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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 29. April 2021 um 8:22 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Die große Ungeduld
  2. Infektionsschutzmaßnahmen in der Schnittmenge von Verwaltungsanordnung und Gesetzesbefehl
  3. “Grob fahrlässig”: Vom RKI prognostizierte Schreckens-Inzidenz ist ausgeblieben
  4. Corona-Fallzahlen in Städten: Wie Geld bestimmt, wer sich infiziert
  5. Keine Daten über Durchschnittsalter von Intensivpatienten
  6. Gesundheitswesen: Entlassungswelle rollt an
  7. Brief für Verteilungsgerechtigkeit: KünstlerInnen für Vermögensteuer
  8. Studienfinanzierung: Hochschulen fordern dringende Bafög-Reform
  9. Wie internationale Investments den Wohnungsmarkt umwälzen
  10. Grüne müssen zu Klimaschulden bereit sein
  11. Friedrich Merz in der Falle
  12. USA: Joe Biden will Steuererhöhungen für Familienhilfen in Billionenhöhe
  13. Global Britain und die EU (II)
  14. AKK will bewaffnete Drohnen zum Koalitionsziel machen
  15. Der Staat und sein »Wohl«
  16. VVN-BdA wieder voll gemeinnützig: „Die Erleichterung ist riesig“
  17. Berichterstattung zu Spahn-Villa zulässig

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die große Ungeduld
    Wir leben in einer Gesellschaft, die stets um den besten Weg ringen sollte. Da ist Gehorsam keine Tugend, sondern eine Gefahr
    Hier ein Überblick über die neuen Corona-Verordnungen: „Ab null Uhr herrscht Maskenpflicht für die Sternzeichen Jungfrau, Waage und Wassermann und für alle Volvo-Fahrer, außer wenn sie grüne Socken tragen. Die Maßnahme gilt nur von 18.00 Uhr bis 21.30 Uhr, vorausgesetzt, Sie fahren einen Audi mit einer 17 im Kennzeichen. Wenn Ihre Hausfarbe gelb ist, dann dürfen Sie nicht aus dem Haus, außer es steht auf der rechten Straßenseite. Die Ausnahme entfällt jedoch, wenn ein Parkplatz davor ist.“
    Der österreichische TV-Journalist Ferdinand Wegscheider hat die Lage im vergangenen Oktober so zusammengefasst. Man sieht, sehr viel weiter sind wir seitdem nicht gekommen – abgesehen davon, dass wir nun in weiten Teilen des Landes zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens nicht mehr aus dem Haus dürfen, es sei denn, man ist allein, dann darf man bis Mitternacht draußen sein, aber nur, wenn man spazieren geht oder joggt. Wer noch später rauswill, braucht einen Hund. Wer das nicht lustig findet, ist selber schuld.
    So wie die 53 SchauspielerInnen, die die Öffentlichkeit unter dem Hashtag #allesdichtmachen auf den Humorprüfstand gestellt haben, wo dann alle durchgefallen sind – Schauspieler und Publikum. Die einen waren nicht lustig, den anderen war nicht zum Lachen. Dabei fängt Humor doch da an, wo der Spaß aufhört. Zum Beispiel bei der Corona-Politik. Hilflos und überfordert zeigt sich die Kanzlerin am Ende ihrer Amtszeit. Aber so widersprüchlich die von ihr favorisierten Maßnahmen auch sind – die meisten Medien halten zu ihr.
    Quelle: Jakob Augstein in der Freitag
  2. Infektionsschutzmaßnahmen in der Schnittmenge von Verwaltungsanordnung und Gesetzesbefehl
    Dem rechtswissenschaftlichen Beobachter bietet sich bei infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen mittlerweile das Bild einer völligen Austauschbarkeit der Handlungsformen Verwaltungsakt (Allgemeinverfügung), Rechtsverordnung und Parlamentsgesetz. Anordnungen, die als (konkret-generelle) Einzelfallregelungen beurteilt werden, wenn sie in einer Allgemeinverfügung stehen, finden sich inhaltlich identisch in Rechtsverordnungen und nunmehr auch im IfSG. (…)
    Verfassungsrechtlich liegt mit § 28b IfSG kein unzulässiger Übergriff des Bundesgesetzgebers in reservierte Exekutiv- oder Länderkompetenzen vor. Der zweifelhafte Ansatz, den für eine Allgemeinverfügung erforderlichen Einzelfall auszudehnen (vgl. auch Lehner, Verfassungsblog v. 27.3.2020), führt nicht dazu, dass es sich bei der „Bundesnotbremse“ um ein Einzelfallgesetz im verfassungsrechtlichen Sinne handelt.
