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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 4. April 2021 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Corona
  2. Ab in die Präsidialrepublik
  3. Strategischer Schritt
  4. Italien aufgepasst! Ministerpräsident Draghi hat einen Leitfaden verfasst, wie man eine Wirtschaft ausplündert
  5. Der nächste Hedge-Fund-Unfall kommt bestimmt
  6. „Zahnloser Schoßhund”: Briten verspotten deutsche Finanzaufsicht
  7. Rechnungshof rügt Energiewende
  8. Ausbeutung am Feld: „Made in Austria“ ist kein Garant für faire Arbeitsbedingungen
  9. CDU …
  10. Krieg ist Frieden
  11. Alle Infos zu den Ostermärschen 2021 der Friedensbewegung

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Corona
    1. Rechtfertigungsorgien aus dem Kanzleramt und konzertierte Hilfestellung von der ARD
      Es sind Offenbarungseide im halben Dutzend, die man in diesen Tagen in Deutschland erlebt. Politische Offenbarungseide, kommunikative Offenbarungseide.
      Das “Oster-Ruhe”-Desaster der vergangenen Woche war ein politisches und ein kommunikatives Desaster für die Regierenden und ihre Corona-Politik. Für eines aber könnten sie gut sein: Die Fehler liegen offen zutage – Gelegenheit für politische Beobachter, endlich mit der Regierung abzurechnen. Stattdessen erlebt man aber allerorten Schongang.
      Die größte Blöße geben sich in diesen Tagen die Medien, besonders die öffentlich-rechtlichen Sender. Wer den vergangenen Sonntagabend erlebte, der konnte nicht anders, als an eine konzertierte Aktion der ARD zur Unterstützung der Corona-Politik der Bundesregierung zu glauben.
      Zuerst ein Staatsakt: Angela Merkel bei Anne Will. Merkel sagte nicht viel, außer dass sie “nicht glücklich” sei mit den Ministerpräsidenten, den bösen, den unartigen und mit ihren Beschlüssen, den falschen. Sie sagt: “Das erfüllt mich nicht mit Freude” – und meinte Armin Laschet, als ob der dafür da wäre, ihr Freude zu bereiten. Vor einem Jahr hatte die Kanzlerin von “Öffnungs- und Lockerungsorgien” gesprochen. Was man heute von ihr hört, sind Rechtfertigungsorgien.
      Sie sagte nicht viel, aber die Moderatorin fragte noch weniger. Wie eine Debütantin auf dem Abi-Ball mit der Lehrerin, so sprach die Frau, die seit 14 Jahren mit vier Jahren Unterbrechung die Sonntagabend-Talkshow der ARD moderiert, mit der Politikerin. Es gab keine Nachfragen. Schon gar nicht nach Gründen für Merkels Politik oder nach Fakten der Pandemie: Ist der Inzidenzwert überhaupt geeignet, um das Risikopotenzial einer Epidemie einzuschätzen? Warum berücksichtigt die Kanzlerin nicht, dass ihre eigenen Experten ein Infektionsrisiko im Freien als praktisch nicht vorhanden charakterisieren?
      Stattdessen Rücksichtnahme mit der “rhetorischen Wanderdüne” Merkel (Die Welt).
      Am Tag danach nannte Die Welt das Gespräch eine “journalistische Kapitulationserklärung”, eine “Osteransprache mit Überlänge und in Interviewform. Diese sollte den Zuschauern nicht die Meinungsbildung ermöglichen, sondern den Autoritätsverlust der Kanzlerin bei den Bürgern stoppen”.
      Quelle: Telepolis
    2. „Auch Kinder sind systemrelevant“
      Psychotherapeuten, Psychiater und Ärzte warnen vor den Folgen des Lockdowns für junge Menschen. In einem Bündnis fordern sie Maßnahmen der Politik für Kinder und Jugendliche.
      Angst- und Schlafstörungen, Depressionen, Zwangs- und Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten, Suizidalität: diese Störungen beobachten Ärzte und Therapeuten seit dem zweiten Corona-Lockdown verstärkt bei Kindern und Jugendlichen. Deshalb haben sich nun fünf Verbände von Kinder- und Jugend-Psychotherapeuten, -Psychiatern und -Ärzten, die 60000 Berufsangehörige repräsentieren, zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Unter dem Motto „Kinder brauchen mehr/Jugend braucht mehr“ und unterstützt von weiteren 23 psychotherapeutischen Berufs- und Fachverbänden, fordern sie von der Politik, dem Leiden von jungen Menschen in der Corona-Krise mit einem Maßnahmenpaket zu begegnen.
      Quelle: FAZ
    3. Floridas Gouverneur im Gespräch mit Epidemiologen: Lockdowns sind der größte Fehler
      In den USA haben mittlerweile 17 Staaten die Einschränkungen zur Eindämmung von COVID-19 weitestgehend aufgehoben. Einer der Vorreiter war der US-Bundesstaat Florida, in dem es nie eine Maskenpflicht und kaum Einschränkungen gab. Auch die Schulen sind in Florida bereits seit September wieder geöffnet. Die Mainstream-Medien prophezeiten dem Bundesstaat bekanntermaßen eine Katastrophe und zahlreiche Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19. Auch US-Präsident Joe Biden sprach von einer “Neandertaler”-Entscheidung. Doch nun zeigte sich, dass die Zahl der Personen, die mit oder an COVID-19 starben, niedriger ist als in US-Durchschnitt – auch für Staaten, die einen harten Lockdown verhängten. Einer der Gründe dafür mag auch das schwül-warme Klima in Florida sein. Floridas republikanischer Gouverneur, Ron DeSantis, sieht sich in seiner Strategie jedenfalls bestätigt:
      “Was sind die linken Medien über uns hergezogen und haben gelästert, was wollten uns die Demokraten unter Druck setzen. Aber jetzt stellt sich heraus: Ich hatte recht.”
      DeSantis ließ sich bei seiner Corona-Strategie im September von verschiedenen Wissenschaftlern wie Michael Levitt und Jay Bhattacharya von der Stanford University sowie Martin Kulldorf von der Harvard Medical Schoool beraten. Bekannt wurden Kulldorf und Bhattacharya vor allem als Initiatoren der Great Barrington Declaration, in denen sich zahlreiche Mediziner sowie Epidemiologen gegen Lockdowns und stattdessen für einen gezielten Schutz der Risikogruppen einsetzten.
