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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 21. Juni 2021 um 8:48 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Wenn aus 1,4 Milliarden Euro mehr am Ende 400 Millionen weniger werden. Pflegepolitik am Ende (der Legislaturperiode)
  2. Vor 40 Jahren flog in Italien die mysteriöse Geheimloge P2 auf – der Skandal wurde bis heute nicht richtig aufgearbeitet
  3. Menschenrecht nach Tagesschau-Maß
  4. Corona: Können wir die Maske abschaffen? Das sagt Virologe Hendrik Streeck
  5. Ökonom fordert flexiblere Öffnungszeiten im Handel
  6. „Lokführer-Streiks werden härter und länger als bisher“
  7. Tischlein, deck dich doch selbst
  8. CSU-Vize will Rente mit 63 wieder abschaffen
  9. Mietenpolitik: Der pure Markt als Irrweg
  10. 95.000 Kinder und Jugendliche von Hartz-IV-Sanktionen betroffen
  11. Künftig wird alles kontrolliert
  12. 50 Jahre BAföG
  13. Neue Untersuchung hilft Bayer in Glyphosat-Diskussion
  14. Fleischersatz-Produkte oft viel teurer als Fleisch
  15. Wenn die Welt ausstirbt
  16. Alberto Acosta über die linke Wahlüberraschung in Peru
  17. Zu guter Letzt: Jens Spahn bestellt fünf Milliarden Deutschlandflaggen für EM

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Wenn aus 1,4 Milliarden Euro mehr am Ende 400 Millionen weniger werden. Pflegepolitik am Ende (der Legislaturperiode)
    Die »Betrachtung der Kernelemente der sogenannten „Pflegereform“ zeigt mehr als deutlich: Das ist gesetzgeberische Flickschusterei und im Ergebnis werden wir mit Luftbuchungen abgespeist, hinter der sich eine ausgewachsene Rosstäuscherei verbirgt. Bezahlen werden müssen das wieder einmal Dritte.« So mein Fazit in dem Beitrag Kurz vor dem „Nichts geht mehr“: Die „Pflegereform“ auf der Zielgeraden. Anmerkungen zu einem Etikettenschwindel mit Luftbuchungen inmitten von Flickschusterei, der hier am 4. Juni 2021 veröffentlicht wurde. Und wenige Tage später musste dann mit Blick auf viele andere Kommentierungen dessen, was die Noch-Bundesregierung uns da präsentiert hat, zusammenfassend bilanziert werden: Stückwerk, weit unter den Erwartungen, laute Kritik, das grenzt an Betrug. Eine eindeutige Bewertung dessen, was als „Pflegereform“ durch das Parlament bugsiert wird. Auch der Pflegeforscher Heinz Rothgang von der Universität Bremen kritisiert die Reform in einer Stellungnahme scharf. In einem Interview – „Bestenfalls ein Reförmchen“: Bremer Experte kritisiert Pflegereform – weist er zutreffend auf eine Umkehrung des ursprünglich seiner Meinung nach „völlig angemessenen Vorschlages“ einer Entlastung bei Eigenanteilen für pflegebedingte Kosten bei stationärer Pflege im ursprünglichen Entwurf einer Pflegereform hin, die sich noch bitter rächen wird für die betroffenen Pflegebedürftigen.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  2. Vor 40 Jahren flog in Italien die mysteriöse Geheimloge P2 auf – der Skandal wurde bis heute nicht richtig aufgearbeitet
    Durch Zufall deckten Mailänder Steuerfahnder 1981 die grösste Verschwörung in der Geschichte Italiens auf. Beteiligt waren Minister, Generäle und Richter. Sie planten erst einen Coup, begnügten sich dann aber damit, die Demokratie zu untergraben.
    Begonnen hatte alles mit einer Strafuntersuchung im Zusammenhang mit dem Kollaps des Finanzimperiums von Michele Sindona. Der mit der Liquidation beauftragte Anwalt wurde ermordet, und der sizilianische Banker versuchte, die eigene Entführung durch linke Terroristen vorzutäuschen, während er sich unter dem Schutz der Mafia versteckte.
    Im Laufe der Untersuchung tauchte wiederholt der Name Licio Gelli auf, und die zuständigen Mailänder Richter ordneten eine Durchsuchung von dessen Residenz und einer Textilfirma in der Toskana an. Dabei entdeckten Agenten der Finanzpolizei am 17. März 1981 in einem Koffer neben anderen brisanten Unterlagen ein Register, auf dem 962 Namen standen. Es wurde schnell klar, dass es sich dabei um die Mitgliederliste der sagenumwobenen Geheimloge Propaganda Due (P2) handelte, eines okkulten Ausläufers der jahrhundertealten Freimaurerloge Grande Oriente d’Italia.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Albrecht Müller: Im Vorspann der Neuen Zürcher Zeitung heißt es immerhin, die Geheimloge P2 sei geeignet, die Demokratie zu untergraben. Das ist eine richtige Einschätzung. Die Geheimloge erledigte vor rund 40 Jahren das, was zuvor die CIA in Italien angestellt hatte: Sie hat durch Eingriffe in Wahlkämpfe und andere Aktionen verhindert, dass Italien sich ein bisschen nach links öffnete.

