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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 22. Oktober 2019 um 8:27 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (MW/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Mietendeckel: Auf diese Punkte hat sich die Koalition verständigt
  2. Julian Assange darf nicht an die USA ausgeliefert werden
  3. Präzedenzfall Attac: Auch Campact Gemeinnützigkeit entzogen
  4. Ein Haus voller Narren und Esel
  5. Die Gutsherren legen die Axt an
  6. Bundesbank fordert Rente mit 69
  7. Was sich nach dem Skandal um Wilke-Wurst ändern muss
  8. Plantagenarbeiter aus Nicaragua klagen gegen Pestizidhersteller
  9. Verteidigungsausgaben sollen massiv steigen – Doch durch wen wird Deutschland konkret bedroht?
  10. V-Mann-Verdacht im Raum
  11. Ein Terroranschlag, ein Video und die Frage, wer eigentlich die Ermittlungen führt
  12. Madrid setzt auf Polizei und Justiz
  13. Polizeigewalt und Armutsquote: Macron in der Kritik
  14. Krieg um Nordsyrien (II)
  15. AKKs Schnapsidee einer internationalen Sicherheitszone in Nordsyrien
  16. Chile: Proteste gegen die neoliberale Politik
  17. Berater hatten Büros und Briefköpfe der Bundeswehr
  18. Geschwärzte Demokratie

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Mietendeckel: Auf diese Punkte hat sich die Koalition verständigt
    Nach zähem Ringen hat sich die Berliner Regierungskoalition am Freitag auf einen Mietendeckel verständigt. „Habemus Mietendeckel“, meldete die Fraktionschefin der Grünen, Antje Kapek, um 19.19 Uhr. Der Deckel sieht vor, dass die Mieten rückwirkend ab dem 18. Juni dieses Jahres eingefroren werden. Außerdem dürfen sie künftig nicht mehr als 20 Prozent über den Vergleichsmieten liegen.
    Dazu wird der Mietspiegel von 2013 zugrunde gelegt – plus 13,4 Prozent. Das entspricht den gestiegenen Einkommen in der Stadt seit damals. Außerdem gibt es Auf- oder Abschläge für die Lage einer Wohnung.
    (…) Erste Reaktionen zurückhaltend bis kritisch
    Für Genossenschaften gibt es besondere Ausnahmeregelungen. Weil hier Mietverhältnisse oft jahrzehntelang bestehen, sind die Ausgangswerte bei einer Neuvermietung oft sehr gering, sodass hier ein größerer Spielraum für Mieterhöhungen besteht. Bei Neuvermietungen gilt grundsätzlich die Vormiete, falls sie über den Vergleichswerten liegt, gilt die auf 2013 basierende Miettabelle.
    Erste Reaktionen auf den Mietendeckel fielen zurückhaltend bis kritisch aus. „Der Mietendeckel schafft weiterhin keine einzige neue Wohnung, die Bezirksämter werden weiterhin die bürokratischen Vorgaben ausbaden müssen, und die rechtlichen Unsicherheiten für Vermieter wie Mieter bleiben weiter bestehen“, betonte die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer, Beatrice Kramm.
    „Das ist ein schwarzer Tag für den Berliner Wohnungsmarkt“, sagte CDU-Landeschef Kai Wegner. „Das staatliche Preisdiktat wird den Neubaumotor in Berlin endgültig abwürgen, er wird die Sanierung des Wohnungsbestandes zum Erliegen bringen und zahllose Arbeitsplätze in Handwerk, Mittelstand und Bauwirtschaft zerstören“, kritisierte der CDU-Chef.
    Auf folgende Punkte hat sich die Koalition verständigt. Die Morgenpost dokumentiert die Einigung im Wortlaut:

    • Es wird ein Mietenstopp für fünf Jahre eingeführt. Ab 2022 wird die Möglichkeit eines Inflationsausgleichs von 1,3 Prozent/Jahr geschaffen.
    • Modernisierungsmaßnahmen dürfen ohne Genehmigung nur in Höhe von 1 Euro/qm umgelegt werden (Anzeigepflicht). Für darüber hinausgehende Modernisierungskosten von maximal 1 weiteren Euro sollen Förderprogramme genutzt werden.
    • Bei Wiedervermietung gilt die Vormiete. Oder, falls die Vormiete höher ist, gilt die Tabellenmiete (die im Gesetzentwurf enthaltene Tabelle).
    • Bei Wiedervermietung dürfen besonders niedrige Mieten von unter 5 Euro/qm um maximal 1 Euro/qm auf maximal 5 Euro/qm angehoben werden.
    • “Wuchermieten” in Höhe von mehr als 120 Prozent der Tabelle werden auf 120 Prozent abgesenkt. Dabei werden Zu- und Abschläge für einfache Lage (-28ct /qm), mittlere Lage (-9 ct/qm) und gute Lage (+74 ct/qm) berücksichtigt.
    • Die Regelungen zur Absenkung von “Wuchermieten” werden erst 9 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes angewendet.
    • Das Personal zur Umsetzung soll zentral durch die federführende Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen rekrutiert und gegebenfalls in Bezirke abgeordnet werden.
    • Bis zum Abschluss des Parlamentarischen Verfahrens wird eine Untersuchung zum Verhältnis von Einkommenssituation und Mietbelastung erstellt.
    • Es wird ein Artikelgesetz beschlossen.

    Quelle: Berliner Morgenpost

    Anmerkung Marco Wenzel: Ein schwarzer Tag für die Miethaie ist per se ein guter Tag für die Mieter. Denn kaum irgendwo sonst stehen sich die Interessen so diametral gegenüber wie auf dem Wohnungs- „Markt“.

  2. Julian Assange darf nicht an die USA ausgeliefert werden
    „Das gesamte Verfahren gegen WikiLeaks-Gründer Julian Assange in Großbritannien wirft Fragen bezüglich rechtsstaatlicher Standards auf“, erklärt Heike Hänsel, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, nach der Anhörung, die sie heute im Westminster Magistrates‘ Court in London verfolgte. Die Außenpolitikerin weiter:
    „Die Verteidigung von Assange beantragte drei weitere Monate, um das Gerichtsverfahren vorzubereiten, dies wurde von der Richterin nicht gewährt. Assange beklagte, dass er unter den bestehenden restriktiven Haftbedingungen kaum Möglichkeiten habe, sich adäquat auf das Verfahren vorzubereiten. Die Supermacht USA habe zehn Jahre Zeit gehabt, um sich vorzubereiten, während er gerade mal fünf Monate Zeit bekomme, um die Dokumente zu prüfen, so Assange, der erst vergangene Woche die Unterlagen von seinen Anwälten per Post zugestellt bekam. Assange hat in der Haft keinen Zugang zu einem Computer und bisher noch keinen Kontakt zu seinen US-Anwälten aufnehmen können.
    Das Gericht verweigerte zudem eine Überprüfung, ob das Auslieferungsersuchen der USA grundsätzlich zulässig ist. Und dies, obwohl ein bilaterales Auslieferungsabkommen zwischen London und Washington Auslieferungen aus politischen Gründen ausschließt. Die offensichtlichen Absprachen über einen Antrag für eine Verlängerung des Verfahrens zwischen Rechtsvertretern der britischen Regierung und der US-Botschaft am Rande der heutigen Verhandlung lassen vermuten, dass der Zeitplan an den US-Wahlkampf angepasst und instrumentalisiert werden soll.
    Es ist beschämend für Europa, den von der Isolationshaft schwer gezeichneten Journalisten in einem Gerichtssaal in London zu erleben. Heute ist es Julian Assange und morgen könnte es jeder andere Journalist sein, der mit seiner Arbeit US-Interessen berührt. Großbritannien und die EU müssen diese extraterritoriale politische Verfolgung daher umgehend beenden. DIE LINKE wird am 27. November im Deutschen Bundestag eine Anhörung zu diesem Thema organisieren.“
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Moritz Müller: Dem Statement von Heike Hänsel MdB ist im Moment wohl nicht viel hinzuzufügen, außer dass maßgebliche Personen, die dies möglicherweise lesen sich doch überlegen sollten, ob sie nicht ihre Stimme erheben wollen, bevor es zu spät ist, und sie dann einen sehr mutigen, und im Moment fast hilflosen Menschen mit auf dem Gewissen haben.

