Holding aber wieder einen Buchgewinn von 5 Milliarden Euro aus.
    Die einstige Eigentümerfamilie des Ludwigshafener Chemiekonzerns Benckiser verfolgt unter JAB-Chairman Peter Harf (73) weiter eine aggressive Strategie. In wenigen Jahren hat sie mit Keurig Dr Pepper einen der größten Getränkekonzerne der Welt geschaffen – von Kaffee bis Limo schenkt sie alles aus. Diverse Luxusmarken und Parfüms gehören mit Coty ebenfalls zu ihrem Portfolio. Zudem hat sie kürzlich fast 5 Milliarden Dollar in Tierklinikketten in den USA investiert. Den Ursprung ihres Vermögens, ihren Anteil am britischen Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser mit Marken wie Calgon, Clearasil, Kukident oder Sagrotan, haben die Reimanns hingegen fast vollständig verkauft.
    Die Familie Reimann besteht aus Renate Reimann-Haas (67) und Wolfgang Reimann (66), deren Halbbrüdern Stefan (56) und Matthias (54) Reimann-Andersen sowie deren insgesamt zehn Kindern. Als im Frühjahr bekannt wurde, dass ihre Vorfahren während der NS-Zeit mit den Nazis paktierten, drückte die Familie ihr Bedauern aus und Harf sagte, die Ahnen des Clans hätten “sich vergangen” und “gehörten eigentlich ins Gefängnis”.
    Quelle: Manager Magazin

    Anmerkung JK: Darüber welche Vermögen in der Nazi-Diktatur durch Arisierung und Ausbeutung von Zwangsarbeitern bzw. generell durch die Unterstützung der Kriegswirtschaft angehäuft wurden, schweigt man in Deutschland gerne.

  8. Geld verbrannt, dass einem schummrig wird
    Norbert Dippel ist Rechtsanwalt, offenkundig ein sehr guter. Mit seinen Aussagen als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Berateraffäre beeindruckte er jedenfalls Zuhörer doppelt. Seine Erläuterungen zum Vergaberecht zeugten von umfassender Kenntnis der hoch komplizierten Materie. Vor allem aber: Dippel tat das, was im Verteidigungsministerium und in mit ihm verbundenen Behörden Seltenheitswert hat: Er widersprach laut als “Wünsche” getarnten Anweisungen aus dem Ressort, bei Vergaben notfalls Recht zu brechen und das zu verschleiern. Sein Rückgrat habe ihn nach eigener Einschätzung den Job gekostet.
    Dippel war Chefjurist der bundeseigenen Heeresinstandsetzungslogistik GmbH (HIL), in deren Hallen militärische Großfahrzeuge wie Panzer für die Bundeswehr repariert werden. Das Ministerium hatte geplant, das Unternehmen 2016 in etwas mehr als einem halben Jahr zu privatisieren und schaltete dazu eine international tätige Anwaltskanzlei unter fragwürdigen Umständen ein, deren Leute Stundensätze von 450 Euro kassiert haben sollen.Dippel wandte sich, wie er es formulierte, von Beginn an mit “geballter Faust in der Tasche” gegen die Art und Weise der Beauftragung der Kanzlei. Für ihn war die Sache ein ganz klarer Verstoß gegen Vergaberecht. Am Donnerstagabend berichtete er vor dem Ausschuss, was er alles unternommen habe, den Vorgang zu stoppen – und welchem Druck er sich ausgesetzt fühlte, den “Wünschen” des Ministeriums nachzukommen. Der ehemalige HIL-Prokurist ließ erkennen, dass er sowohl die Vergabe des Auftrags an die Kanzlei als auch die Bemühungen des Ministeriums, die HIL in derartig kurzer Zeit zu privatisieren, für falsch hielt. Er sagte, all seine Warnungen seien dort konsequent ignoriert worden. Einmal habe es in Berlin geheißen: “Aus übergeordneten Gründen ist einstweilen an dem Zeitplan festzuhalten.”