    Höchst fraglich ist dagegen, ob die mit § 28b IfSG verbundenen Grundrechtseingriffe einer (in diesem Beitrag ausgeklammerten) Überprüfung standhalten: Schwere Grundrechtseingriffe ohne messbaren Nutzeffekt, wie namentlich die Ausgangssperre, lassen sich kaum rechtfertigen (vgl. dazu auch das Gutachten von Mangold). Hinzu kommt, dass der Erlass bundeseinheitlicher Bekämpfungsmaßnahmen aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgebots nicht immer möglich ist (vgl. Kluckert, in: ders., Das neue Infektionsschutzrecht, 2. Aufl. 2021, § 2 Rn. 111b f.). So kommt es beim Infektionsschutz auf passgenaue, situations- und ortsbezogene Reaktionen an. Ob dem das wenig komplexe Tatbestandsmerkmal der 100er-Inzidenz gerecht wird, erscheint zweifelhaft. Auch der Wesentlichkeitsvorbehalt kann nicht vom Bundesgesetzgeber etwas verlangen, woran ihn Verhältnismäßigkeitsgebot und allgemeiner Gleichheitssatz hindern. Problematisch ist mit Blick auf die Schranken des Grundrechts der Freiheit der Person, inwiefern speziell Eingriffe in dieses Grundrecht durch ein Gesetz (und nicht aufgrund eines Gesetzes) erfolgen dürfen (vgl. dazu Wißgott, Verfassungsblog v. 24.4.2021).
    Quelle: Sebastian Kluckert in Verfassungsblog

    dazu: Neue Lockdown-Studie – Mehr Schaden als Nutzen
    Im Kampf gegen die Corona-Pandemie setzen viele Länder auf strikte Freiheitsbeschränkungen. Ein kanadischer Ökonom hat 80 Studien zum Nutzen dieser Lockdown-Politik ausgewertet – und kommt zu einem vernichtenden Ergebnis.
    Ausgangssperren, Kontaktverbote, geschlossene Schulen, Läden und Restaurants: Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, setzen westliche Regierungen Freiheitsbeschränkungen durch, wie sie vor Beginn der Pandemie unvorstellbar schienen.
    Der kanadische Ökonom Douglas Allen zählt zu den Kritikern der Lockdown-Strategie. Er schätzt den Schaden, den diese strikten Maßnahmen anrichten, deutlich höher ein als deren Nutzen.
    Quelle: Cicero

  3. “Grob fahrlässig”: Vom RKI prognostizierte Schreckens-Inzidenz ist ausgeblieben
    Es sind vor allem Modellierungen und Prognosen, die die Grundlage für die von der Bundesregierung verhängten Corona-Maßnahmen bilden – und mitunter die Bevölkerung in Angst versetzen. So etwa die Inzidenzwert-Prognosen des Robert Koch-Instituts für die vergangenen Wochen, die ein Vielfaches über der tatsächlich eingetroffenen Realität lagen und nun für Kritik sorgen. (…)
    Gegenüber dem Bild gewährte das RKI nun Einblick in das Zustandekommen der hauseigenen, düsteren Prognosen: “Bei der Prognose wurde der Trend in die Zukunft fortgeschrieben, den wir zuvor über acht Wochen stabil beobachtet haben – und der sich zunächst auch fortsetzte wie vorhergesagt.”
    Bereits vor einigen Tagen erklärte der an den RKI-Modellierungen beteiligte Statistiker Matthias an der Heiden, dass es sich bei der Tatsache, dass der selbst vorhergesagte Trend nicht eingetreten sei, um ein “wichtiges Signal” handele, “dessen Gründe wir noch nicht genau kennen”. Im Konjunktiv fährt an der Heiden fort:
    “Es könnte mit der eingeschränkten Mobilität der Menschen sowie mit geschlossenen Betrieben und Schulen über Ostern oder mit einer Verhaltensanpassung der Bevölkerung zu tun haben.”
    Zudem sei “im Vergleich zu den Vorwochen eine geringere Anzahl von Tests durchgeführt” worden. Ob sich “die aktuelle Seitwärtsbewegung” fortsetze, bleibe “abzuwarten”. Es sei dem RKI Mitte März darum gegangen, davor zu warnen, dass sich ein stetiges exponentielles Wachstum der ansteckenderen britischen Variante B.1.1.7 hinter den Gesamtzahlen verberge.
    Gegenüber Bild meldete sich auch der Medizinstatistiker Gerd Antes zu Wort. Entwicklungen einfach fortzuschreiben, wird Antes zitiert, sei “geradezu ein fachlicher Fehler”. “Es ist ein chronischer Fehler der Modellbildung, einen Trend fortzuschreiben und naiv in die Zukunft zu schauen.” Als Statistiker wendet sich Antes nicht grundsätzlich gegen Modellierungen. Es gebe jedoch Entscheidendes zu bedenken.
