NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise der Woche

Datum: 22. Dezember 2019 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Klimagipfel in Madrid
  2. Indigene Völker fordern mehr Umweltschutz von Regierungen in Ecuador und Peru
  3. So macht unsere Kleidung die Umwelt kaputt
  4. Frankreich:
  5. “Die NATO als Rundum-sorglos-Paket”: FAZ? – TAZ!
  6. Testmobilmachung gen Osten (II)
  7. Belarus’ Platz in Europa
  8. Transatlantische Rivalen (II)
  9. Beweismittel in Berateraffäre: Von der Leyens Handydaten wurden gelöscht, gesteht die Regierung
  10. Krebsmedikamente: Wie man sich einen Onkologen kauft
  11. Reich ist nie genug
  12. Große Mehrheit für Vermögenssteuer und gegen “Schwarze Null”
  13. Hartz IV und die Matching-Effizienz oder – Wozu dient die Volkswirtschaftslehre?
  14. Rekrutierer statt Ausbilder
  15. Wirtschaftsdemokratie als Transformationshebel
  16. Obstpflücker, Näherinnen und Software-Ingenieure
  17. Microsoft, Google, Apple und Co. aus Bildungseinrichtungen verbannen
  18. Lies, Newsweek and Control of the Media Narrative: First-Hand Account
  19. Wikileaks-Gründer: Ist Julian Assange für die Welt bereits gestorben?

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Klimagipfel in Madrid
    1. Madrider Klimagipfel: Verrat an den Armen und unseren Kindern
      (…) Zunächst ein Lichtblick: Die EU bekannte sich zusammen mit China, Indien, Südafrika und den kleinen Inselstaaten erneut zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Das ist zumindest ein erster, wenn auch noch unzureichender Schritt in die richtige Richtung. Damit kann dem Pariser Klimaabkommen beim Klimagipfel im nächsten Jahr neues Leben eingehaucht werden.
      Der zweite Hoffnungsschimmer: Die Bremser von Madrid, die USA, Brasilien und Australien, konnten sich mit ihren Forderungen nach einem ungezügelten, weltweiten Emissionshandel nicht durchsetzen. Ein globaler gefährlicher Emissionshandel, der so zum Verschiebebahnhof von CO2-Emissionen geworden wäre, wurde abgewendet. Wichtig ist, dass alle Staaten zuhause ihre Emissionen reduzieren müssen.
      Doch das magere Abschluss-Kommuniqué von Madrid zeigt wieder einmal, dass die Welt weit entfernt davon ist, das Paris-Ziel von höchstens 1.5 oder zwei Grad globaler Erwärmung gegenüber 1880 noch zu erreichen. Zurzeit steuern wir global eher auf fünf oder sechs Grad zu.
      Was nun ergibt sich aus dem gescheiterten Gipfel in Madrid?
      Deutschland muss sich dem klimapolitischen Aufbruch der EU endlich ohne Wenn und Aber anschließen, vor 2038 aus der Braunkohle aussteigen und sich an progressiven Klimavorreitern in Europa orientieren…
      Was lernen wir nach dem gescheiteren Madrid-Gipfel?
      “Diese Klimakonferenz war ein Angriff auf das Herz des Pariser Abkommens”, kommentiert Greenpeace zurecht. Was lernen wir nach dem gescheiteren Madrid-Gipfel? Warten auf die Bremser wie Herrn Trump in den USA, Herrn Bolsonaro in Brasilien oder auf die deutsche AfD bringt gar nichts.
      Unsere Aufgabe heißt: Energiewende selber machen und sich dabei an Vorbildern wie Schweden, England oder Dänemark orientieren. Das sind wir unseren Kindern und Enkeln, aber auch den Armen in den südlichen Ländern schuldig. Viele leiden schon heute unter der Klimaerhitzung.
      Quelle: Telepolis
    2. Enttäuschend, inakzeptabel, verantwortungslos
      Massive Blockaden einzelner Länder, schwache Minimalkompromisse erst nach tagelangem Streit, viele ungeklärte Fragen: Nach Abschluss der UN-Klimakonferenz in Madrid zeigen sich viele Beobachter tief enttäuscht. Ein Überblick.
      (…) “Während Jugend und Zivilgesellschaft unermüdlich für den Klimaschutz streiken, fielen viele Regierungen auf der Weltklimakonferenz durch Verantwortungslosigkeit und Aufschieberitis auf”, sagte BUND-Chef Olaf Bandt. Der Minimalkompromiss von Madrid werde der Klimakrise nicht gerecht. Die Bundesregierung müsse nun “den klimapolitischen Aufbruch der Europäischen Union unterstützen und auch das Klimapaket neu packen”.
      “Wie laut muss noch demonstriert werden, wie viele Warnungen muss die Wissenschaft noch aussprechen, wie viele junge Leute müssen ihre ganz reale Zukunftsangst noch äußern, damit die großen Wirtschaftsmächte sich endlich nicht mehr taub stellen?”, fragte Sven Harmeling, Klimaexperte der Hilfsorganisation Care.
      Für Christoph Bals von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch hat die COP 25 die “Stärke und Schwäche des Pariser Abkommens” gezeigt. “Alle Länder sehen, dass der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas nun in eine ernsthafte Phase kommt”, so Bals. “Deshalb organisieren einige Staaten wie die USA, Brasilien und Australien, die eng mit der fossilen Lobby verbandelt sind, eine letzte Abwehrschlacht.”
      Die große Mehrheit der Staaten mache jedoch deutlich, “dass sie fest entschlossen am Pariser Abkommen festhält und nächstes Jahr ihre Klimaziele und -pläne nachbessern will”. Im Abschlusstext gebe es weitere positive Punkte, sagte Germanwatch-Klimaexpertin Rixa Schwarz. Es sei auch besser, Entscheidungen zu vertagen, als Regeln mit vielen Schlupflöchern etwa zum CO2-Handel zu verabschieden.
      Quelle: Klimareporter
    3. Keine Zeit zu handeln
      Im Licht der jüngsten Erkenntnisse der Klimaforschung war der Klimagipfel von Madrid ein Desaster, auch wenn das völlige Scheitern verhindert werden konnte. Die Blockade des internationalen Klimaschutzes kann nur durch Vorreiter aufgelöst werden, die ohne Rücksicht auf die fossilen Bremser vorangehen.
      (…) Jetzt ohne die Bremser vorangehen
      Gerade nach der Erfahrng mit dem Konferenzchaos in Madrid ist man versucht zu sagen: Hört doch auf damit. Das ist richtig und falsch zugleich.
      Es wäre zwar falsch, die UN-Klimaverhandlungen nach dieser neuerlichen Erfahrung des irren Tanzes auf dem Vulkan komplett aufzugeben. Sie bilden immerhin einen Rahmen, um alle Länder der Erde einzubinden und eine Plattform auch für die Interessen der armen Länder zu schaffen, die sonst viel zu wenig wahrgenommen werden.
      Doch zu hoffen, dass auf diesem Weg allein das 1,5-bis-zwei-Grad-Ziel erreicht werden kann, wird vergeblich sein. Das Einstimmigkeitsprinzip, das in diesem Verhandlungsformat gilt, verhindert, dass schnell genug gehandelt wird. Hinzu kommt, dass die USA als zweitgrößter CO2-Einheizer im November 2020 aus dem Paris-Abkommen austreten wollen.
      Die Blockade des internationalen Klimaschutzes kann nur durch Vorreiter aufgelöst werden, die ohne Rücksicht auf die Bremser mit einer modernen, strikt am CO2-Sparen orientierten Energie- und Verkehrspolitik, einer klimafreundlichen Landnutzung und (Wieder-)Aufforstung von Wäldern vorangehen…
      Damit das so kommt, braucht es nicht nur Politiker, die es ernst meinen mit ihren Versprechen, den kommenden Generationen einen gut bewohnbaren Planeten zu erhalten. Sondern auch weiterhin den Druck von der Klimabewegung. An Greta Thunberg wird’s nicht liegen. “Was auch immer passiert: Wir werden niemals aufgeben. Wir haben gerade erst angefangen”, hat sie gesagt.
      Quelle: Klimareporter
    4. Die Null steht
      Das Ergebnis ist so matt wie am Ende die Delegierten. Der Klimagipfel von Madrid lehrt: Von der Weltpolitik ist nichts zu erwarten. Ein Kommentar von Daniel Lingenhöhl.
      Das Ende war vorhersehbar. Wohl nur die größten Optimisten hatten vor Beginn der Klimakonferenz von Madrid auf ein brauchbares Ergebnis und handfeste Maßnahmen zum Klimaschutz gehofft. Von den USA, die immer noch der zweitgrößte Produzent an Treibhausgasen sind, konnte man nichts erwarten: Präsident Trump führt sein Land aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015, und seine Administration tut zu Hause alles, um fossile Energie zu fördern und Umweltgesetze zu schleifen. Im brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und dem australischen Premierminister Scott Morrison hat er willfährige Verbündete: Der eine befeuert die Abholzung am Amazonas, der andere fördert die Kohleindustrie wie weltweit kaum ein zweiter Staatschef.
      Vor allem diese Koalition hintertrieb laut verschiedenen Beobachtern Bemühungen, doch noch zu weiter reichenden Beschlüssen in Madrid zu kommen. Während die USA prinzipiell unwillig sind, etwas zum internationalen Klimaschutz beizutragen, versuchten sich die beiden anderen in Taschenspielertricks. Australien und Brasilien verhinderten vor allem ein neues Regelwerk zum Handel mit Klimaschutzzertifikaten. Beide wollten Milliarden Kohlendioxidzertifikate aus früheren Jahren in einem geplanten neuen Markt verkaufen. Der Brasilianer beabsichtigte dabei, schon einmal ins Ausland verkaufte Gutschriften nochmals auf die eigene Klimabilanz des Landes verrechnen zu lassen. Ein übles Tauschgeschäft, das ungestraft Milliarden Tonnen Kohlendioxid mehr freigesetzt hätte.
      (…) Madrid reiht sich daher ein in die lange Reihe gescheiterter Konferenzen. Mit den momentanen vermeintlichen Anstrengungen steuert die Welt eher auf eine Temperaturerhöhung von durchschnittlich 3 Grad Celsius zu und ist weit davon entfernt, den Anstieg auf 1,5 oder 2 Grad Celsius zu begrenzen.
      Quelle: Spektrum
  2. Indigene Völker fordern mehr Umweltschutz von Regierungen in Ecuador und Peru
    Madrid. Mehrere Führer indigener Gemeinschaften aus Ecuador und Peru haben am Rande des Weltklimagipfels COP25 in der spanischen Hauptstadt Madrid weltweite Unterstützung bei der Einstellung von Ölbohrungen und Bergbauaktivitäten in der Amazonas-Region gefordert. Sie zeigten sich empört darüber, dass der ecuadorianische Präsident Lenín Moreno behauptete, “dass die Ausweitung der Ölbohrungen im Heiligen Quellgebiet des Amazonas mit dem Pariser Abkommen vereinbar ist und die indigenen Rechte nicht beeinträchtigt werden”, äußerte Sandra Tukup, Leiterin des Verbandes der Indigenen Nationalitäten des ecuadorianischen Amazonas (CONFENIAE), am Rande der Konferenz.
    Lizardo Cauper, Präsidentin der Amazonian Inter-Ethnic Development Association Peruana (AIDESEP), kommentierte, dass die peruanische Regierung zwar behaupte, sich für eine sauberere Zukunft einsetzen zu wollen, während sie in Wirklichkeit aber weiterhin den Ausbau von Erdölbohrungen fördere.
    Die Region in Ecuador und Peru umfasst 30 Millionen Hektar – eine Fläche so groß wie Italien – und beherbergt über 20 einheimische indigene Nationalitäten, von denen einige unkontaktiert sind. Die geschätzten fünf Milliarden Barrel unerschlossener Ölreserven der Region im Boden zu belassen, entspräche der Vermeidung von über zwei Milliarden Tonnen CO2. Die Entwaldung, die durch das Fortschreiten der industriellen Entwicklung gefördert werde, könnte laut der NGO Amazon Watch zu zusätzlichen Emissionen von vier Milliarden Tonnen Kohlenstoff führen.
    Es sei absurd, dass die hochindustrialisierten Länder zusammenkommen, “um über den Stopp des Klimawandels zu sprechen, jedoch gleichzeitig neue Ölbohrungen in unseren Gebieten, im Herzen des Amazonas-Regenwaldes, zu erzwingen”, sagte Wrays Perez, Präsident der Wampis-Nation von Peru.
    Ein in der vergangenen Woche veröffentlichter neuer Forschungsbericht zeigt nach Informationen von Amazon Watch, dass es momentan 27 Ölblocks gibt, die diese Region bedrohen, und dass beispielsweise Unternehmen aus Chile, dem ursprünglichen Gastgeber der COP25 und aus China, dem Gastgeber der Konferenz über die biologische Vielfalt im nächsten Jahr, die Zukunft des Amazonas akut bedrohen.
    Quelle: Amerika 21

