NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise des Tages

Datum: 11. November 2019 um 8:10 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Oskar Lafontaine zum Mauerfall: „Meine Prognose ist leider eingetreten“
  2. Evo Morales tritt in Bolivien nach Ankündigung von Neuwahlen zurück
  3. Brasiliens Ex-Präsident Lula ist wieder frei
  4. Wir wollen und brauchen die Nato
  5. “Europa muss die Sprache der Macht lernen”
  6. Grundrente: Die SPD verhandelt weiterhin schlecht
  7. Drei Schritte zu einem armutsfesten Mindestlohn
  8. Schwarze Weste für die dreckigen Zwanzig
  9. Mangelhafte Pläne
  10. Der automobile Mensch ist ein Irrtum
  11. Wie ultrakonservative US-Organisationen ihre Agenda exportieren
  12. Le Monde: Polizei hat seit November 2018 mehr als 10.000 Gelbwesten verhaftet
  13. Forscher und Verbände: Intensive Landwirtschaft zerstört die Umwelt
  14. “Kälber billiger als Kanarienvögel”
  15. Blow to Amazon as Seattle socialist looks to have triumphed in key vote
  16. Meeting Gorbatschow – Besuche beim ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion – Teil 2
  17. Doppelkopf
  18. Linken-Politiker widerspricht Kritik an Arbeitsbedingungen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Oskar Lafontaine zum Mauerfall: „Meine Prognose ist leider eingetreten“
    Oskar Lafontaine über seine Erinnerungen an den Mauerfall, seine Ideen zur deutschen Einheit und seine Vorstellungen von Willy Brandt.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  2. Evo Morales tritt in Bolivien nach Ankündigung von Neuwahlen zurück
    OAS hatte zuvor nach vorläufigem Bericht Neuwahlen empfohlen. Gewalttätige Angriffe auf staatliche Medien und Angehörige der Regierung.
    Acht Stunden nach der Ankündigung von Neuwahlen ist Evo Morales als Staatspräsident von Bolivien zurückgetreten. Der Präsident erklärte seinen Rücktritt, nachdem immer mehr Gouverneure, Bürgermeister, Abgeordnete und Senatoren seiner Partei im ganzen Land ihre Posten niedergelegt hatten. Kurz zuvor hatte das Militär Morales zum Rücktritt aufgefordert. Der Oppositionspolitiker Luis Camacho forderte außerdem, dass nun eine Regierungsjunta gebildet werden müsse. (…)
    Zuvor hatte vermehrt Berichte gegeben, wonach sich staatliche Sicherheitskräfte gegen die Regierung gewandt hätten. Noch am Samstag war mit Spannung eine Stellungnahme des Militärs erwartet worden, worin dessen Chefkommandant, Willams Kaliman, erklärt hatte, dass sich das Militär niemals gegen das eigene Volk stellen werde. Im Vorlauf stand noch zu befürchten, dass es auch zu einem direkten Putsch unter Beteiligung des Militärs kommen könnte. (…)
    Daraufhin warnten mehrere internationale Beobachter vor einem möglichen Staatsstreich. Der ehemalige Präsident von Kolumbien, Ernesto Samper, rief das bolivianische Volk dazu auf, sich nicht an einem Putsch zu beteiligen, um nicht in Zeiten der Militärdiktatur zurückzufallen. Der frühere Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, verurteilte die gewalttätigen Ausschreitungen “einer Minderheit” und rief zur Akzeptierung der Wahlergebnisse auf.
    Quelle: Amerika21
  3. Brasiliens Ex-Präsident Lula ist wieder frei
    Luiz Inácio Lula da Silva verbüßte seit 2018 eine Haftstrafe wegen Korruption.
    Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, dass verurteilte Straftäter bis zur Ausschöpfung aller möglichen Rechtsmittel auf freiem Fuß bleiben dürfen.
    Ein Richter hat daraufhin am Freitag die Freilassung des Ex-Präsidenten angeordnet. (…)
    Von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes könnten neben Lula fast 5000 weitere Häftlinge profitieren, die ihre Urteile noch immer anfechten. Darunter sind viele Insassen, die wie der frühere Staatschef im Rahmen der Antikorruptionsermittlungen “Operation Autowäsche” hinter Gitter kamen.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  4. Wir wollen und brauchen die Nato
    Deshalb gehört die politische Frage ins Zentrum, welchen internationalen Rahmen wir errichten, um auch in Zukunft Frieden und Sicherheit für Europa und unser Land zu bewahren. Drei Punkte sind hier entscheidend:
    Erstens: Präsident Macron hat recht, wenn er ein starkes und souveränes Europa ins Zentrum seiner Überlegungen stellt. In Zukunft werden wir Europäer viel mehr Verantwortung für unsere Sicherheit übernehmen müssen. Deshalb bauen wir gemeinsam mit Frankreich unter Hochdruck an einem Europa, das in der Sicherheitspolitik viel enger zusammenarbeitet. Der Aachener Vertrag, die immer engere Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Fähigkeiten, die Interventionsinitiative, die Stärkung des zivilen Krisenmanagements sind Meilensteine. Politische Kärrnerarbeit liegt vor uns, gerade in der anstehenden EU-Präsidentschaft.
    Zweitens, wie wir das Ziel eines starken und souveränen Europas am besten erreichen können, dazu müssen wir mit unseren französischen Freunden einen gemeinsamen Weg finden. Für Deutschland ist klar: Es wäre ein Fehler, wenn wir die Nato unterminieren würden. Ohne die Vereinigten Staaten sind weder Deutschland noch Europa im Stand, sich wirkungsvoll zu schützen. Das hat zuletzt die russische Verletzung des INF-Vertrags sehr deutlich gemacht. Eine Außen- und Sicherheitspolitik ohne Washington wäre unverantwortlich, eine Entkopplung europäischer und amerikanischer Sicherheit gefährlich. Auf viele Jahre werden wir die Nato brauchen. Sie steht für Lastenteilung, für internationale Kooperation, für Multilateralismus. Und wenn Europa eines Tages fähig sein wird, seine Sicherheit selbst zu verteidigen, dann sollten wir die Nato weiterhin wollen. Ja, wir wollen das starke und souveräne Europa. Aber wir brauchen es als Teil einer starken Nato und nicht als deren Ersatz.
    Drittens dürfen wir die Europäer in der Sicherheitsfrage nicht spalten. Mit Deutschland kann es keine Sonderwege geben, nicht gegenüber Moskau und auch nicht in anderen Fragen. Unsere Nachbarn in Polen und im Baltikum können darauf vertrauen, dass wir ihre Sicherheitsbedürfnisse so ernst nehmen wie unsere eigenen. Über ihre Köpfe hinweg wird das Europa, das wir brauchen, nicht gelingen. Im Gegenteil, unsere östlichen Nachbarn würden ihre Zukunft in einer Bilateralisierung ihrer Beziehungen zu Washington suchen. Deshalb: Ja, das starke und souveräne Europa ist ein Vorhaben, das sich Deutschland wie Frankreich auf die Fahne geschrieben haben. Aber es ist eines, bei dem wir niemanden zurücklassen dürfen.
    Quelle: Heiko Maas in Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Das klingt doch alles nicht nach einer eigenen Idee für eine deutsche Außenpolitik. Ist Herr Maas Außenminister von Deutschland oder der USA? Vertritt er deutsche Interessen oder doch die der USA? Möchte er ein „starkes und souveränes Europas“ oder lediglich eine Europäische Union – und somit auch Deutschland – an der Seite der USA? Insgesamt wirkt dieser Beitrag ziemlich konzeptionslos. Das Einzige, was festzustehen scheint: Die USA können sich – auch mit einem Herrn Trump als Präsident – auf Herrn Maas verlassen.

