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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 5. Mai 2021 um 8:35 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. „Ich war selber immer links, finde die Linken aber immer autoritärer“
  2. Verbremst?
  3. Zum Tag der Pressefreiheit: BPK-Mitglieder verfassen offenen Brief gegen kritische Fragesteller
  4. kontertext: WTF! «Cancel Culture» oder Diskurskritik
  5. Amazon: Null Unternehmenssteuern trotz Rekordgewinnen
  6. Pflegende Angehörige: 44 Milliarden Euro Wertschöpfung, trotzdem arm – Anhörung morgen im Bundestag
  7. Sparen können Sie in der Klinik nur noch bei den Ärzten
  8. Uta Meier-Gräwe: Die potentiellen Fachkräfte stecken in der Minijobfalle fest
  9. Sprungbrett ins leere Becken
  10. Solidarität statt Social Distancing
  11. Ein Erdbeben für die Politik
  12. „Ein Signal an China“
  13. »Schlacht für Frankreich«?
  14. Tschads Langzeit-Herrscher stirbt, Sohn übernimmt, Frankreich billigt
  15. 30 Kampfjets für Ägyptens Autokratie
  16. USAID-Bericht räumt Verstrickung in Regime-Change-Politik gegen Venezuela ein
  17. Regimewechsel in Syrien noch auf der westlichen Agenda
  18. Afghanistan, Schrottplatz der Großmächte

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. „Ich war selber immer links, finde die Linken aber immer autoritärer“
    #allesdichtmachen-Mitinitiator und Star-Regisseur Dietrich Brüggemann berichtet im ausführlichen Interview mit Marcel Malachowski erstmals über die wahren Beweggründe der Skandal-Aktion
    Quelle: Buchkomplizen
  2. Verbremst?
    Am Freitag debattiert der Bundestag erneut über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), das erst am 22. April, Stichwort Bundesnotbremse, geändert worden war. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat dieses Vorgehen auf einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung heute angeregt. Dem Gesetz soll in Paragraf 28c ein weiterer Satz hinzugefügt werden, der es den Ländern wiederum erlaubt, Ausnahmeregelungen zu treffen. Das sei nötig, damit die geplanten Erleichterungen für Geimpfte, Genesene und Getestete rasch Realität werden. Im Klartext heißt das also, dass die Bundesregierung erst die Kompetenz an sich zieht, weil Frau Bundeskanzlerin bei Anne Will das so verkündet hat, nun aber feststellt, dass es doch einer Länderhoheit bedarf, um entsprechende Erleichterungen für eine bestimmte Gruppe durchsetzen zu können, die bereits geimpft ist und demnach nicht mehr fürchten muss, schwer zu erkranken. Warum dann aber alle anderen noch eingeschränkt bleiben müssen, deren Risiko schwer zu erkranken auch ohne Impfung eher gering ist, überzeugt nicht, vor allem auch dann nicht, wenn immer mehr Impfstoffe einfach so auf Halde liegen.
    Quelle: TauBlog

    Anmerkung Christian Reimann: Die Exekutive in Bund und Ländern sollte (oder muss?) auch daran erinnert werden, dass die Grundrechte allen Bürgerinnen und Bürgern durch das Grundgesetz garantiert sind – und eben nicht als “Privilegien” zurückgegeben werden können/müssen.

  3. Zum Tag der Pressefreiheit: BPK-Mitglieder verfassen offenen Brief gegen kritische Fragesteller
    Ausgerechnet zum Tag der Pressefreiheit haben 58 Mitglieder der Bundespressekonferenz (BPK) einen “offenen Brief” unterzeichnet. Dieser wendet sich, ohne zunächst direkt Namen zu nennen, gegen Korrespondenten, die angeblich “Verschwörungsmythen und Desinformation” verbreiten würden. Konkrete Beispiele bleiben die Verfasser allerdings schuldig….
    Allerdings wird in dem offenen Brief kein einziges konkretes Beispiel für die erhobenen Vorwürfe bezüglich “propagandistischer Zwecke, Verbreitung von Verschwörungsmythen und Desinformation” angeführt. Der offene Brief nennt auch keine konkreten Namen oder Medien, auf die er sich beziehen könnte. Alles bleibt im Ungefähren.
    Für die Konkretisierung der angesprochenen Korrespondenten sorgen dann allerdings die Journalisten, die den offenen Brief in den sozialen Netzwerken bekannt machen. Dies geschieht mit höchst manipulativen Mitteln….
    Quelle: RT

    Anmerkung Tobias Riegel: Der Offene Brief ist eine unverhohlene Forderung nach Ausschluss von Kollegen. So heißt es dort etwa: “Wer die Bundespressekonferenz für propagandistische Zwecke und für die Verbreitung von Verschwörungsmythen und Desinformation benutzt, für Polarisierung und Profilierung, hat keinen Platz.“ Das kann nur als Armutszeugnis der Unterzeichner bezeichnet werden. Dies ist nicht der erste Angriff dieser Art, lesen Sie dazu auch “Reitschuster, RT und die Grabes-Ruhe der Bundespressekonferenz“.

