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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 29. November 2010 um 9:32 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Mehrheit für verschärftes Ausländerrecht; Schwarz-Grün: Ende eines bürgerlich-feuchten Traums; Regierungsauftrag: Entwertung des Bundestages; zu viel Kapital aus Deutschland in Euro-Länder geflossen; Kanzlerin bewirkt das Gegenteil; Eating the Irish; der Hunger der anderen; Abkehr von der makroökonomischen Politik; Menschenrechtspolitik; Stuttgart 21; kein glücklicher Auftritt der Ministerin Schröder; Außenminister hielt Vortrag bei FDP-Großspender; Non Toxic Solar Alliance; Innocence in Danger: Undurchsichtige Finanzen, dubiose Methoden; US-Depeschen über Deutschland; Demokratie durch Medienmacht bedroht; Eskalation im Korea-Konflikt; Gibt Obama jetzt den Clinton?; Universitäten schlagen Alarm; warum die Wirtschaftswissenschaft die Krise nicht vorhersah; Neven DuMont; Altkanzler Schmidt pro Sarrazin; afrikanisches Desaster; zu guter Letzt: Rente mit 67: von der Leyen korrigiert Gesetz. (WL)

Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Schweiz: Mehrheit für verschärftes Ausländerrecht
  2. Schwarz-Grün: Ende eines bürgerlich-feuchten Traums
  3. Harald Schumann: Regierungsauftrag: Entwertung des Bundestages
  4. Ifo-Präsident Sinn: Zu viel Kapital aus Deutschland in Euro-Länder geflossen
  5. Robert von Heusinger: Ein Hoch auf diese Regierung
  6. Eating the Irish
  7. Ulrike Herrmann: Der Hunger der anderen
  8. J. Bradford DeLong: Die Abkehr von der makroökonomischen Politik
  9. Menschenrechtspolitik: Geld sagt mehr als tausend Worte
  10. Stuttgart 21: Befürworter und Gegner gleichauf
  11. Kein glücklicher Auftritt der Ministerin Schröder
  12. Außenminister hielt Vortrag bei FDP-Großspender
  13. Die Non Toxic Solar Alliance – fragwürdige Schöpfung einer Lobbyagentur
  14. Innocence in Danger: Undurchsichtige Finanzen, dubiose Methoden
  15. US-Depeschen über Deutschland
  16. Blum sieht Demokratie durch Medienmacht bedroht
  17. IPPPNW: Eskalation im Korea-Konflikt
  18. Gibt Obama jetzt den Clinton?
  19. Universitäten schlagen Alarm
  20. Gerangel um die Rangliste
  21. Wirklichkeitsverlust – warum die Wirtschaftswissenschaft die Krise nicht vorhersah
  22. Tragödie mit offenem Ende
  23. Altkanzler Schmidt kritisiert Umgang mit Sarrazin
  24. Afrika: Demokratisch ins Desaster
  25. Zu guter Letzt: Rente mit 67: von der Leyen korrigiert Gesetz

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Schweiz: Mehrheit für verschärftes Ausländerrecht
    Ein Jahr nach dem Bauverbot für Minarette haben in der Schweiz 52,9 Prozent der Stimmberechtigten am Sonntag für eine automatische Ausweisung krimineller und verurteilter Ausländer gestimmt. Ein moderaterer Gegenvorschlag von Regierung und Parlament, der eine juristische Einzelfallprüfung vorsieht, fiel durch. Er erhielt lediglich 47,1 Prozent der Stimmen.
    Die Initiative für das Gesetzesvorhaben kam von der nationalkonservativen Schweizer Volkspartei (SVP). Sie hatte mit fremdenfeindlichen Plakaten für ihr Vorhaben geworben…
    Nach dem neuen Gesetz soll neben Kapitalverbrechen auch eine Verurteilung wegen Schwarzarbeit oder Sozialhilfebetrugs ausreichen, um ausgewiesen zu werden. Ein Wiedereinreiseverbot soll für einen Zeitraum von fünf und 15 Jahren gelten. Das Parlament muss noch eine detaillierte Liste erarbeiten, bei welchen Delikten genau die automatische “Ausschaffung” – wie Abschiebung in der Schweiz genannt wird – greifen soll.
    Die Regierung und auch unabhängige Rechtsexperten warnten, dass das neue Gesetz gegen Verträge mit der EU und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße, weil etwa das Alter eines Täters oder die Menschenrechtslage in dessen Heimatland nicht berücksichtigt werden.
    Die Schweizer stimmten am Sonntag auch über eine Initiative der Sozialdemokratischen Partei (SP) ab, mit der den Kantonen ein Mindestteuersatz für höhere Einkommen auferlegt werden sollte, um so einen Niedrig-Steuerwettbewerb zwischen den Gebieten zu verhindern. Diese Initiative wurde allerdings mit 58,5 Prozent der Stimmen abgelehnt.
    In der Schweiz liegt die Einkommensteuer-Hoheit bei den Kantonen und Gemeinden, die sich zum Teil einen Wettbewerb um die niedrigsten Steuern liefern. Wirtschaftsverbände waren gegen die Initiative Sturm gelaufen und bekannte Unternehmer hatten mit Wegzug gedroht.
    Quelle: Deutsche Welle

    Anmerkung WL: Zur Information: Auch in Deutschland sieht die im Jahre 2005 verschärfte Gesetzeslage je nach Schwere des Deliktes bzw. abhängig von der Höhe des Strafmasses die zwingende Ausweisung, die Ausweisung im Regelfall oder eine Ermessens-Ausweisung vor.
    Zwingend ausgewiesen werden Ausländer, die zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sind.
    Ausländer, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen, d.h. Drogen hergestellt oder mit ihnen gehandelt haben, müssen sogar schon bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung oder zu zwei Jahren Jugendstrafe mit einer zwingenden Ausweisung rechnen. Auch wer wegen Menschenhandel zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wird, muss ausgewiesen werden.
    Das hiesige Gesetz sieht allerdings einen besonderen Schutz vor Ausweisung für Menschen vor, die schon lange in Deutschland leben oder mit einem deutschen Staatsbürger verheiratet sind. Per Gesetz verboten ist außerdem die Abschiebung in Staaten, in denen das Leben oder die Freiheit der Betroffenen bedroht ist.
    Und machen wir uns nichts vor, nach der „Sarrazin-Debatte“ würde vermutlich eine solche Abstimmung bei uns nicht viel anders aussehen.
    Viel Grund zur Überheblichkeit gegenüber den Schweizern besteht also nicht.
    Vor dem Gesetz, also auch vor dem Strafgesetz sind alle gleich. Nur die Ausländer sind gleicher, sie müssen nicht mehr in der Schweiz ihre Strafe „abbüßen“, sondern werden einfach „ausgeschafft“ und anderen Länder vor die Tür gesetzt, sei es, dass sie dort laufen gelassen werden oder (Menschenrechte hin oder her) aber gefoltert werden oder sei es, dass sie am nächsten Tag mit einem anderen Pass in ein Nachbarland (und vielleicht sogar wieder in die Schweiz) einreisen.
    Die Schweiz schützt zwar ausländische Steuerhinterzieher und Leute, die um Steuer zu hinterziehen dort ihren Wohnsitz nehmen, aber Sozialhilfebetrüger sollen ausgeschafft werden.
    Offenbar schafft es der Rechtspopulismus in ganz Europa die Sorge der Menschen wegen der Krise auf den Sündenbock „Ausländer“ abzuladen. Auf ähnliche Forderungen wie in der Schweiz wird man bei uns nicht lange warten müssen.

