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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 3. Februar 2011 um 9:09 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: Ägypten, Arbeitsmarkt, Hartz-IV, Billigjobs und Leiharbeit, betriebliche Beschäftigungsstrategien, Wall-Street-Einkommen, Davos, Schuldenkrise, faule Hypothekenkredite, Stiftungsprofessuren, Zuzahlungen beim Arzt oder Apotheker, Mängel am OP-Besteck, Gesundheitswesen, Olaf Scholz, Wissenschaft als Beruf attraktiv gestalten, Maschmeyer, Studienanfänger bei Aussetzung von Grundwehr, Wasser, Online-Durchsuchung, Medienführerschein, zu guter Letzt.

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Ägypten
  2. Arbeitsmarkt
  3. Hartz IV die menschliche Katastrophe
  4. Billigjobs und Leiharbeit: Die Qualität der Arbeitsplätze sinkt
  5. Betriebliche Beschäftigungsstrategien
  6. Rekordeinkommen: Wall-Street-Banker kassieren mehr denn je
  7. Davos 2011 – Merkel ohne Effet
  8. Schuldenkrise: EU will starke Euro-Länder bestrafen
  9. “Warum gab es einen Markt für faule Hypothekenkredite, warum ‘wollte’ sie der ‘Markt’?”
  10. Im Dienste der Wirtschaft: Bremer Wissenschaftler kritisieren Stiftungsprofessuren
  11. Robert Reich: The corporate role in economic policy
  12. Patient/innen müssen mit weiteren Zuzahlungen bei Arzt und Apotheker rechnen
  13. Mängel am OP-Besteck im Klinikum Kassel
  14. Ethikrat legt Stellungnahme zur Bewertung von Nutzen und Kosten im Gesundheitswesen vor
  15. Scholz schrödert sich durch den Wahlkampf
  16. Antrag: Wissenschaft als Beruf attraktiv gestalten – Prekarisierung des akademischen Mittelbaus beenden
  17. Strukturfinanzvertriebe: Wenn Politik und Finanzbranche eine allzu engmaschige
  18. Zusatzvorsorge birgt Risiken: Erfahrungen aus dem Ausland und der betrieblichen Altersvorsorge zeigen Probleme auf.
  19. Mehr Studienanfänger bei Aussetzung von Grundwehr- und Zivildienst erwartet
  20. 1. KÖLNER BLOGGER – KONGRESS
  21. Wasser: Wasser-Volksentscheid kommt am 13. Februar 2011
  22. Mainz: Landtag macht Online-Durchsuchungen möglich
  23. Medienführerschein für Grundschüler: Bernd, der dumme Blogger
  24. Zu guter Letzt: Volker Pispers ist aus der Winterpause zurücky

