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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 6. März 2020 um 16:55 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Coronavirus
  2. Gesundheitsgefahr: Millionen Menschen sind zu hohem Lärm ausgesetzt
  3. Brexit: Streiks, neue Gewerkschaften, Selbstorganisation
  4. Forscher sehen gravierende Schwächen bei Finanztransaktionsteuer
  5. Deutsche Bank: Wegschauen mit aller Macht
  6. Credit Suisse soll milliardenschwere Nazi-Konten öffnen
  7. Bundeswehr: Keine Konsequenz bei Rechtsextremen
  8. Anschlag am Berliner Breitscheidplatz: Ex-V-Mann erhebt schwere Vorwürfe gegen Behörden im Fall Amri
  9. PIAV – Das Peinliche Informations- und Auswerte-Versagen
  10. „Es geht nur um Netanjahu, um nichts Inhaltliches“ – Experte zu israelischen Wahlen
  11. “Im Gegensatz zur EU schießen wir auf niemand”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Coronavirus:
    1. Arzt hält 278.000 Corona-Tote in Deutschland für möglich
      Der Chef-Virologe der Berliner Charité hält es für möglich, dass sich das Coronavirus erst dann nicht weiter verbreitet, wenn zwei von drei Menschen zumindest vorübergehend immun sind, weil sie die Infektion schon hinter sich hätten.
      Christian Drosten rechnete der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vor, was das bedeutet: „Bei einer Gesamtbevölkerung von 83 Millionen wären zwei Drittel fast 56 Millionen Menschen, die sich infizieren müssten, um die Ausbreitung zu stoppen. Bei einer Mortalität von 0,5 Prozent wäre in dem Fall mit 278.000 Corona-Todesopfern zu rechnen.“
      Drosten erklärte aber auch: Jedes Jahr würden in Deutschland 850.000 Menschen sterben. Das Altersprofil sei ähnlich wie bei den Todesfällen durch das neue Virus. Heißt: „Bei langsamer Verbreitung werden Corona-Opfer in der normalen Todesrate verschwinden.“
      Quelle: BZ

      Anmerkung Jens Berger: Nun bekommt das Umrisse, was ich in meinem letzten Artikel zum Thema schon angedeutet habe:

      „Irgendwann werden die Ticker verschwinden, die Zahl der Infizierten wird erst fünf- und dann sechsstellige Ziffern erklimmen und da ja „nur“ jeder Hundertste bis Zweihundertste an dem Virus stirbt, wird schon bald nur noch ein unbequemes statistisches Rauschen bleiben. Ein paar Alte und Kranke weniger und woher die tödliche Lungenentzündung kam, weiß ja ohnehin niemand mit Sicherheit … das sind halt Kollateralschäden in unserem wunderbaren neoliberalen System.“

      Was Drosten hier formuliert ist exakt dieses „statistische Rauschen“, das wohl auch die künftige Lesart wird. Für Deutschland ist die Sache damit wohl politisch durch. Spannend ist nur noch die Frage, ob andere Länder Deutschland damit durchkommen lassen. Israel hat beispielsweise bereits ein Einreisesperre für Reisende aus Deutschland erlassen. Gut möglich, dass andere Staaten diesem Beispiel folgen.