    “Sie zur Grundlage für politische Entscheidungen zu machen, halte ich für grob fahrlässig. Sowohl von wissenschaftlicher Seite, diese Zahlen ohne deutliche Warnungen in den Raum zu stellen, wie auf der anderen Seite von der Politik, sie ohne kompetente Beratung zur Grundlage von weitreichenden Entscheidungen zu machen”.
    Dieses Phänomen sei “leider seit vielen Monaten” zu beobachten. Die Voraussagen für den Mai hält der Wissenschaftler für “geradezu atemberaubend”.
    Bereits Ende März sprach Antes angesichts der auf tönernen Füßen stehenden Corona-Maßnahmen der Regierung von einem “Pandemie-Bingo”. Dass etwa Urlaub im Schwarzwald verboten und in Malle erlaubt sei, gleiche einer Abschaffung der Logik. Gegenüber dem Südkurier erklärte Antes: “Mir kommt das vor wie Pandemie-Bingo und Malle hat den Hauptgewinn gezogen.”
    Zugleich sprach er von desaströsen Daten-Mängeln. Die Inzidenz als Richtwert sei der denkbar gröbste Indikator, den man für eine Beschreibung des “Infektionsgeschehens” nutzen könne. Ermittelte Mittelwerte würden Unterschiede vertuschen. “Bei Altersgruppen und Mortalitäten muss ich auf die Details dieser Gruppen blicken”, so Antes.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Es ist töricht, die Corona-Politik an Inzidenzwerten auszurichten.

  4. Corona-Fallzahlen in Städten: Wie Geld bestimmt, wer sich infiziert
    “Armut macht krank” – das gilt bereits für viele Krankheiten in Deutschland. Vor einer hohen Gefährdung von Menschen mit niedrigem Einkommen warnen Experten auch in der Corona-Krise seit Langem. Doch die Datenlage ist bisher schwach, die zu untersuchenden Faktoren sind divers, Langzeitbetrachtungen vonnöten. Jetzt liegen in mehreren Städten Daten vor, die einen Zusammenhang zwischen Wohnort, sozioökonomischen Einflüssen und der Infektionsrate belegen oder zumindest nahelegen. …
    Besonders aussagekräftig sind die Zahlen aus Hamburg. Hier hat die zuständige Sozialbehörde auf Anfrage des NDR die Corona-Fälle in der gesamten Corona-Krise von Februar 2020 bis März 2021 in Bezug auf die unterschiedlichen Stadtteile geliefert. Das Ergebnis: Wirtschaftlich schwächere Stadtteile verbuchen besonders hohe Infektionszahlen, die Villenviertel bleiben im Vergleich stärker verschont. Wo sich die Menschen anstecken, lässt sich dabei nicht sagen. Die Zahlen richten sich nach den Wohnorten der Infizierten. […]
    Anders sehen die Infektionszahlen in den Vierteln aus, wo man wesentlich besser verdient: Im Villenviertel Blankenese (Jahreseinkommen pro Kopf: 117.000 Euro) liegt die Jahresinzidenz nur bei 1.460. Hamburgs reichstes Viertel Nienstedten (Einkommen pro Kopf: 120.000 Euro) verzeichnet 2.479 Infektionen gerechnet auf 100.000 Einwohner. …
    “Menschen, die wenig Geld haben, leben oft mit mehreren Leuten in kleineren Wohnungen in engeren Stadtvierteln. Das erhöht das Infektionsrisiko”, erklärt Dragano im Gespräch mit t-online. “Sie arbeiten außerdem öfters in einfachen, schlecht bezahlten Jobs, in denen sie häufiger in Präsenz arbeiten und viele Kontakte haben müssen.” Das sei beispielsweise bei Produktionshelfern in den Werkhallen so, bei Busfahrern, aber auch bei Altenpflegekräften. Das Homeoffice stehe hingegen vor allem den akademischen Berufen offen.
    Quelle: T-Online

    Anmerkung JK: Wie bereits angemerkt, aus der Doppelhaushälfte im gemütlichen Home Office sitzend, lässt es sich wunderbar über „Solidarität“ schwadronieren und gleichzeitig ein „harter Lockdown“ fordern. Es zeigt sich aber insbesondere, dass starke soziale Ungleichheit einer der Infektionstreiber ist. Darüber schweigen aber gerade die Medien, die bisher die Durchsetzung der neoliberalen Agenda publizistisch vorangetrieben haben.

