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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 5. April 2022 um 8:35 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Andrij Melnyk teilt munter aus
  2. »Wir müssen bereit sein, Russland wieder die Hand zu reichen«
  3. Eisiges Schweigen
  4. „Die USA würden jahrelangen Krieg tolerieren. Sie würden viele Tote in Kauf nehmen“
  5. Völkerrecht als Sanktion?
  6. Imran Khan takes on America
  7. Friedensbewegung: Linke formiert sich
  8. Berliner Forscher: EU verschwendet die Hälfte der ukrainischen Weizenexporte
  9. Tropfen auf den heißen Stein
  10. Die Rivalen ausspielen
  11. Der Krieg und das Klima
  12. Tricksereien im Bundestag
  13. Was das Scheitern der Impfpflicht ab 18 Jahren bedeutet
  14. Immer mehr Arztketten: Schadet Monopolisierung der Augenheilkunde?
  15. Das gute Leben für alle: „Armut ist kein Naturgesetz“
  16. Alle Jahre wieder: Blackout-Alarm in Frankreich

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Andrij Melnyk teilt munter aus
    Stets um massiven Einfluss auf die deutsche Politik bemüht, hat sich der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk diesmal Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorgeknöpft.
    Unbemerkt, aber wirksam ist die Bundesregierung um ein Ressort aufgestockt worden. Sie verfügt inzwischen über ein Propaganda-Ministerium, das der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk führt. Dessen Richtlinienkompetenz steht der des Bundeskanzlers in kaum etwas nach. […]
    Sollte Annalena Baerbock Melnyk ins Auswärtige Amt einbestellen, würde sie sich einen von diesem Meinungsführer orchestrierten medialen Aufschrei einhandeln. Wer Souveränität in dieser Hinsicht einmal verspielt, hat sie eben auf lange Sicht verloren. Das kann in dieser Zeit soweit gehen, dass davon die Interessen des eigenen Landes bedroht sind, wenn es darum geht, sich nicht noch mehr in diesen Krieg hineinziehen zu lassen.
    Quelle: der Freitag

    Anmerkung unseres Lesers C.K.: Treffliche Beobachtung! Bin gespannt wie lange Bundesregierung und Bundespräsident sich das noch gefallen lassen. Zurzeit macht es leider den Anschein: Zu lange…