    “Dieses Projekt ist durch mangelnde Vorbereitung so mies aufgegleist worden, das hat da Geld verbrannt, dass es einem schummrig wird”, sagte der Zeuge. Absurd seien geplante Vereinbarungen mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren gewesen. “Wenn die sich ein halbes Jahr dumm und dämlich verdienen, ist ja okay.” Aber längere Zeiten seien “ein anderer Schnack”. Nach Angaben eines früheren HIL-Kollegen sei bei der Staatsfirma elektronisch eine dreistellige Zahl an externen Beratern erfasst gewesen. Er sei sich wie in dem Film “Täglich grüßt das Murmeltier” vorgekommen, wo für den Hauptdarsteller jeder Tag stets gleich anfängt. “Jeden Morgen kamen neue Berater und fragten: Herr Dippel, Sie reden da immer von Vergaberecht. Was ist das überhaupt? Warum können wir die Werke nicht einfach verkaufen?”
    Quelle: n-tv
  9. Arbeitskampf von oben?
    Ein profitables Hostel schließt, weil die Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen erkämpft haben – ein Einzelfall? Nicht ganz: Immer mehr Betriebe erhöhen den Druck auf die Betriebsräte – und greifen dabei mitunter auch zu schmutzigen Methoden.
    Die Schließung des City-Hostels Wombat’s in Berlin-Mitte ist der vorläufige Schlusspunkt eines vierjährigen Machtkampfes in dem Unternehmen. Ein Kampf, zwischen den Beschäftigten, die einen Betriebsrat gründeten. Und den Inhabern, die das einfach nicht hinnehmen wollten.
    „Geld hat hier keine Rolle gespielt. Es war vom normalen Betrieb ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen“, sagt Sascha Dimitriewicz, er ist einer der Inhaber der Wombat’s Hostelkette.
    Ich treffe ihn zwei Tage nach der Schließung des Hostels im Cafe Einstein in Berlin. Ein lässiger Typ, blaues Sacko, weißes T-Shirt, die Haare millimeterkurz geschoren. Er rührt in seinem Cappuccino und lächelt zufrieden. Die Geschäfte laufen gut, sagt er. In Wien, München, London, Budapest, Venedig hat er Herbergen eröffnet. Und in Berlin. Auch das Hostel in der Hauptstadt war immer ausgebucht. Trotzdem ist jetzt Schluss.
    „Die Anwaltskosten und vor allem der emotionale Zugang und emotionale Stress hat irgendwann dazu geführt, dass wir gesagt haben, nein, das ist Quatsch, das machen wir nicht mehr. Wertschätzendes Arbeiten hat hier nicht stattgefunden. Und dann muss man irgendwann auch mal sagen, wann genug ist.“
    Und dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen, vier Jahre nachdem die Beschäftigten sich organisierten, einen Betriebsrat gründeten.
    „Euer Schritt ist für uns eine sehr große Enttäuschung“, teilte die Geschäftsleitung von Wombat’s der Belegschaft vor vier Jahren noch vor der Wahl des Betriebsrates in einem offenen Brief mit und warnte:
    „Wenn ihr in Berlin diesen Betriebsrat nun gründet, würdet ihr euch aus unserer Sicht außerhalb dieser Werte stellen, die von Anfang an Wombat’s ausgezeichnet haben. Wir verstehen diesen Schritt als Entzug Eures Vertrauens. Liebe Berliner, es liegt an euch, hier und jetzt Verantwortung für alle zu übernehmen und dieses Vorhaben abzublasen oder euer gewohntes Arbeitsumfeld nachhaltig zu gefährden.“
    Doch die Beschäftigten ließen sich nicht abschrecken. Denn ganz so idyllisch-familiär wie ihr Arbeitgeber empfanden nicht alle das Arbeitsklima in dem Hostel. Die Verträge befristet, die Bezahlung prekär. Damit wollte sich die Belegschaft nicht mehr abspeisen lassen.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  10. Mietenwahnsinn: Warum wir eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit brauchen
    Die Mieter*innenproteste haben die städtische Wohnungsnot auf die politische Tagesordnung gezwungen. Doch die Antworten der Politik sind völlig unzureichend. Für eine Lösung der Wohnungskrise braucht es durchgreifendere Maßnahmen, wie sie mit dem Konzept der Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit vorgeschlagen werden. Das Hintergrundpapier schildert Ziele, Instrumente und Rahmenbedingungen dieses Konzepts sowie konkrete Initiativen für seine Umsetzung.