  5. Keine Daten über Durchschnittsalter von Intensivpatienten
    Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis vom Durchschnittsalter der Covid-19-Patienten auf deutschen Intensivstationen. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage der FDP mit. Demnach müssen die Krankenhäuser zwar täglich ihre Behandlungskapazitäten sowie etwa die Zahl der entlassenen Patienten und Patientinnen übermitteln. “Daten über das (Durchschnitts-)Alter von Covid-19-Patientinnen und Covid-19-Patienten mit intensivmedizinischem Behandlungsbedarf” fallen aber nicht darunter.
    Die FDP-Abgeordnete Judith Skudelny, die die Anfrage gestellt hatte, kritisierte, dass die Regierung “in Zeiten, in denen Politik und Ethikkommission über eine Impf-Priorisierung diskutieren”, die Erhebung von simplen Zahlen mit hoher Bedeutung vernachlässige. Dazu gehöre auch das Alter der Intensivpatienten. “Das ist hanebüchen und wird dem erforderlichen Weitblick zur Pandemiebekämpfung nicht gerecht.” In ihrer Antwort schreibt die Regierung indes, dass die Altersangaben der Patientinnen und Patienten mit intensivmedizinischem Versorgungsbedarf “in Kürze erhoben” werden sollen, da das Alter nunmehr als relevant für die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung in Krankenhäusern angesehen werde.
    Quelle: Tagesschau Ticker

    Anmerkung unseres Lesers R.H.: Die vergangene Zeit hat der DIVI-Präsident Gernot Marx immer wieder mitgeteilt, dass die Patienten jünger werden. Ich habe schon mehrmals beim RKI und anderen Seiten nach einer konkreten Angabe gesucht, jedoch nichts gefunden. Und heute meldet der Tagesschau Corona-Ticker die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP, dass keine Daten über Durchschnittsalter von Intensivpatienten vorhanden sind. Und auch wenn diese Daten evtl. zukünftig erhoben werden, kann doch keine Aussage getroffen werden, dass sie im Verhältnis zum z.B. Januar jünger werden. Die ganze Zahlenbasis bei Corona ist wirklich enttäuschend.

    Ergänzende Anmerkung André Tautenhahn: Unser Leser hat recht. Die Aussagen des DIVI-Präsidenten sind fragwürdig. Gestern teilte er im Tagesupdate mit, dass der Blick auf die Zahlen vermuten lasse, dass die Maßnahmen der Notbremse langsam zu greifen scheinen. So schnell plötzlich? Eine Erklärung ist das natürlich nicht, sondern lediglich eine Anpassung der Sprache an jene Kurven, die sich nun nicht so entwickeln wie vorhergesagt.

  6. Gesundheitswesen: Entlassungswelle rollt an
    Bei Tochtergesellschaft des Klinikkonzerns Sana werden über 1.000 Beschäftigte auf die Straße gesetzt – mehr als ein Drittel des Personals
    Alle Geschäftsbereiche der DGS Pro-Service GmbH, mit Ausnahme des Reinigungssektors, sollen bis zum Jahresende geschlossen werden. Von derzeit rund 3.000 Beschäftigten des Tochterunternehmens des Krankenhauskonzerns Sana verlieren mehr als 1.000 ihren Job. Die Massenentlassungen betreffen Menschen, die in der Stationsassistenz, im Hol- und Bringdienst, an den Eingangspforten sowie im Sicherheitsdienst arbeiten. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi reagierte auf diese Ankündigung mit heftiger Kritik.
    »Beschäftigten im Gesundheitswesen zu kündigen ist für sich genommen schon ein Unding.
    Das auch noch mitten in der dritten Welle der Coronapandemie zu tun, schlägt dem Fass den Boden aus«, sagte Sylvia Bühler, Mitglied im Verdi-Bundesvorstand. Ein profitabler Klinikkonzern würde Menschen vor die Tür setzen, die »in den letzten Monaten tatkräftig mitgeholfen haben, den Krankenhausbetrieb am Laufen zu halten«. Dabei gehöre Teamarbeit zum Klinikalltag, denn dort arbeiteten mehr Beschäftigtengruppen als Ärzte und Pflegefachkräfte.
    Quelle: junge Welt
  7. Brief für Verteilungsgerechtigkeit: KünstlerInnen für Vermögensteuer
    Über 100 Intellektuelle und Organisationen fordern die Regierung auf, Vermögende stärker zu belasten. Mit dabei: Annette Humpe und Maren Kroymann.
    Kanzlerin Angela Merkel redete im Dezember im Bundestag Tacheles. Als die Linkspartei-Abgeordnete Gesine Lötzsch sie fragte, wie sie den Vorschlag einer Vermögensabgabe bewerte, antwortete sie, dass sie selbst und ihre Fraktion nicht daran dächten. Die strikte Weigerung ist nichts Neues. CDU und CSU stemmen sich seit Jahren gegen Versuche, sehr reiche Menschen stärker zu besteuern.