    In dem kurzen Clip von Ruptly, der Julian Assange heute beim Abtransport vom Gericht zeigt, macht er zwar gesundheitlich einen nicht ganz so schlechten Eindruck wie aus den Berichten der Zuschauer im Gerichtsaal zu schließen wäre, aber trotzdem drängt die Zeit. Julian Assange gehört sofort freigelassen oder zumindest in ein sicheres Krankenhaus überführt, wo er sich unter anständigen Bedingungen auf sein Auslieferungsverfahren vorbereiten kann. Der momentane Zustand in Belmarsh, wo er 23 Stunden am Tag alleine in seiner Zelle hockt, und permanent vom Willen seiner Wächter abhängig ist, ist vollkommen unangemessen für einen Untersuchungshäftling der vor dem Gesetz als unschuldig gelten muss, bevor das Gegenteil bewiesen ist. Hier könnten die maßgeblichen Personen im Vereinigten Königreich, die sonst gerne die rechtsstaatlichen Errungenschaften hochhalten, einmal innehalten, und ihren Einfluss geltend machen, und damit ihrem Anspruch auf Fairness gerecht werden.

    Wenn Assanges Gegenspieler wirklich so von seiner Schuld überzeugt sind, dann könnten sie auch eine gut ausgerüstete Verteidigung zulassen, und die Gerechtigkeit würde ihren Lauf nehmen.

    Hier sitzt nun mal der Hase im Pfeffer: Geht es um Gerechtigkeit oder Interessen?

    Weiteres zur gestrigen Verhandlung auch hier und hier.

  3. Präzedenzfall Attac: Auch Campact Gemeinnützigkeit entzogen
    BFH-Urteil behindert gesamte kritische Zivilgesellschaft / Bundestag muss Gemeinnützigkeitsrecht endlich modernisieren
    Nur wenige Monate, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) Attac die Gemeinnützigkeit abgesprochen hat, ist auch der Kampagnenorganisation Campact die Gemeinnützigkeit entzogen worden. Die Entscheidung des Berliners Finanzamtes ist eine direkte Folge des im Februar gefällten BFH-Urteils gegen Attac und zeigt, wie berechtigt die Befürchtungen gesellschaftspolitisch engagierter Vereine vor einer weiteren Einschränkung ihrer Arbeit sind.
    “Wir haben zu Recht vor einem Präzedenzfall Attac gewarnt. Die vorausgesagte verheerende Wirkung für die kritische Zivilgesellschaft in Deutschland ist eingetreten. Mit Campact ist eine weitere große Organisation betroffen, die sich aktiv für das Gemeinwohl einsetzt. Mit seinem Urteil gegen Attac hat der BFH es ermöglicht, politisch missliebigen Organisationen mithilfe des Gemeinnützigkeitsrechts Knüppel zwischen die Beine zu werfen”, sagt Dirk Friedrichs vom Vorstand des Attac-Trägervereins. “Nötig wäre das Gegenteil. Das letzte, was wir angesichts der zunehmenden Angriffe von rechts brauchen, sind schrumpfende Handlungsspielräume für alle, die sich für eine solidarische Gesellschaft einsetzen.”
    Bundestag muss Handlungsspielraum für kritische Zivilgesellschaft sichern
    Attac fordert dringend eine Anpassung der Abgabenordnung an die Erfordernisse einer modernen Demokratie: Der Satzungszweck “Förderung des demokratischen Staatwesens” muss als spezifischer Zweck anerkannt werden, außerdem müssen weitere Zwecke wie “Soziale Gerechtigkeit” und “Menschenrechte” in den Gemeinnützigkeitskatalog aufgenommen werden.
    Stephanie Handtmann, Geschäftsführerin im Attac-Bundesbüro: “Das Gemeinnützigkeitsrecht darf nicht zu einem Instrument verkommen, mit dem Organisationen, die sich selbstlos für ein solidarisches Miteinander einsetzen, klein gehalten werden. Eine widerstandsfähige Demokratie braucht eine kritische Zivilgesellschaft und starke Organisationen, die politische Entscheidungsprozesse aktiv begleiten und sich einmischen. Diese wichtige gesellschaftliche Funktion darf nicht von Finanzämtern über das Steuerrecht ausgehebelt werden.”
    Quelle: Attac

    Zu diesem Thema folgt im Laufe des Tages ein redaktioneller Artikel von Tobias Riegel auf den NachDenkSeiten

  4. Ein Haus voller Narren und Esel
    Der britische „Guardian“ nennt das „House of Commons“ „ein Parlament der Esel, geführt von Fadenwürmern. Und nicht einmal sonderlich intelligenten.“ Die „Daily Mail“ schreibt auf ihrer Titelseite: „Das Haus der Narren“. Diese krasse Kritik übernimmt die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” mit der Überschrift: „Ein Haus voller Narren und Esel“. Wie würde die altehrwürdige FAZ, das Leitorgan des gutsituierten Bürgertums, eine Volksvertretung bezeichnen, die:

    • an einer Rentengesetzgebung festhält, die zu millionenfacher Altersarmut führt und zur Folge hat, dass die Rentner im Durchschnitt 800 Euro im Monat weniger haben als die österreichischen Nachbarn
    • einen Mindestlohn von 9,19 Euro die Stunde billigt, der niedriger ist als in Nachbarländern und zwingend zu Altersarmut führt
    • ein Gesetz verabschiedet hat, das gut ausgebildete Beschäftigte dazu zwingt, jede beliebige schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen
    • keine Vermögenssteuern erhebt, obwohl eine kleine Minderheit immer mehr Vermögen anhäuft, während die Hälfte der Bevölkerung kaum Vermögen bilden kann
    • Soldaten in völkerrechtswidrige Kriege schickt, obwohl die Mehrheit ihrer Wählerinnen und Wähler dagegen ist
    • Waffen an Diktaturen liefert, die Krieg führen, obwohl sie auch dafür keine Zustimmung in der Bevölkerung hat
    • eine Wohnungsbaupolitik macht, die dazu führt, dass Leute mit durchschnittlichen Löhnen nicht mehr in den Zentren der großen Städte wohnen können
    • eine Gesundheitspolitik zu verantworten hat, die dazu führt, dass immer mehr Ältere und Kranke nicht mehr menschenwürdig gepflegt werden
    • es zulässt, dass zweieinhalb Millionen Kinder in Armut leben und
    • in die schwarze Null so verliebt ist, dass die öffentliche Infrastruktur verfällt.