    Kaum ein Tag vergeht, an dem die Medien nicht die Not der Mieter*innen in den Städten schildern oder die Ratschläge diverser Expert*innen verbreiten. Aber die Politik reagiert bislang allenfalls auf lokaler Ebene. Derweil glänzt die Bundesregierung durch Tatenlosigkeit, die sie mit Placebos wie der Mietpreisbremse zu kaschieren versucht.
    Doch durch die hohe Zustimmung für radikalere Maßnahmen wie Hausbesetzungen und Enteignungen geraten die Regierenden langsam unter Druck. Eine der Grundfesten kapitalistischer Gesellschaften, das Privateigentum, wird offen in Frage gestellt.
    Damit verliert auch die private Immobilienwirtschaft zunehmend an Legitimation. Ihre Lobbyist*innen in Medien und Politik versuchen, die Diskurshoheit zurückzugewinnen. Doch verblüfft müssen sie feststellen, dass ihre abgestandene Propaganda gegen jegliche Regulierung des Wohnungsmarkts kaum noch verfängt. Immer mehr setzt sich die Einsicht durch: Wohnen ist Teil der Daseinsvorsorge und muss dem privaten Gewinnstreben entzogen werden. …
    Quelle: attac
  11. H2 No!
    Batteriegetriebenes Elektroauto oder E-Auto mit Wasserstoffantrieb? Während der IAA 2019 in Frankfurt konnten sich die Besucher entscheiden. Fahrzeuge mit beiden Antriebsarten waren als Shuttlemobile zwischen den Hallen auf dem ausgedehnten Messegelände unterwegs. Drinnen jedoch, auf den Ständen der großen Hersteller, drehte sich fast alles um die Akku-Autos. Die neuen Elektrofahrzeuge wurden groß inszeniert, den wenigen Modellen mit Wasserstoffantrieb blieben allenfalls Nebenrollen.
    Der Volkswagen-Konzern etwa präsentierte den Stromer ID3 sowie, gleich gegenüber, den vollelektrischen Porsche Taycan. Beide Autos verfügen über einen Akku, der als Stromspeicher dient. Das ist die technologische Richtung, in die nahezu alle Hersteller derzeit marschieren; die Autobranche setzt voll auf batterieelektrische Mobilität. Aus mehreren Gründen ist das umstritten. Es werden zum Beispiel immense Wassermengen benötigt, um den für die Batterien notwendigen Rohstoff Lithium zu fördern; Kobalt, ein weiterer wichtiger Bestandteil der Akkus, wird vor allem im Kongo unter fragwürdigen Bedingungen und teils sogar von Kindern und Jugendlichen abgebaut; und schließlich sind etliche Schwierigkeiten beim Recycling der Akkus noch nicht gelöst. Und das sind nur die größten Probleme der Batteriestrategie.
    Trotzdem setzt die Branche auf diese Lösung. Vor 25 Jahren sah das noch anders aus: Bereits Mitte der Neunzigerjahre sah die Autoindustrie in der Brennstoffzelle die Zukunft der Mobilität. Alle führenden Automobilunternehmen hatten eigene Forschungszentren zur Entwicklung von Brennstoffzellen-Autos aufgebaut. Nimmt man die jüngste IAA zum Maßstab, ist von diesem Aufbruch fast nichts mehr zu sehen. Mehr noch: Einzelne Hersteller stellen sich sogar explizit gegen den Wasserstoffantrieb.
    “Das ist Unsinn”, lautete etwa das Urteil von VW-Chef Herbert Diess, als er von Journalisten auf den BMW i Hydrogen Next angesprochen wurde. Das Konzeptfahrzeug mit Wasserstoffantrieb wurde von BMW auf der IAA präsentierte. Der Wasserstoffwagen basiert auf dem SUV-Modell X5 der Münchner Autobauer. 2022 soll der Wagen in einer Kleinserie auf die Straßen kommen. Diess jedoch erklärt, ein solches Fahrzeug mit Wasserstoffantrieb habe keine Zukunft.