      Zusammen mit den Wissenschaftlern sowie der Epidemiologin Sunetra Gupta von der University of Oxford und Scott Atlas vom Medical Center der Stanford University zog Floridas Gouverneur in einer vom American Institute of Economic Research initiierten Gesprächsrunde nun Bilanz über Floridas Abschneiden in der Corona-Krise. In der Sitzung bestätigte Kulldorf, dass mittlerweile offensichtlich sei, dass Lockdowns in der Corona-Krise weitgehend wirkungslos seien. Neben dem Lockdown seien auch die Kontaktnachverfolgung und die Maskenpflicht nicht geeignet, um die vulnerablen Gruppen zu schützen. Auch Bhattacharya bestätigte:
      “Ich denke, Lockdowns sind der größte Fehler der öffentlichen Gesundheit in der Geschichte. Ich denke, Lockdowns haben, wie Martin sagte, versagt, die Schwachen zu schützen.
      Quelle: RT DE

      Anmerkung Christian Reimann: Die geäußerte Kritik am Lockdown und seinen Befürwortern könnte auch auf die Situation hierzulande übertragen werden. Die Exekutive in Bund, Ländern und Kommunen setzt engstirnig – unterstützt durch einen kleinen Beraterkreis und “Mainstream-Medien” – auf restriktive Maßnahmen.

    4. Die Corona-Krise und die Privatisierung des Gesundheitssystems
      Interview mit Werner Rügemer über die Logik des Systems: “Um die Gesundheit der Bevölkerung geht es dabei am Wenigsten”
      (…) Werner Rügemer: Ich sehe das Agieren der Bundesregierung nicht als “unglücklich”, sondern als systemisch bedingtes Management. Es beruht auf Vorentscheidungen, nämlich verschiedener Privatisierungen, die zudem im größeren Kontext stehen: Die Interessen großer Kapitalorganisatoren gehen vor, private Berater entscheiden immer mehr mit.
      Aus dieser Logik kommen die Bundes- und Landesregierungen und das parlamentarische System selbst nicht mehr heraus. Um die Gesundheit der Bevölkerung – Gesundheit nach der WHO verstanden als “umfassendes körperliches, seelisches und geistiges Wohlbefinden” – geht es dabei zum Wenigsten…
      Private Investoren kaufen öffentliche Krankenhäuser und fassen sie zu Konzernen mit Dutzenden von Einrichtungen zusammen”
      Seit wann wird diese Privatisierungs-Politik betrieben? Welche Interessen werden dabei von wem verfolgt?
      Werner Rügemer: Nach dem Zusammenbruch der DDR beschloss die Kohl-Regierung, von McKinsey beraten, 1993 das Gesundheitsstruktur-Gesetz. Damit wurde das bisherige Kostendeckungsprinzip abgelöst durch die “leistungsgerechte Vergütung”. Die Kosten im Krankenhaus werden seitdem nicht mehr nach Behandlungstagen und tagesgleichen Pflegesätzen berechnet, sondern nach dem technischen, finanziellen und personellen Aufwand für jeden einzelnen Fall…
      Private Investoren kaufen seitdem öffentliche Krankenhäuser und fassen sie zu Konzernen mit Dutzenden von Einrichtungen zusammen…
      “Für das Management der Pandemie hat die Bundesregierung so viele private Berater engagiert wie noch nie”
      …Zudem saßen die Privatisierer schon im Parlament: Abgeordnete der Regierungsparteien CDU und CSU – im Bundestag, in Landtagen, im EU-Parlament – sind gleichzeitig Unternehmer und private Berater, vertreten also nicht nur ihre Wähler, sondern sowohl sich selbst als Unternehmer wie auch andere Unternehmen, sind als hochbezahlte private Vermittler aktiv.
      Gesundheitsminister Jens Spahn ist selbst ein Privatisierungs- und Digitalisierungs-Fundamentalist. Wegen seiner Verbindung zum privaten und digitalen Medikamenten-Versand DocMorris (Niederlande/Schweiz) bezeichnete ihn das Ärzteblatt als “DocMorris-Aktivist”. Er richtete im Ministerium eine Abteilung für Digitalisierung ein, und zwar mit Personal der privatisierten Bundeswehr-Informationstechnik GmbH (BWI)….
      Quelle: Telepolis
    5. Auch die Dividenden müssen in den Lockdown
      Trotz globaler Wirtschaftskrise herrscht an den Börsen Goldgräberstimmung und zahlreiche Konzerne planen, in der anlaufenden Dividendensaison hohe Summen an ihre Aktionäre auszuschütten – obwohl viele von ihnen direkt oder indirekt von Staatshilfen profitieren.
      Im Frühjahr 2020 mussten rund um den Globus wegen der Corona-Pandemie unzählige Betriebe die Produktion einstellen, die Arbeitslosigkeit stieg binnen kürzester Zeit dramatisch an. Auch die Börsenkurse kollabierten zunächst. Doch im Verlauf des letzten Jahres haben sich Real- und Finanzwirtschaft entkoppelt. Obwohl weiterhin hunderttausende Menschen allein in Deutschland in Kurzarbeit sind und ganze Branchen sich kaum über Wasser halten können, stellen die Börsen immer neue Rekorde auf und machen Finanzakteure enorme Profite…
      Die weltweite Wirtschaftskrise scheint also an den Kapitalmärkten unbeschadet vorüberzuziehen, es herrscht sogar eine neue Goldgräberstimmung an den Börsen…
      Wie Aktionäre von den Staatshilfen profitieren.