    Italien ist kein Einzelfall und wirklich demokratische Verhältnisse waren und sind in vielen Ländern nicht anzutreffen.

    In dem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung wird mit Recht auch auf Gladio hingewiesen.

    Alle diese antidemokratischen wichtigen und großen Ereignisse – Einfluss der CIA auf die italienischen Christdemokraten, Gladios Attentate und die Geheimloge P2 – werden erstaunlich effizient verdrängt. Auch deshalb dieser Hinweis auf den wichtigen Artikel in der NZZ.

  3. Menschenrecht nach Tagesschau-Maß
    Würde und Ansprüche des georgischen Spargelstechers zählen weniger als der Schmutz an seinen Arbeitsstiefeln […]
    Auf der Suche nach dem Verbleib der Menschenrechte im NATO-Einflussbereich wäre zudem ein Blick ins Schatzkästlein der USA angeraten: Todesstrafe und grausame Hinrichtungsmethoden, vollkommene Rechtlosigkeit im Foltergefängnis Guantanamo, rassistische Übergriffe der US-Polizei gegen die eigenen Bürger, anarchische Wahlverfahren, unzählige Kriegsverbrechen in allen Ländern, die von der US-Soldateska heimgesucht wurden (6) … Davon, dass ARD-aktuell die Erinnerung an all diesen Schrecken in uns wachhielte, kann keine Rede sein. Schon gar nicht, wenn wieder mal Kanzlerin Merkel oder Außenminister Maas die deutsche Bündnistreue zum „Partner“ USA beschwören. Erst recht erweisen Tagesschau-Sendungen sich nicht als informativ bezüglich der systematischen Menschenrechtsverletzungen in „befreundeten“ Ländern wie Kolumbien, Saudi-Arabien oder Israel. (7)
    Mit dem deutschen Menschenrechtsverständnis ist es wahrlich nicht weit her. Das lässt sich am „Lieferkettengesetz“ aufzeigen, das kürzlich vom Bundestag beschlossen wurde. (8) Es ist ein Musterbeispiel für die bei uns übliche „Werte“- Heuchelei. Politiker und Journalisten der tonangebenden Medien hatten die Schamlosigkeit, dieses Gesetz als ersten Schritt zu humanen Produktionsverhältnissen, zur Bekämpfung der Kinderarbeit und der an Sklaverei grenzenden Unterdrückungsstrukturen in aller Welt auszugeben. (9) Es ist jedoch kaum mehr als eine Beruhigungspille für engagierte Gutmenschen. Es tastet die vom Westen geschaffenen Ausbeutungsverhältnisse nicht an. Dem kapitalistischen Profitstreben setzt es keine Grenzen. Es erstrahlt jedoch im typischen Berliner Glamour „so tun, als ob.“ Exakt nach Lehrbuch „1984“, präziser noch nach Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“. (10)
    Quelle: Seniora
  4. Corona: Können wir die Maske abschaffen? Das sagt Virologe Hendrik Streeck
    Es ist schwer zu sagen, ob es Herdenimmunität im klassischen Sinne geben wird, wohl aber einen Herdeneffekt. Der Impfstoff schützt vor allem vor einem schweren Verlauf und sekundär auch gut vor einer Infektion. Jedoch nicht bei jedem. Geimpfte können daher gelegentlich das Virus in sich tragen und weitergeben. Auch wissen wir nach wie vor nicht, wie viele Menschen in Deutschland sich wirklich infiziert haben. Da haben zu wenige Untersuchungen stattgefunden. Ich hatte vor geraumer Zeit sogenannte Sentinel-Studien angeregt, bei denen Abstriche auf repräsentativer Basis deutschlandweit und stichprobenartig wiederholt genommen werden. Das wäre wichtig, um zu verstehen, wie groß die Dunkelziffer der Infizierten ist, und auch um das Infektionsgeschehen besser bewerten zu können. Dies wurde, warum auch immer, so nicht gemacht. Wir agieren weiterhin leider nicht vorausschauend genug. […]
    Droht uns also ein weiterer Lockdown?
    Genau das gilt es ja zu verhindern. Ich würde mir wünschen, dass in einem interdisziplinären Pandemierat schon jetzt vorwärts gedacht wird; dass man in Planspielen durchdenkt, was im Herbst bei welchem Szenario zu tun ist. Damit uns als einzige Antwort eben nicht wieder nur der Lockdown bleibt, sondern dass sowohl der Einzelhandel als auch Kulturveranstalter und Gastronomen Planungssicherheit bekommen. Wir wissen ja inzwischen, dass mit entsprechenden Hygienekonzepten weder Geschäfte noch Gastronomie-Betriebe pauschal geschlossen werden müssen, denn ab einem gewissen Standard gibt es keine Infektion mehr. Mein Plädoyer ist, dass wir in einen vorwärtsgewandten Modus kommen, dass wir anfangen, diese Pandemie anders zu denken – und zwar so, dass möglichst alles offenbleiben kann. […]
    Wie groß sind Ihre Sorgen wegen der kursierenden Delta-Variante, die zuerst in Indien aufgetaucht ist?