    Quelle: SPON

    Anmerkung JK: Hier zeigt sich, dass eine klimafreundliche Umgestaltung der Ökonomie nicht machbar ist ohne die Macht der Konzerne zu brechen. Wenn der Boss des, mit einem Umsatz von 236,6 Mrd. Dollar größten Automobilkonzerns der Welt, Volkswagen, die Wasserstofftechnlogie für Unsinn erklärt, ist dies das faktische Aus für den Einsatz dieser Technologie im größeren Maßstab und das nur, da VW auf die, hinsichtlich der Umweltverträglichkeit durchaus zweifelhaften, Batterietechnik setzt.

  12. Diese Länder verbrauchen am meisten Energie
    Ungeachtet von Klimazielen steigt der weltweite Energieverbrauch und CO2-Ausstoß weiter an. Diese zehn Länder haben den höchsten Energieverbrauch
    Von Bemühungen um den Klimaschutz ist bei der globalen Energiebilanz noch nicht viel zu bemerken. 2018 stieg der weltweite Energieverbrauch um 2,9 Prozent. Das war laut BP der größte Anstieg seit 2010. Er lag fast doppelt so hoch wie das übliche Plus der vorherigen Jahre. Ähnlich verlief die Entwicklung beim Ausstoß klimaschädlicher Gase. Die CO2-Emissionen erhöhten sich im vergangenen Jahr um zwei Prozent – die größte Zunahme seit sieben Jahren, wie es im Jahresbericht „Statistical Review of World Energy 2019“ des britischen Erdölkonzerns BP heißt. 40 Prozent des energetischen Mehrbedarfs wurden übrigens mit Erdgas gedeckt.
    Ein Land war der Analyse zufolge allein für ein Drittel des zusätzlichen weltweiten Verbrauchs bei Primärenergie verantwortlich. Zwei weitere Nationen sorgten gemeinsam für ein weiteres Drittel beim Mehrbedarf. Unter Primärenergie fallen ursprüngliche Energiequellen wie Öl, Erdgas, Kohle, Atomenergie, Wasserkraft und erneuerbare Energien.
    Wer meint, die USA hätten den weltweit höchsten Energieverbrauch, der irrt sich. Die Vereinigten Staaten liegen laut der BP-Analyse beim Pro-Kopf-Verbrauch auf Platz zehn. Demnach verbrauchte jeder US-Einwohner 2018 im Durchschnitt 294,8 Gigajoule an Primärenergie (ein Gigajoule entspricht 278 Kilowattstunden). Die USA trugen BP zufolge 20 Prozent zum weltweiten Anstieg beim Energieverbrauch bei.
    Quelle: Capital

    Anmerkung JK: Hier sollte man sich nicht verwirren lassen. Der Gesamtenergieverbrauch sagt zu erst nichts darüber aus wie die Primärernergie erzeugt wurde – ob über fossile Energieträger oder klimaneutral. Ein gutes Beispiel ist das erwähnte Island, dass im Primärenergie-Ranking von BP weltweit auf Platz zwei liegt aber seinen Energiebedarf zu über 80 Prozent aus Geothermie und Wasserkraft deckt. Allerdings zeigt der Report, dass der Anteil der erneuerbaren Energien überall auf der Welt nach wie vor erschreckend gering ist.

  13. Pflegevollversicherung ist möglich – Spitzenverdiener endlich an Kosten beteiligen
    „Seit heute haben es alle schwarz auf weiß: Eine Solidarische Pflegevollversicherung ist möglich – bei praktisch gleichbleibenden Beitragssätzen. Es ist eine politische Entscheidung der Bundesregierung, weiterhin privatversicherte Spitzenverdiener zu schonen und alle Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen mit stetig steigenden Eigenanteilen zu belasten“, kommentiert Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, die Ergebnisse der aktuellen Studie „Die Pflegebürgerversicherung als Vollversicherung“ der Hans-Böckler-Stiftung. Pia Zimmermann weiter:
    „Wenn alle, auch die Privatversicherten, den gleichen Beitragssatz auf alle Einkünfte bezahlten, wäre Armut durch Pflege bald Geschichte. Alle pflegebedingten Kosten könnten finanziert werden. Die viel zu hohen Eigenanteile könnten endlich abgeschafft werden. Die meisten Menschen müssten nur wenige Euro mehr pro Monat bezahlen, bekämen dafür aber finanzielle Absicherung im Pflegefall. Millionen Menschen und ihre Angehörigen würden durch gestrichene Eigenanteile auf einen Schlag entlastet. Und die wenigen Menschen, die mehr zahlen müssten, würden so endlich gemäß ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit behandelt. Diese Umverteilung fordert DIE LINKE seit langem – sie ist richtig, verfassungsmäßig geboten und lange überfällig.“
    Quelle: DIE LINKE
  14. Pflegenotstand – ein drängendes Problem (Teil 2)
    WDR: Wenn Pflegekräfte jetzt besser bezahlt werden sollen, wer soll das bezahlen?