      Neben diesen Stabilitätsfragen berühren die momentanen Entwicklungen auf den Finanzmärkten auch elementare Gerechtigkeitsaspekte. Auch in der Realwirtschaft gibt es einige Unternehmen, die gemessen an ihren Gewinnen offenbar sehr gut durch die Krise kommen – nicht zuletzt deshalb, weil ihnen der Staat kräftig unter Arme die gegriffen hat. Im April und Mai geht die sogenannte Dividendensaison in die heiße Phase. Insgesamt planen die 100 größten deutschen Aktiengesellschaften für das Geschäftsjahr 2020 knapp 40 Milliarden Euro an Gewinnen auszuschütten. Dabei profitierten viele dieser Unternehmen 2020 direkt oder indirekt von Staatshilfen, und tun dies zum Teil immer noch…
      Während die Hilfen über den WSF und die KfW schnell an die Konditionen geknüpft wurden, dass für die Laufzeit der Hilfen keine Gewinne ausgeschüttet, keine Boni gezahlt und keine Aktienrückkäufe getätigt werden dürfen, bleibt das Kurzarbeitergeld bis heute ohne Auflagen. Wenn Unternehmen jetzt planen, Milliardengewinne an ihre Eigentümer auszuschütten, ist dies teils nur möglich, weil ihnen zuvor mit Steuergeldern geholfen wurde. Es wäre nur fair, zunächst die Hilfen zurückzuzahlen und dann Gewinne auszuschütten. Zudem ist dies in vielen Fällen auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht geboten, denn die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Probleme sind noch nicht vorbei, und die Unternehmen sollten das Geld zusammenhalten, um weitere Hilfszahlungen zu vermeiden.
      Doch während Millionen Beschäftigte erhebliche Einbußen beim Gehalt hinnehmen mussten und müssen, sehen die jeweiligen Unternehmen offenbar kein Problem darin, Milliarden an Großinvestoren und Aktionäre auszuzahlen. Es wird so getan, als wäre Kurzarbeit eine gewöhnliche Versicherungsleistung. Dabei kostet sie den Steuerzahler Milliarden…
      Der Staat bezahlt, die Aktionäre kassieren
      Der ursprüngliche Gedanke hinter der Kurzarbeit, zum Vorteil für Unternehmen wie Beschäftigten in der Krise einen Stellenausbau zu verhindern, wird dadurch ausgehöhlt. Denn es ist grotesk, dass der Staat die Belegschaft bezahlt und Aktionäre und Eigentümer sich Millionenbeträge auszahlen lassen…
      Quelle: Makronom

      dazu: Sozialhilfe für Daimler-Aktionäre
      Daimler kassiert durch Kurzarbeit viel Geld vom Staat, um durch die Krise zu kommen – und zahlt seinen Aktionären noch mehr Geld als Gewinnbeteiligung aus. In den Niederlanden ist das nach Protesten der Bevölkerung verboten worden. […]
      Derweil verkündet Daimler-Chef Ola Källenius vor der Aktionärsversammlung an diesem Mittwoch frohe Botschaften. So sei es trotz Krise gelungen, die Erwartungen für das Geschäftsjahr 2020 “deutlich zu übertreffen”. Und, wie das “Handelsblatt” berichtet, sekundiert der Aufsichtsratsvorsitzende: Den Stresstest Corona-Krise, sagt Manfred Bischoff, habe der Konzern “mit Bravour bestanden”, das Unternehmen sei “für die Zukunft hervorragend aufgestellt”. In Zahlen bedeutet das: Die AnteilseignerInnen sollen mit 1,44 Milliarden Euro am Gewinn im Krisenjahr beteiligt werden, fast 50 Prozent mehr als beim letzten Mal. Auch die Aktien stehen hoch im Kurs. Während sie im Dezember 2019 – bevor Corona kam – noch mit knapp 50 Euro pro Stück bewertet wurden, sind sie aktuell auf fast 75 Euro geklettert.
      Wie gelingen solche Kunststücke in Krisenzeiten? Etwas Unterstützung scheint jedenfalls nicht abträglich. So hatte Källenius zwar im März 2020 betont, dass Daimler keine Staatshilfe benötige. Doch wenig später schickte der Konzern zehntausende Mitarbeiter in Kurzarbeit, wobei die Agentur für Arbeit 700 Millionen Euro zur Finanzierung beisteuerte. Statt das Krisengeld an die Steuergemeinschaft zurückzuzahlen, wird es nun über Umwege an Investoren durchgereicht, von denen die größten derzeit aus China und Kuwait kommen.
      Quelle: Kontext: Wochenzeitung

      und: Dividenden trotz Staatshilfen: Daimler könnte Hilfe “locker zurückzahlen”
      In der Krise erst Hilfe vom Staat in Millionenhöhe annehmen und dann für denselben Zeitraum hohe Dividenden an die Aktionäre ausschütten: Das ist nach Ansicht der Organisation Finanzwende nicht nur moralisch verwerflich. Kampagnen-Chefin Lena Blanken erklärt, warum sie das auch für betriebswirtschaftlich falsch hält.
      ntv.de: Sie wollen heute anlässlich der Hauptversammlung bei Daimler dagegen demonstrieren, dass der Konzern, der in der Corona-Krise unter anderem in der Form von Kurzarbeitergeld von staatlicher Hilfe profitierte, eine Dividende ausschüttet. Ist das ein generelles Phänomen, dass Staatshilfe indirekt an die Aktionäre fließt, oder ist Daimler ein Einzelfall?
      Lena Blanken: Daimler ist ein eindrücklicher Fall, unter anderem weil Konzernchef Ola Källenius selbst vorgerechnet hat, dass das Kurzarbeitergeld dem Unternehmen Einsparungen von 700 Millionen Euro gebracht hat. Außerdem war Daimler sehr aktiv dabei, nach immer mehr Hilfe etwa in Form von Kaufprämien zu rufen. Am Ende haben sie dann eine Lkw-Kaufprämie und eine erhöhte Prämie für E-Autos bekommen. Und jetzt sollen 1,4 Milliarden Euro an die Aktionäre ausgeschüttet werden, deutlich mehr als im letzten Jahr. Das passt für uns nicht zusammen. Aber es gibt viele weitere Fälle: Auch BMW, VW oder Adidas und viele mehr planen, Dividenden zu zahlen, obwohl sie im vergangenen Jahr Steuerzahlergeld angenommen haben. Weil das so weit verbreitet ist, appellieren wir ja auch nicht nur an die Unternehmen, sondern fordern mit einer Unterschriftenaktion von den zuständigen Ministern Olaf Scholz und Peter Altmaier, das generell zu unterbinden.
