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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 30. Juni 2021 um 8:22 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Politisch Stimmung machen
  2. „Das Gesetz, die Rechte und die Regeln“
  3. Der neue Milliardentrick der Steuerhinterzieher
  4. Return to Sender
  5. Mindestlohn und Rente
  6. »Das ist ein Schock für viele, die Angehörige zu Hause pflegen«
  7. Nicht blind vertrauen
  8. Intensivbetten-Recherche: Der Fall Schrappe
  9. Privater Autobahnbau kostet den Bund Hunderte Millionen an Nachzahlungen
  10. Kritik an Rüstungsprojekten
  11. Panzerverkäufe und Bedrohungsanalysen
  12. Das Syrienkrieg-Narrativ
  13. Auf Weisung von Biden – USA greifen völkerrechtswidrig Ziele in Syrien an
  14. „Linke Parteien haben den größten Sozialabbau betrieben“
  15. Nein, Bill ist auch nicht schlimmer als Julia
  16. Wenn Frauenhass tötet – und links wie rechts nur Teilwahrheiten zählen
  17. Youtube-Sperren: “Im Regelfall gegen kritische Auseinandersetzung”
  18. Psychologie: Die Methoden des autoritären Staats

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Politisch Stimmung machen
    (…) Bis 2041 wird die Arena daher auch ein Versicherungsstadion bleiben, das dem FC Bayern rund 120 Millionen Euro beschert. Die Regenbogenfarben hätten also noch einmal maximale Aufmerksamkeit erzielt, nur war die gewählte Form, das zu erreichen, eben auch maximal dumm. Weder Rathäuser noch Fußballverbände sind für Außenpolitik zuständig. Ein Stadtrat oder ein Bürgermeister, der die UEFA auffordert, nicht etwa in erster Linie für LGBTQ-XYZ Partei zu ergreifen, sondern eine politische Botschaft der Missbilligung an Ungarn zu senden, macht sich lächerlich. Das ist auf den ersten Blick nur nicht so ersichtlich, weil der wohlfeile Applaus der Heuchler darüber hinwegtäuscht, die ihre Profilbilder mal eben rasch in bunte Farben tauchen.
    Da zeigt sich vor allem auch die Schwäche der Sozialdemokratie, die sich einmal mehr an die Spitze der Bewegung gestellt hat und reine Symbolpolitik nur des Applauses wegen betreibt, statt eine Politik zu verfolgen, die Menschen hilft, die von Benachteiligungen betroffen sind…
    (…) Was weiß die deutsche Sozialdemokratie eigentlich darüber? Was weiß sie über die Armut in Ungarn? Was weiß sie über die Armut in Deutschland? Und was will sie dagegen tun? Vielfalt und Toleranz sind zudem reine Sprechblasen in einem Umfeld, das auf Konfrontation gepolt ist. So überbieten sich die Kanzlerkandidaten von Union, Grünen und SPD gerade darin, wie hart sie künftig außenpolitisch agieren wollen. Die Militarisierung der Außenpolitik nimmt weiter zu, gleichzeitig schmücken sich Rüstungskonzerne, deren Waffen Menschen weltweit töten und die EU-Grenzschützer von Frontex, die Flüchtende illegal zurückdrängen (Pushback), mit dem Regenbogen und Begriffen wie Toleranz und Vielfalt.
    Der Regenbogen ist heute nur mehr eine Farce, schreibt Jens Berger auf den NachDenkSeiten. Er ist vor allem von kurzer Dauer, meteorologisch wie auch politisch. Nachhaltig ist eben keine Politik, die lediglich auf Rituale abstellt und die richtige Haltung zum Kern einer inzwischen autoritär auftretenden Missionierungskampagne macht, zu der man sich per Profilbildänderung möglichst offen bekennen sollte, um nicht verdächtig zu erscheinen. Nachhaltig wäre eine Politik, die zum Beispiel Bildungs- und Aufstiegschancen für die Menschen verbessert, die weniger privilegiert sind. Nachhaltig wäre auch eine Politik, die es unterlässt, 27 Rüstungsprojekte im Gesamtwert von rund 20 Milliarden Euro zu beschließen, während in der Bildung oder im öffentlichen Gesundheitsdienst weiterhin die Mittel fehlen…
    Quelle: Taublog
  2. „Das Gesetz, die Rechte und die Regeln“
    Artikel vom russischen Außenminister Sergej Lawrow
    Das offene und im Allgemeinen konstruktive Gespräch, das beim Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Joseph Biden am 16. Juni 2021 in Genf stattfand, führte zu einer Vereinbarung über die Aufnahme eines substanziellen Dialogs über strategische Stabilität, wobei die entscheidende Prämisse bekräftigt wurde, dass ein Atomkrieg inakzeptabel ist. Beide Seiten verständigten sich auch auf die Zweckmäßigkeit von Konsultationen über Cybersicherheit, den Betrieb diplomatischer Vertretungen, das Schicksal inhaftierter russischer und US-amerikanischer Bürger und eine Reihe regionaler Konflikte.
    Der russische Staatschef machte auch in seinen öffentlichen Äußerungen deutlich, dass die Suche nach einem für beide Seiten akzeptablen Interessenausgleich auf streng paritätischer Basis der einzige Weg ist, um auf irgendeinem dieser Gleise etwas zu erreichen. Während der Gespräche gab es keine Einwände. Unmittelbar nach den Gesprächen begannen jedoch US-Offizielle, einschließlich derer, die an dem Genfer Treffen teilnahmen, scheinbar Selbstverständliches zu behaupten, indem sie behaupteten, sie hätten es Moskau „klar gemacht“, „es gewarnt und ihre Forderungen gestellt.“ Außerdem gingen all diese „Warnungen“ Hand in Hand mit Drohungen: Wenn Moskau die in Genf aufgestellten „Spielregeln“ nicht in einigen Monaten akzeptiere, würde es erneut unter Druck geraten.
    … Abgesehen davon ist es bezeichnend, dass Washingtons unumstößliche Position unmittelbar nach den Gesprächen geäußert wurde, zumal die europäischen Hauptstädte die Meinung des Großen Bruders sofort beherzigten und die Melodie mit viel Gusto und Freude aufgriffen. Der Tenor ihrer Erklärungen ist, dass sie bereit sind, ihre Beziehungen zu Moskau zu normalisieren, aber nur, wenn es sein Verhalten ändert.
    Es ist, als ob ein Chor organisiert wurde, der mit dem Leadsänger mitsingt. Es scheint, dass die Reihe hochrangiger westlicher Veranstaltungen im Vorfeld der Gespräche zwischen Russland und den USA genau darauf abzielte: das Gipfeltreffen der Gruppe der Sieben in Cornwall, Großbritannien, der NATO-Gipfel in Brüssel sowie das Treffen von Joseph Biden mit dem Präsidenten des Europäischen Rates Charles Michel und der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen.
    (…) Seriöse Länder, die sich selbst respektieren, werden niemals den Versuch tolerieren, mit ihnen durch Ultimaten zu reden, und werden alle Fragen nur auf gleicher Augenhöhe diskutieren.
    Was Russland betrifft, so ist es höchste Zeit, dass jeder versteht, dass wir einen endgültigen Schlussstrich unter alle Versuche gezogen haben, mit uns ein einseitiges Spiel zu spielen…
    Die Politik, dass sich die Russische Föderation eigenständig, unabhängig und unter Wahrung der nationalen Interessen entwickelt und gleichzeitig offen ist für Vereinbarungen mit ausländischen Partnern auf gleicher Augenhöhe, steht seit langem im Mittelpunkt aller Positionspapiere zur Außenpolitik, nationalen Sicherheit und Verteidigung. Nach den praktischen Schritten zu urteilen, die der Westen in den letzten Jahren unternommen hat, dachte er jedoch wahrscheinlich, dass Russland es nicht wirklich ernst meint…
    Ungeachtet aller Ambitionen und Drohungen bleibt unser Land einer souveränen und unabhängigen Außenpolitik verpflichtet und gleichzeitig bereit, eine einigende Agenda in internationalen Angelegenheiten anzubieten, die der kulturellen und zivilisatorischen Vielfalt in der heutigen Welt gebührend Rechnung trägt. Konfrontation ist nicht unsere Wahl, egal aus welchen Gründen. Am 22. Juni 2021 veröffentlichte Wladimir Putin einen Artikel „Offen sein, trotz der Vergangenheit“, in dem er betonte: „Wir können es uns einfach nicht leisten, die Last vergangener Missverständnisse, harter Gefühle, Konflikte und Fehler zu tragen.“…
    Wir werden immer offen bleiben für einen ehrlichen Dialog mit jedem, der die gegenseitige Bereitschaft zeigt, einen Interessenausgleich zu finden, der fest im Völkerrecht verankert ist. Das sind die Regeln, an die wir uns halten.
    Quelle: uncut news