    Doch jetzt könnte eine breit getragene gesellschaftliche Initiative frischen Wind in die Debatte bringen. Mehr als 100 KünstlerInnen, Intellektuelle und zivilgesellschaftliche Organisationen fordern angesichts der Coronakosten und der sozial-ökologischen Herausforderungen eine stärkere Besteuerung von Reichtum und mehr Verteilungsgerechtigkeit.
    In einem offenen Brief an die Bundesregierung, der der taz exklusiv vorliegt, schlagen sie die effektive Besteuerung großer Erbschaften und Schenkungen und eine einmalige Vermögensabgabe vor. Außerdem fordern sie, eine Vermögensteuer mit einem hohen Steuersatz und ausreichendem Freibetrag einzuführen. Gleichzeitig warnen sie davor, öffentliche oder soziale Ausgaben zu kürzen.
    Merkels Nein zur Vermögensabgabe zur Finanzierung der milliardenschweren Coronakosten „hat uns bestürzt“, heißt es in dem Brief wörtlich.
    Quelle: taz
  8. Studienfinanzierung: Hochschulen fordern dringende Bafög-Reform
    Mehr Geld für mehr Studierende: Weil sich das Bafög in der Krise nur teilweise als tauglich erwiesen hat, drängen Unis und Fachhochschulen auf eine Ausweitung der Studienförderung.
    Die Spitzen der Unis und Fachhochschulen in Deutschland wollen die Studienfinanzierung neu ordnen. Sie fordern eine grundlegende Reform der Ausbildungsförderung. Nicht erst die Corona-Pandemie habe »Lücken in der Förderung sichtbar gemacht«, sagte Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), am Mittwoch in Berlin.
    »Die heutige Förderung wird der Preisentwicklung bei Mieten und Lebenshaltungskosten und den viel diverser gewordenen Bildungsbiografien nicht mehr gerecht«, sagte Alt mit Blick auf das Bafög. Auch sei die Zahl derjenigen, die unterstützt werden, viel zu gering. Die HRK nannte als Ziel eine Förderquote von mehr 44,6 Prozent wie vor 50 Jahren. Damals wurde das Bafög eingeführt. Heute erhalten nur noch zwölf Prozent die Förderung.
    Die Einkommens- und Vermögensfreibeträge der Eltern müssten so bemessen sein, dass wieder eine »angemessene Förderquote« erreicht werde, sagte Alt. Außerdem müsse die Förderung verlängert werden, auf die Regelstudienzeit plus zwei Semester. Denn nur 33,6 Prozent der Studierenden hätte 2019 ihr Studium in der Regelstudienzeit abgeschlossen, aber 77 Prozent innerhalb der Regelstudienzeit zuzüglich zwei Semestern.
    Zusätzlich dringen die Hochschulen darauf, dass die bisherige Altersgrenze entfalle, »um das gesellschaftlich erwünschte und notwendige lebenslange Lernen zu fördern und den veränderten Bildungs- und Erwerbsbiografien gerecht zu werden«.
    Ein Aktionsbündnis, dem unter anderem der studentische Dachverband fzs und zahlreiche Initiativen aus dem Hochschul- und dem Gewerkschaftsmilieu angehören, teilt die Kritik der HRK. Die staatliche Studienförderung sei »nicht gut gealtert«, heißt es in einer Erklärung der Gruppe zum 50. Jahrestag der Bafög-Einführung. Die Studierendenvertreter fordern, bürokratische Hürden abzubauen sowie die Frei- und Förderbeträge zu erhöhen. »Es braucht ein Bafög, das zum Leben reicht«, sagt Nathalie Schäfer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, »zusätzlich fordern wir eine Förderung, die sich nicht so strikt an Semesterzahl oder dem Alter orientiert. Bildungsverläufe sind nicht gradlinig.«
    Quelle: DER SPIEGEL
  9. Wie internationale Investments den Wohnungsmarkt umwälzen
    Die Wohnungskrise steht erst am Anfang. Sieben Monate haben Journalistinnen und Journalisten in 16 europäischen Großstädten gemeinsam recherchiert. Das Ergebnis: Die Ursachen der Krise sind gewaltig, die neuen Akteure auch – und die Folgen für die Menschen kaum absehbar.
    In London ist seit einigen Jahren ein seltsames Phänomen zu beobachten. Wenn es dunkel wird, gehen in besonders begehrten Wohnlagen in Covent Garden oder Chelsea nur noch vereinzelte Lichter in den Fenstern an. Die Wohnungen gehören einer kosmopolitischen Elite, die in mehreren Städten Immobilien besitzt und sie nur bei ihren seltenen London-Aufenthalten braucht. Finanziell lohnt sich das trotzdem. Denn es sind gute Anlageobjekte – selbst unbewohnt.