  2. Schwarz-Grün: Ende eines bürgerlich-feuchten Traums
    Das schwarz-grüne Experiment in Hamburg ist gescheitert. Die Grünen haben die Koalition aufgekündigt und streben Neuwahlen an; da die SPD sich ebenfalls dafür ausgesprochen hatte dürfte es wahrscheinlich sein, dass es auch zu diesen kommt. Mit dem Hamburger Bündnis endet auch die nun zwei Jahre andauernde Feuilleton-Euphorie über die Idee einer Koalition zwischen schwarzen Christdemokraten und grünen Grünen. Die Idee war von Anfang an eine Totgeburt, zum Leben erwacht einzig und allein durch das andauernde Hochschreiben in der Presse…
    Sie (die Grünen) haben ihre potentielle Wählerschaft verdoppelt, denn es gehört zu den Absurditäten des deutschen Politikbetriebes, dass sie ganz egal was sie tun “authentisch” bleiben. Sie können Hartz-IV ohne Widerrede mittragen und nun den Ausbau des Sozialstaats fordern, niemand macht sie auch nur darauf aufmerksam. In der SPD stürzte ein Vorsitzender über die Ausweitung des ALG-I für sechs Monate…
    Man sollte sich nicht so sehr auf die Grünen als neue Modeerscheinung versteifen, sondern lieber die SPD unter die Lupe nehmen. Die Chancen sind gut, dass in den kommenden Landtagswahlen und in der Bundestagswahl 2013 nicht die Grünen das Zünglein an der Waage sein werden, sondern die SPD. Anders als die Grünen kann sie zwar auch nicht wirklich mit der CDU, ohne ihre Wähler zu befremden, nur stört dies die Seeheimer nicht. In den letzten Jahren haben die rechten Sozialdemokraten mehrfach bewiesen, dass sie bereit sind, mit dem Beelzebub ins Bett zu steigen, um ihre Interessen durchzusetzen. Es ist derzeit völlig unabsehbar, wo die Partei in sechs Monaten sein wird, geschweige denn in den drei Jahren bis 2013. Die Grünen dagegen dürften da leichter einzuschätzen sein. Das ist eigentlich nur für das Feuilleton eine schlechte Nachricht, das sich nun einen anderen feuchten Traum suchen muss.
    Quelle: Oeffinger Freidenker
  3. Harald Schumann: Regierungsauftrag: Entwertung des Bundestages
    Im Eilverfahren peitschte da die Regierungskoalition das sogenannte “Restrukturierungsgesetz” durch. Es regelt das Verfahren, wie die Regierung und ihre Behörden bei den nächsten Finanzkrisen mit insolventen Banken umgehen sollen, die man wegen ihrer Größe und Vernetzung mit anderen Geldhäusern nicht einfach in Konkurs gehen lassen kann. Die Aufsichtsbehörden können damit früher eingreifen als bisher und können notfalls auch gegen den Willen des Managements eine Aufspaltung oder Abwicklung der Bank erzwingen. Ob das Verfahren im Krisenfall tatsächlich eine Wiederholung der chaotischen und für die Steuerzahler äußerst kostspieligen Bankenrettung wie im Herbst 2008 verhindern würde, ist alles andere als klar.
    Aber immerhin soll es künftig einen staatlich verwalteten Fonds für den Notfall geben, der über Abgabezahlungen von den Banken selbst mit 70 Milliarden Euro gefüllt werden soll.
    Allein, die Abgabe ist so niedrig eingesetzt, dass es bis zu 70 Jahre dauern wird, bis die Summe tatsächlich einbezahlt ist. Weil die nächste Bankenpleite aber schon morgen geschehen kann, erteilt das Gesetz darum der Regierung und ihrer “Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung” die Vollmacht, auch künftig mal eben bis zu 20 Milliarden Euro Kredit für Kapitalhilfen an Banken aufzunehmen und zudem für bis zu 100 Milliarden Euro ausstehender Verpflichtungen der Krisenbanken mit Bürgschaften zu garantieren. De facto wird so das das seinerzeit im Hauruckverfahren etablierte Prinzip der Bankenrettung kurzerhand verewigt, wenn auch in leicht abgewandelter Form.
    Mag schon dieses Konzept fragwürdig sein, so kommt der Umgang der Abgeordneten der Regierungskoalition mit dem Verfahren einer Verhöhnung der Demokratie gleich. Denn sie setzten durch, dass der Bundestag genau wie bisher keine Möglichkeit haben wird, über die Milliardenzahlungen zum Freikauf der Gläubiger überschuldeter Banken und zu Lasten der Steuerzahler selbst zu entscheiden. Auch künftig müssen der Finanzminister oder seine Staatssekretäre und die Leiter der Bankenrettungsanstalt lediglich ein machtloses Gremium aus neun Abgeordneten des Haushaltausschusses über ihre Aktionen unterrichten. Da dürfen die Volksvertreter zwar Fragen stellen, aber zu entscheiden haben sie nichts. Schlimmer noch: Selbst wenn sie Einwände haben oder gar von der unzulässigen Begünstigung einzelner Finanzinstitute oder deren Gläubiger erfahren, dürfen sie das Parlament und ihre Wähler nicht darüber informieren.
    Stück für Stück begibt sich der Bundestag so seines wichtigsten Rechts, der Kontrolle über die Ausgaben Staates durch gewählte Vertreter. Wer solcherart eines der zentralen Prinzipien der Demokratie ständig mit Füssen tritt, der darf sich über die zunehmende Abkehr der Bürger von den Parlamenten und ihren Abgeordneten nicht beklagen.
    Quelle: Tagesspiegel
  4. Ifo-Präsident Sinn: Zu viel Kapital aus Deutschland in Euro-Länder geflossen
    In den vergangenen zehn Jahren sind zwei Drittel der deutschen Ersparnisse ins Ausland geflossen und wurden dort angelegt. Nur ein Drittel ist hierzulande in Fabriken, Maschinen, Schulen oder Straßen investiert worden.
    Die Banken haben unsere Ersparnisse der inländischen Verwendung für neue Arbeitsplätze entzogen und nehmen uns jetzt in Geiselhaft, weil ihre Kunden nicht zurückzahlen. Wenn wir nicht bürgen, heißt es, bricht die Welt zusammen (…)
    Es wird immer von 130 Milliarden Euro geredet; so hoch seien die Forderungen der deutschen Banken, die angeblich gefährdet sind. Davon sind aber 100 Milliarden Euro Forderungen der Banken gegenüber ihren eigenen Zweckgesellschaften, die in Irland sitzen. Die haben ihr Geld in der weiten Welt investiert und mit den irischen Problemen gar nichts zu tun…
    Wegen der Kapitalexporte befand sich Deutschland in den vergangenen Jahren in einer so langen Flaute. Viele denken, wir seien die Gewinner des Euro. Das stimmt leider überhaupt nicht. Deutschland kam durch die gewaltigen Kapitalverluste in eine Stagnation, die vor allem den Lohnbeziehern Opfer abverlangt hat und die Gesellschaft in eine Krise hineintrieb.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung WL: Wo Sinn Recht hat, hat er Recht. Er sollte sich nur einmal die Frage stellen, warum in Deutschland so viel Kapital gebildet werden konnte, das in die Euro-Länder abfließen konnte. Die Ersparnisse haben gewiss nicht die normalen Arbeitnehmer gebildet, es waren überwiegend die Gewinne, die durch Lohndumping und Steuersenkungswahn ins Ausland abgeflossen sind und hier für die Binnennachfrage gefehlt haben.
    Aber auf diese Frage kann jemand nicht kommen, in dessen ökonomischem Weltbild die Nachfrage der privaten Konsumenten (also der Masse der Arbeitnehmer) keinerlei Rolle spielt, und die Unternehmen alles in der Wirtschaft alleine machen: konsumieren, investieren und exportieren. Doof nur wenn sie nicht bei uns investieren und konsumieren, dann haben wir halt hier eine Flaute.