  5. “Europa muss die Sprache der Macht lernen”
    “Europa muss auch die Sprache der Macht lernen”, sagte sie in Berlin in einer Europa-Rede vor der Konrad-Adenauer-Stiftung. “Das heißt zum einen, eigene Muskeln aufbauen, wo wir uns lange auf andere stützen konnten – zum Beispiel in der Sicherheitspolitik”, sagte die frühere deutsche Verteidigungsministerin. “Zum anderen die vorhandene Kraft gezielter einsetzen, wo es um europäische Interessen geht.” (…)
    Von der Leyen rief Europa auf, sich auf seine Stärken zu besinnen. Für Verzagtheit gebe es keinen Grund. “Europa ist heute attraktiver, als wir es oft wissen oder zumindest darüber reden.” Europa möge hinsichtlich seiner Bevölkerung älter und weniger werden. “Aber wir haben etwas, was unschätzbar ist: Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie, Offenheit für viele Lebensentwürfe – das finden junge Menschen in China oder Russland nicht.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: So sieht also die Vorstellung der künftigen EU-Kommissionspräsidentin, Frau von der Leyen, für die Europäische Union (oder doch ganz Europa?) aus. Das sind ihre Wünsche. Aber wie heißt es schon in der Pädagogik: Wünsche müssen nicht in Erfüllung gehen.

