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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 11. Februar 2021 um 8:36 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Geschäfte dürfen erst ab Inzidenz von 35 öffnen
  2. Viele Lockerungsvorschläge und kaum Hoffnung: Im Streit um die deutsche Corona-Politik bleiben die bürgerlichen Freiheiten in weiter Ferne
  3. Publizist Prantl zu Corona-Maßnahmen: „Nicht die Beschränkung ist der Normalzustand“
  4. Staatsrechtler zur Corona-Verordnung Hufen: “Jede dieser Maßnahmen ist ein Eingriff in die Grundrechte”
  5. Streeck: „Shutdown ist wie ein Medikament – wir müssen auch auf die Nebenwirkungen schauen“
  6. Frau von der Leyen und ihr Berater-Dilemma
  7. Klage aus Rache
  8. Renten-Experten werfen Scholz „arglistige Täuschung“ bei Doppelbesteuerung vor
  9. Proteste gegen Lehramtsreform in NRW: Bundesbank macht Schule
  10. Kartellverstoß: Vorläufiges Aus für Gesundheitsportal von Bund und Google
  11. Schweigemärsche: So sieht Versammlungsfreiheit in Deutschland aus
  12. Machtkämpfe um Ost- und Südosteuropa
  13. Ende der Straflosigkeit in Israel und Palästina?
  14. Der Globale Süden braucht keine leere Repräsentation, sondern Macht und Ressourcen
  15. Trotz Warnung aus Peking: Zwei US-Flugzeugträger patrouillieren im Südchinesischen Meer

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Geschäfte dürfen erst ab Inzidenz von 35 öffnen
    Der bisher bis Mitte Februar befristete Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie soll weitgehend bis zum 7. März verlängert werden. Das haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderregierungschefs bei ihrer Videokonferenz vereinbart, wie aus ihrem Beschlusspapier hervorgeht. Eine Ausnahme soll es für Friseure geben. Beim Thema Schulen und Kitas gibt es keine Einigung – die Länder können hier selbst entscheiden. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
    Handel und Gastronomie: Der nächste Schritt zur Öffnung, etwa für den Handel und die Gastronomie, kann laut dem Beschluss von den Ländern bei einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gegangen werden. Dieser Schritt wäre die Öffnung des Einzelhandels mit einer Begrenzung der Zahl der Kunden auf einen pro 20 Quadratmeter und die Öffnung von Museen, Galerien und körpernahen Dienstleistungsbetrieben. Das Thema Öffnungsstrategie werde bei der nächsten Beratungsrunde am 3. März wieder aufgegriffen, kündigte Merkel an.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung JK: Doch Dauerausnahmezustand durch die Hintertür, ein Inzidenzwert von 35 dürfte vor Ende März nicht erreicht werden, und ein Beleg für die absolute Willkürlichkeit des 7-Tage-Inzidenzwertes, der offensichtlich so festgelegt wird, wie ihn die Politik braucht. Das beste Beispiel ist Baden-Württemberg, dort hat der Verwaltungsgerichtshof die landesweite nächtliche Ausgangssperre gekippt, da der dazu festgelegte Inzidenzwert von 200 in keiner Gemeinde und in keinem Landkreis mehr erreicht wurde. Was die grüne Landesregierung aber nicht interessiert und so hat man flugs festgelegt, dass lokale Ausgangssperren nun ab einem Inzidenzwert von 50 verhängt werden können.

    dazu: Ideenlose Corona-Politik: Lockdown long
    Auch der dritte Corona-Krisengipfel in diesem Jahr – das „Impfstoffgespräch“ nicht eingerechnet – hat wieder viele Stunden getagt, um zu dem inzwischen so vertrauten Ergebnis zu führen: Der Lockdown wird verlängert, das neue Mindesthaltbarkeitsdatum ist der 7. März. Und weil das ursprüngliche Ziel von weniger als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche aus Sicht des Kanzleramts bedrohlich nahekommt, wird kurzerhand ein neuer Wert ausgerufen: Weniger als 35 müssen es jetzt sein, bevor der Einzelhandel wieder öffnen darf.