    Wissen Sie, da ist mal von einer 40, mal von einer 60 oder sogar 100 Prozent erhöhten Übertragungswahrscheinlichkeit die Rede. Doch das lässt sich bisher noch nicht sagen. Die Diskussion um Varianten gehört für mich in die Virologie und Epidemiologie, aber nicht in die öffentliche Diskussion. Was wir wissen: Unsere Maßnahmen und zum Glück auch die Impfstoffe wirken genauso gut gegen die Varianten. Alle Schreckensmeldungen und Warnungen erzeugen beim Bürger nur unnötige Angst.
    Quelle: Fuldaer Zeitung

    dazu: Schmidt-Chanasit: „Lockdown? Nur, wenn man eine Strategie für das Nachher hat“
    Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit wurde beschimpft, weil er die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung kritisierte. Ein Gespräch.
    Der Berliner Jonas Schmidt-Chanasit ist Virologe, vor der Pandemie war er wegen seiner Arbeit zu Zika und Ebola bekannt. Das neue Virus Sars-CoV-2 machte den Mediziner zur öffentlichen Person. Schmidt-Chanasit trat im Fernsehen auf, äußerte sich in Talkshows. Anders als die meisten anderen deutschen Experten warb er schon früh in der Pandemie dafür, mit Testungen abgesicherte gezielte Maßnahmen zu ergreifen und Risikogruppen intensiv zu unterstützen, sich zu schützen, und hinterfragte immer wieder die Shutdown-Maßnahmen. Zu Beginn der zweiten Welle im Herbst geriet er dann medial zwischen die Fronten, als er sich für eine langfristige Strategie und gegen den Wellenbrecher-Shutdown aussprach. Schmidt-Chanasit wurde zum Abweichler und Außenseiter erklärt. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung am Wochenende spricht er über Missverständnisse in der Pandemie, die Angriffe auf ihn, seine Ostbiografie und wagt einen Ausblick auf die kommenden Monate.
    Quelle: Berliner Zeitung

  5. Ökonom fordert flexiblere Öffnungszeiten im Handel
    Der Corona-Lockdown hat vor allem beim Einzelhandel zu massiven Umsatzeinbußen geführt. Jetzt werden die Rufe nach mehr verkaufsoffenen Sonntagen lauter. Die Gewerkschaft Verdi lehnt die Forderung ab.
    Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, fordert angesichts der schwierigen Lage vieler Einzelhändler eine Lockerung der Öffnungszeiten. “Eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten ist dringend geboten, damit der stationäre Einzelhandel sich im Wettbewerb gegen den Onlinehandel behaupten und Arbeitsplätze sichern kann”, sagte Fratzscher dem “Handelsblatt”.
    Der Ökonom stellte sich damit an die Seite des Handelsverbands HDE, der eine Öffnung auch an Sonntagen fordert. “Durch die Pandemie gab es eine massive Verschiebung hin zum Onlinehandel, was sich auch nach der Pandemie nicht komplett wieder umkehren wird”, erläuterte Fratzscher.
    Quelle: t-online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Auch wenn die Läden 7 Tage die Woche 24 Stunden aufhätten, wären sie noch im Nachteil gegenüber dem Online-Handel, weil online kaufen und sich schicken lassen deutlich einfacher und schneller funktioniert als der Besuch der Innenstadt. Bei einer Sonntagsöffnung der Läden würde sich marginal mehr Umsatz auf wesentlich mehr Zeit verteilen, mit gestiegenen Kosten für die Einzelhändler und/oder noch niedrigeren Löhnen für die eh schon unterbezahlten VerkäuferInnen. Die Argumente sind alle lange bekannt und oft genug ausgetauscht. Noch mehr Druck auf die Löhne scheint die eigentliche Absicht hinter diesem “Vorstoß” zu sein. Und wenn der angeblich linke Fratzscher solche Forderungen im Verein mit der FDP stellt, dann zeigt er nur sein eigentliches neoliberales Gesicht. (Fratzscher hat sich ja schon als Vorsitzender einer Kommission zur noch weitergehenden Privatisierung öffentlicher Infrastruktur für eben diese eingesetzt.).

