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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 31. Januar 2022 um 8:47 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Deutschlands Crème der Russlandkritiker giesst Benzin ins Feuer
  2. Kriegsvorbereitung: Von der Leyen schließt Gasdeal mit Biden
  3. Schwäbische Stadt Ostfildern droht Spaziergängern mit Waffengewalt
  4. Gute Arbeit im Krankenhaus: NRW ist bereit zum Streik
  5. Digitale Kontrolle am Arbeitsplatz: Wie Daten über (und gegen) Beschäftigte genutzt werden
  6. Der Wilde Westen 2022
  7. “Wir Super-Reichen sollten mehr Steuern zahlen”
  8. Hartz IV: Bundesanteil an den SGB-II-Verwaltungskosten 2005 bis 2021
  9. Gewerkschaften kritisieren höhere Minijob-Verdienstgrenze
  10. (Sozialdemokratische) Familienpolitik an der Spitze des DGB? Die SPD-Politikerin Yasmin Fahimi soll neue Bundesvorsitzende des DGB werden
  11. Grünen-Kandidat teilt aus: “Das ganze Land schüttelt nur den Kopf”
  12. Wie kompetent ist Friedrich Merz?
  13. Süddeutsche veröffentlicht Diffamierungsartikel gegen Nils Melzer – und verweigert Gegendarstellung
  14. Für dpa wird das Desinformationsproblem von Meta zum Geschäftszweig

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Deutschlands Crème der Russlandkritiker giesst Benzin ins Feuer
    «DIE ZEIT», einst das deutsche Flaggschiff der Entspannungspolitik, lässt heute Prominente zu «Taten» gegen Russland aufrufen.
    Infosperber hat schon im März 2020 darüber informiert, wie sich die deutsche Wochenzeitung «DIE ZEIT» unter ihrem Herausgeber Josef Joffe zur klaren Befürworterin der Militarisierung Deutschlands gewandelt hat. Jetzt hat «DIE ZEIT» der Forderung von 73 deutschen «Russland-Spezialisten» Raum gegeben, die bisherige deutsche Russland-Politik der Worte sei endlich aufzugeben und es sei zu «Taten» gegen Russland überzugehen. Der auf den postsowjetischen Raum spezialisierte deutsche Konfliktforscher Leo Ensel konnte ob der Argumentation solcher Forderungen nicht anders, als ebenfalls in die Tasten zu greifen. Ein Gastkommentar.
    Erinnern Sie sich noch? Am 5. Dezember 2014 veröffentlichten unter dem Titel «Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!» in Deutschland mehr als 60 prominente Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien – u. a. Gerhard Schröder, Roman Herzog, Horst Teltschik, Antje Vollmer, Gabriele Krone-Schmalz, Mario Adorf und Wim Wenders – in der Wochenzeitung «DIE ZEIT» einen Appell, in dem sie eindringlich vor einem Krieg mit Russland warnten und eine neue Entspannungspolitik für Europa einforderten. Dieser damalige Appell – der erstmals seit Beginn der Ukrainekrise dem täglichen Unisono-Gewitter der Mainstream-Medien so etwas wie eine prominente Gegenöffentlichkeit entgegensetzte – wurde prompt in den Leitmedien von der «FAZ» bis zur «taz» fast durchgängig hämisch verrissen, und bereits sechs Tage später folgte im «Tagesspiegel» ein mit «Friedenssicherung statt Expansionsbelohnung» überschriebener Gegen-Aufruf, unter dem sich die Crème de la Crème der deutschen Russlandkritik versammelte.
