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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. März 2022 um 8:39 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Der 100-Milliarden-Euro-Filz
  2. Das Cyber­crime von Anony­mous
  3. Aufruf zum Boykott aller russischen Bücher und Verlage
  4. Zensur auf wackligen Füßen
  5. So sieht es also aus, wenn die Konzernmedien gegen einen Krieg sind
  6. Zögerliche Verbündete
  7. Lieferengpässe: Wen die Lieferkettenkrise am stärksten trifft
  8. Wie gehen wir mit Preissteigerungen in einer Marktwirtschaft sinnvoll um? Der Streit um die Verteuerung von Energie
  9. Die Linke und der Krieg: Kollateralschäden in Berlin
  10. Seit Jahren hat die CIA auch in den USA ukrainische Spezialkräfte ausgebildet
  11. Bildschirme ohne Spione
  12. Berliner Schulen müssen mit drastischen Kürzungen rechnen
  13. Deutsche Bank haftet nicht für „Cum-Ex“-Schulden von Warburg
  14. Verpasste Chance für grünere Zukunft
  15. Die ignorierte Invasion

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Der 100-Milliarden-Euro-Filz
    Es gibt eine parlamentarische Kraft im Bundestag, die sich einer massiven Aufrüstung in den Weg stellen kann. Hier schreibt einer ihrer prominentesten Ex-Abgeordneten, warum sie das tun sollte
    Die Linkspartei hat in den vergangenen Jahren ein katastrophales Bild abgegeben, das steht außer Frage. Aber man muss kein Linker sein, hingegen wohl über ein wenig Geschichtskenntnis verfügen, um froh zu sein, dass es noch eine parlamentarische Kraft im Bundestag gibt, die eine Grundgesetzänderung für 100 Milliarden Euro Aufrüstung nicht einfach durchwinkt.
    Die die Schuldenbremse schon vor dem Krieg kritisierte und die Auswirkung der Aufrüstung in Zeiten der Schuldenbremse auf Zukunftsinvestitionen, zum Beispiel gegen den Klimawandel oder den Pflegenotstand, thematisiert.
    Die hinterfragt, ob die 100 Milliarden Euro überhaupt bei den Soldatinnen und Soldaten ankommen. Oder ob sich angesichts des Filzes im Rüstungswesen nicht wieder eine Armee an McKinsey-Beratern und Rüstungskonzernen die Taschen füllt, statt dass die Bundeswehr trockene Unterhosen bekommt.
    Ob der Rüstungsetat der NATO nicht bereits jetzt Russlands militärische Ausgaben weit in den Schatten stellt und warum Wladimir Putin das kurzfristig überhaupt beeindrucken soll. Eine Kraft, die trotz des verbrecherischen Angriffskriegs Russlands und der klaren Antwort, die darauf benötigt wird, daran erinnert, dass mit Achtung des Völkerrechts und internationalem Ausgleich statt Doppelmoral die Ukraine heute vielleicht freier, souveräner und sicherer vor äußerer Einmischung und Angriffen wäre.
    Quelle: Fabio De Masi in der Freitag
  2. Das Cyber­crime von Anonymous
    Das Hackernetzwerk Anonymus hat Putin den “Krieg” erklärt, russische Websites lahmgelegt und dafür viel Beifall bekommen. Zu Recht? Dennis-Kenji Kipker hält Aktionen derartiger “Weltretter” für riskant und rechtlich hochproblematisch.
    Seit Beginn des Einmarschs der russischen Truppen in die Ukraine in der vergangenen Woche fällt vermehrt der Begriff “Cyberwar”, wenn von Attacken Russlands gegen die Ukraine und umgekehrt der Ukraine gegen Russland im Internet gesprochen wird.