    dazu: Was ist sustainable Development?
    850 Organisationen veranstalten alternativen Klimagipfel in Madrid
    Die indigenen Völker sind zum alternativen Klimagipfel gekommen, um gegen die Konzerne zu demonstrieren, die ihre Länder rauben und ihre Existenz zerstören und die sich beim COP25 treffen, um die Transformation der Weltökonomie voranzutreiben, die sie sustainable Development nennen.
    „Wir indigene Völker haben immer sustainable, in Harmonie mit der Natur, gelebt. In euren Ländern hat man nie gelernt, sustainable zu leben. Ihr wollt immer mehr und mehr haben. Wir sind von unseren Traditionen her sustainable. Diese habt ihr uns mit der Kolonisierung genommen. Wir sind hier als Führer eines Sustainable Movement und nicht als Opfer der Klimakatastrophe.“
    „Wir sind hier um Solidarität zu zeigen mit den Menschen von Chile, Kolumbien, Ecuador, Brasilien, die den climate Kapitalismus bekämpfen, Menschen, die für ihr Land ihre Wälder und gegen Neoliberalismus kämpfen, gegen Imperialismus, gegen die USA und deren White Suprematismus und Militarisierung“…
    Quelle: Linke Zeitung

    Anmerkung Marco Wenzel: „Nicht einmal die Indios, die isoliert in den Tiefen der Urwälder leben sind heutzutage sicher. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Brasilien noch 230 Stämme; seitdem haben Feuerwaffen und Mikroben 90 von ihnen ausgelöscht… Der Kontakt mit den Weißen bedeutet für die indigene Bevölkerung nach wie vor der Kontakt mit dem Tod… die Üppigkeit der Natur macht sie zum Opfer von Plünderung und Mord…“ Eduardo Galeano: Die offenen Adern Lateinamerikas.