    Wie sich die Bilder doch gleichen. Denn wie es der Zufall so will, Geschichte wiederholt sich manchmal eben doch: Ende letzten Jahres, und wieder genau am 5. Dezember, publizierte ausgerechnet eine Gruppe prominenter deutscher Ex-Botschafter und -Generäle – allesamt gestandene Transatlantiker, darunter selbst als ausgesprochene Hardliner geltende Militärs wie der Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr, Klaus Naumann – erneut einen Appell zur Deeskalation: «Raus aus der Eskalationsspirale! Für einen Neuanfang im Verhältnis zu Russland.» Da mittlerweile «ein Krieg in den Bereich des Möglichen rücke», so die Autoren, müsse es das Ziel sein, «die Eskalationsspirale zu durchbrechen und Russland und NATO aus dem konfrontativen Kurs herauszuführen». Das Echo darauf in den deutschen Leitmedien als «überschaubar» zu bezeichnen, wäre immer noch übertrieben.
    Diesmal dauerte die Reaktion auf der anderen Seite etwas länger.
    Quelle: Leo Ensel in Infosperber

    dazu: Ukrainischer Präsident: Westen schürt grundlos Kriegs-Panik wegen angeblichem russischen Aufmarsch
    Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij sagte auf der Pressekonferenz mit ausländischen Journalisten, es gebe keinen Krieg in der Ukraine, und Russland greife sein Land nicht an. Die Informationen darüber seien “unausgewogen”.
    die letzten, die das Schiff verlassen. Und wir sind nicht die Titanic, denke ich”, sagte der Präsident.
    Quelle: RT DE

    dazu auch: NATO-Quelle: Deeskalation mit Russland schon „Morgen“ möglich
    Zwar seien die USA „wirklich“ an einer sofortigen Deeskalation mit Russland interessiert, aber ein Dialog ist angesichts des derzeitigen Truppenaufmarschs an der ukrainischen Grenze nicht möglich, sagte ein hochrangiger NATO-Beamter, der dort einen EU-Mitgliedstaat diplomatisch vertritt, gegenüber EURACTIV.
    Quelle: EURACTIV

  2. Kriegsvorbereitung: Von der Leyen schließt Gasdeal mit Biden
    Heimlich, still und leise bereitet sich die EU-Kommission auf einen Krieg in der Ukraine und eine Unterbrechung der Gasversorgung aus Russland vor. Die russische Regierung hat daran zwar keinerlei Interesse – ihr würden hohe Einnahmen verloren gehen.
    Umso größer ist das Interesse der USA. Sie wittern die einmalige Chance, ihr schmutziges und teures Fracking-Gas in den europäischen Markt zu drücken. Bei von der Leyen rennen sie offene Türen ein. Sie kündigte einen Deal mit US-Präsident Biden an.
    Quelle: Lost in Europe

    dazu: Update Gasdeal: Plötzlich ist Habeck für Frackinggas
    Nach der EU-Kommission leitet auch die Bundesregierung einen brutalen Kurswechsel in der Energiepolitik ein. Klimaminister Habeck ist plötzlich für Flüssiggas – als Teil der Kriegsvorbereitungen mit den USA.
    Quelle: Lost in Europe

  3. Schwäbische Stadt Ostfildern droht Spaziergängern mit Waffengewalt
    Die Stadt Ostfildern, nahe Stuttgart, droht allen, die gegen überzogene Corona-Maßnahmen und Impfpflicht spazieren gehen, „unmittelbaren Zwang“ bis hin zum Waffengebrauch an. Die „Allgemeinverfügung“ der Stadt ist denkwürdig. Mit bürokratischer Akribie werden Unpässlichkeiten aufgelistet und damit radikalste Maßnahmen begründet.
    Der Bürgermeister von Ostfildern, Christof Bolay (SPD), will es nicht hinnehmen, dass immer mehr Menschen ihren Unmut über Impfpflichtdebatten und aus ihrer Sicht völlig überzogene Corona-Maßnahmen mit unangemeldeten Montagsspaziergängen zeigen. Wobei „immer mehr“ nicht allzu viele sind. In der Allgemeinverfügung ist von erst 20, dann 30, dann 100 und beim letzten Mal sage und schreibe 140 Personen die Rede.
