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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 4. Oktober 2020 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Die Einheit – ein kapitalistisches Übernahmeprojekt
  2. Die Cum-Ex-Aufarbeitung droht zu scheitern
  3. „Man hätte stärker an die Ärmsten der Armen denken müssen“
  4. Armut im Alter: Armutsgefahr steigt besonders bei Generation 65 plus
  5. “Ansteckungszahlen niedrig“ – Gesundheitsamt bezweifelt Corona-Strategie
  6. Bundesweite Antikörper-Studie mit 34.000 Menschen
  7. Falschangaben auf Corona-Gästelisten: Lokale wollen nicht selbst kontrollieren
  8. Deutschlands neue Corona-Regeln verwandeln Mitbürger in Kontrolleure des Alltags
  9. Dear news media, stop covering the US as if it’s a democracy
  10. Ungute Nachrichten aus den Medien

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Einheit – ein kapitalistisches Übernahmeprojekt
    Von Rainer Mausfeld
    1990 gilt als das wichtigste Jahr der Nachkriegsgeschichte, da es einzigartige Chancen bot – die aus geopolitischen Interessen und denen der Kapiteleigner blockiert und verspielt wurden
    1989 hat das Volk sich selbst zum Sprechen ermächtigt und seine Stimme gegen die Zentren der Macht politisch wirksam werden lassen. Es hat den alten Hirten die Gefolgschaft aufgekündigt und sich neue gesucht, die seine Vertreibung ins Paradies, so das treffende Bild von Daniela Dahn, organisierten. Das Paradies der kapitalistischen Warenwelt, der grenzenlosen Reise- und Redefreiheit, der individuellen Bedürfnisbefriedigung, der bunten Medienvielfalt und der unerschöpflichen Zerstreuungs- und Unterhaltungsindustrie. Keine Frage, nach den Kriterien des westlichen Vorbilds ist der Lebensstandard für eine Mehrheit der Menschen in Ostdeutschland gestiegen – und mehr noch, das Ausmaß sozialer Ungleichheit und gesellschaftlicher Spaltungen.
    Für den Sieger war dies ein überwältigender Sieg, und da die Geschichte bekanntlich von den Siegern geschrieben wird, kann es keinen Zweifel geben, wer der Sieger des historischen Augenblicks ist. Es ist die kapitalistische Wirtschaftsordnung und mit ihr die Lebensformen und Annehmlichkeiten des Konsums, die sie ermöglicht.
    Bleibt noch die Frage, wer eigentlich die Verlierer der Ereignisse von 1989 sind…
    (…) “Ich wollte immer in einer Demokratie leben, aber nie im Kapitalismus”, schreibt Daniela Dahn in ihrer Abrechnung mit der Einheit Der Schnee von gestern ist die Sintflut von heute.
    (…) Nach einem zunächst verheißungsvollen Aufbruch oppositioneller Gruppen in der DDR, die einen Demokratisierungsdruck aufzubauen suchten, der auch auf den Westen übergreifen sollte, wurde jedoch die friedliche Revolution, die keine war, regelrecht aufgekauft. Der Kapitalismus hat bekanntlich einen großen Magen. Wie die Geschichte ausging, ist bekannt. Die historische Chance auf eine gesamtdeutsche Verfassung, die, wie es in Paragraph 146 des Grundgesetzes heißt, “von dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist”, also die Chance einer wirklichen Demokratisierung in beiden Teilen, wurde in rigoroser Siegermentalität blockiert.
    In diesen Siegesstunden bewies der Kapitalismus noch einmal, dass ihm kein ideologisches System an illusionserzeugender Kraft gleichkommt. Keine andere autoritäre Herrschaftsform verfügt über so ausgefeilte Mittel, Menschen zu einer freiwilligen Knechtschaft zu verführen. Dazu gehören insbesondere Mittel zur Spaltung der Gesellschaft und zur Zersetzung von Dissens. All diese Mittel konnten 1989 höchst wirksam zur Anwendung gebracht werden, dazu noch mit singulären Renditen für die Kapitalbesitzer…
    Quelle: Telepolis
  2. Die Cum-Ex-Aufarbeitung droht zu scheitern
    Gerhard Schick spricht verbindlich im Ton, aber hart in der Sache: So wie der Finanzmarkt derzeit funktioniere, sagt er, wirke er destruktiv und vergifte unsere Gesellschaft. Schick wurde als Mitiniatior des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses bekannt, seit 2018 steht er der Bürgerbewegung Finanzwende vor.