    Rothgang: Wir haben gedeckelte Leistungen der Pflegeversicherung und deshalb wird etwa jede Verbesserung der Löhne zu hundert Prozent von den Bewohnern im Heim getragen. Damit spielen wir die Pflegekräfte und die Pflegebedürftigen gegeneinander aus, was das Vertrauensverhältnis zwischen beiden belastet.
    Deswegen sind mein Team und ich der Ansicht, dass dieses Finanzierungssystem grundsätzlich geändert werden muss. Und dass wir den – wir nennen es – Sockel-Spitze-Tausch durchführen müssen.
    Im Moment zahlt die Pflegeversicherung einen Sockelbetrag und alles, was darüber hinaus ist, zahlt der Pflegebedürftige und jede Qualitätsverbesserung geht zu finanziellen Lasten der Pflegebedürftigen. Man muss es aber genau umgekehrt machen. Pflegebedürftige sollen einen bestimmten Sockel selbst tragen, und was darüber hinausgeht, das zahlt die Pflegeversicherung.
    Wenn wir dann über steigende Löhne sprechen, über bessere Personalausstattung, dann würde das zu Lasten der Pflegeversicherung gehen, also der Pflegeversicherten, der Beitragszahler. Das sind viele und nicht zu Lasten der Heimbewohner, das sind wenige.
    WDR: Was würde dieser Sockel-Spitze-Tausch kosten?
    Rothgang: Das ist die Frage, wie hoch man den Sockel ansetzt. Ich kann den Sockel natürlich in einer Höhe ansetzen, sodass sich für die Sozialversicherungen zum Umstellungszeitpunkt gar nichts ändert. Aber für die Zukunft dann, wenn es zu Aufwüchsen der Pflegesätze kommt aufgrund höherer Gehälter der Pflegekräfte, wegen mehr Personal, dann würde das zu Lasten der Sozialversicherung gehen.
    WDR: Die Pflegeversicherung – eine Art Teilkasko wie beim Auto?
    Rothgang: Wir alle kennen Teilleistungsversicherungen mit Selbstbehalt. Und so hätten wir das gerne auch in der Pflegeversicherung. Es gibt einen bestimmten Sockel für den ich selber aufkommen muss.
    Aber ich bin abgesichert gegen das Risiko, dass ich lange pflegebedürftig bin, dass ich ein besonders teurer Pflegefall bin, dass ich in eine Spezialeinrichtung muss. All diese Dinge sind ja die Risiken, die im Moment beim Pflegebedürftigen verbleiben.
    Quelle: WDR
  15. NSU-Ausschuss kritisiert Polizei und Justiz
    Haben die Thüringer Sicherheitsbehörden Fehler bei der Suche nach der NSU-Terrorzelle um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gemacht? Um diese Frage beantworten zu können, haben die Mitglieder des zweiten Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses vier Jahre lang Zeugen vernommen und Akten gelesen. (…)
    Thüringische Richter und Staatsanwälte werden von den Abgeordneten scharf kritisiert. So habe es bei der Justiz nur “wenige Erkenntnisse” darüber gegeben, wie sich etwa die rechtsextreme Szene mit der Organisierten Kriminalität überschnitten habe. Wo einzelne Fakten bekannt waren, seien sie nicht für relevant erachtet worden.
    Dabei habe der Ausschuss festgestellt, dass es sehr wohl Verknüpfungen zwischen Neonazis und etwa Rocker-Gruppierungen gegeben habe. Beispielsweise hätten Rechtsextreme und Rocker die gleichen Räumlichkeiten benutzt. (…)
    Auch die Polizei wird anhand zahlreicher Beispiele kritisiert. Diese habe nicht nur bei der Suche nach dem Terror-Trio in den 2000er-Jahren, sondern zum Beispiel auch unmittelbar nach dem Auffliegen des NSU am 4. November 2011 in Eisenach Fehler gemacht.