  3. So macht unsere Kleidung die Umwelt kaputt
    Kleidung legt oft bis zu 20.000 Kilometer zurück, bis sie bei uns auf dem Ladentisch landet. Auf ihrem Weg hinterlässt sie einen gigantischen ökologischen Fußabdruck.
    (…) Nur 10 Prozent der Kleidung kommt aus Deutschland
    Produziert wird hauptsächlich in Asien. So sind auch 90 Prozent der in Deutschland verkauften Bekleidung importiert, mehr als 50 Prozent kommt aus China, Indien, Bangladesch und der Türkei. Mit weitem Abstand steht China an der Spitze der Weltproduktion von Textilien und Bekleidung.
    (…) Welche Folgen hat die Textilproduktion für die Umwelt?
    Bis ein T-Shirt bei uns auf dem Ladentisch liegt, hat es einiges über sich ergehen lassen: Glätten, Bleichen, Färben, Bedrucken – und für spezielle Outdoor-Kleidung auch Imprägnieren. Für diese Prozesse werden in der Textilindustrie pro Kilogramm Kleidung rund ein Kilogramm Chemikalien verwendet.
    Insgesamt 6.500 verschiedene Chemikalien sind bei der Textilveredelung im Einsatz, darunter auch Schwermetalle wie Kupfer, Arsen und Cadmium. Viele davon sind giftig, einige auch krebserregend.
    Für das Färben von einem Kilo Garn werden zudem rund 60 Liter Wasser benötigt: Wasser, das am Ende mit den chemischen Zusätzen verunreinigt ist. Die Folge: 17 bis 20 Prozent des industriellen Abwassers weltweit entsteht laut Angaben der Weltbank alleine bei der Textilveredelung.
    Kleidung aus Baumwolle benötigt besonders viel Wasser
    Speziell bei Baumwoll-Fasern kommt hinzu, dass schon beim Anbau von Baumwolle riesige Mengen Wasser zur Bewässerung im Einsatz sind. Das führt nicht nur dazu, dass natürliche Wasserreservoirs wie der Aralsee in Zentralasien gänzlich leergepumpt werden.
    Das Wasser wird zudem mit Pflanzenschutzmitteln und Dünger verunreinigt. Und das in einem beträchtlichen Ausmaß: 16 Prozent aller Insektizide weltweit werden auf Baumwollfeldern versprüht. Dabei machen diese nur 2,5 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Fläche aus. Durch Regen und Bewässerung sickern die Substanzen in den Boden…
    Quelle: Quarks.de
  4. Frankreich
    1. Präsident ohne Volk
      Protest gegen »Rentenreform« könnte Frankreichs Staatschef Macron aus dem Élysée-Palast fegen. Hunderttausende auf der Straße
      So hatte sich Emmanuel Macron die totale Privatisierung Frankreichs wohl nicht vorgestellt. Sein schon 2017 im Präsidentschaftswahlkampf angekündigtes wichtigstes neoliberales Projekt, die »Rentenreform«, erstickt im Protest. Am Dienstag gingen erneut Hunderttausende auf die Straße, alle öffentlichen Transporte blieben unter Streik, Wirtschafts- und Sozialleben des Landes standen still, Schulen und Universitäten blieben geschlossen. Die Gewerkschaften sind sich endlich einig. Seit Macron am Mittwoch vor einer Woche seinen rechten Ministerpräsidenten Édouard Philippe vorschickte und ihn Details des Rentenplans bekanntgeben ließ, marschieren die Führer der größten Gewerkschaften CGT und CFDT Seite an Seite. Der Mann im Élysée-Palast ist ein Staatschef ohne Volk, die gewaltige Demonstration gegen das »System Macron« könnte ihn aus dem Amt fegen…
      (…) In großer Not verlässt Macron sich nun wie am Dienstag auf seinen Mann fürs Grobe, den Pariser Polizeipräfekten Didier Lallement, und dessen Provokateure, die in friedlichen Demonstrationszügen Gewalt säen und den Protest desavouieren sollen. Seine Polizei ging wieder einmal mit der verordneten »gnadenlosen Härte« gegen den Widerstand an. Macrons Ziel: Ihn mit Macht zerbrechen.
      Quelle: junge Welt
    2. Proteste in Frankreich: Rebels with a cause
      Längst sitzen nämlich just die Versicherungskonzerne und andere finanzkapitalistische Akteure in den Startlöchern, um endlich, endlich auch in Frankreich einen “Markt” für private, kapitalgedeckte Rentenversicherungen oder Zusatzabsicherungen zu eröffnen. Bereits bislang sind laut einer gewerkschaftlichen Quelle dort 14,2 Milliarden Euro in privaten Rentenfonds angelegt, dies entspricht jedoch “nur” 0,2 Prozent des BIP. Andere Quellen, die etwas umfassender zu rechnen scheinen, sprechen hingegen von 0,7 Prozent.
      Das ist aus Sicht finanzkapitalistischer Akteure in jedem Falle absolut ausbaubar im Vergleich zur Entwicklung in den USA, den Niederlanden oder auch Deutschland. Mit allen Risiken, die dies beinhaltet, wenn die künftigen Renten dann an den Finanzmärkten, auf einen Gewinn spekulierend, angelegt werden – aber eben auch Verluste verzeichnen können.
      Zur Wochenmitte wurde nunmehr auch bekannt, dass einer der größten Kapitalmarktakteure des Planeten, das US-Unternehmen Blackrock, die französische Regierung im Vorfeld betreffend der “Reform”pläne für das Rentensystem “beriet” – und zu den zu erwarteten Gewinnern der “Reform” zählt.
      Quelle: Telepolis
    3. Verteidigung der Demokratie gegen den Staatsadel
      Nachdem Frankreichs Premierminister Edouard Philippe endlich Details für die lange angekündigte Rentenreform vorgestellt hat, werden die Proteste unvermindert weitergehen. Denn Philippe und Präsident Emmanuel Macron planen nicht nur nötige Korrekturen. Sie wollen ein System aushebeln, das für sozialen Ausgleich und Gerechtigkeit steht…
      (…) Die Breite der Mobilisierung erklärt sich aus der Präsentation des Reformprojekts. Macron gab nämlich erst einmal keine Details bekannt, weil er so die die Durchsetzungschancen erhöhen und den Gewerkschaften die Mobilisierung zu erschweren wollte. Angekündigt im Herbst 2017, trat die Reform vor einem halben Jahr in das Stadium der benebelnden Stimmungsmache. Seither wird dem Publikum ununterbrochen vor allem eine einzige Zahl eingetrichtert: 42. Die existierenden 42 Rentenregelungen für fast so viele Berufsgruppen seien abzuschaffen und zu ersetzen durch ein einheitliches Punktesystem für die einbezahlten Rentenbeiträge. Das hört sich nicht unvernünftig an, ist aber erstens politisch hinterhältig und zweitens fundamental ungerecht….
      Mit der Ersetzung der 42 Sonderregelungen durch ein Punktesystem würden stillschweigend solche Kompensationsversprechen abgeräumt.
      Schreiend ungerecht ist das scheinbar einfache Punktesystem, weil es gegen die elementarste Grundlage des Gerechtigkeitsprinzips verstößt, das verlangt – sachlich angemessen und logisch zwingend – Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln.
      Es geht nicht um Privilegien, sondern um Ausgleich für geringe Löhne
      Die Rasanz und Vehemenz der Proteste erklären sich aus der Verletzung des Gerechtigkeitsanspruchs. Denn mit der Einführung eines Punktesystems werden nicht “Privilegien” und “Pfründe” beseitigt und “mehr Gleichheit und Gerechtigkeit” geschaffen (Jürg Altwegg, FAZ), wie es aus hiesigen Medien seit Monaten fast unisono tönt, sondern Versprechen gebrochen, an denen sich Menschen in der Arbeit und im Leben orientiert haben…Und dabei geht es nicht um den Verlust von Privilegien, sondern um kompensatorische Leistungen für Menschen, die unter hohen Temperaturen und Lärm arbeiten oder lebenslang in Nacht- und Wechselschichten eingespannt sind, wodurch ihre Gesundheit und ihr soziales Leben belastet und gefährdet werden.
      Andererseits ist offensichtlich, dass es unter den 42 Rentenregelungen solche gibt, die man als “Erbhöfe” bezeichnen kann, weil die sachliche Grundlage für Ausnahmeregelung längst verschwunden ist oder von Anfang an dysfunktional war. Letzteres gilt für Sonderregeln für Militärbedienstete, Angestellte der Pariser Oper, der Müllabfuhr, in der Strom- und Gaswirtschaft oder bei Verkehrsbetrieben. Hier leuchtet für viele Bereiche sofort ein, dass eine Harmonisierung oder eine Reform der Systeme unumgänglich und sinnvoll ist. Das spiegelt sich auch in Umfragen: 76 Prozent der Franzosen halten das Rentensystem für reformbedürftig.
      Aber nach denselben Umfragen sind auch 70 Prozent gegen d i e s e Reform und optieren für Streiks, um die Reform zu verhindern…
      Premier Phillippe macht kleine Konzessionen, die keinen überzeugen…
      Die mit Spannung erwartete Rede des Premierministers Philippe vom 11.12.2019 brachte keine Überraschungen. Die Regierung hält an der Rentenreform fest. Philippe gab sich sehr moderat, geradezu versöhnlich, zollte den Gewerkschaften Respekt vor ihrer “kämpferischen Kultur” und distanzierte sich selbst von jeder “kriegerischen Rhetorik” bei der Vorstellung des “neuen Pakts zwischen den Generationen“… Dass diese Konzessionen die Protestierenden überzeugen und für eine Beendigung des Streiks ausreichen, ist nicht zu erwarten.
      Quelle: Gegenblende
    4. Die unverzeihliche Leichtigkeit von Macrons Rentenkommissar
      „Nebeneinkünfte vergessen“
      Jean-Paul Delevoye sollte die Franzosen darauf einstimmen, dass sie bei der Rente kürzertreten müssen. Doch er verschwieg üppige Nebeneinkünfte. Für Präsident Macron wird die Lage immer misslicher.
      Als hätte die französische Regierung nicht schon genug an der Streikfront zu kämpfen, leistet sie sich noch einen hausgemachten Skandal. Rentenhochkommissar Jean-Paul Delevoye, der den Umbau des Rentensystems federführend leitet, hat am Montag seinen Rücktritt angekündigt. Er sei das Opfer „gewaltiger Attacken und lügnerischer Verleumdungen“, schrieb Delevoye in einer Mitteilung. Einige Tage zuvor hatte er behauptet, er habe die Nebeneinkünfte „vergessen“ anzugeben. An seiner Lauterkeit waren erhebliche Zweifel aufgekommen, nachdem er der zuständigen Aufsichtsbehörde „für Transparenz im öffentlichen Leben“ (HATPV) mindestens zehn meldepflichtige Tätigkeiten und Ehrenämter verschwiegen hatte.
      „Delevoye ist weg. Sein Reformprojekt muss jetzt auch weg. Wir wollen ein frohes Weihnachtsfest“, kommentierte der Chef der Linkspartei La France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, den Vorgang.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wie unglaublich und auch offensichtlich: der Rentenkommissar bekommt sein Geld von den Versicherungsgesellschaften, also den voraussichtlichen Profiteuren einer weiteren Privatisierung. Und die FAZ redet das Ganze auch noch mit Worten wie “Leichtigkeit” schön. Der Rentenkommissar “sollte die Franzosen darauf einstimmen, dass sie bei der Rente kürzertreten müssen” – “einstimmen” wie auf ein gutes Konzert oder ein tolles Fußballspiel. Und natürlich “müssen” die Franzosen nicht “bei der Rente kürzertreten” (was für ein Euphemismus für brutale Rentenkürzungen), sondern sie sollen, damit Macron mehr Geld an die Unternehmen verschenken kann. Nichts Anderes ist das Ziel der Aktion.