    Hat Sie der Fall Wirecard überrascht? Ein DAX-Unternehmen, das großteils auf Betrug aufbaut?
    Die Summen, um die es geht, sind beeindruckend, aber letztlich sind doch alle Zutaten des Wirecard-Skandals schon lange als Probleme bekannt. Wir wissen seit Jahren, dass viele Aufsichtsräte nicht unabhängig genug sind und ihre Kontrollfunktion de facto nicht ausüben. Genau das ist bei Wirecard passiert. Das zweite Problem: dass die Wirtschaftsprüfer ihre Aufgaben oft nicht erledigen. Auch das ist seit Jahren bekannt, 2008 in der Bankenkrise war es ein großes Thema. 2010 hat die EU-Kommission Reformvorschläge vorgelegt. Diese Vorschläge sind praktisch zu 100 Prozent ausgebremst worden von der entsprechenden Wirtschaftsprüferlobby. Dann braucht sich niemand wundern, dass das Problem fortbesteht.
    Die Aufsicht hat auch versagt.
    Ja. Bei praktisch jedem Skandal stellt die Finanzaufsichtsbehörde BaFin erst hinterher fest, dass er stattgefunden hat. Sie ist zu nah am Finanzmarkt, weshalb sie keinen kritischen Kontrollblick von außen hat. Die BaFin hat Ermittlungen gegen die Journalisten angestoßen, die die Betrugsvorwürfe gegen Wirecard ziemlich korrekt formuliert haben, anstatt den Betrugsvorwürfen selber stärker nachzugehen! Leider kann das niemanden überraschen. Cum-Ex hat sie ja auch komplett verschlafen.
    Welche Rolle spielt Deutschland beim jüngsten Datenleak zur internationalen Geldwäsche, den FinCEN Files?
    Eine große, insbesondere die Deutsche Bank. Das Problem ist, dass die Geldwäschebekämpfung mit der Spezialeinheit Financial Intelligence Unit nicht gut funktioniert, die BaFin ist schlecht aufgestellt. Wir brauchen eine einheitliche und starke Aufsicht.
    Nun geht es aber in Ihrem Buch „Die Bank gewinnt immer“ weniger um große Skandale als um einen Finanzmarkt, bei dem vieles grundsätzlich im Argen liegt.
    Ja, so wie er derzeit funktioniert, wirkt der Finanzmarkt destruktiv. Und zwar in vielerlei Hinsicht. Zum Ersten ist es ein schiefes Spielfeld. Wir wissen, viele Leute müssen fürs Alter vorsorgen. Aber auf einem schiefen Spielfeld ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie – auch wenn sie versuchen, alles richtig zu machen – immer wieder verlieren. Der Finanzmarkt macht viele Menschen zu Verlierern: Das hat eine vergiftende Wirkung auf unser gesellschaftliches Klima.
    Quelle: Freitag
  3. „Man hätte stärker an die Ärmsten der Armen denken müssen“
    Die deutschen Gesundheitsämter haben den höchsten Stand an Neuinfektionen seit April gemeldet. In Berlin müssen sich die Menschen bald wieder auf Kontaktbeschränkungen einstellen. Auch in München gelten seit einigen Tagen verschärfte Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Das Virus hat Auswirkungen nicht nur auf das Gesundheitssystem, sondern auch die Gesellschaft. Der Armutsforscher Christoph Butterwegge beobachten, dass Corona die Ungleichheit in der Gesellschaft verschärft.
    Butterwegge sagte im Dlf, die Pandemie treffe hauptsächlich Einkommensschwache und somit die Ärmsten der Gesellschaft. Er kritisierte: Die Bundesregierung habe mit ihren beiden Sozialschutzpaketen hauptsächlich diejenigen bedacht, die zum Beispiel als Soloselbstständige und Kleinstunternehmer jetzt in Hartz IV fallen.