    Nur für Friseure wird das faktische Berufsverbot schon etwas früher aufgehoben. Gastronomen, Hoteliers, Kinobetreiber und viele andere mehr müssen dagegen weiter warten. Auf den Frühling, auf Ostern, vielleicht auch auf den Sommer, wer weiß das schon. Für die Freizeit- und Kulturbranche hat auch diese Ministerpräsidentenkonferenz keine Perspektive gebracht. Es bleibt beim Stand aus dem Januar: Es gibt den Plan, irgendwann einen Öffnungsplan zu präsentieren, mehr nicht. […]
    Auch sonst wirkt es manchmal so, als seien ordnungsgemäße Verwaltungsabläufe wichtiger als eine effektive Pandemiebekämpfung. Da wurden mit viel Aufwand fälschungssichere Gutscheine für FFP2-Masken entwickelt, von der Bundesdruckerei gedruckt, an die Krankenkassen geschickt, die sie wiederum an ihre Risikopatienten schickten. Statt einfach jedem Haushalt einen Packung in den Briefkasten zu werfen, wie Mecklenburg-Vorpommern das gerade macht.
    Es werden Briefe mit Links zu Internetseiten verschickt, auf denen einige wenige mit viel Geduld und Glück einen Termin für eine Impfung bekommen. Es werden Detailregeln von zweifelhafter Relevanz erarbeitet wie jene in Berlin, die das Tragen von Masken in Autos vorschreibt, aber nur für haushaltsübergreifende Fahrgemeinschaften. Eltern, die für die Schule ihrer Kinder Luftfilter anschaffen wollen, werden ausgebremst, weil unklar ist, wer dafür die Genehmigung erteilen soll.
    Quelle: FAZ

  2. Viele Lockerungsvorschläge und kaum Hoffnung: Im Streit um die deutsche Corona-Politik bleiben die bürgerlichen Freiheiten in weiter Ferne
    Welche Lehren halten also die Exit-Strategien bereit? Der niedersächsische Stufenplan mit seinen sechs Schritten wirkt letztlich zu detailverliebt, um praktikabel zu sein. Er setzt mehr neue Grenzen, als dass er alte Freiheiten gezielt und zügig zurückbrächte. Es mangelt ihm wie auch seinen leichter fasslichen Pendants aus Schleswig-Holstein und Thüringen an jenem Geist der Freiheit, ohne den keine Ordnung funktionieren kann. Die Pläne wirken wie der tastende Versuch, sich in Drohungen einzurichten, indem man sie portioniert. Es sind Versprechen, keine Zusagen. Die schlimmsten Pleiten liessen sich damit abfedern. Zuversicht und Mut gedeihen so kaum. Unbeantwortet bleibt überall die Frage: Wie käme man bei einer Trendumkehr aus einem zaghaften Exit zurück in einen harten Lockdown? Soll jede Perspektive ein Ablaufdatum von 14 Tagen haben? Bis wieder die grosse Messung ansetzt und die Ministerpräsidenten sich treffen? Die Fixierung auf den Inzidenzwert sorgt nur scheinbar für Berechenbarkeit. Schon oft in dieser Pandemie wurden für absolut erklärte Grenzen auf einer Pressekonferenz im Handumdrehen kassiert.
    Quelle: NZZ

    dazu: Gegen die Wand
    Bund-Länder-Treffen macht Konzeptlosigkeit in Corona-Krise deutlich. Doch endlos lassen sich Grundrechtseinschränkungen nicht aufrechterhalten. […]
    Kritikwürdig ist vor allem die Konzeptlosigkeit und das Unvermögen, die Pandemie auf eine Weise in den Griff zu bekommen, die absehbare soziale Folgen nicht ins Unermessliche steigen lässt. Mit der andauernd erzwungenen Schließung von Handel, Bildungs- und Kultureinrichtungen wächst auch daher der Unmut über das ständige Weiter-so. Es ist die Konzeptlosigkeit, die den Ärger in der Bevölkerung schürt. Mitte Januar schon haben knapp die Hälfte der Bundesbürger die Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte als starke bis sehr starke Belastung wahrgenommen. Es ist zu erwarten, dass sich mehr und mehr Bürger diesem Urteil anschließen.