    Beherrscht Frau von der Leyen eigentlich die „Sprache der Macht“? Zum Ausdruck kommt doch vielmehr eine Rhetorik der Konfrontation – insbesondere gegen China und Russland. Aber offenbar an der Seite der USA, die zumindest dem „SPON“-Beitrag zufolge nicht einmal erwähnt wurde. Bitte lesen Sie dazu auch Von der Leyen in Brüssel: Eindeutig für die Politik der Stärke und Abschreckung gegenüber Russland. Ansonsten schwammig.

  6. Grundrente: Die SPD verhandelt weiterhin schlecht
    (…) Das Geschenk für die Union ist eine abermalige und vor allem aberwitzige Absenkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung von 2,5 auf 2,4 Prozent. Das klingt nicht nach viel, entspricht aber rund 1,2 Milliarden Euro an Beiträgen pro Jahr. Bemerkenswert ist das auch, weil bereits zum 1. Januar 2019 eine Beitragssatzsenkung von 3 auf 2,6 Prozent stattgefunden hat (Kosten 6,2 Milliarden Euro), plus eine weitere befristete Senkung um 0,1 Prozent (Kosten 1,2 Milliarden Euro) bis 2022. Das taucht in der Berichterstattung aber gar nicht auf. Bereits im letzten Jahr gingen Union und SPD deutlich über das hinaus, was im Koalitionsvertrag mit einer Senkung von 0,3 Prozent vereinbart worden war.
    Das heißt, die Union bekommt die doppelte Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages um 0,6 Prozent bis Ende 2022. Das freut nicht die Arbeitnehmer, sondern vor allem die Arbeitgeber.
    Quelle: Taublog
  7. Drei Schritte zu einem armutsfesten Mindestlohn
    Der Mindestlohn ist gut für die Menschen und die Wirtschaft. Das zeigen neueste Untersuchungen. Alle Bedenken haben sich als grundlos erwiesen. Zum Leben reicht der Mindestlohn dennoch nicht. Das muss sich ändern. (…)
    Als armutsfest kann ein Mindestlohn dann gelten, wenn er sicherstellt, dass die Bezieher*innen nicht im Alter nach 45 Jahren mit Vollzeitbeschäftigung auf die Grundsicherung zurückgreifen zu müssen. Bereits 2017 nannte das Bundesarbeitsministerium einen Stundenlohn von 11,85 Euro und später von 12,63 Euro als erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen.
    Die Politik der Trippelschritte bei der Anpassung ist ganz offensichtlich ungeeignet, um dieses Ziel in absehbarer Zeit zu erreichen. Bislang ist der gesetzliche Mindestlohn jahresdurchschnittlich um 2,5 Prozent gestiegen. Selbst wenn man optimistisch unterstellt, dass der Tarifindex in Zukunft jedes Jahr um 3 Prozent steigt, würde ein Mindestlohn von 12 Euro erst im Jahr 2029 erreicht. Dass er dann nicht mehr armutsfest wäre, versteht sich von selbst.
    Das Mindestlohngesetz lässt durchaus Spielraum bei Anpassung. Die Mindestlohnkommission, heißt es dort, “prüft im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden.” Durch eine restriktive Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission wurde dieser Spielraum unnötig eingeengt. In ihr ist festgelegt, dass die Anpassung “im Regelfall” entsprechend der Entwicklung des Tarifindexes erfolgt. (…)
    Eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes auf dieses Niveau in einem Schritt ist sicherlich illusorisch. Aber eine Kampagne “10, 11 und 12 Euro – in drei Schritten und drei Jahren zu einem armutsfesten Mindestlohn” hätte gute Erfolgschancen. Sie definiert ein klares Ziel in einem überschaubaren Zeitraum. Dies gibt auch den tarifpolitischen Akteuren einen festen Planungshorizont. Im nächsten Jahr legt die Bundesregierung eine Evaluation des gesetzlichen Mindestlohnes vor.
    Quelle: Gegenblende

    Anmerkung Christian Reimann: Der Titel der Kampagne ist in Ordnung. Aber die genannten Zahlen dürften in drei Jahren nicht mehr aktuell, armutsfest sein. Bitte lesen Sie dazu auch Hartz IV verfassungswidrig.