    Quelle: Tagesspiegel
  10. Grüne müssen zu Klimaschulden bereit sein
    Wollen “Die Grünen” keine faulen Kompromisse zwischen Staatsschulden und Klimaschutz riskieren, müssen sie ihre finanzpolitischen Positionen nachschärfen.
    Die Grünen haben Konjunktur. Die nächste Regierungsbildung wird an ihnen wohl kaum vorbeiführen. Die offene Frage ist eher: Mit wem machen sie es? Schaut man in den Entwurf zum Wahlprogramm, bekommt man den Eindruck, dass konservative Kompromisse gleich mitgedacht werden. Das gilt besonders für den Finanzteil. Doch genau das könnte den Grünen gerade bei ihrem wichtigsten Thema – dem Klimaschutz – auf die Füße fallen.
    1,5 Grad heißt die ökologische Zielmarke. Wenn man die Wirtschaft ökologisch umbauen möchte, muss man bereit sein, Geld auszugeben. Viel Geld auszugeben. Mehr Geld auszugeben, als man über Steuern einziehen kann. Das heißt: Die Staatsschulden müssen steigen, deutlich steigen. Es braucht eine öffentliche Investitionsoffensive, einen großangelegten Strukturwandel. Braune Wirtschaftsbereiche müssen grün werden. Der Kern der Herausforderung dabei ist, den Strukturwandel möglichst schnell zu schaffen, ohne Arbeitslosigkeit, Inflation und soziale Härten zu produzieren.
    Quelle: Maurice Höfgen auf Makroskop
  11. Friedrich Merz in der Falle
    Der CDU-Wirtschaftsexperte erntet zu Recht Spott: Er wollte seine Kompetenz in der ökonomischen Theorie demonstrieren, bewirkte aber das Gegenteil – zur Unzeit. […]
    Die Frage ist: Haben wir heute eine Liquiditätsfalle? So wie Keynes und Hicks sich das vorgestellt hatten, sicher nicht. Allerdings liegen die Zinsen in den USA und in Europa schon lange nahe null oder nur leicht darüber, weshalb die Europäische Zentralbank und die Federal Reserve praktisch nichts mehr zusätzlich tun können, um der Wirtschaft zu helfen. Das könnte man als eine Form der Liquiditätsfalle interpretieren. Nur: Wenn man das tut, dann ist, anders als Merz nahelegt, die Verschuldung Deutschlands nicht das Problem, sondern Teil der Lösung, weil mit ihrer Hilfe ein schlimmerer Einbruch verhindert wurde.
    Quelle: Süddeutsche
  12. USA: Joe Biden will Steuererhöhungen für Familienhilfen in Billionenhöhe
    Kostenlose Vorschule, Mutterschutz, mehr Geld fürs College: Die US-Regierung plant mehr Hilfen für Eltern und Kindern. Das Geld soll von Reichen und Superreichen kommen.
    US-Präsident Joe Biden will mehr als eine Billion Dollar in die Zukunft der US-amerikanischen Kinder investieren. Dies gab das Weiße Haus als Vorgriff auf Bidens erste Rede zur Lage der Nation vor dem Kongress an diesem Mittwoch bekannt. Demnach plant die Regierung kostenlose Vorschulen für die Kleinsten, Finanzierungen in Kindergeld und in höhere Bildung. Gedeckt werden sollen die Kosten von 1,8 Billionen Dollar durch Steuererhöhungen für die Wohlhabenden.
    Quelle: ZEIT Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ein schönes Programm zum Ausbau des Sozialstaats, für US-Verhältnisse geradezu revolutionär. Zahlen müssen die allerreichsten 0,3 Prozent, unsinnige Steuergeschenke für Kapitalerträge werden rückgängig gemacht, alle (anderen) profitieren. Warum gibt es so etwas nicht in Deutschland?

    dazu: Fuß von der Bremse
    Staatsausgaben Joe Biden zeigt, wie alle davon profitieren können, dass man hohe Schulden macht
    Es war eine typisch deutsche Szene: Die einen steckten sie regungslos weg, die anderen sahen mal wieder ihre Zukunft in Trümmern. Zwanzig Minuten lang präsentierten die Parteivorsitzenden der Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, im März ihr Wahlprogramm für den Herbst. Dann stellte die erste Journalistin ihre Frage. Sie war zweigeteilt: „Können Sie da noch was drauflegen?“, fragte sie zum Klimaschutz. Und: „Vielleicht können Sie das mal ein bisschen gegenrechnen, wie Sie da auf eine vernünftige Gegenfinanzierung kommen wollen?“ Es ging um – lediglich – 50 Milliarden Euro. Die Partei will also zu wenig, aber selbst für das Wenige soll sie erst auf Geldsuche gehen. Findet sie keines, bleibt die Kasse geschlossen.