    5. Polizeigewalt in Frankreich – Neue Gummigeschosse sind schon bestellt
      Frankreichs Polizei geht mit Härte gegen die Demonstrierenden vor. Dahinter steckt offenbar eine neue Strategie: Man will nicht noch einmal die Kontrolle verlieren.
      Der zerschmetterte Schädel, den Laurent Thines an diesem Tag auf seinem Operationstisch sah, erinnerte den Chirurg an Verunglückte bei einem Autounfall. Der Arzt aus dem ostfranzösischen Besançon behandelt seit Wochen Demonstrierende, Gelbwesten und auch einfach nur Passanten, die von Polizeigewalt betroffen sind. Darunter seien auch Menschen, denen ein Gummigeschoss das Auge zerstörte, erzählt Thines. Das Ausmaß der Gewalt lässt sich in einer Statistik des Journalisten David Dufresne ablesen: 25 Menschen verloren Augen, fünf Hände, hunderte wurden schwer verletzt. Die meisten Opfer sind Demonstrierende, aber Dufresne listet auch mehr als hundert Journalisten, 46 Minderjährige und 70 Passantinnen, die von einem Schlagstock, einer Granate oder einem Gummigeschoss getroffen wurden.
      Quelle: ZEIT

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Danke für die empathische Darstellung. Macron, der “Jupiter”, der große “Linksliberale”, ist auch nur Präsident eines Polizeistaats, der demonstrierende Bürger zusammenprügeln, zusammenschießen und lebensgefährlich verletzen läßt.”Die Bundesregierung, die zusammen mit Frankreich Gewalt gegen Protestierende in Russland oder Hongkong anprangert, hat noch kein Wort über die französische Polizei verloren. Auch in den deutschen Medien las man bislang wenig dazu.” – Genau so ist es. “Sie wollen nicht wahrhaben, dass Frankreich eine autoritäre Wende vollzogen hat”, urteilt Chirurg Thines.” – Und zwar im Herzen der EU, dem großen Friedensprojekt, das allen Europäern Frieden und Wohlstand garantiert. Oder etwa nicht? Stattdessen nur den großen Unternehmen maximalen Gewinn garantiert, auch wenn das hunderte Bürger Würde und soziale Sicherheit, die Augen, die Hände oder gar das Leben kostet?

    6. Frankreich: Streiks auch an Weihnachten?
      Die Streiks gegen Macrons Rentenreform dauern an. Premier Philippe appelliert mit Blick auf Weihnachten an die Streikenden. Doch die stellen ein Ultimatum.
      (…) Premierminister Edouard Philippe richtete einen Appell an die streikenden Bahnmitarbeiter: “Weihnachten ist eine wichtige Zeit. Jeder muss Verantwortung übernehmen. Ich glaube nicht, dass die Franzosen es akzeptieren würden, wenn einige Leute sie dieses Moments berauben”, sagte der Regierungschef der Zeitung “Le Parisien” (Sonntagsausgabe). Philippe forderte SNCF-Chef Jean-Pierre Farandou auf, einen Weihnachts-Notfallplan vorzubereiten, aus dem hervorgehe, welche Züge sicher fahren.
      (…) Ein Ultimatum der Gewerkschaften
      Wenn der Konflikt noch vor den Feiertagen beendet werden solle, habe die Regierung noch die nächste Woche Zeit, die Rentenreform zurückzunehmen, sagte Laurent Brun von CGT-Cheminots.
      Quelle: ZDF

      Anmerkung Marco Wenzel: Die Regierung Macron versucht mit allen Mitteln, den Streik zu beenden. Neben massivem Polizeiaufgebot und -gewalt (siehe hier), setzt sie auf Spaltung der Gewerkschaftsfront und umschmeichelt insbesondere die reformistische regierungsnahe CFDT, die sie zu einem faulen Kompromiss verleiten will. Jetzt kommt noch die Erpressung mit den Feiertagen an Weihnachten hinzu, wohlwissend, dass ein einmal unterbrochener streik nur schwer wieder neu in Gang zu bringen ist. Ein Mitglied der CGT verglich es mit einem Hochofen, der, einmal heruntergefahren, nur schwer wieder hochzufahren ist. Auch in Frankreich wird Weihnachten meist in engstem Familienkreis gefeiert, die wenigsten fahren dafür mit dem Zug. Wer die Feiertage aber zu einem Kurzurlaub im Land nutzen will schon eher. Macron sollte lieber sein Rentenkürzungsprogramm beerdigen, statt auf die Tränendrüse zu drücken. Dann fahren auch wieder die Züge.

  5. “Die NATO als Rundum-sorglos-Paket”: FAZ? – TAZ!
    Wer bislang dachte, Plädoyers für eine europäische Armee unter dem „nuklearen Schutzschirm Frankreichs“ seien nur eine Domäne konservativer Leitmedien, wurde letzte Woche eines Schlechteren belehrt. Auch Zeitungen mit links-alternativem Image machen nun mobil!
    Natürlich: Meinungsartikel von Gastautoren müssen – wie auch dieser Kommentar – nicht die Meinung der jeweiligen Redaktion widerspiegeln. Aber sie stecken das Spektrum dessen ab, was eine Redaktion grundsätzlich für diskussionswürdig erachtet. Schauen wir uns also mal an, was eine etablierte deutsche Tageszeitung im Bereich der Rüstungs-, pardon: Verteidigungspolitik!, mittlerweile als diskussionswürdig ansieht.
    „Keine Angst vor Plan B – Europäische Verteidigung und NATO“ lautete der Gastkommentar eines Thorsten Benner, den letzte Woche ein in bestimmten westdeutschen Milieus sehr geschätztes Mainstreammedium veröffentlichte. Sie haben von Thorsten Benner und dem von ihm geleiteten Think Tank mit dem imponierenden Namen Global Public Policy Institute (GPPi) noch nie etwas gehört? Macht nichts, Benners Essay offenbart unmissverständlich, wes Geistes Kind der Autor und sein Think Tank sind!
    Quelle: RT Deutsch

    Anmerkung Albrecht Müller: Lesenswert.

  6. Testmobilmachung gen Osten (II)
    Die US-Streitkräfte werden im kommenden Jahr bei ihrem größten Manöver in Europa seit 25 Jahren umfassend die zivile Infrastruktur der Bundesrepublik nutzen. Die Kriegsübung (“Defender Europe 20”) probt die Verlegung von US-Truppen in Divisionsstärke aus den Vereinigten Staaten in Richtung Russland. Dabei werden nicht nur zahlreiche Bundeswehrstandorte in die Kriegslogistik eingebunden, sondern auch Häfen (Bremerhaven, Duisburg), Flughäfen (Hamburg, Frankfurt am Main) sowie Schienen und Straßen. Die Deutsche Bahn hat im Vorfeld des Manövers eigens zusätzliche Schwerlastwaggons angeschafft. Damit gehen die Unterstützungsleistungen der Bundesrepublik weit über die bisher öffentlich bekannten drei “Convoy Support Center” in Garlstedt, Burg und Oberlausitz sowie die Großtankstelle in Bergen hinaus. Auch die Routen, auf denen US-Militärs an potenzielle Kriegsschauplätze im Osten verlegt werden sollen, sind jetzt in groben Zügen bekannt. In US-Militärkreisen ist von einem “Schlachtfeldnetzwerk” die Rede, “das im Falle eines Konfliktes für alle NATO-Verbündeten nützlich ist”.
    Quelle: German Foreign Policy
  7. Belarus’ Platz in Europa
    Belarus und Russland verhandeln über engere Integration – zum Unwillen Berlins
    Berlin/Minsk/Moskau (Eigener Bericht) – Vor den Verhandlungen über eine engere Integration zwischen Belarus und Russland an diesem Freitag nehmen in der Bundesrepublik die Appelle für eine engere Anbindung Belarus’ an die EU zu. Man müsse “engen Kontakt nach Belarus” halten, erklärte ein Vertreter der Bundesregierung vor einigen Tagen auf einer Konferenz in Minsk, die von der Deutsch-belarussischen Gesellschaft unter dem Motto “Der Platz von Belarus in Europa” durchgeführt wurde. Hintergrund sind Warnungen insbesondere neokonservativer Politiker, mit Blick auf die enge Kooperation zwischen Minsk und Moskau sei sogar Belarus’ Beitritt zur Russischen Föderation nicht auszuschließen. Ein solcher Schritt würde Russland hochindustrialisierte Gebiete mit einem regional hohen Lebensstandard hinzufügen und seine Grenze mit den EU- und NATO-Staaten Polen, Litauen und Lettland verlängern. Er liefe – wie jede andere Stärkung Russlands, das gegen die bisherige westliche Hegemonie in der Weltpolitik aufbegehrt – dem strategischen Interesse Berlins zuwider…
    Quelle: German Foreign Policy

    Anmerkung Marco Wenzel: Belarus ist bei uns besser bekannt unter dem Namen Weißrussland. Es grenzt im Süden an die Ukraine und im Osten an Russland. Kein Wunder also, dass der „Westen“ einen Keil zwischen Russland und Belarus treiben will und bestrebt ist, Belarus von Russland weg zu treiben dafür an seine Seite zu ziehen. Das passt auch ins Konzept der Nato und seiner Strategie der Einkreisung Russlands. Eine führende Rolle dabei spielt mal wieder die notorische grüne Russlandfeindin Marie-Luise Beck.