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ägypten
    1. Demonstrieren auf Befehl: Mubarak-Diktatur organisiert Krawalle gegen die Regierungsgegner
      Ministerpräsident Ahmed Schafik, Vizepräsident Omar Sulaiman, Präsident Hosni Mubarak, ja, ja, ja! Sie sind gute Männer, gute Männer, gut, gut! Sie lieben Ägypten.« Aufgebracht schreien die Männer ihre Meinung gegen den Lärm der Menschenmenge heraus, die vor dem Gebäude des Staatlichen Fernsehens in Kairo auf und ab marschiert. Auf ihren Schultern lassen sie Polizeibeamte hochleben, immer wieder huldigen sie Hosni Mubarak.
      Quelle: junge Welt
    2. Sorgen um die arabischen Regime oder um ihre Völker?
      Die Schlingerbewegungen des Regimes Mubarak legen das morsche Machtgefüge aller arabischen Staaten bloss. Längst nicht alle stehen vor dem Umsturz, doch allen hülfe mehr Respekt vor Menschenrechten. Der Schrecken erfasst nicht nur die arabischen Herrscher, welche über all die Jahre mit ihrer Nachlässigkeit erheblich die Geduld ihrer Völker strapazierten. Den Israeli ist schlagartig klar geworden, dass sie seit dreissig Jahren ein Friedensabkommen nicht mit Ägypten haben, sondern viel eher mit dem Mubarak-Regime und seinen Günstlingen. Im ägyptischen Volk blieb es ein kalter Frieden, weil die versprochene Wiedergutmachung des Unrechts an den Palästinensern, und mithin die Versöhnung mit der ganzen arabischen Welt, ausgeblieben ist. So muss man damit rechnen, dass ein neues Regime in Kairo sich vom Friedensvertrag abwendet – nicht weil es einen neuen Krieg mit Israel will, sondern weil die versprochene Friedensdividende für die meisten Ägypter niemals ausgezahlt worden ist. Die ganze Region bekäme ein merklich unfreundlicheres Gesicht.
      Quelle: NZZ
    3. Wenn ElBaradei an die Macht kommt, müsste Israel schnell Iran angreifen
      Die Neokonservativen wie der ehemalige UN-Botschafter John Bolton malen wie üblich ein Schwarz-Weiß-Bild und unterstützen das Mubarak-Regime. Den Rechten in den USA passt die Demokratisierungsbewegung in Ägypten nicht ins Konzept, obgleich Bush seine Kriege und seine aggressive Politik gegenüber der Achse des Bösen auch damit begründete, die Tyranneien stürzen zu wollen. Den Irak wollten die neokonservativen Republikaner als US-freundliche Modelldemokratie für den gesamten Nahen Osten aufbauen und damit auch die Abhängigkeit vom ölreichen Saudi-Arabien reduzieren. Angesichts des erwarteten strahlenden Erfolgs sollten dann die anderen Staaten wie Dominos umfallen und sich nach dem Modell von Irak ebenfalls in westlich orientierte Demokratien verwandeln. Jetzt besteht die Sorge, dass nach Tunesien und Ägypten zwar ein Domino-Effekt eintreten könnte, der sich aber gegen die USA – und Israel – wenden könnte, nachdem die US-Regierungen so lange die autoritären Regimes unterstützt hatten.
      Quelle: Telepolis
  2. Arbeitsmarkt
    1. Arbeitsmarkt im Januar 2011
      5,720 Millionen “Arbeitslosengeld-Empfänger/innen” (SGB III und SGB II)
      4,755 Millionen Arbeitslosengeld II-Empfänger/innen – 187.000 (3,8%) weniger als im Januar 2010.
      3,347 Millionen registrierte Arbeitslose – 270.000 (7,5%) weniger als im Januar 2010
      65,7% der Arbeitslosen sind im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) registriert (Januar 2010: 62,9%)
      Im Januar 2011 wurden von der Statistik der BA insgesamt 3,347 Millionen Arbeitslose registriert, 270.000 bzw. 7,5% weniger als im Januar 2010. Von diesen 3,347 Millionen Arbeitslosen waren 1,147 Millionen (34,3%) im Rechtskreis SGB III und 2,200 Millionen (65,7%) im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) registriert.
      Als Arbeitsuchende waren im Januar 2011 insgesamt 5,510 Millionen Frauen und Männer registriert, 589.000 (9,7%) weniger als im Januar 2010. Die von der Statistik der BA ermittelte „Unterbeschäftigung ohne Kurzarbeit“ betrug im Januar 2011 4,320 Millionen, 439.000 (9,2%) weniger als im Januar 2010.