    Quelle: der Freitag

  13. Global Britain und die EU (II)
    Heftige Attacken deutscher Politiker und Medien gegen Großbritannien begleiten die Ratifizierung des Handels- und Kooperationsabkommens der EU mit dem Vereinigten Königreich. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen droht mit Strafmaßnahmen, sollte London das Abkommen nicht penibel einhalten; in Brüssel sind Strafzölle im Gespräch. Deutsche Leitmedien schüren das überkommene Ressentiment vom “hinterlistigen” Großbritannien (“perfides Albion”). Berliner Regierungsberater warnen, die schwer “belasteten” Beziehungen setzten der dringend erwünschten außen- und militärpolitischen Kooperation der EU mit dem Vereinigten Königreich “Grenzen”; es gelte daher, “in bi- und minilateralen Formaten”, zum Beispiel im Rahmen der “E3” (Deutschland, Frankreich, Großbritannien), “Vertrauen” aufzubauen, um “die Basis für eine langfristige institutionalisierte Kooperation” zu legen. Dabei wachsen die Spannungen in den Auseinandersetzungen um die Zusammenarbeit auf dem Finanzsektor weiter und drohen die Gräben zwischen beiden Seiten zu vertiefen.
    Quelle: German Foreign Policy
  14. AKK will bewaffnete Drohnen zum Koalitionsziel machen
    Bei einem Wahlsieg der Union im September will Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Bewaffnung von Drohnen als klares Ziel einer künftigen Koalition festschreiben. “Eines habe ich in dieser Legislaturperiode gelernt: Wenn die Union an den nächsten Koalitionsverhandlungen beteiligt sein sollte, und falls ich da ein Wort mitzureden habe, werde ich sehr genau darauf achten, dass das Thema Bewaffnung von Drohnen im Vertrag so formuliert ist, dass nicht wieder ein Koalitionspartner während der Legislaturperiode ausbrechen kann”, sagte die CDU-Politikerin der Zeitschrift “Internationale Politik”.
    Das Vorhaben scheitert bisher am Koalitionspartner SPD, der auf der Zielgeraden plötzlich weiteren Gesprächsbedarf angemeldet hatte. Das Thema sei, so AKK, inzwischen längst ausdiskutiert.
    Quelle: n-tv
  15. Der Staat und sein »Wohl«
    Der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz (Grüne) hat Erfahrung in der Arbeit von parlamentarischen Kontrollgremien. Er beklagt die Praxis der Bundesregierung, unter Verweis auf das »Staatswohl« Auskünfte zu verweigern: »Die Offenlegung der erfragten Informationen würde das Staatswohl in besonders hohem Maß beeinträchtigen.« So verhindern von der Bevölkerung bezahlte Funktionäre der Exekutive die Aufklärung von Staatsaffären. Den Abgeordneten wird so eine wirksame Kontrolle von Regierung und Geheimdiensten unmöglich gemacht.
    In aller Klarheit hatte der damalige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Klaus-Dieter Fritsche, die Grundlage dieser Praxis formuliert: »Es dürfen keine Staatsgeheimnisse bekannt werden, die ein Regierungshandeln unterminieren.« Nach diesem Verständnis legen die Geheimdienste selbst fest, was dem Staatswohl dient – und etablieren damit hinter einer formaldemokratischen Fassade einen »tiefen Staat«. Untersucht man weitere klandestine Aktionen staatlicher Institutionen, lässt sich der Verdacht erhärten.
    Bundesnachrichtendienst, Bundesamt und Landesämter für Verfassungsschutz können nicht kontrolliert werden. Sie stellen sich über Verfassung und Gesetze und werden dabei von staatlichen Institutionen gedeckt. Die Liste allein ihrer aufgedeckten Taten ist einer kriminellen Vereinigung würdig: Anstiftung zu Straftaten, Geheimnisverrat, Strafvereitelung, Unterdrückung von Beweismitteln; sie missachten Menschenrechte, täuschen und belügen die Öffentlichkeit und das Parlament. Sie behindern die Aufdeckung, vernichten und schwärzen massenweise Akten. Die Bundesanwaltschaft hilft beim Vertuschen, das Bundesinnenministerium blockt die Aufklärung von Morden, und das BfV gibt Politikern Handreichungen, um das »Hochkochen der Thematik« (Skandale) zu unterbinden.