    Da war für den Stadtrat die Grenze des Erträglichen erreicht, und er erließ am 27. Januar eine Allgemeinverfügung, die am 28. in Kraft trat. Sie verbietet derartige Ungeheuerlichkeiten bis Ende Februar, unter anderem mit dem Argument, dass sich Passanten durch Kontakt mit ungeimpften Demonstranten anstecken und „versterben“ könnten. Im Fall der Zuwiderhandlung wird Waffengebrauch angedroht.
    Die Allgemeinverfügung von Ostfildern ist ein Musterbeispiel dafür, wie bürokratische Politiker und politisierte Bürokraten sich als die guten Verteidiger von Sitte und Ordnung wähnend, jedes Maß verlieren und zu Despoten werden können, ohne es zu merken.
    Quelle: Norbert Häring

    dazu: Allgemeinverfügung
    Um sicherzustellen, dass das Versammlungsverbot eingehalten wird, wird die Anwendung unmittelbaren Zwangs, also die Einwirkung auf Personen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch angedroht. Dies ist nach Abwägung der gegenüberstehenden Interessen verhältnismäßig. Es ist erforderlich, da mildere Mittel, die die potenziellen Versammlungsteilnehmer von der Durchführung der verbotenen Versammlungen abhalten würden, nicht ersichtlich sind. Insbesondere wäre die Androhung eines Zwangsgelds nach § 23 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes nicht gleichermaßen zielführend. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs ist angemessen, da die negativen Auswirkungen für den Betroffenen nicht erkennbar außer Verhältnis zu Schutzgut körperliche Unversehrtheit der Passanten und anderen Versammlungsteilnehmer steht. Nicht verkannt wird, dass die Anordnung des unmittelbaren Zwangs einen erheblichen Eingriff in die Versammlungsfreiheit der Betroffenen darstellt. Wegen der erheblichen Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit einer Vielzahl von Personen stehen diese Nachteile jedoch nicht außer Verhältnis dazu.
    Quelle: Stadt Ostfildern

  4. Gute Arbeit im Krankenhaus: NRW ist bereit zum Streik
    Die Pandemie hat die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern wie unter einem Brennglas gezeigt. Geändert hat sich trotzdem nichts – jetzt setzt das Personal der Politik ein Ultimatum
    In wenigen Wochen jährt sich der erste Corona-Shutdown zum zweiten Mal. Das verzweifelt solidarische Klatschen auf den Balkonen, das ehrliche Interesse an den Arbeitsbedingungen der Gesundheitsarbeiter*innen ist weitestgehend verschwunden.
    Doch gerade sie schultern (nicht nur) die Pandemie, und zwar unter unwürdigen Arbeitsbedingungen. Dagegen wehren sich jetzt auch die Krankenhausbeschäftigten in Nordrhein-Westfalen mit der Kampagne „Notruf NRW“ und einem 100-tägigen Ultimatum an die Landesregierung. Die zentrale Forderung ist die verbindliche Personalausstattung in allen Bereichen. „Es geht nicht ausschließlich um Pflege. Krankenhausarbeit ist Teamarbeit“, sagt Katharina Wesenick. Sie leitet bei Verdi den Fachbereich Gesundheit, Soziales, Bildung und Forschung in NRW und ist eine der Verhandlungsführer*innen im aktuellen Tarifkampf, den die landeseigenen Universitätskliniken mit der Landesregierung führen.