      Quelle: n-tv

    6. Finanzinvestoren sehen im Corona-Jahr 2021 in Deutschland das Jahr der Übernahmen
      Private-Equity-Firmen übernehmen nach einer Roland-Berger-Studie mehr und mehr deutsche Firmen, die natürlich auch unter den Folgen der Pandemie leiden. Besonders chinesische Firmen haben sich in Deutschland stark ausgebreitet und kaufen weiter zu. (…)
      Etwas mehr als die Hälfte der Finanzinvestoren sieht Mehrheitsbeteiligungen an Familienunternehmen als attraktivstes Investment. Rund jeder dritte Beteiligungsmanager rechnet sich Chancen bei insolventen oder notleidenden Firmen aus. Ulrike Hinrichs, Vorstandsmitglied beim Branchenverband BVK, sagt dem Handelsblatt:
      “Die Pandemie hatte das Geschäft seit dem ersten Lockdown belastet. Trotzdem kamen die Investitionen anders als in der Finanzkrise nicht zum Erliegen. Auf Verkäuferseite stehen wie im Vorjahr weiterhin oft Familien und Unternehmen. Beteiligungskapital bleibt für mittelständische Unternehmer gerade auch in schwierigen Zeiten eine wichtige Finanzierungssäule und ein Stabilitätsanker.”
      Zu den Transaktionen mit Beteiligung von Private-Equity-Häusern gehörten in den vergangenen Monaten laut BVK das Pharmaunternehmen Neuraxpharm, der Antriebssysteme-Spezialist Flender sowie Schülke & Mayr (Hygiene und Infektionsprävention).
      Auch Investoren aus China haben es auf den deutschen Mittelstand abgesehen: Immer mehr chinesische Unternehmen sind auf der Suche nach Innovationen und Technologien aus Deutschland. Ziel: die “Hidden Champions”, jene Firmen, die zwar wenig bekannt, aber Weltmarktführer auf ihrem Gebiet sind. (…)
      Ob Logistikunternehmen, Handelshäuser oder Edelboutiquen – deutsche Unternehmensbeteiligungen scheinen immer beliebter bei den Asiaten zu sein. Das Handelshaus Li & Fung Limited aus Guangzhou beliefert beispielsweise Unternehmen wie Toys R Us, die Bekleidungskonzerne Esprit, Abercrombie & Fitch und Marks & Spencer sowie die Handelsunternehmen Metro, Walmart oder Carrefour. Der Rüstungs- und Flugzeugkonzern Aviation Industry of China (AVIC) ist einer der größten chinesischen Mischkonzerne und größter Anteilseigner des deutschen Zementspezialisten KHD. Ende 2010 stieg AVIC mit 20 Prozent bei KHD ein, das Transaktionsvolumen betrug rund 45 Millionen Euro.
      Quelle: RT DE
  2. Ab in die Präsidialrepublik
    Der geplante Erweiterungsbau des Kanzleramts in Berlin steht für ein neues deutsches Regierungssystem.
    (…) Jenseits der Spree, im Regierungsviertel, soll ein bogenförmiger Neubau entstehen. Prompt monierten Bundesrechnungshof und Hauptstadtpresse die drohenden Kosten von 600 Millionen Euro. Völlig unbeachtet blieb darüber jedoch die politische Dimension des Plans: Mit seinem ständigen Mitarbeiterwachstum verschiebt das Bundeskanzleramt die fein austarierten Gewichte des parlamentarischen Regierungssystems – und erobert sich eine Stellung, die man sonst nur von Präsidialregierungen kennt…
    Statt Regierung und Parlament enger aneinanderzubinden, führt sein rapides Beamtenwachstum dazu, die Position des Kanzlers unabhängiger zu machen. Er soll auf immer mehr Politikfeldern handeln können, ohne auf seine Minister angewiesen zu sein. Ein markantes Beispiel für diese Entwicklung ist die Europapolitik. Aufgrund der vielen Dauerkrisen und der ständigen supranationalen Rücksprache hat sie Angela Merkel wie schon ihre Amtsvorgänger immer stärker zur Chefsache erklärt und dem Auswärtigen Amt entzogen…
    Ist das noch parlamentarisches Regieren? Wenn die inhaltlichen Abläufe im aufgeblähten Kanzleramt selbst den eigenen Parlamentariern wie eine Blackbox vorkommen, muss man diese Frage entschieden verneinen. Das deutsche System beginnt anderen Modellen zu ähneln, dem Präsidialsystem der Vereinigten Staaten etwa oder einer parlamentarisch-präsidentiellen Mischform wie in Frankreich. Dort sind Exekutive und Legislative voneinander entkoppelt und auf wechselseitige Kontrolle eingestellt. Das Kanzleramt hätte in einem solchen System – ähnlich dem Weißen Haus – die Rolle einer schlagkräftigen und eigenständigen Bürokratie zu spielen. Dass es dafür nun auch die baulichen Bedingungen schafft, ist da nur konsequent….
    Quelle: Zeit

    Anmerkung Marco Wenzel: Dazu auch: Merkel, Medien und die Angriffe auf den Föderalismus, NDS 30. März.

  3. Strategischer Schritt
    Es hat das Potential, die Kräfteverhältnisse im Nahen und Mittleren Osten spürbar zu verschieben: das auf 25 Jahre angelegte Kooperationsabkommen, das der chinesische Außenminister Wang Yi und sein iranischer Amtskollege Mohammad Dschawad Sarif am Sonnabend in Teheran unterzeichnet haben. Es sieht eine dichte Zusammenarbeit zwischen den zwei Staaten auf zahlreichen wichtigen Feldern vor – beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und der Telekommunikation, im Finanzwesen und in der Informationstechnologie etwa. Die Volksrepublik wird immense Summen – wie es heißt, bis zu 400 Milliarden US-Dollar – in Iran investieren und damit in einem Land, das ein tragendes Teilstück ihrer Neuen Seidenstraße werden kann. Umgekehrt bekommt Beijing von Teheran vergünstigtes Öl. Ob es stimmt, dass auch gemeinsame Manöver vorgesehen sind, ist noch unklar. Wirklich neu wäre das allerdings nicht: Bereits Ende 2019 übten die Marinen Irans, Chinas und Russlands gemeinsam die Abwehr von Piraten sowie Rettungsmaßnahmen auf hoher See.