    Quelle: Telepolis

  3. Publizist Prantl zu Corona-Maßnahmen: „Nicht die Beschränkung ist der Normalzustand“
    Der Bundestag komme in der Pandemie viel zu kurz, kritisierte der Publizist und Jurist Heribert Prantl im Dlf. Die Grundrechte müssten auch in Notzeiten Leuchttürme bleiben. Er sorge sich, dass man sich daran gewöhne, dass die Beschränkungen „zum probaten Mittel“ in weiteren Krisen werden.
    Quelle: Deutschlandfunk
  4. Staatsrechtler zur Corona-Verordnung Hufen: “Jede dieser Maßnahmen ist ein Eingriff in die Grundrechte”
    Aktuell gilt in Rheinland-Pfalz die 15. Corona-Bekämpfungsverordnung. Seit Beginn der Pandemie beschäftigen sich Gerichte mit den Vorgaben aus den Verordnungen. Ein Interview mit Staatsrechtler Friedhelm Hufen zur juristischen Einordnung:
    SWR Aktuell: Wie bewerten sie aus staatsrechtlicher Sicht die aktuelle Corona-Verordnung des Landes Rheinland-Pfalz?
    Friedhelm Hufen: Sie war zu Beginn der Pandemie eher unbestimmt und hatte auch große Lücken. Das ist dann nach und nach korrigiert worden. Das Grundproblem dieser Verordnung besteht aber immer noch darin, dass sie das durchaus fragwürdige Konzept eines allgemeinen und undifferenzierten “Lockdown” umsetzt und damit gravierende Probleme der Verhältnismäßigkeit und der Einzelfallgerechtigkeit aufwirft.
    Da müssen dann die Verwaltungsgerichte korrigierend eingreifen, wie die Beispiele Ausgangssperre, Alkoholverbot, 15-Kilometer-Regel, Versammlungsverbote, Besuchssperren in Pflegeheimen zeigen. Jede dieser Maßnahmen ist ein Eingriff in die Grundrechte, und allgemeine Gründe des Gesundheitsschutzes reichen da in der Regel nicht aus. Zudem passt das bisher stets angeführte Argument eines drohenden Zusammenbruchs des Gesundheitssystems nicht mehr. Deshalb verlangen die Gerichte zu Recht immer mehr konkrete Gründe. […]
    SWR Aktuell: Wieso ist es in Rheinland-Pfalz nicht möglich, vor dem Oberverwaltungsgericht gegen die Corona-Verordnung vorzugehen?
    Hufen: In Rheinland-Pfalz – wie sonst nur noch in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin – können Verordnungen der Landesregierung und der Minister nicht direkt über die sogenannte Normenkontrolle beim Oberverwaltungsgericht angefochten werden. Das ist eine rechtsstaatlich bedenkliche Lücke, wie sich gerade am Beispiel der “Corona-Verordnungen” zeigt. Es wäre gerade von Vorteil, wenn das Oberverwaltungsgericht Zweifelsfragen landesweit und für alle Bürger klären könnte. Stattdessen müssen sich hier die Betroffenen im Einzelfall an die örtlichen Verwaltungsgerichte wenden, wenn sie konkrete Maßnahmen aufgrund der Verordnung für rechtswidrig halten oder vorläufig aussetzen lassen wollen, bis es zur Entscheidung in der Hauptsache. Die Verordnung als Ganzes bleibt aber gültig.
    Quelle: SWR
  5. Streeck: „Shutdown ist wie ein Medikament – wir müssen auch auf die Nebenwirkungen schauen“
    In der Lockdown-Debatte wird nicht genug diskutiert, sagt Hendrik Streeck – zumindest nicht mit den richtigen Menschen. Im Gespräch mit FOCUS Online erklärt der Virologe, wieso es an relevanten Stimmen fehlt und wieso wir uns mit dem Gedanken anfreunden müssen, langfristig mit Corona zu leben. […]
    Virologe Hendrik Streeck sieht den inzwischen mehr als drei Monate andauernden Lockdown allerdings skeptisch. „Natürlich ist es wichtig, die Infektionszahlen zu drücken“, sagt er kurz vor dem entscheidenden Bund-Länder-Gipfel im Gespräch mit FOCUS Online.