  8. Schwarze Weste für die dreckigen Zwanzig
    Trotz aller Klimaversprechen steigen in den G20-Staaten die Emissionen von Klimagasen weiter an, zeigt eine neue Analyse. Ziele sind so schwach, dass sie trotzdem erfüllt werden (…)
    „Die CO2-Emissionen aus den 20 größten Volkswirtschaften steigen an“, heißt es im diesjährigen Bericht „Brown to Green“, den das internationale Forschungsnetzwerk „Climate Transparency“ am Montag veröffentlicht. „Keines der Länder hat Pläne für einen Pfad, der die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt, obwohl die meisten dafür die technischen Möglichkeiten und ökonomische Anreize haben.“
    Der jährliche „Brown to Green“-Report verfolgt die Fort- und Rückschritte der Industriestaaten auf dem Weg zu einer „grünen“ Weltwirtschaft. Zusammen sind die Staaten der G20 für etwa 80 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich
    Quelle: taz
  9. Mangelhafte Pläne
    Zwei Drittel aller nationalen Maßnahmenpakete zum Klimaschutz sind ungenügend. Mehr als 11 000 Wissenschaftler warnen vor dem “Klima-Notfall”. (…)
    “Die Frage, was für ein Land ein ehrgeiziger und fairer Beitrag ist, steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt der Klimadebatte”, sagt Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln. “Aber es spielt eigentlich keine Rolle mehr, welche Perspektive man einnimmt: Die meisten Beiträge der Länder sind in keiner einzigen Perspektive fair. Alle müssen massiv nachlegen.”
    Selbst wenn alle vorliegenden nationalen Zusagen eingehalten werden, dürfte es bis 2100 auf einen globalen Temperaturanstieg um drei bis vier Grad Celsius hinauslaufen. Das beschlossene Ziel von höchstens plus 1,5 bis zwei Grad würde schon in der Mitte des Jahrhunderts krachend verfehlt.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Dazu: Klima-Note Vier für die Bundesregierung
    Die Erhöhung der Entfernungspauschale entlastet vor allem Fernpendler mit höherem Einkommen. Daran ändert die Mobilitätspauschale für Geringverdiener nichts, da nur sehr wenige Haushalte eine solche Prämie überhaupt bekommen würden.
    Insgesamt benachteiligt das Klimapaket Geringverdiener und entlastet vor allem Fernpendler mit höherem Einkommen. Besser wäre ein einheitliches Mobilitätsgeld pro Kopf, das unabhängig vom Einkommen ausgezahlt wird und so Niedrigeinkommen spürbar entlastet und zudem einen Anreiz gibt, auf das Fahrzeug zu verzichten und auf Alternativen umzusteigen.
    Besonders wichtig ist zudem eine viel deutlichere Stärkung des Schienenverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs.
    Es ist bedauerlich: Statt umweltschädliche Subventionen abzubauen, werden diese sogar noch erhöht. Versäumt wurde, sowohl das Dieselprivileg abzubauen als auch eine Klima-Maut einzuführen, also auch die Kerosinsteuer zu erhöhen.
    Die Verfehlung der Klimaziele ist somit programmiert. Wir werden daher in Europa Emissionszertifikate zukaufen müssen, was Milliarden kosten wird. Wenig Klimaschutz für viel Geld – das erhöht nicht gerade die Akzeptanz. (…)
    Das Klimapaket muss deshalb viel ehrgeiziger werden, um die Klimaziele noch erreichen zu können. Es muss konkrete Sektorziele geben, die jährlich – auch von einem Expertenrat – überprüft werden, an europäischen Zielen ausgerichtet und bei Nichterfüllung nachjustiert werden.
    Wichtig ist vor allem, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien schneller und intensiver vorangetrieben wird. Das wird kaum gelingen, wenn die Abstandsregeln für Windenergie bestehen bleiben. Werden diese Regelungen nicht wieder rückgängig gemacht, wird der Ausbau weiter zusammenschrumpfen. Wir schlittern sehenden Auges in eine Ökostromlücke. Auch der Ausbau-Deckel bei der Solarenergie muss abgeschafft werden. (…)
    Unverständlich ist hingegen, dass man im Bundeshaushalt an der schwarzen Null so streng festhält. In Zeiten von drohender Rezession, niedrigen Zinsen und billigem Geld sind Klimaschutzinvestitionen die Garantie für eine dauerhaft nachhaltige, innovative und wettbewerbsfähige Wirtschaft. Selten waren die Bedingungen durch die Finanzmärkte so gut, um den Klimaschutz als Wirtschaftsmotor für eine nachhaltige Zukunft stärken zu können.
    Quelle: Claudia Kemfert in klimareporter