  8. Transatlantische Rivalen (II)
    USA suchen deutsche Wirtschaftsbeziehungen zu ihren Gegnern zu zerschlagen. Deutsche Wirtschaft fordert Gegensanktionen
    Berlin/Washington (Eigener Bericht) – Pläne des chinesischen Autokonzerns BAIC zur Aufstockung seiner Anteile an Daimler schaffen einen neuen Konfliktpunkt zwischen der Trump-Administration und Berlin. BAIC, Hauptpartner von Daimler auf dem riesigen chinesischen Markt, will seine Anteile an dem deutschen Unternehmen von fünf auf rund zehn Prozent aufstocken und seinen chinesischen Konkurrenten Geely, der 9,69 Prozent an dem Stuttgarter Autobauer hält, überholen. Washington mobilisiert dagegen; ein hochrangiger US-Regierungsfunktionär warnt, das chinesische Vorgehen sei “parasitär” und dürfe nicht geduldet werden. Die Äußerungen erfolgen zu einer Zeit, zu der auch die Konflikte um die US-Forderung nach dem Ausschluss von Huawei von den Märkten der EU, um US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 und um EU-Bemühungen zur Rettung des Atomabkommens mit Iran eskalieren. Während Washington die Beziehungen seiner europäischen Verbündeten zu seinen Gegnern zu zerschlagen sucht, fordern Unternehmen aus Deutschland, die um ihre Geschäfte fürchten, Gegensanktionen gegen die USA.
    (…) Kriegsfähig
    Die US-Strategie zielt erkennbar darauf ab, Unternehmen aus Deutschland und anderen Staaten der EU so weit wie möglich aus Ländern herauszudrängen, die von den US-Eliten als strategische Gegner eingestuft werden. Gelänge das, dann stünden westlichen Aggressionen gegen diese Länder keine relevanten ökonomischen Interessen mehr im Weg; der Westen wäre umstandslos kriegsfähig.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu passend: US-Senat billigt Militärbudget mit Sanktionsmaßnahmen gegen Nord Stream 2
    Der US-Senat hat einen Militärhaushalt von 738 Milliarden US-Dollar für das Geschäftsjahr 2020 genehmigt. Dieser enthält einen Gesetzentwurf gegen Unternehmen, die am Bau der fast fertiggestellten Erdgasleitung Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland beteiligt sind.
    (…) Das abschließende Votum im Senat ergab 86 Stimmen dafür und acht dagegen, wobei sechs Senatoren nicht an der Abstimmung teilnahmen…
    Die Sanktionen von Cruz und Shaheen richten sich gegen Spezialschiffe, die die Pipeline auf dem Grund der Ostsee verlegen. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass diese Strafmaßnahmen die Fertigstellung von Nord Stream 2 verhindern können. Die Verlegung der Erdgasleitung ist bis auf einen letzten Abschnitt vor der dänischen Insel Bornholm nahezu abgeschlossen…
    Quelle: RT

    Anmerkung Jens Berger: Sie können den Fortschritt des Verlegeschiffs Pioneering Spirit live über den Dienst Marine Traffic verfolgen. Nachdem nun Senat und Kongress die Sanktionen, die gegen die Russland und(!) Deutschland gerichtet sind, mit überwältigender Mehrheit beschlossen haben, ist der Narrativ, nur Präsident Trump sei ein Problem für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, nicht mehr haltbar. Hoffen wir, dass diese diplomatische Krise die Augen der Bundespolitik öffnet und dazu führt, dass Deutschland erkennt, dass die US-Politik ohne mit den Wimpern zu zucken ihre eigenen Interessen auch dann durchboxt, wenn sie mit den deutschen Interessen im Konflikt stehen. Wie es jetzt mit dem Pipelinebau weitergeht, ist offen. Für die beiden betroffenen Unternehmen Allseas und Saipem sind die Sanktionen eine ernste Bedrohung, da sie auch im Golf von Mexiko tätig sind und US-Konzerne wie Chevron und Exxon Mobil zu den Auftraggebern gehören.

    Lesen Sie dazu auch auf den NachDenkSeiten: Nord Stream 2: US-Sanktionen, „Putins Pipeline“ und die Propaganda.

  9. Beweismittel in Berateraffäre: Von der Leyens Handydaten wurden gelöscht, gesteht die Regierung
    Das Verteidigungsministerium teilt dem Untersuchungsausschuss in vertraulicher Sitzung mit, Beweismittel vernichtet zu haben. Die Nachricht löste blanke Empörung aus, mancher fühlt sich „verarscht“. Die Abgeordneten fordern personelle Konsequenzen.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: In diesem Fall bin ich ausnahmsweise mal für Vorratsdatenspeicherung mit 10 Jahren Speicherdauer – damit sollen angeblich Kriminelle gefasst werden, und das Verhalten von von der Leyen und/oder der Bundesregierung ist eindeutig kriminell (Beweisvernichtung). Und das allerschlimmste: statt (mindestens von einem Untersuchungsausschuss, leider nicht von einem Gericht) verurteilt zu werden, wird UvdL voraussichtlich mit dieser Nummer durchkommen und einfach weitermachen wie gehabt. Als Präsidentin der EU-Kommission ist sie sowieso praktisch unangreifbar. Deutschland ist schon lange (spätestens seit den Spendenaffäre von Helmut Kohl) zur Bananenrepublik verkommen.

  10. Krebsmedikamente: Wie man sich einen Onkologen kauft
    Ein Hamburger Unternehmen soll deutschlandweit Krebsärzte bestochen haben, damit sie teure Infusionen bei ihm bestellen. Dabei nutzt es eine Gesetzeslücke. […]
    Mit dem Geld internationaler Investmentfonds hat ZytoService in den vergangenen Jahren in ganz Deutschland Onkologen ihre Praxen abgekauft und daraus Medizinische Versorgungszentren, kurz MVZ, gemacht. Eigentlich ist es verboten, dass Apotheker oder pharmazeutische Herstellbetriebe wie ZytoService sich an Arztpraxen beteiligen und damit die Nachfrage nach ihrem eigenen Produkt kontrollieren. Ärztliche Entscheidungen sollen sich am Wohl des Patienten ausrichten, nicht an finanziellen Interessen. Doch das Gesetz lässt ein Schlupfloch, das ZytoService sich für sein Geschäftsmodell zunutze gemacht haben soll.
    Quelle: Zeit Online
  11. Reich ist nie genug
    Klassengesellschaft: Seit Adenauer fördern Regierungen die Armutsschere. Christoph Butterwegge hat alle Fakten
    (…) Christoph Butterwegge, emeritierter Professor für Politikwissenschaft, bietet in seinem Buch keine Momentaufnahme sozialökonomischer Ungleichheit, sondern auf 400 Seiten einen sachkundigen Überblick dazu, wie deutsche Regierungen von Adenauer bis Merkel in ihrem Handeln in der Wirtschafts-, Sozial- und Steuerpolitik in unterschiedlicher Parteizusammensetzung Reichtum kontinuierlich gefördert und Armut selten wirksam bekämpft haben.
    Noch unter US-amerikanischer Besatzung glichen die deutschen Zustände, was die Besteuerung angeht, den amerikanischen Verhältnissen und Roosevelts „New Deal“. 1950 zahlte man mit einem Einkommen von 250.001 Mark noch 186.215 Mark Steuern. Ein Millionär trug mit 898.714 Mark Steuern substanziell zur Beseitigung von Ungleichheit bei. Danach verlegten sich alle Regierungen auf Reichtumsförderung. Kapital- und Gewinnsteuern wurden reduziert oder ganz abgeschafft, sodass heute die ursprünglich als Bagatellsteuern gedachten Abgaben auf Tabak oder Sekt dem Staat mehr Geld einbringen als die Körperschaftssteuer für Kapitalgesellschaften oder die betriebliche Erbschaftssteuer.
    Bei der Förderung privaten Reichtums von Kapitalgesellschaften und Aktionären durch Steuerpolitik hat sich die rot-grüne Regierung von Schröder und Fischer besonders hervorgetan. Die angebliche Äquivalenz wurde demagogisch unterlaufen. Als Hans Eichel (SPD) den Spitzensteuersatz um 11 Prozent von 53 auf 42 Prozent senkte, achtete er auf oberflächliche „Ausgewogenheit“ und gewährte Kleinverdienern einen Steuernachlass um 10,9 Prozent.
    Schröders Zerstörungswerk
    Zwischen der relativen Gleichheit der Reduktion in Prozenten klafft in absoluten Zahlen ein Abgrund von Ungleichheit. Die „Verarmung“ des Staates war nicht zufällig, sondern politisch gewollt. Und die Ergebnisse dieser „Reform“ sind Armut, verrottende Infrastrukturen im Bildungs- und im öffentlichen Verkehrswesen sowie der Notstand im Gesundheits- und Pflegebereich.
    (…) Butterwegges Analysen der Konjunkturen und Moden im Diskurs über sozioökonomische Ungleichheit bilden ein hervorragend dokumentiertes Kompendium der Wege und Abwege der bundesdeutschen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften….
    Butterwegge belegt minutiös die Erscheinungsformen und Ursachen sozialer Ungleichheit durch staatliches Handeln und Nicht-Handeln in den Bereichen Besteuerung, Bildung und Arbeitsmarkt. Ein Standardwerk der Ungleichheitsforschung.
    Quelle: der Freitag