    Einkommensschwache Menschen habe sie dagegen in der Coronakrise vernachlässigt. „Familien im Hartz IV-Bezug, deren Kinder während des Lockdowns nicht in der Kita oder in der Schule waren, sondern zu Hause, mussten verpflegt werden. Was in den Einrichtungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket kostenfrei ist. Jetzt waren die Kinder zu Hause, und mussten bekocht werden. Die zusätzlichen Kosten hat der Staat nicht getragen“, sagte Butterwegge im Dlf.
    Quelle: Deutschlandfunk
  4. Armut im Alter: Armutsgefahr steigt besonders bei Generation 65 plus
    2019 waren 15,7 Prozent der Menschen ab 65 Jahren armutsgefährdet. Das sind 4,7 Prozent mehr als noch 2005. In einigen Bundesländern ist das Risiko für ältere Menschen, in die Armut zu rutschen, besonders hoch.
    Ältere Menschen in Deutschland sind zunehmend von Armut bedroht. Der Anstieg der Armutsgefährdungsquote seit dem Jahr 2005 sei in der Gruppe ab 65 Jahren am größten gewesen, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mit. Der Zuwachs betrug demnach 4,7 Punkte. Im vergangenen Jahr seien 15,7 Prozent der Menschen in dieser Altersgruppe armutsgefährdet gewesen. Die Armutsgefährdung war damit annähernd genauso hoch wie in der Gesamtbevölkerung, die Quote stieg hier um 1,2 Prozentpunkte auf 15,9 Prozent.
    Armut wird in der Bundesrepublik über das Haushaltseinkommen und die daraus folgenden Möglichkeiten an gesellschaftlicher Teilhabe definiert. Die Armutsgefährdungsquote gibt den Anteil der Bevölkerung an, der mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens auskommen muss. Bei einem Ein-Personen-Haushalt lag diese Grenze 2019 bei 1074 Euro im Monat.
    Quelle: FAZ
  5. “Ansteckungszahlen niedrig“ – Gesundheitsamt bezweifelt Corona-Strategie
    Während Kanzlerin Merkel die Deutschen auf einen schweren Corona-Winter einstimmt, rät der Leiter des Frankfurter Gesundheitsamtes zum Umdenken. Man sollte nicht nur Virologen hören, sondern auch Pandemie-Fachärzte befragen. Und sich nicht zu sehr auf Ansteckungszahlen fixieren.
    Der Leiter des Frankfurter Gesundheitsamts, Prof. René Gottschalk, sieht die politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Deutschland kritisch. In einem Beitrag für das “Hessische Ärzteblatt” (10/2020) listen Gottschalk und seine ehemalige Stellvertreterin Ursel Heudorf ihre bisherigen Erfahrungen auf und formulieren Empfehlungen für die Zukunft. Ihrer Ansicht nach “bedarf es dringend einer breiten öffentlichen Diskussion zu den Zielen und Mitteln der Pandemie-Bekämpfung”.
    Die Maßnahmen seien “von politisch Verantwortlichen angeordnet, ohne dass die Erfahrungen früherer Pandemien ausreichend berücksichtigt wurden”, schreiben Gottschalk und Heudorf. […]
    Von den drei Strategien im Umgang mit der Pandemie – “Containment” (Eindämmung), “Protection” (Schutz für Risikogruppen) und “Mitigation” (Folgenminderung) – werde ausschließlich “Containment” betrieben, “was angesichts der Fallzahlen dringend überdacht werden sollte”. Dass die Zahlen vergleichsweise niedrig sind, habe man der schnellen Isolierung von Kranken und der Quarantäne für Kontaktpersonen zu verdanken. “Ob dies bei einer Erkrankung, die zum weitaus größten Teil bei den Patienten leicht oder gar asymptomatisch verläuft, sinnvoll ist, muss bezweifelt werden“.
    Quelle: n-tv
  6. Bundesweite Antikörper-Studie mit 34.000 Menschen
    Das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) starten eine bundesweite Antikörper-Studie mit 34.000 Menschen. Geklärt werden solle unter anderem, wie viele Menschen bereits eine Infektion durchgemacht haben, wie hoch die Dunkelziffer ist und welche Personen besonders häufig betroffen sind, teilen RKI und DIW mit. Die Studie soll bis Ende des Jahres laufen.