    Dazu:

    Deutschland verbrennt sein Vermögen im Ausland
    Fast eine Billion Euro an Vermögen haben deutsche Unternehmen seit 2003 im Ausland angehäuft. Die Hälfte davon hat sich verflüchtigt.
    Über Jahrzehnte haben die deutschen Unternehmen das gemacht, was ihre Aufgabe ist: Sie haben zusätzlich zu ihren einbehaltenen Gewinnen Finanzmittel aufgenommen für die Realkapitalbildung, ihre Netto-Investitionen waren immer höher als ihr Sparen, sie hatten daher ein Finanzierungsdefizit.
    Das änderte sich ab 2003: Die Gewinne der Unternehmen stiegen deutlich an, in erster Linie als Folge sinkender Reallöhne. Statt ihre Investitionen zumindest in gleichem Maß zu erhöhen, akkumulierten die Unternehmen Finanzkapital: Sechs Jahre in Folge haben sie nun schon Finanzierungsüberschüsse. Diese legten sie primär in Form von Bankeinlagen, Aktien und Finanzderivaten an.
    Die Überschüsse Deutschlands mussten natürlich im Ausland angelegt werden. Der größte Teil wurde nicht in Realvermögen (Direktinvestitionen) angelegt, sondern in ausländische Finanztitel: In den Jahren 2004 bis 2009 kumulierte sich die jährlichen Zuflüsse an Nettofinanzvermögen im Ausland auf 982 Mrd. Euro. Der Bestandswert des angehäuften Nettofinanzvermögens lag Ende 2009 aber nur 527 Mrd. Euro über dem Wert von 2003. Wie erklärt sich der Schwund? Hauptursachen für die Verflüchtigung von 455 Mrd. Euro waren die von den Banken angekauften Schrottpapiere, aber auch Bewertungsverluste durch Dollar-Abwertung und Aktienkursverfall (…)
    Die verbliebenen “Gutschriften für Exportüberschüsse” sind überwiegend bei ausländischen Banken sowie in Staatsanleihen angelegt, zu einem großen Teil in den Defizitländern des Euro-Raums. Auch sie werden sich verflüchtigen (…)
    Vorläufig wird einmal gehofft: Wenn Irland den Rettungsfonds in Anspruch nimmt, werden sich die Märkte schon wieder beruhigen.
    Wahrscheinlicher ist: Die Zinsen bleiben untragbar hoch, und zusätzlich kommen Portugal und Spanien dran. Denn für die Finanzalchemisten ist es lukrativ, sich bei der EZB Geld zu einem Prozent zu leihen, damit Staatsanleihen zu acht Prozent zu kaufen und auf weiteren Rettungsmaßnahmen zu bestehen, mit dem Argument, die Risiken wären viel zu hoch für das Gesamtsystem – und für die eigenen Gewinne, beides ist fast das Gleiche geworden (…)
    Fazit: Will ein Exportweltmeister die Früchte seiner Anstrengungen genießen, so muss er mehr importieren, will er einen Teil der Schuld des Auslands zurückbekommen, dann muss er ein Defizit in der Leistungsbilanz zustande bringen – undenkbar für deutsche Eliten.
    Quelle: Handelsblatt

  5. Robert von Heusinger: Ein Hoch auf diese Regierung
    Wie hat es Angela Merkel geschafft, der deutschen Wirtschaft einen so vorzüglich niedrigen Wechselkurs zu zaubern? Sie hat einfach der ganzen Welt gezeigt, wie unglaublich wackelig die Konstruktion der Währungsunion ist. Sie hat im März und April die Investoren und Spekulanten aus dem Dämmerschlaf gerissen, als sie immer wieder betonte, Griechenland könne auch pleitegehen, Griechenland bekäme alles, nur keine Hilfen aus Deutschland.
    Oberflächliche Gemüter (auch ich) haben das zunächst mit der Wahl in NRW in Verbindung gebracht. Aber heute wissen wir, dass es kalkulierte Makropolitik war. Schauen Sie nur auf den Dollar/Euro-Kurs. Er rasselte im Frühjahr bis auf 1,20 in die Tiefe, weil alle Welt glaubte, das letzte Stündlein des Euro habe geschlagen. Doch dann floss doch Geld für Griechenland, der Rettungsschirm wurde aus der Taufe gehoben, die Zentralbank durfte Anleihen kaufen. Alles Dinge, die sich ein strammer deutscher Ordnungspolitiker beim Abschluss meiner Wachstumswette im November 2009 nicht hätte vorstellen können. Aber gut, so pragmatisch ist sie halt unsere Angela Merkel.
    Als dann der Fed-Chef Ben Bernake im Oktober sein irres Programm zur quantitativen Lockerung Nummer zwei auflegte und der Euro wieder über 1,40 Dollar sprang, da legte die Kanzlerin nach. Sie wolle einen dauerhaften Krisenmechanismus installieren, die privaten Gläubiger müssten zur Kasse gebeten werden, am besten alles bis 2013. Das hat sie das erste Mal für alle Anleger hörbar in Deauville verkündet (mit Sarkozy). Seither tobt die Euro-Krise wieder, aber der Euro hat zehn Cent abgegeben. Zehn Cent, die die heimischen Autobauer, Maschinenbauer, und all die anderen Exporteure gut gebrauchen können. Mag sich der Fed-Chef schwarz ärgern, gegenüber dem Euro wird der Dollar nicht schwächer.
    Und der grandiose Nebeneffekt dieses Heraufbeschwörens der Euro-Krise sind die rekordniedrigen Zinsen…
    Das verunsicherte Kapital aus Irland, Portugal, Spanien, Griechenland flieht in Bundesanleihen – und hält hierzulande die Zinsen so niedrig, wie sie noch nie waren.
    Topp, die Wette gilt: Die deutsche Wirtschaft wächst 2011 um 2,5 Prozent und mehr – und mögen die Bürger Griechenlands, Irlands, Portugals und Spaniens noch so leiden.
    Quelle: Zeit Online Herdentrieb
  6. Eating the Irish
    What we need now is another Jonathan Swift. Most people know Swift as the author of “Gulliver’s Travels.” But recent events have me thinking of his 1729 essay “A Modest Proposal,” in which he observed the dire poverty of the Irish, and offered a solution: sell the children as food. “I grant this food will be somewhat dear,” he admitted, but this would make it “very proper for landlords, who, as they have already devoured most of the parents, seem to have the best title to the children.”
    O.K., these days it’s not the landlords, it’s the bankers — and they’re just impoverishing the populace, not eating it. But only a satirist — and one with a very savage pen — could do justice to what’s happening to Ireland now.
    Quelle: The New York Times