    Quelle: der Freitag
  5. Digitale Kontrolle am Arbeitsplatz: Wie Daten über (und gegen) Beschäftigte genutzt werden
    In immer mehr Firmen wird nahezu der gesamte Arbeitsalltag digital aufgezeichnet. Die Analyse von Daten über Arbeitstätigkeiten und Verhaltensweisen wird schnell zur permanenten Überwachung und Kontrolle. Während betriebliche Abläufe optimiert werden, geraten ArbeitnehmerInnen unter Druck – und unter Pauschalverdacht. In einer umfangreichen Studie wird vorgelegt, wie Betriebe Daten über (und gegen) Beschäftigte nutzen. (…)
    Neben Microsoft, dessen Systeme den Arbeitsalltag von Millionen Beschäftigten prägen, verkauft eine Vielzahl an Herstellern Software an Betriebe, die exzessiv Daten verarbeitet und auswertet. Ein Anbieter verspricht etwa die Analyse von Kommunikation und Zusammenarbeit im Büro mithilfe tragbarer Geräte mit eingebautem Mikrofon. Ein anderer Hersteller analysiert An- und Abwesenheiten mit Bewegungsmeldern unter Schreibtischen. Durch die Ortung von Smartphones und Laptops mittels WLAN-Daten sollen Bewegungsmuster in Innenräumen sichtbar werden. Aktuelle Callcenter-Software wertet Gespräche maschinell aus und verspricht gar, Kennzahlen über die Empathie-Fähigkeit von Beschäftigten zu berechnen. (…)
    Ohne Betriebsvereinbarung oder gar ohne Informationen über die genutzten Systeme gleicht der Einsatz derartiger Technologien aus Beschäftigtensicht einem Blindflug – Mitbestimmung ist de facto nicht vorhanden. Generell ist bei datenverarbeitenden Systemen, die laufend Verhaltensdaten erfassen und zusammenführen und die permanent aktualisiert und mit einem Klick erweitert werden können, oft kaum mehr nachvollziehbar, wer welche personenbezogenen Daten zu welchen Zwecken verarbeitet.
    Quelle: A&W blog
  6. Der Wilde Westen 2022
    Zugräuber in den USA erbeuten neuerdings Amazon-Pakete. Warum das Phänomen perfekt in diese Zeit passt
    Es weht wieder ein Hauch „Wilder Westen“ durch Kalifornien. Im Jahr 2022 braucht es dafür weder Lagerfeuer noch Saloons oder Karl-May-Bücher – Zeitungsberichte und Twitter-Bilder tun es auch. Zu sehen sind Gleisanlagen in Los Angeles, übersät mit aufgerissenen Päckchen von Amazon, FedEx oder UPS.
    Die Pakete sind Überbleibsel eines bemerkenswerten Phänomens: Wenn die Güterzüge, beladen mit all den Verheißungen des Online-Handels, bei ihrer Einfahrt in die Stadt langsamer werden oder anhalten, brechen Menschen die Container auf und nehmen mit, was sie gebrauchen können. Besonders beliebt sollen Elektronik, Klamotten, Corona-Tests und Spielzeug sein. Laut der Eisenbahngesellschaft Union Pacific seien derzeit pro Tag rund 90 Container betroffen, der Schaden soll sich inzwischen auf mehr als fünf Millionen US-Dollar belaufen.
    So kehrt also ein besonders beliebtes Wildwest-Motiv zurück:
    Quelle: der Freitag
  7. “Wir Super-Reichen sollten mehr Steuern zahlen”
    Antonis Schwarz ist einer von mehreren jungen deutschen Millionären, die für eine stärkere Besteuerung besonders Vermögender sind. Im Interview erklärt er seine Gründe dafür – und beschreibt, was er am Steuersystem für ungerecht hält. (…)
    tagesschau.de: Wie stellen Sie sich die Besteuerung konkret vor?
    Schwarz: Es gibt viele kleinere und größere Stellschrauben. Eine offensichtliche Stellschraube wäre zum Beispiel, dass man die Steuerbehörden besser ausstattet mit Personal und Gerät. So könnte man die Vermögensungleichheit genauer messen, weil wir im Moment nur Schätzungen haben, und das ist eigentlich nicht gut. Die zwei wichtigsten Steuern sind in meinen Augen die Erbschaftsteuer und die Abgeltungssteuer. Die Erbschaftssteuer ist in Deutschland schon relativ hoch, aber de facto ausgehöhlt mit vielen Ausnahmen für die sehr großen Vermögen. 2020 wurden geschätzt 400 Milliarden Euro vererbt, von denen der Fiskus nur 8,6 Milliarden eingenommen hat. Auch die Abgeltungssteurer sollte geändert werden. Der Aktienbesitz ist sehr ungerecht verteilt und wird pauschal besteuert. Jemand, der Millionen oder Milliarden besitzt, wird genauso besteuert wie jemand, der sich gerade ein kleines Polster aufbaut. Das ist nicht gut.
    tagesschau: Ab welchem Einkommen sollte aus ihrer Sicht diese Besteuerung gelten? Und welche Form sollte sie haben?