    Anmerkung Marco Wenzel: Gemeint ist das Buch: Die zerrissene Republik. Wirtschaftliche, soziale und politische Ungleichheit in Deutschland Christoph Butterwegge Juventa/Beltz Verlag 2019, 414 S., 24,95 €, ISBN 978-3-7799-6114-7

  12. Große Mehrheit für Vermögenssteuer und gegen “Schwarze Null”
    Eine große Mehrheit der Deutschen ist nach aktuellen Umfragen für die Einführung einer Vermögenssteuer sowie für mehr staatliche Investitionen – auch wenn das die Aufnahme neuer Staatsschulden bedeuten würde. Beides Forderungen, die der DGB schon seit Langem vertritt.
    Fast drei Viertel für Einführung einer Vermögenssteuer
    Der aktuelle Deutschlandtrend der ARD zeigt, dass 72 Prozent der Befragten für die Einführung einer Vermögenssteuer sind. Diese Forderung findet außerdem bei den Anhängerinnen und Anhängern aller im Bundestag vertretenen Parteien eine Mehrheit: Von DIE LINKE und SPD mit 93 Prozent, beziehungsweise 86 Prozent, bis hin zu Anhängerinnen und Anhängern der FDP mit immerhin noch 52 Prozent.
    “Superreiche müssen wieder mehr beitragen zum Gemeinwohl, zu unseren Schulen, Schwimmbädern und Straßen”, fordert DGB-Vorstand Stefan Körzell. “Wir wollen die Vermögenssteuer.” Vermögen über einer Million Euro sollten mit einem Prozent besteuert werden.
    Ebenfalls drei Viertel gegen die “Schwarze Null”
    Das aktuelle Polit-Barometer des ZDF zeigt: 75 Prozent der Befragten unterstützen die Forderung nach mehr staatlichen Investitionen und “damit die Aufnahme neuer Schulden”. Auch hier findet sich bei den Anhängerinnen und Anhängern aller Parteien eine deutliche Mehrheit: Von SPD-, DIE LINKE- und Grünen-Anhängerinnen und -Anhängern mit jeweils 85 Prozent bis hin FDP-Anhängerinnen und -Anhängern mit 69 Prozent.
    “Deshalb jetzt den Investitionsturbo anschmeißen”, so DGB-Vorstand Körzell. “Die schwarze Null gefährdet die Zukunftsfähigkeit des Landes!”
    Quelle: DGB
  13. Hartz IV und die Matching-Effizienz oder – Wozu dient die Volkswirtschaftslehre?
    (…) So bleibt insgesamt ein einfaches Fazit: Weder in Sachen Wachstum noch in Sachen Arbeitsplätze ist die Lohnsenkungsstrategie erfolgreich, weil sie nur über den niemals nachhaltigen Exportkanal wirkt. Wer nachhaltig Beschäftigung schaffen will, muss für eine dynamische Entwicklung der Nachfrage innerhalb der Wirtschaft eines Landes selbst sorgen. Steigt dann mit den Sachinvestitionen die Produktivität, müssen die Löhne so stark zulegen, dass die Nachfragedynamik in den Augen der Unternehmen so kräftig ist, dass auch Investitionen lohnen, die weit über die aktuelle Auslastung der Kapazitäten hinausreichen. Dann entstehen zusätzliche Arbeitsplätze, mit denen man bestehende Arbeitslosigkeit abbauen kann.
    Die Agenda-Politik hat genau das nicht zustande gebracht, sondern nur den primitiven Weg über den Export der Arbeitslosigkeit in die Nachbarländer gewählt. Und der, das sollte man niemals vergessen, war nur möglich, weil zufällig gerade Währungsunion in Europa war. Hätte Deutschland die D-Mark noch gehabt, wäre die über kurz oder lang aufgewertet worden und der Hartz-Spuk wäre schnell zu Ende gewesen.
    Was folgt?
    Will man den zentrifugalen Kräften in Europa begegnen, muss Deutschland mit einer Rücknahme seiner Reformen und einer Normalisierung der Lohnentwicklung vorangehen. Deutschland würde bei einem Exitszenario Italiens oder Frankreichs wirtschaftlich ohne Zweifel hart getroffen. Es müsste damit rechnen, dass seine in extremer Weise auf den Export ausgerichtete Produktionsstruktur, die sich in den Jahren der Währungsunion gebildet hat, einer harten Anpassung unterzogen wird. Schon jetzt zeigt die deutsche Rezession, wie anfällig das Land für exogene Schocks ist.
    Die Grundentscheidung für den Euro kann auch heute noch mit guten wirtschaftlichen Argumenten gerechtfertigt werden. Die dominierende ökonomische Theorie aber hat diese Argumente von Anfang an ignoriert und politisch desavouiert. Aufgebaut auf monetaristischen Vorstellungen in der Europäischen Zentralbank sowie kruden Ideen zum Wettbewerb von Nationen im größten Mitgliedsland konnte die Währungsunion nicht funktionieren. Alle, die Europa als politische Idee retten wollen, müssen nun erkennen, dass das nur mit einer anderen Wirtschaftstheorie und einer aus ihr folgenden anderen Wirtschaftspolitik zu schaffen ist. Nur wenn die Teilhabe aller Menschen am wirtschaftlichen Fortschritt unter allen Umständen gewährleistet und dem Wettkampf der Nationen abgeschworen wird, kann die Idee eines friedlich geeinten Europas gerettet werden,
    Quelle: Flassbeck economics
  14. Rekrutierer statt Ausbilder
    Fachkräftemangel und Zuwanderungsgesetz
    Auf einmal kann es nicht schnell genug gehen. Am 1. März 2020 tritt das Gesetz, das die Zuwanderung von Fachleuten aus Nicht-EU-Ländern regeln soll, in Kraft. Am Montagabend gab es dazu einen »Gipfel« mit Kapital und Gewerkschaften im Kanzleramt. Laut Entwurf der Abschlusserklärung werden »Rekrutierungsreisen« organisiert, zugleich wird das »inländische Potential« als »wichtigste Stellschraube« bejubelt. Verlogener geht’s kaum.
    (…) Zum anderen wird beim Gejammer über Fachkräftemangel die hiesige Bildungskatastrophe »vergessen«.
    (…) Bisher übernahm das nahe Ausland ja die Kosten für Qualifizierung. Nun rücken also Drückerkolonnen nach Brasilien, Indien, Vietnam und Mexiko mit der Parole »Make it in Germany« aus. Geheuert wird wie eh und je mit falschen Versprechungen auf raschen Wohlstand, friedliches Zusammenleben oder sogar Staatsbürgerschaft.
    Angela Merkel fasste das Programm am Sonnabend in der Binse zusammen: »Ohne ausreichend Fachkräfte kann ein Wirtschaftsstandort nicht erfolgreich sein.« Tja, und wenn der Erfolg ausbleibt, Krise herrscht, dann fliegen wie gewohnt die zuerst, die zuletzt kamen.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Jens Berger: Was auch immer hinter dieser Anwerbeinitiative steht, mit dem Fachkräftemangel hat sie nichts zu tun. Dazu ein kleines Beispiel: In Deutschland gibt es einen Mangel an examinierten Fachkräften in der Krankenpflege. Bewerber aus Mexiko können aber aufgrund unterschiedlicher Ausbildungsniveaus und vor allem fehlenden Sprachkenntnissen nicht ohne weiteres in Deutschland arbeiten. Nun gibt es zwei Alternativen: Entweder man bildet diese Menschen fort – das dauert, ist teuer und der Erfolg ist ungewiss. Aber mit diesem Einsatz könnte man auch heimische Arbeitskräfte ausbilden. Warum macht man das nicht? Die zweite Alternative ist, man setzt sie in einem Job ein, der unter ihrem formalen Ausbildungsniveau liegt. In weniger qualifizierten Bereich gibt es jedoch keinen Mangel an Arbeitskräften, hier geht es dann v.a. um eine Senkung des Lohnniveaus.

    dazu: Vor Fachkräftegipfel “Die Wirtschaft braucht eine Anwerbestrategie”
    Der Diagnose widerspricht niemand mehr: Deutschland braucht dringend mehr Zuwanderung von Fachkräften. Vor einem Spitzentreffen im Kanzleramt fordert Arbeitsminister Heil von der Wirtschaft eine klare Strategie.
    Die Feststellung gehört inzwischen zum Standardrepertoire von Unternehmern, Verbandsfunktionären und Arbeitsmarktexperten: In Deutschland herrscht in vielen Regionen ein gravierender Mangel an Fachkräften. Da der heimische Markt “leergefegt” ist, schauen die Betroffenen ins Ausland. Hier will Deutschland verstärkt für Zuwanderung von Fachkräften und Menschen, die dazu werden wollen, werben. Am 1. März tritt ein neues Gesetz in Kraft.
    Doch dass eine Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt noch keinen Mangel behebt, weiß auch die Bundesregierung. Sie lädt deshalb am Montag zu einem Treffen im Kanzleramt, auf dem Spitzenvertreter von Wirtschaft, Gewerkschaften und Regierung beraten wollen, wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bestmöglich umgesetzt werden kann.
    Quelle: Tagesschau.de

    Anmerkung JK: Wieder blanke Meinungsmache und Propaganda in den öffentlich-rechtlichen Medien. Wäre der heimische Markt “leergefegt”, dann müsste sich eine signifikante Lohnentwicklung bemerkbar machen. Dem ist aber nicht so. Also dient die von der Industrie geforderte “Zuwanderung von Fachkräften” einzig allein dem Zweck die Löhne unten zu halten.