    „Aber es fehlt die Perspektive und der Ausblick für eine Langzeitstrategie. Auch haben wir in Deutschland zu wenig geforscht. Wir wissen nicht, wer sich wo ansteckt. Daher bleibt uns derzeit keine andere Methode als mit dem Hammer zu arbeiten.“
    Um das zu verhindern, spricht sich Streeck für ein differenzierteres Vorgehen aus: „Wir müssen verstehen, wer sich wo infiziert, damit wir endlich anfangen können, auch mit dem Skalpell arbeiten können“, so seine Forderung.
    Quelle: Focus Online
  6. Frau von der Leyen und ihr Berater-Dilemma
    Die ganze Welt blickt in die USA. Doch was passiert eigentlich in Brüssel? Frau von der Leyen hat einen Berater. Mal wieder. Der könnte für einen Skandal sorgen. Mal wieder. Eine satirische Kolumne von Martin Sonneborn. […]
    Da Frau von der Leyen ihren privaten Coach – und persönlichen Freund – mangels Qualifikation also nicht in einer der verfügbaren Positionen installieren konnte, tat sie Folgendes: Sie erfand einfach eine neue. Damit wir uns richtig verstehen: Die Kommissionspräsidentin erfindet eine Position, die es in der streng hierarchisierten Kommissionsbürokratie gar nicht gibt, nur um einen Gefolgsmann, der die allgemeinen Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt, auf EU-Kosten beschäftigen zu können.
    Die für Flosdorff geschaffene Stelle trägt die verblüffend unverschleierte Bezeichnung “BERATER für Kommunikation des Kabinetts” (“conseiller en communication de son cabinet”). Und weist dem in allen europäischen Belangen völlig unbeschlagenen PR-Coach – der Einfachheit halber – als einzige Aufgabe zu, zu tun, was er immer getan hat: Seine Chefin gut aussehen zu lassen. (Man fragt sich unwillkürlich, ob eine Vorratspackung Drei Wetter Taft nicht noch billiger gewesen wäre.)
    Quelle: Martin Sonneborn auf T-Online

    dazu: Von der Leyen schiebt “Industrie” Verantwortung für Impfprobleme zu
    Quelle: Telepolis

  7. Klage aus Rache
    Mehr Geld für AltenpflegerInnen. Das könnte bald kommen. Es braucht nur noch die Hilfe der Kirchen und von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Doch es gibt Arbeitgeber, die das verhindern wollen.
    Verdi und der vor anderthalb Jahren gegründete Arbeitgeberverband BVAP (Bundesvereinigung in der Pflegebranche) haben sich auf einen Tarifvertrag für die Altenpflege geeinigt. Wenn die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas (katholisch) und Diakonie (evangelisch) zustimmen, könnte Heil prüfen, ob es im “öffentlichen Interesse” ist, diesen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären. Dann müssten alle Altenpflegeeinrichtungen mindestens die dort vereinbarten Löhne zahlen. Angesichts der seit Jahren laufenden Diskussionen über schlechte Arbeitsbedingungen in der Pflege und dem Pflegekräftemangel dürfte dagegen eigentlich niemand etwas einzuwenden haben.
    Doch. Und zwar der Arbeitgeber-Dachverband BdA (Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände), in dem der BVAP nicht Mitglied ist. Der BdA wirft dem SPD-Minister vor, “die Arbeitsbedingungen in einer Branche staatlich regeln” zu wollen. Teufelszeug also. Jetzt kommt der nächste Arbeitgeberverband in der Pflege ins Spiel, der AGVP (Arbeitgeberverband Pflege). Der hat angekündigt, das Teufelszeug Tarifvertrag wegklagen zu wollen. Weil Verdi in der Branche kaum Mitglieder habe, könne die Dienstleistungsgewerkschaft gar keinen Tarifvertrag aushandeln, behauptet der AGVP und will Verdi gerichtlich für tarifunfähig erklären lassen. Unterstützt wird er dabei von der Evangelischen Heimstiftung Württemberg.