    Quelle: BR

    Anmerkung Jens Berger: Genau diese Aussagen wird die Studie aber nicht machen können, da sich die Antikörper vor allem bei Infizierten ohne Symptome oder leicht Erkrankten bereits nach zwei bis drei Monaten kaum noch nachweisen lassen. Dies ist das Ergebnis einer vielbeachteten chinesischen Studie, die in der angesehenen Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde. Wenn die RKI-Studie also im Oktober startet, muss man davon ausgehen, dass ein großer Teil der Infektionen vor August gar nicht mehr über die Antikörper nachweisbar ist – und dies betrifft in Deutschland die absolute Mehrheit der nachgewiesenen und vermuteten Infektionen. Was also soll diese Studie ergeben? Dass die „Durchseuchung“ nur extrem gering ist? Dies wäre natürlich Rückwind für die „Lockdown-Fraktion“. So biegt man sich die Zahlen zurecht, wie man sie gerade braucht

  7. Falschangaben auf Corona-Gästelisten: Lokale wollen nicht selbst kontrollieren
    Bund und Länder hatten die die Gastronomiebetreiber in ihrem Beschluss aufgefordert, “durch Plausibilitätskontrollen dazu beizutragen, dass angeordnete Gästelisten richtig und vollständig geführt werden”. Merkel sagte dazu, dass sich Gastronomen “im Zweifelsfall” den Ausweis oder Führerschein von Besuchern zeigen lassen sollten.
    Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) kritisiert diese Aufforderung an die Wirte. “Es ist ein Streit unter Rechtsexperten, ob Gastwirte das Recht haben, sich den Personalausweis vorzeigen zu lassen”, entgegnete Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges im SWR. “Ich befürchte, dass sie keinen Anspruch darauf haben.” Kontaktangaben der Gäste seien wichtig, um Corona-Infektionsketten nachverfolgen zu können, sagte Hartges. Doch “natürlich ist das Thema nicht konfliktfrei” – und Gastwirte hätten hier keine hoheitliche Aufgabe. Es sei Aufgabe der lokalen Behörden, die Umsetzung zu kontrollieren. Darüber müssten sich die Landesregierungen jetzt Gedanken machen.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung André Tautenhahn: Die Bundesregierung treibt hier ein ähnliches Spiel wie vor ein paar Wochen, als man ein erhöhtes Beförderungsentgelt in Zügen der Deutschen Bahn als Strafe für Maskenverweigerer vorschlug. Damals sollten die Zugbegleiter die Gelder für den Staat eintreiben, was die Gewerkschaft EVG entschieden ablehnte. Nun sollen also die Gastwirte die hoheitliche Aufgabe der Identitätsfeststellung übernehmen, obwohl doch die Kanzlerin nach der Ministerpräsidentenkonferenz in dieser Woche ausdrücklich betont hatte, an der Strafprozessordnung nichts ändern zu wollen, um den vielfach kritisierten Zugriff auf die Personendaten durch Ermittlungsbehörden zu unterbinden. Laut dieser Strafprozessordnung obliegt es wiederum nur den Amtsträgern, bei Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten die Personalien festzustellen. Es ist schwer vorstellbar, dass die Polizei nun wegen jedem Fred Feuerstein extra ausrücken wird. Es ist auch nicht ganz klar, wie eine Bundesregierung die zunehmende Mehrarbeit bei den Behörden rechtfertigen will, wenn sich der Bund als Arbeitgeber in der aktuellen Tarifauseinandersetzung weigert, den Beschäftigten im öffentlichen Dienst überhaupt mal ein Angebot vorzulegen. An der Haltung und den Aussagen der Kanzlerin gebe es also viel zu kritisieren, sie wird aber geschont und von allen Medien dafür beklatscht, eine simple Rechenaufgabe diesmal unfallfrei vorgetragen oder in der gestrigen Generaldebatte zum Haushalt Gefühl gezeigt zu haben.

  8. Deutschlands neue Corona-Regeln verwandeln Mitbürger in Kontrolleure des Alltags
    In der Pressekonferenz präzisierte die Kanzlerin, «die Betreiber der Einrichtung» würden bei Verstössen belangt, weshalb sie sich im Zweifel den Personalausweis zeigen lassen sollten «oder den Führerschein oder was auch immer». Selbst Friseure sollen so verfahren.