  4. kontertext: WTF! «Cancel Culture» oder Diskurskritik
    (…) Gibt es «Cancel Culture»?
    Der Begriff «Cancel Culture» ist zumindest verwirrlich und wurde deshalb seinerseits auch schon gecancelt. Wer kann «absagen» und was soll daran kulturell sein?…
    In den Social Media können die Stimmen von Minderheiten heute jene traditioneller Machtinstanzen übertönen, auch wenn sie institutionell keine Macht haben. Wie auch im Hörsaal die Stimmen der StudentInnen einen Professor oder eine Professorin übertönen können. Anwürfe und Redeverbote in den Social Media stellen zwar keine institutionelle Zensur dar, aber sie zeitigen viel Wirkung und oft auch jene Konsequenzen, die sie einfordern: dass jemand gemieden wird. Sie verfügen also durchaus über jene Macht, die Michel Foucault – im Gegensatz zu repressiver Macht – eine «produktive» nennt….
    Auch wenn «Cancel Culture» als Diskursphänomen schwierig zu fassen ist, ließe sie sich doch mit Foucaults Analysen in ihrer Wirkung als «soziale Kontrolle» beschreiben. Soziale Kontrolle wird auch in modernen Gesellschaften weder vom Staat noch von der Justiz ausgeübt. Sie wirkt durch Regeln und Normalisierungsdiskurse, die er in «Überwachen und Strafen» als «Mikrophysik der Macht» beschreibt. Diese Macht ist nicht begründet in Gesetzen, sie wird von Normen transportiert, welche die modernen Subjekte als Selbstdisziplinierung annehmen….
    Foucaults Diskurskritik hätte wohl das Asoziale der sogenannten «Social Media» bald benannt. Sie spalten und radikalisieren, weil der Diskurs in ihnen kaum selbstreflexiv, sondern in erster Linie erregt ist. Skandal! Schockiert! Entsetzt!…
    Foucaults Übernahme der Frage «Wen kümmert’s wer spricht?» als «ethisches Grundprinzip» heutigen Schreibens, sein Anstoß, Diskurse nach ihrer Funktion und nicht nach ihrem Urheber zu bemessen, gilt wohl, wenn überhaupt, nur in der Literatur…
    Quelle: Infosperber
  5. Amazon: Null Unternehmenssteuern trotz Rekordgewinnen
    Die neueste Unternehmensbilanz von Amazon EU Sarl legt offen, dass Amazon an seinem Hauptsitz in der EU trotz Rekordgewinnen in 2020 keinerlei Unternehmenssteuern zahlen musste. Der Umsatz von Amazon EU Sarl stieg von 32 Milliarden € in 2019 auf 44 Milliarden € in 2020 – ein Anstieg von 37,5 Prozent. Dennoch muss Amazon EU Sarl keinerlei Unternehmenssteuern in Luxemburg zahlen, da das Unternehmen einen Verlust von 1,2 Milliarden € ausweisen konnte. Amazon musste im Jahr 2020 in Luxemburg nicht nur keine Unternehmenssteuern zahlen, sondern die luxemburgischen Steuerbehörden haben Amazon EU Sarl 56 Millionen € in Steuergutschriften gewährt. Damit hat das Unternehmen laut der britischen Tageszeitung “Guardian” insgesamt 2,7 Milliarden € Verlustvorträge, die es nutzen kann, um zu zahlende Steuern auch in Zukunft abzuwehren. Amazons Unternehmenssitz in Luxemburg wickelt den Vertrieb in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Schweden, den Niederlanden und Großbritannien ab, mit 5,262 Angestellten.
    Quelle: Sven Giegold
  6. Pflegende Angehörige: 44 Milliarden Euro Wertschöpfung, trotzdem arm – Anhörung morgen im Bundestag
    (…) „Angehörige, die pflegen, leisten Arbeit, die einer Wertschöpfung von mindestens 44 Milliarden Euro im Jahr entspricht – so viel wie die kompletten Rüstungsausgaben. Dennoch sind viele nicht nur während der Pflege arm. Denn die Lohnarbeit muss oft reduziert, häufig ganz aufgegeben werden. Und die bislang möglichen zusätzlichen Rentenansprüche sind lächerlich. Der anstrengenden und häufig mit Armut verbundenen Pflege folgt dann: Altersarmut. Diese unwürdigen Zustände müssen endlich beendet werden.
    Hinzu kommen Demütigungen verschiedener Art im Pflegealltag. Nutzen pflegende Angehörige für Entlastung und Pflegequalität einen Pflegedienst, werden die Rentenansprüche noch gesenkt. Und obwohl sich häusliche Pflege West von der Pflege Ost nicht unterscheidet, fallen die Rentenansprüche für pflegende Angehörige in Ostdeutschland niedriger aus. Und leisten Angehörige im Rentenalter Pflege, wird dafür gar nichts mehr in die Rentenkasse eingezahlt. Das gilt auch für pflegende Angehörige, die mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten. Daher fordern wir: Rentenansprüche auch im Pflegegrad 1 und für Menschen, die schon Altersrente beziehen. Höhere Leistungsbeträge in allen Pflegegraden und endlich eine Gleichstellung von pflegenden Angehörigen in Ost und West. Mit Spannung erwarte ich die Einschätzungen der Sachverständigen in der Anhörung am 5. Mai 2021 dazu.“…
    Quelle: DIE LINKE

    Dazu: Blockadekoalition bedroht die Versorgung in der Pflege
    „Gesundheitsminister Spahn ist in seiner Unverschämtheit nicht zu übertreffen: Er blockiert eine Finanzreform für eine solide und solidarische Finanzierung der Pflege bewusst und bemängelt gleichzeitig, dass im herrschenden System die dringend nötige bessere Bezahlung der Pflegekräfte zulasten der Menschen mit Pflegebedarf geht“, empört sich Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, über die Reaktion des BMG auf die Vorschläge von Hubertus Heil, in der Pflege künftig nur noch Tariflöhne zu zahlen. Die Pflegeexpertin weiter:
    „Ich fordere die Herren Heil und Spahn auf, den Wahlkampfmodus zu verlassen und die Bedingungen in der Pflege sofort für alle zu verbessern. Sonntagsreden nutzen den Betroffenen nichts, sie müssen endlich Taten sehen.
    Auch das Agieren der Caritas ist verstörend: Erst verhindert sie mit ihrem Nein zum Tarifvertrag zwischen Verdi und dem Arbeitgeberverband BVAP einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, um ihn jetzt von der Politik zu fordern. Wir haben es mit einer regelrechten Blockadekoalition zu tun, die seit Jahren Schritte zur Lösung des sich zuspitzenden Pflegenotstands verhindert. Diese Blockade beeinträchtigt die Versorgung. Die beiden Bausteine zur Lösung heißen: Solide Finanzierung ohne Eigenanteile durch eine Pflegevollversicherung und dauerhaft deutlich bessere Bezahlung der Pflegekräfte. Der Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Finanzierungsgrundlage. Hierfür hat DIE LINKE seit Jahren ein durchgerechnetes Konzept.“
    Quelle: DIE LINKE

    Dazu auch: Gesetzesvorschlag für Pflege Spahn bringt Tariflohn auf den Weg
    Gesundheitsminister Spahn hat einen Gesetzesvorschlag für höhere Löhne für Pflegekräfte vorgelegt. Damit kontert er einen Vorstoß von Arbeitsminister Heil. Eine Regelung könnte noch vor der Bundestagswahl kommen.
    Im Koalitionsstreit um gesetzliche Vorgaben für eine bessere Bezahlung von Pflegekräften hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn konkrete Vorschläge vorgelegt. Diese sollen an ein schon laufendes Gesetzgebungsverfahren angehängt werden. Vom 1. Juli 2022 an sollen demnach Versorgungsverträge nur noch mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen sein dürfen, die nach Tarifverträgen oder tarifähnlich bezahlen…
    Zur Entlastung von Pflegebedürftigen sind demnach bereits von 1. Juli dieses Jahres an Zuschläge geplant, wie aus dem Vorschlag hervorgeht. Der Eigenanteil für die reine Pflege könnte damit im zweiten Jahr im Heim um 25 Prozent sinken, im dritten Jahr um 50 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 Prozent…
    Geplant ist nun offenbar, die neuen Paragraphen kurzfristig an das schon in den Bundestag eingebrachte “Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung” anzukoppeln. Damit könnten auch die neuen Regelungen für die Altenpflege noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl verabschiedet werden…
    Quelle: Tagesschau