      Nach vorläufigen, hochgerechneten Daten hatten 1,058 Millionen (arbeitslose und nicht arbeitslose) Frauen und Männer Anspruch auf das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld (SGB III) und 4,755 Millionen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Bereinigt um die Zahl der etwa 93.000 sog. Aufstocker (gleichzeitiger Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II) hatten im Januar 2011 etwa 5,720 Millionen erwerbsfähige Frauen und Männer Anspruch auf Arbeitslosengeld (SGB III) bzw. Arbeitslosengeld II, 425.000 weniger als vor einem Jahr.
      Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF – 449 KB]
    2. Das deutsche Arbeitsmarktwunder: Sicherheit versus Prekarität!
      Zu den aktuellen Arbeitsmarktdaten erklärt der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD und Mitglied des Parteivorstandes, Ottmar Schreiner:
      „Die Bundesregierung jubelt über das sogenannte Jobwunder, aber vielen hierzulande ist nicht zum Jubeln. Die dunklen Flecken in dieser manipulierten Erfolgsgeschichte werden systematisch ausgeblendet. Denn der Aufschwung auf dem deutschen Arbeitsmarkt spielt sich hauptsächlich im Bereich atypischer Beschäftigung ab. Mini-Jobs, Leiharbeit und befristete Jobs boomen. Die Zahl der Unterbeschäftigung ist um mehr als eine Million höher, wenn Ein-Euro-Jobber und in andere arbeitsmarktpolitische Maßnahmen geparkte Menschen hinzugerechnet werden.
      Dieser vermeintliche Job-Boom wurde erkauft durch die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen. Ein Freischein für Unternehmer für das „Hire und Fire“ zu Discounterpreisen. Der deutsche Arbeitsmarkt ist bereits amerikanisiert: Im Vergleich zu den USA haben wir einen größeren Niedriglohnsektor und sind Europameister im Lohndrücken. Sicherheit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt es schon lange nicht mehr. Reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse werden zur Mangelware.
      Diese Unordnung auf dem deutschen Arbeitsmarkt muss ordnungspolitisch korrigiert werden. Statt eines arbeitsmarktpolitischen Kahlschlags brauchen wir auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels mehr Qualifizierungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose. Um die Marktmacht der Arbeitgeber zu brechen, brauchen wir einen gesetzlichen Mindeststundenlohn in Höhe von 8,50 Euro sowie die Festschreibung des Grundsatzes „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in der Leiharbeitsbranche. In anderen Ländern ist das gang und gäbe!“
      Quelle: ottmarschreiner.de
  3. Hartz IV die menschliche Katastrophe
    Vielleicht war der Gedanken von Hartz gar nicht einmal so falsch. Da sollen Menschen, die in die Arbeitslosigkeit gerutscht sind, aufgefangen werden, sollen die Möglichkeit über einen Ein-Euro-Job bekommen, sich in einem Betrieb zu bewähren, sozusagen als Chance, um später eine Festanstellung zu bekommen. Oder aber die Möglichkeit über einen solchen Job sich besser wieder eingliedern zu lassen, da es immer besser ist, sich über einen Job zu bewerben. Mag sein, dass das so gedacht war (…)
    Tatsache ist jedoch, dass eine systematische Kleinhaltung von Menschen damit bezweckt wurde, die durch herablassende Bemerkungen von Politikern und sogenannten Rechengenies, welche immer wieder neue Berechnungen auf den Markt werfen, womit ein Mensch leben könne, in der Öffentlichkeit ein Bild entstehen lassen, dass ein Mensch, der in finanzielle Not geraten ist, kein Mensch ist, sondern nur noch Ballast für die Gesellschaft. Man könne es auch im übertragenen Sinn damit vergleichen: wirf sie den Löwen zum Fraß vor.
    Quelle: Bürgerstimme