    Dabei sichert das Abkommen der Volksrepublik nicht nur langfristig Einfluss am Persischen Golf, in einer Region also, die bekanntlich seit Jahrzehnten von den Vereinigten Staaten dominiert wird. Es hat darüber hinaus das Potential, die US-Dominanz schon kurzfristig zu schwächen – denn es ignoriert demonstrativ die Sanktionen, die auch die Biden-Administration weiterhin aufrechterhält, um Teheran zu möglichst weitreichenden politischen Zugeständnissen zu zwingen. Ohnehin hat China Anfang des Jahres begonnen, iranisches Öl in rasch zunehmenden Mengen zu importieren – ein Beleg dafür, dass Beijing und Teheran Mittel und Wege gefunden haben, die US-Sanktionen zumindest punktuell auszuhebeln. Der wachsende Ölhandel und das 25-Jahre-Abkommen eröffnen Teheran ökonomische Perspektiven, die den US-Sanktionsdruck zumindest ein wenig lindern. Washington wird möglicherweise überlegen müssen, wie lange es seine Rückkehr zum Atomabkommen noch von iranischen Zugeständnissen abhängig machen kann.
    Quelle: junge Welt
  4. Italien aufgepasst! Ministerpräsident Draghi hat einen Leitfaden verfasst, wie man eine Wirtschaft ausplündert
    Haben sie Draghis jüngsten Leitfaden zur “Wiederbelebung und Restrukturierung des Unternehmenssektors” gelesen? Er läuft darauf hinaus, die Kleinen untergehen zu lassen, Heuschrecken die Mittelständler ausschlachten und die Konzerne den Rest übernehmen zu lassen.
    Abgesehen davon, dass er an der Spitze der italienischen Regierung installiert wurde, ist Draghi seit kurzem ein Senior Mitglied der G30, einer von der Rockefeller Foundation gegründeten Gruppe. Sie bringt hochrangige Vertreter globaler Finanzkonzerne, Zentralbanker, Wissenschaftler und Inhaber anderer öffentlicher Ämter zusammen. Erst 2018 entschied der EU-Ombudsmann, dass es für den Präsidenten der Europäischen Zentralbank, damals Mario Draghi, unangemessen sei, Mitglied einer solchen gemischten Gruppe zu sein, die hinter verschlossenen Türen über Fragen der öffentlichen Politik diskutiert.
    Draghi weigerte sich damals, die Gruppe zu verlassen, verließ sie aber, sobald er sich von der Spitze der EZB verabschiedete. Seine Nachfolgerin, Christine Lagarde, wurde nicht Mitglied. Aber jetzt, als Chef einer technokratischen italienischen Regierung, scheint er es wieder in Ordnung zu finden, in dieser Gruppe mitzumachen, die Lobby-Papiere herausgibt, die sich als unparteiische Politikberatung tarnen.
    Sein jüngstes Meisterstück, das ihn für die Beförderung zum Senior-Mitglied qualifiziert zu haben scheint, war die Ko-Leitung einer Arbeitsgruppe der G30, die das Strategiepapier “Reviving and Restructuring the Corporate Sector Post-Covid. Designing Public Policy Interventions” verfasste.
    Da Draghi genau dafür eingesetzt wurde, die Verwendung der Corona-Rettungsgelder zu überwachen, ist es von besonderem Interesse, zu welchen Empfehlungen seine Arbeitsgruppe gekommen ist.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung Christian Reimann: Zu befürchten ist, dass dieses Konzept der G30 auch in Deutschland durch die hiesige Entscheidungsträgerschaft zur Anwendung kommt. Dann wären insbesondere die Worte von Bundeskanzlerin Merkel sowie ihrer Minister Altmaier (Bundesminister für Wirtschaft und Energie), Heil (Bundesminister für Arbeit und Soziales) und Scholz (Bundesfinanzminister) an Heuchelei kaum noch zu überbieten. Auffällig ist jedenfalls, dass auch hierzulande vor allem kleine und mittlere Unternehmen durch die politischen Corona-Maßnahmen von einer Schließung bedroht sind.

  5. Der nächste Hedge-Fund-Unfall kommt bestimmt
    Grossbanken sind die wichtigsten Geldgeber der Hedge-Fund-Branche und entsprechend exponiert. Die seit der Finanzkrise aufgebauten Eigenkapitalpolster helfen bis jetzt, Verluste zu absorbieren. Dennoch wäre mehr Vorsicht angebracht.
    Den jüngsten Finanzskandalen ist eines gemeinsam: An ihrem Ursprung stehen Finanzintermediäre, die nicht als Banken aufgestellt sind und auch nicht als solche reguliert und beaufsichtigt werden. Sie heissen Greensill oder Archegos und zählen zum Universum der Schattenbanken, das sich in den vergangenen Jahren weiter ausgedehnt hat.
    Quelle: NZZ
  6. „Zahnloser Schoßhund”: Briten verspotten deutsche Finanzaufsicht
    Wie unterschiedlich Wahrnehmungen sein können: Für den scheidenden Bafin-Chef gehört seine Behörde auch nach dem Wirecard-Desaster zu den besten der Welt. Die renommierte “Financial Times” wirft ihr dagegen grenzenlose Inkompetenz vor und vergleicht sie mit einem Zwergspitz.
    Im Skandal um die Wirecard-Pleite hat sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert – und muss deshalb viel Kritik einstecken. Die “Financial Times” (FT) legt heute nach: “Deutschlands Finanzaufsichtsbehörde gleicht eher einem gealterten Zwergspitz als einem dynamischen Rottweiler”, heißt es in einem Kommentar. “Der riesige Wirecard-Betrug hat die Bafin als zahnlosen Schoßhund entlarvt. Ihre Inkompetenz hallt über Deutschlands Grenzen hinaus nach.” Nicht viel besser sei es ihr im Skandal um Greensill Capital und deren Bremer Bank gegangen.
    Quelle: n-tv
  7. Rechnungshof rügt Energiewende
    Altmaier kassiert verheerendes Zeugnis
    Hohe Verbraucherkosten, nicht nachvollziehbare Kalkulationen, Gefährdung des Bevölkerungszuspruchs und eine unsichere Stromversorgung: Schlimmer könnte das Zeugnis für die Energiewende kaum ausfallen. Der Bundesrechnungshof geht mit dem Bundeswirtschaftsministerium hart ins Gericht.
    Der Bundesrechnungshof hat kurz vor Ende der Wahlperiode Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Strompreise für Privathaushalte seien die höchsten in Europa, die Energiewende teuer und die “Blackout”-Gefahr unterschätzt, kritisieren die Prüfer im Berichtsentwurf zur “Umsetzung der Energiewende”…
    Versorgungssicherheit: “unplausibel”
    Die Preise für Großverbraucher der Industrie seien moderat, die für Privathaushalte und kleinere Betriebe lägen aber teils um über 40 Prozent höher als im EU-Durchschnitt. Das Ministerium definiere nicht genau, was es mit “preisgünstiger Versorgung” meine.