    Anmerkung Marco Wenzel: Den Artikel von Wladimir Putin „Offen sein trotz Vergangenheit“ finden Sie hier.

    Einen guten Beitrag zum Thema finden Sie auch auf den Nachdenkseite von gestern: „Völlig vernagelt, trotz der Vergangenheit – Das Medienecho auf Putins versöhnlichen Essay“.

  3. Der neue Milliardentrick der Steuerhinterzieher
    Die Politik kämpft gegen Steueroasen. Doch die setzen längst auf die nächste Masche: goldene Pässe.
    Eine Briefkastenfirma in Panama, ein Nummernkonto in der Schweiz: Viel mehr brauchten Steuerhinterzieher früher nicht. Die Politik hat diese Praktiken erschwert. Doch auch die Steueroasen ziehen nach: Sie verkaufen ihre Staatsbürgerschaften…
    Die OECD hat seit Beginn der 2010er-Jahre viele Steueroasen dazu motiviert, steuerliche Informationen mit anderen Ländern auszutauschen. Seitdem lässt sich ein Konto in einer Steueroase nicht mehr so einfach vor dem Finanzamt geheim halten. Wer Steuern hinterziehen und den steuerlichen Informationsaustausch umgehen möchte, muss verschleiern, wer er ist oder woher er kommt.
    Eine solche Möglichkeit bieten die goldenen Pässe. Zum Beispiel könnte eine Frau vor vielen Jahren ein Konto auf den Seychellen geerbt haben. Sie verheimlicht die dortigen Kapitalerträge dem heimischen Finanzamt, hinterzieht also Steuern. 2016 liest sie in der Zeitung, dass Deutschland und die Seychellen vom nächsten Jahr an Steuerinformationen austauschen: Beide Länder sind einem internationalen Verfahren der OECD beigetreten, das sie verpflichtet, sich gegenseitig über alle Bankkonten zu informieren, die einer Person aus einem anderen teilnehmenden Staat gehören.
    Als Reaktion darauf erwirbt die steuerhinterziehende Erbin die Staatsbürgerschaft von St. Lucia. Sie wechselt auf den Seychellen die Bank und benutzt bei der Kontoeröffnung ihren neuen Pass aus St. Lucia. Ihren Wohnsitz in Deutschland verschweigt sie. Ein Jahr später tritt auch St. Lucia dem steuerlichen Informationsaustausch bei. Die Seychellen informieren nun St. Lucia in diesem Rahmen über die Kontoinhaberin sowie Kontostand und Zinseinkünfte. Das bleibt allerdings folgenlos, denn St. Lucia besteuert nur Personen, die sich dort mindestens die Hälfte des Jahres aufhalten. Das Land muss die erhaltenen Informationen auch nicht nach Deutschland weiterleiten…
    Quelle: SZ
  4. Return to Sender
    Die reichen Gesellschaften im Norden leben seit Jahrhunderten auf Kosten des globalen Südens. Eine Tatsache, die gerne verdrängt wird. Doch wie alles Verdrängte kehrt auch dieses irgendwann zurück.
    (…) Doch die sogenannten Freihandelsverträge sind nur der papiergewordene Ausdruck einer viel umfassenderen Abhängigkeits- und Unterdrückungsbeziehung zwischen den Ländern des globalen Nordens und des globalen Südens. Die historischen Wurzeln dieser Beziehungen liegen Jahrhunderte zurück. „Die Ausbeutung von Rohstoffen war von Anfang an eine Antriebsfeder des Kolonialismus“, erklärt Karin Küblböck, Ökonomin an der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE).
    In der Literatur ist vom „Ressourcenfluch“ die Rede. Zwar besitzen Länder wie die Demokratische Republik Kongo oder Chile reiche Vorkommen an sogenannten „strategischen Rohstoffen“ wie Kobalt oder Lithium – Mineralien, die für die Produktion von Smartphones oder Elektro-Autos unverzichtbar sind. Doch die Verarbeitung und damit die Wertschöpfung findet in anderen Ländern statt. Dadurch werde die Abhängigkeit von Rohstoffexporten fortgeschrieben, so Küblböck…
    Das Schicksal ganzer Staaten liegt somit zu einem beträchtlichen Teil in den Händen einer Art überirdischer Kraft namens Markt. Fällt die Kaffee-Ernte in Brasilien überdurchschnittlich gut aus, muss der Kaffeebauer in Uganda um seine Existenz fürchten, denn das brasilianische Mehrangebot drückt den Preis. Je niedriger die Temperaturen in Brasilien, desto üppiger das Abendessen in Uganda.
    Charakteristisch für den globalen „ungleichen Tausch“ ist andererseits die Tatsache, dass niedrig entlohnte, arbeitsintensive Produktionsschritte und Rohstoffextraktion tendenziell im globalen Süden stattfinden, erklärt Karin Fischer, Leiterin des Arbeitsbereichs Globale Soziologie und Entwicklungsforschung an der Johannes Kepler Universität Linz, während wissensintensive Tätigkeiten im globalen Norden abgewickelt werden. Doch Profite werden am Ende, nicht am Anfang der Wertschöpfungskette erzielt: „In den Konzernzentralen verbleibt der höchste Gewinn.“
    (…) Die Politikwissenschafter Ulrich Brand von der Universität Wien und Markus Wissen von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin sprechen in diesem Zusammenhang von einer „imperialen Produktions- und Lebensweise“. Die Art und Weise, wie wir im globalen Norden produzieren und konsumieren, basiert zu großen Teilen auf der „Externalisierung“ der sozialen und ökologischen Kosten dieser Produktions- und Lebensweise. Kurz: Andere bezahlen anderswo die Rechnung für unseren Wohlstand, für unser ganz normales Leben.
    (…) Es gibt noch einen weiteren Punkt, der eine politische Auseinandersetzung um die Ungleichheitsbeziehungen zwischen globalem Norden und Süden verhindert. „Den eigenen Wohlstand zu wahren, indem man ihn anderen vorenthält, ist das unausgesprochene und uneingestandene Lebensmotto der ‚fortgeschrittenen‘ Gesellschaften im globalen Norden – und ihre kollektive Lebenslüge ist es, die Herrschaft dieses Verteilungsprinzips und die Mechanismen seiner Sicherstellung vor sich selbst zu verleugnen…
    Doch wie alles Verdrängte…findet auch das der imperialen Lebensweise seinen Weg irgendwann zurück an die Oberfläche, zurück ins Bewusstsein.
    Quelle: Arbeit & Wirtschaft
  5. Mindestlohn und Rente
    Rente mit 68? … Rente mit 70? … Reicht alles nicht!
    Jedenfalls nicht bei diesem gesetzlichen Mindestlohn
    Johannes Steffen
    Die Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung ist mal wieder ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit gerückt. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft fordert die »Rente mit 68« [1]. Das Institut der deutschen Wirtschaft plädiert in einem Auftragsgutachten für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft sogar für die »Rente mit 70«. [2] Und die FDP verspricht allen (scheinbar gegen den Trend) die »Rente mit 60« – jedenfalls sofern sie dadurch nicht dem Staat zur Last fallen, also keine Berechtigung auf ergänzende Leistungen der Grundsicherung haben. [3] Ein heilloses Durcheinander? – Keineswegs: Sie alle wollen die Altersgrenze de facto weiter anheben und somit denjenigen die Rente über steigende Abschläge kürzen, die vor dem Erreichen des Ziels aufgeben müssen. – Gleichzeitig sprechen sich all die Genannten gegen eine deutliche Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns aus.
    Der beträgt gegenwärtig 9,50 Euro pro Stunde und steigt ab Juli auf 9,60 Euro – im Jahresdurchschnitt sind das 9,55 Euro…
    Um alleine mit der Rente die Schwelle der Grundsicherungsberechtigung nach SGB XII erreichen zu können…bedarf es dafür einer Beitragszeit von 54,9 Jahren…Wer im Alter von 17 Jahren in die Rentenversicherung eintritt und ununterbrochen beschäftigt bleibt, der kann die 1.074 Euro Nettorente frühestens im Alter von 71,9 Jahren erreichen. Kommen Zeiten der Arbeitslosigkeit oder Langzeiterkrankung hinzu, so verschiebt dies die Altersgrenze entsprechend weiter nach oben.
    (…) In den Programmatiken von CDU/CSU und FDP finden sich (erwartungsgemäß) keinerlei Hinweise auf die Notwendigkeit einer deutlichen Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns. Aber auch Zielmarken, wie sie beispielsweise in den Wahlprogrammen von SPD (»zunächst auf mindestens zwölf Euro erhöhen«), Bündnis 90/Die Grünen (»sofort auf 12 Euro anheben«) oder auch der LINKEN (13 Euro) gesetzt werden, sind schon heute nicht geeignet, nach einem »erfüllten Arbeitsleben« eine Nettorente zu erreichen, die bei typisierender Betrachtung alleine den Anspruch auf Grundsicherung ausschließen könnte. Die Mindestlohnforderungen der Parteien – soweit überhaupt vorgetragen – bewegen sich insofern weiterhin im Bereich der Altersarmuts-Löhne.
    Quelle: Portal Sozialpolitik
  6. »Das ist ein Schock für viele, die Angehörige zu Hause pflegen«
    Mindestlohn für ausländische Hilfskräfte
    SPIEGEL: Herr Fussek, das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass auch ausländischen Pflege- und Haushaltshilfen der Mindestlohn zusteht – und das auch für die Betreuungsbereitschaft rund um die Uhr. Was bedeutet das für Familien, in denen gepflegt wird?
    Claus Fussek: Das ist ein Schock für viele Menschen, die Angehörige überlastet zu Hause pflegen und deshalb auf die Hilfe von anderen Menschen angewiesen sind…
    SPIEGEL: Und wenn Sie diesen Frauen den Mindestlohn hätten zahlen müssen, wäre das nicht möglich gewesen?
    Fussek: Natürlich nicht… Das Urteil ist dennoch richtig und ethisch korrekt. Es beantwortet allerdings nicht, wie das in der Praxis funktionieren soll. Um sich legal um einen Menschen zu Hause zu kümmern, bräuchte es künftig drei bis vier Kräfte. Das sind Kosten von schnell 10.000 Euro monatlich! Hinzu kommt, dass die Familien diese Menschen auch unterbringen müssen. Viele können ja noch nicht mal für eine Hilfskraft ein Zimmer zur Verfügung stellen…
    SPIEGEL: Was muss getan werden?
    … Es ist die Frage: Was sind wir bereit, für uns und unsere Eltern auszugeben? Die Pflege muss endlich zur Schicksalsfrage der Gesellschaft werden, doch im Wahlkampf habe ich das Thema bei keiner Partei bisher größer entdeckt…
    SPIEGEL: Stattdessen setzen wir derzeit aber auf Hilfen im Haushalt, die meist noch nicht mal examinierte Pflegekräfte sind.
    Fussek: Wir lügen uns da in die eigene Tasche! Wir holen sie als Haushaltshilfen, aber natürlich übernehmen sie häufig auch Pflegeaufgaben. Viele von ihnen sind darin auch sehr erfahren….
    Quelle: SPON