    Es ist etwas verwirrend. In der Altenpflege gibt es drei Arbeitgeberverbände: den 2019 gegründeten BVAP, der unter anderem von der AWO, der Volkssolidarität und dem Arbeitersamariterbund getragen wird. Dann gibt es den BPA Arbeitgeberverband e.V. (Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste) mit Rainer Brüderle als Vorsitzendem. Dieser Verband hat nach eigenen Angaben 4500 Mitglieder mit rund 190.000 Beschäftigten und ist Mitglied im BdA.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  8. Renten-Experten werfen Scholz „arglistige Täuschung“ bei Doppelbesteuerung vor
    Die Doppelbesteuerung der Rente wurde von einem Finanzmathematiker nachgewiesen. Ein Steuerberater hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz verklagt. Ein Interview.

    • Das Renten-System in Deutschland könnte sich verändern.
    • Die Altersvorsorge wird laut Experten nämlich doppelt besteuert.
    • Finanzämter versuchen laut Heinrich Braun systematisch, Senioren:innen aus den Einspruchsverfahren zu drängen.

    Die Doppelbesteuerung der Rente erhitzt weiterhin die Gemüter – und verunsichert Rentenbeziehende. Heinrich Braun, Steuerberater aus Mannheim, hat sich darauf spezialisiert, die Frage der Doppelbesteuerung der Altersvorsorge zu analysieren und gerichtlich dagegen vorzugehen. Gemeinsam mit Finanzmathematiker Klaus Schindler setzt er sich für Senior:innen ein. Schindler, der früher an der Universität Saarbrücken lehrte, hat eine Formel entwickelt, die zeigt, welcher Belastung Menschen im Ruhestand durch die Doppelbesteuerung ihrer Rente ausgesetzt sind. Im Interview mit fr.de zeigen Braun und Schindler auf, wie die Finanzämter versuchen, Rentenbeziehende zu täuschen und um ihr Recht zu bringen.
    Quelle: FR Online

  9. Proteste gegen Lehramtsreform in NRW: Bundesbank macht Schule
    Aufruhr bei Schülern, Studierenden und Lehrern in Nordrhein-Westfalen. Nach Einführung eines Schulfachs „Wirtschaft“ will die Landesregierung nun auch das Lehramt „Sozialwissenschaften“ aus dem Verkehr ziehen. Gegner warnen vor der Abwicklung politischer Bildung und einer Übermacht des Ökonomischen. Die Wissenschaft belegt den Trend. […]
    Die Schule ist ein zentraler Ort, an dem Kinder und Jugendliche lernen, sich mit gesellschaftlichen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Themen, die über die unmittelbare persönliche Erlebniswelt hinausgehen, auseinanderzusetzen. In Nordrhein-Westfalen (NRW) geschah dies bald 50 Jahre lang im Unterrichtsfach „Sozialwissenschaften“. Aber neuerdings ist Schluss damit. Zu Beginn des laufenden Schuljahrs wurde an den weiterführenden Schulen an Rhein und Ruhr flächendeckend das Schulfach „Wirtschaft/Politik“ eingeführt, wobei die namentliche Reihenfolge kein Zufall ist. Inhaltlich hat „Wirtschaft“ eindeutig Vorrang vor „Politik“. Und das nicht nur in den entsprechenden Konzeptpapieren, sondern längst auch in der Praxis.
    Das Bildungsministerium streitet das gar nicht ab. Das neue Fach berücksichtige auch weiterhin die drei Teildisziplinen Wirtschaft, Politik und Soziologie, die „Schwerpunktsetzung“ sei aber eine andere. Das kommt nicht von ungefähr. Seit vielen Jahren treiben Unternehmer- und Handwerksverbände, arbeitgebernahe Wirtschaftsinstitute, Vertreter von Banken und Versicherungen viel Aufwand, um „Wirtschaft“ als ein eigenständiges Schulfach zu etablieren.