  10. Der automobile Mensch ist ein Irrtum
    Mit der Kaufprämie für Elektroautos hält die Bundesregierung weiter am Konzept Auto fest. Ein falsches Signal in der Debatte um die Mobilität der Zukunft. (…)
    Mit der Kaufprämie wird wieder einmal am Konzept Auto festgehalten. Das ist keine Überraschung in einer motorisierten Gesellschaft, aber überraschend kurz gedacht. Irren ist zwar menschlich, der automobile Mensch jedoch ein einziger Irrtum. Schließlich wird zumindest im urbanen Raum der Grundgedanke von Mobilität beim kollektiven Stau-Erlebnis ad absurdum geführt. Während man durch die Windschutzscheibe mal wieder auf ein Standbild schaut, hat man Zeit, über Folgendes nachzudenken: (…)
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Stellt sich die Frage, was die CDU hier von einer „Bedürftigkeitsprüfung“ hält?

  11. Wie ultrakonservative US-Organisationen ihre Agenda exportieren
    Die religiöse Rechte der USA schickt Millionen nach Europa, um ihr Weltbild auch hier zu propagieren.
    Sie sind gegen Abtreibung, Sterbehilfe, Frauenrechte und für «traditionelle Werte». In den USA wehren sich fundamentalistische christliche Organisationen selbst dagegen, dass in der Schule die Evolutionstheorie gelehrt wird. Wenn von Fundamentalismus die Rede ist, gehen diese Organisationen aber meist vergessen, dabei haben sie in den USA grossen Einfluss – nicht zuletzt aufgrund vermögender Geldgeber.
    Im Namen «traditioneller moralischer Werte» tragen sie ihren «Kulturkampf» auch ausserhalb der USA aus. Seit Jahren unterstützen sie rechtspopulistische Gruppen in Europa und lobbyieren in Parlamenten. Neben Expertise unterstützen sie europäische Organisationen auch mit Geld.
    Schätzungsweise 56 Millionen Euro seien von 2008 bis 2017 von ultrakonservativen US-Organisationen an rechtspopulistische Empfänger in Europa geflossen, schreibt das österreichische Magazin «Kontrast» mit Bezug auf «Open Democracy». Seither hätten sich die Summen eher noch erhöht. Inhaltlich überschneiden sich ihre Ziele oft mit der Islam- und fremdenfeindlichen Agenda der europäischen Rechtspopulisten. (…)
    Ramsey hält es für sehr wahrscheinlich, dass ein Grossteil der Graswurzelbewegungen, die gegen Schwulen- oder Frauenrechte protestieren, aus den USA finanziert werden. Der Einfluss fundamentalistischer Christen habe in den letzten Jahren stark zugenommen, sagen auch Vertreter von LGBTQ-Organisationen. Evelyne Paradis, Vertreterin der europäischen Dachorganisation ILGA, führt das zunehmend «toxische Umfeld» sowie die Zunahme von Hatespeech gegen Randgruppen auf ihre Aktivitäten zurück.
    Kampagnen zur «Wiederherstellung der natürlichen Ordnung», die beispielsweise das christliche Netzwerk «Agenda Europe» fährt, untergraben so lokale Gesetze und die Menschenrechte. Nach Unterlagen, die 3sat vorliegen, hat «Agenda Europe» das Verbot von Abtreibung, Homosexualität und Sterbehilfe zum Ziel. Das 9-Minuten-Video «Die Armee der Bibeltreuen» lässt sich bis zum 28. Oktober 2020 in der ZDF-Mediathek aufrufen.
    Quelle: Infosperber
  12. Le Monde: Polizei hat seit November 2018 mehr als 10.000 Gelbwesten verhaftet
    Die französische Polizei hat seit dem Beginn der Bewegung der “Gelben Westen” im November letzten Jahres mehr als 10.000 Anhänger festgenommen. Das berichtete die französische Zeitung Le Monde am Freitag und verwies dabei auf Daten des französischen Justizministeriums.
    Nach Angaben der Zeitung haben französische Gerichte bereits mehr als 3.000 Schuldsprüche gegen die Mitglieder der Bewegung ausgesprochen, insbesondere in den Abschnitten über die Teilnahme an Massenaufständen und Angriffen auf Strafverfolgungsbeamte.
    Etwa 400 Gelbwesten wurden verurteilt, was zu Freiheitsstrafen und sofortiger Inhaftierung führte. Laut Le Monde wurden viele der verhafteten Anhänger zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Andere erhielten Haftstrafen auf Bewährung.
    Am 17. November 2018 starteten in Frankreich die  Proteste der “Gelbwesten”. Sie wurden ins Leben gerufen, um gegen steigende Spritpreise zu protestieren. Laut den Organisatoren sollen 282.000 Menschen an der ersten Demo teilgenommen haben. Seitdem sind die Teilnehmerzahlen jedoch rückläufig. Die Liste der Forderungen der “Gelbwesten” betrifft nun nicht nur sozioökonomische, sondern auch politische Missstände im Land.
    Quelle: RT Deutsch