  7. Sparen können Sie in der Klinik nur noch bei den Ärzten
    Interview mit dem Marburger Bund
    Der Helioskonzern will in seinen Kliniken Arztstellen abbauen. Wegen der Pandemie seien weniger Patienten stationär versorgt worden und zudem würden immer mehr Behandlungen ambulant erbracht. MB-Vize Dr. Andreas Botzlar vermutet im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ ganz andere Motive.
    Ärzte Zeitung: Herr Dr. Botzlar, der Marburger Bund führt zur Zeit Tarifverhandlungen mit Helios. Man hört, da rumpelt es etwas. Und jetzt hat Helios-Vorstandschef Francesco De Meo angekündigt, in den Kliniken des Konzerns Arztstellen abbauen zu wollen. Ist das in einer Zeit grassierenden Ärztemangels für Sie nachvollziehbar?
    Dr. Andreas Botzlar: Nein, das ist widersinnig, aber wir erleben gerade so etwas wie den Beginn einer neuen Ära. Die Pflegepersonalkosten sind aus den DRG ausgegliedert worden, das ist gut und richtig so. Die Kostenoptimierer einer Klinik können jetzt aber nur noch sparen, wenn sie den ärztlichen Dienst ausdünnen. Der Helios-Konzern ist da vielleicht etwas schneller im Erkennen von veränderten Rahmenbedingungen als andere. In Helios-Kliniken werden Stellen nicht mehr nachbesetzt oder teilweise aktiv abgebaut. Oder Ärzten wird nahegelegt, in Teilzeit zu gehen. Das passiert zu einer Zeit, in der die Ärztinnen und Ärzte, die bereits da sind, schon am Anschlag arbeiten. Jetzt sagt man ihnen: „Ihr müsst das in Zukunft noch mit ein paar Leuten weniger schaffen.“
    Unsere Forderungen in den Tarifverhandlungen sind deshalb natürlich darauf gerichtet, die Belastung der Kollegen zu senken. Die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben soll besser gelingen, als dies bisher der Fall war.
    In der öffentlichen Debatte, von Verbänden hört man derzeit, dass Ärzte am Belastungslimit sind. Wo sind Kapazitäten frei?
    Es sind keine weiteren Kapazitäten frei. Aber die einzige Möglichkeit, mit der Sie momentan Profit im Krankenhaus erzielen können, besteht darin, zusätzliches Personal abzubauen. So denken diese Leute. Ganz gleich, ob die Ärzte bis zum Anschlag arbeiten.
    Bisher hieß es aber doch immer, dass die Ärzte den Krankenhäusern das Geld bringen, weil sie Leistungen erbringen, die lukrative Erlöse erzielen.
    Die Leistungen, die sie abrechnen, müssen auch weiterhin erbracht werden. Nur der Einzelne soll jetzt noch mehr machen. Da haben wir historische Beispiele. Wir hatten ja vor rund 25 Jahren noch eine sogenannte Ärzteschwemme. Die Realität sah allerdings so aus: Die einen sind Taxi gefahren und die anderen haben bis zum Umfallen gearbeitet. Es gab also kein Zuviel an ärztlicher Arbeitskraft, sondern einen Mangel an ärztlichen Arbeitsstellen. Je weniger ärztliches Personal Sie als Klinik bezahlen müssen, umso größer ist der Gewinn.
    Die Aufgabe eines Krankenhauses ist es nicht, Renditen zu erwirtschaften, sondern Gesundheit zu erhalten….
    Quelle: Ärztezeitung
  8. Uta Meier-Gräwe: Die potentiellen Fachkräfte stecken in der Minijobfalle fest
    (…) Insbesondere Zweitverdienerinnen sitzen in der Minijobfalle: Eine verheiratete Mutter mit zwei Kindern und Ehemann mit 48.000 Euro Jahreseinkommen erzielt in einem Minijob mit 10,4 Stunden pro Woche und Bruttoverdienst zehn Euro pro Stunde 5.400 Euro im Jahr.
    Bei einem Wechsel in einen regulären 20-Wochenstunden-Teilzeitjob erhöht sich das Familiennettoeinkommen aufgrund der Steuer- und Abgabenlast um gerade einmal 893 Euro zusätzlich pro Jahr. Dass sich das nicht rechnet, versteht jedes „Milchmädchen“ und bleibt im Minijob.
    Selbstgemachter Fachkräftemangel
    Arbeitgeber klagen über fehlende Fachkräfte, ein Mangel, der sich noch zuspitzen wird, vor allem auch im Bereich Bildung, Gesundheit und Sozialarbeit, in dem 29 Prozent aller Minijobber und Minijobberinnen tätig sind. Die meisten von ihnen sind Mütter, verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung oder haben ein Studium absolviert.
    Auch im Einzelhandel fehlt Personal. So berichtet ein Familienunternehmer der Rewe-Handelskette, der seine Minijobberinnen zum Umstieg in einen sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjob ermutigte, dass sich viele gern auf dieses Angebot eingelassen haben.
    Die Frauen gewannen an Selbstbewusstsein, einige konnten in ihren Abteilungen sogar leitende Funktionen übernehmen. Als sie aber feststellten, wie wenig zusätzliches Geld durch die aufgestockte Arbeitszeit bei ihnen letztlich ankam, wechselten einige der Frauen zurück in den Minijob.
    Anstatt Frauen also weiter vorzugaukeln, Minijobs hätten eine Brückenfunktion in den ersten Arbeitsmarkt, gibt es dringenden Reformbedarf. Die Sonderstellung von Minijobs bei Steuern und Sozialabgaben sollte fallen, Steuerklasse V sollte abgeschafft werden zugunsten des Modells mit zweimal Steuerklasse IV.
    Quelle: Norbert Häring
  9. Sprungbrett ins leere Becken
    300 Millionen-Projekt gegen Langzeitarbeitslosigkeit wirkungslos
    Die Regierung hat sich endlich das Thema Arbeitslosigkeit vorgenommen. Über das Projekt „Sprungbrett“ sollen Firmen Lohnzuschüsse bekommen, wenn sie Langzeitarbeitslose einstellen. Dadurch entsteht vor allem ein Verdrängungswettbewerb unter Arbeitssuchenden, aber es entstehen keine neuen Arbeitsplätze. Firmen bekommen Geld für Beschäftigte, die sie ohnehin eingestellt hätten. Dazu lässt die Regierung 3,5 Mrd. Euro aus dem Wiederaufbau Fonds der EU liegen – statt für neue Investitionen gibt sie das Geld für alte Projekte wie den Koralmtunnel aus.
    Arbeitsminister Kocher und Bundeskanzler Kurz kündigten ein 300 Millionen Euro Jobprogramm für Langzeitarbeitslose an. Die Aktion Sprungbrett klingt vielversprechend, 50.000 Jobs sollen an Menschen vermittelt werden, die schon länger als ein Jahr arbeitslos sind. Dazu soll der Staat den Unternehmen bis zu 50 Prozent der Lohnkosten ersetzen. Doch Ökonomen finden bei genauerer Betrachtung einen Haken: Die Aktion schafft keine zusätzlichen Arbeitsplätze. Oliver Picek vom Momentum-Institut stellt auf Twitter fest: „Der Lohnzuschuss verhilft einer Person zu einem Job, den sonst eine andere Person gemacht hätte. Da gibt es einen Verdrängungseffekt.“
    Aktion Sprungbrett schafft keine neuen Jobs
    Die Aktion Sprungbrett ist im Wesentlichen ein Lohnzuschuss für Unternehmen, die Langzeitarbeitslose anstellen – begleitet durch Qualifizierungsmaßnahmen. Dabei handelt es sich um ein altes und nicht sehr erfolgreiches Konzept der österreichischen Arbeitsmarktpolitik. „Lohnzuschüsse sind seit Jahren das Hauptinstrument der Förderpolitik des Arbeitsministeriums. Die Verdreifachung der Langzeitarbeitslosigkeit von 2011 bis 2017 konnten sie aber überhaupt nicht verhindern“, so Picek. Der Ökonom erklärt auch, warum: „Eine Unternehmerin schafft prinzipiell dann einen neuen, zusätzlichen Arbeitsplatz, wenn sie die notwendige Arbeitskraft braucht, um die Auftragslage abzuarbeiten. Aber nicht, weil sie für das erste Jahr einen Lohnzuschuss bekommt.“…
    Quelle: kontrast.at
  10. Solidarität statt Social Distancing
    Chancen für ein soziales Europa
    Mit dem Vertrag von Lissabon hat das Ziel einer sozialen Marktwirtschaft (Art. 3 UAbs. 1 EUV) Eingang in die EU-Verträge gefunden. Dennoch war das letzte Jahrzehnt von primär wirtschaftspolitischen Integrationsbestrebungen dominiert; der Ausbau der sozialen Dimension der Union ist hingegen fragmentarisch geblieben. Die Europäische Säule Sozialer Rechte („ESSR”) soll nun eine Trendwende einleiten.
    Die ESSR hat das Potential als Katalysator sozialen Aufschwungs zu fungieren und einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des von vielen prophezeiten Europas unterschiedlicher Geschwindigkeiten zu leisten. Ob die Säule dieser Funktion als soziale Impulsgeberin und Richtschnur politischen und legislativen Handelns gerecht werden kann, könnte schon der Mai zeigen: Auf den Sozialgipfel in Porto am 7. und 8. Mai folgt am 9. Mai, dem „Europatag”, die Eröffnung der Konferenz über die Zukunft der EU; die Realisierung des „sozialen Europas“ steht dabei ganz oben auf der Agenda.
    Die von der Kommission vorgelegten Richtlinien-Entwürfe zu angemessenen Mindestlöhnen in der Europäischen Union („Mindestlohn-Richtlinie“), sowie zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmechanismen („Lohntransparenz-Richtlinie“), könnten dabei ein wichtiger erster Schritt für ein sozialeres Europa sein. (…)
    Beide Richtlinien-Entwürfe sind im Großen und Ganzen zu begrüßen, da diese in Umsetzung der ESSR einen weiteren Schritt in Richtung eines sozialen Europas darstellen. Es bleibt zu hoffen, dass sie auch dem politischen Gegenwind (siehe etwa hier und hier) standhalten werden können.
    Vor dem Hintergrund der Covid-19 Pandemie ist nicht nur der wirtschaftliche Wiederaufbau, sondern auch der Ausbau sozialer Strukturen in der EU in den Fokus gerückt. Die auf der ESSR basierenden Initiativen könnten dabei einen wichtigen Beitrag zur Schaffung höherer gemeinsamer Sozialschutzstandards leisten. Im Rahmen des Sozialgipfels im Mai will sich die portugiesische Ratspräsidentschaft daher für die sozialpolitischen Ziele der Europäischen Säule Soziale Rechte einsetzen und „von Prinzipien zu Taten“ schreiten. Im Vorfeld des Gipfels haben jedoch bereits 11 Mitgliedsstaaten Kritik an einer potentiellen weitergehenden sozialen Integration geäußert. Letztendlich bietet die Bewältigung der weit reichenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen der „Corona-Krise“ der Union und den Mitgliedsstaaten eine Chance zur substanziellen strategischen Neuausrichtung. Ob der Paradigmenwechsel gelingt, könnte sich schon bald weisen. In Krisenzeiten zeigt sich bekanntlich der wahre Charakter.
    Quelle: Sophie Schwertner und Tensin Studer in Verfassungsblog
  11. Ein Erdbeben für die Politik
    Karlsruhe hat entschieden: Politische Verantwortung in der Klimakrise darf nicht in die Zukunft verschoben werden, Grundlage des Handelns muss der wissenschaftliche Kenntnisstand sein. Die Zeit des Green-Wischiwaschi ist vorbei. Was jetzt passieren muss.
    Wow. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Erst startet der neue US-Präsident Biden ein fulminantes Comeback auf der internationalen Klimaschutzbühne und zieht zeitgleich reihenweise Länder mit in die globale Klima-Allianz. Noch sind es nur Ankündigungen, aber die Welt hat verstanden: Klimaleugnen ist gestrig, die fossile Dominanz erschüttert und Nichtstun keine Option mehr.
    Und jetzt der Paukenschlag in Deutschland. Das Bundesverfassungsgericht fällt ein historisches Urteil: Es gibt ein Grundrecht auf den Schutz des Klimas. Freiheit bedeutet, die kommenden Generationen nicht zu schädigen. Der Gesetzgeber muss nachbessern, und zwar deutlich.
    Das oberste Gericht zitiert die Vorsorgepflicht laut Grundgesetz, Artikel 20a. Der Staat kann Lasten durch die Klimakrise nicht einfach späteren Generationen aufbürden…
    Die Karlsruher Richter:innen machen den wissenschaftlichen Kenntnisstand zur Grundlage ihres Urteils und zitieren über 40-mal aus dem letzten Gutachten des Umwelt-Sachverständigenrats. Notwendige Grundlage aller politischen Entscheidungen müsse das CO2-Budget sein, das Deutschland entsprechend dem Paris-Vertrag noch zusteht.
    Klimaziele müssen langfristig, also auch für die Zeit ab 2030, festgeschrieben werden. Und zwar konkret. Schluss also mit Green-Wischiwaschi!
    Wir müssen genauso weit denken, wie unser Handeln wirkt. Denn in den nächsten zehn Jahren fällen wir irreversible Entscheidungen für die nächsten Jahrtausende.
    Klimaschutz-Bremser ade
    Das Bundesverfassungsgericht hat diese Dimension der politischen Verantwortung spektakulär ins Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Das bahnbrechende Urteil macht klar, dass Freiheit nicht nur die Freiheit der anderen, sondern auch die Freiheit der künftigen Menschen meint.
    Dieses Rechts- und Verantwortungsverständnis konsequent zu Ende gedacht bedeutet: Klimaschutz-Bremser ade!…
    Wir hatten kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Aufgrund des starken Einflusses von Lobbyisten und Klimaschutzbremsern haben wir über 15 Jahre Zeit verloren und auf dem Rücken der nächsten Generationen gewaltige Klima-Schulden aufgehäuft…
    Quelle: Klimareporter