  2. »Wir müssen bereit sein, Russland wieder die Hand zu reichen«
    Günter Verheugen über das Verhältnis der Europäischen Union zu Moskau und Washington, eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine und die Soft Power Brüssels […]
    Eines Tages wird wieder miteinander geredet werden müssen, und je eher, desto besser. Für uns Europäer kann nur gesamteuropäische Partnerschaft die Antwort auf die immer größer werdenden globalen Konflikte sein. Wir müssen bereit sein, Russland wieder die Hand zu reichen. Das wird nicht heute oder morgen geschehen und hängt stark davon ab, wie die politische Gestalt Europas nach dem Ukraine-Krieg sein wird. Es ist nicht hilfreich, Regimechange in Moskau zur Voraussetzung für einen neuen Dialog zu machen. Denn darauf würden wir möglicherweise sehr lange warten müssen.
    Was soll stattdessen geschehen?
    Auf jeden Fall ist es zwingend notwendig, die gesamte Vorgeschichte des Ukraine-Krieges zu verstehen und richtig einzuordnen. Die EU wird auch bereit sein müssen, eigene Fehler aufzuarbeiten. Wenn wir die Vorgeschichte betrachten, sollten wir zwei Fragen genau unter die Lupe nehmen: An wem ist das Minsker Abkommen gescheitert, und wer oder was hat die EU dazu getrieben, sich im Jahr 2013 an einer Regimechange-Operation in der Ukraine zu beteiligen?
    Wenn man die aggressiven Töne Richtung Moskau aus Kommission, Rat oder Europaparlament hört, die es nicht erst seit Putins Überfall auf die Ukraine gab, habe ich Zweifel, dass dies geschieht.
    Das ändert nichts daran, dass man es tun muss. Wenn wir diese ganze Vorgeschichte nicht wirklich ernsthaft aufarbeiten, werden wir praktisch dazu verurteilt sein, dieselben Fehler zu wiederholen. Und wenn ich höre und sehe, dass die Forderung nach Kontextualisierung dieses Konflikts als Appeasement dargestellt wird, da muss ich sagen: Es ist schon merkwürdig, dass über Ursachen und Entwicklungen, die zum Ersten und zum Zweiten Weltkrieg führten, ganze Bibliotheken geschrieben wurden. Und keiner kommt auf die Idee, das zu kritisieren. Aber wenn gemahnt wird, die ganze Vorgeschichte des Ukraine-Konflikts, des ersten großen Kriegs in diesem Jahrhundert in Europa, aufzuarbeiten, dann gilt das als Appeasement?
    Und ganz prinzipiell wird eine Verständigung nur möglich sein, wenn auf beiden Seiten der seit Helsinki 1975 bestehende Grundsatz beachtet wird, dass jeder die legitimen Sicherheitsinteressen des anderen zu respektieren hat. Geschieht das nicht, kehrt der Kalte Krieg dauerhaft zurück – und ich weiß nicht, ob wir noch einmal soviel Glück haben werden wie bisher, dass der nukleare Schlagabtausch nicht stattfindet.
    Quelle: nd
  3. Eisiges Schweigen
    Statt Premier Orbàn zum Sieg zu gratulieren will Brüssel Ungarn jetzt doch die Mittel kappen. Dafür soll der Rechtsstaatsmechanismus genutzt werden. (…)
    Bereits am Dienstag oder Mittwoch soll die Entscheidung zum Mittelentzug fallen. An der Niederlage der EU in Ungarn würde sie allerdings nichts mehr ändern. Jahrelang hat Orbán gegen „Brüssel“ und die „EU-Eliten“ Stimmung gemacht, immer wieder hat er außenpolitische Entscheidungen mit seinem Veto im Ministerrat blockiert.
    Zuletzt hatte er sogar den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski zu seinem Gegner erklärt. „Es ist davon auszugehen, dass Orbán die Putinisierung Ungarns nun für vier weitere Jahre fortsetzen wird“, fürchtet der FDP-Politiker Körner. Kremlchef Wladimir Putin hatte Orbán prompt zu seinem Wahlsieg gratuliert. Auch das könnte das eisige Schweigen in Brüssel erklären.
    Quelle: Eric Bonse in der taz

    Anmerkung Christian Reimann: Auch wer kein Orbán-Freund ist, kann erkennen, dass die EU-Vertreterschaft Probleme mit demokratischen Entscheidungen hat.

  4. „Die USA würden jahrelangen Krieg tolerieren. Sie würden viele Tote in Kauf nehmen“
    US-Starökonom Jeffrey Sachs hat viele Staaten Osteuropas in die Marktwirtschaft begleitet. Jetzt warnt er vor der US-Strategie, die auf einen langen Krieg in der Ukraine mit Tausenden von Toten hinauslaufe. Europa empfiehlt er einen anderen Weg. […]
    Sachs: Die USA lieben die Eskalation von Konflikten. Ich beobachte sehr genau, welche Vorschläge und Botschaften aus den USA kommen. Die US-Regierung will die Gelegenheit nutzen und Russland in die Knie zwingen. Aber Europa sollte sich darauf nicht einlassen. Künftige Generationen in Europa müssen mit Russland als Nachbar leben. Biden hat in der Tat gesagt, dass wir uns für einen langen Konflikt wappnen sollen. Das ist eine schreckliche Idee. Ein langjähriger Kampf; da spricht ein alter amerikanischer Mann mit Erinnerungen aus dem Kalten Krieg. Da spricht kein Mann der Zukunft. Die Welt sollte sich nicht auf einen langen Kampf vorbereiten. Sie sollte darauf hinarbeiten, den Krieg mit Verhandlungen zu stoppen. Das ist eher möglich, als die US-Regierung glaubt. Die EU sollte vorrangig auf eine Verhandlungslösung setzen und zusammen mit der Ukraine Vorschläge für eine Einigung machen. Wenn die Vorschläge der EU und der Ukraine vernünftig sind, werden sich die meisten Länder der Welt dahinter stellen.
    WELT: Das klingt, als würden Sie der USA Kriegstreiberei vorwerfen.
    Sachs: Die USA betreiben Expansionspolitik. Das ist der Geist in Washington. Der USA geht es um die Vorherrschaft in der Welt. Ich frage Sie: Wer denkt denn noch so im 21. Jahrhundert?
    WELT: China?
    Sachs: Nein. China sagt immer, dass es eine multipolare Weltordnung anstrebt. Das müssen wir glauben. Die US-Regierung redet über die Bedeutung der US-Vorherrschaft. Das ist ein echtes Problem.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung JK: Sehr interessantes und kluges Interview. Leider hinter Bezahlschranke. Sachs bestätigt, dass die USA aus der Ukraine eine Art Super-Afghanistan für Russland machen wollen. Solange die Ukraine Waffen bekommt, wird diese weiter kämpfen. Was auch die Skrupellosigkeit der US-Marionette Selenskij zeigt, der offensichtlich tausende, wenn nicht zehntausende Tote einfach in Kauf nehmen würde. Die Folgen muss neben der Ukraine vor allem Europa ausbaden. Die Bundesregierung sollte sich dieses Interview einmal genau durchlesen.