  15. Wirtschaftsdemokratie als Transformationshebel
    Was das Konzept Guter Arbeit verlangt
    von Hans-Jürgen Urban
    Die ökologisch-soziale Transformation der Industriegesellschaft ist ein gewaltiges Projekt mit diversen Dimensionen und Konflikten. Es erfordert Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, aber auch der Kultur und der täglichen Lebensweise. Doch vieles, vielleicht sogar das Wichtigste, wird sich in den Unternehmen abspielen müssen. Da aber sind die Bedingungen alles andere als günstig. Kapitalistische Betriebe funktionieren nicht nach sozialen und ökologischen Nachhaltigkeitskriterien, sondern nach den Spielregeln eigentumsbasierter Hierarchien und vor allem: maximaler Kapitalverwertung. Die Konkurrenz auf kapitalistischen Märkten exekutiert diesen Verwertungsimperativ. Von demokratischen Verfahren, dem Ringen um Mehrheiten und der Durchsetzung eines Mehrheitswillens kann da keine Rede sein. Mehr noch, die betriebliche Realität ist nicht nur von den neuen Versprechen eines „demokratischen Unternehmens“ weit entfernt, das uns mitunter als Verheißung der digitalen Wirtschaftswelt präsentiert wird. In den Giganten (nicht nur) der digitalen Ökonomie, etwa bei Amazon und Apple, aber auch bei Walmart oder Tyson, dominieren autokratische, ja diktatorische Strukturen…
    Quelle: Blätter
  16. Obstpflücker, Näherinnen und Software-Ingenieure
    Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Arbeitsverhältnisse im globalen Kapitalismus
    Wieder hat in Südasien eine Fabrik gebrannt – in Neu-Delhi sind vor ein paar Tagen 43 Arbeiter, die im winzigen Produktionsraum des Spielwarenfabrikanten geschlafen hatten, im giftigen Qualm erstickt. Dergleichen stellt keine Ausnahme dar: […]
    Die trostlosen Lebensverhältnisse der Textilarbeiterinnen in Bangladesch beschäftigen in schöner Regelmäßigkeit die deutsche Mainstream-Presse. Ob in den Bäuchen von Kreuzfahrtschiffen, in denen die philippinischen Beschäftigten, einer Armee billiger und williger Lohnsklaven gleich, die überbordende Esskultur an Oberdeck sicherstellen, ob in den Hotelketten von Spanien bis Griechenland, in denen die Kellner, Zimmermädchen und das sonstige Dienstleistungspersonal mit Grundlöhnen von um die drei Euro die Stunde abgespeist werden, ob in den Lagerhäusern und Verkehrsadern des global mobilen Warenkapitals, in denen ebenfalls für wenig Geld unter hohem Druck gearbeitet werden muss – die moderne Arbeitswelt ist für die Mehrzahl der Beschäftigten dieses Planeten eine ziemlich ungesunde und wenig einträgliche Angelegenheit. […]
    Der Erfolg der Rechten beruht ja auch darauf, dass man die Konkurrenten – so sie denn überhaupt welche sind! – und nicht das System der Konkurrenz angreift, das die diversen Kategorien von Lohnabhängigen, die die Kapitalseite geschaffen haben, gegeneinander ausspielt und, wie beispielsweise aktuell in Italien, den verzweifelten Migranten selbst, die bestenfalls als “Irregolari” ausgebeutet werden, ihr trostloses Schicksal anlastet. Der Fehler wird nicht im herrschenden ökonomisch-politischen System, sondern in dessen ärmsten Opfern gesucht, die durch ihre Hautfarbe auch gut zu brandmarken sind – mit dem Nebeneffekt, der jeden Rassisten seit jeher begeistert: Man kann sich unabhängig von jedem begründeten Gedanken und jeder eigenen Leistung den diskriminierten Fremden schon qua Natur überlegen fühlen – für alle Dummköpfe des Planeten ein ungemein reizvoller Standpunkt, der von allem wegführt, um was es ökonomisch und politisch wirklich geht.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Albrecht Müller: Interessant.

    dazu: Profit gegen Menschenrechte
    “So billig, so gut, so geil.” Mit derlei Sprüchen bewerben Konzerne Produkte der Ausbeutung, für die sie Menschenrechtsverletzungen und Todesfälle in Kauf nehmen. Geschützt werden sie von der Bundesregierung, die Gesetzesinitiativen sabotiert, mit denen Unternehmen zu sauberen Lieferketten verpflichtet werden sollen.
    Einstürzende Staudämme und Nähereien, erschossene Mineure in Südafrika: Nach mehreren dramatischen Todesfällen in der globalisierten Arbeitswelt war es an der Zeit, sich zur eigenen Verantwortung zu bekennen: “Unser Ziel sind menschenwürdige Arbeitsbedingungen weltweit”, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 21. Mai 2015 vor den G7-Staaten. Dafür müssten “bei einer Ausweitung des Freihandels soziale und ökologische Standards besser umgesetzt” werden, “insbesondere bei internationalen Lieferketten”. Hierzu wollte die Kanzlerin “kraftvolle Signale der Glaubwürdigkeit und der Unterstützung” aussenden.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

  17. Microsoft, Google, Apple und Co. aus Bildungseinrichtungen verbannen
    Digitale Souveränität
    Keine Frage, meine Forderung, Microsoft, Google, Apple und Co. aus Bildungseinrichtungen zu verbannen, ist radikal. Mindestens genauso radikal oder vielmehr eiskalt kalkuliert ist das Vorgehen der IT-Konzerne, wenn sie mit ihren Dienstleistungen und Produkten in die Bildungseinrichtungen drängen. Mit diversen Lockvogel-Angeboten werden die Entscheider geködert, um die Produkte möglichst früh an Schulen und Co. als eine Art trojanisches Pferd unterzubringen. Der Erfolg dieses zielgruppenorientierten Marketings gibt Microsoft recht. Seit Jahrzehnten schafft es keine Generation aus dem Kreislauf auszubrechen und sich von der Microsoft-Abhängigkeit loszusagen.
    Dieses Drogendealer-Modell von Microsoft und Co. funktioniert erschreckend effektiv. Schüler und Lehrer erhalten die Produkte bzw. Lizenzen zumeist kostenlos. Nach der Ausbildung bzw. später im Berufsleben zahlen sie dann die Lizenzkosten, weil sie bereits früh an die Nutzung herangeführt wurden. Schlimmer: Nur wenige schaffen es, sich aus der Abhängigkeit zu befreien und wagen einen Blick über den Tellerrand. Die Folgen sind bereits heute deutlich sichtbar: Die öffentliche Verwaltung in Europa wird immer abhängiger von Microsoft, viele Unternehmen sind es schon längst. Wir stehen kurz davor unsere digitale Souveränität endgültig zu verlieren, wenn wir nicht gegensteuern und die Ausbreitung der IT-Monokultur an ihrer Wurzel packen. Das bedeutet: Microsoft, Google, Apple und Co. aus Bildungseinrichtungen verbannen und den Fokus auf grundlegende Kompetenzvermittlung im IT-Bereich legen, anstatt auf Produktschulungen.
    (…) Alternativen sind vorhanden
    Der Einsatz von Microsoft-Produkten wird oftmals als »alternativlos« dargestellt. Diese Annahme ist grundlegend falsch und wer versucht die Abhängigkeit von IT-Giganten wie Microsoft, Google und Co. als Naturgesetz darzustellen, dem unterstelle ich ein mangelndes Problembewusstsein. Ich sage: Es ist heute kein Problem mehr, eine Schule zu fast 100% mit Open-Source-Software zu betreiben – die Schulverwaltung mal ausgeklammert, da hier aufgrund jahrelanger Versäumnisse eine radikale Abkehr von proprietären Lösungen aktuell vermutlich nicht möglich ist.
    Angefangen bei der Verwaltung der Infrastruktur, über das Betriebssystem, bis hin zu Office-Anwendungen ist eigentlich alles notwendige für einen Microsoft-freien Digitalunterricht vorhanden…
    Quelle: Kuketz