    Die Beispiele ließen sich fortführen.
    Dreimal darf man raten, welches Parlament hier gemeint sein könnte. Aber sicher können wir sein, dass die ehrwürdige FAZ dieses Parlament nicht mit solchen unparlamentarischen Worten an den Pranger stellen würde.
    Quelle: Oskar Lafontaine via facebook

  5. Die Gutsherren legen die Axt an
    Willkommen beim “Townhall-Meeting”. So heißt das heute bei der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH). Früher sagte man Betriebsversammlung dazu. Früher hieß der Chef aber auch Richard Rebmann, und der kam aus dem Schwarzwald. Heute ist der Chief Executive Officer (CEO) ein Mann vom Fernsehen, der in München residiert und eine gepflegte Managersprache spricht: Christian Wegner, 45, seit 15 Monaten im Amt, vorher Vorstand für Digitales bei ProSiebenSat1. Er sagt, es bedürfe einer Fehlerkultur und mehr Schnelligkeit. (…)
    Erst im hinteren Teil des PR-Textes wird kurz erwähnt, dass die SWMH bis Ende 2020 einen Stellenabbau in “jeweils zweistelliger Höhe” beim Süddeutschen Verlag, bei der Medienholding Süd (StZ, StN, Schwarzwälder Bote) und in der Holding selbst erwarte. Man gehe aber davon aus, dass das “überwiegend sozialverträglich” umgesetzt werden könne. Im “Handelsblatt” war von 150 wegfallenden Stellen die Rede, und davon, dass es Wegner wichtig erscheine, die Beschäftigten mit zu nehmen.
    Bei Verdi hat man davon noch nichts gemerkt. Das sei ein “Personalabbau nach Gutsherrenart”, schäumt Siegfried Heim, der Leiter des Landesfachbereichs Medien. Hier habe man es mit einem milliardenschweren Medienkonzern zu tun, der den Betriebsrat vor vollendete Tatsachen stelle, ohne vorher zu diskutieren und ohne die Bereitschaft, über Sozialpläne zu verhandeln. Hier handele es sich um einen “empörenden Missbrauch von Sonderrechten”, die sich aus dem Tendenzschutz ableiten, der die Verleger vor der Mitbestimmung ihrer Beschäftigten bewahrt.
    In der Tat geht es hier nicht um Peanuts. Die Gewerkschaft spricht von 40 bis 45 Stellen, die in der 270-köpfigen StZN-Redaktion gestrichen werden sollen. Als sicher gelte, dass in einem ersten Schritt die Außenredaktionen in Esslingen, Böblingen, Waiblingen und Göppingen geschlossen werden. Nach Kontext-Informationen müssen StZ und StN auch jeweils drei ihrer zwölf sogenannten Exklusiv-Autoren einsparen.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  6. Bundesbank fordert Rente mit 69
    Die Lebenserwartung steigt, deshalb will die Bundesbank, dass Arbeitnehmer entsprechend später in Rente gehen. Nur so könne das Absinken des Rentenniveaus gebremst werden.
    Die Bundesbank schlägt langfristig eine Anhebung des Rentenalters auf fast 70 Jahre vor. Konkret empfiehlt sie in ihrem aktuellen Monatsbericht, bis 2070 das Renteneintrittsalter mit der steigenden Lebenserwartung schrittweise zu erhöhen. Nach dem Bundesbank-Vorschlag würden im Jahre 2001 Geborene dann 2070 erst mit 69 Jahren und vier Monaten in Rente gehen.
    Derzeit ist geplant, dass sich das gesetzliche Rentenalter bis 2031 auf 67 Jahre erhöht. Die offiziellen Vorausberechnungen für die Rente enden im Jahre 2032. Doch die Lebenserwartung ist zuletzt immer weiter gestiegen und wird Schätzungen zufolge auch künftig weiter zunehmen. Eine Expertenkommission der Bundesregierung soll bis März 2020 Empfehlungen zur Zukunft der Rente vorlegen.
    Renteneinstiegsalter soll einen Dreiviertelmonat pro Jahr steigen
    Die steigende Lebenserwartung setzt nach Berechnungen der Bundesbank die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) unter Druck. Die Währungshüter sehen deshalb Reformbedarf: “Andernfalls steigen die Ausgaben auf Dauer deutlich stärker als die Einnahmen”, warnen sie.
    Der Vorschlag der Bundesbank sieht vor, dass das gesetzliche Rentenalter ab 2032 um durchschnittlich einen Dreiviertelmonat pro Jahr steigt. Versicherte würden dann künftig zwar länger arbeiten müssen – und somit mehr in die Rentenversicherung einzahlen. Sie würden aber auch länger Rente beziehen.
    Rentenniveau sinkt dennoch weiter ab
    Die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters würde der Notenbank zufolge dazu beitragen, dass das Rentenniveau langfristig nicht zu stark absinkt. Dieses beschreibt, wie viel eine Standardrente im Vergleich zu einem Durchschnittseinkommen wert ist.
    Derzeit liegt das Rentenniveau bei rund 48 Prozent. Mit der Erhöhung des Rentenalters würde es bis 2070 laut Bundesbank-Berechnungen auf rund 43 Prozent sinken und sich bei 44 Prozent stabilisieren. Zum Vergleich: Ohne diese Änderungen würde das Rentenniveau bis 2070 auf rund 40 Prozent schrumpfen.
    Das Bundesarbeitsministerium plant derzeit eine Neuregelung zur Rentenberechnung, mit der die Rentenerhöhung im kommenden Jahr niedriger ausfallen könnte als ursprünglich vorgesehen.
    Quelle: SPON

    Anmerkung von Sarah Wagenknecht via facebook: Malochen bis zum Tode? Die Bundesbank schlägt allen Ernstes vor, das Renteneintrittsalter auf 69 Jahre zu erhöhen. Und Wirtschaftsminister Altmaier sprach vor wenigen Tagen angesichts des Rentenniveaus von “großen Geschenken”, die es “so nicht weiter” geben könne. Dabei liegt heute schon jede zweite Rente unter 900 Euro. Viele Berufe sind so belastend, dass eine Ausübung bis fast siebzig kaum denkbar ist. Wir müssen über Lösungen für das schwächelnde Rentensystem sprechen, statt über immer neue Kürzungen: Eine gesetzliche Rentenkasse, in die alle einzahlen – auch Politiker und Beamte, zum Beispiel. In Österreich bekommen die Rentnerinnen und Rentner so im Schnitt 800 Euro mehr. Und wir brauchen einen Mindestlohn, der eine Rente garantiert, die den Lebensstandard sichert und vor Armut schützt.