    Spätestens an diesem Punkt erhebt der Legalismus seine Fratze. Aus dem Willen, die Zügel anzuziehen (Söder), kann, um im Bild zu bleiben, der Gaul namens Freiheit totgeritten werden. Welcher Wirt wird sich inmitten einer Rezession von seinen Gästen einen Ausweis zeigen lassen, bevor er die Bestellung aufnimmt, weil ihn der Eintrag auf der Liste aus orthographischen oder sonstigen Gründen nicht überzeugt? Welcher Friseur wird eine Kundin, die er nicht kennt, peinlich befragen, ob sie wirklich und wahrhaftig so und genau so heisse? Eine solche Erwartungshaltung ist eine lebensfremde Zumutung. Merkels gestriger Satz – «wir wissen, dass wir im öffentlichen Raum besser kontrollieren können» – zeigt hier seine Nachtseite. Er stellt das private Leben unter Genehmigungsvorbehalt. Jede persönliche Beziehung ändert sich, wird sie primär als eine rechtliche betrachtet.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung JK: Ein treffender Kommentar, der die Befürchtungen bestätigt, dass wir uns auf dem besten Weg in ein autoritäres Corona-Regime befinden. Ein absolut erschreckender Aspekt ist, dass es dagegen im Parlament nicht den geringsten Widerstand gibt und sich alle Parteien, mit Ausnahme der FDP und der AfD, sogar versuchen, darin zu übertreffen, wer sich die schärfsten Zwangsmaßnahmen ausdenkt, wie etwa der SPD-Vorschlag auf belebten Plätzen generell einen Maskenzwang einzuführen.

  9. Dear news media, stop covering the US as if it’s a democracy
    The US is on its way to becoming an authoritarian state. That requires a radically different kind of journalism that doesn’t just cover the news, but defends democracy.
    The problem with the fall of a democracy is that it doesn’t simply happen, like a rain shower or a thunderstorm. It unfolds, like the slow and steady warming of the climate.
    Liberties aren’t eliminated, they are restricted and violated – until they erode. Rights aren’t abolished, they are undermined and trampled – until they become privileges. Truths aren’t buried, they are mocked and twisted – until everyone has their own.
    A democracy doesn’t stumble and fall; it slides into decline.
    The problem with daily news is that it obsesses over what’s happening, making it harder to grasp what unfolds. Breaking news, by its nature, is ill-equipped to cover the demise of democracy – just as the weather report never really shows us the climate is changing.
    Breaking news shows the world as a place of sheer madness without rhyme or reason – a non-stop series of unrelated events. It’s like a diary without a memory or a notion of the future: it tells us of today, while it has forgotten all about yesterday, and pretending there’s no tomorrow. It warns and warns and warns, but immediately forgets what it’s warning against – thus never learning from its own wailing sirens.
    Quelle: Rob Wijnbger, The Correspondent
  10. Ungute Nachrichten aus den Medien
    Noch mehr Medien-Macht bei Springer-Chef Mathias Döpfner. Und damit noch mehr Druck auf die Medienschaffenden.
    Mathias Döpfner, der oberste Boss des Medienkonzerns Axel Springer SE in Berlin, erhält von Springer-Witwe Friede Springer 15 Prozent des Aktienkapitals geschenkt. Das ist keine gute Nachricht. Nicht nur, weil damit ein weiterer Medienkonzern von einem Milliardär geführt wird, der sich wirtschaftspolitisch aller Voraussicht nach dann erst recht vor allem um das Wohl der Reichen und Reichsten kümmern wird. Mathias Döpfner ist – mit jetzt 22 Prozent Beteiligung am Springer-Konzern – auch ein Medien-Magnat, der selber in die Tasten greift, um seine Journalistinnen und Journalisten gleich öffentlich anzuweisen, was sie zu schreiben haben.
    Der Medien-Konzern Axel Springer hat auf Konzernebene fünf sogenannte politische «Grundsätze». Die Nr. 3 heisst: «Wir zeigen unsere Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.» Damit ist programmiert, was die Medienschaffenden der deutschen «Bild»-Zeitung und der «Welt» und vieler anderer Medien geopolitisch zu schreiben haben: gegen China, gegen Russland, für die USA. Meinungsfreiheit im Springer-Konzern ist so zum Fremdwort geworden.
    Quelle: Infosperber

    Anmerkung Albrecht Müller: Beobachtung eines Kenners der Medien.


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