    In einem System aber, in dem Geheimdienste das Staatswohl bestimmen und sich gegen Kontrolle und Kritik abschirmen, ist nicht der Staat für die Menschen da, sondern diese für den Staat, dessen Machtelite und deren Interessen. Und auch die Kritik an den Vorgängen führte nicht zu einer Demokratisierung, im Gegenteil. Nach allen großen Skandalen folgte eine Ausweitung des Personals und der Befugnisse der Geheimdienste, ihre Straftaten wurden teilweise legalisiert. Dagegen muss aus einem demokratischen Verständnis die Abschaffung der Geheimdienste gefordert werden. Wenn enthemmte Geheimdienste Feinde ins Visier nehmen und für ein selbst definiertes Staatswohl arbeiten, wird es für die Menschen gefährlich.
    Quelle: Ossietzky 08/2021
  16. VVN-BdA wieder voll gemeinnützig: „Die Erleichterung ist riesig“
    Der antifaschistischen VVN-BdA wurde 2019 die Gemeinnützigkeit entzogen. Nun erhält sie diese vollständig wieder zurück. Der Verband jubelt.
    Der Vorgang sorgte für breite Empörung: Ende 2019 entzog das Berliner Finanzamt für Körperschaften der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA) die Gemeinnützigkeit.
    Gedenkstätten, Gewerkschaften, Sozialverbände, jüdische Gemeinden, Grüne, Linke und SPD protestierten. Nun, anderthalb Jahre später, erfolgt die Kehrtwende: Das Finanzamt erkennt die Gemeinnützigkeit vollständig wieder an.
    Das geht aus einem Schreiben hervor, das die VVN-BdA – 1947 von Holocaustüberlebenden gegründet – am Dienstag von der Behörde erhielt. Der frühere Bescheid vom November 2019 mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit sei aufgehoben, alle Steuernachforderungen seien nichtig, heißt es darin. Die VVN-BdA sei „ab sofort wieder berechtigt, für Mitgliedsbeiträge und Spenden Zuwendungsbestätigungen (…) auszustellen.“
    Cornelia Kerth, Vorsitzende der VVN-BdA, reagierte gelöst auf die Nachricht. „Die Erleichterung ist riesig.“ Dass alle Steuernachzahlungen entfielen, sei „großartig“. „Die Entscheidung ist nicht nur für die VVN-BdA, sondern den Antifaschismus im Ganzen von großer Bedeutung. Die jüngste Stigmatisierung hat nun hoffentlich ein Ende.“
    Quelle: taz
  17. Berichterstattung zu Spahn-Villa zulässig
    Juristische Schlappe für den Bundesgesundheitsminister: Die mediale Berichterstattung über den Kauf einer Villa in Berlin-Dahlem im Sommer 2020 durch Jens Spahn und seinen Ehemann Daniel Funke war von vornherein rechtmäßig. Auch die Nennung des Kaufpreises von 4,125 Millionen Euro, gegen die die beiden unter anderem in einen Rechtsstreit mit junge Welt traten, war legitim. Das berichtete der Tagesspiegel am Dienstag über das Urteil zu einem Verfahren, das die Zeitung mit Spahn und Funke vor dem Oberlandesgericht Hamburg geführt hatte (Az.: 7 U 16/21). Die Berichterstattung hätte nicht unterbunden werden dürfen. Das Vermögen von Politikern wie Spahn, der einige weitere Immobilien besitzt, sei für die politische Meinungsbildung von »ganz erheblichem Interesse«, es erlaube Folgerungen »auf ihre politische Unabhängigkeit, auf ihren Geschäftssinn, aber auch auf ihre politische Ausrichtung«.
    Das Landgericht Hamburg hatte zuvor Spahns Privatsphäre höher gewichtet und einen »Blick ins Portemonnaie« per einstweiliger Verfügung untersagt. Die höhere Instanz widersprach nun diesem Beschluss, die Kosten des Rechtsstreits sollen größtenteils Spahn und Funke tragen. Der Erwerb der selbst für einen Bundesminister »ungewöhnlich teuren Immobilie« könne zudem »Anlass zu Diskussionen über das generelle Preisgefüge am Immobilienmarkt geben«, zitierte der Tagesspiegel die Richter.
    Wie Mitte April laut Recherchen der Zeitung bekannt wurde, haben Spahn und Funke den Kauf der Villa offenbar weitgehend vollständig aus Krediten der Sparkasse Westmünsterland finanziert. Dies gehe aus Grundbuchdokumenten des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg hervor. Zwischen 2009 und 2015 saß der CDU-Politiker im Verwaltungsrat der Sparkasse, dem ein CDU-Parteikollege vorsteht. Spahns Verständnis von Pressefreiheit ist noch aus einem weiteren Grund zweifelhaft: Er verlangte über seine Anwälte vom Grundbuchamt, Namen und Anfragen von Journalisten herauszugeben, die zu seinen Immobiliengeschäften recherchiert hatten.
    Quelle: junge Welt


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