  7. Was sich nach dem Skandal um Wilke-Wurst ändern muss
    Nach dem Skandal um listerienbelastete Wurst der Firma Wilke muss Bundesernährungsministerin Julia Klöckner das Lebensmittelrecht reformieren. Denn ein Blick auf die bisherigen Ereignisse zeigt: Der Fall Wilke war ein Skandal mit Ansage. (…)
    Es greift zu kurz, zur Bewertung des Listerien-Skandals allein auf ein Versagen der Kontrollen zu verweisen und im Umkehrschluss bessere, häufigere oder strengere Kontrollen zu fordern. Bundesernährungsministerin Julia Klöckner muss vielmehr substanzielle Reformen des Lebensmittelrechts einleiten. Drei wesentliche Punkte:1. Rückverfolgbarkeit durchsetzen
    Lückenlose Rückverfolgbarkeit ist seit vielen Jahren eine zentrale Vorgabe des europäischen Lebensmittelrechts. Im Fall Wilke können die Behörden bis heute nicht genau sagen, wo genau die vom Rückruf betroffenen Wilke-Produkte abgegeben oder weiterverarbeitet wurden. Auch bei früheren Lebensmittelskandalen (Pferdefleisch-Betrug, dioxinbelastete Eier, Fipronil) konnten die Behörden Lieferwege gar nicht oder nicht angemessen schnell nachvollziehen, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu warnen. Julia Klöckner muss Instrumente für die Zusammenarbeit von Behörden entwickeln, um Rückverfolgbarkeit endlich durchzusetzen – das ist eine Bundesaufgabe.
    2.Behörden müssen über gesundheitsrelevante Lebensmittel warnen
    Das europäische und deutsche Lebensmittelrecht wimmelt nur so vor Soll-Bestimmungen, Ermessensspielräumen und unbestimmten Rechtsbegriffen. foodwatch ist davon überzeugt, dass der Listerien-Fall um das Unternehmen Wilke bereits deutlich früher öffentlich geworden wäre und die Menschen wirksamer hätten geschützt werden können, wenn eine Informationspflicht für Behörden bestünde. Diese Informationen umfassen Produkt- und Markennamen sowie Abnehmer und Verkaufsstellen. Es ist ein Versäumnis, dass Julia Klöckner dazu weder eine entsprechende Novellierung des deutschen Lebensmittelrechts angestoßen hat noch auf EU-Ebene aktiv geworden ist, um diesen Grundsatz auch im europäischen Lebensmittelrecht zu verankern.
    3.Handel muss Lebensmittelwarnungen an Kunden weiterreichen
    Kommt es zu einem Rückruf, ist vor allem der Hersteller in der Pflicht. Doch die Unternehmen, die die betroffenen Produkte verkauft oder ausgegeben haben und die in direktem Kontakt mit den Kunden stehen – Handelsunternehmen, Kantinen usw. – müssen bislang nicht informieren, da sie für die Produktmängel keine Verantwortung tragen. Im Fall Wilke hat zum Beispiel Ikea erst dann aktiv darüber berichtet, dass das Unternehmen auch von dem Rückruf betroffen ist, als foodwatch diese Tatsache bereits öffentlich gemacht hatte. Händler und andere Abgabestellen müssen deshalb gesetzlich verpflichtet sein, Rückrufe von Produkten aus ihrem Sortiment auf allen verfügbaren Kanälen (im Laden/in der Kantine, per Newsletter und Social Media) weiterzuleiten und ihre Kundinnen und Kunden vor bedenklichen Lebensmitteln zu warnen.
    Quelle: foodwatch
  8. Plantagenarbeiter aus Nicaragua klagen gegen Pestizidhersteller
    Trotz gültigen Urteilen erhalten unfruchtbar gewordene Bananen-Arbeiter kein Geld. Jetzt klagen sie in Frankreich.
    Der Fall zieht sich schon seit Jahrzehnten hin. Auf zentralamerikanischen Bananen-Plantagen wurden Pestizide eingesetzt, die Tausende von Arbeitern unfruchtbar machten. Dibromochloropropan (DBCP) ist ein Inhaltsstoff des Pestizids „Nemagon“. 1977 wurde es in den USA verboten, als sich herausstellte, dass es in Tausenden von Arbeitern Unfruchtbarkeit bewirkte, welche diesem Pestizid in US-Plantagen von Dow Chemical, Shell Oil und Occidental Chemical (heute OxyChem) ausgesetzt waren. Auf Bananen- und Ananasplantagen in Ländern mit tieferen Umweltstandards verwendeten US-Lebensmittelkonzerne „Nemagon“ jedoch bis in die 80er Jahre.
    Im letzten Jahrzehnt verurteilten nicaraguanische Gerichte Dow, Shell und Occidental dazu, Hunderten von Opfern 805 Millionen US-Dollar Schadenersatz zu zahlen. Die Unternehmen weigerten sich mit dem Argument, die Gerichte seien nicht zuständig und hätten ihnen eine faire Verhandlung verweigert.
    Jetzt haben 1’245 betroffene Arbeiter ihre Klage nach Europa getragen, wo die Unternehmen etliche Vermögenswerte besitzen. Kürzlich fror ein französisches Gericht bis zur Gerichtsverhandlung im Januar in Paris Aktien von Dow France im Wert von 99 Millionen Euro provisorisch ein…
    Quelle: Infosperber
  9. Verteidigungsausgaben sollen massiv steigen – Doch durch wen wird Deutschland konkret bedroht?
    Der neue Wehretat in Höhe von 50,36 Milliarden Euro entspricht einer Steigerung von 6,4 Prozent. Allerdings waren noch im Mai 2019 für das Jahr 2020 Militärausgaben von unter 50 Milliarden Euro veranschlagt worden. Doch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat sich seit Amtsantritt mehrfach für deutlich höhere Verteidigungsausgaben ausgesprochen.
    RT-Redakteur Florian Warweg wollte auf der Bundespressekonferenz vom Verteidigungsministerium wissen, welche konkreten Bedrohungslagen der signifikanten Erhöhung des bundesdeutschen Rüstungsetats zugrunde liegen:
    Quelle: RT Deutsch

    Zu diesem Hinweis erreichte uns folgte Zuschrift unserer Leserin N.M.: Anders, als es der Text von RT in Satz 4 zusammenfasst, hat Herr Warweg allerdings nicht danach gefragt, “welche konkrete Bedrohungslage der signifikanten Erhöhung des Rüstungsetats zugrundeliegen“. In dem bei RT zu sehenden Video (ab 1:45) sieht man, dass er nach Objektiven und Zielen der Verwendung des Wehretats fragt. Als ihn die Sprecherin auf öffentlich zugängliche Dokumente verweist, bittet er um Beispiele.
    Eine Frage nach der Bedrohungslage wurde aber gerade nicht gestellt. Diese unkorrekte Darstellung von RT sollte mE nicht einfach so von den Nachdenkseiten übernommen werden. Leider disqualifiziert dieser falsche Satz 4 in der Meldung diesen Beitrag auch bezüglich des (möglicherweise – habe es nicht geprüft) zutreffenden Informationsgehalts im Rest der Meldung.

