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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 17. Juni 2020 um 8:38 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. US-Truppenstationierung
  2. Transatlantische Konflikte
  3. Neue Sanktionen gegen Nord Stream 2 verhindern
  4. Droht nach der Corona-Panik die Fake-News-Paranoia?
  5. Für mehr als nur Applaus und Plattitüden
  6. Fall Assange: US-Anklageschrift lässt schockierendes Bagdad-Video außen vor
  7. Keine guten Zukunftsaussichten für die Beschäftigten in den Gastronomieunternehmen
  8. Mit der Angst unter einem Dach
  9. 9 von 10 Corona-Arbeitslosen sind Arbeiter – vielen bringt die Einmalzahlung beim Arbeitslosengeld nichts!
  10. Corona-Hilfe sollte an soziale und ökologische Kriterien gekoppelt sein
  11. Polizei versus Pressefreiheit
  12. Der Rassismus im Freund- und Feindbild
  13. Chile: Präsident Piñera entlässt Gesundheitsminister
  14. Hoffen auf die Hungerrevolte
  15. Oskar Lafontaine: «Aufstehen» plant neuen Anlauf
  16. Seattle Hippie-Zone oder “gesetzloser Staat”?
  17. Comedy-Kultfolge wegen „rassistischer Beleidigungen“ entfernt – Kritik von John Cleese
  18. Reisefreiheit! Welche Reisefreiheit?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. US-Truppenstationierung
    1. Trump bestätigt Teilabzugspläne: “Der mit Abstand schlimmste Täter ist Deutschland”
      Seit den ersten Medienberichten über die angeblichen Truppenabzugspläne der US-Regierung rankten sich die Spekulationen über die möglichen Gründe. Besonders populär war hierzulande die These, dass es eine Art Vergeltung für die Absage von Bundeskanzlerin Angela Merkel am G7-Gipfel in Washington in diesem Monat teilzunehmen. Dies wurde allerdings von der Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, bereits vergangene Woche dementiert.
      Nun herrscht zumindest Klarheit darüber, welche Ursachen hinter den Plänen der US-Regierung stecken. Bei einer Veranstaltung am Montag im Weißen Haus erklärte Donald Trump seine Beweggründe dafür.
      Deutschland gehöre zu den wenigen Mitgliedsstaaten, die sich trotz seiner vehementen Forderungen nicht dazu bereit erklärt hätten, das selbst gesteckte NATO-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts bei Verteidigungsausgaben zu erfüllen. “Deutschland ist seit Jahren säumig und schuldet der NATO Milliarden Dollar, und die müssen sie bezahlen”, sagte der US-Präsident. Für die Differenz würden immer wieder die USA aufkommen. Berlin ziehe die USA beim Handel und bei der NATO über den Tisch, warf Trump der Bundesregierung vor…
      (…) ” Solange Berlin nicht zahlt, “ziehen wir unsere Soldaten ab, einen Teil unserer Soldaten”, so Trump weiter.
      „Warum zahlt Deutschland Russland Milliarden Dollar für Energie, und dann sollen wir Deutschland vor Russland schützen? Wie soll das funktionieren? Es funktioniert nicht“.
      Darin liegt aber genau die Wurzel des Problems. Nord Stream 2 wird als wichtiger Teil für die nationale Energiesicherheit Deutschlands betrachtet, während eine russische Bedrohung nicht erkennbar ist. Das hindert aber weder die USA noch die NATO, wiederholt von einer russischen Bedrohung zu sprechen…
      Quelle: RT Deutsch

      Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut Trumps Forderungen an Nato-Bündnispartner – Muss Deutschland den Rüstungshaushalt auf 2 % des Bruttoinlandsprodukts erhöhen?. Daraus zitiert:
      “Politik- und Rechtswissenschaftler sind sich einig, dass die Zwei-Prozent-Zielvorgabe der Nato keine rechtliche Bindungswirkung entfaltet. Begründet wird dies vor allem mit der Entwicklungsgeschichte der Nato und mit Aussagen maßgeblicher Politiker. Prozentvorgaben wie in der Abschlusserklärung von Wales seien eine politische Willensbekundung („non-binding requirement“, „gentlemen’s agreement“, „informal benchmark“). Sie enthielten jedoch keine bindende Verpflichtung der Mitgliedstaaten (vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WD 2 – 3000 – 034/17 vom 21. März 2017).”

    2. Gysi drängt auf Abzug von US-Soldaten und Atomwaffen
      Gregor Gysi unterstützt den von Präsident Donald Trump angekündigten Teilabzug der US-Streitkräfte aus Deutschland. “Wir haben kein Nachbarland, das sich gerade darauf vorbereitet, gegen uns Krieg zu führen”, sagte der außenpolitische Sprecher der Linken im Gespräch mit Christiane Hoffmann bei “DER SPIEGEL fragt”.
      Gysi forderte wie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich auch einen Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Der Vorschlag sei “sehr wichtig und sehr richtig”. “Die US-Soldaten brauchen wir nicht und deren Atomwaffen auch nicht”, sagt Gysi. Ein Abzug der US-Atomwaffen erhöhe die Sicherheit Deutschlands.
      Trump habe den Abwurf kleinerer Atomwaffen über Russland ins Spiel gebracht, um Nachbarländern nicht zu schaden. “Wohin würde Russland dann antworten? Natürlich nach Ramstein, woher diese Waffen kommen”, warnte Gysi. “Das heißt: Dann sind wir vernichtet.”…
      Quelle: SPON
    3. USA: Pivot to Poland?
      Kürzlich wurde bekannt die US-Regierung plane über ein Viertel ihrer in Deutschland stationierten Truppen abzuziehen und Teile davon nach Polen zu verlagern (siehe IMI-Standpunkt 2020/22). Augengeradeaus berichtet nun, Präsident Donald Trump habe das Vorhaben nun offiziell bestätigt. Der Grund seien primär die als zu niedrig erachteten deutschen Rüstungsausgaben. Während allerdings zuerst positive Signale gegenüber einer Truppenverlagerung aus Polen kamen, wurde nun laut n-tv ein wenig zurückgerudert: „Polens Regierung wünscht sich zwar mehr US-Soldaten im Land, wäre aber dagegen, diese aus Deutschland abzuziehen. „Polen bemüht sich seit Langem um eine Erweiterung der US-Militärpräsenz aus seinem Gebiet. Es ist aber nicht unsere Absicht, dieses Ziel auf Kosten einer Reduzierung des US-Kontingents in Deutschland zu erreichen“, sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki der baltischen Nachrichtenagentur BNS.“
      Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

      Anmerkung Christian Reimann: Eine Verlegung bzw. Stationierung von US-Truppen in Polen würde gegen die mündliche Zusage, die NATO nicht nach Osten auszudehnen, verstoßen. Bitte lesen Sie dazu z.B. auch Die NATO-Umzingelungsstrategie und die Rolle Polens – ein Beitrag von Peter Becker.