  6. „Lokführer-Streiks werden härter und länger als bisher“
    Endlich wieder reisen – oder? Die Lokführergewerkschaft GDL droht im Tarifstreit mit der Bahn mit einem Arbeitskampf, womöglich sogar in den Sommerferien. Die Bahn erklärt: Eine Einigung sei „eigentlich zum Greifen nah“. (…)
    Tausende Lokomotivführer und Zugbegleiter würden in den Streik eintreten, „weil sie die Nase voll haben von einer Geschäftsführung, die nur an sich denkt und die Schuld auf die Mitarbeiter abwälzen will“, sagte Weselsky. „Kommt kein Angebot, gehen wir in den Ausstand, so dass die Kunden der Bahn massive Einschränkungen spüren werden.“
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung Christian Reimann: Die Forderungen der GDL können Sie hier nachlesen.

  7. Tischlein, deck dich doch selbst
    Hoteliers und Gastronomen hoffen auf einen Neustart – aber viele können gar nicht öffnen, obwohl die Coronaregeln es zuließen: Sie finden kein Personal. (…)
    Ein aktuelles Stimmungsbild unter Mitgliedern des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) zeigt, wie eng es in vielen Betrieben beim Neustart in die für viele existenzielle Sommersaison aussieht. Ein Drittel der Unternehmen, die derzeit noch nicht geöffnet haben, gab »fehlende Mitarbeiter« als Grund an. Mehr als 42 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in andere Branchen abgewandert seien.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Aus eigener Erfahrung in den letzten Wochen kann ich das nicht bestätigen. Aber selbst, wenn die Arbeitskräfte fehlen, dann hat sich das die Gastronomiebranche mit ihren unterirdischen Arbeitsbedingungen selbst und hart erarbeitet. Was soll also das Gejammere über den angeblichen Fachkräftemangel, den es natürlich nicht gibt, weil man eben Fachkräfte – und auch gute Aushilfen – nicht zum deutschen Hunger-Mindestlohn bekommt?

  8. CSU-Vize will Rente mit 63 wieder abschaffen
    CSU-Vize Manfred Weber hat sich dafür ausgesprochen, zugunsten einer Ausweitung der Mütterrente bei der Rente mit 63 Jahren zu sparen. “Wenn wir neue Ausgaben vorschlagen, müssen wir aber in anderen Bereichen weniger ausgeben”, sagte der CSU-Europapolitiker der “Augsburger Allgemeinen”.
    “Die Mütterrente ist eine Gerechtigkeitsfrage”, betonte Weber. Auf die Frage nach Sparpotenzial sagte er: “Wir sollten zum Beispiel feststellen, dass die von der SPD vorangetriebene Entscheidung, die Menschen schon mit 63 in Rente gehen zu lassen, weder ein Beitrag zur Stabilität des Systems noch zur Generationengerechtigkeit darstellt.” Er sei für “Ehrlichkeit, was geht und was nicht”, sagte Weber.
    Quelle: t-online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Es ist immer wieder interessant, was bei der CSU angeblich “geht”, und was “nicht geht”: die “Rente mit 63” mit Kosten von 1-2 Milliarden Euro jährlich (meines Wissens aus den normalen Versicherungsbeiträgen) “geht nicht”, Unternehmenssteuersenkungen dagegen werden permanent und immer wieder gefordert, und da spielen (z.B. bei der Abschaffung des Solidaritätszuschlags) die Kosten von 10 Milliarden Euro pro Jahr oder mehr gar keine Rolle. Dass mehr Geld für die Rentner die Konjunktur ankurbeln und noch mehr Steuergeschenke für Unternehmen die Konjunktur eher abwürgen würde, kommt noch obendrauf. Die CSU agiert asozial *und* wirtschaftsschädigend und wird doch leider, leider immer wieder gewählt.

  9. Mietenpolitik: Der pure Markt als Irrweg
    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), den Berliner Mietendeckel zu kippen, hat dem rot-rot-grünen Senat in der Bundeshauptstadt zweifellos einen schweren Schlag versetzt. Gleichzeitig nimmt die Debatte um bezahlbaren Wohnraum seitdem aber spürbar an Fahrt auf. Während sich Politiker*innen der FDP und Union ob des Urteils erleichtert zeigten und Horst Seehofer den Mietendeckel stellvertretend als einen baupolitisch völlig falschen Weg bezeichnete, ist von einigen Vertreter*innen der politischen Linken die Forderung nach einer bundesweiten Deckelung der Mieten zu vernehmen. So interpretiert der Hoffnungsträger der SPD-Linken, Kevin Kühnert, die verfassungsrechtliche Begründung des Gerichtes als Aufforderung an den Bund, mittels seiner gesetzgeberischen Kompetenzen einen fünfjährigen Mietenstopp in allen angespannten Wohnlagen zu bewirken. In ihrem Programm für die Bundestagswahl hat die Partei daran anknüpfend sogar das Ziel formuliert, ein „zeitliches Mietenmoratorium“ einführen zu wollen.[1] Obgleich es sich dabei gar nicht um eine bundesweite Anwendung des Berliner Mietendeckels mitsamt einer möglichen Senkung bestehender Mieten handeln würde, nimmt beispielsweise die grüne Parteispitze das Thema eher reserviert zur Kenntnis.[2] Die zögerliche Haltung Robert Habecks und Annalena Baerbocks hinsichtlich echter, regulatorischer Maßnahmen in der Wohnungspolitik steht dabei sinnbildlich für die grundsätzliche Malaise, die angesichts explodierender Mieten und steigender Immobilienpreise auch in der politischen Linken seit Jahren zu beobachten ist.