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Militärhaushalt: 50 Mrd. Schallmauer. Die Bundesregierung nährt sich also der von US-Präsident Trump geforderten 2% des Bruttoinlandsprodukts an. Begründet wird die Erhöhung des Rüstungsetats u.a. mit den NATO-Beschlüssen von 2014 in Wales. Lesen Sie dazu bitte auch “Trumps Forderungen an Nato-Bündnispartner – Muss Deutschland den Rüstungshaushalt auf 2 % des Bruttoinlandsprodukts erhöhen?“.

  10. V-Mann-Verdacht im Raum
    Drange betonte, das BMI habe Ben Ammar als sehr gefährlich eingeschätzt – und ihn genau deshalb schnell außer Landes bringen wollen, weil angeblich die Indizien nicht für eine längere Untersuchungshaft reichten. Ben Ammar habe zwar bei Facebook einen Treueschwur auf den Anführer des »Islamischen Staates« (IS), Abu Bakr Al-Baghdadi, veröffentlicht; und er selbst habe den Mann sogar für gefährlicher als Amri gehalten, so Drange. Dass Ben Ammar an dem Anschlag beteiligt gewesen sein könnte, sei aber letztendlich nur ein »Bauchgefühl«.
    Durch Aktenvorhalte wurde bekannt, dass ein Zeuge aus dem Restaurant, in dem Amri und Ben Ammar zuletzt gegessen hatten, deren Verhalten als auffällig »konspirativ« wahrgenommen hatte. Womöglich hätten sie über den Anschlag gesprochen. Drange betonte immer wieder, dass man Ben Ammar ja selbst als gefährlich eingeschätzt habe.
    Absprachen mit den tunesischen Behörden über eine mögliche Inhaftierung Ben Ammars gab es jedoch nicht: »Weil wir uns nicht in die unabhängige tunesische Justiz einmischen«, sagte Drange auf Nachfrage der Abgeordneten Martina Renner (Die Linke), die zu bedenken gab, Ben Ammar hätte auch einen Anschlag in Tunesien begehen können. Beim islamistischen Angriff auf die Al-Ghriba-Synagoge in Djerba 2002 waren 21 Menschen, darunter 14 Reisende aus Deutschland, gestorben. Drange erklärte nur, es gebe in solchen Abschiebefällen in der Regel polizeilichen Informationsaustausch. In Tunesien sitzt Ben Ammar zur Zeit in Haft; das will die Bundesregierung aber erst in diesem Jahr erfahren haben.
    Schließlich sprach Renner den Verdacht aus, dass wegen »übergeordneter Interessen« mit »angezogener Handbremse« ermittelt worden sei – vielleicht, weil Ben Ammar V-Mann eines Geheimdienstes gewesen sei und »Quellenschutz vor Strafverfolgung« gehen sollte, oder um ein Großverfahren mit nebenklagefähigen Verletzten und Opferangehörigen wie im Fall des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) zu vermeiden. Drange erwiderte, er halte nach einem solchen Anschlag für ausgeschlossen, »dass die Bundesregierung so etwas tun würde«. Renner betonte, es müsse nicht die gesamte Regierung dahinterstehen.
    Der Ausschussvorsitzende Klaus-Dieter Gröhler (CDU) fragt Behördenzeugen mittlerweile standardmäßig, ob sie den Eindruck hätten, dass Amri oder Ben Ammar »Quellen« von Geheimdiensten gewesen sein könnten. Dies verneinten am Donnerstag sowohl Drange als auch Ministerialrat Jens Koch, der nach eigener Aussage Haber vorgeschlagen hatte, die Abschiebung zu »priorisieren«, und die damalige Staatssekretärin selbst. Auf das Ausländerrecht zu setzen, wenn man bei »Gefährdern« strafrechtlich nicht weiterkomme, sei zuvor in einem »Kleeblattgespräch« zwischen Innenminister Thomas de Maizière (CDU), dem damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD) und ihren Staatssekretären vereinbart worden, hieß es. Auf Nachfrage verneinten die Beamten, dass es hier um »Abschiebung vor Strafanspruch« gehe.
    Quelle: junge Welt
  11. Ein Terroranschlag, ein Video und die Frage, wer eigentlich die Ermittlungen führt
    Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestages – Spielt die Bundesanwaltschaft nur eine Nebenrolle?
    Dass die Bundeskanzlerin wie im NSU-Skandal auch im Falle des Terroranschlages auf dem Breitscheidplatz in Berlin eine rückhaltlose Aufklärung versprochen hat, mag man inzwischen gar nicht mehr zitieren. Zu grundlegend und hartnäckig sind die tatsächlichen Aufklärungsblockaden dieser Bundesregierung. Zweidreiviertel Jahre hat es gedauert, bis herauskam, was jetzt den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner jüngsten Sitzung beschäftigte und empörte: Ein Video, das den späteren mutmaßlichen Attentäter Anis Amri mit der Tatpistole zeigen soll, mit der der polnische LKW-Fahrer erschossen wurde.
    Den Abgeordneten und der Öffentlichkeit war das 11 Sekunden lange Filmstückchen bisher nicht bekannt, der Bundesregierung und mehreren Sicherheitsbehörden aber sehr wohl. Der öffentliche Kenntnisstand, der der Gleichung folgt “eine Frage beantwortet – zwei neue Fragen aufgeworfen”, ist zur Zeit folgender:
    Das Handyvideo mit Amri, einer Pistole in der Hand und einer Kopf-ab-Geste, das heute unter dem Begriff “Drohvideo” firmiert und nicht mit dem IS-Bekenntnisvideo Amris zu verwechseln ist, entstand am 29. November 2016. Bei der Pistole soll es sich um die spätere Tatwaffe Marke Erma gehandelt haben. Von der Existenz des Videos soll der Bundesnachrichtendienst (BND) am 27. Dezember 2016, acht Tage nach dem Anschlag, durch einen ausländischen Nachrichtendienst, einen Partnerdienst wie es heißt, erfahren haben. Am 30. Dezember 2016 wurde das Video dann an den BND sowie an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) übermittelt. Am 9. März 2017 soll auch das Bundeskriminalamt (BKA) davon erfahren und das Video zur kriminalistischen Auswertung erhalten haben. Auf den beiden Handys von Amri, die nach dem Anschlag sichergestellt wurden, soll sich das Drohvideo nicht befunden haben.
    Quelle: Telepolis
  12. Madrid setzt auf Polizei und Justiz
    Spaniens Ministerpräsident verweigert Gesprächsangebote der katalanischen Regionalregierung. Die konservative Partei profitiert von dem Konflikt.
    (…) „Sich dem Dialog zu verweigern ist in diesem Moment eine absolute Verantwortungslosigkeit, von der ich überzeugt bin, dass die internationale Gemeinschaft sie in keiner Weise verstehen wird“, versucht Torra Druck auf Madrid auszuüben. Der katalanische Ministerpräsident steht einer Koalition zweier Unabhängigkeitsparteien vor: der Partei „Gemeinsam für Katalonien“ (JxCat) des exilierten Carles Puigdemont und der „Republikanischen Linken Kataloniens“ (ERC) des inhaftierten Oriol Junqueras.
    Von Seiten Sánchez kommt einmal mehr nur die Aufforderung an Torra, sich von der Gewalt zu distanzieren. Etwas, was dieser – nach längerem Zögern – in den vergangenen Tagen bereits mehrmals getan hat.
    Es ist Vorwahlkampf in Spanien. Am 10. November sind erneut Parlamentswahlen, da Sánchez nicht in der Lage war, nach dem Urnengang im April eine Regierungsmehrheit zu schmieden. Jetzt will er mit Härte zeigen, dass er ein großer Staatsmann ist und der einzige, dem die Spanier in Zeiten schwerer Krisen vertrauen können.
    Statt mit den katalanischen Parteien in Kontakt zu treten, lud Sánchez vergangene Woche ausschließlich die spanienweit operierenden Kräfte, die konservative Partido Popular (PP), die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) und die linksalternative Unidas Podemos (UP) zum Gespräch über Katalonien. Selbst die konservativen Basken, die in den letzten Jahren immer wieder versuchten vermittelnd einzugreifen, lud er nicht ein.
    Rechte wollen Zwangsverwaltung
    Nur UP forderte von Sánchez einen Dialog. Die beiden rechten Kräfte wollen, dass Katalonien erneut unter Zwangsverwaltung gestellt wird. Als ersten Schritt müsse Torra die Hoheit über die regionale Polizeieinheit, die Mossos d’Esquadra, entzogen werden. Sánchez lehnte nach Ende der Parteienrunde den Dialog ab und „schließt kein Szenario aus“. Er setzt weiterhin auf Polizei und Strafverfolgung.
    Quelle: Taz
  13. Polizeigewalt und Armutsquote: Macron in der Kritik