    2. Deutschland anscheinend unfähig, auf Coronavirus zu testen
      In München dauert das Testen eines potenziellen Super-Spreaders mehr als drei Tage. Die bisherigen Fallzahlen sind daher wohl massiv unterschätzt. Ärzte ohne Schutzkleidung, Labore unvorbereitet, Organisation überfordert, aber laut Politik ist die Hauptsache: keine Panik
      Von der Überforderung der Gesundheitsbehörden in Berlin wurde schon berichtet. Aber auch in München trug sich folgender Fall zu: Eine Erzieherin (!), die Oberitalien besucht hatte, entwickelte am vergangenen Freitag Symptome und wollte sich daher testen lassen. Nach langem Warten in Telefonschleifen am Samstag und mehrmaligen Rückfragen und Rückrufen von mehreren Ärzten kommt schließlich ein Arzt am Sonntagmorgen, der die Probe abnimmt.
      Der Arzt – selbst sehr verärgert darüber – findet allerdings am Sonntag kein Labor, das die Probe annimmt, so dass die Auswertung sich bis Dienstagabend hinzieht – mehr als drei Tage. Alle Proben in diesem Labor seien negativ gewesen, jedoch könne der Name nicht verifiziert werden, die Erzieherin möge weiterhin zu Hause bleiben – weitere Instruktionen gibt es nicht. Der Arzt war übrigens ohne Schutzbrille erschienen, inzwischen sind nach seiner Aussage auch Masken und Schutzkleidung ausgegangen, die bis dahin nach Einmalgebrauch vorschriftsmäßig entsorgt worden waren.
      Quelle: Telepolis
    3. Coronavirus: Betriebsbedingte Kündigungen bei Continental „unvermeidlich“
      Die Autobranche im Umbruch – den Zulieferer Continental hat es voll erwischt. 2019 schrieb er rote Zahlen. Die Aussichten für 2020 sind kaum besser: Das Coronavirus wirkt sich massiv auf den größten Auto-Absatzmarkt China aus. Continental schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr aus.
      Der Ausbruch des Coronavirus hat den Autozulieferkonzern hart getroffen. Zwar gibt es an den Continental-Standorten selbst noch keinen Verdachtsfall. Auch ist die Produktion in China nach wochenlangem Stillstand wieder angelaufen. Continental beschäftigt dort knapp 25.000 Mitarbeiter. Es gibt aber Engpässe bei elektronischen Bauteilen wie Kondensatoren und Displays. Das krisenerfahrene Dax-Unternehmen hofft, größere Ausfälle in Europa und den USA vermeiden zu können. Doch Konzernchef Degenhart muss nicht nur fürchten, dass Lieferketten reißen oder Bänder stillstehen könnten, weil Automobilteile nicht geliefert werden können.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung unseres Lesers M.H.: Es wird leider nicht der letzte Konzern/ Betrieb sein, der zu solch drastischen Mitteln greift, um das Unternehmen zu verschlanken.

    4. »Beschäftigte sind die Gelackmeierten«
      Coronaepidemie hat Konsequenzen für die Wirtschaft. Privatisiertem Gesundheitssystem droht Kollaps. Ein Gespräch mit Rudolf Hickel
      Was muss die Bundesregierung in dieser Situation tun?
      All das, was der Bertelsmann-Konzern in seinen Studien mit der ständigen Rede vom Bettenüberhang bewirkt hat, stellt sich nun als Unfug heraus. Krankenhäuser müssen wieder breit in der Fläche öffentlich gesichert werden. Die Globalisierung muss zurückgefahren, die Rückholung der Industrie gefördert werden. Zudem brauchen wir sofortige Überbrückungsmaßnahmen für die Beschäftigten. Sie sind die Gelackmeierten, wenn jetzt durch Lieferunterbrechungen Arbeit nicht gebraucht wird. Was passiert, wenn ein Arbeiter morgens einen Anruf von seiner Firma erhält, dass die Produktion eingestellt werden muss, weil etwa eine Zulieferkette aus China nicht funktioniert? Da darf keine Verunsicherung aufkommen.
      Wie können Linke sicherstellen, dass nicht unter dem Deckmantel der Bekämpfung des Coronavirus ein Klassenkampf von oben stattfindet?
      Die sozialen Bewegungen müssen scharf kritisieren, in welche fatale Lage uns dieser aggressive Globalisierungskapitalismus gebracht hat. Es muss jetzt für ein öffentlich abgesichertes stabiles Gesundheitssystem mit Krankenhäusern vor Ort demonstriert werden. Parole: Raus mit den Finanzspekulanten aus dem Gesundheitssystem! Wir brauchen einen ökologischen und sozial abgefederten Umbau des gesamten Systems sowie eine Förderung der Binnenwirtschaft. Mit der aggressiven Exportstrategie muss Schluss sein.
      Quelle: junge Welt
    5. Virus-Experte fordert 14 Tage “Coronaferien”
      Im Kampf gegen das Coronavirus wirbt der Virologe Kekulé für drastische Maßnahmen. Nur bundesweite Schulschließungen, sagt der Spezialist für Infektionskrankheiten, könnten die weitere Ausbreitung von Sars-CoV-2 in Deutschland noch verhindern.
      Quelle: n-tv