    Dabei ist das Problem von allen Akteuren im politischen Berlin hinlänglich erkannt und klar benannt worden. Ja, zwischen den Parteien des Bundestags herrscht sogar Einigkeit darüber, dass insbesondere in Städten und Ballungsräumen der Wohnraum knapp und zu teuer ist. Irritierend ist gleichwohl, dass sich auch die Vorstellung, wie das Problem zu lösen ist, bei neoliberalen und eher linken Parteien nicht substanziell unterscheidet: In beiden Lagern werden wohnungspolitische Maßnahmen lediglich auf Grundlage des neoklassischen Marktmodells formuliert. Demnach ergibt sich auf Märkten das optimale Ergebnis, wenn sich Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht befinden. Aus diesem mechanischen Zusammenspiel wird dann der Preis eines Gutes ermittelt, beim Wohnungsmarkt also der Mietpreis bzw. Kaufpreis.
    Dieser Preis ist es nun, der von Parteien, Gewerkschaften und Mieter*innenverbänden sowie diversen Medien als das zu lösende Problem benannt wird. Das ist nicht grundsätzlich verkehrt, allerdings bleiben die Lösungsmechanismen für die Wohnungsnot dabei äußerst begrenzt. Denn in der neoklassischen Vorstellung der Wirtschaft lässt sich der Wohnungsmarkt tatsächlich nur über veränderte Angebots- und Nachfragekurven innerhalb des standardökonomischen Marktmodells beeinflussen.
    Quelle: Rouven Reinke in Blätter
  10. 95.000 Kinder und Jugendliche von Hartz-IV-Sanktionen betroffen
    Seit dem Sanktionsurteil des Bundesverfassungsgerichts 2019 kürzen die Jobcenter immer seltener die Leistungen von Hartz-IV-Beziehenden.
    Trotzdem haben im vergangenen Jahr noch immer rund 95.000 Kinder und Jugendliche in Haushalten gelebt, die von Sanktionen betroffen waren.
    Die Linke kritisiert diese Leistungskürzungen scharf.
    Im vergangenen Jahr 2020 lebten bundesweit etwa 95.000 Kinder und Jugendliche in Haushalten, die von Hartz-IV-Sanktionen betroffen waren. Das geht aus der Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Katja Kipping hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
    „Kinder in Armut haben es ohnehin schwer. Sanktionen bedeuten eine zusätzliche Bürde beim Aufwachsen“, sagte Kipping dem RND. „Indem die Bundesregierung mehr als anderthalb Jahre nach dem Sanktionsurteil des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor auch Kinder sanktioniert, versündigt sie sich an denen, die sich am wenigsten wehren können“, so die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion.
    Quelle: RND
  11. Künftig wird alles kontrolliert
    Wer künftig neue Software aus dem Internet herunterlädt, etwa um sich vor Sicherheitslücken auf Computer und Smartphone zu schützen, könnte sich stattdessen unbemerkt einen Staatstrojaner einfangen. Das neue Gesetzespaket zu Verfassungsschutz und Bundespolizei hat gegen die Stimmen aller Oppositionsfraktionen gerade den Bundestag passiert. Mit krassen Folgen: Künftig können zahlreiche Behörden die Kommunikation von unbescholtenen Privatpersonen direkt auf deren Endgeräten mitlesen – auch ohne Anfangsverdacht.
    Bereits 2008 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorgabe gemacht, dass Online-Durchsuchungen nur bei einer konkret drohenden Gefahr für Leib und Leben möglich sein sollen. Die Bundesregierung hat das ignoriert. Stattdessen beruft sie sich darauf, dass es sich bei den beschlossenen Staatstrojanern nicht um eine verdachtsunabhängige Online-Durchsuchung, sondern bloß um eine Form der Telekommunikationsüberwachung handle. Aber das ist Etikettenschwindel: Denn das Gesetz erlaubt auch das Auslesen von vergangener Kommunikation, die auf dem Endgerät gespeichert ist. Mit dem Abhören von Telefongesprächen ist das nicht vergleichbar.
    Es laufen bereits mehrere Verfassungsbeschwerden gegen Bundesgesetze und Landespolizeigesetze, die Staatstrojaner vorsehen. Denn der Einsatz ist nicht nur ein Verstoß gegen die Verfassung. Staatstrojaner schaffen außerdem einen direkten Anreiz für Behörden, einmal entdeckte Sicherheitslücken bei Computern oder Smartphones nicht bei den Herstellern zu melden – dies schwächt digitale Systeme nachhaltig. Auch dieser Fall wird von Richter:innen zu prüfen sein.