    Cyberattacken werden dabei nicht selten gleichgesetzt mit kriegerischen Akten im digitalen Raum. Dabei zu beachten ist jedoch, dass Cyberangriffe auf staatliche, militärische oder zivile Infrastrukturen nicht automatisch als “Krieg” im Sinne des Völkerrechts zu klassifizieren sind. Der völkerrechtliche Begriff setzt an dieser Stelle grundsätzlich zwei Aspekte voraus: den bewaffneten Kampf zwischen zwei Staaten und den Eintritt eines Kriegszustandes beispielsweise in Form einer Kriegserklärung. Umstritten ist dabei insbesondere, wie der Einsatz ziviler Akteure zu bewerten ist und wann ein Cyberangriff tatsächlich die Schwelle zum bewaffneten Konflikt überschreitet. Das Völkerrecht findet auf Cyberwarfare im Ergebnis jedoch genauso Anwendung wie bei mit konventionellen Mitteln geführten Angriffen.
    Soweit es unmittelbare Cyber-Gegenschläge der Ukraine mit dem Ziel russischer Infrastruktur anbelangt, kann man durchaus von Cyberwar sprechen, da ein bewaffneter Konflikt mit Russland vorliegt, der durch Instrumente der Cyber-Kriegsführung flankiert wird und hier das völkerrechtliche Selbstverteidigungsrecht gilt. Relevant für die rechtliche Würdigung ist hier zusätzlich das Tallinner Handbuch (“Talllinn Manual”) in seiner aktuellen Fassung. Es enthält Regeln, an denen sich Staaten im Falle von Cyberangriffen orientieren können.
    Quelle: LTO
  3. Aufruf zum Boykott aller russischen Bücher und Verlage
    Die Frankfurter Buchmesse kündigte den staatlichen russischen Institutionen, die für den russischen Nationalstand auf der Messe verantwortlich sind. Vor dem Hintergrund des völkerrechtswidrigen Krieges halte man jede Zusammenarbeit für ausgeschlossen.
    Russische Literatur und Sachbücher wird es im Oktober trotzdem auf der Messe geben, auf jeden Fall von deutschen Verlagen – und von russischen? Prinzipiell auf jeden Fall, so die Leitung der Messe. Praktisch ist das eher Theorie:
    „Die Maßnahme wendet sich nicht gegen russische Autorinnen und Autoren und die Zugänglichkeit von deren Buchproduktion. Einzelstände von russischen Verlagen wird die Frankfurter Buchmesse weiterhin zulassen, auch wenn diese Zulassung angesichts der verhängten Sanktionsmaßnahmen eher eine theoretische Möglichkeit sein wird (eingeschränkter Zahlungsverkehr, Einschränkungen des Flugverkehrs etc.).“ […]
    Wie gestern berichtet wurde, appelliert PEN Ukraine zusammen mit dem Ukrainischen Buchinstitut, dem Lviv International BookForum und dem Book Arsenal in Kiew wegen des Überfalls auf die Ukraine weltweit “alle russischen Bücher und Verlage zu boykottieren”. In viele Bücher sei russische Propaganda eingewoben, die sich zum Krieg instrumentalisieren lasse, heißt es in dem Aufruf.
    Quelle: Telepolis

    dazu auch: Boykott gegen alles Russische?
    Wegen des Überfalls auf die Ukraine fordert das Ukrainische Buchinstitut, weltweit alle russischen Bücher und Verlage zu boykottieren
    Wie das »Börsenblatt« meldete, appelliert das Ukrainische Buchinstitut zusammen mit anderen Institutionen wegen des Überfalls auf die Ukraine weltweit alle russischen Bücher und Verlage zu boykottieren. Man erinnere sich, wie schon in früheren Jahren in der Ukraine alles Russische bis hin zur Sprache geächtet war, so dass sich die russischstämmige Bevölkerung diskriminiert fühlte – das ist eine der Wurzeln der Konflikte, die wir jetzt schmerzhaft vor Augen haben. Viele russische Bücher würden »zu Waffen und Vorwänden für den Krieg«, heißt es in dem ukrainischen Aufruf. Gegen diese »Infektion« wird gefordert, »die Verbreitung von Büchern russischer Autor*innen und Verlage durch die Buchhandlungen im jeweiligen Land zu stoppen …, keine Rechte mehr von russischen Verlagen zu erwerben oder Rechte an diese zu verkaufen; Russland, seine Verlagshäuser, Kulturzentren und Autor*innen von … internationalen Buchmessen und Literaturfestivals auszuschließen; Stipendien für Übersetzungen zeitgenössischer russischer Autoren in andere Sprachen zu beenden«.