      Anmerkung Christian Reimann: Ein entschiedeneres Vorgehen fordert Herr Kekulé nicht erst jetzt. Vor etwa einem Monat sagte er dem “mdr” u.a.:

      “Hier bin ich der Meinung, dass es ein grober Fehler war, wirklich wochenlang Reisende aus China völlig unkontrolliert einreisen zu lassen, während in den USA und anderswo schon die Einreisekontrollen stattgefunden haben. Eigentlich hat die Lufthansa hier der Bundesregierung einen Riesengefallen getan, indem sie die Flüge abgesagt hat. Das, was der Gesundheitsminister nicht hingekriegt hat, hat die Lufthansa einfach eigenständig gemacht.”

      Aber wir leben in einer “marktkonformen Demokratie” (Merkel). Wenn Angst um sich greift und zumindest einige Wirtschaftsbranchen eine gesteigerte Nachfrage erfahren – Hamsterkäufe sind ein deutliches Anzeichen dafür – dürften einige Arbeitgeber und Konzernlenker zufrieden sein. Einen noch drastischeren Einbruch der ohnehin schwächelnden Konjunktur möchte insbesondere die politische Entscheidungsträgerschaft wohl nicht riskieren. Aber genau das könnte bei 14 Tagen “Coronaferien” drohen. Wenn es um das gesundheitliche Wohlergehen der Bevölkerungsmehrheit oder das Wohl von Arbeitgebern und Top-Managern geht, bleibt die schwarz-rote Bundesregierung treu an der Seite der ökonomischen Eliten.

    6. Warum Covid-19 die USA besonders hart treffen könnte
      Wie viele Menschen in den USA hat Danjale Williams Angst vor dem Coronavirus. Doch die 22-jährige Barkeeperin aus Washington fürchtet nicht nur die Ansteckung, sondern auch die Behandlungskosten. Denn wie 27,5 Millionen andere US-Bürger auch ist Williams nicht krankenversichert. Dies ist einer der Gründe, warum in den USA eine schnelle Ausbreitung des Virus zu befürchten ist.
      Quelle: manager magazin
  2. Gesundheitsgefahr: Millionen Menschen sind zu hohem Lärm ausgesetzt
    Autos, Flugzeuge, Industrie – Millionen Menschen in Europa leiden unter Lärm und daraus resultierendem Schlafmangel, schätzt die Europäische Umweltagentur. Die Belastung wird wohl noch steigen.
    Millionen Europäer sind in ihrer Umgebung gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt. Größter Lärmverursacher bleibt dabei sowohl tagsüber als auch nachts der Straßenverkehr, wie aus einem Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) hervorgeht.
    Schätzungsweise 113 Millionen Menschen in Europa müssten dauerhaft mit durch Straßenverkehr verursachten Geräuschen von 55 Dezibel oder mehr klarkommen, teilte die in Kopenhagen ansässige EU-Behörde mit. 22 Millionen seien von einem ungesund hohen Lärmpegel durch Züge, vier Millionen durch Flugzeuge und knapp eine Million durch Industrielärm betroffen. 55 Dezibel entspricht etwa der Lautstärke eines Gesprächs.
    Quelle: DER SPIEGEL
  3. Brexit: Streiks, neue Gewerkschaften, Selbstorganisation
    Die ungeschriebene Geschichte – Teil 2
    Was in der vorherrschenden, inhaltsleeren Brexit-Berichterstattung unerwähnt blieb, aber der vermeintliche “Antisemitismus” des linken Labour-Vorsitzenden Corbyn hochgespielt wurde: Seit einem Jahrzehnt regenerieren sich viele Gewerkschaften, neue Formen der Selbstorganisation entstehen.
    In neuen Bereichen prekärer und digital organisierter Arbeit, in denen die traditionellen Gewerkschaften kaum präsent sind, bilden sich zahlreiche kleine, kämpferische Gewerkschaften und Initiativen. Sie setzen sich in der Mitgliedschaft teilweise neu zusammen, mit mehr Frauen und Migranten.
    Quelle: Telepolis
  4. Forscher sehen gravierende Schwächen bei Finanztransaktionsteuer
    Gut gedacht, schlecht umgesetzt: Ein IfW-Gutachten im Auftrag der Bundesregierung bescheinigt den Plänen von Finanzminister Scholz für die Finanztransaktionsteuer erhebliche Mängel – sie treffe genau die Falschen.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Scholz-Vorschlag für Finanztransaktionssteuer vollkommen unzureichend. Daraus zitiert:

    “Die Kampagne erinnert an die Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 29. Januar 2014: “Eine Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt, setzt deshalb alles daran, dass alle, dass die ganze Welt die Lektionen aus dieser damaligen Krise lernt. Eine davon ist und bleibt: Kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt und kein Finanzplatz darf ohne angemessene Regulierung bleiben; Finanzakteure müssen durch die Finanztransaktionsteuer zur Verantwortung gezogen werden.“

    Vermutlich hatte sich Bundeskanzlerin Merkel wohl versprochen. Interessant ist auch Finanztransaktionssteuer: Scholz-Entwurf ist Augenwischerei.

  5. Deutsche Bank: Wegschauen mit aller Macht
    Wenn Banken neues Spitzenpersonal einstellen, muss dieses seinen Werdegang oft bis ins kleinste Detail offenlegen. Zuweilen befragt die Personalabteilung sogar noch irgendwelche Professoren, bei denen der jeweilige Manager vor 20 Jahren seine Abschlussarbeit geschrieben hat. Umso erstaunlicher ist, wie nachlässig die Deutsche Bank unlängst offenbar bei der Einstellung eines neuen Bereichsleiters vorging. Der Vorgang sorgte für Ärger in der Belegschaft der Bank, denn er warf die Frage auf, ob dort hochrangige Manager Bewerber einfach so durchwinken können: Hat das Geldhaus seine Einstellungsprozesse also wirklich im Griff?
    Quelle: Süddeutsche
  6. Credit Suisse soll milliardenschwere Nazi-Konten öffnen
    In Argentinien hat ein Forscher eine alte Liste mit 12.000 Nazi-Anhängern gefunden. Viele von ihnen brachten Vermögen in der Schweiz unter – das ihnen nicht gehört.
    Quelle: WirtschaftsWoche
  7. Bundeswehr: Keine Konsequenz bei Rechtsextremen
    Rechtsextreme Soldaten zeigen in sozialen Netzwerken ungeniert ihre Gesinnung. Doch wie Panorama berichtet, hat sich die Bundeswehr von dem Soldaten getrennt, der sie gemeldet hat.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers H.B.: Beim Bund hat man das Herz eben am rechtsextremen Fleck

  8. Anschlag am Berliner Breitscheidplatz: Ex-V-Mann erhebt schwere Vorwürfe gegen Behörden im Fall Amri
    Bei seinem Terroranschlag in Berlin tötete Anis Amri zwölf Menschen. Ein V-Mann hatte die Polizei mehrfach vor dem Islamisten gewarnt. Dem SPIEGEL sagt der Spion nun: “Wir hätten ihn stoppen können.”
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung JK: Hier drängt sich ein furchterregender Verdacht auf, dass man Anis Amri möglicherweise gewähren ließ, um die innenpolitische Situation entsprechend zu beeinflussen. Nach den bekannt gewordenen Verstrickungen des Verfassungsschutzes mit den rechtsextremen Mördern des NSU scheint dies nicht völlig unmöglich.