  5. Völkerrecht als Sanktion?
    Seit gut einem Monat ist wieder Krieg in Europa. Es ist nicht der erste nach dem Zweiten Weltkrieg, was derzeit gern vergessen wird. Es ist auch nicht der erste in der Welt, an dem die Nato und insbesondere Deutschland beteiligt sind. Aber bei keinem dieser Kriege wurde so schnell nach der Hilfe des Völkerrechts und seiner internationalen Gerichte gerufen. (…)
    Weder in den Kriegen gegen Jugoslawien 1999, Afghanistan 2001, Irak 2003, noch Libyen 2011 oder Syrien 2014 wurde der Ruf nach dem Völkerrecht so laut und nachdrücklich wie jetzt. Und vor allem richtete er sich nicht gegen die Angreifer, sondern gegen die Opfer, ob berechtigt oder nicht: Milosevic, Saddam, Gaddafi, Assad. Drei sind tot, in der Haft verstorben, ohne Gerichtsverfahren exekutiert oder ermordet. Wie die Zukunft Assads aussehen wird, ist ungewiss. Auch ist ungewiss, ob Putin je vor ein internationales Strafgericht, wo er zweifellos hingehört, kommt. Die Untersuchungen, die der IStGH jetzt gegen Putin aufgenommen hat, werden auf jeden Fall nicht so enden, wie die Untersuchungen der vorletzten Chefanklägerin Fatou Bensouda gegen britische Soldaten wegen ihrer Gräueltaten im Gefängnis Abu Graib, Irak – alles schwere Menschenrechts- und Kriegsverbrechen. Sie stellte die Untersuchungen ein, da die Behörden des Vereinigten Königreiches alle notwendigen Verfolgungsmaßnahmen selbst vorgenommen hätten. Außerdem seien etliche Vorwürfe zu geringfügig. Sie überließ es also den britischen Gerichten, über britische Soldaten zu urteilen. Die Soldaten werden es ihr gedankt haben.
    Quelle: Norman Paech in Ossietzky
  6. Imran Khan takes on America
    The government in Pakistan has alleged that Sunday’s no-confidence motion to oust Prime Minister Imran Khan from power was masterminded in Washington
    After a humiliating defeat in Afghanistan and loss of credibility over Ukraine, the era of US unipolarity seems to be entering its terminal phase, marked by lashing out ferociously in all directions. The most recent of these offensives occurred last week when the government of Pakistan alleged that Washington was trying to engineer regime change in Islamabad.
    This time the US was caught red handed. The claim was not made via a leak or a fringe observer, but by the prime minister of Pakistan, Imran Khan, himself. While the US State Department has denied any involvement, the political drama has only just begun.
    Emerging from a crucial meeting of Afghanistan’s neighbors, China’s top diplomat took a public whack at Washington’s behavior. Foreign Minister Wang Yi said that China will not allow the US to drag smaller nations into conflict and sharply rebuked the ‘US Cold War mentality.’ Beijing is determined not to allow the US to steal Pakistan from its inner circle of vital Asian partners that today include Russia, Iran, Afghanistan, and others.
    Quelle: The Cradle.co

    dazu: Regierungskrise in Pakistan: Wie wurde Imran Khan im Westen auf einmal zum Bösewicht?
    Unter der Khan-Regierung hat Pakistan in letzter Zeit versucht, sich für eine multipolare Welt einzusetzen, frei von der Hegemonie der USA. Das Land ist der bevölkerungsreichste muslimische Staat und eine nuklear bewaffnete Nation, die ihre historische Rivalität mit Indien aufrechterhält. Inmitten des Ukraine-Krieges warten nun turbulente Zeiten auf das Land. Aber warum?
    Quelle: RT DE