    Quelle: nd

    und: Abgrund des Tages: Russophobie
    Was wurde sich nicht in den letzten Jahren über vermeintliche Cancel Culture in bürgerlichen Medien ereifert. Mit Verve verteidigte man auch den letzten reaktionären Kokolores. Nach einer Woche Krieg in der Ukraine darf nun hemmungslos alles diskriminiert, pauschalisiert und gestrichen werden, was in irgendeinem Zusammenhang mit Russland steht. Selbst süße Samtpfötchen bleiben nicht verschont – die Internationale Katzenföderation hat ein Verbot für Miezen aus russischem Besitz ausgesprochen. Sie dürfen nicht mehr an deren Veranstaltungen teilnehmen. Nu, pogodi! Der Russe wird mit niedlichen Katzenbildern zurückschlagen.
    Scherz beiseite, die grassierende Russophobie ist nicht witzig. Musiker und Fußballtrikots mussten zuerst verschwinden. Nun durchforsten die Discounterketten ihre Regale nach russischen Produkten, die sie in die Verbannung schicken können. An dieser Stelle sei an die Anfeindungen russischer Geschäfte erinnert, in mindestens einem Supermarkt hierzulande wurden die Scheiben eingeschmissen, Hassparolen an die Fassade gesprüht. T-Online berichtete über eine Münchner Klinikdirektorin, die russischen Patienten mit einer geharnischten E-Mail pauschal die Behandlung verweigern wollte. Und der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke) will russisch-deutsche Städtepartnerschaften auf Eis legen.
    Quelle: junge Welt

  4. Zensur auf wackligen Füßen
    Nach russischen Banken, Unternehmen und Oligarchen knöpft sich die EU nun auch staatsnahe Medien vor. Die Zensur-Maßnahme steht rechtlich auf wackligen Füßen. […]
    Es ist das erste Mal, dass die EU-Kommission direkt in die Meinungs- und Pressefreiheit eingreift. Normalerweise ist sie für die Medienregulierung gar nicht zuständig – das ist Sache der Mitgliedsländer und ihrer nationalen Aufsichtsbehörden. Für Insider kommt der Tabubruch dennoch nicht überraschend. Brüssel mischt sich immer mehr in die Medienpolitik und in die Regulierung großer Online-Plattformen wie Facebook oder YouTube ein.
    RT und Sputnik werden in Brüssel bereits seit Jahren beobachtet. Der Auswärtige Dienst der EU hat sogar eine Sondereinheit zur Auswertung „kremlnaher Medien“ gegründet, die der deutsche EU-Beamte Lutz Güllner leitet. Bisher beschränkte sich die Arbeit der „Stratcom East“ aber vor allem auf Dokumentation und Aufklärung. Die EU wolle kein „Wahrheitsministerium“ und keine Zensur, betonte die federführende EU-Kommissarin Jourova bis zuletzt. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat nun zu einem Sinneswandel geführt. Allerdings lässt sich die Behauptung der Kommission, RT leugne den Krieg, auf RT deutsch nicht belegen.
    Quelle: Lost in Europe
  5. So sieht es also aus, wenn die Konzernmedien gegen einen Krieg sind
    Bei der Berichterstattung über Russlands schreckliche Aggression in der Ukraine liegt der Schwerpunkt – wie immer – auf den zivilen Opfern des Krieges. Heute liegt der Schwerpunkt auf diesem wesentlichen Aspekt der russischen Invasion – von den zivilen Todesopfern bis hin zu den Traumata, die die Zivilbevölkerung beim Einschlag von Raketen in der Nähe erleidet.