    Dazu: Welt steuert auf 2,4 Grad zu
    Das Pariser Klimaschutzabkommen empfiehlt eine Zunahme von maximal 1,5 Grad. Die Staatengemeinschaft bewegt sich hingegen in Richtung einer deutlich wärmeren Zukunft.
    Wenn alle bislang getroffenen Klimaschutzmaßnahmen so umgesetzt werden wie geplant, wird die globale Erderwärmung Ende des Jahrhunderts bei 2,4 Grad liegen – und damit deutlich über dem gewünschten 1,5-Grad-Ziel. Das ergibt eine Prognose des Analyseprojekts Climate Action Tracker (CAT), das der Klimaforscher Niklas Höhne am Dienstag gemeinsam mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) in Berlin vorgestellt hat….
    Um die Empfehlungen des Pariser Klimaabkommens aus dem Jahr 2015 zu erfüllen, darf der Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts maximal 1,5 Grad betragen. Dafür müssten nach den Erkenntnissen des Climate Action Trackers bis 2030 alle globalen Emissionen halbiert werden.
    Derzeit sehe es aber nicht danach aus, sagte Höhne, auch wenn es physikalisch und technisch möglich wäre. »Es klafft eine gigantische Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit…Ausreichende kurzfristige Reduktionsziele habe sich bislang kein einziges Land gesetzt, bilanzierte der Wissenschaftler.
    Quelle: Spektrum.de