    Das Wirtschaftsministerium rechtfertigt sich laut Rechnungshof beim Thema Bezahlbarkeit mit dem Hinweis, man könne diese nicht an einem Indikator festmachen. Es gehörten etwa auch Inflationsrate oder Einkommensentwicklung dazu. Die Prüfer akzeptieren dies nur teilweise und verlangen eine schärfere Definition von Bezahlbarkeit.
    Ferner sieht der Bundesrechnungshof auch die Gefahr von Stromausfällen nicht gebannt. Es entstehe im Zuge der Abschaltung von Kohle- und Atomkraftwerken eine Versorgungslücke von über fünf Gigawatt Leistung. Dies entspricht etwa zehn großen Kohlekraftwerken. “Im Übrigen sind die Annahmen des BMWI zur Versorgungssicherheit bei Elektrizität teils zu optimistisch und teils unplausibel”, heißt es. Es fehle die Untersuchung eines “Worst Case Szenarios”.
    Quelle: n-tv
  8. Ausbeutung am Feld: „Made in Austria“ ist kein Garant für faire Arbeitsbedingungen
    Die Arbeitsbedingungen für Erntehelferinnen und Erntehelfer sind miserabel. Eine EU- Initiative will die Milliarden an Agrarförderungen an Arbeitsrechte koppeln, um die Situation für LandarbeiterInnen zu verbessern. Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger will das verhindern. Maria Burgstaller, die Agrarwirtschafts-Expertin der Arbeiterkammer Wien erklärt im Kontrast-Gespräch, warum das fatal ist und dass die Herkunft aus Österreich nicht vor Ausbeutung am Feld schützt…
    Die Arbeitsbedingungen auf Europas Feldern sind nicht nur hart, sie grenzen teilweise an sklavenähnliche Verhältnisse. Hungerlöhne, keine Anmeldung oder Versicherung, miserable Unterkünfte. Brüssel wollte den Gesetzesbrüchen in europäischen Agrarbetrieben den Riegel vorschieben: Portugal hat im Zuge seiner EU-Ratspräsidentschaft vorgeschlagen, EU-Fördergelder an faire Arbeitsbedingungen für Erntehelferinnen und Erntehelfer zu knüpfen. Zwölf Länder stellen sich quer, Österreich an der Spitze. Dabei sind auch die Zustände in Österreich alles andere als „fair trade“.
    (…) Was würde die vorgeschlagene EU-Regel zur Bekämpfung der Ausbeutung bedeuten?
    Burgstaller: Viel, und das für fast alle Beteiligten! EU-weit müssten die Kontrollen ausgebaut werden und – besonders wichtig: Die EU-Kontrollbehörden hätten einen Einblick und Einfluss auf die miserablen Zustände, indem sie ebenfalls Kontrollen durchführen könnten. Davor fürchten sich bestimmte Gruppen….
    Einzig und allein schlecht wäre es für jene Betriebe, die sich nicht an Sozialstandards und Arbeitsrechte halten, denn die würden nicht mehr vom Betrug profitieren…
    Warum ist Österreichs Landwirtschaftsministerin Köstinger dagegen?
    Burgstaller: Ehrlich gesagt, das ist schwer nachvollziehbar. Denn die Mehrheit der Menschen in Österreich ist sicherlich für diese Maßnahme. Köstinger beklagt zwar hohe österreichische und schlechte ausländische Standards – in welchen Ländern die Standards besser oder schlechter sind, erzählt sie uns jedoch nicht. Wenn zu wenig kontrolliert wird, sind Standards ohnehin zahnlos. Wesentlich ist: Mit ihrer Ablehnung verhindert sie EU-weit bessere und effektivere Kontrollen und Konsequenzen bei Verstößen. Tatsache ist: Wer sich gegen verbesserte EU-weite Kontrollen ausspricht, fördert indirekt Betrug und Ausbeutung…
    Statt wirksame Maßnahmen fordert Köstinger mehr Beratung – das ist ein Affront gegen die unermüdlichen Aktivitäten der Beratungs-NGO Sezonieri und Gewerkschaften, die sich seit Jahren mit enormem Einsatz engagieren und die ErntearbeiterInnen beraten. Das ist einerseits eine Geringschätzung dieser wertvollen Arbeit, andererseits will sie uns weiß machen, dass es ein Problem der fehlenden Beratung wäre – und nicht einer bewussten Unterbezahlung.
    Österreichs Klein- und Bergbauern sind im Unterschied zum Bauernbund für die Koppelung der Gelder an Arbeitsrechte. Was würde das den Betrieben bringen? Warum sind da die Interessenslagen verschieden?
    Burgstaller: Kleinbauern und Bergbäuerinnen haben in der Regel keine Beschäftigten. Sie stehen auch in Konkurrenz zu den in Österreich mit billigen Arbeitskräften produzierten Produkten. Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen führen zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Betrieben sowohl innerhalb Österreichs als auch darüber hinaus.
    Quelle: kontrast.at

    dazu: Bittere Ernte – Bauernverband will prekäre Beschäftigung für Saisonarbeiter ausweiten
    Die deutschen Landwirtschaftsbetriebe heuern jährlich rund 300.000 Saisonkräfte an. Nur im vergangenen Jahr waren es aufgrund der Corona-Pandemie deutlich weniger. Der Deutsche Bauernverband geht davon aus, dass in diesem Jahr wieder „Normalität“ einkehrt. Das bedeutet für die Saisonarbeiter: Schwere körperliche Arbeit unter miserablen Bedingungen für Billiglohn….
    Bei der kurzfristigen Beschäftigung gibt es keine monatlichen Einkommensgrenzen, wie im Falle der ebenfalls sozialversicherungsfreien 450-Euro-Jobs. Damit eine Beschäftigung als kurzfristig eingestuft wird, gelten allerdings zwei andere Voraussetzungen: Sie darf erstens nicht „berufsmäßig“ ausgeübt werden. Das heißt, der Job muss für den Beschäftigten von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sein und nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes dienen. Zweitens darf sie nur für maximal 70 Tage im Kalenderjahr ausgeübt werden. Bis 2014 betrug diese Obergrenze noch 50 Tage. Dann wurde sie auf Druck der Landwirtschaftslobby im Rahmen des „Tarifautonomiestärkungsgesetzes“ auf 70 Kalendertage angehoben.