    Wenn der Bundestag härtere Überwachungsgesetze verabschiedet, dann geschieht dies oft im Windschatten von Anschlägen oder Skandalen. Sie werden häufig als Rechtfertigung für die Notwendigkeit massiverer Überwachung herangezogen. Das funktioniert dieses Mal nicht, im Gegenteil. Die jüngsten Verfassungschutz-Skandale müssten eigentlich Anlass genug sein, die Befugnisse der Behörden zu beschneiden. (…)
    Erstaunlich ist dabei der Masochismus der SPD: Obwohl Sozialdemokraten selbst Opfer von exzessiver Überwachung geworden sind, haben sie trotzdem dem Einsatz von Staatstrojanern zugestimmt. Und das bedeutet: Ohne richterlichen Beschluss oder effektive demokratische Kontrolle dürfen Bundes- und Landesverfassungsschutzämter künftig Sicherheitslücken ausnutzen, um private Computer und Smartphones auszuspähen. Wer angesichts der vielen Skandale immer noch glaubt, dass die Behörden künftig verantwortungsbewusst mit ihrer neuen Macht umgehen werden, dem ist nicht zu helfen. Dieses sogenannte Sicherheitsgesetz macht uns alle unsicherer.
    Quelle: der Freitag
  12. 50 Jahre BAföG
    Jubiläum der Scheinheiligkeiten. Schon wenige Jahre nach dem Start der Bundesausbildungsförderung begannen erste Kürzungen und der Anteil der Geförderten sank. Eine Studie der DGB-Jugend zeichnet den kalkulierten Niedergang nach. Die Bundesregierung simuliert Frohsinn, Studierendenverbände protestieren. Motto: „(K)ein Grund zu feiern.“
    Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wird 50 Jahre alt. Das ist schön. Noch schöner, wäre es, gäbe es auch etwas zu feiern. Wenn die Sozialleistung am 1. September 2021, fünf Jahrzehnte nach Inkrafttreten, ihren runden Ehrentag begeht, wird der Champagner wohl im Keller bleiben müssen – und die Stimmung gleich mit. Eher ist der Termin etwas für Wehmütige oder Nostalgiker. Denn wozu im Hier und Jetzt für etwas eine Party schmeißen, das nur noch ein billiger Abklatsch seiner besten Zeiten ist.
    Wer fragt, was das BAföG gegenwärtig ist und was aus ihm werden könnte, kommt nicht ohne den Rückblick darauf aus, was das BAföG einmal war. 1971 unter Willy Brandt (SPD) in sozial-liberaler Regentschaft eingeführt, stand es – zumindest ein Jahrzehnt lang – für drei Selbstverständlichkeiten: Erstens kam es rechtsverbindlich einer großen Breite der Studierendenschaft zugute. 1972 erhielten 44,6 Prozent aller Hochschüler in Deutschland Fördergelder, ein danach nie wieder dagewesenes Level. Zweitens stellte die Hilfe sicher, dass diejenigen, die die Maximalförderung erhielten, davon auch tatsächlich leben konnten. Und drittens wurden die Zuwendungen als Vollzuschuss gewährt, kein Pfennig musste später zurückerstattet werden. Wobei sich das schon nach drei Jahren änderte, 1974 wurde ein Darlehensanteil von 50 DM pro Monat eingeführt. (…)
    Und heute? Die Förderquote bewegt sich irgendwo zwischen elf und zwölf Prozent. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes profitierten 2019 im Monatsmittel 317.000 von knapp 2,9 Millionen Studierenden von dem Instrument. Die neuesten im August erwarteten Zahlen dürften noch darunter liegen. Sogar das elitäre, vom BAföG abgelöste Honnefer Modell hatte mit bis zu 19 Prozent im Verhältnis mehr Profiteure zu bieten. Mit BAföG allein kommt dieser Tage kaum mehr einer über die Runden. Über zwei Drittel gehen einem Nebenjob nach. Der Student als Erwerbsarbeiter ist längst der Normalfall, selbst der mit staatlichem Beistand.
    Vor allem weisen die Kennziffern seit vielen Jahren nur in eine Richtung: nach unten. Zum Beispiel erhielten 2016 gemäß der vom Deutschen Studentenwerk (DSW) vorgelegten „21. Sozialerhebung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden in Deutschland“ Angehörige der Herkunftsgruppe „niedrig“ nur zu 27 Prozent Unterstützung. Im Jahr 2012 waren es noch 40 Prozent.