    Kommentar Roger Strassburg: Siehe Ziffer 56

  7. Ulrike Herrmann: Der Hunger der anderen
    Die Frage ist verzwickt und wird doch millionenfach gestellt: Wo bloß lassen sich die eigenen Ersparnisse noch sicher anlegen, wenn selbst Staaten in den Bankrott steuern? Griechenland ist pleite, Irland auch, und bald dürfte Portugal EU-Hilfen beantragen. Die Finanzkrise ist nicht vorbei, sondern bedroht die Rücklagen eines jeden. Doch Trost ist nah. Es gehört zu den Wundern dieser Finanzkrise, dass es in Zeiten der allgemeinen Ratlosigkeit nie an Ratgebern fehlt. Zu einer Institution ist der Bestsellerautor Max Otte geworden. Mit seiner von ihm sogar patentierten “Königsanalyse” gibt er auch folgende Anweisung: Kaufen Sie Ackerland! “Der Adel ist damit ja auch über die Jahrzehnte und Jahrhunderte ganz gut gefahren.” Diese Selbst-Nobilitierung durch Boden-Akquise hat nicht nur Max Otte entdeckt. Weltweit kaufen die Kapital-Investoren Böden auf. Legendär sind die Chinesen, die sich in Afrika mit Flächen versorgen. Aber auch in Deutschland erfährt das Land eine ganz neue Wertschätzung, die sich nicht nur auf die Landlust-Leser beschränkt.
    “Börse-Online”, nie um eine Umfrage verlegen, hat daher 70 Fachmakler befragt. Das Ergebnis wurde in der vergangenen Woche präsentiert und zeigt einmal mehr, dass die deutschen Äcker zum Spekulationsobjekt geworden sind: Die meisten Flächen werden nicht mehr von Landwirten gekauft – sondern von Finanzinvestoren. 85 Prozent der Käufer gaben an, sich gegen eine mögliche Inflation absichern zu wollen. Daher “suchten” sie nach einem “Sachwert”. Jeweils 40 Prozent wollten vom Boom bei den Agrarrohstoffen profitieren oder aber ihr “Portfolio diversifizieren”. Übrigens muss man nicht unbedingt einen Acker kaufen, um mit Lebensmitteln zu spekulieren. Es reicht völlig, sich an Nahrungsmittelkonzernen zu beteiligen. Max Otte rät in seinem neuesten Buch gleich mehrfach dazu, sich Nestlé-Aktien ins Depot zu legen, die für ihn “die sicherste und beste Aktie der Welt” ist. Es ist also naheliegend, dass eine neue Blase entsteht – eine Ackerblase. Wie alle Blasen würde sie sich selbst verstärken. Wenn sich immer mehr Investoren für Agrarland interessieren, wird es automatisch teurer, und diese “Wertsteigerung” überzeugt dann weitere Anleger, dass es sich um “goldenen Boden” handelt, den man unbedingt erwerben muss. Wie jede Blase würde auch eine Acker-Blase platzen. Aber das ist kein Grund zur Schadenfreude. Denn solange sich die Blase aufpumpt, würden weltweit die Lebensmittelpreise steigen – und ausgerechnet am Hunger der Armen wollen die neuen Agrarinvestoren verdienen.
    Quelle: taz
  8. J. Bradford DeLong: Die Abkehr von der makroökonomischen Politik
    Wie konnte es soweit kommen? Wie kann es sein, dass in den USA eine große politische Bewegung – die Tea Party – existiert, die für eine ultraharte Währungspolitik eintritt, wenn es keine Hartwährungslobby gibt, deren Vermögen auf dem Spiel steht? Wie kann es sein, dass sich in den USA die Arbeitslosen und die, die Angst haben, zur nächsten Welle der Arbeitslosen zu gehören, nicht ins Wählerverzeichnis eintragen lassen? Warum haben die Politiker keine Angst vor ihrem Unwillen? Und es stellen sich auch jede Menge wirtschaftliche Fragen. Warum werden die Grundsätze der Bestimmung des Nominaleinkommens, die, wie ich dachte, seit 1829 weitestgehend feststehen, jetzt in Frage gestellt? Warum wird die Vorstellung (die Männer wie John Maynard Keynes, Milton Friedman, Knut Wicksell, Irving Fisher und Walter Bagehot alle teilten), dass die Regierungen strategisch auf den Finanzmärkten intervenieren müssen, um die gesamtwirtschaftlichen Ausgaben zu stabilisieren, jetzt bestritten?
    Klar ist inzwischen, dass die rechtsgerichteten Gegner der Politik der Obama-Regierung nicht den Einsatz finanzpolitischer Maßnahmen zur Stabilisierung der nominalen Ausgaben ablehnen. Sie lehnen vielmehr bereits den Gedanken ab, dass die Regierung versuchen sollte, eine stabilisierende makroökonomische Rolle zu spielen. Der Fluss gesamtwirtschaftlicher Ausgaben ist heute niedrig. Daher wirkt US-Notenbankchef Ben Bernanke darauf hin, dass die Fed diesen Fluss ankurbelt, indem sie durch Kauf von Staatsanleihen, auf die Zinsen anfallen, im Tausch gegen unverzinstes Bargeld den Mix privat gehaltener Vermögenswerte verändert. Das ist eine absolute gängige Vorgehensweise. Der kleine Unterschied ist nur, dass die Fed siebenjährige Schatzanleihen kauft statt solcher mit einer Laufzeit von drei Monaten. Sie hat keine Wahl: Die kürzeste Laufzeit, für die Zinsen gezahlt werden, sind bei Schatzanleihen heute sieben Jahre. Die Fed kann die kurzfristigen Zinsen nicht unter null senken, also versucht sie, durch diese Politik der „quantitativen Lockerung“ die längerfristigen Zinsen zu drücken. Doch Amerikas Rechte lehnt dies ab. Ihre Gründe bleiben weitgehend im Dunkeln: Welche Einwände bestehen auf der Ebene der Wirtschaftstheorie gegen die quantitative Lockerung? Geschwafel, wonach die Federal Reserve die Währung manipuliert und übermäßige Risiken eingeht, ist keine Antwort wert.
    Quelle: Project Syndicate
  9. Menschenrechtspolitik: Geld sagt mehr als tausend Worte
    Schwarz-gelbe Streichliste: Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle predigen immer und überall die Menschenrechte – und kürzen die Hilfe dafür besonders rabiat zusammen. Die Zahlen sind bestürzend.
    Westerwelle streicht die finanzielle Förderung der Menschenrechtsarbeit im Rahmen der sogenannten Internationalen Demokratisierungshilfe nahezu auf die Hälfte zusammen. Das ist empörend, weil jeder Kundige weiß, ob er nun im Auswärtigen Amt, dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, in den beteiligten Bundestagsausschüssen oder in einer unserer vielen international engagierten nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen tätig ist, dass gerade auf diesem Gebiet mehr angestoßen und durchgesetzt werden muss, wenn Deutschland über die Entwicklung einer gerechten und menschlichen globalen Ordnung mehr als lediglich plaudern will
    Quelle: SZ

    Anmerkung WL: Wozu auch noch Menschenrechts“politik“, schließlich soll doch nach zu Guttenberg die Bundeswehr für die Durchsetzung der Menschenrechte sorgen.