    Ein Beispiel: In der Halle eines privaten Abschleppunternehmers, in die das Wohnmobil der Rechtsterroristen kurz nach dem Auffinden geschleppt worden war, sei beispielsweise nur zwei Tage lang sichergestellt gewesen, dass keine unbefugten Personen Zugang zu dem Fahrzeug hatten. Dabei habe das Wohnmobil bis Ende November 2011 dort gestanden, heißt es in dem Bericht.
    Auch über die Zusammenarbeit zwischen dem zweiten Untersuchungsausschuss und dem Thüringer Innenministerium beklagen sich die Abgeordneten im Abschlussbericht ausführlich. Das Ministerium habe den Parlamentariern – anders als während der Arbeit des ersten Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses – nicht alle erbetenen Akten zur Verfügungen gestellt. Wichtige Akten der Landespolizei zu von den Beamten geführten Spitzeln – sogenannten Vertrauenspersonen – seien für die Abgeordneten nicht einsehbar gewesen, kritisiert der Ausschuss.
    Auch mit der Arbeit des Thüringer Verfassungsschutzes sind die Mitglieder des Ausschusses nicht zufrieden. Veranstaltungen, Strukturen sowie Akteure und Akteurinnen der rechten Szene in Thüringen seien falsch eingeschätzt worden. Eine ehemalige Mitarbeiterin des Amtes hatte vor dem Ausschuss erklärt, sie habe es während ihrer Tätigkeit bei dem Inlandsnachrichtendienst nicht für möglich gehalten, dass Rechtsextremisten andere Menschen töten würden.
    Quelle: tagesschau.de
  16. Sicherheitsrisiko Bierbänke
    Gründlichkeit ist die Zier einer Verwaltung. Nachdem dem Stuttgarter Amt für Öffentliche Ordnung am 8. August 2019 eine dreitägige Versammlung angekündigt worden war, schickte die Behörde nach nur knapp sechs Wochen die Anmeldebestätigung: Am 20. September um 08:17 Uhr trudelte das städtische Schreiben bei den Veranstaltern ein – siebzehn Minuten also, nachdem der Aufbau für die Veranstaltung begonnen hatte, die jetzt an einem anderen Ort stattfinden musste. Seitens des Staats wurde ein sofortiger Vollzug im Sinne des öffentlichen Interesses angeordnet, da wegen der kurzen Zeitspanne mit der “Durchsetzung der Auflagen deshalb nicht bis zum Ausgang eines eventuellen Rechtsstreites abgewartet werden kann”.
    Geplant war ein Zeltlager für Klimagerechtigkeit mit vielen Workshops, Musik und Food Sharing. Kein Wunder also, dass die Stadt zum Wohle der öffentlichen Ordnung einschreiten musste. (…)
    Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liegt dann vor, wenn mit deren Verletzung fast mit Gewissheit gerechnet werden muss. (…)
    Versammlungsimmanente Infrastruktur-Einrichtungen sind grundsätzlich von Artikel 8 GG ge- schützt, solange sie für den Versammlungszweck funktional oder symbolisch notwendig sind. Die angemeldeten Dixi-Toiletten, Versorgungs- und Sanitätszelte werden nicht als Versammlungsmittel zugelassen, da durch die innerstädtische Lage die Versorgung der Teilnehmer in ausreichendem Maß gewährleistet ist. Zusätzliche Einrichtungen stellen lediglich Komfortgüter zur Steigerung der Attraktivität der Versammlung dar und sind demnach nicht von Artikel 8 GG gedeckt (siehe auch Friedrich: Versammlungsinfrastrukturen: An den Grenzen des Versammlungsrechts (DÖV 2019, S. 55); VG Berlin, Beschluss vom 23. 12. 2003 – 1 A 361/03).