    Leider wurde dem Tod und dem Leid der Zivilbevölkerung so gut wie keine Aufmerksamkeit geschenkt, wenn das US-Militär Invasionen begann. Nachdem die USA 2003 unter falschem Vorwand in den Irak einmarschiert waren – was durch die Komplizenschaft der US-Mainstream-Medien, deren Zeuge ich aus erster Hand wurde, ermöglicht wurde -, wurden die zivilen Todesopfer über Jahre hinweg weitgehend ignoriert und unterschätzt.
    Kurz nachdem die USA im Oktober 2001 in Afghanistan einmarschiert waren, zeigten geleakte Anweisungen der CNN-Leitung an ihre Korrespondenten und Moderatoren, dass der Sender darauf bedacht war, die Tötung und Verstümmelung afghanischer Zivilisten durch das US-Militär herunterzuspielen und zu rationalisieren. In einem Memo wurden die CNN-Moderatoren angewiesen, ihren Zuschauern schnellstmöglich mitzuteilen, wenn sie afghanische zivile Opfer erwähnten: „Diese US-Militäraktionen sind eine Reaktion auf einen Terroranschlag, bei dem fast 5000 unschuldige Menschen in den USA getötet wurden.“ Eine solche Formulierung sei obligatorisch, heißt es in dem Memo: „Auch wenn es vielleicht schon etwas abgedroschen klingt, ist es wichtig, dass wir diesen Punkt jedes Mal wiederholen.“
    Quelle: Krass & Konkret
  6. Zögerliche Verbündete
    Indien etwa, ein enger Verbündeter des Westens im Machtkampf gegen China, will seine gleichfalls engen Beziehungen zu Russland bewahren und sucht intensiv nach Wegen, die US-Finanzsanktionen gegen Moskau zu umgehen. Die arabischen Golfstaaten denken nicht daran, Russland zu isolieren; dasselbe trifft auf wichtige Staaten Lateinamerikas und Südostasiens zu. Gelingt es, sie wenigstens zur verbalen Verurteilung des Moskauer Angriffskrieges zu bewegen, dann wäre vielleicht ein erster Schritt zur weiteren Isolierung Russlands getan.
    Es hat Gründe, dass Russland nicht so isoliert ist, wie der Westen es sich wünscht. Indien etwa gewinnt an Einfluss in der Weltpolitik – und es ist trotz all seiner Kooperation mit dem Westen nicht mehr bereit, auf außenpolitische Eigenständigkeit zu verzichten. Staaten wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich lange auf den Schutz der USA verlassen, nun aber erst in Afghanistan, dann in der Ukraine vorgeführt bekommen, dass dieser Schutz im Fall der Fälle nicht wirklich verlässlich ist. Ist es ratsam, sich – wie zum Beispiel Kiew – außenpolitisch von Washington als Prellbock gegen andere einspannen zu lassen, wenn man dann nicht oder nur im nachhinein gegen Angriffe verteidigt wird? Wohl kaum. Die Arabische Halbinsel tendiert denn auch, um sich abzusichern, ergänzend zu einer engeren Kooperation mit China – und eben mit Russland.
    Ähnliche Sorgen plagen, auch wenn das öffentlich nicht gern ausgesprochen wird, Taiwan. Sollte dessen Konflikt mit Beijing irgendwann eskalieren – kann es dann sicher sein, dass die USA zu Hilfe eilen? Muss es nicht befürchten, dass Washington ähnlich entscheiden würde wie im Falle der Ukraine und, anstatt den ganz großen Krieg zu riskieren, Taipeh fallenließe? Um diese Sorgen zu zerstreuen, die seit der vergangenen Woche gewachsen sind, hielt sich am Mittwoch eine prominent besetzte Delegation pensionierter US-Militärs in Taiwan auf und versprach für einen etwaigen Konfliktfall zuverlässige Hilfe. In Taipeh bleiben freilich Zweifel. Ein Grund mehr für den Westen, an Russland ein Exempel zu statuieren, um die eigene globale Dominanz nicht nur zu festigen, sondern sie auch zu zelebrieren: Die Drohung, Russland ­demonstrativ zu »ruinieren« (Baerbock), ist ernstgemeint.