    Und sie haben zunehmend Erfolg damit, nicht nur in NRW, auch in Bayern und Niedersachsen ist „Wirtschaft“ namentlicher Bestandteil der Lehrpläne.
    Quelle: Studis Online
  10. Kartellverstoß: Vorläufiges Aus für Gesundheitsportal von Bund und Google
    Das Landgericht München hat eine Kooperation zwischen dem Bund und dem Internetkonzern Google zu einem Gesundheitsportal vorläufig untersagt. Die Richter gaben am Mittwoch zwei Anträgen auf einstweilige Verfügungen gegen die Bundesrepublik, vertreten durch das Bundesgesundheitsministerium, und den US-Konzern im Wesentlichen statt, wie das Gericht mitteilte. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
    Das Gericht wertete die Zusammenarbeit als Kartellverstoß. Die Vereinbarung bewirke eine Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Gesundheitsportale. Der Medienkonzern Hubert Burda Media hatte über eine Tochterfirma, das Gesundheitsportal netdoktor.de, geklagt.
    Quelle: RND

    dazu: „Netdoktor gegen BRD und Google: Vereinbarung über Knowledge Panels kartellrechtswidrig“
    Heute hat die auf Kartellrecht spezialisierte 37. Zivilkammer des Landgerichts München I zwei Anträgen der NetDoktor.de GmbH in einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland (37 O 15721/20), vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit, und gegen die Google Ireland Ltd. (37 O 17520/20) im Wesentlichen stattgegeben.
    Die Kammer hat dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Google vorläufig eine Zusammenarbeit untersagt, die darauf gerichtet ist, bei der Google-Suche nach Krankheiten prominent hervorgehobene Infoboxen (sog. Knowledge Panels) mit Gesundheitsinformationen anzuzeigen, die aus den Inhalten des Nationalen Gesundheitsportals des Bundesministeriums für Gesundheit (gesund.bund.de) gespeist und mit einem Link zu diesem Portal versehen sind. Die Kammer bewertete dies als Kartellverstoß.
    Quelle: Landgerichts München I

  11. Schweigemärsche: So sieht Versammlungsfreiheit in Deutschland aus
    “Im Gegensatz zur russischen Diktatur herrscht in Deutschland Demonstrationsfreiheit. Wenn man sich an die Hygienevorschriften mit Maskenpflicht und Abstand hält, wird es beispielsweise in der Stadt Köln erlaubt, am 20.2.2021 einen STEHENDEN SchweigeMARSCH am Heumarkt mit 10 Menschen durchzuführen. Die Stadt Köln zeigt damit deutlich auf, wie groß die Unterschiede zwischen Deutschland und den Schurkenstaaten Russland, Weißrussland, China oder Nordkorea sind.” So beginnt eine Pressemitteilung der Initiatoren der Schweigemärsche.
    Ich beziehe hier keine Stellung für oder gegen die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen. Es geht mir zunächst einmal darum, zu dokumentieren, wie weit wir schon sind. Wenn wir in der Tagesschau Bilder vom Vorgehen von Polizisten in Myanmar, Russland und anderen mehr oder weniger autoritär regierten Staaten gegen Teilnehmer nicht genehmigter Demonstrationen sehen, gruseln wir uns im heimischen Fernsehsessel und sind froh, dass wir in einer Demokratie leben, wo das Recht, zu demonstrieren und die Regierung zu kritisieren, selbstverständlich ist und geachtet wird, wo man nicht öffentlich zum gefährlichen Schädling gestempelt wird, wenn man anderer Meinung ist. Pustekuchen.