    (…) Vergangene Woche gingen Mitglieder der Berufsfeuerwehr auf die Straße. Es ging um eine bessere Entlohnung und Prämien, aber auch generell um einen besseren Schutz ihrer Arbeit. Wie in Deutschland auch gibt es in Frankreich das Phänomen, dass Feuerwehrleute bei Rettungseinsätzen behindert und beschimpft werden (“Verbale und physische Unhöflichkeiten, die sich häufen”). Ziel der Kritik war Innenminister Castaner.
    Die Realität nicht sehen
    Nun kam es auch bei der Demonstration der Feuerwehr zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die sich aufschaukelten. Die Bilanz wies die von Gelbwesten-Protesten bekannten Resultate auf: Es gab Verletzte durch Polizeigewalt. Die Umstände sind noch nicht geklärt, aber Innenminister Castaner verstärkte bei einem TV-Auftritt am vergangenen Donnerstag den Eindruck, dass die französische Regierung bei Vorwürfen der Polizeigewalt die Realität nicht sehen will, sondern eine Wirklichkeit nach eigener Auslegung bevorzugt.
    Castaner bezeichnete den Vorwurf, dass die Polizeigewalt während der Gelbwestenproteste auch Unschuldige traf, als falsch. Der David Dufresne hatte ihn damit konfrontiert, dass 80 Personen durch den Beschuss mit “nicht-tödlichen Waffen” seitens der Polizei ihr Augenlicht und fünf eine Hand verloren haben, ohne dass die sich die Polizisten einer der Vorfälle Prüfung unterziehen mussten.
    Der Innenminister bestritt den Skandal und betonte, dass man solchen Fällen juristisch nachgehe. Doch hatte die Zeitung Le Monde tagsüber einen exemplarischen Fall dokumentiert. Dort wird in Einzelheiten, unterlegt mit Bildmaterial und einer genauen Analyse der Szene, in der ein Demonstrant, der nichts mit Gewalttaten bei den Protesten zu tun hatte und die Polizei auch nicht provozierte, durch einen Beschuss von Polizisten schwere Kopfverletzungen davontrug. In seinem Fall gab es keine Prüfung.
    Die Umgebung des Innenministers musste einräumen, dass es in diesem Fall eine “Confusion” gebe, Innenminister Castaner weigerte sich jedoch weiter, auf die Vorwürfe des Journalisten Dufresne einzugehen.
    Verstärkte Anzeichen für Ungleichheit
    Das Bild einer Regierung mit einer einseitigen Betrachtungsweise wurde dann noch mit einer Mitteilung des staatlichen Statistikamtes Insée erhärtet. Daraus geht hervor, dass die steuerlichen Maßnahmen unter Macron – insbesondere die Abschaffung der Vermögensteuer und die “Flat-Rate” bei der Kapitalertragssteuer – offensichtlich den Bessergestellten nutzen, für die eine deutliches Einnahmeplus verbucht wird. Dass aber anderseits die Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Gerechtigkeit bislang nichts fruchten.
    Quelle: Telepolis
  14. Krieg um Nordsyrien (II)
    Die Bundesregierung verweigert weiterhin wirksame Schritte gegen die türkische Invasion in Syrien. Während Berliner Politiker offiziell Appelle an die Türkei richten, ihre Militäroperationen im Nachbarland vollständig zu beenden, bestätigt eine Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums, dass bereits geplante Rüstungslieferungen an das Land weiter durchgeführt werden dürfen. Die Ausfuhren erreichen gegenwärtig Rekordniveau. Die unter anderem von Frankreich erhobene und in der EU befürwortete Forderung, auf den türkischen Angriffskrieg mit einer Einschränkung der Wirtschaftsbeziehungen zu reagieren, ist von Berlin in der vergangenen Woche kategorisch zurückgewiesen worden…
    Zivile Opfer, Kriegsverbrechen
    Die Feuerpause für Nordsyrien, auf die sich die Türkei und die Vereinigten Staaten vergangene Woche geeinigt und deren Einhaltung auch die syrisch-kurdischen YPG-Einheiten zugesagt hatten, ist am Wochenende mehrfach gebrochen worden. Bereits zuvor waren laut Angaben der syrisch-kurdischen Regionalverwaltung mindestens 218 Zivilisten bei Angriffen der türkischen Streitkräfte und der mit ihnen verbündeten syrischen Milizen ums Leben gekommen, darunter 18 Kinder…
    Kein Waffenembargo
    Die Bundesrepublik setzt unterdessen ihre Rüstungsexporte in die Türkei fort. Dies geht aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Stefan Liebich (Die Linke) hervor. Darin bestätigt Staatssekretär Ulrich Nußbaum: “Die Bundesregierung erteilt keine neuen Genehmigungen für Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden können.” Demnach dürfen nicht nur bereits genehmigte Rüstungsexporte durchgeführt werden; auch neue Genehmigungen sind zulässig, sofern die betreffenden Waffen angeblich oder tatsächlich nicht in Syrien eingesetzt werden können…
    Unter türkischer Besatzungsherrschaft
    Die Waffenlieferungen erfolgen, obwohl selbst die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags bereits Ende vergangenen Jahres zu dem Ergebnis kamen, die Türkei habe im Norden Syriens mit militärischen Mitteln eine “Fremdherrschaft” errichtet und halte ungebrochen an ihr fest. Für die Überfälle, die zwischen August 2016 und März 2017 zur Besetzung eines rund 2.000 Quadratkilometer großen Landstreifens zwischen den nordsyrischen Städten Azaz, Al Bab und Jarabulus sowie zwischen Januar und März 2018 zur Okkupation des Gebiets um die Stadt Afrin führten, wurden unter anderem deutsche Kampfpanzer des Typs Leopard 2 genutzt (german-foreign-policy.com berichtete). Über die anhaltende militärische Kontrolle über beide Gebiete durch die Türkei urteilten Ende 2018 die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags: “Bei Lichte betrachtet erfüllt die türkische Militärpräsenz in der nordsyrischen Region Afrin sowie in der Region um Asas, al-Bab und Dscharablus im Norden Syriens völkerrechtlich alle Kriterien einer militärischen Besatzung.” Die Bundesrepublik rüstet die Besatzungsmacht, der Beobachter mittlerweile die systematische “Türkisierung” Nordsyriens vorwerfen und die nun einen erneuten völkerrechtswidrigen Überfall auf Nordsyrien begonnen hat, weiterhin auf.
    Keine Sanktionen
    Wirtschaftssanktionen gegen Ankara schließt die Bundesregierung, die Boykotte ansonsten in zunehmendem Maß als Instrument ihrer Weltpolitik nutzt, aus…
    Quelle: German Foreign Policy
  15. AKKs Schnapsidee einer internationalen Sicherheitszone in Nordsyrien
    Morgen endet die Feuerpause und entscheiden Putin und Erdogan über die Zukunft von Rojava und die türkischen Umsiedlungspläne, AKK hat nichts Konkretes zu bieten
    Die Verteidigungsministerin und angeschlagene CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat zumindest für Überraschung mit einem Vorschlag gesorgt, eine international kontrollierte Sicherheitszone in Nordsyrien einzurichten. Das habe sie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel abgestimmt und den westlichen Verbündeten vorgeschlagen. Europa könne nach dem US-Abzug nicht tatenlos zuschauen. Es gebe eine humanitäre Katastrophe, Hunderttausende würden aus dem Kriegsgebiet fliehen: “Der Kampf gegen den IS ist zum Erliegen gekommen. Das betrifft unsere Sicherheitsinteressen.” Ähnliche vage Ideen wurden auch von Roderich Kiesewetter und Norbert Röttgen geäußert…
    AKK setzt auf das Treffen der Nato-Verteidigungsminister am Donnerstag in Brüssel, um Einzelheiten “auszuloten” oder eher erst einmal die Stimmung zu testen. Schon das wird aber zu spät sein, denn die Würfel über das weitere Vorgehen in Nordsyrien dürften zwischen Erdogan und Putin morgen ausgehandelt werden. Nach dem Rückzug der US-Truppen – und auch den französischen und britischen Truppen im Gefolge – haben USA, Nato und EU kaum etwas mitzureden, zudem steht die Drohung Erdogans weiter im Raum, bei jeder ernsthaften Kritik “3,6 Millionen syrische Flüchtlinge” Richtung Europa, also Richtung Griechenland, zu schicken.
    Der Vorschlag scheint so spontan wie unausgegoren zu sein. Da ist einmal die Rede von der Sicherheitszone, die aber ohne Zustimmung von Damaskus nur völkerrechtswidrig eingerichtet werden könnte. Gleichzeitig soll der IS weiter bekämpft werden, wie man das im Irak auch mache, und soll die Region so stabilisieren, dass wieder aufgebaut werden kann. Sie machte nicht einmal einen Vorschlag, wie die vorgeschlagene Sicherheitszone aussehen, wo sie sein und wie groß sie sein soll.
    Quelle: Telepolis