    Sitzgelegenheiten (Biertischgarnituren und Strohballen) und Zelte mit Seitenwänden können nicht zugelassen werden, da diese zur Verwirklichung des Versammlungszwecks weder funktional noch symbolisch für die kollektive Meinungskundgabe notwendig sind und somit nicht vom Schutzbereich des Art. 8 Grundgesetz (GG) erfasst sind. Der Veranstalter einer Versammlung unter freiem Himmel muss sich zwangsläufig den dort herrschenden Bedingungen, insbesondere der Witterung aussetzen. Dieses Risiko kann er nicht – gestützt auf Art. 8 GG – abwälzen. Sie sind nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt, da Ihnen Sitzunterlagen (z.B. Pappkartons) zuerkannt wurden.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

    Anmerkung unserer Leserin A.F.: Unglaublich! Und das mit einem grünen OB und einem grünen Ministerpräsidenten.

  17. As China celebrates, HK an island and people apart
    While China proudly touts the 70th anniversary of its modern founding a poll shows only 11% of Hongkongers see themselves as Chinese […]
    There are clear signs that Beijing’s tightening grip has provoked local resentment and in turn a hardening of Hong Kong identity, seen in rising xenophobic sentiment and rhetoric towards mainland Chinese and the desecration of Chinese national symbols.
    Recent opinion polls show that the percentage of Hongkongers identifying as “Chinese” is currently at its lowest point since 1997.
    A recent University of Hong Kong (HKU) survey showed that 53% of respondents identify as “Hongkongers”, while just 11% identified as “Chinese.” When respondents were asked if they are proud of being citizens of China, 71% said “no.” Among the 18 to 29 age group, a resounding 90% answered “no.”
    Tom Fowdy, an Oxford-educated British political and international relations analyst, sees the current political crisis “in light of a conflict of identity between the notion of Hong Kong as a separate political space and its obviously present existence as an increasingly associated part of the People’s Republic of China.”
    Quelle: Asia Times
  18. Helden der Hitze
    In Katar sind die Leichtathleten mörderischen Temperaturen ausgesetzt – und dem Zynismus des Sports als Geschäft
    Bis zum kommenden Sonntag kämpfen mehr als 2000 Athleten aus über 200 Ländern in Katar um die Medaillen der Leichtathletik-WM 2019. Die ersten Tage zeigen: Bei den unerbittlichen Temperaturen im Wüstenstaat am Persischen Golf geht es für manchen von ihnen nicht um Bronze, Silber oder Gold, sondern eher um’s pure Überleben. Horrornachrichten dämpfen die gute Laune – und machen dem Emirat einen Strich durch eine sorgfältig aufgestellte Rechnung.
    Extremes Schwitzen, veränderter Natriumhaushalt, überlastete körperliche Regelkreise, viele der Angereisten fühlen sich maximal gestresst. Und verarscht? “Für die Zehnkämpfer und Langstreckenläufer sind Temperaturen über 40 Grad eine Katastrophe und eigentlich nicht vertretbar”, unkte die deutsche Zehnkampf-Hoffnung Niklas Kaul schon im Vorfeld gegenüber SPORT1.
    Zusätzlich kräftezehrend: Das Wechselbad zwischen Hitze, hoher Luftfeuchtigkeit und künstlicher Kühle, wie etwa in den Hotels oder im Innern des Stadions von Doha, der Hauptstadt von Katar. Im Stadion können die Außentemperaturen mittels Maschinen auf bis zu 21 Grad Celsius heruntergefahren werden. […]
    Kaum gestartet, hat sich die Leichtathletik-WM als Skandal-WM einen Namen gemacht. Auch nicht gut für die PR: Die Organisatoren sind laut dem Guardian damit beschäftigt, die obersten Sitzbereiche abzudecken – wegen leerer Ränge. Gastarbeiter und Kinder sollen mit Freikarten in Bussen zum Stadion transportiert werden, um leere Plätze zu füllen.
    Im Stadion selber kühlt eine gigantische Klimaanlage die Außentemperatur runter. Das Wasser, das zur Kühlung eingesetzt wird, ist 5 Grad kalt. Die gekühlte Luft strömt durch 500 Düsen ins Stadion-Innere und bildet so eine Art Kälte-Polster. Speerwerfer Thomas Röhler hat die Vorzeigeanlage getestet – und sieht die Leichtgewichte unter den Läufern zumindest auf Bahn acht gefährdet: Sie könnten umgepustet werden.
    Quelle: Telepolis


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