    Anmerkung WL: Der Beitrag ist zwar schon etwas älter, aber in seiner bedrückenden Beschreibung des Schicksals von Hartz IV-Empfängern nach wie vor hochaktuell.
    (Bis auf die Tatsache, dass inzwischen das in einem Ferienjob verdiente Geld in gewissem Umfang nicht mehr vom Regelsatz abgezogen wird, hat sich nichts verbessert, im Gegenteil.)

  4. Billigjobs und Leiharbeit: Die Qualität der Arbeitsplätze sinkt
    Von Bernd Roling, SWR
    Die Zahl der Arbeitslosen ist im Januar um gut 330.000 gestiegen, aber das ist kein Grund zur Beunruhigung. Das ist der übliche Saisoneffekt: Bei Schnee und Eis liegen nun mal etliche Baustellen still.
    Beunruhigend ist dagegen, dass die Qualität der Arbeitsplätze in Deutschland schlechter wird. Fast die Hälfte der 566.000 Stellen, die im letzten Jahr geschaffen wurden, entfielen auf die Zeitarbeit. Und dieser Trend hält an.
    Quelle: tagesschau.de
  5. Betriebliche Beschäftigungsstrategien
    Ein Teil der empirischen Ergebnisse bestätigt zunächst, dass das deutsche Beschäftigungswunder in der Wirtschaftskrise nicht vom Himmel gefallen ist. Im Gegenteil: Seine Voraussetzungen sind partiell bereits Jahre vor der Krise geschaffen worden. Das trifft z.B. auf die vielen sogenannten betrieblichen Bündnisse zu, die in erheblichem Maß schon nach der „kleinen“ Konjunkturkrise 2002 oder diversen Branchenkrisen vor dem letzten Aufschwung entstanden waren. In ihrem Rahmen wurden häufig weit vor 2008 Arbeitgeber-Zusicherungen zum Erhalt von Belegschaftsstärke oder auch Produktionsstandort gegen Arbeitnehmer- Zugeständnisse zur Kostensenkung getauscht (…)
    Seit der Jahrtausendwende organisieren vor allem größere bis große Betriebe zwischen einzelnen Betriebsteilen wie zwischen verschiedenen Betriebsstandorten eine systematische interne Vermittlung von Arbeitsplätzen und dazu gehörigen Qualifikationen, um die „Externalisierung“ von Beschäftigten über Entlassungen zu vermeiden. Eine entscheidende Rolle in diesem Prozess spielen explizit gegründete betriebliche Personalvermittlungsabteilungen (PVA), quasi Arbeitsmarktagenturen im Kleinen, die auch Hierarchien und Entscheidungsprozesse im Unternehmen verändern.
    Als zentraler Stabilisierungshebel schließlich schält sich immer wieder die Umverteilung bzw. Verkürzung von Arbeitszeit heraus, deren Beschäftigungseffekte heute im Gegensatz zu früher unstrittig scheinen. Die jüngste Erfahrung, die Verkürzung der Arbeitszeit zur Stabilisierung von Beschäftigung zu nutzen, nährt die Hoffnung, dass dieses Instrument erneut eingesetzt wird,
    sollte die nächste nationale, branchenweite oder „nur“ betriebliche
    Krise kommen (…)
    Quelle: WSI – Mitteilungen [PDF – 183 KB]
  6. Rekordeinkommen: Wall-Street-Banker kassieren mehr denn je
    141.000 Dollar pro Jahr: So viel verdienen Wall-Street-Banker im Schnitt, bei Goldman Sachs sind es sogar 431.000 Dollar. Insgesamt zahlen die Geldkonzerne ihren Mitarbeitern die Rekordsumme von 135 Milliarden Dollar – nur zwei Jahre nach der Finanzkrise.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung RS: $141.000 sind bei manchen Berufen nicht ungewöhnlich. Auch $431.000 – im Durchschnitt, wohl bemerkt – sind ein Klecks gegenüber den wirklich großen Einkommen, um die es bei diesen $135 Milliarden wirklich geht, nämlich die großen Banker, die für ihre „Risikobereitschaft“ mit hunderten von Millionen oder gar Milliarden belohnt werden, obwohl sie in Wirklichkeit kein eigenes Risiko tragen.

  7. Davos 2011 – Merkel ohne Effet
    Vor zwei Jahren hat Angela Merkel schon einmal vor der versammelten Davoser Elite in der damals vollen Congress Hall geredet. Damals gab es – warum auch immer – am Ende stehende Ovationen. Gestern Abend ist die Kanzlerin in selbiger Runde wieder aufgetreten. Und: am Ende gab es höflichen Kurzapplaus. Was an mindestens drei Dingen gelegen haben dürfte. (…)
    Und drittens, was am schwerwiegendsten ist, hat das werte Weltpublikum mittlerweile ein tiefes Verständnisproblem, was die originelle Uminterpretation des deutschen Krisenmanagements durch die Bundesregierung angeht. Zum deutschen Lieblingsspruch gehört derzeit ja allen Ernstes der Satz, dass die Deutschen gern bereit gewesen seien, mit den kriselnden Ländern solidarisch zu sein (diese Solidarität aber nun mal keine Einbahnstraße sei). Das kommt im Ausland halt komisch rüber, wenn jeder sich erinnert, wie sich die Deutschen mit Händen und Füßen und ordnungspolitischen Grundsatzreden und angedrohten Verfassungsklagen und (voreiligem) Steuerzahlergejammer und dummen “Bild”-Kampagnen monatelang gegen jedwede Hilfe und Solidarität gestemmt haben – und am Ende in einer Nacht- und Nebel-Wochenendaktion nur deshalb den Hilfen zugestimmt haben, weil irgendwann selbst der Bundesregierung klar wurde, dass es ohne Stoppmechanismus für die Marktpanik eine ganz große Katastrophe gibt. Das jetzt großmütig Solidarität zu nennen, hat schon etwas Dreistes. Da darf man sich über mageren Applaus dann auch nicht wundern.
    Quelle: FTD

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Nicht wenige Teilnehmer anderer Staaten werden angesichts der wachsenden Arroganz zahlreicher deutscher Politiker und Medien gedacht haben: “Man sieht sich häufig zweimal im Leben.”