    Als die Bundesregierung die Landwirtschaft zu Beginn der Corona-Pandemie als „systemrelevant“ einstufte, wurde nicht nur eine Ausweitung der Arbeitszeit ermöglicht, sondern auch die kurzfristige Beschäftigung von März bis Oktober 2020 auf 115 Tage erhöht. Geht es nach der Landwirtschaftslobby, wird diese Anhebung in der Erntesaison 2021 reaktiviert.
    Aus Sicht der Kapitalseite macht das Sinn. Die meist aus Osteuropa stammenden Saisonarbeiter sind besonders billige Arbeitskräfte. Sie müssen ihre Arbeitskraft oft unter miserablen Bedingungen auf den Spargel- und Erdbeerfeldern verkaufen. Trotz schwerer körperlicher Arbeit ist eine Krankenversicherung die Ausnahme, Rentenansprüche werden nicht erworben. Die Unterbringung erfolgt häufig in menschenunwürdigen Massenunterkünften, die sich durch Überbelegung, schlechten baulichen Zustand und zu wenig Sanitäreinrichtungen auszeichnen…
    Mit der Corona-Pandemie haben sich die Rahmenbedingungen der Erntehelfer noch einmal verschlechtert. Durch die Infektionsschutz- und Quarantänebestimmungen sowie die besonderen Ein- und Ausreiseregelungen hat deren Abhängigkeit von ihren „Arbeitgebern“ erheblich zugenommen. Die Löhne werden häufig in bar am Ende der Saison und ohne transparente Abrechnung ausgezahlt. Sie sind vielfach geringer als der gesetzliche Mindestlohn. Durch Akkordlohnvereinbarungen über Mengen, die pro Tag geerntet werden müssen, werden die Löhne weiter gesenkt. Arbeitszeitaufzeichnungen werden händisch durch Vorarbeiter getätigt und von den Beschäftigten unterzeichnet, auch wenn sie die tatsächlich geleistete Arbeitszeit unterschreiten. Andernfalls droht die Kündigung.
    Ein erster Schritt, diese katastrophalen Bedingungen zu verbessern, wäre eine Erleichterung der Zutrittsregelungen für Gewerkschafter und Berater der Initiative „Faire Landarbeit“ zu den Erntehelfern. Nur so können sie über ihre Rechte aufgeklärt werden, um im nächsten Schritt gewerkschaftliche Solidarität zu organisieren.
    Quelle: Unsere Zeit

  9. CDU …
    1. Politisches Kapital: Wie Jens Spahn mit Politik Millionen machte
      Das Vermögen des Gesundheitsministers ist kein Zufall. Recherchen von t-online zeigen: Spahn verknüpfte von Beginn an seine Karriere mit Investments. Es ist sein System des Aufstiegs.
      Hartz IV bedeutet noch lange keine Armut. Eine Rentenerhöhung ist in erster Linie ein Wahlgeschenk für Senioren. Wer fürs Alter vorsorgt, darf nicht der Gekniffene sein.
      Das sagt nicht irgendwer, sondern Jens Spahn. Ein Mann, der noch nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er sich den Job des Kanzlers zutraut. Wenn es um Fragen der sozialen Gerechtigkeit geht, war der heutige Gesundheitsminister noch nie um scharfe Worte verlegen. “Vorpreschen”, nennt das einer seiner ältesten Vertrauten. Spahn sei schon immer “sehr ehrgeizig” gewesen.
      Spahn, der mit seinen 40 Jahren bereits fast die Hälfte seines Lebens im Bundestag verbracht hat, beherrscht die Mechanismen der politischen Eigenvermarktung wie nur wenige andere. Hauptsache, die Lautstärke stimmt – und das, was beim Publikum hängen bleibt. Trotz vieler Zweifler hat er immer wieder politisch davon profitiert. Spahn kann Lautsprecher, Spahn kann Kampfkandidatur – und eines Tages möglicherweise auch Kanzler.
      Das ist die eine Seite des Gesundheitsministers, die öffentliche, die politische. Die Seite, die es notwendig macht, auch die andere Seite des Jens Spahn zu erzählen.
      Quelle: T-Online
    2. Mehr als elf Millionen Euro für Gauweiler
      Der Rechtsanwalt und CSU-Politiker Peter Gauweiler hat während seiner Zeit im Bundestag als Anwalt Beraterhonorare in Höhe von mehr als elf Millionen Euro beim Milliardär August von Finck abgerechnet. Gauweiler schickte von 2008 bis 2015 regelmäßig Rechnungen über ein “vereinbartes Pauschalhonorar” an Finck. Die letzten Abrechnungen erfolgten nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag. Insgesamt waren es mehr als zwölf Millionen Euro.
      Gauweiler hat bei Finck auch die Kosten für Gutachten prominenter Professoren abgerechnet, mit deren Hilfe der CSU-Politiker beim Bundesverfassungsgericht gegen die Rettungsschirme für Griechenland und für den Euro vorging. So hatte der Rechtsanwalt und damalige CSU-Abgeordnete sich im Jahr 2012 für seine Klage die Unterstützung des Wirtschaftswissenschaftlers Hans-Werner Sinn gesichert. Am 14. März 2012 schickte Gauweiler Finck eine Rechnung in Höhe von 59 500 Euro für ein Gutachten von Sinn. Dieses Gutachten hatte Gauweilers damalige Kanzlei zuvor bezahlt. Gauweiler ließ sich die Kosten von Finck erstatten. Das geschah auch in anderen Fällen so.
      Die Millionen-Zahlungen für Gauweiler dürften nach den Maskenaffären bei CDU und CSU die Debatte über eine Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten weiter anheizen. Fincks Vorgehen wirft die Frage auf, ob der Milliardär mit den hohen Honoraren Gauweilers Anti-Europa-Kurs sowohl in der CSU wie auch im Bundestag unterstützen wollte. Finck ließ einen Fragenkatalog der SZ zunächst unbeantwortet. Gauweiler ließ mitteilen, sowohl das Bestehen eines Mandatsverhältnisses wie auch sämtliche Details eines Mandatsverhältnisses unterlägen der “strikten, gesetzlich geregelten Vertraulichkeit”.