    Dazu: EU-Militärzone in Syrien ist gefährliche Illusion
    Pressemitteilung von Sevim Dagdelen, 21. Oktober 2019
    „DIE LINKE lehnt die Einrichtung einer EU-Militärzone im Norden Syriens ab. Neue Truppen in die Region entsenden zu wollen, trägt lediglich zu einer weiteren Verschärfung der Konflikte bei und droht, den Krieg in Syrien noch auszuweiten. Stattdessen muss die EU endlich klare Kante gegen Erdogan zeigen und Rüstungsexporte wie Finanzhilfen komplett stoppen“, erklärt Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Dagdelen weiter:
    „Wichtig ist, eine völkerrechtskonforme No-Go-Zone für die Türkei und ihre islamistischen Söldnertruppen in Syrien zu schaffen. Die Bundesregierung sollte alle Abkommen, die dies ermöglichen, unterstützen. Notwendig ist ein vollständiger Rückzug der türkischen Armee aus Syrien. Die Bundesregierung und die EU müssen dabei auch den türkischen Präsidenten Erdogan, der verantwortlich für die Massaker und Kriegsverbrechen seiner islamistischen Soldateska in Syrien ist, auch mit individuellen Strafmaßnahmen wie der Beschlagnahme seiner Konten in der EU ins Visier nehmen.“
    Quelle: Die Linke

    Dazu auch: Es bleibt ja folgenlos,
    die ganzen Kriegsverbrechen, die da begangen werden, werden folgenlos bleiben. Die Waffenlieferungen gehen weiter, die Finanzhilfen und die Wirtschaftshilfen. Das ist natürlich eine Bankrotterklärung für die ganze westliche Wertegemeinschaft, wenn das bleibt, dass ein türkischer Präsident, nur weil er Mitglied in der NATO ist, mit seinen Kriegsverbrechen und seinen islamistischen Terrorbanden dort Massaker bei denjenigen begehen kann, die für unsere Freiheit und unsere Demokratie gekämpft haben und so viele Opfer zu beklagen haben, als sie gegen die Barbarei des Islamischen Staates gekämpft haben. Und ich finde das eigentlich eine unerträgliche Außenpolitik”, sagt Sevim Dagdelen in der ARD-Sendung Anne Will.
    Quelle: DIE LINKE via facebook video