    Quelle: junge Welt
  7. Lieferengpässe: Wen die Lieferkettenkrise am stärksten trifft
    Der Krieg in der Ukraine hat zunehmend auch Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Eine exklusive Auswertung zeigt, welche Branchen in Deutschland am meisten auf Zulieferer aus Russland oder der Ukraine angewiesen sind.
    Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine machen sich auch hunderte Kilometer von den Frontlinien immer deutlicher bemerkbar. Unter anderem in der deutschen Industrie, wie etwa bei den Autoherstellern. Nach VW, Skoda und Porsche stockt auch bei BMW die Produktion, weil wichtige Komponenten fehlen.
    VW hatte bereits vergangene Woche einen Produktionsstopp für E-Autos in Dresden und Zwickau angekündigt. Nun folgte BMW mit der Aussage, die Produktion europaweit herunterzufahren. Branchenweit, so heißt es, fehlen Komponenten des Zulieferers Leoni, der in zwei Fabriken der Ukraine bisher unter anderem Kabelbäume und Komponenten für Bordnetze fertigt. Es werden nicht die einzigen wichtigen Bauteile bleiben, deren kriegsbedingtes Fehlen die Fließbandproduktion der Autobauer zum Stocken bringt.
    Doch nicht nur die Autoindustrie ist betroffen.
    Quelle: WirtschaftsWoche
  8. Wie gehen wir mit Preissteigerungen in einer Marktwirtschaft sinnvoll um? Der Streit um die Verteuerung von Energie
    Die aktuellen Preissteigerungen im Bereich Energie betreffen alle Bürger – wenn auch in unterschiedlichem Maße. Der Unmut darüber ist allseits groß, und entsprechend groß ist die politische Bedeutung des Themas. Deutlich zu erkennen ist der breite politische Konsens, dass die Bürger vor dieser Energiepreiswelle geschützt werden sollen. Bei der Frage des Wie und Wieviel hört die Einigkeit dann schon auf. […]
    Eine staatliche Objektförderung, z.B. eine direkte Übernahme gestiegener Heizkosten, wäre jedoch falsch. Denn die Objektförderung fördert keine Verhaltensänderung. Wenn Lebensmittel oder Energie de facto knapper werden und eben das der Grund für die Preissteigerungen in diesen Bereichen ist, dann muss erstens mit diesen Gütern sparsamer umgegangen werden und zweitens ein hoher Anreiz für Innovationen auf diesem Gebiet vorhanden sein. Und beides erreicht man nicht, wenn man die bisherigen Preisrelationen zu konservieren oder wiederherzustellen versucht, also Objektförderung betreibt.
    Genau darauf laufen aber viele der Vorschläge hinaus, die nun im Raum stehen: Senkung der Stromsteuer, Senkung der Mehrwertsteuer auf z.B. Erdgas, Erhöhung der Pendlerpauschale etc. – alles Maßnahmen, die der Preisreduktion im Energiebereich dienen sollen. Das klingt naheliegend, ist aber unsozial. Denn während Geringverdiener und Einkommensschwächere tatsächlich in Finanzierungsprobleme geraten, können sich z.B. gut betuchte SUV-Fahrer, viele Quadratmeter Wohnfläche in Anspruch Nehmende, Wintersport-Touristen oder Vielflieger einen tieferen Griff ins Portemonnaie sehr wohl leisten oder eben ihre Konsumstruktur anpassen, ohne dass das zu unzumutbaren Härten führen würde. Warum sollten diese Gruppen vor Preissteigerungen im Energiebereich geschützt werden?