    Anmerkung Marco Wenzel: Ein sehr durchwachsener Artikel. Einerseits wird zurecht darauf hingewiesen, dass das irgendwie nicht in Ordnung ist, unterbezahlte Ausländerinnen für die Pflege in Privathaushalte zu locken und sie, meist auch noch schwarz bezahlt, einen 24-Stunden-Dienst arbeiten zu lassen. Andererseits steht die Frage im Raum: aber was sollen wir denn sonst machen? Und sie bleibt unbeantwortet.

    Ja was denn wohl? Der Gesetzgeber muss sich darum kümmern und darf die Familien nicht allein lassen. Und wenn das was kostet, dann muss man sich das Geld dafür dort holen, wo welches zu holen ist. Geld ist bei der Oberschicht in rauhen Mengen vorhanden, soviel, dass es verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten sucht und in Milliarden in Steuerparadiese verschoben wird, bloß um sich hier nicht an der Finanzierung der Gesellschaft beteiligen zu müssen. Und der Staat schaut dabei genauso weg wie bei den „Arbeitsbedingungen“ in der häuslichen Pflege, wohl aus Angst, das scheue Reh Kapital aufzuschrecken. Obwohl beides gleichermaßen illegal ist, gibt es keine Kontrollen und keine Strafen.

    Näheres zum Urteil finden Sie untenstehend.

    Dazu: „24-Stunden-Betreuung“:
    Von einer unlösbaren Gleichung aus den Untiefen der deutschen Pflegepolitik bis hin zu einer scheinbaren Lösung aus Österreich
    Die Reaktionen auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu den Betreuungskräften aus Osteuropa (vgl. dazu ausführlicher die Besprechung der Entscheidung in dem Beitrag Aus der Schattenwelt des deutschen Pflegesystems: Die un-mögliche „24-Stunden-Betreuung“ als Geschäftsmodell ist beim Bundesarbeitsgericht aufgelaufen vom 24. Juni 2021) streuen zwischen Panik bis hin zu einer Fortsetzung der bisher dominanten Form der Nicht-Auseinandersetzung nach dem Modell der drei Affen (nichts sehen, nichts hören und vor allem nichts sagen). Die angesprochene Panik wird dann auch in der Begriffswahl deutlich erkennbar, so beispielsweise in dem Statement des Sozialverbands VdK Deutschland, deren Präsidentin Vera Bentele mit diesen Worten zitiert wird: „Es droht das Armageddon der häuslichen Pflege“. Darin findet man diese Aussage, die man einfach mal sacken lassen muss: »Rund-um-die-Uhr Pflege ist nur noch mit Mindestlohn legal. Für die allermeisten wird sie damit unbezahlbar.« Auch sehr aufschlussreich ist ein Interview mit dem Pflegeexperten Claus Fussek, der bekannt dafür ist, dass er auf Missstände in der Pflege skandalisierend hinzuweisen versucht: »Das ist ein Schock für viele, die Angehörige zu Hause pflegen«, so ist das Gespräch mit ihm überschrieben. Das insofern eine besondere Authentizität bekommt, als dass er sich selbst als Nutzer dieser zuweilen als „3. Säule“ des deutschen Pflegesystems bezeichneten Betreuungsform geoutet hat.
    … heute hat das Bundesarbeitsgericht eine Entscheidung getroffen, die sich einfügt in die damals hier vorgenommene Charakterisierung des Urteils des Landesarbeitsgerichts aus dem August 2020: Eine »Entscheidung …, die nun für ein Erdbeben in der Branche sorgen wird, denn – auch das erklärt die Aufregung – das Verfahren bezog sich ja auf zurückliegende Zeiten und könnte/wird Nachahmerinnen finden.«
    Quelle: aktuelle Sozialpolitik