  10. Stuttgart 21: Befürworter und Gegner gleichauf
    Für jeden zweiten Baden-Württemberger ist es das mit Abstand wichtigste Problem des Landes: Stuttgart 21. Das zeigt das aktuelle Politbarometer Extra. Befürworter und Gegner des Projekts sind etwa gleich stark vertreten.
    Wenige Tage vor Abschluss der Schlichtungsgespräche wird der Umbau in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof von 40 Prozent aller Wahlberechtigten in Baden-Württemberg befürwortet und von 39 Prozent abgelehnt (egal / weiß nicht: 21 Prozent). Bei den Wahlberechtigten in der Region Stuttgart sprechen sich 44 Prozent dafür aus und 40 Prozent sind dagegen (egal / weiß nicht: 16 Prozent). Die Gegner begründen ihre Ablehnung vor allem (28 Prozent) mit den Kosten, zwölf Prozent halten das Projekt für überflüssig und jeweils fünf Prozent nennen den Naturschutz, technische Bedenken oder fehlende Transparenz der Entscheidung als Gründe.
    Rund vier Monate vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg kommt die CDU in der Politbarometer-Projektion auf 39 Prozent, die SPD erreicht lediglich 19 Prozent. Die Grünen werden mit 26 Prozent klar zweitstärkste politische Kraft, die FDP kommt auf fünf Prozent, die Linke auf vier Prozent und verschiedene andere Parteien zusammen auf sieben Prozent.
    Quelle: ZDF Politbarometer

    Dazu:

    Stuttgart 21: Eine Einigung scheint in weiter Ferne
    Die Kosten für “Stuttgart 21” sorgen zwischen Gegnern und Befürwortern des Bahnprojekts ebenso für Streit wie mögliche Ausstiegskosten und die Leistungsfähigkeit des geplanten Bahnhofs. Trotzdem sind die Schlichtungsgespräche nun beendet. Heiner Geißler verkündet seinen Schiedsspruch am Dienstag.
    Quelle: stern.de

  11. Kein glücklicher Auftritt der Ministerin Schröder
    Der “Wiesbadener Kurier” hatte es am Freitag aus erster Hand. Die Bundesfamilienministerin beklagt, dass muslimische Jugendliche deutlich gewaltbereiter als andere seien. Dies sei das Ergebnis von zwei neuen Studien.
    Bei der Präsentation der Studien ein paar Stunden später in Berlin klang es dann schon ein wenig anders, was zu nicht geringer Verwirrung der anwesenden Journalisten führte. Denn die Studien, und vor allem ihre Autoren und Autorinnen, sind zu ganz anderen Schlüssen gekommen.
    Für den Zusammenhang von Islam und Gewaltbereitschaft gebe es keine “belastbaren Zahlen”, meint einer der Wissenschaftler.  Ursache für erhöhte Gewaltbereitschaft seien meist mangelnde Bildung, Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit und “gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen”. Dies trifft aber auf muslimische wie nichtmuslimische Jugendliche zu. Bei russischen Zuwanderern sei die Gewaltbereitschaft wesentlich höher als bei muslimischen, auch dieses Ergebnis einer der vorgelegten Studien widerspricht der These, der Islam führe mit direkter Konsequenz zum gewalttätigen Machokult.
    Quelle: heute.de

    Anmerkung WL: Siehe dazu: 40 Menschen im September infolge politisch rechts motivierter Straftaten verletzt. Im September dieses Jahres sind in Deutschland insgesamt 40 Menschen infolge politisch rechts motivierter Straftaten verletzt worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/3774) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/3572) hervor. Danach wurden für September 2010 insgesamt 934 solcher Straftaten gemeldet, darunter 45 Gewalttaten und 668 Propagandadelikte. Bei 118 Straftaten konnte den Angaben zufolge ein fremdenfeindlicher Hintergrund festgestellt werden. 176 Straftaten wurden laut Vorlage der Kategorie ”Hasskriminalität“ zugeordnet.
    Fast 200 antisemitische Straftaten im dritten Quartal 2010

  12. Außenminister hielt Vortrag bei FDP-Großspender
    Die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) und ihre Tochtergesellschaft “Allfinanz” sind seit Jahren bedeutende Großspender von CDU und FDP. Allein in den Jahren 2000 bis 2009 flossen nach Angaben des Portals parteispenden.unklarheiten.de 1.558.971 Euro an die beiden Parteien, wovon die CDU etwa zwei Drittel erhielt und die Liberalen das übrige Drittel.
    Nun hat die FDP erneut eine Spende von der DVAG erhalten, die insgesamt dritte seit Juli diesen Jahres. Am 9. November gingen 60.000 Euro auf dem FDP-Konto ein, zuvor waren es 65.000 Euro (August) und 75.000 Euro (Juli) gewesen. Vor dem Hintergrund der Großspenden an die Liberalen gerät nun eine DVAG-Veranstaltung vom 23. Februar 2010 ins Blickfeld, zu der das Unternehmen 15.000 ihrer Vermögensberater in die Kölner Lanxess-Arena eingeladen hatte.
    Auf Facebook feiert die DVAG ihren “Vermögensberatertag” begeistert als die “größte nicht-öffentliche Veranstaltung des Jahres”, im Unternehmensblog ist von einer “unschlagbaren” Ansammlung von Ehrengästen die Rede.
    Den prägendsten Eindruck hinterließ allerdings jemand anderes: Guido Westerwelle.
    Dieser war als “Außenminister der Bundesrepublik Deutschland” gekommen, wie DVAG-Vorstandsmitglied Helge Lach im Unternehmensblog schreibt. Als solcher habe Westerwelle “eindrucksvoll unterstrichen, wie wichtig es ist, dass sich in unserem Land Leistung lohnen muss”.
    Man fragt sich allerdings schon, warum ein Bundesaußenminister und Vizekanzler bei einem von Johannes B. Kerner moderierten Firmenevent, bei dem ansonsten zahlreiche Werbepartner des Unternehmens auftreten, 15.000 anwesenden Vermögensberatern “seine Positionen” verdeutlicht.
    “Großer Beifall” schlägt dem Außenminister und Vizekanzler laut DVAG-Broschüre später auch für seine Rede entgegen. “Leistung”, so Westerwelle, “muss sich lohnen. Leistung muss gefördert werden. Ein Land kann sich Sozialleistungen für die Schwächeren nur dann leisten, wenn die anderen dies erwirtschaften. Sie als Vermögensberater und selbstständige Unternehmer sind erstes Vorbild, wenn es darum geht, Leistung zu zeigen. Und Ihr Unternehmen, die Deutsche Vermögensberatung, macht wie kaum ein anderes Unternehmen vor, wie Leistung gefördert und honoriert wird. Deshalb sind Sie alle so erfolgreich.”…

    Die jüngsten DVAG-Spenden an CDU und FDP erfolgten im zeitlichen Umfeld einer Gesetzesinitiative, mit der die Bundesregierung den Anlegerschutz stärken will. Vor eineinhalb Jahren klagte DVAG-Gründer Reinfried Pohl, sein Unternehmen werde immer stärker durch politische Vorgaben beeinträchtigt (…)
    Die Deutsche Vermögensberatung AG schüttet in zehn Monaten 400.000 Euro an die Regierungsparteien aus. Und der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland ist Ehrengast beim DVAG-”Vermögensberatertag” und legt seine Positionen zum Thema “Leistung” dar.
    Quelle: abgeordnetenwatch.de