    Dazu auch: Deutscher Erdüberlastungstag: Schon Anfang Mai leben wir auf Pump
    Am Mittwoch ist deutscher Erdüberlastungstag. Damit hat Deutschland schon am 5. Mai so viele Ressourcen verbraucht, wie unserem Land rechnerisch für das ganze Jahr zur Verfügung stehen. “Schon nach vier Monaten lebt Deutschland auf Pump. Der frühe deutsche Erdüberlastungstag ist ein Alarmsignal und Armutszeugnis für die verfehlte Umwelt- und Naturschutzpolitik der vergangenen Jahre”, sagt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). “Die Bundesregierung muss dringend handeln und nach dem wegweisenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts deutlich ambitioniertere Klima-Ziele und Instrumente festlegen. Zugleich muss sie die überfällige Ressourcenwende einleiten, um Deutschlands Ressourcenverbrauch dauerhaft und absolut zu senken.”
    Im Gegensatz zum weltweiten Erdüberlastungstag im Hochsommer liegt der deutsche Erdüberlastungstag bereits im Frühjahr. Gründe dafür sind unter anderem der weiterhin viel zu hohe Energieverbrauch, der steigende CO2-Ausstoß im Verkehr und in der Massentierhaltung sowie die Verunreinigung von Böden, Luft und Grundwasser.
    “Würden weltweit alle Menschen so verschwenderisch leben wie wir, bräuchte die Menschheit drei Erden, um ihren Ressourcenverbrauch zu decken. Deutschland lebt ab heute auf Pump und verschwendet die Lebensgrundlagen aller Länder und zukünftiger Generationen. Das ist zutiefst ungerecht und geht auf Kosten der Menschen im globalen Süden”, kritisiert Bandt….
    Der BUND fordert klare gesetzliche Rahmenbedingungen, um gesellschaftliche und ökologische Veränderungen zu erreichen. Bandt: “Die Zeiten eines Wirtschaftswachstums um jeden Preis sind vorbei. Unser auf Wachstum ausgerichtetes Wirtschaftssystem führt neben den katastrophalen ökologischen Auswirkungen global und hier in Deutschland zugleich zu immer gravierenderen sozialen Brüchen. Alles, was wir jetzt auf den Weg bringen, ist eine Investition in die Freiheit dieser und künftiger Generationen.”…
    Quelle: BUND

  12. „Ein Signal an China“
    EU will Freihandelsgespräche mit Indien neu starten. Schwache westliche Covid-19-Hilfe führt in Indien zu Kritik an der Westorientierung der Hindunationalisten.
    Berlin/New Delhi (Eigener Bericht) – Trotz der mörderischen Eskalation der Covid-19-Pandemie in Indien verweigert die EU weiterhin die Aussetzung von Impfstoffpatenten und dringt stattdessen auf ein Freihandelsabkommen mit dem Land. Die Wiederaufnahme entsprechender Verhandlungen soll auf dem EU-Indien-Gipfel am Samstag beschlossen werden. Ziel ist es, Indien als Geschäftsalternative zu China zu positionieren. Die Forderungen der EU umfassen traditionell die Deregulierung des Agrarsektors, gegen die indische Bauern zur Zeit in Massen protestieren. Deutsche Wirtschaftsvertreter warnen davor, allzu stark auf das Indiengeschäft zu setzen: Schon in der Vergangenheit scheiterten Bemühungen, es auszuweiten, an Indiens schwerfälliger Bürokratie und seiner schlechten Infrastruktur; auch hätten Maßnahmen der Regierung immer wieder die Interessen auswärtiger Investoren missachtet, heißt es beim BDI. Mit Blick auf die dürftige Unterstützung des Westens im Kampf gegen die Pandemie nehmen innerhalb der indischen Eliten Stimmen zu, die die Abkehr von der US-Orientierung der regierenden Hindunationalisten sowie eine Rückkehr zur Blockfreiheit fordern.
    Auf der Suche nach Alternativen
    Die EU will auf ihrem Gipfeltreffen mit Indien an diesem Samstag ihre Zusammenarbeit mit dem südasiatischen Land intensivieren. Brüssel wolle damit “klar ein Signal an China senden”, dass die Union “andere strategische Partner in Asien” suche, wird Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zitiert. So soll unter anderem über Möglichkeiten zu einer intensiveren außen- und militärpolitischen Kooperation beider Seiten beraten werden – dies zu einer Zeit, zu der Indien am Aufbau eines neuen Pakts (“Quadrilateral Security Dialogue”, “Quad”) mit den USA gegen die Volksrepublik beteiligt ist (german-foreign-policy.com berichtete)….
    Beobachter weisen darauf hin, dass Brüssel seit je für ein Freihandelsabkommen eine Deregulierung des indischen Agrarmarkts verlangt, also faktisch New Delhi beim Vorgehen gegen die Bauern den Rücken stärkt…
    Quelle: German Foreign Policy

    Dazu: Abkommen mit China: EU stoppt Fortgang der Ratifizierung
    Brüssel. Die EU setzt ihre Bemühungen zur Ratifizierung des Investitionsabkommens mit China vorläufig aus. Grund dafür seien die jüngsten »diplomatischen Zerwürfnisse« mit Beijing, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP in Brüssel. Angesichts gegenseitiger Sanktionen sei das Umfeld »für eine Ratifizierung des Abkommens derzeit nicht günstig«.
    Nach mehrjährigen Verhandlungen hatten sich die EU und China am 30. Dezember 2020 im Grundsatz auf das Investitionsabkommen geeinigt. Das Abkommen soll Unternehmen beider Seiten stabile Rahmenbedingungen für Handel und Investitionen im jeweils anderen Markt garantieren.
    In den vergangenen Monaten sind die EU und ihre Mitgliedstaaten in zunehmendem Maße auf den Konfrontationskurs der USA gegen China eingeschwenkt. Unter anderem wurden Sanktionen gegen chinesische Funktionäre erlassen, die Beijing dann erwidert hatte.
    Quelle: junge Welt