  7. Nicht blind vertrauen
    »Deutsche Wohnen und Co. enteignen«: Berliner Volksentscheid zur Vergesellschaftung von profitorientierten Konzernen zugelassen
    Hunderte Menschen in gelb-lila Trikots mit Fahnen und Rauchtöpfen jubeln am Freitagnachmittag vor der Senatsverwaltung in Berlin. Nein, es handelt sich nicht um eine Fußballfeier anlässlich der EM, sondern um die Übergabe der Unterschriften für das Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. 349.658 Unterschriften sammelten die Initiative »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« (DWE) und ihre Unterstützer in den letzten vier Monaten, damit die Vergesellschaftung von privaten, profitorientierten Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin zur Abstimmung zugelassen wird. »Als ich die ersten Hochrechnungen gesehen habe, dachte ich, es wäre ein Tippfehler«, erzählt der Aktivist Carl Rodmei gegenüber jW. »Aber wir haben wirklich doppelt so viele Unterschriften gesammelt, wie nötig sind für die Zulassung zu den Wahlen.«
    Am Abend bestätigt die Landeswahlleiterin, dass von den 260.000 bereits geprüften Unterschriften 175.000 gültig seien. 32 Prozent der Stimmen seien ungültig. Die hohe Zahl kommt zustande, weil von den 3,6 Millionen Berlinerinnen und Berlinern lediglich 2,5 Millionen wahlberechtigt sind. Berlin schließt damit diejenigen aus, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben und nicht mit Hauptwohnsitz in Berlin gemeldet sind.
    (…) Die nächste Hürde für die DWE-Kampagne ist am 26. September. Zusammen mit den Bundestags- und Abgeordnetenhauswahlen muss dann eine Mehrheit der Berliner Wahlberechtigten dem auf das erfolgreiche Volksbegehren folgenden Volksentscheid zustimmen. Doch auch wenn der Volksentscheid angenommen wird, heißt das nicht, dass die Enteignung beschlossen ist. Die nächste Regierung von Berlin wird lediglich damit beauftragt, ein Gesetz auszuarbeiten. Statt die 155.000 Wohnungen von Vonovia und Deutsche Wohnen zu enteignen, beabsichtigt der Senat derzeit, nur rund 20.000 zu einem noch unbekannten Preis zurückzukaufen. Carl zweifelt, dass das Volksbegehren von einer Regierung durchgesetzt werden wird. »Wir dürfen nicht blind vertrauen, dass sie den Volksentscheid schon umsetzen werden, sondern wir müssen den Druck auf die Regierung erhöhen.« Es ist wichtig weiterzukämpfen. Dafür will die Kampagne einen eigenen Wahlkampf mit Ständen in der ganzen Stadt machen. Aber auch der Druck auf der Straße müsse mit großen Demonstrationen erhöht werden.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung Marco Wenzel: siehe dazu auch eine realistische Einschätzung von Jens Berger auf den Nachdenkseiten von gestern: Wohnungskonzerne enteignen? Die Fehler der Vergangenheit lassen sich leider nicht so einfach rückgängig machen.

  8. Intensivbetten-Recherche: Der Fall Schrappe
    Als Matthias Schrappe auf Betrug bei den Intensivbetten hinwies, stand er im Kreuzfeuer der Kritik. Inzwischen hat der Bundesrechnungshof ihn bestätigt. Wie kam es zum Medienversagen in der DIVI-Affäre – und welche Rolle spielte dabei eine E-Mail von Christian Drosten?
    Am 16. Mai 2021 veröffentlichte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe um den Gesundheitsökonomen Matthias Schrappe ein Positionspapier. Die Forscher stellten darin die These auf, dass die Angst vor einem Notstand auf den deutschen Intensivstationen in der Pandemie unbegründet war. Sofort folgte eine Denunziation der Schrappe-Arbeitsgruppe, beteiligt waren die ersten Adressen im deutschen Journalismus, darunter der „Spiegel“, öffentlich-rechtliche Formate wie „Tagesschau.de“ oder der WDR. Und nicht nur die.
    WELT liegt eine Mail von Christian Drosten an Hedwig François-Kettner vor. Sie ist Mitglied in der Arbeitsgruppe von Schrappe, arbeitete früher ebenfalls an der Charité. Drosten kommt gegenüber der „sehr geehrten Frau François-Kettner“ sehr schnell zur Sache.
    [Bezahlschranke]
    Quelle: Welt, 29.06.2021

    Dazu: Wolfgang Kubicki via Facebook
    Es gibt bei den Betrugsvorwürfen rund um die Intensivbetten noch viel aufzuklären, insbesondere warum das Problem offensichtlich auf höchster Ebene im Gesundheitsministerium seit Januar bekannt war, man aber offensichtlich nicht sofort hart durchgriff. Einen extrem bitteren Beigeschmack hat aber auch der kampagnenartige Furor diverser Medien, der auf diejenigen niederging, die den Ungereimtheiten bei den Intensivbetten schon länger nachgingen. Dass Christian Drosten gegenüber der Arbeitsgruppe von Matthias Schrappe wohl drohend schon vorher ankündigte „die Medien“ würden die Untersuchungen der Arbeitsgruppe jetzt „analysieren“, zeigt, dass auch ein brillanter Virologe nicht davor gefeit ist, aktiver Teil einer unseligen politischen Instrumentalisierung von Wissenschaft zu werden.
    Dabei ist inzwischen nicht mehr zu bestreiten, dass die „Bundesnotbremse“ zeitgleich die härteste und unnötigste aller Corona-Maßnahmen war. Dass die Bundesregierung sie trotzdem erzwingen konnte, lag auch daran, dass man der in der Bundesregierung erdachten Erzählung der steten „Gefahr durch zu viel Freiheit“ unkritisch medial den Weg ebnete. Diese Pandemie war kein Ruhmesblatt für manche einstmals stolzen Medien in der Bundesrepublik.
    Quelle: Wolfgang Kubicki