      Lesen Sie dazu auch auf den NachDenkSeiten: Trump plant Truppenabzug aus Deutschland? Was für eine absurde Debatte

  2. Transatlantische Konflikte
    Konflikte um US-Truppen in Deutschland und um Nord Stream 2: Bundeswehrprofessor plädiert für Überprüfung der transatlantischen Beziehungen.
    Berlin/Washington (Eigener Bericht) – Ein Professor der Universität der Bundeswehr in Hamburg plädiert für die Überprüfung der Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Mit Blick auf die zunehmenden Streitigkeiten zwischen Washington und Berlin urteilt Michael Staack, “deutsche und amerikanische Interessen” gingen heute “in allen wichtigen Fragen auseinander”. Hätten bestehende Interessengegensätze bis vor wenigen Jahren “in einem breiteren Spektrum von Gemeinsamkeiten unter Kontrolle gehalten werden” können, so sei dies immer weniger der Fall. Anlass für die Äußerung des Bundeswehr-Politikwissenschaftlers sind die Pläne der Trump-Administration, Truppen aus Deutschland abzuziehen. Hinzu kommen US-Sanktionsdrohungen zu der Pipeline Nord Stream 2, die womöglich sogar staatliche Stellen in der Bundesrepublik treffen könnten, sowie weitere Differenzen, darunter der Konflikt um den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Staack rät, Berlin solle “die Planungsstäbe auffordern”, eine “eigenständige” Antwort vorzubereiten. Sie könne “Kosten” haben: “einen dauerhaften Konflikt mit den USA”…
    Der eigentliche Skandal
    (…) Staack urteilt gleichfalls, “der eigentliche Skandal” sei “nicht die weitere Reduzierung von Truppen”, sondern “dass Trump die Bundesregierung lange überhaupt nicht offiziell über das unterrichtet” habe, “was er bereits auf den Weg gebracht hat”.Die “alte Schutzfunktion” sieht der Politologe ohnehin “so nicht mehr gegeben”: Es sei “äußerst zweifelhaft, dass Russland die Nato angreifen will”…
    (…) So müsse man beispielsweise realisieren, dass die US-Militärstützpunkte in der Bundesrepublik eine “Drehscheibe … für Einsätze in Nahost und in Afrika sowie für Kommunikation, man könnte auch sagen: Spionage” seien – Letzteres “auch in Deutschland”. Das sei “insofern problematisch, als dass einiges, was die USA bei uns in Deutschland tun”, “nicht vereinbar” sei zum einen “mit internationalem Recht”, zum anderen “mit den europäischen sicherheitspolitischen Interessen”…
    Quelle: German Foreign Policy
  3. Neue Sanktionen gegen Nord Stream 2 verhindern
    „Die Ausweitung der Sanktionen gegen Nord Stream 2 auf sämtliche Unternehmen, die irgendwie mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme der Pipeline zu tun haben, stellt einen direkten Angriff auf die Souveränität Deutschlands und Europas dar. Die Bundesregierung muss jetzt alle verfügbaren Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass die Initiative, die diese Ausweitung fordert, Gesetz wird“, erklärt Klaus Ernst, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE und Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Energie im Deutschen Bundestag, zum Vorstoß einiger US-Senatoren für eine Verschärfung der Sanktionen gegen die Gaspipeline Nord Stream 2. Ernst weiter:
    „Würde der Gesetzesentwurf so verabschiedet, wären deutlich mehr deutsche und europäische Unternehmen von den Strafen betroffen. Sogar Behörden könnten zur Zielscheibe werden – aufgrund von Entscheidungen, die sie nach Recht und Gesetz ihrer Staaten gefällt haben. Ein solches Verhalten gegenüber Staaten, die man eigentlich als Partner betrachtet, ist völlig inakzeptabel. Damit würden sich die USA endgültig von der transatlantischen Freundschaft verabschieden.
    Ich fordere die Bundesregierung auf, den US-Botschafter einzubestellen und die Sanktionsdrohungen als unfreundlichen Akt zu verurteilen. Außerdem muss sie sich auf EU-Ebene dafür stark machen, dass die EU-Kommission klar Stellung bezieht und diese Angriffe der USA auf die Souveränität ihrer Mitgliedsstaaten verurteilt. Dann muss Wirtschaftsminister Altmaier baldmöglichst eine USA-Reise gemeinsam mit den zuständigen EU-Kommissarinnen und Kommissaren planen, um dort Gespräche mit Regierungsvertreterinnen und -vertretern, Abgeordneten und Senatorinnen und Senatoren zu führen, in denen sie die Position Deutschlands und der EU unmissverständlich darstellen und so die Verabschiedung des Gesetzes zu verhindern suchen.
    Wenn das nicht fruchtet, müssen die EU-Mitgliedsstaaten dringend ihr Verhältnis zu den USA grundsätzlich überdenken. Als letztes Mittel sind auch Strafzölle auf US-Gas und direkte Sanktionen gegen Politikerinnen und Politiker aus den USA, die die Sanktionspolitik unterstützen, in Erwägung zu ziehen. Die neuerliche Eskalation aus Washington stellt eine neue Qualität dar. Es geht letztlich um die Frage: Will sich Europa dem Willen der USA unterwerfen und eigene Interessen hintanstellen? Oder wollen wir unser Recht auf eine eigene Energiepolitik und damit letztlich die Souveränität der europäischen Staaten durchsetzen?“
    Quelle: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

    Anmerkung Marco Wenzel: siehe hierzu auch: Nord Stream 2 – Die USA drehen weiter an der Sanktionsschraube und haben nun auch Deutschland im Visier