    Quelle: Ralf Wurzbacher in Studis Online
  13. Neue Untersuchung hilft Bayer in Glyphosat-Diskussion
    Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer kämpft an verschiedenen Fronten um seinen Herbizid-Wirkstoff Glyphosat: In den Vereinigten Staaten vor Gericht und in der Europäischen Union auf politischer Ebene, wo es um die Wiederzulassung des Unkrautvernichtungsmittels geht. Dabei hat der Dax-Konzern nun durch eine von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beauftragten Studie in seiner Argumentation Rückhalt bekommen, dass das Mittel nicht krebserregend sei. Das ist im Grunde der Streitpunkt, der sowohl in der juristischen Auseinandersetzung, als auch in der Risikobewertung für eine abermalige Zulassung wichtig ist. (…)
    In Amerika stehen die Leverkusener seit der 63-Milliarden-Dollar schweren Übernahme von Monsanto inzwischen mehr als 96.000 Klägern gegenüber, die angeben, wegen Glyphosat an Krebs erkrankt zu sein. Ein milliardenschwerer Vergleich ist zuletzt ins Stocken geraten.
    Quelle: FAZ

    dazu: Glyphosat-Studie stützt Bayer
    Die Europäische Lebensmittelbehörde Efsa hält den umstrittenen Unkrautvernichter für unbedenklich – und spricht sich für die erneute Zulassung aus. (…)
    Glyphosat wurde von der Bayer-Tochter Monsanto entwickelt und von den Amerikanern und nun auch von Bayer unter dem Markennamen Roundup vertrieben. Das Herbizid wird aber auch von anderen Firmen hergestellt, da das Patent seit Jahren abgelaufen ist.
    Quelle: taz

  14. Fleischersatz-Produkte oft viel teurer als Fleisch
    Die Grillsaison läuft auf Hochtouren – und Spar- und Rabattangebote auf Grillprodukte locken viele Menschen in den Supermarkt. Eine Analyse der Umweltorganisation WWF zeigt jetzt, dass der Großteil des Grillfleisches in deutschen Supermärkten wesentlich billiger ist als Fleischersatzprodukte.
    Für die Analyse wurden zwischen Ende April und Ende Mai 922 Grillfleisch-Angebote in den Werbeprospekten von acht deutschen Supermarktketten erfasst. Konkret wirbt der Einzelhandel demnach mit rabattierten Steaks oder Grillwürstchen vom Schwein mit einem Kilopreis von durchschnittlich 6,36 Euro oder mit rabattiertem Geflügelfleisch für 5,67 Euro pro Kilo. Tofuwurst und Sojaburger sind mit 13,79 Euro pro Kilo selbst im Angebot mehr als doppelt so teuer.
    Im Schnitt waren 85 Prozent des rabattierten Grillfleisches billiger als pflanzliche Alternativen. Außerdem werden Grillfleischprodukte demnach fast 30 Mal häufiger beworben als Fleischersatzprodukte. Zudem kommen laut der Analyse nur die wenigsten Produkte aus höheren Haltungsformen. Nur zwei Prozent der Rabatt-Produkte wiesen Bioqualität auf, bei vielen war die Herkunft gar nicht ausgewiesen.
    Das Umweltbundesamt (UBA) betont, die Nutztierhaltung und der hohe Konsum tierischer Produkte in Deutschland wirkten sich negativ auf Umwelt und Klima aus. So trage das hohe Maß der Intensivtierhaltung maßgeblich zur Emission klimaschädlicher Gase wie Methan bei, das Wiederkäuer bei der Verdauung freisetzen. Auch Lachgas-Emissionen und Nährstoffüberschüsse als Folge von Güllelagerung und -ausbringung seien schädlich. (…)
    Auch mit Blick auf bessere Tierhaltung muss die Bundesregierung – statt über freiwillige Labels zu diskutieren – gesetzliche Verbesserungen für alle Nutztiere erreichen. Derzeit stammt etwa jedes vierte tierische Produkt von einem kranken Tier. Produktionsbedingt leiden viele Schweine unter Lungenentzündungen, Legehennen unter Knochenbrüchen, Milchkühe unter Euterentzündungen. Es braucht klare Zielvorgaben für die Tiergesundheit, sodass wir im Supermarkt nur noch solche Produkte vorfinden, die von gesunden Tieren stammen. Die Mehrkosten, die dafür nötig sind, müssen am Ende wir Verbraucher*innen bezahlen, denn wir schulden den Tieren eine bessere Behandlung.
    Quelle: foodwatch
  15. Wenn die Welt ausstirbt
    Fünf Massenaussterben hat es bereits in der Geschichte der Erde gegeben. Das sechste große Artensterben ist bereits in vollem Gange – und es ist menschengemacht. Kann man es noch aufhalten? Und wie sieht die Welt danach aus? Das versucht die Wissenschaft zu ergründen. (…)
    Laut den Vereinten Nationen sterben pro Tag rund 130 Tier- und Pflanzenarten aus. Gründe sind der Klimawandel, die Umweltverschmutzung, aber auch die schiere Ausbreitung des Menschen in immer mehr fragile Ökosysteme. Die Biodiversität, wie wir sie heute kennen, steht vor dem Kollaps, warnen Experten.
    Die gute Nachricht ist: Der Planet werde sich auch davon erholen, sagt Janosch Deeg von »Spektrum der Wissenschaft« im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Marc Zimmer. Allerdings wird das millionen von Jahren dauern – und ob der Mensch das Massensterben, das er selbst verursacht hat, überleben wird, ist ebenfalls fraglich. Klar ist schon jetzt: Die Welt wird dann eine andere sein.