    Schwarz: Es geht darum, dass die Leute erst mal generell die Steuern zahlen. Je größer das Vermögen, desto mehr kann man sich Steuerberater und Anwälte leisten. Wer arbeitet, zahlt problemlos bis zu 40 Prozent oder mehr Steuern. Doch bei den Kapitalgewinnen ist es ganz anders. Da ist eine parallele Schattenwelt entstanden, teilweise verbunden mit Offshore-Standorten. Die Reichen sollten genauso viel Steuern zahlen wie alle anderen. Darüber hinaus sollten wir uns als Gesellschaft mal Gedanken machen, was ein gesundes Maß an Vermögensungleichheit ist. Derzeit ist sie tendenziell zu hoch.
    Quelle: tagesschau
  8. Hartz IV: Bundesanteil an den SGB-II-Verwaltungskosten 2005 bis 2021
    Im Haushaltsjahr 2021 gab der Bund insgesamt 5,857 Milliarden Euro für die „Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ aus – 753 Millionen Euro mehr (1) als die im Bundeshaushalt 2021 für diesen Zweck veranschlagten 5,104 Milliarden Euro. Nicht enthalten in diesen Ausgaben des Bundes ist der kommunale Finanzierungsanteil von 15,2 Prozent an den Gesamtverwaltungskosten der Jobcenter. Gemessen an den durchschnittlich 2,832 Millionen Bedarfsgemeinschaften (BG) wurden 2021 für den Bundesanteil an den Verwaltungskosten pro Monat 172,40 Euro pro BG ausgegeben. Zur Entwicklung der Ausgaben des Bundes für die „Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ (SGB II – Hartz IV) von 2005 bis 2021 siehe die unkommentierte BIAJ-Tabelle.
    Quelle: BIAJ
  9. Gewerkschaften kritisieren höhere Minijob-Verdienstgrenze
    Mit der Erhöhung des Mindestlohn wird auch zeitgleich die Verdienstgrenze für Minijobs angehoben. Dafür hagelt es Kritik aus den Gewerkschaften.
    Gewerkschaften haben die von der Ampel-Koalition geplante Anhebung der Verdienst-Obergrenze für Minijobs kritisiert. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sprach am Samstag von einem riesen Fehler. Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), kritisierte, mit der Erhöhung der Verdienstgrenze für Minijobs von 450 auf 520 Euro bestehe die Gefahr, dass Minijobs immer mehr reguläre Arbeitsplätze verdrängten.
    Finanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen sprach am Samstag auf Twitter von einer guten Nachricht für alle, die in einem Minijob arbeiten: „Das ist für viele fleißige Menschen wie Studierende oder Rentnerinnen und Rentner die Chance auf etwas mehr Netto.“
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Immerhin ist der DGB mal aufgewacht und plädiert für mehr statt weniger Sozialversicherung – von wegen “Lohnnebenkosten”, es geht um die Löhne. Nur Christian Lindner will weiter “mehr Netto vom Brutto”, sprich: weniger Lohn. Als könnte man bei mehr Brutto nicht ebenfalls mehr Netto *und* mehr sozialen Schutz haben. Dass die SPD sich auf diesen Deal mit dem Teufel eingelassen hat, ist halt typisch für die Agenda-SPD.