    Dazu: Nord Stream 2: Maas besteht auf Fertigstellung
    Deutschland werde sich von den Vereinigten Staaten wegen Nord Stream 2 nicht unter Druck setzen lassen, so Außenminister Maas in Polen.
    Die Pläne der USA, die Sanktionen gegen das Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 auszuweiten, haben die Position der Bundesregierung in Bezug auf die Projektdurchführung nicht verändert, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem polnischen Amtskollegen Jacek Czaputowicz.
    „Die Tatsache, dass dort Sanktionen in Betracht gezogen werden oder möglicherweise neue eingeleitet werden, ändert nichts an unserer Position zu Nord Stream 2“, sagte Maas. „Die jetzt diskutierten Sanktionen sind aus unserer Sicht von Natur aus extraterritorial; wir lehnen sie ab“, sagte der Minister.
    Quelle: Contra Magazin

  4. Droht nach der Corona-Panik die Fake-News-Paranoia?
    Wenn es um Zensur geht, steht für die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland China natürlich weit vorn. Doch wie soll man es bezeichnen, wenn die ARD die für Montagabend terminierte Ausstrahlung der Dokumentation “Wuhan – Chronik eines Ausbruchs” wenige Stunden vor dem Sendetermin zurückzieht und sie auch noch aus der Mediathek entfernt, in der sie schon zu finden gewesen ist?…
    Tatsächlich geht es darum, dass sich im Kampf der kapitalistischen Blöcke EU, China und USA die Fronten verhärten. In Zukunft soll die offizielle chinesische Seite in öffentlich-rechtlichen Medien möglichst nicht mehr dargestellt werden.
    Zensur als Kampf gegen “Fakenews”
    Das ist längst kein Problem mehr, dass nur Deutschland betrifft. Eine Task Force gegen “Fakenews” hat alle die Kräfte im Visier, die nach Ansicht der EU-Apparate Konkurrenten sind. Dazu gehört neben Trump in den USA auch Russland und China.
    So wurden von der Vizechefin der EU-Kommission, Vera Jourová, China und Russland beschuldigt, mit Fakenews in der Corona-Krise sogar die Gesundheit der EU-Bürger gefährdet zu haben…
    (…) Also geht es nicht darum, dass China die Gesundheit von EU-Bürgern bedroht. Vielmehr hat das Land in einer Zeit, als nach Beginn der Corona-Krise alle EU-Staaten, Deutschland an vorderster Front, ihre Grenzen dicht machten, Medikamente und Atemschutzgeräte geliefert. Dafür haben sich die Politiker aus Italien und verschiedener Balkanstaaten bedankt.
    Für den EU-Apparat war das nicht etwa ein Grund, über ein transnationales Gesundheitssystem nachzudenken, das überall in der Welt Menschen eine medizinische Unterstützung auf der Höhe des aktuellen Forschungsstands ermöglicht. Der erste Schritt wäre ja, dass Gesundheit zu einer weltweiten Aufgabe erklärt wird, bei der Ländergrenzen und Wirtschaftsblöcke keine Rolle spielen.
    Nur ist ein solches Vorgehen in einer kapitalistisch verfassten Welt nicht möglich und die EU zeigt das mit ihrer Reaktion besonders deutlich. Medizinische Hilfe “vom Feind” wird zum Anlass genommen, China nun besonders zu bestrafen. Da hören sich die Vokabeln schon fast so an, als bliebe es nicht bei einem kalten Krieg…
    Quelle: Telepolis

    Dazu: Wie mit “Fake News” (Innen-)Politik gemacht wird
    Nach Brüssel bläst nun auch Berlin zum Kampf gegen “Desinformation”, das Europaparlament diskutiert über Rassismus – und Frankreich hat ein Problem mit organisierten Tschetschenen-Gangs: Die Watchlist EUropa vom 17. Juni 2020.
    Wenn sich die deutschen Innenminister am Mittwoch in Erfurt treffen, dann wollen sie über “gezielte Falschmeldungen, Verschwörungstheorien und Desinformationskampagnen” reden. Die Coronoa-Pandemie ebbt zwar spürbar ab, aber nach Ansicht der Minister droht nun eine “Infodemie” mit gezielten Falschmeldungen. Sogar der Verfassungsschutz ist alarmiert.
    Auch die EU–Kommission macht sich Sorgen. In der vergangenen Woche hatte sie ihren “Infokrieg” ausgeweitet und erstmals auch China beschuldigt, gezielt Desinformation zu betreiben.
    Doch der scheinbar so hehre Kampf, dem sich auch Journalistenverbände und Nachrichtenagenturen angeschlossen haben, führt in die Irre. Jedenfalls so, wie er bisher geführt wird.
    Denn zum einen richtet er sich bisher fast ausschließlich gegen die neuen “sozialen” Medien im Internet. Enten und Falschmeldungen in den alten Medien werden nicht thematisiert.
    Dabei gab es davon in der Coronakrise jede Menge, auch in Deutschland. Selbst die öffentlich-rechtlichen Medien waren davon nicht frei, wenn sie Regierungsinformationen ungeprüft übernahmen.
    Zum anderen wird so getan, als kämen Fake News nur von “bösen” ausländischen Akteuren aus Russland und China. Dabei haben auch deutsche und europäische Politiker in den letzten Wochen viel Unsinn erzählt…
    Quelle: Lost in Europe

  5. Für mehr als nur Applaus und Plattitüden
    Gesundheitspersonal demonstriert in Frankreich
    In Frankreich haben Tausende Ärzte und Pfleger in mehreren Städten demonstriert. Sie fordern unter anderem eine bessere Bezahlung und eine weniger gewinnorientierte Ausrichtung der Krankenhäuser. In Paris kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei.
    Zu Beginn der Coronavirus-Pandemie von Präsident Emmanuel Macron als “Helden in weißen Kitteln” gefeiert, gingen nun am Dienstag Tausende Beschäftigte des französischen Gesundheitswesens landesweit auf die Straßen, um mehr als nur Applaus und Platitüden zu fordern. Vertreter einer einflussreichen Gewerkschaft, die an den Protesten teilnahmen, forderten Gehaltserhöhungen und ein Ende der Kürzungen bei den Krankenhausbetten. “Die besänftigenden Reden der Regierung” sowie “Versprechungen von beliebigen und hypothetischen Bonuszahlungen” würden nicht ausreichen…
    Die Menschen protestierten unter anderem auch in Montpellier, Metz und Marseille vor Kliniken gegen die angespannte Situation im Gesundheitssystem. Landesweit waren mehr als 220 Versammlungen angekündigt, wie die Nachrichtenplattform Franceinfo berichtete. Gewerkschaften und Kollektive hatten zu dem nationalen Aktionstag aufgerufen…
    Quelle: RT

    Anmerkung Jens Berger: In Lettland hat man den Medizinern übrigens zum Dank eine Statue aufgestellt – an den Gehältern (Ärzte verdienen zwischen 500 und 1.000 Euro netto) und Arbeitsbedingungen ändert sich auch hier nichts. Man könnte dieses „Modell“ ruhig mal kopieren. Wie wäre es denn, wenn die Diäten der Abgeordneten eingefroren werden und wir stattdessen einmal im Jahr vom Balkon unseren Volksvertretern applaudieren? Das wäre doch eine Wertschätzung, die mit Geld nicht aufzuwiegen ist.