  16. Chile: Proteste gegen die neoliberale Politik
    In nur wenigen Tagen gerät Chile außer Kontrolle. Das Land protestiert gegen die Blüten neoliberaler Politik. Präsident Piñera setzt nun das Militär ein
    Am Wochenende kam es in Santiago und weiteren Städten in Chile zu heftigen Ausschreitungen. Über 200 Personen wurden verletzt, es kam zu etwa 1500 Festnahmen. Mindestens zehn Menschen sind bisher gestorben. Das Land befindet sich in der schwersten Krise seit Ende der Militärdiktatur, heißt es. Eine erneute Erhöhung der Ticketpreise binnen eines Jahres für den öffentlichen Nahverkehr löste die massiven Proteste aus. Zwar ist die Ticketerhöhung wieder gestrichen, doch richten sich die Proteste nun gegen soziale und wirtschaftliche Missstände und hohe Lebenshaltungskosten im “Vorzeige”-Land Südamerikas.
    Bereits im Januar waren die Metrotickets um 20 Peso gestiegen. Eine weitere Erhöhung, von 800 auf 830 Peso (1,04 Euro), wollen nun viele nicht mehr hinnehmen…
    Am Wochenende demonstrierten tausende Menschen in Santiago friedlich, aus Solidarität mit jenen, die von der niedrigen Rente oder vom Mindestlohn leben, und bis zu einem Sechstel ihres Einkommens für Tickets ausgeben müssen. Gleichzeitig kam es zu weiteren Plünderungen und Ausschreitungen. U-Bahnhöfe, Busse und Geschäfte wurden in Brand gesetzt. Über 70 der insgesamt 168 U-Bahn-Stationen seien verwüstet, der öffentliche Verkehr in der Sieben-Millionen-Metropole wurde ausgesetzt. Die Schäden sollen sich schon jetzt auf mehr als 300 Millionen Dollar belaufen. Teile des Netzes sollen monatelang ausfallen.
    Präsident Sebastian Piñera nahm am Samstagabend schließlich die Tariferhöhung zurück, erklärte kurz darauf den Ausnahmezustand und verhängte eine Ausgangssperre in Santiago und vier weiteren Städten. Der Ausnahmezustand soll zunächst für 15 Tage gelten und kann um weitere 15 erweitert werden. Laut Angaben des Verteidigungsministeriums sollen zudem mehr als 9.000 Soldaten die Krawalle eindämmen.
    Zum ersten Mal seit Ende der Militärdiktatur 1990 patrouillieren nun wieder Soldaten auf den Straßen, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Die Regierung ergreift damit Maßnahmen, die nur bei Naturkatastrophen von der Bevölkerung geduldet wurden, und die bei jenen, die unter der Militärdiktatur gelebt haben, nun alte Wunden aufzureißen drohen. Für junge Leute ist die Übergabe der Kontrolle an das Militär ein Zeichen des Misstrauens und der Schwäche. Sie rufen nach einem Richtungswechsel in der Politik…
    Quelle: Telepolis

    Lesen Sie dazu auch auf den NachDenkSeiten: “Chile: “Renten reichen kaum für die Leichenbestattung” – Selbsttötungen der Pensionäre auf Höchststand

  17. Berater hatten Büros und Briefköpfe der Bundeswehr
    Neues aus der erstaunlichen Welt des Beraterwesens beim Bundesverteidigungsministerium: Dieses ist nicht nur sehr ausgedehnt gewesen – Beratern wurde sogar ermöglicht, sich nach außen hin wie offizielle Bundeswehrangehörige zu geben.
    Private Berater haben Büros, Briefköpfe und interne E-Mail-Adressen des Verteidigungsministeriums genutzt. Das ergeben Recherchen der WELT AM SONNTAG und zeigen damit, in welch hohem Ausmaß Beratungsleistungen bei der Bundeswehr unter Führung von Ex-Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) erfolgten.
    Die Berater waren teils selbst verwundert, wie eng sie an das interne IT-Netzwerk angebunden waren. Besonders heikel war diese Nähe in der Vorzeigeabteilung CIT, Büros und interne Mails wurden insbesonders hier extern genutzt. Dies beschäftigt auch einen Untersuchungsausschuss des Bundestages.
    Die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte Anfang Oktober 2016 selbst das Startsignal zur Aufstellung der ministeriellen Abteilung „Cyber- und Informationstechnik“ (CIT) gegeben. „Heute ist ein wegweisender Tag“, sagte sie damals, „die Bundeswehr erschließt sich eine neue Dimension.“ (…)
    Den Abgeordneten im Untersuchungsausschuss des Bundestags geht es vor allem darum, dass unter der Ministerin von der Leyen und ihrer Staatssekretärin Suder das System der externen Beratung – nach bisherigen Erkenntnissen – völlig ausuferte.
    Dieses Bild hat sich in bisher 23. Sitzungen des laufenden Ausschusses verfestigt. Einige dringende Fragen werden dort weiter verfolgt: Wie stark hat sich die Nähe zwischen Beamten und Beratern ganz genau verselbstständigt? Haben enge Netzwerke von Kontakten bis in die Ministeriumsspitze Firmen Aufträge eingebracht? Und ist durch die Verletzung des Vergaberechts bei der Vergabe von Berateraufträgen finanzieller Schaden entstanden?
    All das gilt es, weiter aufzuklären. Neue Zeugen will der Ausschuss bis Februar vernehmen. Erkenntnisse des laufenden Ausschusses will das Verteidigungsministerium auf Nachfrage bis auf Weiteres nicht kommentieren.
    Quelle: Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Auch das ist ein Skandal, den die ehemalige Bundesverteidigungsministerin von der Leyen zu verantworten hat. Aber auch ihre Nachfolgerin, CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer, scheint kein Interesse an Aufklärung und Transparenz zu haben. Konsequenzen? Fehlanzeige – auch, weil die SPD und ihr derzeitiges Spitzenpersonal offenbar mehr am Verbleib in der Koalition mit den Unionsparteien interessiert ist. Bitte lesen Sie auch “Zwei katastrophale Personalentscheidungen: von der Leyen und Kramp-Karrenbauer. Ein schwarzer Tag.“. und “Von der Leyen in Brüssel: Eindeutig für die Politik der Stärke und Abschreckung gegenüber Russland. Ansonsten schwammig.“.

  18. Geschwärzte Demokratie
    Der australische Zeitungs-Protest für Pressefreiheit ist nicht nur die Sache einer Branche. Denn wer sich nicht unabhängig informieren kann, kann auch keine Wahlentscheidungen treffen.
    Die Botschaft war deutlich und düster, es dürfte nur wenige Australier geben, die sie am Montag nicht vernommen haben: Für Journalistinnen und Journalisten im Land wird die Arbeit nach mehreren Gesetzesänderungen schwierig, die Pressefreiheit ist in Gefahr. Die Botschaft lag an Kiosken und in Briefkästen – die Tageszeitungen des Landes, mitunter Konkurrenten, erschienen mit geschwärzten Titelseiten. Balken statt Buchstaben. Eine Aktion, die ein Hilferuf ist.
    Es ist dies nicht nur der Hilferuf einer Branche, sondern der Demokratie. Denn Pressefreiheit betrifft in erster Linie Leserinnen und Hörer, Zuschauer und Nutzerinnen. Wer eine Wahlentscheidung treffen soll, muss sich darüber informieren können, wenn die Regierung Überwachungsmaßnahmen plant. Wenn Soldaten in Afghanistan mutmaßlich Zivilisten töten. Beides Berichte, auf die Razzien in australischen Redaktionen folgten. Auch in Europa ist eine freie Presse nicht selbstverständlich. In Österreich wollten sich Politiker gern medialer Kritik entledigen, in Deutschland sitzen Abgeordnete im Bundestag, die in Journalisten Feinde sehen, in Malta wurde eine Journalistin getötet.
    Wenn es darum geht, für Informationsfreiheit einzustehen, ist in einigen Ländern kein Alarm zu laut. Die australische Presse hat gezeigt, wie Lautstärke mit ordentlich Echo geht.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung


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