    Insbesondere die Forderung nach einer Anhebung der Pendlerpauschale ist eine wenig verbrämte Anbiederung an die Besserverdienenden. Denn selbstverständlich gibt es Niedrigverdienende, die lange Fahrtwege zu ihren Arbeitsplätzen zurücklegen müssen, aber so schlecht bezahlt werden, dass die Reduktion ihrer Einkommensteuerzahlung aufgrund der Pendlerpauschale weit geringer ausfällt als bei Spitzenverdienern oder sogar gar nicht positiv zu Buche schlägt. Was könnte also unsozialer sein? Dass die beiden o.g. Ministerpräsidenten obendrein noch fordern, die Pendlerpauschale an die Entwicklung der Treibstoffpreise anzubinden, also zu dynamisieren, zeigt, wie sehr es hier um Klientelpolitik geht. Denn das ist nicht nur in Hinblick auf den Klimaschutz ein Kuckucksei. Es ist auch ein Affront für diejenigen, die sich seit Jahren für eine Dynamisierung der Hartz IV-Sätze gemäß den Preissteigerungsraten für lebensnotwendige Güter einsetzen und/oder einen solchen Automatismus für den Mindestlohn fordern. Solche Vorschläge aber haben in konservativen Politikerkreisen noch nie Unterstützung erfahren, sondern werden regelmäßig mit dem Hinweis abgelehnt, so etwas wirke inflationstreibend.
    Quelle: Friederike Spiecker
  9. Die Linke und der Krieg: Kollateralschäden in Berlin
    Der Angriff der russischen Armee auf die Ukraine sorgt bei der Linken in Deutschland zunehmend für Streit. Seit sich einige Abgeordnete um die ehemalige Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht nach der Bundestag-Sondersitzung am vergangenen Sonntag kritisch zur deutschen Regierungslinie geäußert hatten, setzt sich ein verbaler Schlagabtausch mit dem Außenpolitiker Gregor Gysi fort. […]
    Für massive Kritik in den eigenen Reihen und in Kommunen sorgte zugleich ausgerechnet die Linken-Regierung in Thüringen, ein Prestigeprojekt der parteiinternen Befürworter weiterer Regierungsbeteiligungen. Dort empfahl der Chef der Staatskanzlei, Benjamin Immanuel Hoff, angesichts des Krieges, russisch-deutsche Städtepartnerschaften in Thüringen zumindest auf Eis zu legen. […]
    Auch die Forderung des Linken-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow, die Wehrpflicht wieder einzusetzen, provozierte in den eigenen Reihen Kritik. “Als Vater zweier Kinder sage ich ganz klar: wer immer meint den Wahnsinn der Wehrpflicht wieder einzuführen und später meine Kinder einzuziehen, darf mit meinem heftigsten (!) Widerstand rechnen”, schrieb der ehemalige Linken-Abgeordnete Niema Movassat auf Twitter.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung unseres Lesers M.M: Hoff fiel in der Vergangenheit bereits wiederholt mit zweifelhaften Behauptungen und nicht sonderlich linken Positionen auf. So denunzierte er 2018 “Aufstehen” als „anti-aufklärerisch“. Man fragt sich jetzt, ob Hoff auch fordern würde Städtepartnerschaften mit Frankreich, Israel, oder den USA einzufrieren. Vermutlich nicht, denn derlei Sanktionen kommen im Falle des Völkerrechtsbruchs wohl nur für nicht-westliche Länder in Frage.

  10. Seit Jahren hat die CIA auch in den USA ukrainische Spezialkräfte ausgebildet
    In einem geheimen Programm wurden wahrscheinlich auch oder vor allem Mitglieder der ukrainischen rechtsnationalistischen Milizen ausgebildet, um im Kampf gegen einen russischen Einmarsch Widerstand zu leisten.