  13. »Schlacht für Frankreich«?
    Da die französischen Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr auf ein Foto-Finish zwischen dem Amtsinhaber und der rechtsnationalistischen Herausforderin Marine Le Pen hinauslaufen, häufen sich nun die Manöver, mit der auf die Wechselstimmung eingewirkt werden soll.
    Neben der noch nicht rechtskräftigen Verurteilung des früheren Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy wegen Einflussnahme auf die Justiz, sorgt ein Brief von 20 Generalen im Ruhestand für Unruhe. Die Unterzeichner betonen, es gehe ihnen um die Verteidigung der »abendländischen Zivilisation« in Frankreich und darum prangern sie die »Laschheit« der Regierung gegen die islamistischen Bedrohungen und gegen die »Horden aus den Vorstädten« an.
    »Frankreich ist in Gefahr. Wir bleiben Soldaten und können nicht ignorieren, was unserem schönen Land widerfährt«, heißt es in dem Text. Sie erklären sich solidarisch mit der »aus Verzweiflung geborenen« Bewegung der »Gelben Westen« und prangern das öffentliche »Kesseltreiben gegen die Ordnungskräfte« an, die von der Regierung nur zu oft als »Sündenböcke« geopfert würden.
    Sollten die politisch Verantwortlichen weiterhin zaudern, dann drohe wachsendes Chaos und »letztlich ein Bürgerkrieg mit Tausenden Toten«. Vor diesem Szenario hatten die Inlandsgeheimdienste bereits zu Beginn der Gelbwesten-Proteste gewarnt. Die Stimmung, gerade unter den pandemiebedingt stillgelegten Kleingewerbetreibenden, rumort heute ähnlich.
    »Ehre und Pflichtgefühl« müssten die politische Klasse wieder beseelen. Sollte das nicht geschehen, hätten ihre aktiven Kameraden keine andere Wahl als »in einer gefahrvollen Mission unsere zivilisatorischen Werte und unsere Mitbürger auf dem nationalen Territorium zu schützen«….
    Der Brief wurde initiiert von einem bekannten rechtsextremen Offizier, der sich auf seinen Einsatz in Dien Bien Phu beruft. Er wurde in einem Wochenblatt publiziert, das an jedem Kiosk zu kaufen ist und für die Nähe zum rechtsextremen Rassemblement National (RN) bekannt ist.
    Der Geist des alten Le Pen und des Front National, den er 1971 aus rechtsextremen Splittergruppen, Kameradschaften von Fremdenlegionären, monarchistischen Traditionalisten und neuheidnischen Akademiker:innen zusammenschweißte, weht wieder durchs Land.
    (…) Für die französische Linke, deren erste Sondierungsgespräche über eine gemeinsame Präsidentschaftskandidatur gerade gescheitert sind, weil die Spitzen von Kommunistischer Partei (Fabien Roussel, PCF) und La France Insoumise (Jean-Luc Mélenchon, LFI) sich durch Adjudanten vertreten ließen, sollte die Lage ein letztes unmissverständliches Warnsignal sein. Man ist noch nicht einmal zu einem gemeinsamen Appell an den Amtsinhaber fähig, ihm die Solidarität zu zeigen, wenn er entschlossen gegen die präsumtiven Putschisten vorzugehen bereit wäre.
    Quelle: Sozialismus aktuell
  14. Tschads Langzeit-Herrscher stirbt, Sohn übernimmt, Frankreich billigt
    Frankreichs enger Verbündeter Idriss Déby Itno regierte das ölreiche, zentralafrikanische Land Tschad seit 30 Jahren. Nach seinem ominösen Tod an der Front setzt das Militär unter der Führung seines Sohnes die Verfassung aus und das Parlament ab.
    Am Dienstag, 20. April 2021, starb der langjährige Herrscher des zentralafrikanischen Landes Tschad, einen Tag, nachdem er erwartungsgemäß zum Gewinner der letzten, fragwürdigen Präsidentschaftswahl am 11. April gekürt wurde. Nach Aussagen des Militärs erlag Déby nach der Rückkehr in die Hauptstadt N‘Djamena Verletzungen, die er sich bei einem Besuch seiner gegen Rebellen kämpfenden Truppen im Norden zuzog. Er sei heroisch bei der Verteidigung der territorialen Integrität des Staates gestorben, so der Sprecher des Militärs.
    In diesem Fall übernimmt laut Verfassung eigentlich der Parlamentssprecher die Amtsgeschäfte für 40 Tage und organisiert neue Wahlen. Doch das Militär setzte die Verfassung aus und löste das Parlament auf. Für die kommenden 18 Monate werde ein militärischer Übergangsrat unter Leitung des Sohns des Verstorbenen, dem Fünf-Sterne-General Mahamat Idriss Déby, das Land führen. Verfassungsrechtlich kann man von einem Putsch sprechen. Derweil wurden nächtliche Ausgangssperren verhängt und die Grenzen geschlossen.
    Was sich an der Front im Norden des Tschad abspielte, wirft jedoch Fragen auf…
    Der 68-jährige Idriss Déby regierte das Land seit 30 Jahren, nachdem er seinen Vorgänger Hissène Habré in einem von Frankreich unterstützten Putsch beseitigte. Er überlebte mehrere bewaffnete Aufstände, wobei Frankreich ihn mehrfach aus der Luft unterstützte, und ermöglichte sich durch mehrere Verfassungsänderungen stets erneute Kandidaturen…
    Westliche Verbündete stehen weiter hinter dem Militär
    Doch trotz der autokratischen Tendenzen, der katastrophalen Korruption und einer verarmten Bevölkerung, die sich trotz immenser Ölvorkommen auf Platz 187 von 189 Ländern im Human Development Index der Vereinten Nationen wiederfindet, konnte sich Déby der Unterstützung aus dem Westen gewiss sein. Besonders die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, aus der der Tschad die meisten Waffen bezieht, deckte ihm den Rücken – und war auf ihn angewiesen….
    Lippenbekenntnisse bei Protest-Toten
    Wenige Tage nachdem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, zusammen mit dem EU-Außenminister Josep Borrell, dem verstorbenen Verbündeten die letzte Ehre erwiesen, und ein Tag nachdem der Militärjunta einen neuen Premierminister einsetzte, folgten tausende den Protestaufrufen von Oppositionsparteien und Nichtregierungsorganisationen, die unter dem Motto „Wakit Tama“ („die Stunde ist gekommen“) standen. Auf den Protesten wurden anti-französische Slogans skandiert und französische Flaggen verbrannt…
    Mitläufer Deutschland
    Deutschland ist in der Region vor allem in Mali aktiv, wo im Rahmen der MINUSMA der zweitgrößte und gefährlichste Auslandseinsatz der Bundeswehr stattfindet…
    Auf die jüngsten Entwicklungen im Tschad angesprochen, habe das deutsche Außenministerium Pflüger zudem entgegnet, dass der Machtwechsel zwar verfassungswidrig sei, dies aber nicht das Ende des Engagements der BRD in der Region bedeute…
    Quelle: IMI
  15. 30 Kampfjets für Ägyptens Autokratie
    Der Milliarden-Deal: Ein großer Erfolg für die französische Rüstungsindustrie mit ein paar “Schönheitsfehlern”
    Es ist ein großes Waffengeschäft, das Kairo heute offiziell bestätigte. Ägypten kauft 30 Rafale-Kampfjets von Frankreich, Preis: 3,75 Milliarden Euro. Dazu kommen laut der Investigativ-Webseite disclose.ngo noch zwei kleinere Verkaufsabschlüsse mit den französischen Rüstungsunternehmen MBDA, spezialisiert auf Lenkflugkörper (Missiles), und Safran Electronics & Defense im Wert von 200 Millionen Euro.
    Finanziert über Kredite bei französischen Banken
    Das ist insgesamt ein Waffengeschäftsvolumen von fast vier Milliarden Euro. Finanziert wird dies nach Informationen der genannten Webseite, der nach eigenen Angaben Dokumente mit offiziellen Stempeln vorliegen, mit einem Kredit, der zu 85 Prozent vom französischen Staat garantiert werde. Geldgeber sind französische Banken mit bekannten Namen: BNP Paribas SA, Credit Agricole und die Societe Generale.
    Für die französische Regierung ist das Geschäft ein großer Erfolg…
    Gleichwohl gibt es ein paar Schönheitsfehler. Der Rafale-Kauf von Indien im Jahr 2016 wird von einer Korruptionsaffäre getrübt und im Fall des aktuellen Verkaufs an den Großkunden Ägypten (mittlerweile der viertgrößte Käufer französischer Waffen) werden Fragen danach laut, wie es denn mit der Moral stehe, mit den Menschenrechten.
    Wirtschaftlich geht es Ägypten nicht gut, die ärmeren Schichten fürchten sich vor Reformen zur Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Corona-Krise, berichtet Middle East Eye…