    Anmerkung C.G.: Was wohl in unseren Medien los wäre, wenn das in Russland passiert wäre.

  13. Forscher und Verbände: Intensive Landwirtschaft zerstört die Umwelt
    Mehr als 2500 Experten fordern in einem offenen Brief an das Europaparlament eine Abkehr von der bisherigen Agrarpolitik in Europa. Diese habe zu einer Intensivierung der Landwirtschaft, vermehrtem Einsatz von Pestiziden und Artensterben geführt. (…)
    Derzeit gehen rund 58 Milliarden Euro pro Jahr an EU-Fördergeldern in den Agrarsektor. Dies ist der grösste Posten im EU-Haushalt. Die Gelder werden hauptsächlich pro Hektar ausgezahlt. Zudem gibt es Fördergelder für die Entwicklung des ländlichen Raums. Ein Teil der Zahlungen ist an Umweltvorgaben geknüpft. Die Auflagen seien jedoch weitgehend ineffektiv und oft unzureichend überwacht, hiess es in dem Brief. Die Agrarförderung müsse grundlegend geändert werden. Kleinere Landwirtschaftsbetriebe, die nachhaltig wirtschaften, müssten stärker unterstützt werden. Fördergelder sollten zudem stärker an den Schutz und die Stärkung der Biodiversität geknüpft werden.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung
  14. “Kälber billiger als Kanarienvögel”
    Viehzüchter in Deutschland sehen sich derzeit einem beispiellosen Preisverfall ausgesetzt. Ein schwarzbuntes Kuhkalb war im Oktober noch 8,49 Euro wert. Der von einem Branchendienst ermittelte Preis geht aus einer Antwort des Landwirtschaftsministeriums an den grünen Bundestagsabgeordneten Friedrich Ostendorff hervor.
    Verantwortlich für den Preisverfall seien Vermarktungsbeschränkungen aufgrund der Blauzungenkrankheit, heißt es aus dem Ministerium. Auch Transportbeschränkungen, etwa nach Spanien, sorgten zuletzt für ein Überangebot an weiblichen Kälbern, die im Juni noch knapp 30 Euro kosteten.
    Ministerin Julia Klöckner (CDU) hatte in einem Brief an ihren bayerischen Amtskollegen Zweifel geäußert, ob derartige Transporte mit der EU-Verordnung vereinbar seien. Wenige Wochen alte Tiere sind dabei oft über 19 Stunden im Laster unterwegs. Tiergerecht, so Ostendorff, sei das nicht.
    Mit den Beschränkungen allein sei der Preisverfall aber kaum zu erklären. Der grüne Agrarexperte hält andere Gründe für gewichtiger: Die Billigpreise seien “die traurige Begleiterscheinung der industriellen Landwirtschaft”, sagt Ostendorff. “Die intensive Milchproduktion führt auch dazu, dass zu viele Kälber für den Markt produziert werden.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unserer Leserin A.F.: Und dann lässt man sie eben einfach verhungern und verdursten, wenn sie nicht ohne Tränken und Futter quer durch Europa zur Mast gekarrt werden. Ihre Mütter haben ein Leben von höchstens 4 Jahren, leiden an extrem schmerzhaften Euterentzündungen und brüchigen Knochen und können kaum gehen mit diesen Rieseneutern. Und ihre Kälber werden ihnen unmittelbar nach der Geburt weggenommen, eine Qual für Mutter und ja, Kind. Nicht zu vergessen die Klimafolgen und Bodenschäden.