  8. Schuldenkrise: EU will starke Euro-Länder bestrafen
    Zu viel Erfolg könnte für Deutschland zum Problem werden: Die EU-Kommission plant laut der Wochenzeitung “Die Zeit”, Staaten mit hoher Wettbewerbsfähigkeit zu zügeln, um die Wirtschaftskraft der einzelnen Länder anzugleichen. Minister Brüderle reagiert barsch.
    (…)
    Einen ähnlichen Rahmen plant die EU-Kommission offenbar für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit, die im Wesentlichen an der jährlichen Veränderung der Lohnstückkosten gemessen wird. Zwischen 2005 und 2008 hätte Deutschland ständig gegen die vorgeschlagenen Vorgaben verstoßen. Für 2008 etwa lag der deutsche Leistungsbilanzüberschuss bei sieben Prozent des BIP, die preisliche Wettbewerbsfähigkeit war um 5,5 Prozent gesteigert worden.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das würde höhere Löhne und bessere Sozialleistungen in Deutschland erzwingen, was Brüderle und Merkel natürlich auf jeden Fall verhindern wollen. 4% als Grenze für den Leistungsbilanzüberschuß, über mehrere Jahre hinweg, sind immer noch viel zu hoch und ruinieren die EU/den Euro dann halt ein paar Jahre später. Die volkswirtschaftliche Dummheit des SPIEGEL spricht aber schon aus der Überschrift: für die betroffenen Länder und ihre Einwohner, z. B. die Deutschen, wäre die Leistungsbilanzüberschußbremse keine Strafe, sondern ein Segen und ein Glück.

  9. Warum gab es einen Markt für faule Hypothekenkredite, warum ‘wollte’ sie der ‘Markt’?”
    Im Insider Blog naked capitalism wird dargelegt, dass nur faule und niemals echte Hypothekenkredite und die u.a. von der Deutschen Bank vermittelten Wetten dagegen gigantische Gewinne erzielen konnten, wie etwa die 20 Milliarden Dollar des John Paulson.
    Quelle: nakedcapitalism (auf Englisch)

    Anmerkung RS: Hier wird dargelegt, dass die faulen Kredite deshalb vom Markt gewollt waren, weil man viel Geld verdienen konnte, indem man gegen die Bonität dieser Kredite wettet. Doch da fragt man sich zu Recht, was die Käufer dieser Kredite für einen Anreiz haben könnten, denn ein fauler Kredit ist ein garantierter Verlust. Das stimmt schon, aber derjenige, der im Auftrag des Investors den Kauf tätigt, muss nicht unbedingt selbst der Investor sein – er kann auch dessen Finanzberater sein, der nicht am Erfolg es Investors verdient, sondern an der Transaktion selbst – und an Wetten gegen die Papiere, die er dem Investor gerade angedreht hat. Und so war es – siehe Goldman und den Fondsmanager John Paulson (nicht der John Paulson, der unter G.W. Bush Finanzminister war). Und es war ebenfalls so, dass die Anreize so waren, dass die Verkäufer der Ausfallversicherungen genug an den Transaktionen verdienten, dass ihnen die Solvenz ihres Arbeitgebers sekundär war.

    James K. Galbraith hat vor einigen Monaten auf die Rolle von Betrug in der Finanzkrise hingweisen. Professor Galbraith sieht sich durch diesen Artikel bestätigt.

  10. Im Dienste der Wirtschaft: Bremer Wissenschaftler kritisieren Stiftungsprofessuren
    Rudolph Bauer im Gespräch mit Manfred Götzke
    Eine Stiftungsprofessur für Raumfahrttechnologie finanziert von einer Rüstungsfirma – das ließ für 60 Bremer Wissenschaftler das Fass überlaufen. In einem gemeinsamen Aufruf sorgen sie sich um die Unabhängigkeit der Forschung und Lehre in Bremen.
    Quelle: dradio

    Passend dazu:

  11. Robert Reich: The corporate role in economic policy
    Corporations play a big role in how Americans experience the economy. And that means the President should be careful about their role.
    Quelle: publicradio.org
  12. Patient/innen müssen mit weiteren Zuzahlungen bei Arzt und Apotheker rechnen
    Seit Anfang des Jahres gelten neue Regeln für den Arzt- und den Apothekenbesuch. Der Arzt kann anbieten, Patienten bevorzugt zu behandeln, wenn sie ihn direkt bezahlen – gegen Rechnung. Die Kosten würden von der Krankenkasse anschließend erstattet, heißt es. Doch das Versprechen ist trügerisch. Denn die Kasse erstattet nur den Satz, den sie für Kassenleistungen zahlen würde, und kann auch noch bis zu fünf Prozent für ihren Verwaltungsaufwand abziehen.
    “Der Arzt kann bei Vorkasse auch dem gesetzlich Versicherten den gleichen Betrag in Rechnung stellen wie einem Privatpatienten: mehr als das Doppelte für die gleiche Leistung”, warnt der Bereich Gesundheitspolitik beim ver.di-Bundesvorstand. Er geht davon aus, dass 60 bis 75 Prozent der Behandlungskosten bei dieser Vorauszahlung nicht mehr von der Krankenkasse erstattet werden, sondern die Patient/innen darauf sitzenblieben.
    Auch in der Apotheke ist es seit Jahresbeginn möglich, ein anderes Medikament mit demselben Wirkstoff zu wählen. Ebenso wie beim Arzt ist es auch in diesem Fall wahrscheinlich, dass das Mittel teurer ist als das verschriebene. ver.di befürchtet, dass die Versicherten dabei bis zu 90 Prozent des Arzneimittelpreises selber bezahlen müssen.
    Die schwarz-gelbe Bundesregierung will damit die Kosten senken. Allerdings zu Lasten der Versicherten, die mehr selber zahlen müssen, und das auch in diesem Fall unabhängig von ihren Einkommen.
    Quelle: ver.di – News
  13. Mängel am OP-Besteck im Klinikum Kassel
    Nach dem Klinikum Fulda hat nun auch das Klinikum Kassel Probleme mit der Zentralsterilisation. Das Krankenhaus schloss vorläufig seine Abteilung für die Reinigung von OP-Instrumenten. Mitarbeiter der Aufsichtsbehörden hätten am Dienstag bei einer Begehung Ablagerungen an den OP-Bestecken festgestellt, teilte das Klinikum mit. Um was für Ablagerungen es sich handele, müsse erst noch analysiert werden. Die Teile würden sofort zum Gerätehersteller geschickt, so das Krankenhaus. Am Mittwoch könnten wegen der Schließung zunächst nur Notfall-Operationen gemacht werden.
    Quelle 1: Krankenkassen-Newsticker
    Quelle 2: Krankenkassen-Newsticker
  14. Ethikrat legt Stellungnahme zur Bewertung von Nutzen und Kosten im Gesundheitswesen vor
    Unter dem Titel „Nutzen und Kosten im Gesundheitswesen – Zur normativen Funktion ihrer Bewertung“ hat der Deutsche Ethikrat heute seine dritte Stellungnahme verabschiedet.
    Quelle 1: idw
    Quelle 2: ethikrat.org [PDF – 585 KB]
  15. Scholz schrödert sich durch den Wahlkampf
    Hamburgs Bald-Bürgermeister Scholz fährt einen clever gemachten Wirtschaftswahlkampf – und sichert sich Stimmen, indem er klassische CDU-Themen klaut. Mit Altkanzler Schröder im Rücken kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Die Konkurrenz schaut fassungslos zu.
    Jetzt soll ein Neustart gelingen, und wer kann das besser rüberbringen als Scholz’ Förderer Schröder, der mit dem Slogan “Neue Mitte” 1998 erfolgreich CDU- und FDP-Wähler abwarb. Mittlerweile ist er Aufsichtsratschef der Nord Stream AG, die russisches Erdgas nach Deutschland bringen will. Mit dem Altkanzler im Rücken will sich Scholz noch näher an den Wahlsieg schrödern.
    In Hamburg setzt der Altkanzler auf Eigenwerbung. Schröder preist seine Agenda 2010 als einen Grund für das rasche Ende der Wirtschafts- und Finanzkrise in Deutschland, da sei er “selbstbewusst genug, es zu sagen”. Den Pleitestaaten Spanien, Portugal und Griechenland stünden nun ähnliche Reformen bevor: “Was wir im Bereich der Arbeitsmärkte, Rentenpolitik und der Gesundheitspolitik angefasst haben, müssen andere jetzt unter verschärften Bedingungen nachholen.”
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung WL: Mit dem Schröder-Kurs mag die SPD in Hamburg einer schwachen CDU Stimmen abziehen und damit sogar den rechten Flügel in der SPD noch stärker machen, als er schon ist. Es ist ein konservatives Politikkonzept, das ausschließlich auf das Scheitern der CDU setzt, um anschließend den gleichen Kurs fortzusetzen, bis die SPD halt wieder selbst scheitert.
    Eine politische Alternative bietet Scholz nicht. Eine solche Strategie erinnert an den Witz mit dem Irren, der mit dem Kopf gegen die Wand rennt und sich darüber freut, dass der Schmerz nachlässt.