    Doch stellen sich Fragen, ob der Kredit für die milliardenteuren Flugzeuge im Interesse der Bevölkerung ist – zumal das neoliberale Wirtschaften unter Mubarak, das zur Verarmung der Bevölkerung beitrug, einer der Gründe für den Aufstand gegen ihn zu Beginn des Jahres 2011 war. Und nun trägt Frankreich weiter dazu bei, dass die Repression in Ägypten neuerlich gefestigt wird…
    Quelle: Telepolis
  16. USAID-Bericht räumt Verstrickung in Regime-Change-Politik gegen Venezuela ein
    Caracas. Ein von den USA unterstützter Versuch, im Jahr 2019 von Kolumbien aus Hilfsgüter nach Venezuela zu schicken, war nicht von humanitären Grundsätzen geleitet. Ein Bericht der US-Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit (USAID), die an der Operation beteiligt war, kommt zu diesem Ergebnis.
    Im Rahmen des “Venezuela Live Aid”-Konzertes, organisiert von dem britischen Milliardär und Unternehmer Nicholas Branson, sollte am 23. Februar 2019 ohne Zustimmung der venezolanischen Regierung ein LKW-Konvoi mit “humanitären Hilfsgütern” von der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta aus nach Venezuela durchbrechen.
    (…) Die USAID-Führung in Washington habe ihre Funktionäre vor Ort angewiesen, das Vorgehen “auf die Stärkung der Glaubwürdigkeit der Übergangsregierung [Guaidós] auszurichten”, heißt es in einer aktuellen Auswertung der USAID. Demnach soll die Führung der von der US-Regierung finanzierten Behörde auch die Anweisung ausgegeben haben, die Geldmittel für Organisationen der Vereinten Nationen zu minimieren, obwohl diese in Venezuela eine Infrastruktur hatten, um benötigte Hilfsgüter zu liefern.
    Die Anweisung, humanitäre Hilfslieferungen bereitzustellen, sei “nicht durch Fachwissen angetrieben” und nicht mit dem Generalinspekteur des Büros der USAID “entsprechend den Prinzipien der Neutralität, Unabhängigkeit und basierend auf Bedarfsanalysen” abgestimmt gewesen, schließt der Prüfbericht ab.
    Der venezolanische Außenminister Jorge Arreaza reagierte auf die aktuellen Veröffentlichungen und erinnerte daran, dass seine Regierung seinerzeit vor der “falschen Show der angeblichen humanitären US-Hilfe in Cúcuta” warnte. Heute erkenne USAID selbst an, dass die Behörde “Teil einer politischen Operation für einen Regime Change war”, teilte Arreaza auf Twitter mit.
    Der Diplomat verwies weiter auf andere Aktionen, die vom NATO-Partner Kolumbien ausgingen, um “Chaos und Destabilisierung” in Venezuela zu bewirken…
    Quelle: Amerika 21
  17. Regimewechsel in Syrien noch auf der westlichen Agenda
    Interview mit Ex-Botschafter Peter Ford
    (…) Frage: Was halten Sie von der Entscheidung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) von letzter Woche, Syrien die Mitgliedsrechte zu entziehen, basierend auf den Vorwürfen, dass die syrischen Regierungsstreitkräfte während des 10-jährigen Krieges wiederholt chemische Waffen eingesetzt haben? …
    Peter Ford: Die westlichen Mächte sind wie Hunde mit einem alten Knochen, wenn es um das Thema des angeblichen Einsatzes von Chemiewaffen in Syrien geht. Es ist kein Fleisch dran, aber sie nagen weiter daran herum. Und warum? Weil die Behauptung, dass “Assad sein eigenes Volk vergast”, ein Eckpfeiler der gesamten westlichen Propagandaerzählung über Syrien geworden ist. Ohne sie wäre es schwieriger, den grausamen Wirtschaftskrieg gegen Syrien zu rechtfertigen, der hauptsächlich durch Sanktionen geführt wird. Und da die militärischen Bemühungen um einen Regimewechsel gescheitert sind, ist die wirtschaftliche Kriegsführung nun die letzte Hoffnung für die westlichen Mächte, Syrien genug zu destabilisieren, um die Regierung zu stürzen. Damit diese Strategie funktioniert, sind die Westmächte mehr als bereit, die Glaubwürdigkeit der OPCW zu untergraben, indem sie ihre Fähigkeit missbrauchen, sie im syrischen Kontext zu manipulieren.
    Frage: Die Exekutive der OPCW wurde entlarvt, indem sie ihre eigenen Berichte mit dem Ziel verzerrt hat, die syrische Regierung wegen angeblicher Chemiewaffenangriffe zu belasten. Glauben Sie, dass die OPCW in einen Hebel verwandelt wurde, der es den westlichen Mächten ermöglicht, Syrien zu schikanieren, weil diese Mächte von Russland und China daran gehindert wurden, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als Mechanismus für eine Aggression gegen Syrien zu nutzen?
    Peter Ford: Die Vereinigten Staaten von Amerika und das Vereinigte Königreich haben nicht gezögert, die OPCW-Exekutive zu instrumentalisieren, um ihren Willen in Bezug auf Syrien durchzusetzen, indem sie Whistleblowing unterdrückten, selbst wenn die Fälle von Falschberichterstattung eklatant waren. Als ehemaliger Beamter der Vereinten Nationen kann ich sagen, dass internationale Organisationen fast durchweg von den USA und Großbritannien kontrolliert und benutzt werden, wobei der Sicherheitsrat glücklicherweise die Arena ist, in der sie nicht immer ihren eigenen Willen durchsetzen können. Das ärgert sie sehr und führt dazu, dass sie sogar noch weiter gehen und Organisationen wie die OPCW ausnutzen und abwerten.
    (…) Frage: Schließlich finden in Syrien am 26. Mai Präsidentschaftswahlen statt, bei denen Amtsinhaber Baschar al-Assad zur Wiederwahl antritt. Die westlichen Mächte verunglimpfen Syrien als ein “undemokratisches Regime”. Wie sehen Sie die politische Situation in Syrien? Ist es wahrscheinlich, dass Assad die Wiederwahl gewinnt?
    Peter Ford: Natürlich wird Assad gewinnen und natürlich werden die westlichen Mächte versuchen, seinen Sieg zu verunglimpfen. … Ein Großteil der gegenwärtigen westlichen Propagandaanstrengungen gegen Syrien zielt darauf ab, Assads Sieg zu verderben und ihm die Legitimität abzusprechen. Aber in Syrien selbst wird das Volk die Wahl als Besiegelung von zehn Jahren Kampf sehen, und Assad wird gestärkt in die nächste Phase des westlichen Krieges gegen Syrien gehen.
    Quelle: Anti-Krieg
  18. Afghanistan, Schrottplatz der Großmächte
    Ein Kommentar von Willy Wimmer
    Jetzt soll es auf einmal schnell gehen. Bei Präsident Trump und seinen Abzugsplänen aus Afghanistan wollte es in Berlin niemand so recht glauben, das mit dem Abzug. Jetzt ist es unumstößlich, wenn man sich ansieht, wie zügig der neue Präsident Joe Biden die vertraglichen Vereinbarungen seines Vorgängers mit den Paschtunen/Taliban über Afghanistan umzusetzen gedenkt. Damit kommt auf Berlin unausweichlich die Frage zu, was Deutschland der Einsatz der Bundeswehr neben toten deutschen Soldaten und mehr als 10 Milliarden Euro, die in Afghanistan in den Sand gesetzt worden sind, überhaupt gebracht haben soll.
    Nach der Berliner Politik-Methode kann das nur zur Folge haben, dass dies totgeschwiegen werden soll, um das vor sich her duselnde Wahlvolk nicht unsanft aufzuwecken…
    (…) Man ist es allerdings bei der NATO gewohnt, den letzten Zipfel der Legitimität krampfhaft in den Klauen zu halten, um den Parlamentariern die Möglichkeit zu geben, die Augen vor dem schiefen Gebäude der NATO-Rechtskonstruktion zu verschließen. Lange, zu lange ist es her, dass man in Deutschland sich dessen bewusst gewesen ist, mit der Völkerrechtsabteilung des Auswärtigen Amtes eine Abteilung mit Weltruf zu haben. Seit den völkerrechtswidrigen Angriffskriegen, an denen sich Deutschland über das NATO-Konstrukt beteiligen muss, ist diese Abteilung aus Berliner Gründen in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.
    (…) Wer kann sich noch daran erinnern, dass in Zusammenhang mit dem 11. September 2001 Afghanistan ein zumindest willkürlich herausgegriffenes Ziel für die amerikanische Rache gewesen ist. Die Täter stammten jedenfalls nicht aus Afghanistan, soweit sie für das verantwortlich gewesen sind, was in New York und Washington Tod und Terror verursacht hatte… Heute drängt sich der Eindruck auf, dass unter geo-strategischen Gesichtspunkten der Einsatz in Afghanistan deshalb beendet werden kann, weil das nächste Ziel mit Myanmar vor der Haustüre steht.
    Quelle: KenFM