  9. PIAV – Das Peinliche Informations- und Auswerte-Versagen
    Der Polizeiliche Informations- und Analyseverbund (PIAV), nach Aussage der Bundesregierung „eines der bedeutsamsten Projekte der deutschen Polizei“ befindet sich seit 2018 im Tiefschlaf. Von ursprünglich sieben Ausbaustufen sind zwei umgesetzt, zu allen weiteren gibt es keine aktuellen Termine, sondern nur „Planungen“. Grund für den Stillstand ist – auch – dass im neuen BKA-Gesetz detaillierte Kennzeichnungspflichten für personenbezogene Daten vorgesehen sind, die die in der deutschen Polizei eingesetzten Systeme technisch nicht umsetzen können. Statt sich um (vorhandene) Lösungen zu bemühen, setzen BKA und BMI auf eine unbefristete gesetzliche Übergangsregelung. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das das alte BKA-Gesetz für verfassungswidrig erklärt hatte, wird damit ad absurdum geführt.
    Quelle: Police-IT
  10. „Es geht nur um Netanjahu, um nichts Inhaltliches“ – Experte zu israelischen Wahlen
    Bekommt Israel nach den dritten Wahlen innerhalb eines Jahres endlich eine Regierung? Und inwiefern kann das Korruptionsverfahren gegen Likud-Chef Benjamin Netanjahu eine Rolle spielen?
    Zu den Kernthemen des israelischen Wahlkampfes, der Anklage gegen Netanjahu und der schwierigen Regierungsbildung sprach Sputnik mit dem israelischen Historiker Prof. Moshe Zuckermann.
    Herr Zuckermann, in Israel wurde bereits im April und September 2019 gewählt. Nach beiden Wahlen war aufgrund einer Pattsituation zwischen dem rechts-religiösen und dem Mitte-links-Lager keine Regierungsbildung geglückt. Auch beim dritten Anlauf innerhalb eines Jahres geht es knapp aus, auch wenn Netanjahu mit seinem Likud relativ schnell den Sieg für sich reklamiert hat. Worin liegt aus ihrer Sicht das Dilemma für die israelischen Wähler? Hat sich seit April 2019 in dieser Hinsicht etwas verändert?
    Was sich seit April 2019 geändert hat, ist die Tatsache, dass Netanjahu inzwischen von der Polizei und der Staatsanwaltschaft der Korruption, der Veruntreuung und des Betrugs angeklagt worden ist. Das hätte in jedem normal funktionierenden Land ausreichen müssen, um Netanjahu seines Amtes zu entheben. Nicht in Israel. Hier geht es nur noch um Netanjahu, um nichts Inhaltliches. Und es stellt sich heraus, dass Netanjahu sich nicht nur auf eine nahezu hörige Anhängerschaft stützen kann, sondern es auch geschafft hat, die Anklagen gegen ihn als eine juristische Konspiration, ja als einen juristischen Staatsstreich gegen ihn darzustellen. Und da von den Gegnern absolut nichts Inhaltliches kommt, sondern eben nur das persönliche Schicksal der Person Netanjahus, ist besagte Pattsituation entstanden.
    Quelle: Sputnik
  11. “Im Gegensatz zur EU schießen wir auf niemand”
    Mit ihrer juristischen Argumentation besorgt Wawzyniak das Geschäft der Anwälte der Gegenseite, der angeklagten Bundesregierung. Gerade das ist es auch, was die Kritiker der acht Kläger so erzürnt. Wagen sie es doch, die Bundesregierung, repräsentiert von Angela Merkel, anzuklagen. Dabei ist Merkel fast unangreifbar bei allen Linken und Liberalen, wird sie doch als das große Bollwerk gegen die AfD und alle Rechten der Welt gefeiert.
    Zudem hat die Linke in Erfurt vorgeführt, was staatstragende Politik ist. Ramelow hat nach seiner Wiederwahl den AfD-Rechtsaußen Höcke nicht etwa deshalb den Handschlag verweigert, weil er rassistische Äußerungen getätigt hat, sondern weil er angeblich die Demokratie dadurch Schaden zugefügt hat, dass er beim vielzitierten Erfurter Dammbruch einen FDP-Mann mitwählte. Ramelow sagt damit eigentlich nichts anderes, als dass es für ihn eine Schädigung der Demokratie war, ihn abzuwählen, auch wenn die Mehrheitsverhältnisse es zulassen. Denn viel zu oft wird vergessen, dass das von Ramelow geleitete bürgerliche Reformbündnis bei der letzten Landtagswahl die Mehrheit verloren hatte. Es gab zwei Kandidaten und dann kann es auch mal bei unklaren Mehrheitsverhältnissen passieren, dass man unterliegt. Das ist immer noch bürgerliche Demokratie und dieser Satz wird auch dann nicht falsch, wenn auch diverse Rechte ihn in den letzten Wochen gesagt haben.
    Unverständlich ist eher, dass auch viele staats- und parteienkritische Linke danach glaubten, sie müssten jetzt ein neues 1933 verhindert. Eingehandelt haben sie sich ein Reformbündnis, das angewiesen auf das Wohlwollen der Union nun die besondere Treue zu deutschen Staatszielen herauskehren muss.
    Quelle: Telepolis


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