  16. Antrag: Wissenschaft als Beruf attraktiv gestalten – Prekarisierung des akademischen Mittelbaus beenden
    Die zunehmend prekäre Finanzsituation von Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen führt in Verbindung mit einer überholten Personalstruktur zu weiter verschlechterten Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Personals an deutschen Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen. Viele Bundesländer fahren auf Grund einer verfehlten Steuer- und Finanzpolitik des Bundes ihre Ausgaben für Hochschulen und Wissenschaft in den kommenden Jahren zurück. Die Einrichtungen versuchen, die vielerorts schlechte Grundfinanzierung durch steigende Drittmitteleinnahmen zu kompensieren, was sich aber nachteilig für Bedingungen und Perspektiven von Beschäftigung, Forschung und Lehre auswirkt.
    Zusätzlich setzen befristete Mittelzusagen und leistungsbezogene Mittelvergabesysteme Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen unter erheblichen Druck, ihren Personalbestand weitestgehend zu flexibilisieren. Auch die Personalstrukturen wurden in den vergangenen Jahren in vielen Ländern in diesem Sinne reformiert. Als Folge wurde der unbefristet beschäftigte wissenschaftliche Mittelbau weitgehend abgeschafft. Im Ergebnis existiert eine Struktur, die offiziell nur Professorinnen und Professoren sowie den wissenschaftlichen Nachwuchs auf dem Weg zur Professur kennt. Selbständiges Forschen und Lehren ist nur auf vergleichsweise wenigen Stellen für Juniorprofessuren und Nachwuchsgruppenleiterinnen möglich. Parallel hat sich ein expandierender Sektor prekärer akademischer Beschäftigung entwickelt, in dem vor allem Lehrbeauftragte, Lehrkräfte für besondere Aufgaben (LbA) und Privatdozentinnen und -dozenten tätig sind.
    Quelle: Deutscher Bundestag, Antrag der Fraktion Die LINKE [PDF – 98.3 KB]
  17. Strukturfinanzvertriebe: Wenn Politik und Finanzbranche eine allzu engmaschige
    Rechtsstreit zwischen AWD-Gründer Carsten Maschmeyer und der ARD.
    Die Reportage der ARD lief fast zur besten Sendezeit. Provokanter Titel: Der Drückerkönig und die Politik. Die schillernde Karriere des Carsten Maschmeyer. Dass sie überhaupt stattfand, nachdem der Gründer des Finanzdienstleisters AWD in Hannover über seine Rechtsanwälte massiv Druck ausübte, war keineswegs selbstverständlich.
    Quelle: Telepolis
  18. Zusatzvorsorge birgt Risiken: Erfahrungen aus dem Ausland und der betrieblichen Altersvorsorge zeigen Probleme auf.
    Berlin/Bad Homburg (sth). Die Sicherheit des deutschen Alterssicherungssystems kann sich im internationalen Vergleich sehen lassen, birgt aber aufgrund der wachsenden Bedeutung der kapitalgedeckten Altersvorsorge auch zunehmend Risiken. Das zeigte sich bei der 10. Jahrestagung des von der Deutschen Rentenversicherung begründeten “Forschungsnetzwerks Alterssicherung” (FNA) am Wochenende in Berlin. Zwar wird die gesetzliche Rente nach übereinstimmender Ansicht der mehr als 100 anwesenden Renten- und Altersvorsorgeexperten auch weiterhin die tragende Säule der Altersvorsorge in Deutschland bleiben. Ob die gesetzlich beschlossene Absenkung des Rentenniveaus allerdings tatsächlich – wie vom Gesetzgeber erhofft – durch die staatlich geförderte betriebliche oder private Altersvorsorge künftig von der Mehrheit der Bürger ausgeglichen werden kann, scheint angesichts der Risiken auf den Kapitalmärkten und dem anhaltend niedrigen Zinsniveau fraglich.
    Quelle: Ihre Vorsorge
  19. Mehr Studienanfänger bei Aussetzung von Grundwehr- und Zivildienst erwartet
    Bei einer möglichen Aussetzung von Grundwehr- und Zivildienst zum 1. Juli 2011 ist mit mehr Studienanfängern zu rechnen, als dies bisher für die zweite Programmphase des Hochschulpakts 2020 von 2011 bis 2015 prognostiziert worden war. Dies habe die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) auf Basis eines Berichts der Staatssekretärs-Arbeitsgruppe Hochschulpakt festgestellt, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/4295) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/4076). Danach sei „abhängig von der Ausgestaltung der Freiwilligendienste durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 und das Gesetz zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes“ mit einem Zuwachs von 34.600 bis 59.000 Studienanfängern zu rechnen.
    Wie die Bundesregierung erläutert, entstünde dadurch bei angenommenen 26.000 Euro pro zusätzlichem Studienanfänger ein bisher nicht eingeplanter Mehrbedarf in Höhe von rund 0,9 bis 1,5 Milliarden Euro. Bund und Länder seien sich einig, „die durch eine Aussetzung von Grundwehr- und Zivildienst sich ergebenden zusätzlichen Studienanfänger im System des bestehenden Hochschulpakts zu finanzieren“. Die GWK habe die Staatssekretärs-Arbeitsgruppe beauftragt, „im Lichte der Entscheidung des Bundes zur Aussetzung von Grundwehr- und Zivildienst“ und einer Prognose der Kommission für Statistik der Kultusministerkonferenz über deren Auswirkungen ”Vorschläge zu erarbeiten, wie damit im System des Hochschulpakts verantwortungsvoll umzugehen ist“.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Was fehlt ist: Butter bei die Fische.