  6. Fall Assange: US-Anklageschrift lässt schockierendes Bagdad-Video außen vor
    (…) Keine Publicity für US-amerikanische Kriegsverbrechen? US-Staatsanwälte im Fall Julian Assange haben es einem Bericht des britischen Guardian zufolge versäumt, eine der schockierendsten Videoenthüllungen der Plattform WikiLeaks in die Anklageschrift aufzunehmen. Kritiker werfen den USA nun vor, sie wollten nicht, dass ihre Kriegsverbrechen in der Öffentlichkeit breitgetreten werden…
    Die Anklage bezieht sich weitgehend auf die Interventionen des US-Militärs im Irak und in Afghanistan, einschließlich der Veröffentlichung der Einsatzregeln des US-Militärs im Irak.
    In der Anklageschrift wird behauptet, Assange habe durch die Freigabe von Hunderttausenden von US-Geheimdienstdokumenten das Leben der US-Amerikaner gefährdet. Eine der berühmtesten Veröffentlichungen von WikiLeaks war ein Video – aufgenommen vom US-Apache-Hubschrauber Crazyhorse 18 –, das zeigt, wie am 12. Juli 2007 im Irak elf Zivilisten getötet wurden. Unter den Getöteten waren auch zwei Reuters-Journalisten.
    Laut dem damaligen Bürochef der Journalisten in Bagdad, Dean Yates, habe ihn das US-Militär wiederholt darüber, was an diesem Tag passiert sei, belogen. Erst als Assange im April 2010 das Video – das WikiLeaks mit dem Titel “Collateral Murder” veröffentlichte – veröffentlicht habe, sei die volle brutale Wahrheit der Morde aufgedeckt worden.
    “Was er getan hat, war zu 100 Prozent ein Akt der Wahrheitsfindung, der der Welt enthüllte, wie der Krieg im Irak aussieht und wie das US-Militär gelogen hat. (…) Die USA wissen, wie peinlich der Kollateral-Mord ist, wie beschämend er für das Militär ist – sie wissen, dass sich auf diesem Band potenzielle Kriegsverbrechen befinden”, so Yates im Guardian.
    Quelle: RT
  7. Keine guten Zukunftsaussichten für die Beschäftigten in den Gastronomieunternehmen
    Es ist erst ein paar Wochen her, dass die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in ihren Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) einen Mindeststundenlohn von 12 Euro für die Beschäftigten der Tarifgruppe 2 verlangte. Nach 3 ergebnislosen Verhandlungen wurde erst nach der Schlichtung Anfang März eine Einigung erzielt. Die Löhne steigen ab 1.7.2020 zwar, aber lediglich auf 10,00 Euro. Die geforderten 12.00 Euro gibt es für die rund 120.000 Beschäftigten der Tarifgruppe 2 erst ab dem 1.12.2023.
    Heute spürt die Gastronomiebranche die Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise in Verbindung mit der in Deutschland flächendeckend staatlich angeordneten Betriebsschließungen und -einschränkungen infolge der Corona-Krise in Form von massiven wirtschaftlichen Auswirkungen bis hin zur Existenzvernichtung.
    Der Deutsche Hotel­ und Gaststättenverband e.V. (DEHOGA) prüft derzeit ob Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden können.
    Da ist er wieder, der Ruf nach öffentlichen Geldern, ausgesandt von einer Branche, die hinreichend schon staatlich subventioniert wird. Seit 2 Jahrzehnten wird dort fast nur noch mit Mini-Jobs gearbeitet, bei einem Verdienst, von dem die Menschen nicht leben können und Arbeitslosengeld II von den Jobcentern beantragen müssen. So sind rund 1 Milliarde Euro als staatlicher Lohnzuschuss im vergangen Jahr in den Gastronomiebereich geflossen.
    Vor diesem Hintergrund lässt sich für die Beschäftigten nichts Gutes vorhersagen.
    Im Folgenden soll die konkrete Lebens- und Arbeitssituation der Beschäftigten im Gastronomiebereich beleuchtet werden…
    Quelle: Gewerkschaftsforum

    Anmerkung Marco Wenzel: Lesenswert. Eine sehr gute Darstellung der Arbeitsbedingungen im Gastronomiegewerbe.