    Stinger-Luftabwehrraketen, Javelin-Panzerabwehrwaffen und andere westlichen Waffensysteme, die in der letzten Zeit massenhaft in die Ukraine geliefert wurden, können von den Soldaten und den nationalistischen Freiwilligenverbänden oder Milizen, die zur Legitimation in die Nationalgarde eingegliedert wurden, nur nach Training bedient werden. Bis vor dem Kriegsbeginn arbeiteten neben kanadischen und britischen Instruktoren offen Soldaten amerikanischer Spezialeinheiten und der Nationalgarde in der Ukraine.
    Kürzlich wurde von Yahoo News aufgedeckt, dass in einem verdeckten Programm seit 2015 auch Mitglieder von ukrainischen Eliteeinheiten unter CIA-Anleitung in den USA ausgebildet wurden und werden. Seltsamerweise erfuhren diese Informationen praktisch keine Resonanz in den deutschen Medien, weswegen es mir sinnvoll erscheint, darauf auch nachträglich hinzuweisen. Schon lange wurden Hinweise auf US-Geheimdienstaktivitäten in der Ukraine in russischen Medien und vor allem denen der „Volksrepubliken“ verbreitet, nach denen auch Mitglieder der Milizen ausgebildet wurden. Das hielt man gemeinhin für die Desinformation.
    Quelle: Krass & Konkret
  11. Bildschirme ohne Spione
    Datenschutzkonforme Onlinelehre ist technisch möglich. Man muss nur die richtigen Dienst verwenden. Die Hochschulen sind dazu moralisch verpflichtet. Ein Gastbeitrag.
    Auch in den Hochschulen hat das Coronavirus zu Distanzunterricht und Onlineveranstaltungen geführt. Anders als an den Schulen waren und sind die Voraussetzungen dafür gut. Dozenten wie Studenten verfügen über die notwendigen digitalen Endgeräte und nutzen sie in der Lehre. Mit Lernmanagementsystemen werden Studenten digitale Angebote zugänglich gemacht. Onlinekommunikation per Mail, Messenger oder Videokonferenz gehört zum akademischen Alltag.
    Gleichwohl war die zeitweise vollständige Umstellung von Campusleben und Präsenzlehre auf digitale Kommunikationskanäle und Videoformate im März 2020 eine technische Überforderung. Schulen und Hochschulen sind aus pädagogischen, sozialen und psychologischen Gründen für das dialogische Lehren und Lernen vor Ort konzipiert. Fernunterricht ist ein Hilfskonstrukt für diejenigen, die aus gesundheitlichen, beruflichen oder anderen Gründen nicht in Präsenz teilnehmen können. Auf die Schnelle ließ sich der Transfer von Vorlesungen, Seminaren, Laboren und Studios nur mit externer Hilfe und dem Einsatz kommerzieller und herstellerabhängiger (proprietärer) Videosoftware aus den Vereinigten Staaten wie Microsoft Teams, Webex oder Zoom bewältigen.
    Technisch funktionierte das gut, aber es gibt juristische Probleme.
    Quelle: FAZ
  12. Berliner Schulen müssen mit drastischen Kürzungen rechnen
    Die Einsparungen im Haushalt haben erste Folgen für die öffentlichen Berliner Schulen. Nur noch maximal 3.000 Euro stehen pro Schule im Verfügungsfonds der Senatsverwaltung bereit. Bis jetzt standen ihnen bis zu 28.000 Euro zur Verfügung.
    Öffentliche Schulen müssen sich vorerst auf drastische Kürzungen einstellen. In diesem Jahr können sie voraussichtlich nur noch auf einen Verfügungsfonds von höchstens 3.000 Euro pro Schule zugreifen. Darüber wurden sie von der Senatsverwaltung für Bildung informiert. In dem Schreiben, das dem rbb vorliegt, heißt es zur Begründung: Wegen der notwendigen Einsparungen in den Haushalten aller Senatsverwaltungen seien auch Kürzungen im Bereich der Bildung notwendig.