  20. 1. KÖLNER BLOGGER – KONGRESS
    11. – 13. Februar 2011
    Die politische Blogosphäre trifft auf Krisenreaktionskunst
    Ein LIVE – Experiment in Worten, Bildern, Installationen, Musik und Diskussionen.
    Wir stellen uns die Frage:
    Retten die Blogger die Demokratie?
    Die interessantesten, Deutschen, politischen, BLOGS  treffen sich mitkritischen Künstlern und Whistleblowern in Köln zu einem außerparlamentarischen Krisengipfel der besonderen ART.
    In dem gemeinsamen Kongress erfolgt eine Bestandsaufnahme über den Zustand unserer DEMOKRATIE mit: Analysen, Interaktionen zwischen Künstlern und Netzjournalisten, literarischen Aufarbeitungen, Vertonungen, Konzerten, Filmbeiträgen und permanenter Kunstausstellung Krisenflutschi Tatütata.
    Quelle: Der Kongress bloggt
  21. Wasser: Wasser-Volksentscheid kommt am 13. Februar 2011
    Der Berliner Wassertisch als Initiator des Volksentscheids hat sich durchgesetzt. Obwohl der Senat die umstrittenen Verträge zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe mittlerweile offengelegt hat, wird es dazu im Februar eine Bürgerbefragung geben.
    Quelle: Berliner Morgenpost

    Der rot-rote Senat hat die Verträge ins Internet gestellt, mit denen Berlin seine Wasserbetriebe zur Hälfte verkaufte und den Investoren satte Gewinne zusicherte. Hier finden Sie die Dokumente:

    Die vertragliche Grundlage von 1999 [PDF – 16.6 MB]
    Ergänzende Unterlagen [PDF – 26.2 MB]
    Änderungsvereinbarungen [PDF – 30.1 MB]

  22. Mainz: Landtag macht Online-Durchsuchungen möglich
    Der Landtag hat das neue Polizeigesetz am Mittwoch einstimmig verabschiedet. Es sieht unter anderem vor, die so genannte Online-Durchsuchung in Rheinland-Pfalz zu erlauben. Damit darf die Polizei nun Computer von Verdächtigen online durchsuchen, wenn das Leben eines Menschen bedroht ist oder bei Terrorgefahr.
    Quelle: SWR
  23. Medienführerschein für Grundschüler: Bernd, der dumme Blogger
    Das Bayerische Kultusministerium möchte Kinder fit für den Umgang mit Medien machen. Ein “Führerschein” soll dabei helfen. Dessen Botschaft wirkt veraltet und wird ausgerechnet vom Verband der Zeitungsverleger herausgegeben: Zeitungen haben recht, das Internet nicht. Blogger sind empört.
    Quelle: Spiegel-Online

    Anmerkung RS: Nicht, dass Spiegel das beste Beispiel für Recherche und Korrigieren von Fehler wäre. Aber sei es drum. Es ist schon klar, dass im Internet viel Mist erzählt wird, und dass man kritisch mit Internet-Berichte umgehen muss. Es ist aber ebenfalls klar, dass das Internet einen entscheidenden Beitrag dazu leistet, Hoffbereichterstattungstendenzen in den traditionellen Medien aufzuzeigen. Siehe dazu die NachDenkSeiten…

  24. Zu guter Letzt:
    1. Volker Pispers ist aus der Winterpause zurück
      Quelle: WDR2
    2. Gehirnwäsche oder wie ein Paradigma entsteht
      Quelle: Wie Gehirnwäsche entsteht [Power Point – 295 KB]


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=8193