  8. Mit der Angst unter einem Dach
    Auch in der Krise scheint das Geschäft mit dem Wohnraum gut zu laufen. Gerade deswegen darf er nicht dem Markt überlassen werden
    Selten war die Bedeutung des eigenen Zuhauses größer als in den vergangenen Monaten. Ein Ort wider die Pandemie. Arbeitsstätte der Privilegierteren. Schule.
    (…) Vor diesem Hintergrund versinnbildlicht der Aufstieg der Deutsche Wohnen in den Dax eine Ungleichheit, die sich durch die Krise noch verschärfen könnte. Hier die Immobilienkonzerne, die auf steigende Mieten setzen. Dort die Mieter und Mieterinnen, die oft schon jetzt mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens für die Wohnung ausgeben müssen und ökonomisch unsicheren Zeiten entgegenblicken….
    Wohnen sei die soziale Frage unserer Zeit, hieß es vor Ausbruch der Corona-Krise. Diese Feststellung ist heute genauso richtig wie die Frage, ob ein Konzern wie die Deutsche Wohnen, der mit diesem sozialen Gut seine Geschäfte macht, in den Dax gehört.
    Was passieren kann, wenn nicht der Markt, sondern die öffentliche Hand das Wohnen reguliert, kann man in Berlin beobachten. Nach der Einführung des Mietendeckels durch Rot-Rot-Grün sind die Preise teils deutlich zurückgegangen. Die Deutsche Wohnen musste Medienberichten zufolge Tausende Mieten senken. Der Deckel selbst wäre wohl nie ohne den Druck der Mieterinitiativen auf den Weg gebracht worden. Und auch im Angesicht der Krise hat sich zuletzt das bundesweite Bündnis „Wir zahlen nicht!“ gebildet, das einen Mieterlass für die Pandemie-Zeit fordert. Es sieht ganz danach aus, als würden Mieterinnen und Mieter die soziale Frage weiter hochhalten – auch gegen mächtige Konzerne…
    Quelle: der Freitag
  9. 9 von 10 Corona-Arbeitslosen sind Arbeiter – vielen bringt die Einmalzahlung beim Arbeitslosengeld nichts!
    Eine halbe Million Menschen sucht Arbeit. Die Regierung beschließt eine einmalige Erhöhung des Arbeitslosengeldes um pauschale 450 Euro, aufgeteilt auf 3 x 150 Euro. Das hilft ausgerechnet jenen nicht, die die Corona-Krise am härtesten trifft.
    Etwa 470.000 Menschen sind derzeit in Österreich arbeitslos. Ihr durchschnittliches Arbeitslosengeld liegt bei rund 30 Euro am Tag, das sind ca. 900 Euro im Monat – oft ist es auch weit darunter.
    Der durchschnittliche Bezug ist auch deshalb so niedrig, weil in der Corona-Krise vor allem Menschen ihren Job verloren haben, die ohnehin schon wenig verdient haben: Jobs wurden vor allem in der Gastronomie, im Handel und im Baugewerbe gestrichen. Auch viele Reinigungskräfte haben ihr Einkommen verloren.
    (…) 9 von 10 Corona-Arbeitslosen sind Arbeiter
    Das niedrige Arbeitslosengeld schlägt ungleich zu: Denn die Corona-Arbeitslosigkeit trifft vor allem Arbeiter, Leiharbeiter und Menschen mit Lehrabschluss, wie jüngst eine WIFO-Studie festgestellt hat. Kaum betroffen sind dagegen Akademiker und Angestellte. Sie profitieren von Homeoffice und Kurzarbeit, wie der Arbeitsrechtler Martin Risak erklärt…
    Quelle: kontrast.at
  10. Corona-Hilfe sollte an soziale und ökologische Kriterien gekoppelt sein
    Interview mit der Prof. Brigitte Aulenbacher
    Mehr als 4.000 Wissenschaftler aus 600 Universitäten haben einen Aufruf an die Politik für die Zeit nach Corona verfasst. Sie fordern: Die Demokratisierung von Unternehmen, Maßnahmen wie eine Jobgarantie und ein entschlossenes Vorgehen gegen den Klimawandel. In diesen Maßnahmen sehen sie eine Möglichkeit, um aus der Corona-Krise zu kommen und die Klima-Krise zu bewältigen…
    (…) Kontrast: Derzeit fließen Milliarden Euro an Steuergeldern an die Unternehmen zur Rettung in der Krise. Wäre das nicht ein Hebel, um Änderungen in der Arbeitswelt durchzusetzen?
    Ich denke, das wäre tatsächlich ein Hebel und sogar ein sehr klassischer. Staatliche Subventionen und Förderungen mit Auflagen zu verbinden wäre nichts Neues. Das könnten ökologische Auflagen sein, etwa Bereiche in besonderer Weise fördern, die sich auch für Klimaziele verpflichten. Gleiches könnte man auch bei sozialen Kriterien machen.
    Es ist auch nicht so, dass wir da völliges Neuland betreten. Ein Beispiel wären die Sustianable Development Goals, es ist nicht so als wären dort nicht auch Unternehmen beteiligt. Nämlich Unternehmen, die sich freiwillig verpflichten, im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Sustianable Development Goals Rechnung zu tragen und ihre Produktion diesen Zielen anzupassen. Das sind praktische Wege, die wir bereits kennen. Es wäre durchaus möglich, eine staatliche Wirtschaftsförderung mit solchen Auflagen zu verbinden und dadurch auch ein bisschen kanalisieren, in was investiert wird und was gesellschaftlich wünschenswerte Formen solcher Rettungspakete sind…
    Quelle: kontrast.at
  11. Polizei versus Pressefreiheit
    Die Polizei in den USA hat nicht nur ein Problem mit dem Rassismus in den eigenen Reihen. Sie behindert bei den aktuellen Protesten auch regelmäßig die Berichterstattung der Presse. Auch diese Übergriffe auf Journalisten müssen rasch aufgeklärt werden – und endlich aufhören.
    Es ist nicht überraschend, dass Journalisten auf den Straßen unterwegs sind, wenn sie über die größten Proteste berichten, die wir in den Vereinigten Staaten in mehr als 50 Jahren erlebt haben. Überraschend ist allerdings, dass Journalisten durch Polizeigewalt daran gehindert werden, ihrer Arbeit nachzugehen und frei zu berichten.
    Bis jetzt ist die Polizei in mehr als 430 Fällen gegen Journalisten vorgegangen
    Seit Beginn der Demonstrationen gegen systemischen Rassismus und Polizeibrutalität, die nach dem Tod von George Floyd in den USA stattfanden, gab es mehr als 430 gemeldete Vorfälle von Gewalt gegen die Presse. Einige wenige davon betrafen Journalisten, die in die gewalttätigen Proteste und Ausschreitungen verwickelt waren. Doch die überwiegende Mehrheit – etwa 80 Prozent gingen laut US Press Freedom Tracker von der Polizei aus.
    Diese eklatanten Verstöße gegen die Pressefreiheit waren ebenso weit verbreitet wie die Proteste selbst, wobei Berichte aus über 61 Gemeinden in 33 Staaten kamen. Die Polizei, die hinter diesen Angriffen steht, hält sich nicht an das Gesetz und die US-Verfassung…
    (…) Die Polizisten haben einen Präsidenten, der Journalisten schon lange immer wieder verbal attackiert
    Die Tatsache, dass sich Polizeibeamte durch die Anwesenheit einer Kamera nicht abschrecken lassen, sollte alle Amerikaner alarmieren. So wie der Polizeibeamte von Minneapolis, Derek Chauvin, direkt in die Kamera blickte, als er sein Knie in Floyds Nacken drückte, so fürchten Polizisten offensichtlich keine Konsequenzen, wenn sie sich filmen lassen, wie sie Journalisten und andere Zivilisten angreifen. Schließlich genießt die Polizei in den USA “qualifizierte Immunität”, weshalb sie seit langem wenig bis gar nicht für schwerwiegende Ungerechtigkeiten gegen Afroamerikaner wie die gegen Floyd zur Verantwortung gezogen wurden.
    Erschwerend kommt hinzu, dass Amerika zurzeit einen Oberbefehlshaber hat, der Gewalt gegen Zivilisten lange Zeit geduldet hat. Im Jahr 2017 forderte Präsident Donald Trump die Polizeibeamten auf, bei der Festnahme von mutmaßlichen Bandenmitgliedern nicht “zu zimperlich” zu sein. Und zu Beginn der aktuellen Proteste berief er sich auf einen rassistischen Tropus und warnte die Demonstranten, “wenn die Plünderungen beginnen, wird geschossen”.
    Trump greift seit Beginn seiner Präsidentschaft immer wieder Journalisten an, spricht einzelne Reporter persönlich an und verleumdet die Presse als Überbringer „gefälschter Nachrichten” und „Feind des Volkes”…
    Quelle: Gegenblende
  12. Der Rassismus im Freund- und Feindbild
    (…) Dass Nationalismus und Rassismus für die Kriegsbereitschaft der Bevölkerung nützlich und erforderlich sind, ist kein Geheimnis. Damit ein Mensch bereit ist, Bomben über fremden Wohngebieten abzuwerfen, bedarf es in der Tat einer die anderen Menschen verallgemeinernden abwertenden Beurteilung. Je stärker der Krieg zwischen den Nationen tobt, je rücksichtsloser gegen die materiellen Grundlagen der feindlichen Nation einschließlich ihrer Bevölkerung vorgegangen wird, desto mehr bedarf es des nationalen Feindbildes, dass sich aus tausend Idiotien und Gemeinheiten zusammensetzt und einen unverbesserlich schlechten, unerträglichen Charakter konstruiert…