    Wenn man gegen die repressiven Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung von Corona ist, dann hat man das Demonstrationsrecht weitgehend verwirkt. Will man einen Schweigemarsch mit Masken und Einhaltung der Hygienevorschriften mit bis zu 100 Teilnehmern organisieren, bekommt man Bescheide wie den folgenden vom 4. Februar. Sie legen einem nahe im Hinblick auf den Eindruck in der Öffentlichkeit zu verzichten. (…)
    Wenn Sie mit Leuten ins Gespräch kommen, die sie kennen, oder denen Sie begegnen, scheuen Sie sich nicht das Gespräch alltagsbezogen auf Politik zu bringen, auf die beobachtbaren Auswirkungen dessen, was gerade vorgeht. Wenn Sie Sorge haben, dass das zu unangenehmen und unproduktiven Auseinandersetzungen führen könnte, müssen Sie das Gespräch ja nicht gleich mit starken Aussagen eröffnen. Wenn Sie zart durchscheinen lassen, dass Sie Zweifel haben, ob das alles richtig ist, wird die Reaktion des Gegenüber ihnen zeigen, wie groß die Gefahr eines Streits ist. Dann können Sie das Thema immer noch fallen lassen, wenn es zu heikel scheint. Streit dient in solchen emotional aufgeladenen Fragen erfahrungsgemäß keiner Seite. Manchmal ist es aber immerhin möglich, auf innere Widersprüche in der Corona-Politik hinzuweisen, die einen stören, um wenigstens die Saat des Zweifels zu sähen. Ist ihr Gegenüber aber Zweiflerin oder Kritikerin wie Sie, tut es Ihnen und ihrem Gegenüber gut, das festzustellen und sie können sich unbefangen austauschen.
    Quelle: Norbert Häring
  12. Machtkämpfe um Ost- und Südosteuropa
    Mit Blick auf das Impfdesaster der EU bietet China nach Serbien und Ungarn nun auch weiteren Staaten Ost- und Südosteuropas Covid-19-Impfstoffe an. Dies ist ein Ergebnis des gestrigen “17+1”-Gipfels, zu dem per Videokonferenz Vertreter von 17 ost- und südosteuropäischen Ländern mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping zusammentrafen. Im “17+1”-Format baut Beijing seit mittlerweile fast neun Jahren seine Beziehungen in die Region aus; im vergangenen Jahr stieg der Handel mit den beteiligten Staaten trotz der Coronakrise um 8,4 Prozent auf ein Volumen von über 103 Milliarden US-Dollar, und auch die chinesischen Investitionen dort nahmen erneut zu – dies, obwohl Brüssel, aber auch Washington massiven Druck ausüben, die Kooperation mit China zumindest einzuschränken. Wie es in einer aktuellen Untersuchung des European Council on Foreign Relations (ECFR) heißt, ist die Volksrepublik in den Nicht-EU-Staaten Südosteuropas, darunter Serbien, inzwischen “der bedeutendste Drittstaat geworden”. Dabei kämpft Berlin in der Region auch gegen US-amerikanische Einflussarbeit an.
    Quelle: German Foreign Policy
  13. Ende der Straflosigkeit in Israel und Palästina?
    Seit dem 6-Tage-Krieg 1967 kommt es in Israel und den von Israel besetzten Gebieten zu Kriegsverbrechen – ohne Strafverfahren.
    Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag ist mit seiner am letzten Freitagabend veröffentlichten Entscheidung, Verfahren zu mutmasslichen Verbrechen in den seit 1967 von Israel besetzten palästinensischen Gebieten zu eröffnen, auf sehr widersprüchliche Reaktionen gestossen. «Diese Entscheidung öffnet einen seit langem erwarteten Weg zur Gerechtigkeit für israelische und palästinensische Opfer schwerer Verbrechen», begrüsste die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) den IStGH-Beschluss. Die Palästinensische Autonomiebehörde erklärte, die Entscheidung öffne «eine Tür für die strafrechtliche Verfolgung schwerer Verbrechen, die seit langem gegen das palästinensische Volk begangen werden». Hingegen erklärte der israelische Aussenminister Gabi Ashkenazi , die Entscheidung verdrehe das Völkerrecht und mache «den Strafgerichtshof zum Handwerkszeug von israelfeindlicher Propaganda».
    Quelle: Infosperber
  14. Der Globale Süden braucht keine leere Repräsentation, sondern Macht und Ressourcen
    Die Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala wird die erste Präsidentin der Welthandelsorganisation. Aber eine afrikanische Frau an der Spitze bedeutet nichts, solange die WTO ihre Politik gegen Bäuerinnen und Arbeiter fortsetzt.