    Dazu: Kinderhilfe Afghanistan: Truppenabzug erhöht die Sicherheit unserer Schulen
    Zumindest in den östlichen Gebieten Afghanistans werde der Abzug der NATO-Truppen die Sicherheit erhöhen, sagte Reinhard Erös von der Kinderhilfe Afghanistan im Dlf. Es sei richtig, das Land weiter humanitär zu unterstützen, die politische Entwicklung des Landes sei aber „Sache der Afghanen“.
    Die USA und ihre NATO-Partner haben am 14. April das Ende ihres annähernd 20 Jahre andauernden Afghanistan-Einsatzes angekündigt. Bis spätestens zum 11. September 2021 soll der Truppen-Abzug abgeschlossen sein. Die Soldaten der Bundeswehr sollen möglichst bis zum 4. Juli nach Deutschland zurückgeholt werden.
    Reinhard Erös von der Kinderhilfe Afghanistan geht davon aus, dass die Teile des Landes, die er kennt, durch den Abzug sicherer werden. Das größte Sicherheitsrisiko in den vergangenen Jahren seien bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den USA und den Taliban beziehungsweise den IS-Kämpfern gewesen. Die Kinderhilfe Afghanistan arbeitet im Osten des Landes, im „Hotspot der Taliban“, wie Erös sagt und betreibt dort Krankenhäuser, Waisenhäuser und Ausbildungszentren, darunter 30 Schulen.
    Erös: Man muss mit Taliban reden
    Die Kinderhilfe habe seit dem Start im Jahr 2002 alle Projekte mit den Religiösen, und das seien in gewisser Weise die Taliban, abgesprochen. Wenn Projekten zugestimmt worden sei, dann habe man sie durchgeführt und wenn Projekte abgelehnt worden seien, dann habe man sie nicht durchgeführt. In den fast 20 Jahren Arbeit der Organisation habe man keinen einzigen Angriff durch Taliban-Kämpfer erlebt. Man habe ungestört arbeiten können.
    (…) Man solle das Land im Bereich der Entwicklungshilfe weiter unterstützen – 40 Prozent der Menschen seien chronisch unterernährt –, aber nicht militärisch eingreifen. Von Afghanistan gehe keine Bedrohung für westliche Länder aus und solange das so sei, solle man sich in Machtfragen des Landes nicht einmischen. Es sei Sache der Afghanen, ob dort dann eine säkulare Demokratie nach westlicher Vorstellung entstehe oder sich das Land als islamische Republik – die es vom Namen her sei – entwickle.
    Quelle: Deutschlandfunk


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