  10. (Sozialdemokratische) Familienpolitik an der Spitze des DGB? Die SPD-Politikerin Yasmin Fahimi soll neue Bundesvorsitzende des DGB werden
    Für die Gewerkschaften insgesamt kann sich diese zwar in die Zeit passende Personalpolitik mindestens als fragwürdig, wenn nicht kontraproduktiv erweisen. Zum einen werden die Gewerkschaften gebraucht, gerade angesichts der bisherigen Arbeitsmarktentwicklungen und der Gestaltung der sich sich derzeit massiv verändernden Kräfteverhältnisse zwischen Kapital und Arbeit, wobei aber diese Verschiebung (durchaus zugunsten der Beschäftigten) von Arbeitnehmerseite nur dann wirklich genutzt werden kann, wenn sie organisiert ist. Was passiert, wenn das nicht oder nur in einem unterentwickelten Ausmaß der Fall ist, kann man seit Jahren in vielen Branchen beobachten, die teilweise tarif- und gewerkschaftsfreie Zonen geworden sind. Aber dazu muss man auch medial präsent sein und in der öffentlichen Wahrnehnung einschlagen können, was immer auch eine Typfrage ist. Ob Fahimi das leisten kann, bleibt abzuwarten. Zugleich sollte man neben der externen Dimension nicht vergessen, dass es auch innerhalb der zwangsläufig heterogenen Gewerkschaftsklientel dergestalt brodelt, dass man die Gewerkschaft eben gerade nicht mehr als eine Vorfeld-Organisation der SPD sieht und sehen möchte. »Reiner Hoffmann war 2014 erstmals zum DGB-Vorsitzenden gewählt worden; Hoffmann bekam damals 93 Prozent der Stimmnen. Im Mai 2018 wurde er mit einem schlechten Ergebnis (76 Prozent) wiedergewählt – viele Delegierte nahmen ihm seinen Einsatz für eine Fortsetzung der große Koalition übel.«
    Wer auch immer an die Spitze des Dachverbandes gestellt wird – sie (oder er) muss einen Beitrag leisten können, um mindestens den langjährigen Trend einer abnehmenden Mitgliederzahl in den Einzel-Gewerkschaften zu stoppen und im Idealfall dabei mithelfen, wieder steigenden Zahlen ausweisen zu können. Dafür braucht man neben überzeugenden Inhalten auch ein Gesicht und eine Stimme im öffentlichen Raum, die das stemmen kann. Wir werden sehen.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  11. Grünen-Kandidat teilt aus: “Das ganze Land schüttelt nur den Kopf”
    Lang gilt als politisches Talent, Nouripour als profilierter Außenpolitiker. Trauen Sie den beiden die Parteiführung nicht zu?
    Ich nehme beide nicht ernst. Omids Bewerbung ist eine halbherzige Kandidatur. Ich glaube, der Parteivorsitz wäre für ihn ‘nice to have’, er hat ja sein Bundestagsmandat. Ansonsten liegt seine Leidenschaft eher bei Eintracht Frankfurt. Ricarda Lang ist Sozialpolitikerin und versucht, hier für die Grünen verlorene Glaubwürdigkeit wieder zurückzuholen. Ich bezweifle, dass sie das schaffen wird.
    Lang setzt sich für höhere Hartz-IV-Sätze und eine Kindergrundsicherung ein, aus Sicht linker Grüner wichtige Projekte.
    Ich habe ihr Interview mit Ihnen gelesen. Ich glaube ihr auch, dass sie sich eine neue Sozialpolitik wünscht und Hartz-IV-Sätze, die für ein würdiges Leben reichen. Aber sie wird das nicht durchsetzen, weder in der Ampel noch bei den Grünen. Die Prioritäten unseres Spitzenpersonals haben sich verändert. Wir vertreten schon länger nicht mehr die Interessen der sozial Schwachen. Die ökologische Transformation gelingt aber nicht ohne soziale Gerechtigkeit.
    Die beiden haben eine Aufarbeitung des Wahlkampfes angekündigt. Machen Sie den Parteimitgliedern ein ähnliches Versprechen?