      Quelle: Süddeutsche

      Anmerkung JK: Wie muss das wohl auf Menschen wirken, die bei schon magerem Ausgangsgehalt in Kurzarbeit sind oder ihren Job in der Corona-Krise ganz verloren haben bzw. als Selbständige, Kulturschaffende oder Gastronomen vor den Trümmern ihrer Existenz stehen? Was nur schwer erträglich ist, ist die dabei ans Tageslicht tretende absolute Skrupellosigkeit und Gier, wobei es nur darum geht sich auf schamloseste Weise selbst zu bereichern.

    3. Skandale in der Union: Fossile Verbindungen
      Die sogenannte Maskenaffäre ist für die Union sehr peinlich, aber sie verdeckt ein weit größeres Problem: Nebentätigkeiten von Unionsklimapolitikern. Eine Hauptrolle spielt der Ölstaat Aserbaidschan.
      Im September 2019 saß der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer im Studio des Berliner Lokalsenders TV.Berlin und sprach über Klimapolitik. Er lästerte ein bisschen über angeblich heuchlerische Fridays-for-Future-Proteste: »Man lässt sich von seinen Eltern zur Demonstration fahren.« »Mit dem SUV!«, sekundierte sein Gesprächspartner Peter Brinkmann. Man war sich einig, so ist das bei Brinkmann oft.
      Fischer wiederholte einige der üblichen haltlosen Behauptungen all jener, die nicht von fossilen Brennstoffen lassen wollen. Es müsse aber eben sein, so Fischer: »Die Bundesregierung hat sich zu CO2-Zielen verpflichtet, ob das sinnvoll ist oder nicht, sei dahingestellt.« Es war nicht schwer zu erraten, wie er selbst das sieht.
      Quelle: DER SPIEGEL
    4. Korruptionvorwürfe – Kritik an Karlsruher CDU-Abgeordneten wächst
      Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Bruchsal-Schwetzingen Olav Gutting hatte gute Kontakte nach Aserbaidschan. Gegen seinen Parteikollegen Axel Fischer wird wegen Korruption ermittelt.
      Die beiden verbindet einiges. Olav Gutting sitzt für den Nachbarwahlkreis von Axel Fischer im Bundestag. Beide sind in Karlsruhe geboren und im Landkreis aufgewachsen. Beide kennen sich gut und arbeiten seit Jahren zusammen. Und beide haben Verbindungen nach Aserbaidschan. Wie gut Olav Guttings Verbindungen dorthin waren – hier gehen die Meinungen derzeit auseinander.
      Quelle: SWR
    5. CDU-Politiker Kühne: Lobbyist in eigener Sache
      Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roy Kühne setzt im vergangenen Jahr einen millionenschweren Rettungsschirm für Physiotherapeuten durch – und profitiert mit seinem Unternehmen selbst davon.
      Als Roy Kühne 2013 in den deutschen Bundestag gewählt werden will, stellt er ein Wahlkampfvideo ins Internet. Man sieht Menschen aus seinem Wahlkreis, die sehr angestrengt nette Dinge über ihn sagen. Dazu werden Schriftzüge eingeblendet: “Der Verlässliche” und “Der Bodenständige”. Im Bundestag, sagt Kühne schließlich in die Kamera, werde er sich für die Menschen in der Region einsetzen. Aus heutiger Sicht muss man annehmen, dass er damit auch sich selbst gemeint hat.
      Quelle: Süddeutsche
  10. Krieg ist Frieden
    EU-Friedensfazilität als Anreizsystem für Militäreinsätze und Waffenlieferungen
    Am 22. März 2021 beschloss die EU die Regelungen für eine Europäische Friedensfazilität – klingt ja eigentlich nicht schlecht, könnte man meinen. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich die Bezeichnung allerdings als grob irreführend, geht es dabei doch darum, EU-Militäreinsätze und Waffenlieferungen an Drittstaaten künftig „besser“ als mit den bisherigen Instrumenten finanzieren zu können. Zu allem Überfluss wurde die mit über 5 Mrd. Euro ausgestattete Fazilität auch noch als Schattenhaushalt („haushaltsexternes Instrument“) in einer rechtlichen Grauzone außerhalb des EU-Haushaltes angesiedelt. Dies hat unter anderem den „Vorteil“, dass das Treiben des Finanzinstrumentes der Kontrolle durch das Europäische Parlament entzogen ist. Damit hat sich die EU eine gut bestückte und unkontrollierbare Kriegskasse zugelegt, um ihre Interessen im Globalen Süden entweder selbst oder über Stellvertreter „effektiver“ durchzusetzen. (…)
    Von den 5,7 Mrd. Euro, die über die Friedensfazilität zwischen 2021 und 2027 ausgeschüttet werden sollen, werden auf dieses Jahr 420 Millionen entfallen – der deutsche Anteil davon wird 100 Mio. Euro betragen. Davon sollen 28 Mio. Euro für die Finanzierung von Militäreinsätzen verwendet werden, die dem Einzelplan 14 („Verteidigungshaushalt“) entnommen werden. Der Rest – also 72 Prozent der Gelder – fließt in die Unterstützungsmaßnahmen für Drittstaaten und damit wohl nicht zuletzt in die Subventionierung von Rüstungsexporten.[20]
    Ein letzter Skandal rund um die EFF ist dabei die Verortung der Gelder zur „Unterstützung“ der Aufrüstungsbemühungen im Globalen Süden: Sie werden dem Allgemeinen Haushalt (Einzelplan 60) entnommen und fallen damit nicht dem Militärhaushalt „zur Last“, wo sie aber – wenn schon überhaupt – hingehören würden. Viel sinnvoller wäre es aber noch, die Friedensfazilität in ihrer aktuellen Form sofort aufzulösen und durch ein Instrument zu ersetzen, das diesen Namen auch tatsächlich verdient.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  11. Alle Infos zu den Ostermärschen 2021 der Friedensbewegung
    Die Ostermärsche finden in diesem Jahr vom 1. bis zum 5. April statt. Auf der folgenden Seite findest du alle wichtigen Informationen und Termine. Es werden dieses Jahr wieder viele Ostermärsche stattfinden. Aufgrund der aktuellen Corona-Situation bieten Veranstalter*innen auch alternative Aktionsformen an.
    Quelle: Netzwerk Friedenkooperative


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