  13. Die Non Toxic Solar Alliance – fragwürdige Schöpfung einer Lobbyagentur
    In Brüssel endet am Mittwoch (24.11.2010) eine monatelange Lobbyauseinandersetzung um Umweltvorschriften für Solarmodule. Dabei trat eine dubiose Lobbyorganisation auf, die „Non-Toxic Solar Alliance“. Sie wurde von der Lobbyagentur Bohnen Kallmorgen und Partner gegründet – aber nach außen präsentiert sie sich als gemeinnützige Initiative aus Wissenschaftlern, Zivilgesellschaft und Solarunternehmern. Der Fall verdeutlicht das Scheitern des freiwilligen EU-Lobbyregisters. LobbyControl wird ihn sowohl der EU-Kommission als auch dem Deutschen Rat für Public Relations zur Beschwerde vorlegen.
    Quelle: LobbyControl
  14. Innocence in Danger: Undurchsichtige Finanzen, dubiose Methoden
    Eigentlich mag Freifrau Stephanie zu Guttenberg nicht in der Öffentlichkeit stehen. Behauptet sie. Sie wolle ihre Möglichkeiten für ein “echtes Anliegen” nutzen: für den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch.
    Doch wohin fließen die vielen Spenden, was wird mit dem Geld gemacht?
    Wer Antworten auf diese Fragen sucht, stößt auf die andere Seite der Guttenbergschen Glitzerwelt. Dann herrscht bei den Kinderschützern mit Sitz in Köln plötzlich eisernes Schweigen. Intransparenz statt Eloquenz.
    Für viele Fernsehzuschauer dürfte inzwischen der Eindruck entstanden sein, dass eine der kompetentesten Organisationen gegen Kindesmissbrauch in Deutschland Innocence in Danger heißt, und dass man dorthin spenden sollte, wenn man die Arbeit von Fachleuten unterstützen will.
    Dabei gibt es zahlreiche Organisationen, die sich in Deutschland seit vielen Jahren gegen den Missbrauch von Kindern engagieren und Präventionskonzepte erarbeiten. Rund zwei Dutzend gehören auch zum Runden Tisch der Bundesregierung zum Thema Kindesmissbrauch – Innocence in Danger gehört nicht zu diesem Kreis anerkannter Experten.
    “Dieser Verein lenkt von den wichtigen Problemen ab”, kritisiert Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbunds. “Ich wüsste nicht, dass die eine einzige Beratungsstelle oder ein Kinderhaus hätten.” Stattdessen kapriziere sich Innocence in Danger allein auf Missbrauch im Internet. “Das sind sehr wenige Fälle im Jahr”, sagt Hilgers. In der Familie und ihrem Umfeld würden hingegen bis zu 120 000 Kinder jährlich Opfer durch Missbrauch…
    In den Kreisen der seriösen Organisationen gilt die Tätigkeit des Vereins mittlerweile als kontraproduktiv. “Wir sind entsetzt über diese Machenschaften”, sagt ein Mitglied des Runden Tisches der Bundesregierung. “Wer minderjährige Missbrauchs-Opfer im Fernsehen präsentiert, der geht über Leichen.”
    Quelle: Berliner Zeitung
  15. US-Depeschen über Deutschland
    Was verraten die Geheimdepeschen, die WikiLeaks jetzt enthüllt hat, über deutsche Politiker?
    Vor allem Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wird von den Amerikanern negativ beurteilt. Die Geheimberichte beschreiben ihn als inkompetent, eitel und amerikakritisch. Die US-Diplomaten sehen sich vor die Herausforderung gestellt, wie sie mit einem Politiker umgehen sollen, der ein “Rätsel” sei, mit wenig außenpolitischer Erfahrung und einem “zwiespältigen Verhältnis zu den USA”. Westerwelle habe eine “überschäumende Persönlichkeit”…
    Die Amerikaner betrachten das Bundeskanzleramt in außenpolitischen Fragen als den besseren Ansprechpartner. Im Vergleich zu Westerwelle habe Kanzlerin Merkel “mehr Erfahrung in Regierungsarbeit und Außenpolitik”.
    Doch auch mit Merkel fremdeln die US-Vertreter, intern wird sie in den Berichten “Angela ‘Teflon’ Merkel” genannt, weil viel an ihr abgleite. “Sie meidet das Risiko und ist selten kreativ”, heißt es in einem Bericht vom 24. März 2009. Die Amerikaner konstatieren, die Kanzlerin sehe die internationale Diplomatie vor allem unter dem Gesichtspunkt, welchen Profit sie innenpolitisch daraus ziehen könne.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Bis auf die Einschätzung, dass Westerwelle „amerikakritisch“ sein, liegen die Einschätzungen der US-Diplomaten gar nicht so falsch.