    Die Wissenschaft versucht deshalb bereits heute, aus den fünf großen Artensterben der Vergangenheit Lehren für die aktuelle Situation zu ziehen: Welche Arten haben überlebt? Welche Faktoren spielen für die Erholung der Ökosysteme eine Rolle? Und lässt sich das Ganze überhaupt noch irgendwie aufhalten? Antworten gibt’s im Podcast.
    Quelle: Spektrum.de
  16. Alberto Acosta über die linke Wahlüberraschung in Peru
    Dem linken Präsidentschaftskandidaten Pedro Castillo wurden vor der Wahl in Peru keinerlei Chancen eingeräumt, nun hat er den Wahlsieg in der Tasche. Mosaik-Redakteur Ulrich Brand spricht mit Alberto Acosta über die Hintergründe der Wahl, die Person Pedro Castillo und die Zukunft der Region.
    Die Verkündung der peruanischen Wahlergebnisse ließ auf sich warten – ungewohnt viele Einsprüche der politischen Rechten hatten den Prozess verzögert. Erst einige Tage nach der Wahl steht deshalb fest: Der linke Kandidat der Partei Peru Libre, Pedro Castillo, hat mit einem Vorsprung von 45.000 Stimmen – bei 17,6 Millionen Urnengängen – gegen die rechte Kandidatin Keiko Fujimori gewonnen. Das entspricht 50,13 Prozent gegenüber 49,87 Prozent der Stimmen.
    Fujimori, selbst der Korruption angeklagt, ist Tochter von Alberto Fujimori, der von 1990 bis zum Jahr 2000 Präsident war, das Land ultra-neoliberal und repressiv regierte und wegen Menschenrechtsverletzungen zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde. Er sitzt tatsächlich im Gefängnis. Das Versprechen der „harten Hand“ von Keiko Fujimori und die Angstmache gegen Castillo, der als „Terrorist“ und „Kommunist“ denunziert wurde, verfing bei vielen. Aber nicht bei der Mehrheit. Fujimori hat nun zum dritten Mal knapp die Präsidentschaftswahl verloren. (…)
    Er ist ein Grundschullehrer aus dem Inland von Peru aus der Region Cajamarca, im nördlichen Hochland. Das zu verstehen ist wichtig. Er vertritt das sogenannte Perú profundo, das arme, ländliche, vielfach indigene, von der Metropole Lima unbeachtete Peru. Er war aber auch gewerkschaftlich aktiv und hat vor einigen Jahren erfolgreich einen Lehrer*innenstreik organisiert. (…)
    Im ersten Wahlgang im April gab es 18 Kandidat*innen, die überwiegende Mehrheit davon politisch rechts. Er erreichte mit 18 Prozent der Stimmen den ersten Platz. Der Sieg im zweiten Wahlgang gegen die Kandidatin des Establishments würde ich als eine Art Explosion des erwähnten „profunden Perus” bezeichnen, eine Reaktion insbesondere auf die Eliten in Lima und ihre imperiale Lebensweise mit all ihren brutalen und zerstörerischen Konsequenzen für die Bevölkerungsmehrheit. Im Land gibt es inzwischen viele Widerstände gegen Bergbauprojekte. Castillo hat in diesen Regionen mit fast oder sogar mehr als 80 Prozent der Stimmen gewonnen. Spannend ist nun, ob sich auch in anderen Ländern Lateinamerikas ähnliche Ansätze entwickeln. In jenen enorm fragilen Gesellschaften, mit ähnlich vielen Problemen, die sich in der Coronakrise verschärften, wo es bisher nicht einmal eine Garantie auf Überleben gibt.
    Quelle: mosaik
  17. Zu guter Letzt: Jens Spahn bestellt fünf Milliarden Deutschlandflaggen für EM
    „Es geht darum, die gedrückte Stimmung in Deutschland wieder etwas zu heben“, erläuterte Spahn den gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in die Wege geleiteten Spontankauf, „jetzt kann sich endlich jeder Deutsche mindestens sechs Fähnchen an sein Auto klemmen, um die so mitreißend spielende deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft zu unterstützen. Das setzt Endorphine frei, und das ist gut für die Gesundheit.“
    Spahn will mit den Fahnen, die von den Apotheken, Hausärzten und Impfzentren parallel zu den digitalen Impfpässen ausgegeben werden sollen, für etwas Wiedergutmachung sorgen. „Ich sehe mich ein bisschen so wie Mats Hummels: Der hat aus seinen Fehlern bei der Weltmeisterschaft 2018 gelernt und hilft dem Land nun mit seinen Toren wie im Spiel gegen Frankreich“, bemühte der Bundesgesundheitsminister den Vergleich mit dem von Jogi Löw reaktivierten Altweltmeister.
    Quelle: Welt Online


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