    Dass der Nationalismus im Krieg seine rassistischen Blüten treibt, ist aber nur die halbe Wahrheit. Die weltweite Kriegsbereitschaft fängt nämlich nicht erst an, wenn auf beiden Seiten der Verteidigungsfall ausgerufen wird. Kriege werden bereits im Frieden vorbereitet. Die prinzipielle Bereitschaft, die »legitimen« Interessen der eigenen Nation gegen die Interessen anderer Nationen zu »verteidigen«, ist in allen Nationalstaaten die selbstverständliche patriotische Grundhaltung der Mehrheit der Bevölkerung und damit die Grundlage für Rüstung und Krieg. Das Nationalbewusstsein – ich bin Schweizer, ich bin Franzose, ich bin Russe oder Türke –, die Identifikation mit der eigenen Nation, gilt aber gemeinhin als unbedenklich. Erst ein übersteigertes Bewusstsein vom Wert und der Bedeutung der eigenen Nation, das die eigene Nation glorifiziert und andere Nationen herabsetzt, gilt in Friedenszeiten als bedenklicher Nationalismus in dem viele dann auch einen Rassismus gegen andere Völker erkennen. Diese grundsätzliche Unterscheidung zwischen patriotischem Nationalbewusstsein und nationalistisch übersteigertem Nationalbewusstsein ist aber unlogisch. Wenn die Steigerung des Nationalbewusstseins zu Nationalismus führt, dann muss der Keim für Nationalismus und Rassismus bereits in dem für viele selbstverständlichen Nationalbewusstsein enthalten sein. Diesen Gedanken kann sich jeder durch folgende Überlegung verdeutlichen:
    Wer stolz darauf ist und damit seine Besonderheit darin schätzt, Deutscher zu sein, ist froh, kein Türke, Russe oder Franzose zu sein. Wer sich etwas darauf einbildet, Türke zu sein, ist froh, kein Deutscher, Franzose oder Schweizer zu sein. Nationalismus und Rassismus haben ihre Bestimmung nicht in der negativen Bewertung der fremden Nation und ihrer Bevölkerung. Das Urteil, die Russen, die Amerikaner oder die Chinesen sind höflich, ist kein bisschen weniger rassistisch, als das Urteil, die Russen, die Amerikaner oder die Chinesen sind unhöflich. Das Feindbild setzt sich aus tausend Idiotien und Gemeinheiten zusammen, die einen unverbesserlich schlechten, unerträglichen Charakter konstruieren. Das nationale Freundschaftsbild setzt sich aus ebenso vielen Idiotien und Nettigkeiten zusammen, die ungeachtet aller Unterschiede im Denken und Handeln der einzelnen Menschen einen per se guten, liebenswerten Charakter konstruieren. Deutsch, französisch, russisch, chinesisch, amerikanisch, »die ganze Borniertheit des Nationalismus spricht aus diesem Adjektiv. Es genügt, irgendeinem Krümel das schmückende Beiwort „deutsch“ anzuhängen, und Kaffeemaschine, Universitätsprofessor und Abführmittel haben ihr Lob weg.«…
    Quelle: Labour.net
  13. Chile: Präsident Piñera entlässt Gesundheitsminister
    Santiago de Chile. Mitten in der Corona-Pandemie hat Chiles Präsident Sebastián Piñera den unbeliebten Gesundheitsminister Jaime Mañalich entlassen. Zuvor hatte es heftige Kritik an Mañalichs Krisenmanagement gegeben. Das Gesundheitsressort soll nun von Enrique Paris geführt werden. Der Wechsel geschieht auf dem Höhepunkt der Pandemie mit unzähligen Toten und Neuinfektionen.
    Vor allem in den letzten Tagen hatte sich die Kritik an Präsident und Minister sowie ihrem Umgang mit der Pandemie gehäuft. So weigerte sich die Regierung, wirksame Maßnahmen wie eine Quarantäne zu verhängen. Für Debatten sorgte auch die Zählweise von Corona-Toten. Chile ist das einzige Land, in dem Todesopfer durch die Atemwegserkrankung Covid-19 als Genesene in die Statistik eingehen. Zur Begründung hieß es von Regierungsseite, dass von den Verstorbenen “kein Infektionsrisiko mehr ausgeht”…
    (…) Politiker der Opposition haben nun trotz der Entlassung des Ex-Ministers rechtliche Schritte gegen Mañalich wegen seiner Verfehlungen angekündigt. Eine politische sowie juristische Aufarbeitung der Arbeit des Ex-Ministers sei nötig, hieß es von dieser Seite.
    Quelle: Amerika 21
  14. Hoffen auf die Hungerrevolte
    EU und USA verlängern und verschärfen ihre Syrien-Sanktionen und setzen auf Sturz der Regierung durch Elendsunruhen.
    Berlin/ Washington/ Damaskus (Eigener Bericht) – Nach der Verlängerung der EU-Sanktionen gegen Syrien und vor dem Inkrafttreten weiterer US-Zwangsmaßnahmen spekulieren westliche Außenpolitiker auf Hungerrevolten gegen die Regierung in Damaskus. Die aktuelle Verschärfung der Wirtschaftskrise, ausgelöst durch Furcht vor der morgen startenden neuen US-Sanktionsrunde (“Caesar Act”), könne “die Herrschaft von Baschar al-Assad ernsthaft bedrohen”, heißt es hoffnungsfroh in deutschen Leitmedien. Tatsächlich verschlimmern die Sanktionen, die Brüssel und Washington verhängt haben, die Lage der syrischen Bevölkerung bereits seit Jahren. Schon 2015 urteilten Experten, sie hätten “die Brutalität” des Syrienkriegs “vielfach verschärft”. Der European Council on Foreign Relations stufte die transatlantischen Zwangsmaßnahmen vergangenes Jahr als “Politik der verbrannten Erde” ein. Die EU hat ihre Sanktionen zuletzt Ende Mai verlängert, obwohl mehrere UN-Stellen mit Blick auf die Covid-19-Pandemie forderten, sie aufzuheben oder zumindest abzuschwächen, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.
    Im zehnten Jahr
    Die EU-Sanktionen gegen Syrien gehen mittlerweile in ihr zehntes Jahr…
    (…) “Instabilität verstärken”
    Darüber hinaus weiten die Vereinigten Staaten ihre Sanktionen gegen Syrien massiv aus. Am morgigen Mittwoch wird die erste Stufe des Caesar Syrian Civilian Protection Act in Kraft treten, eines im Dezember 2019 verabschiedeten US-Gesetzes, das die extraterritoriale Anwendung ökonomischer Zwangsmaßnahmen gegen Syrien vorsieht. Demnach haben Staaten, Unternehmen oder Personen, die die syrische Regierung militärisch, wirtschaftlich oder finanziell unterstützen, mit empfindlichen Strafen in den Vereinigten Staaten zu rechnen…
    (…) “Armut und Not machen mutig”
    Faktisch läuft dies auf das Aushungern der Bevölkerung zwecks Entfachen einer Hungerrevolte hinaus…
    Quelle: German Foreign Policy
  15. Oskar Lafontaine: «Aufstehen» plant neuen Anlauf
    Saarbrücken – Die ausgebremste linke Sammlungsbewegung «Aufstehen» kann nach Ansicht des Linke-Politikers Oskar Lafontaine jetzt neu an Fahrt gewinnen. «Durch die Corona-Krise und die vorher sich abzeichnende Wirtschaftskrise werden die sozialen Verwerfungen in Deutschland stärker», sagte der frühere Linke-Chef, der als Mit-Initiator der Bewegung gilt, der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. «Aufstehen» bringe soziale Themen nach vorne: Daher sei es nun Zeit für die Bewegung, «noch einmal einen neuen Anlauf zu machen». Die Bewegung war Anfang September 2018 gegründet worden.
    Im Zeichen eines Neustarts werde der Trägerverein von «Aufstehen» an diesem Mittwoch (17. Juni) in einer Online-Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand wählen. Es gebe zudem Planungen, wieder Veranstaltungen zu machen, sagte Lafontaine…
    Quelle: Wormser Zeitung
  16. Seattle Hippie-Zone oder “gesetzloser Staat”?
    In Seattle haben Teilnehmer der Proteste gegen rassistische Gewalt eine “polizeifreie Zone” geschaffen. Was einige als Sozialexperiment sehen, löst bei anderen Angst vor Anarchie aus.
    Zu Beginn der landesweiten Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus war die Stimmung in der Westküsten-Stadt Seattle eher angespannt. Noch vor einer Woche lieferten sich Demonstrierende teilweise Straßenschlachten mit der Polizei, vor allem im Szeneviertel Capitol Hill.
    Bürgermeisterin Jenny Durkan versuchte die Situation zu deeskalieren, indem sie dort eine Polizeistation räumen ließ. Die Demonstrierenden nutzten dies: Sie riegelten sechs Blocks in dem Viertel mit Barrikaden ab und erklärten das Gebiet zur autonomen, polizeifreien Zone.
    Journalisten vor Ort beschreiben die Stimmung seitdem als friedlich. Videos aus der sogenannten autonomen Zone zeigen Würstchenstände und Tanzveranstaltungen. Mehrere Zelte wurden dort aufgestellt, Obdachlose leben an der Seite von Demonstrierenden. Ein Gemüsegarten wurde angelegt, es gibt dort Filmvorführungen und Lesungen.
    Das selbst erklärte Ziel der Besetzer: Die Zone sei ein Experiment, das zeigen soll, wie ein Mikrokosmos ohne staatliche Gewalt funktionieren könnte…
    (…) Auch US-Präsident Donald Trump kritisiert die Zustände in Seattle, bezeichnete die Besetzer in einem Tweet als “Terroristen”, deren “Übernahme Seattles” beendet werden müsse. In einem Interview mit dem konservativen Sender Fox News sagte er, man werde das nicht einfach so geschehen lassen. Wenn es sein müsse, werde man die Nationalgarde schicken.
    Seattles Bürgermeisterin Jenny Durkan dagegen stellte sich entschieden gegen Trumps Forderung und bezeichnete die Idee als falsch und “illegal”.
    Quelle: Tagesschau