    Sollten die beiden gewählt werden, wird es keine Aufarbeitung geben. Das sollte allen klar sein. Wir Grüne diskutieren nicht mehr, dabei hätten wir viel aufzuarbeiten, nicht nur den Wahlkampf. Wir sind in Teilen zu abgehoben, schon in unserer Ansprache. Viele Menschen, ob auf dem Land oder aus sozial schwachen Familien, verstehen nicht mehr, was wir überhaupt wollen. Der Vorschlag eines Parlamentspoeten ist das perfekte Beispiel dafür, wie sehr wir uns von Teilen der Bevölkerung entfernt haben. Wir brauchen keinen Staatsdichter, wir müssen selbst wieder klarer sprechen.
    Quelle: t-online
  12. Wie kompetent ist Friedrich Merz?
    Friedrich Merz ist der neue Parteichef der CDU und genießt den Ruf eines ausgewiesenen Wirtschaftsexperten. Doch daran muss gezweifelt werden.
    „Keiner Partei wird in Umfragen mehr Wirtschaftskompetenz zugeschrieben als der CDU mit ihrem Protagonisten Friedrich Merz“, klagte im letzten Jahr Gustav Horn im SPD-Organ Vorwärts. Das ist richtig und gilt insbesondere für Merz selbst, der am letzten Samstag von der CDU auf ihrem digitalen Parteitag mit fast 95 Prozent der Stimmen zum neuen Parteivorsitzenden gewählt wurde.
    In den Medien gilt Friedrich Merz weithin als der „Wirtschaftsfachmann aus dem Sauerland“ (Bild), der „CDU-Wirtschafts- und Finanzexperte“ (Stuttgarter Zeitung) oder als „ausgewiesener Wirtschaftsexperte“ (Augsburger Allgemeine). „Sein ökonomischer Sachverstand ist überragend“ (The European) und Merz „stärkt den Kompetenzvorteil der Union in Wirtschafts- und Finanzfragen“ (rp online).
    Die Bewunderung für Merz in einem Großteil der deutschen Medien reicht dabei schon weit zurück. Nachdem sich der CDU-Politiker im Jahr 2009 zunächst aus der Politik verabschiedet hatte, glaubte die WirtschaftsWoche schon drei Jahre später eine „unerloschene Sehnsucht nach Friedrich Merz“ zu erkennen und stellte fest:
    „Immer wieder, wenn es um wirtschaftliche Kompetenz ging, dauerte es seit dem Merzschen Rückgang nicht lange, bis irgendein CDUler seinen Namen fallen ließ. […] Das hat seine Gründe. Merz, zu seiner aktiven Zeit einer der wenigen angesehenen Wirtschaftspolitiker, wurde in dieser Funktion nie ersetzt. Nie übernahm einer diese Kompetenz. Die Lücke, die er im politischen Berlin hinterließ, blieb sichtbar. Über Jahre.“
    Nun hat das Renommee von Merz als herausragender Wirtschaftsexperte zwar in den letzten Monaten ein paar Kratzer erhalten. So gab es vereinzelt Kritik an seinen ökonomischen Äußerungen, die aber zumeist relativ kurz und oberflächlich ausfiel und/oder sich auf ein oder zwei Punkte konzentrierte – insbesondere Merz‘ Ausführungen zur sogenannten „Liquiditätsfalle“. Seinem Ruf insgesamt hat dies nicht merklich geschadet.
    In diesem Beitrag soll etwas genauer hingeschaut werden: An fünf Beispielen wird gezeigt, dass der ökonomische Sachverstand des neuen CDU-Chefs längst nicht so weit reicht wie gemeinhin angenommen. Von hoher Wirtschaftskompetenz kann keine Rede sein.
    Quelle: Günther Grunert in Makroskop

    Anmerkung unseres Lesers J.B.: Vorzüglich geschriebene Demontage des vermeintlichen Wirtschaftsexperten Friedrich Merz. Der CDU-Vorsitzende entpuppt sich als maßlos überschätzter Blender.