  9. Privater Autobahnbau kostet den Bund Hunderte Millionen an Nachzahlungen
    Mehr als 220 Millionen Euro musste Andreas Scheuers (CSU) Verkehrsministerium für sogenannte ÖPP-Projekte nachschießen, bei denen eigentlich ein fester Preis vereinbart war. Die Ursachen bleiben dem Steuerzahler aber verborgen – die Informationen sind „Verschlusssache“. Das Bundesverkehrsministerium sieht große Kostenvorteile: Wenn der Neu- oder Ausbau einer Autobahn als ÖPP-Projekt durchgeführt werde, so heißt es auf der Website des Hauses von Minister Andreas Scheuer (CSU), dann würden „optimierte Finanzierungsstrukturen“ dazu führen, dass eine ÖPP-Realisierung (Öffentlich-Private Partnerschaft) „im konkreten Fall wirtschaftlicher sein kann als eine herkömmliche Beschaffung“. Entsprechend wurde in den Amtszeiten von Scheuer sowie seinen Vorgängern und Parteifreunden Peter Ramsauer und Alexander Dobrindt (beide CSU) der Bau langer Autobahnabschnitte zu Festpreisen privaten Konzernen übertragen, die jene Teilstücke dann jahrzehntelang betreiben.
    Doch jetzt stellt sich heraus, dass die Festpreise vieler ÖPP-Projekte so fest nicht sind: Bei elf Autobahnabschnitten vergütete der Bund den privaten Vertragspartnern zwischen 2009 und Mai 2021 Nachträge in Höhe von insgesamt mehr als 220 Millionen Euro. Dies ergibt sich aus einer WELT vorliegenden Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Berichtsanforderung des Grünen-Haushaltspolitikers Sven-Christian Kindler.
    Quelle: Welt Online
  10. Kritik an Rüstungsprojekten
    Die letzte Woche war eine Woche der traurigen Rekorde. Diese Bundesregierung hat an nur einem Tag 27 neue Rüstungsprojekte durch den Verteidigungs- und Haushaltsausschuss des Bundestages gepeitscht. Diese Rüstungsprojekte haben eine Gesamthöhe von fast 20 Milliarden Euro. Fünf Projekte kosten sogar jeweils mehr als 1 Milliarde Euro. Dazu gehören das Future Combat Air System (FCAS), der Seefernaufklärer P-8A Poseidon, die U-Boote der Klasse 212 Common Design (U212CD), das Überwachungssystem PEGASUS sowie die Nachrüstung des Schützenpanzers PUMA.
    Besonders skandalös ist das Future Combat Air System (FCAS), für dessen nächste Entwicklungsphase rund 4,5 Milliarden Euro genehmigt wurden. Der endverhandelte Vertrag liegt noch gar nicht vor. Der Bundesrechnungshof und das Beschaffungsamt der Bundeswehr hatten die Vorlage scharf kritisiert. Trotzdem verfolgt das CDU-Verteidigungsministerium unter Annegret Kramp-Karrenbauer das Projekt unbeirrt weiter.
    Und das Finanzministerium unter SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat grünes Licht gegeben…
    Ein Antrag der LINKEN im Verteidigungsausschuss, FCAS abzusetzen, wurde bezeichnenderweise von allen anderen Fraktionen abgelehnt – auch von den Grünen. Die Grünen machen sich längst startklar für eine Schwarz-Grüne Koalition, ihr sicherheitspolitischer Sprecher Tobias Lindner befürwortet ein neues, gemeinsam europäisch entwickelt Kampfflugzeug…
    Diese letzte Sitzungswoche vor der Sommerpause zeigt einmal mehr: Der Rüstungsirrsinn muss ein Ende haben, sei es beim FCAS oder bei der Eurodrohne. Abrüstung und eine solidarische Welt, nicht auf europäische Hochrüstung und Rüstungsexporte sind das Gebot der Stunde!
    Quelle: IMI
  11. Panzerverkäufe und Bedrohungsanalysen
    Berlin treibt die Anbindung der slowenischen Streitkräfte voran und will gemeinsam mit Ljubljana den “Strategischen Kompass” der EU für mehr Militäreinsätze fertigstellen.
    Berlin/Ljubljana (Eigener Bericht) – Die Bundeswehr wird ihre Zusammenarbeit mit den Streitkräften Sloweniens intensivieren und damit die Anbindung ost- und südosteuropäischer Truppenverbände stärken. Dies ist ein Ergebnis des Besuchs von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Montag in Ljubljana. Bislang operieren Einheiten beider Länder vor allem in Einsatzgebieten wie Mali oder Irak Seite an Seite. Darüber hinaus weitet Slowenien seine Einkäufe bei deutschen Waffenschmieden aus und wird für einen dreistelligen Millionenbetrag Radpanzer vom Typ Boxer erwerben. Diese werden von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann produziert und sind bisher unter anderem in beträchtlicher Stückzahl an Litauen verkauft worden, mit deren Streitkräften die Bundeswehr an ihrem litauischen Einsatzort Rukla kooperiert. Kramp-Karrenbauer und ihr slowenischer Amtskollege Matej Tonin besprachen zudem den von Berlin initiierten “Strategischen Kompass” der EU, für den die slowenische EU-Ratspräsidentschaft einen fertigen Entwurf vorlegen soll. Er soll mehr EU-Militäreinsätze ermöglichen; dabei basiert er auf einem geheimdienstlich erstellten, unter Verschluss gehaltenen Kern.
    (…) Ziel ist es, die erheblich divergierenden außen- und militärpolitischen Interessen der EU-Mitgliedstaaten, die bislang einer Ausweitung gemeinsamer Militäreinsätze im Wege standen, auf einen einheitlichen Nenner zu bringen; das soll die Schwelle zu EU-Interventionen in aller Welt senken….
    Geheimdienste als Stichwortgeber
    Der Strategische Kompass basiert dabei auf einem Kern, der jeglicher parlamentarischen Kontrolle entzogen ist: auf einer gemeinsamen “Bedrohungsanalyse”, die am 9. November 2020 präsentiert wurde und die als Grundlage für jegliche weitere Diskussion dient. Die Bedrohungsanalyse ist von den geheimdienstlichen Lagezentren INTCEN und EUMS INT erstellt worden, die Teil der Krisenmanagementstrukturen des Europäischen Auswärtigen Diensts und in der Single Intelligence Analysis Capacity (SIAC) verbunden sind…
    Quelle: German Foreign Policy
  12. Das Syrienkrieg-Narrativ
    Von Norman Paech
    (…) Der Konflikt begann allerdings nicht erst im Jahr 2011, sondern schon viele Jahre zuvor. Robert F. Kennedy Jr. sah schon in den Plänen Katars im Jahr 2000, eine 1.500 km lange Pipeline durch Saudi-Arabien, Jordanien, Syrien und die Türkei zu bauen, die ersten Anzeichen des Krieges gegen Bashar-al-Assad. Katar wollte das Embargo gegen Teheran nutzen und die gigantischen Naturgasvorkommen des gemeinsamen South Pars/North Dome Gasfeldes allein vermarkten.
    Auch Russland, welches 70 Prozent seiner Gasvorkommen nach Europa verkauft, sollte mit dem Pipeline-Zugang nach Europa aus dem Markt geworfen werden. Als Damaskus 2009 das Projekt ablehnte und stattdessen eine »islamische Pipeline« von Iran über Syrien nach Libanon vorschlug, war klar, dass hier eine Achse Russland, Iran, Syrien gegen das sunnitische Katar, die USA und Saudi-Arabien aufgebaut werden sollte. Unmittelbar nach der Absage Bashar-al-Assads begann die CIA mit der Finanzierung von oppositionellen Gruppen in Syrien.
    Die USA kamen im September 2014 mit ihren Truppen nach Syrien und bauten ihre Stellungen im Osten des Landes nahe der irakischen Grenze bis heute weiter aus. Frankreich folgte ihnen 2016 nach dem Attentat von Paris. Beide Staaten operieren militärisch offiziell gegen den Islamischen Staat – ohne Mandat des UNO-Sicherheitsrats und ohne Zustimmung der Regierung in Damaskus, also völkerrechtswidrig. Ihr strategisches Ziel ist jedoch nach wie vor die Vertreibung Assads und seine Ersetzung durch einen ihnen genehmen Statthalter, wie sie es in Afghanistan, Irak und Libyen praktiziert haben.
    Aber nicht nur die USA und Frankreich behandeln Syrien wie ein rechtloses Niemandsland. Auch Deutschland mit seinen Aufklärungsflügen über syrischem Territorium, der Türkei mit der Besetzung des Kantons Afrin und des Grenzstreifens östlich von Kobani und Israel mit seinen wöchentlichen Angriffen durch Raketen und Kampfjets sind das Völkerrecht in diesem Krieg offensichtlich völlig gleichgültig. Was die Nato-Staaten nur ungern eingestehen: Russland und Iran haben als einzige Staaten durch die Anforderung aus Damaskus ein völkerrechtliches Mandat für ihre Operationen in Syrien….
    (…) Bis heute gibt es in westlichen Kreisen der Politik und Medien keinen Zweifel daran, dass der Einsatz des Giftgases am 21. August 2013 in Ghouta von der syrischen Armee auf Befehl von Assad erfolgte. Stabschef Denis McDonough assistierte in der New York Times: »Niemand, mit dem ich gesprochen habe, zweifelt an den Geheimdienstangaben, die das Assad-Regime mit den Sarin-Angriffen in Verbindung bringen.«
    Doch diese Aussagen waren falsch, wie der US-amerikanische Journalist Seymour Hersh schon am 8. Dezember 2013 in einem langen Artikel im London Review of Books unter dem Titel »Wessen Sarin?« nachweisen konnte…
    Schon Ende Mai hatte ein Geheimdienstmitarbeiter Hersh erzählt, dass die CIA die Obama-Administration über die islamistische al-Nusra-Front und ihre Arbeit mit Sarin unterrichtet und alarmierende Nachrichten über Al Qaida in Irak (AQI) geliefert habe, die sich ebenfalls auf die Produktion von Sarin verstehe. Im Militär war sogar die Sorge verbreitet, dass die Rebellen US-amerikanische Truppen, sollten sie nach Syrien gesandt werden, mit Sarin angreifen könnten.
    Wer heute noch Assad allein für den Einsatz chemischer Kampfmittel verantwortlich macht, ohne darauf hinzuweisen, dass diese Vorwürfe zumindest strittig sind, beteiligt sich an der Propaganda und lässt Zweifel an seiner Seriosität aufkommen…
    Quelle: Ossietzky
  13. Auf Weisung von Biden – USA greifen völkerrechtswidrig Ziele in Syrien an
    Mit einem weiteren Militärschlag unter dem Befehl von Präsident Joe Biden geht der Konflikt zwischen den USA und Iran in die nächste Runde. Das US-Militär flog in der irakisch-syrischen Grenzregion Luftangriffe auf mehrere Ziele, die von pro-iranischen Milizen genutzt worden sein sollen, wie Pentagon-Sprecher John Kirby am Sonntagabend in Washington mitteilte. Von diesen Einrichtungen aus sollen von Iran unterstützte Milizen Drohnenangriffe auf US-Personal und Einrichtungen im Irak gestartet haben. Es handele sich um zwei Ziele in Syrien und eines im Irak. Dort seien unter anderem Waffen gelagert worden.
    Kirby sagte, Hintergrund sei die anhaltende Serie von Anschlägen durch von Iran unterstützte Gruppen gegen US-Ziele im Irak. Der US-Präsident habe die Militäraktion angeordnet, um weitere solcher Angriffe zu unterbinden. Die USA handelten in Übereinstimmung mit ihrem Recht auf Selbstverteidigung. Biden habe mit diesem Angriff gezeigt, dass er handele, um US-Kräfte zu schützen, sagte der Pentagon-Sprecher weiter. Die Luftschläge seien sowohl “notwendig, um der Bedrohung zu begegnen”, als auch “angemessen in ihrem Umfang”.
    Das Vorgehen sei so ausgestaltet, dass es das Risiko einer Eskalation begrenze, zugleich aber klar und unmissverständlich eine “abschreckende Botschaft” aussende. Ein Reporter von RT Arabic bestätigte, die Explosionen von der irakisch-syrischen Grenze aus gehört zu haben, und zitierte eine irakische Sicherheitsquelle, laut der die Explosionen auf syrischem Gebiet stattfanden, in der Nähe von zivilen Häusern.
    Anders als im Irak operiert das US-Militär gegen den Willen von Damaskus auf syrischen Territorium. Die syrische Regierung fordert seit Langem, dass die US-Truppen ihr Territorium verlassen, und bezeichnet deren Anwesenheit im Land als illegal…
    Quelle: RT DE