    passend dazu: “Ein unbeschränktes Forschungsgeschenk” von Facebook an die TU München
    Letzte Woche sind vertrauliche Kooperationsverträge zwischen Facebook und TU München aufgetaucht. Erste Artikel in “Spiegel” und “Süddeutsche Zeitung” griffen diese teilweise bereits auf. Die Echtheit eines der Dokumente wurde inzwischen von der TU München bestätigt. (Die Dokumente liegen Telepolis vor)
    Etwas pikant: In dem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 13.12. heißt es dazu: “noch am Freitagmittag (13.12.) sagte ein Sprecher der TU auf mehrmalige Nachfrage, der gesamte Betrag befinde sich auf dem Konto der Universität.“ Diese Aussage ist m.E. vermutlich nicht haltbar, sie widerspricht völlig den Angaben in dem Vertrag.
    (…) Facebook behält sich also das Recht vor, nach Zahlung der ersten Tranche von 1,5 Millionen US-Dollar ohne Angabe von Gründen jederzeit die Auszahlung weiterer Gelder zu beenden. Daher kommt vermutlich auch die Formulierung, das Geschenk “should total $7.5M”, statt etwa “will total $7.5M.”, dass 7,5 Millionen Dollar beabsichtigt, aber nicht sicher sind. Diese Aussagen stellen m.E. eine klare Einflussnahme seitens Facebook auf die Freiheit der Forschung dar: Wenn die Forschung oder die veröffentlichten Ergebnisse nicht im Sinne von Facebook sind, können die Mittel jederzeit nach Gutdünken gestoppt werden.
    Nun stellt sich hier die Frage: Wenn einmal Forschungsprojekte initiiert und auf den Weg gebracht, Personal rekrutiert und die in der Regel mehrjährige Forschung angelaufen ist, was passiert mit dem ganzen Projektaufbau, wenn plötzlich die Mittel ausbleiben? Wie frei und unabhängig ist man eigentlich in den Forschungsfragen und -resultaten, wenn ständig das Damoklesschwert der Mittelbeendigung über den Forschern schwebt, falls nicht Facebook-genehme Forschung herauskommt? Ist das wirklich freie, ergebnisoffene, unbeeinflusste Ethik-Forschung?
    (…) Zweitens behält sich Facebook ausdrücklich vor, eine Änderung der Institutsleitung vorher schriftlich genehmigen zu müssen. Dies ist m.E. ein deutlicher Eingriff in die wissenschaftliche Unabhängigkeit der TUM. Die Auswahl des Institutsleiters ist bei solcher Forschung von entscheidender Bedeutung. Prof. Dr. Christoph Lütge ist für eine industriefreundliche Weltanschauung, eine äußerst neoliberale, marktfundamentale Philosophie bekannt…
    Quelle: Telepolis

  18. Lies, Newsweek and Control of the Media Narrative: First-Hand Account
    A mafia runs editors. Freedom of the press is dead. Journalists and ordinary people must stand up.
    Until several days ago, I was a journalist at Newsweek. I decided to hand my resignation in because, in essence, I was given a simple choice. On one hand, I could continue to be employed by the company, stay in their chic London offices and earn a steady salary—only if I adhered to what could or could not be reported and suppressed vital facts. Alternatively, I could leave the company and tell the truth.”
    Quelle: Tareq Haddad

    Anmerkung unseres Lesers H.G.: Tareq Haddad – ehemaliger Journalist bei newsweek – legt in diesem Artikel die Gründe für seine Kündigung dar. Es ist eine Abrechnung mit einem Mediensystem, welches den Ansprüchen an unvoreingenommenen Journalismus nur noch sehr bedingt entspricht. Ähnlich den Machern der Anstalt enthüllt er gegen Ende des Artikels die Verquickungen von Journalisten und politischen establishment/think tanks.

    Anmerkung unseres Lesers K.L.: Der Text ist lang. Trotzdem habe ich ihn wie gebannt von Anfang bis Ende durchgelesen und empfehle das auch jedem anderen. Haddad war/ist ein sehr erfolgreicher, von Redakteuren geschätzter Journalist, Experte für den Nahen Osten, insbesondere Syrien. In seiner Abrechnung erzählt er, wie er zu Newsweek kam, wie er einen Text über die Unstimmigkeiten mit dem OPCW-Bericht über den angeblichen Giftgasanschlag in Syrien bringen wollte, wie er daran gehindert und auf die interne Abschussliste gesetzt wurde. Abschließend begründet er seinen Verdacht, dass es bei Newsweek wie in jedem großen US-Medium so etwas wie “Verbindungsoffiziere” (mein Ausdruck) des Council on Foreign Relations gibt, die darauf achten, dass nur solche Informationen ihren Weg an die Öffentlichkeit finden, die den Interessen des US-Imperiums dienlich sind. Man fragt sich unwillkürlich, ob es solche “Verbindungsoffiziere” auch in deutschen Redaktionen gibt. Zudem entlarvt diese Geschichte jede Rede von “Pressefreiheit” in den USA als Lüge. Mich hat dieser Text darum so aufgerüttelt, dass ich ihn Ihnen dringend ans Herz legen möchte. Aus meiner Sicht würde er sogar einen eigenen Artikel rechtfertigen.

  19. Wikileaks-Gründer: Ist Julian Assange für die Welt bereits gestorben?
    Julian Assange ist in Not. Es gibt Hinweise, dass sein Leben in Gefahr ist. Unterstützer gehen für ihn auf Straße. Doch die Politik schweigt. Ein Kommentar.
    Julian Assange ist das Gesicht der Enthüllungsplattform Wikileaks. Und so ganz allmählich verblasst es. Buchstäblich. Bedrohlich. Er sitzt, nach sechseinhalb Jahren in der ecuadorianischen Botschaft, jetzt in London im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Einzelhaft. Es gibt ernst zu nehmende Hinweise darauf, dass sein Leben in Gefahr ist. Durch die Haftbedingungen, durch Anzeichen „psychologischer Folter“ – UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer, 100 Ärzte, Hunderte Journalisten weltweit, alle sind in Sorge, alle warnen sie. Und erwarten, dass die Regierungen etwas tun.
    Die in Australien – Assange ist Australier –, aber auch die in Deutschland. „Ich finde, in Europa muss gelten: Wer gefoltert wurde, braucht Hilfe und muss sich auf Rechtsstaatlichkeit verlassen können. Beides ist bei Julian Assange nicht gewährleistet“, twittert der frühere Außenminister Sigmar Gabriel. Er twittert in die öffentliche Sprachlosigkeit der Offiziellen hinein. Wer sich engagiert, sind die Privaten. Am Mittwoch gab es bundesweit Solidaritätsaktionen. Auch vor dem Brandenburger Tor. Das darf aber nicht alles sein.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Moritz Müller: Das ist jetzt schon der zweite sachdienliche Kommentar im Tagesspiegel in kurzer Zeit. Ein erfreuliches Zeichen, dass die Front des Schweigens und Verächtens im Fall Assange hier etwas zu bröckeln scheint. Hoffentlich hören die, die etwas zu entscheiden haben genau hin. Am heutigen Donnerstag findet in London erneut eine “technische Anhörung” im Auslieferungsverfahren gegen Assange statt.

    dazu: Anything to say? — Was ich zu sagen habe!
    Rede des UN Sonderberichterstatters, Nils Melzer, am Brandenburger Tor in Berlin, 27 November 2019
    Jahrzehntelang wurden im Westen politische Dissidenten mit offenen Armen aufgenommen, weil sie in ihrem Kampf für die Menschenrechte von diktatorischen Regimes verfolgt wurden.
    Heute aber müssen westliche Dissidenten selber um Asyl ersuchen, so wie Snowden in Russland oder bis vor kurzen Assange in der Ecuadorianischen Botschaft in London.
    Denn der Westen hat selber begonnen, seine Dissidenten zu verfolgen, sie in politischen Schauprozessen mit drakonischen Strafen zu belegen und wie gefährliche Terroristen in Hochsicherheitsgefängnisse einzusperren, unter Bedingungen, die man nur als unmenschlich und entwürdigend bezeichnen kann.
    Unsere Regierungen fühlen sich bedroht durch Chelsea Manning, Edward Snowden und Julian Assange, denn sie sind Whistleblowers, Journalisten und Menschenrechts-aktivisten, die uns handfeste Beweise geliefert haben für Missbrauch, Korruption und Kriegsverbrechen der Mächtigen, und die nun deshalb systematisch diffamiert und verfolgt werden.
    Sie sind die politischen Dissidenten des Westens, und ihre Verfolgung sind die Hexenprozesse von heute, denn sie gefährden die Privilegien einer unüberwachten Staatsmacht, die ausser Kontrolle geraten ist.
    Quelle: medium

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Mathias Bröckers zum Fall Assange: „Von Pressefreiheit kann dann nirgendwo mehr die Rede sein“.


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=57255