    Dazu: Seattles neue Selbstsicherheit
    Aktivist:innen besetzen einen Stadtteil Seattles, um gegen Rassismus und soziale Spaltung zu protestieren. Indes reagiert Trump mit Drohgebärden.
    (…) Die Bürgermeisterin von Seattle, Jenny Durkan, widersprach in einem Interview mit CNN den Aussagen Trumps. „Das Ganze hat eher eine Straßenfest-Atmosphäre als eine bewaffnete Übernahme oder eine Militärjunta.“ Es bestünde keine Gefahr für die Öffentlichkeit. Die Behörden seien in Kontakt mit Geschäftsleuten und Anwohner:innen des Gebiets.
    „Gehen Sie zurück in den Bunker“
    Durkan bezeichnete die Einlassungen Trumps als falsch und nicht hilfreich in der derzeitigen Situation. „Die ganze Nation sah, wie George Floyd ermordet wurde“, sagte die Bürgermeisterin. Man müsse akzeptieren, dass es systemischen Rassismus in den USA gebe, den man Schritt für Schritt bekämpfen müsse. Auf Twitter griff sie den US-Präsidenten deutlich schärfer an: „Sorgen Sie für unsere Sicherheit. Gehen Sie zurück in den Bunker.“
    In Berichten aus C.H.A.Z., die über Twitter verbreitetet werden, wird nach freiwilligen Helfer:innen gesucht, die Essen ausgeben oder beim Ausbau des Camps unterstützen. Und es wird zu weiteren friedlichen Demonstrationen aufgerufen. Nicht nur gegen Rassismus und Polizeigewalt, sondern auch gegen hohe Mieten und für alternative Lebenskonzepte. „Dieser Ort gehört nun den Menschen von Seattle“, ist auf Plakaten der Demonstrant:innen zu lesen. Wie lange das so bleibt, wird sich in den kommenden Tagen zeigen.
    Quelle: taz