    Dazu: USA bombardieren völkerrechtswidrig Syrien und den Irak
    US-Präsident Biden hat einen Angriff auf Syrien und den Irak durchführen lassen. Die Medien haben an diesen völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen der USA mal wieder nichts zu kritisieren.
    Der Spiegel meldet die illegalen Bombardierungen des Irak und Syriens durch die USA völlig kritiklos. Schon die Überschrift des Spiegel-Artikels zeigt, was der Leser denken soll: „Syrisch-irakische Grenzregion – Biden ordnet Luftschläge auf proiranische Milizen an„
    Wenn die USA Bomben abwerfen, sind es „Luftschläge„. Das klingt schön harmlos. Wenn hingegen Russland oder Syrien Bomben abwerfen, sind es „Angriffe“, „Bombardements“ oder ähnliches. Der Spiegel redet jeden völkerrechtswidrigen Angriff der USA schön und fragt gar nicht erst nach dem Völkerrecht. Syrien und der Irak sind souveräne Staaten, wer die bombardiert, der verstößt gegen das Völkerrecht…
    (…) Der Spiegel zitiert die USA vollkommen unkritisch, dabei müsste jedem denkenden Menschen die orwellsche Absurdität der US-Erklärungen ins Auge springen. Im Spiegel erfahren wir:

    „Die US-Armee hat nach Angaben des Pentagon gezielte Luftangriffe auf Einrichtungen pro-iranischer Milizen in der syrisch-irakischen Grenzregion ausgeführt. US-Präsident Joe Biden habe die »präzisen Defensiv-Angriffe« autorisiert.“

    Was bitte ist ein „Defensiv-Angriff„?…
    Noch besser wird es, wenn der Spiegel schreibt:

    „Ziel seien operative Waffenlager an zwei Standorten in Syrien und einem Standort im Irak gewesen. Den Angriffen seien Drohnenangriffe »pro-iranischer Gruppierungen auf US-Interessen im Irak« vorausgegangen.“

    Die US-Regierung hat es nicht einmal nötig, einen Grund auch nur vorzuschieben. Es geht um „US-Interessen im Irak“ heißt es lapidar. Was das für Interessen sein sollen, die die USA in einem anderen Land haben und die dann als Grund für Bombardierungen von gleich zwei Ländern herangezogen werden, interessiert der Spiegel nicht einmal…
    Die USA halten immer noch völkerrechtswidrig Teile im Osten Syriens besetzt und plündern dort das syrische Öl, das sie mit Tanklastern in den Irak transportieren lassen. Vielleicht ging es ja um diese „US-Interessen„, also um die Absicherung der illegalen Plünderung der Bodenschätze eines souveränen Staates…

    (…) „Die US-Regierung hat wegen des iranischen Atomprogramms eine Reihe von Wirtschaftssanktionen gegen das Land verhängt. Sie wirft Teheran zudem Menschenrechtsverletzungen und die Unterstützung von Terroristen vor. Trotz der Sanktionen und militärischen Aktionen gehen die Verhandlungen über das Atomabkommen in Wien weiter.“

    Mit keinem Wort erfährt der Spiegel-Leser, dass die USA das Atomabkommen gebrochen haben. Deutsche Medien berichten bestenfalls von einem „einseitigen Ausstieg der USA“ aus dem Abkommen. Aber es war ein Vertragsbruch, denn das Abkommen hat keine Ausstiegsklausel…
    Da das Atomabkommen die Abschaffung der Sanktionen vorsieht, sind auch die Wirtschaftssanktionen der USA ein Verstoß gegen den Vertrag. Und übrigens auch ein Verstoß gegen das Völkerrecht, denn das Abkommen wurde durch eine UN-Resolution in den Status des Völkerrechts erhoben. All diese Vertragsbrüche der USA verschweigt der Spiegel, er lenkt stattdessen sofort darauf ab, dass die USA dem Iran „Menschenrechtsverletzungen und die Unterstützung von Terroristen“ vorwerfen. Das klingt schön böse und bringt den Spiegel-Leser in die gewollte anti-iranische Stimmung.
    Da stören all die Vertrags- und Völkerrechtsbrüche der USA nur.
    Quelle: anti-Spiegel