    Es ist nur noch widerlich.

  15. Blow to Amazon as Seattle socialist looks to have triumphed in key vote
    In a blow to Amazon, the socialist candidate Kshama Sawant appeared on Saturday to have beaten the business-backed Egan Orion for a seat on Seattle city council, despite an unprecedented financial effort from the tech giant.
    Amazon is headquartered in the city. It ploughed $1.5m into the city council election through a political action committee sponsored by the Seattle Metropolitan Chamber of Commerce. (…)
    Sawant, a member of the Socialist Alternative party and a former tech worker, was elected six years ago as the first socialist on the Seattle council in almost 100 years. On election night she trailed Orion by 8%. But as more ballots were counted she closed the gap, and by Friday evening, with the vast majority of ballots counted, she was up by almost 4%, or about 1,500 votes.
    Quelle: The Guardian
  16. Meeting Gorbatschow – Besuche beim ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion – Teil 2
    Unser Gastautor Leo Ensel, Konfliktforscher und interkultureller Trainer, berichtete im ersten Teil über seine inhaltlichen Vorbereitungen für die Treffen mit Michail Gorbatschow in Moskau.
    Lesen Sie im zweiten Teil (Teil eins hier lesen) über den Verlauf und die Gespräche dieser Treffen und einen besonderen Gast, der Leo Ensel bei seinem zweiten Treffen begleitete. (…)
    Gorbatschow berichtete von den Gipfeltreffen zwischen ihm und Reagan. Zuerst im November 1985 in Genf, als ihm von Reagan als Erstes alle Verbrechen des Kommunismus um die Ohren gehauen wurden, bis er selbst mit der Frage: „Und wer hat die Atombomben in Japan eingesetzt?“ konterte. Dennoch schafften beide mit ihrer gemeinsamen Erklärung, ein Atomkrieg könne niemals gewonnen und dürfe daher auch niemals begonnen werden und keine Seite dürfe Überlegenheit anstreben, eine erste bahnbrechende Übereinkunft. Dann die Krise und die Verhandlungsflaute danach, bis er, Gorbatschow, energisch auf ein schnelles weiteres Gipfeltreffen drängte, das im Oktober 1986 im isländischen Reykjavik stattfand. Und wie die von ihm vorgeschlagene weltweite Halbierung aller Atomsprengköpfe, ja die Abschaffung der Atomwaffe überhaupt, schließlich an Reagans starrer Haltung zu SDI scheiterte.
    Und wie Gorbatschow – er spricht manchmal von sich in der dritten Person – durch seine öffentliche Uminterpretation des Scheiterns in einen Durchbruch die Situation rettete und damit den Boden für den Abschluss des INF-Vertrages im Dezember 1987 bereitete. Bis hin zum Spaziergang mit Ronald Reagan über den Roten Platz im Juni 1988, wo dieser auf Fragen von Journalisten seine frühere Bemerkung, die Sowjetunion sei das „Reich des Bösen“, als nicht mehr zeitgemäß bezeichnete. Und er deutete seine Enttäuschung darüber an, dass die USA sich nach dem Ende des Kalten Krieges nicht an ihre Vereinbarungen gehalten hätten.
    Quelle: Sputnik