  13. Süddeutsche veröffentlicht Diffamierungsartikel gegen Nils Melzer – und verweigert Gegendarstellung
    Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hat diese Woche einen Artikel mit dem Titel “Die fragwürdigen Methoden des Nils Melzer” veröffentlicht (Bezahlschranke). Der Artikel richtet sich augenscheinlich und offensiv formuliert gegen den UN-Sonderberichterstatter für Folter Nils Melzer. Melzer hat den Versuch unternommen, eine Gegendarstellung in der Zeitung platzieren zu können. Diese wurde ihm bisher untersagt. Der Rechtswissenschaftler zeigt sich empört: […]
    “Obwohl die SZ-Redaktion auf die Mängel im ursprünglichen Artikel hingewiesen wurde, verweigerte sie ausdrücklich die Veröffentlichung einer Gegendarstellung oder Replik.”
    Melzer erwähnt auch die Kontaktaufnahme durch die beiden SZ-Autoren: “… zumal ich mir viel Zeit genommen habe, Herrn Kirchner meine Arbeitsmethoden und Beweggründe telefonisch darzulegen. Doch eine differenzierte Darstellung scheint nicht das Ziel des Artikels zu sein.”
    Des Weiteren beklagt er: “Anstatt sich ernsthaft mit den unbequemen Fakten zu befassen, die meinen öffentlichen Stellungnahmen zugrunde liegen, drängen mich die Autoren mit befremdlichem Eifer in die Ecke der Verschwörungstheoretiker.” Zu weiteren Inhalten des Artikels – bezüglich der Ereignisse und Recherchen Melzers zu Julian Assange – schreibt er:
    “Leider begnügen sich die Autoren jedoch nicht mit der Verzerrung von Fakten, sondern sie reichern diese zusätzlich auch noch mit Unwahrheiten an.”
    Die Gegendarstellung endet mit den Sätzen: “Wer aus beruflichen Gründen Twitter-Accounts beobachtet, sich auf unbestrittenermaßen authentische Videos bezieht oder auch außerhalb des journalistischen Mainstreams sachlich fundierte Interviews gibt, markiert damit wohl professionelles Engagement, nicht aber politische Sympathie. Es gibt einen Punkt, an dem aus kritischem Journalismus böswilliger Rufmord wird.”
    Quelle: RT DE

    dazu: UN-Vertreter kritisiert Süddeutsche Zeitung: “Fragwürdige Methoden”
    Schweizer Jurist Nils Melzer macht sich für Julian Assange stark und wendet sich gegen Polizeigewalt auch in West-Europa. Zwei Zeitungen rücken ihn nun in die Nähe russischer Propaganda. Das wirft Fragen auf
    Quelle: Telepolis

  14. Für dpa wird das Desinformationsproblem von Meta zum Geschäftszweig
    Die Deutsche Presse-Agentur kuratiert von April an für Facebook deutsche Nachrichten. Es entsteht eine enge wirtschaftliche Verbindung zwischen zwei Konzernen, die Gatekeeper für die Medien sind. Das ist alles andere als unproblematisch.
    Meta schafft Arbeitsplätze im deutschen Journalismus. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) beschäftigt von April an ein 15-Leute-Team, das für den Facebook-Konzern deutsche Nachrichten kuratieren soll. Chef des Teams wird Christian Röwekamp, ein gestandener Journalist, der zuvor den dpa-Themendienst über Verbraucherthemen leitete.
    Für dpa handelt es sich nicht um den ersten Großauftrag des Social-Media-Konzerns: Die Agentur macht bereits Faktenchecks für Facebook in Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande, Belgien und Luxemburg; seit einigen Wochen laufen dpa-Faktenchecks außerdem in einen eigens bespielten WhatsApp-Kanal. Facebook beschäftigt damit in Deutschland mehr Journalisten als manche ausgedünnte Lokalredaktion. Wie viel Geld fließt, wollen weder dpa noch Meta verraten.
    Quelle: netzpolitik.org


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