  14. „Linke Parteien haben den größten Sozialabbau betrieben“
    Das Ende der Linkspartei? Der Spitzenkandidat und Fraktions-Chef Dietmar Bartsch im Interview mit Marcel Malachowski über Sahra Wagenknecht, Weltfremdheit, die Schuld der Medien und 8,50 Euro mehr Hartz IV – im Monat.
    Schon vor dem Bestseller-Buch „Die Selbstgerechten“ von Sahra Wagenknecht über die „Lifestyle-Linke“, die sich in bigotter Manier auf Kosten der Schwächsten materiell bereichert, stand für Kritiker zu vermuten, dass auch die Linkspartei vor einer „existenziellen Krise“ (MDR) steht. Beispielhaft für diesen Konflikt von ökologischer und sozialer Frage steht unter anderem die Politik des rot-rot-grünen Senats im Land Berlin: Während etwa die ÖPNV-Verkehrsbetriebe der BVG neue „klimaneutrale“ Elektro-Busse kauften zum doppelten Preis der „normalen“, starteten die dortigen Behörden eine seit 1945 beispiellos aggressive und nahezu flächendeckende und lückenlose Kontroll-Kampagne gegen finanzschwache „Schwarzfahrer“, welche von Betrugsskandalen begleitet war.
    Neben dem hochdramatischen Wähler- und Mitgliederschwund in ganz Deutschland hat die Partei mittlerweile selbst wetterbedingte Mobilisierungsprobleme bei ihren „Kadern“: LautPphoenix beteiligten sich beim Online-Parteitag zum Wahlprogramm nur rund 370 der 570 Delegierten.
    Der Wirtschaftswissenschaftler Dietmar Bartsch ist zur Bundestagswahl 2021 wie bereits 2017 Spitzenkandidat der Partei DIE LINKE. Der ehemalige NVA-Fallschirmjäger, der in Moskau an der Akademie des Zentralkomitees der KPdSU promovierte, war lange Jahre Verlagsgeschäftsführer der Junge Welt und des Neuen Deutschland und Unternehmungsberater. Bei der Linkspartei (PDS) hatte er seit 2001 wichtige Positionen inne, seit 2015 führt er die Fraktion im Deutschen Bundestag als Vorsitzender an (bis 2019 zusammen mit Sahra Wagenknecht).
    Quelle: Buchkomplizen
  15. Nein, Bill ist auch nicht schlimmer als Julia
    Zwischen Durban und Dakar Andrea Jeska erklärt das Scheitern der Grünen Revolution in Afrika
    Die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) ist gescheitert… AGRA startete im Jahr 2006 mit großen Zielen. Ins Leben gerufen von der Gates- und der Rockefeller-Stiftung, sollten Armut und Hunger bis 2020 halbiert und in 18 afrikanischen Ländern die Erträge und das Einkommen von 30 Millionen Kleinbauern verdoppelt werden. Die Stiftungen erhielten dafür unter anderem von der Bundesregierung eine Milliarde Dollar. Doch 2020 kam, der Hunger blieb. Mehr noch: Der Hunger wurde sogar größer. In einigen AGRA-Ländern gab es 30 Prozent mehr hungernde Menschen als zuvor. Die angekündigte Steigerung der Erträge bei Grundnahrungsmitteln blieb aus. Wie konnte das geschehen?
    … Statt klimaresistente und nährstoffeiche Nahrungsmittel anzubauen, wurden die beteiligten Bauern offenbar gezwungen, hauptsächlich Mais anzubauen und Hybridsaatgut sowie die für dessen Gedeihen erforderlichen Pestizide und synthetischen Düngemittel von Agrarkonzernen zu kaufen. Diese Konzerne wiederum nahmen Einfluss auf die afrikanischen Regierungen, Gesetze zu erlassen, die ihren Interessen förderlich sind. Schon nach der ersten Saison rutschten die meisten Bauern in der Schuldenfalle, manche so arg, dass sie ihr Land verkaufen mussten…
    Auch die Grüne Revolution in Deutschland, die Umstellung des Agrarsektors auf ökologischen, klimafreundlichen, nachhaltigeren Anbau ist bislang nicht groß vorangekommen, auch hier haben Agrarkonzerne die Macht. Daran sind nicht Bill oder Melinda Gates schuld, sondern aktuell eine Dame mit blondem Haar, einem Namen mit K. und einem Parteibuch mit C.
    Quelle: Der Freitag
  16. Wenn Frauenhass tötet – und links wie rechts nur Teilwahrheiten zählen
    Claudia Wagnerin
    Wer nach einer Gewalttat wie der in Würzburg Prävention statt Abschottung und Überwachung fordert, muss bereit sein, die Gründe für die Gewalt zu analysieren – schonungslos
    Die Gleichsetzung von links und rechts verbietet sich aus vielen Gründen, aber wenn Frauen Opfer schwerer Gewalttaten werden, ähneln sich die Reaktionen eines Großteils beider Lager: Die Bereitschaft, Frauenhass als Motiv in Betracht zu ziehen und das Verbrechen als Politikum zu sehen, hängt erst einmal von Herkunft und Hautfarbe des Täters ab.
    Ist er weiß und westlich sozialisiert, sind es die Rechten, die darin entweder eine unpolitische “Beziehungstat” oder die Tat eines psychisch durchgeknallten Einzeltäters sehen – je nachdem, ob Täter und Opfer sich kannten. Patriarchale Denkweisen sind dann jedenfalls nicht schuld, denn die glaubt man im “christlichen Abendland” längst überwunden. Ist der Täter dunkelhäutig, sind es Linke, die erst einmal zur Entpolitisierung neigen, denn patriarchale Denkweisen gibt es zwar überall, aber in diesem Fall wäre der Hinweis auf ein solches Motiv ja von rechts instrumentalisierbar.
    Als Linke enttäuscht mich nicht, dass Rechte tun, was sie immer tun – es wird dadurch nicht besser, aber ich erwarte von politischen Gegnern nicht, dass sie mich positiv überraschen. Selbstverständlich werden manche von ihnen der Meinung sein, dass ich besser gleich selbst in Würzburg erstochen worden wäre, wenn ich jetzt immer noch nicht das Asylrecht abschaffen will. Und natürlich will ich das nicht, denn das ginge eher auf Kosten von Menschen wie Chia Rabiei, der geholfen hat, den Täter zu stoppen. Der Täter selbst wird erst einmal sehr viel Zeit in einem deutschen Gefängnis oder in der geschlossenen Psychiatrie verbringen.
    Auch mehr Überwachung hilft nicht gegen Gewalttäter, die ihren eigenen Tod oder einen längeren Gefängnisaufenthalt in Kauf nehmen. Soweit bekannt, hatte der Täter, der am Freitag in Würzburg drei Frauen erstach und weitere überwiegend weibliche Menschen verletzte, zuvor in einem Obdachlosenheim gelebt; er stammte aus Somalia; sein Asylantrag war abgelehnt worden. Er hatte also nicht viel zu verlieren und keine Überwachungskamera hätte ihn von der Tat abgehalten.
    (…) Frauen – mit oder ohne Migrationshintergrund – sind keine Opfer zweiter Klasse. Wenn ein Rassist gemordet hat, wird von der Gruppe, aus der die Opfer stammen, auch nicht erwartet, dass sie sich erst einmal um andere diskriminierte Gruppen sorgt. Von Linken kommen dann meist klare und richtige Forderungen an die Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung von rassistisch motivierter Gewalt. Nur Frauenhass zählt noch nicht hundertprozentig als gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die entschlossen bekämpft werden muss.
    Quelle: Telepolis
  17. Youtube-Sperren: “Im Regelfall gegen kritische Auseinandersetzung”
    Sechs Jahre lang stand die filmische Gegenrecherche zu einem Doku-Drama der ARD online, rund 70.000-mal hatten User den Streifen der deutsch-argentinischen Journalistin Gaby Weber auf Youtube gesehen. Dann wurde er, so hieß es in einer E-Mail-Auskunft der Videoplattform, auf Antrag einer Produktionsfirma der ARD von dem einen auf den anderen Tag für Zugriffe aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gesperrt.
    Weber habe geistige Eigentumsrechte der Studio Hamburg GmbH verletzt, hieß es darin knapp, einem Tochterunternehmen der NDR Media GmbH.
    Solche Sperrungen werden täglich wohl unzählige Male vorgenommen, seit das neue Urheberrecht Plattformen wie Youtube in erweiterte Haftung nimmt.
    Doch Weber, die auch für Telepolis schreibt, wollte die Löschung ihres Videos nicht akzeptieren und erwirkte nach einem Tag die erneute Freischaltung. Der Streifen Desinformation– Ein Lehrstück über die erwünschte Geschichte setzte sich schließlich just mit Falschdarstellungen einer ARD-Produktion auseinander, dem Doku-Drama Eichmanns Ende aus dem Jahr 2010.
    (youtube.com/watch?v=Pq0IFw9ZSeI)
    (…) Der Justiziar der NDR-Tochter Studio Hamburg, Sebastian Noack, spricht hingegen von einem “rein technischen Vorgang”, der auf das seit Jahren etablierte Content-ID-Verfahren von Youtube beruhe.
    Dabei handelt es sich um einen automatisierten Vorgang, in dessen Verlauf Videos anhand von Referenzdateien erkannt und zuordnet werden. Reicht ein Rechteinhaber sein Material ein, werden alle hochgeladenen Videos mit den entsprechenden Inhalten verglichen. “Nachdem man uns auf die daraus resultierende und nicht beabsichtigte Sperrung des Films von Frau Weber hingewiesen hat, haben wir diese unverzüglich manuell aufgehoben”, sagt Noack.
    (…) Die Auseinandersetzung findet vor dem Hintergrund verschärfter Sperr-Maßnahmen bei Youtube statt. Seit Wochen nimmt die Videoplattform Kanäle von Usern offline, “die die von der Regierung durchgesetzten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus als unverhältnismäßig kritisieren”, schreibt der Branchendienst ZDNet. Nach den Portalen KenFM, Rubikon und anderen sei “von den Zensurmaßnahmen des US-Konzerns auch ein ZDF-Video mit Professor Schrappe von der Universität Köln betroffen”.
    Quelle: Telepolis