    Ngozi Okonjo-Iweala, die ehemalige Finanz- und Außenministerin von Nigeria, wird aller Voraussicht nach die nächste Präsidentin der Welthandelsorganisation (WTO) werden. Im Jahr 2012 war Okonjo-Iweala bereits eine Kandidatin im Rennen um den Vorsitz der Weltbank, bevor der damalige US-Präsident Barack Obama den Amerikaner Jim Yong Kim für den Posten erwählte. Damals wie heute wurde in den Medien betont, wie bedeutsam die Ernennung einer Schwarzen Frau aus Afrika zur Präsidentin einer großen internationalen Finanzinstitution sei – was sich hier abzeichnen würde, sei nichts weniger als »ein entscheidender Moment für Afrika, das lange Zeit unter dem Stiefel ausländischer Mächte und Finanzinstitutionen gestanden hat«.
    Eine Politik der Repräsentation um der Repräsentation willen ist jedoch nicht im Sinne der panafrikanischen Linken: Wenn sie darauf hinausläuft, dass eine Schwarze Frau aus Afrika die gleiche neoliberale Politik vertritt, die die wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents in den letzten Jahrzehnten behindert hat, dann ist diese Form der Repräsentation sogar kontraproduktiv.
    Quelle: Jacobin
  15. Trotz Warnung aus Peking: Zwei US-Flugzeugträger patrouillieren im Südchinesischen Meer
    Die beiden Einsatzverbände, angeführt von den Flugzeugträgern USS Theodore Roosevelt und USS Nimitz, hatten am Dienstag im Südchinesischen Meer Übungen durchgeführt, teilte die US-Marine in einer Erklärung mit. Die gemeinsame Übung in diesem “stark frequentierten Gebiet” solle “die Fähigkeit der US-Marine demonstrieren, in herausfordernden Umgebungen zu operieren”. Der Kommandeur der Trägergruppe der USS Theodore Roosevelt, Konteradmiral Doug Verissimo, erklärte:
    “Durch Operationen wie diese stellen wir sicher, dass wir taktisch kompetent sind, um die Herausforderung der Aufrechterhaltung des Friedens zu erfüllen, und wir sind in der Lage, weiterhin unseren Partnern und Verbündeten in der Region zu zeigen, dass wir zur Förderung eines freien und offenen Indopazifik verpflichtet sind.”
    Die groß angelegte Übung folgt nur wenige Tage darauf, dass ein US-Zerstörer, die USS John S. McCain, an den chinesisch kontrollierten Paracel-Inseln vorbeimanövrierte. Es war die ersten sogenannte “Freiheit-der-Schifffahrt-Operation” seit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Joe Biden. Die Fahrt des Zerstörers wurde von Peking als feindselig verurteilt. Das chinesische Außenministerium forderte Bidens Regierung auf, eine konstruktive Rolle für den regionalen Frieden und die Stabilität” zu spielen, anstatt die Spannungen zu schüren. Ein Ministeriumssprecher erklärte:
    “China wird weiterhin jederzeit ein hohes Maß an Alarmbereitschaft aufrechterhalten, auf alle Drohungen und Provokationen jederzeit reagieren und die nationale Souveränität und territoriale Integrität entschlossen verteidigen.” (…)
    Die ressourcenreiche und strategisch wichtige Region des Südchinesischen Meeres ist Gegenstand sich überschneidender territorialer und maritimer Ansprüche mehrerer Nationen, darunter China, Vietnam, die Philippinen, Malaysia, Indonesien und Brunei. Zudem ist das Südchinesische Meer auch eine wichtige internationale Wasserstraße, durch die jedes Jahr Seeverkehr im Wert von Billionen von Dollar fließt.
    Zuletzt sprach sich auch die Bundesregierung dafür aus, ihre Präsenz im Pazifik zu erhöhen, wobei der deutsche Einsatz vorläufig auf die eher symbolische Entsendung einer Fregatte beschränkt bleiben soll.
    Quelle: RT Deutsch

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten haben auf die Absichten der Bundesregierung in dieser Region hingewiesen – u.a. hier: Indo-Pazifik: Luftwaffe? mit einer Anmerkung.


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