    Dazu: Gorbatschow: „Wir leben gemeinsam in einem Mehrfamilienhaus“
    Der Ex-Präsident der Sowjetunion hat der Berliner Morgenpost ein Interview anlässlich des Mauerfall-Jubiläums gegeben.
    Michail Gorbatschow, ehemals Präsident der Supermacht Sowjetunion, und Fritz Pleitgen, früher Moskau-Korrespondent und langjähriger WDR-Intendant, sind sich bei vielen Gelegenheiten begegnet – auf Konferenzen, bei Staatsbesuchen und zuletzt bei Lesungen. Jetzt wollten sie sich wieder treffen, um über 30 Jahre nach dem Mauerfall, das gegenwärtige Wettrüsten und Gorbatschows letztes Buch „Was jetzt auf dem Spiel steht“ zu sprechen. Doch dann kam aus Moskau die Nachricht, dass es Michail Sergejewitsch gesundheitlich nicht gut geht. Er sei aber gerne bereit, auf unsere Fragen in Ruhe schriftlich zu antworten. Wir sind auf sein Angebot eingegangen. Seine Antworten wollen wir Ihnen nicht vorenthalten, auch wenn Michail Sergejewitsch nicht alle Fragen beantwortet hat.
    Quelle: Berliner Morgenpost

  17. Doppelkopf
    Am Tisch mit Gabriele Krone-Schmalz, “Russlandsympathisantin” (…)
    Immer noch reist Gabriele Krone-Schmalz zwei Mal im Jahr nach Russland, weil sie die Menschen dort schätzt. Mit dem Bild des Landes, wie es in Deutschland gezeichnet wird, hadert die Frau, die übrigens auch osteuropäische Geschichte und Slawistik studiert hat und über das Russlandbild in den Medien promoviert wurde.
    Quelle: hr2

    Anmerkung Christian Reimann: Gerne begleiten die NachDenkSeiten das Ansinnen von Frau Krone-Schmalz. Bitte lesen/sehen Sie dazu u.a. auch:

  18. Linken-Politiker widerspricht Kritik an Arbeitsbedingungen
    Ein CDU-Politiker bricht im Bundestag zusammen, die Linken-Abgeordnete Anke Domscheit-Berg spricht darauf von “menschenfeindlichen” Arbeitsbedingungen. Doch nun hält ihr Parlamentarischer Geschäftsführer dagegen.
    Es waren Worte, die man von Bundestagsabgeordneten selten hört: Nach dem Zusammenbruch des CDU-Politikers Matthias Hauer hatte Linksfraktionsmitglied Anke Domscheit-Berg die Arbeitsbedingungen im Parlament scharf kritisiert. Diese seien “menschenfeindlich”, sagte die Digitalexpertin dem SPIEGEL. Domscheit-Berg beklagte sich über das zu bewältigende Pensum und die fehlenden Pausen – bemängelte aber auch, dass man ins Plenum kein Essen und keine Getränke mitnehmen dürfe. (…)
    Doch nicht jeder hält die Vorwürfe in ihrer Vehemenz für gerechtfertigt. Jetzt meldet sich Jan Korte zu Wort, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken. Korte kritisiert die Schilderungen seiner eigenen Fraktionskollegin. “Es ist extrem schräg zu behaupten, Bundestagsabgeordnete würden unter menschenfeindlichen Bedingungen arbeiten”, sagte Korte dem SPIEGEL. “Es gibt wenige Berufsgruppen, die so privilegiert sind wie Bundestagsabgeordnete.” Daher seien solche Behauptungen nicht nachvollziehbar. “Mein Großvater war Stahlarbeiter, meine Mutter Krankenschwester. Das war harte Arbeit. Den Begriff menschenfeindlich haben beide aber in diesem Zusammenhang nie benutzt”, so Korte.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Gut, dass Jan Korte diese absurde Debatte wieder auf den Boden holt. Als meine Frau – Krankenschwester in einer privatisierten Klinik im Schichtdienst – die Klagen der Bundestagsabgeordneten Domscheit-Berg über deren “menschenfeindliche” Arbeitsbedingungen hörte, konnte sie sich eine Träne der Rührung nur mit Mühe verkneifen. Es ist schon tragisch, dass sich offenbar sogar einige Politiker der Linkspartei derart weit von der Lebenswirklichkeit ihrer Wähler entfernt haben.


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=56255