    Dazu: Weber: “ARD wirft meinen Film bei Youtube raus”
    Hallo an Alle,
    heute morgen (21.06.21) brachte telepolis meinen Artikel über die Geschichtsfälschung in Sachen Globke – der BND hat mir ja im Rahmen des neuen Prozesses wieder ein paar Akten rübergeschoben – und, siehe da, drei Stunden später bekam ich von Youtube drei gleichlautende emails: auf Antrag von „Studio Hamburg“ (also NDR/ ARD) sind die drei Versionen (dt., engl. und span.) meines Dokumentarfilms „Desinformation“ blockiert. Wie ihr wisst, hat die Bundesregierung das Urhebergesetz geändert, und nun schlagen sie zu. Merkwürdig ist, dass mein Film bereits 2015 hochgeladen wurde und dass ich in diesen 6 Jahren zu keinem Zeitpunkt vom NDR zu einer Unterlassung aufgefordert wurde, und meine Versuche, den NDR zu einer Erklärung zu bewegen, scheiterten auch. Wieso also nach 6 Jahren so plötzlich?
    In dem nun blockierten Film nehme ich ein Dokudrama des NDR als Beispiel, wie Geschichtsfälschung in Szene gesetzt wird, d.h. ich benutze nicht deren Filmmaterial, um meine Geschichte zu erzählen, sondern ich klage den NDR öffentlich und ohne eigenes kommerzielles Interesse der Fälschung an, dafür zeige ich einige kurze Ausschnitte und danach bringe ich die echten historischen Dokumente und Rechercheergebnisse, lang und breit…
    Quelle: Telepolis

  18. Psychologie: Die Methoden des autoritären Staats
    (…) Aktuell sind Phänomene wie Angst, Konflikte, Bespitzelung, Denunziantentum und Zensur zu beobachten. Mitverantwortlich für diese Effekte sind die von den Machthabern genutzten Propagandawerkzeuge, die aus totalitären Regimen bekannt sind.
    Es steckt definitiv ein System hinter all dem, meint Dr. Roman Braun. Allerdings nicht erst seit 2020, sondern bereits seit 1920, als man vonseiten der Elite begonnen hat, einer aufgeklärten Gesellschaft Krieg schmackhaft zu machen.
    Das Ablenkungsziel
    Während bis zum 19. Jahrhundert Krieg ein Teil der Marktwirtschaft war, wurde die Argumentation für Kriege in der aufgeklärten Gesellschaft immer schwieriger. Deswegen wird ein “externer Feind” benötigt (und nicht selten konstruiert), um Krieg und kriegerische Handlungen zu rechtfertigen und auch die Ermächtigung des Volkes – somit also Demokratie – zu unterbinden.
    Dieser Feind, der ein “Ablenkungsziel” darstellt, kann zum Beispiel Terrorismus sein oder der Islam oder eben auch ein Virus. Wie auch immer: Wichtig sei aus Sicht der Machthaber, dass sich die Angst und die aufgestaute Energie der Bevölkerung nie gegen die Regierung richtet, sondern immer nur gegen diesen Ablenkungsfeind, sagt Roman Braun.
    Wenn die Ablenkung nicht funktioniert, bleibt die Repression. Demokratie, also Volksherrschaft, käme daher auch nur dann zustande, wenn die Kosten für diese Repression zu groß würden. Für Braun ist klar: Die Mächtigen und Reichen waren noch nie an Demokratie interessiert. Aus seiner Sicht gibt es lediglich drei Gründe für demokratische Zugeständnisse seitens der Mächtigen:

    • Versprechen an die Masse können nicht mehr glaubwürdig übermittelt werden (zum Beispiel “… die nächsten drei Wochen werden entscheidend sein” oder “Kein Lockdown mehr”).
    • Konflikt innerhalb der Elite.
    • Ein Volksaufstand oder eine Revolution.

    Da die reichsten Multimilliardäre der Welt in der Coronakrise ihre Vermögen erheblich vermehren konnten, wird es auf absehbare Zeit keinen Konflikt innerhalb dieser Eliten geben, prognostiziert Dr. Braun. Ein Volksaufstand sei ebenso wenig zu erwarten, schon gar nicht in Österreich. Die Bevölkerung neige – auch historisch bedingt – kaum zu Revolutionen.
    Allerdings scheint es möglich, dass die nicht eingehaltenen Versprechen der Regierung in der Coronakrise und die aktuellen Korruptionsfälle rund um die neoliberale ÖVP die Glaubwürdigkeit der Regierenden beeinträchtigt und somit die Zustimmung der Bevölkerung zur Regierung und ihren Handlungen deutlich sinken könnte.
    Angst als Methode
    Die grundsätzliche Frage nach dem Hang der Menschen, “gehorsam” dem Diktat der Mächtigen zu folgen, ist zum Teil physio-ökonomisch begründet. Es ist für den Menschen deutlich aufwendiger, sich der Macht zu weigern, als der Masse zu folgen und sich der Herrschaft zu widersetzen. Zum anderen wird eine Meinungsänderung als erheblich aufwendiger erlebt, als bei einer einmal gefassten Meinung zu bleiben.
    Teil der Manipulation sei es außerdem, dass die Regierung sich stets als undurchschaubar darstellt und Regeln immer wieder ändert, wohingegen die Bevölkerung immer durchschaubarer wird (Beispiel: “Grüner Pass”). Das hält die Bevölkerung in Angst und macht sie für die Machthaber besser steuerbar.
    Quelle: Neue Debatte


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