  16. Blum sieht Demokratie durch Medienmacht bedroht
    Nach Ansicht des früheren Radiodirektors DRS, Andreas Blum, bedroht die Entwicklung in den Medien die Demokratie. Er sieht eine Machtverlagerung von der institutionellen Politik zu den Medien und fordert – zulasten der SRG – staatliche Unterstützung für Zeitungen.
    Die «Verantwortungsgemeinschaft von Medien und Demokratie» ist aus Blums Sicht ernsthaft gefährdet. Die Medien diktierten heute die politische Agenda. Die Inflation von Information und Nutzungsmöglichkeiten habe den gesellschaftlichen Diskurs ersetzt.
    Der Fetisch der Mehrheitsfähigkeit unter dem Diktat der Werbung habe das Angebot nivelliert, sagte der ehemalige Radiodirektor und alt SP-Nationalrat. Und der wirtschaftliche Konzentrationsprozess gefährde die Medienvielfalt und die Meinungsfreiheit. Die Balance von Macht und Verantwortung sei heute erheblich gestört.
    Verschärft hat sich das Problem laut Blum durch den systematischen Abbau journalistischer Ressourcen. Eine zweifache Machtverlagerung sei festzustellen: von der Politik zu den Medien und vom kritischen Journalismus zur käuflichen PR.
    Quelle: NZZ
  17. IPPPNW: Eskalation im Korea-Konflikt
    Der lange schwelende Konflikt in Korea droht vor den Augen der Welt in einen Krieg zu eskalieren. Von beiden Seiten werden unversöhnliche Äußerungen verbreitet, inzwischen wird offen von Krieg gesprochen. Nordkorea ist im Besitz von Atomwaffen, an der Seite Südkoreas ist die Atommacht USA in der Region stark militärisch präsent. Und China, ebenfalls Atommacht, ist der einzig verbliebene Verbündete Nordkoreas.
    Aus Sicht der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) ist es für alle Beteiligten unerlässlich, von nun an Provokationen zu vermeiden und dafür Sorge zu tragen, dass die Situation nicht weiter eskaliert.
    Wir appellieren an die USA und Südkorea, das im Gelben Meer begonnene Seemanöver zu unterlassen und damit ein Zeichen der Entspannung zu setzen. Nordkorea rufen wir gleichzeitig zur Zurückhaltung auf. Die von beiden Seiten zu hörende Kriegsrhetorik muss ernsthaften Bemühungen um Dialog weichen.
    Was in der Wahrnehmung Südkoreas als selbstverständliches Recht erscheint, ein Seemanöver gemeinsam mit dem Verbündeten USA im Gelben Meer abzuhalten, stellt nach dem Verständnis Nordkoreas und Chinas eine außerordentliche Provokation dar. Umgekehrt ist der Beschuss von südkoreanischem Gebiet durch die nordkoreanische Armee für Südkorea nicht hinnehmbar. 
    Die USA gibt sich nach außen unbeeindruckt. Dabei wird die unter dem Deckmantel eines Manövers aufgefahrene Streitmacht von ca. 30.000 US-Soldaten, dem US-Flugzeugträger “Georg Washington”, Zerstörern, Fregatten und U-Boot-Jagdflugzeugen auch von China als Bedrohung wahrgenommen. China, von dem das Gelbe Meer territorial beansprucht wird, hat die USA bereits vor der Durchführung des Seemanövers gewarnt.
    Quelle: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges
  18. Gibt Obama jetzt den Clinton?
    Ob Obama tatsächlich willens und fähig ist, nach seiner Wahlschlappe ein derartiges Reformprogramm aufzulegen, muss man bezweifeln. Klar ist: Wenn er es nicht tut, wird es lange Jahre, möglicherweise gar Jahrzehnte dauern, bis sich hierfür wieder eine Chance eröffnet. Fest steht aber auch: Die Republikaner werden weiterhin alles blockieren – es sei denn, Obama hielte es tatsächlich wie Clinton und schickte sich an, die republikanische Agenda zu übernehmen. Das aber würde seine Anhänger endgültig demotivieren.
    Barack Obama sollte deshalb nicht dem Beispiel Clintons folgen, sondern einen Rat von Harry S. Truman beherzigen, der ebenfalls keine Kongressmehrheit auf seiner Seite hatte: „Wenn die Menschen die Wahl haben zwischen einem Republikaner und einem, der sich verhält wie ein Republikaner, werden sie sich immer für das Original entscheiden.“ Nur wenn es Obama gelingt, dem Ansturm der Reichen und Mächtigen zu widerstehen und eine klare linke Alternative zu deren neoliberalem Mantra zu formulieren, werden er und seine Partei bei der Präsidentschaftswahl 2012 eine Chance haben.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  19. Universitäten schlagen Alarm
    Die Zahl der Studienanfänger steigt im Jahr 2011 um etwa 70.000. Hochschulen sehen dem mit Sorge entgegen: „Ohne zusätzliche Unterstützung werden die Universitäten kollabieren“, sagte der Präsident des Hochschulverbands der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
    Vorige Woche hatte die Hochschulrektorenkonferenz mitgeteilt, im Jahr 2011 würden wegen der Aussetzung der Wehrpflicht etwa 40.000 zusätzliche Studienanfänger an die Universitäten strömen. Im selben Jahr verdoppeln sich die Abiturjahrgänge in den Ländern Bayern und Niedersachsen durch die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre. Dadurch steigt die Zahl der Studienanfänger insgesamt um etwa 70.000. Das wäre ein Anstieg von fast einem Sechstel gegenüber 440.000 Studienanfängern in diesem Jahr. „Für die zusätzlichen Studierenden müssen zügig zusätzliche Mittel bereitgestellt werden“, sagte Jaroch.
    Quelle: FAZ

    Dazu:

    Neuer Rekord: 2,22 Millionen Studierende in Deutschland
    Doppelte Abitur-Jahrgänge und andere Effekte führen dazu, dass die Studierendenzahlen weiter steigen. Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes gab es 2010 insgesamt 442.607 StudienanfängerInnen, 4% mehr als im Vorjahr. Die Gesamtzahl der Studierenden ist auf 2.220.270 gestiegen, ebenfalls so viele wie noch nie.
    Quelle: studis online

  20. Gerangel um die Rangliste
    Eine Art Pisa-Test für Studenten soll zeigen, welche Hochschulen in der Lehre am besten sind. Das Ergebnis wäre verlässlicher als andere Ranglisten. Trotzdem verzichtet Deutschland bislang darauf.
    Die OECD hat nun trotzdem ein Projekt angestoßen, das eine Art Pisa-Test für Studenten werden könnte. Barbara Ischinger, die Bildungsdirektorin der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, weiß um den Zündstoff des Themas, deshalb drückt sie sich vorsichtig aus. „Wir wollen kein Ranking machen“, sagt sie. „Aber in bestimmten Studienbereichen kann man punktuelle Vergleiche anstellen.“ Ahelo, die Abkürzung steht für „Assessment of Higher Education Learning Outcome“, soll den einzelnen Ländern über die Leistungsfähigkeit ihres Bildungssystems genauso Aufschluss geben wie den einzelnen Hochschulen über die Qualität ihrer Lehre.
    Quelle: FAZ
  21. Wirklichkeitsverlust – warum die Wirtschaftswissenschaft die Krise nicht vorhersah
    Der Würzburger Wirtschaftswissenschaftler Karl-Heinz Brodbeck ist einer der wenigen seiner Zunft, der die wissenschaftstheoretische Reflexion pflegt. Wie sind die Forschungsgegenstände der Ökonomie beschaffen? Welcher Grad wissenschaftlicher Objektivität ist in ihr überhaupt möglich? Fragen, die auch 250 Jahre nach der Begründung dieser Disziplin durch den schottischen Moralphilosophen Adam Smith unbeantwortet geblieben sind. Für Brodbeck leidet die Ökonomie an ihrem hochfliegenden Ehrgeiz. Sie möchte sein wie die Physik. Wie diese in Bezug auf die Materie möchte sie im Wirtschaftsgeschehen objektive Gesetzmäßigkeiten erkennen und mathematisch berechenbar machen. Sie will Naturwissenschaft sein, obwohl sie zu den Sozial- und Geisteswissenschaften gehört. Brodbeck sieht darin einen Anspruch, den die Ökonomie unmöglich einlösen kann.
    Quelle: SWR 2 [PDF – 56.6 KB]
  22. Tragödie mit offenem Ende
    Erbstreit beim Medienunternehmen DuMont
    Es ist der Stoff, aus dem Tragödien sind: Ein alter Vater, ein mächtiger Verleger, Alfred DuMont, will nicht abtreten. Er wirft den Sohn, seinen Erben Konstantin Neven DuMont, aus dem Verlag.
    Quelle: 3sat
  23. Altkanzler Schmidt kritisiert Umgang mit Sarrazin
    “Der Parteiausschluss Sarrazins ist der falsche Weg”, sagte Schmidt in einem Interview mit der “Bild-Zeitung”. Schmidt gab Sarrazin in der Sache sogar teilweise Recht, insbesondere “was die Integrationsbereitschaft- und fähigkeit vieler Moslems betrifft”.
    “Wer von Säuglingsalter an in einer völlig europafremden Umgebung groß geworden ist – mit völlig anderem Verhalten gegenüber dem Vater, gegenüber Frauen, mit einem anderer Ehrbegriff -, der lebt sich sehr viel schwerer in die deutsche Gesellschaft ein”, führte der Altkanzler weiter aus.
    Quelle 1: spiegel.de
    Quelle 2: bild.de

    Anmerkung Orlando Pacheit: Am liebsten möchte man das berühmte “Si tacuisses, philosophus mansisses” des Boëthius (480- 525 n.C.) mit Josef Hader mit “Hätts’t die Pappn g’holtn, hätt kaner g’merkt, dass’d deppat bist” übersetzen. Nur ist Helmut Schmidt nicht „deppat”, was die Sache nicht besser macht. Also bleibt der Ausruf: “Wenn Du doch geschwiegen hättest … “. Warum muss Schmidt Sarrazin aufwärmen und der Bild-Zeitung diese Steilvorlage liefern? Es ist doch inzwischen ganz offensichtlich, dass das Buch Sarrazins und seine tagelange Präsenz in den Medien das politische Klima zum Unguten verschoben hat. An der Reaktion der Bürger, welche in zahlreichen Kommentaren im Internet nachzulesen sind, wobei die schlimmsten gelöscht wurden, ist ganz gut zu sehen, dass Sarrazin die latente Fremdenfeindlichkeit in uns zur Virulenz gebracht hat und Politiker die Abschiebung von unliebsamen Muslimen ins Auge fassen. Dietrich Thränhardt vergleicht den „Sarrazin-Effekt“ in Deutschland 2010 mit dem „Pim-Fortuyn-Schock“ in den Niederlanden 2002.