    Anmerkung Marco Wenzel: Seattle, Bundesstaat Washington, ist auch Sitz von Amazon. Trotzdem versteuert Amazon seine Gewinne lieber in Luxemburg.
    Der Stadtrat von Seattle forderte 2017, dass alle Unternehmen der Stadt sich am Kampf gegen die Obdachlosigkeit beteiligen sollten. Geplant war eine so genannte “Head Tax“ von 275 USD pro Jahr und Mitarbeiter.
    Amazon drohte, in dem Fall einen geplanten Büroturm nicht zu errichten und einen im Bau befindlichen Wolkenkratzer nicht in Betrieb zu nehmen. Das geplante Gesetz scheiterte an einem Referendum.
    Im November 2019 fanden Stadtratswalen in Seattle statt, bei der Amazon (vergeblich) versuchte, die Wiederwahl einer Kandidatin zu verhindern, die für einen Mindestlohn von 15USD und für eine „Amazonsteuer“ eintritt.

  17. Comedy-Kultfolge wegen „rassistischer Beleidigungen“ entfernt – Kritik von John Cleese
    Der Schauspieler John Cleese (“Monty Python’s Flying Circus”) hat einen britischen Streaming-Dienst kritisiert, der eine Episode der Serie „Fawlty Towers“ aus dem Programm genommen hat.
    Die Folge „The Germans“ war zuvor kritsiert worden, weil sie rassistische Beleidigungen enthalte. Cleese, der in der Kultserie aus den 1970-er Jahren die Hauptrolle spielt, sagte dazu, die Episode sei falsch verstanden worden. Sie sei eine Kritik an rassistischen Einstellungen, keine Billigung derselben. Der Sender UKTV teilte mit, „The Germans“ solle demnächst zusammen mit zusätzlichen Hinweisen wieder online gestellt werden. Ältere Beiträge würden regelmäßig geprüft, um zu garantieren, dass Zuschauererwartungen erfüllt werden. Dabei werde besonders auf veraltete Sprache geachtet.
    Die Folge, die im Oktober 1975 erstmals ausgestrahlt wurde, dreht sich um den Hotelbesitzer Basil Fawlty, der eine Gruppe deutscher Touristen beleidigt. Fawlty sagt wiederholt „Fangen Sie nicht vom Krieg an“ und gibt schließlich eine Hitler-Imitation zum Besten.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Jens Berger: Es ist erschreckend, wie falsch verstandene politische Korrektheit die kulturelle Vielfalt vor allem auf dem Gebiet der Satire bedroht. Es liegt in der Natur der Satire, dass sie oft von genau denjenigen nicht verstanden wird, die sie eigentlich aufs Korn nimmt. John Cleese hatte die fehlgeleitete Debatte um diese Perle der Satire mal mit den Worten kommentiert:
    “Everybody thinks that was a joke about the Germans but they missed it. It was a joke about British attitudes to the war and the fact that some people were still hanging on to that rubbish”.
    Wer sich die Folge auf Englisch anschauen will, kann dies freilich immer noch via YouTube tun.

  18. Reisefreiheit! Welche Reisefreiheit?
    Es ist ein zwiespältiges Symbol: Ausgerechnet 11.000 Deutsche – und nur Deutsche – dürfen ab heute wieder nach Mallorca reisen, wo sie als Versuchskaninchen für die Urlaubssaison dienen. Spanier wurden ebenso ausgeschlossen wie alle anderen EUropäer.
    Es ist auch ein bedenkliches Zeichen, wie unser Gesundheitsminister redet: Der Ballermann dürfe “kein zweites Ischgl” werden”, sagte J. Spahn. Ein deutscher Minister maßt sich an, über Österreich und Spanien zu reden, als seien es deutsche Urlaubskolonien.
    Sei’s drum – die Deutschen sind wieder überall willkommen, für sie ist die Urlaubswelt wieder in Ordnung. Wenn nicht alles täuscht, dürften auch bald wieder Reisen in die Türkei möglich sein – der TÜV prüft schon vor Ort, mit deutscher Gründlichkeit.
    Ganz anders sieht die Sache aber für den Rest EUropas aus. Die Spanier haben wir bereits erwähnt, die dürfen nichtmal auf “ihre” Balearen reisen und lassen auch längst noch nicht alle EU-Ausländer rein…
    Quelle: Lost in Europe

    Anmerkung Marco Wenzel: Na denn schon mal Prost! Auf Malle!

    Dazu: Natur erholt sich: Deutsche wieder auf Mallorca gesichtet
    (…) Palma (dpo) – Langsam erobert sich die Natur wieder ihre Räume zurück: Auf Mallorca sind gestern die ersten Deutschen gesichtet worden. Die Bewohner der Insel hoffen nun, dass die Bestände der empfindlichen Säugetiere weiter anwachsen.
    “Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich hier das letzte Mal Deutsche gesehen habe”, erklärt etwa Ariane Garcia, während sie mit einem Fernglas eine Gruppe von fünf Deutschen am Strand dabei beobachtet, wie sie ihre Handtücher ausbreiten. “Erst Delfine in den Kanälen Venedigs. Jetzt das. Die Natur erholt sich wirklich zusehends.”
    Die Behörden der Insel hoffen nun, dass die Deutschen langsam wieder in ihren gewohnten Lebensraum zurückfinden: “Wenn sie genug Nahrung und vor allem zu Trinken finden, rechnen wir sogar damit, dass sie sich paaren”, so ein Sprecher.
    Quelle: Der Postillon


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