    Quelle: rbb24
  13. Deutsche Bank haftet nicht für „Cum-Ex“-Schulden von Warburg
    Die Warburg Bank ist auch im zweiten Anlauf vor Gericht damit gescheitert, die Deutsche Bank für Steuerschulden aus „Cum-Ex“-Aktiengeschäften in Mithaftung zu nehmen. Womöglich ist der Rechtsstreit aber noch nicht beendet.
    Die Deutsche Bank muss weiterhin nicht für Steuerschulden aus „Cum-Ex“-Aktiengeschäften der Hamburger Privatbank M.M.Warburg mithaften. Das Frankfurter Oberlandesgericht (OLG) wies die Berufung von Warburg am Mittwoch vollumfänglich zurück, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte (Az.: 17 U 108/20).
    Die Privatbank hatte von Deutschlands größtem Geldhaus als Depotbank Schadenersatz für Steuerschulden in Millionenhöhe gefordert. Letztlich ging es nach OLG-Angaben noch um etwa 140 Millionen Euro Steuerschulden aus Geschäften in den Jahren 2007 bis 2011. In erster Instanz hatte Warburg vor dem Landgericht Frankfurt verloren.
    Quelle: Welt Online
  14. Verpasste Chance für grünere Zukunft
    In der Coronavirus-Pandemie haben Regierungen große Geldsummen investiert, um die entstandenen wirtschaftlichen Schäden zum Teil aufzufangen. Experten kritisieren aber, dass dabei zu wenig an die Umwelt gedacht wurde. In den G-20-Staaten flossen zum Beispiel nur sechs Prozent der Wirtschaftshilfen in klimafreundliche Bereiche. […]
    Rund 91 Prozent der Gelder aus den Hilfspaketen floss in Bereiche, die keine Auswirkungen auf das Klima haben. Die restlichen drei Prozent wurde hingegen in Wirtschaftszweige investiert, die das Klima aktiv schädigen. „In Südafrika oder Indien zum Beispiel wurde während der Pandemie Geld für den Kohlesektor bereitgestellt, wodurch künftig natürlich mehr Emissionen entstehen.“ […]
    Koautor Scot Miller kritisiert, dass während der Pandemie nur sechs Prozent aus den Wiederherstellungspaketen in klimafreundliche Bereiche geflossen sind, denn bei früheren Krisen war es mehr. Zum Vergleich: Während der Finanzkrise von 2007 bis 2009 wurden global rund 16 Prozent der Wirtschaftsförderungen in Bereiche investiert, die zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen sollten.
    Quelle: ORF
  15. Die ignorierte Invasion
    Die Türkei, ein enger Verbündeter Deutschlands, verstärkt im Windschatten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ihre militärischen Angriffe auf ihr Nachbarland Syrien. In den vergangenen Tagen wurden erneut türkischer Artilleriebeschuss und Drohnenangriffe auf die kurdischen Gebiete Nordsyriens gemeldet; dabei wurden zahlreiche Zivilisten verletzt. Wenige Wochen zuvor war es zu einem Großangriff der türkischen Luftwaffe gekommen: Ankara ließ die nordostsyrische Region Hasakah bombardieren, nachdem es dort kurdischen Kämpfern gelungen war, einen Gefängnisaufstand des Islamischen Staates (IS) niederzuschlagen. Die Türkei hält seit Jahren mehrere Regionen Nordsyriens besetzt, errichtet dort türkische Infrastruktur und bindet die Gebiete an ihr Verwaltungssystem an, während die ursprünglich ansässigen syrischen Kurden in wiederkehrenden ethnischen Säuberungen vertrieben werden. Deutschland, traditionell ein bedeutender Waffenlieferant der Türkei, und die NATO, deren zweitgrößte Streitkräfte Ankara stellt, tolerieren die türkische Invasion in Nordsyrien und begünstigen sie zeitweise sogar.
    Quelle: German Foreign Policy


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