    In der Tat haben beide dazu beigetragen, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit auf ein bisher nicht gekanntes, unterirdisches Niveau zu bringen. Und Schmidt greift die Schlagworte des neuen Diskurses bereitwillig auf. Von welcher empirischen Basis aus spricht Schmidt von der mangelnden “Integrationsbereitschaft und -fähigkeit vieler Moslems”? Viele? Meint er die von Bundesinnenminister Thomas de Maizière in die Debatte geworfenen 10 bis 15 Prozent „Integrationsunwillige“. – Eine unbelegte Zahl, ein ungeklärter Begriff! – Weiß Schmidt, dass er damit einer relativ beliebigen Abschiebungspraxis den Mund redet. Warum berücksichtigt Schmidt nicht, wie viel Deutsche nicht in unsere Gesellschaft integriert sind oder, schlimmer noch, als als nicht integriert diskriminiert werden? Siehe die unendliche Geschichte der Hartz-IV-Hetze. Und welchen Säugling meint er, der in einer völlig “europafremden Umgebung” groß geworden ist. Europa ist groß und darin befindet sich noch so manch Befremdliches für das empfindsame deutsche Gemüt.
    Bei einem Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund ist Migration keine selbsterlebte Erfahrung mehr. Auch gegen die familiäre Erzählung von der verlorenen Heimat nehmen diese Menschen, aber auch viele jüngere Migranten aufgrund ihrer Erfahrungen sich selbst ganz anders wahr. Wir müssen  unsere Vorstellungen von der Exklusivität des Deutschseins überwinden und damit für diese Menschen die Bindung zur neuen Heimat erleichtern, statt ihnen Steine in den Weg zu legen und uns an ihnen mit dieser pauschalisierenden Hetze versündigen – mal christlich gesprochen.
    Helmut Schmidt leistet mit der Autorität des beliebten Ex-Kanzlers durch solche Interviews dieser Hetze Vorschub. – Vor allem aber, welch ein Verrat an der zentralen Idee der Sozialdemokratie, der Gleichheit aller Menschen, d.h. der Fähigkeit eines jeden, produktives Mitglieder einer modernen Gesellschaft zu werden. Helmut Schmidt hätte seinen zwar nicht “tischfeinen”, aber für ihn wohl rechtschaffenen Kameraden nicht verraten, wenn er die Klappe gehalten hätte bzw. “Si tacuisses ….”
    Wer sich etwas differenzierter mit dem Thema, Integration beschäftigen möchte, sei auf die Beilage der Zeitschrift, “Das Parlament”, verwiesen: Das Parlament

  24. Afrika: Demokratisch ins Desaster
    Mal wieder unruhige Zeiten für Afrika – aber selten sind afrikanische Krisen so deutlich im Voraus absehbar, ja sogar terminiert gewesen wie diese. Die Wahltermine, um die es geht, sind Monate vorher bekannt. Die damit verbundenen Probleme sind längst erschöpfend analysiert. Vor allem die Krise, die infolge von Südsudans Sezession droht und bis hin zu einem regionalen Krieg führen könnte, käme keineswegs überraschend. Jedem ist letztlich klar, was für Afrika die Gründung eines neuen Staates bedeutet, der nicht in der Nachfolge eines früheren Kolonialterritoriums steht, sondern einfach Ausdruck des Rechts auf Selbstbestimmung der Völker ist. Die Legitimität aller afrikanischer Staatswesen, die sämtlich Nachfolgeorganisationen kolonialer Gebiete sind und keine Emanationen des Volkswillens, steht auf dem Prüfstand wie nie zuvor.
    Es geht heute schließlich um viel mehr in Afrika als noch vor wenigen Jahren. Der vermeintliche Elendskontinent boomt, mit hohen Wachstumsraten, zunehmendem Investoreninteresse vor allem aus Asien und einer immer selbstbewussteren politischen und unternehmerischen Klasse. Es lohnt sich wieder, afrikanische Länder zu regieren. Kein Wunder, dass die Machtkämpfe härter werden – und die Verteilungskämpfe ebenfalls. Bei der Frage der gütlichen Spaltung Sudans spielen die Verfügungsgewalt über das Erdöl und die Einnahmen aus seinem Export die zentrale Rolle. In der Elfenbeinküste bietet das Regieren den Zugriff auf fette Einnahmen aus dem weltgrößten Kakaoexport. In Guinea schlummern Milliardenschätze in Form von Eisen- und Aluminiumerzen im Erdboden. Nigeria als Afrikas größter Ölförderer ist ohnehin das lukrativste Staatswesen des Kontinents, und Uganda schickt sich an, ebenfalls in die Riege der afrikanischen Ölförderer aufzusteigen. Was in all diesen Ländern als ethnischer Konflikt daherkommt, ist in Wahrheit meist ein politischer Verteilungskampf. – Es wäre für Rohstoffkäufer wie Deutschland daher nicht nur legitim, sondern sogar ein zwingendes Gebot der politischen Verantwortung, parallel zur steigenden eigenen Nachfrage nach Afrikas Exporten auch etwas zur Befriedung der Rohstoffländer zu tun. Es geht darum, wieder den politischen Dialog mit Afrika zu suchen und die Zusammenhänge zwischen Exportorientierung und innerer Verfasstheit afrikanischer Staaten besser zu begreifen.
    Quelle: taz
  25. Zu guter Letzt: Rente mit 67: von der Leyen korrigiert Gesetz
    In einer Anzeige des BMAS auf der ersten Seite des Bremer Weser Kurier vom 25. November
    heißt es unter der Überschrift »Arbeiten bis 67 ist ein großer Schritt. Arbeiten bis 67 kommt in vielen kleinen Schritten« wörtlich: »Wer heute 47 Jahre oder älter ist, muss gar nicht oder nur wenige Monate länger arbeiten.«
    Die heute 47-Jährigen gehören zum Jahrgang 1963 und dieser muss laut geltendem Gesetzeswortlaut 22 Monate über das 65. Lebensjahr hinaus arbeiten, um die Rente ohne Abschläge in Anspruch nehmen zu können. Ursula von der Leyen hat dies nunmehr offenbar korrigiert. Angesichts der niedrigen Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer ein nur konsequenter Schritt der zuständigen Fachministerin, der aus Sicht der Arbeitnehmerschaft
    nachdrücklich zu begrüßen ist.
    Quelle: Arbeiterkammer Bremen [PDF – 194 KB]


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