  7. Friedensbewegung: Linke formiert sich
    Italien: Proteste gegen Waffenlieferungen an Ukraine. »Europäisches Forum gegen den Krieg« in Rom
    In Italien wird seit Wochen gegen das Anheizen der Kriegshysterie, Waffenlieferungen an die Ukraine und höhere Militärausgaben protestiert. Am Wochenende versammelten sich in Rom Vertreterinnen und Vertreter mehrerer linker und kommunistischer Parteien zu einem »Europäischen Forum gegen den Krieg«. In die Hauptstadt eingeladen waren unter anderem Claudia Haydt von der Partei Die Linke, die Generalsekretärin der spanischen Linkspartei Podemos, Ione Belarra, Gaël de Santis vom französischen PCF und der Ehrenpräsident der Demokratischen Partei der Völker (HDP) aus der Türkei, Ertugrul ­Kürkcü. Organisiert worden war die Veranstaltung vom italienischen antikapitalistischen Bündnis »Potere al Popolo« (Die Macht dem Volke) und der Kommunistischen Wiedergründungspartei (PRC).
    Dabei sprachen sich die Teilnehmenden »gegen Krieg, Waffenlieferungen, Sanktionen, für Frieden und für eine diplomatische Lösung des Konflikts« aus. Sie bekundeten, »ein Europa des Friedens aufbauen« zu wollen, das sich nicht den militärischen Interessen der NATO unterwirft, wandten sich gegen die »Doppelmoral« des Westens und forderten, dass »kein einziger Euro mehr für Militärausgaben ausgegeben wird, weil Gesundheit, Bildung und Forschung längst überfällige Großinvestitionen erfordern«, berichtete das linke Onlineportal Contropiano, das selbst an der Versammlung beteiligt gewesen war.
    Quelle: junge Welt
  8. Berliner Forscher: EU verschwendet die Hälfte der ukrainischen Weizenexporte
    Angesichts des Krieges in der Ukraine fordern Wissenschaftler verschiedenster Institutionen einen Umbau des weltweiten Nahrungsmittelsystems.
    Von der Ukraine ist mitunter als „Kornkammer Europas“ die Rede. Die dortigen humusreichen Schwarzerde-Böden gehören zu den besten Ackerflächen der Welt. Das Land exportiert etwa 70 Millionen Tonnen Getreide pro Jahr – Weizen, Mais und andere Sorten. Doch durch den Krieg werde das Land in diesem Jahr wohl als Exporteur ausfallen, sagen Ökonomen. „Die Lage ist schlimm, in einigen Ecken katastrophal. Mit einer Aussaat rechnen wir noch nicht mal“, zitierte jüngst der Deutschlandfunk den ukrainischen Agrarunternehmer Alex Lissitsa. Hinzu kommt, dass Russland und die Ukraine führende Exporteure von Düngemitteln und Ölsaaten sind. Letztere sind Samen, aus denen man Sonnenblumen-, Raps-, Soja- und Leinöl gewinnt.
    Aus Anlass des Kriegs in der Ukraine fordern Forschende aus Berlin und Potsdam, generell über das „weltweite Nahrungsmittelsystem“ nachzudenken. „Wir brauchen eine Transformation des Ernährungssystems – angesichts des Ukraine-Kriegs jetzt mehr denn je“, ist (aus dem Englischen übersetzt) eine Erklärung überschrieben, die von Autorinnen und Autoren des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der University of Oxford und dem Thünen-Institut Braunschweig gemeinsam veröffentlicht wurde. Bisher sollen sich mehr als 600 Fachleute aus verschiedenen Ländern dem Anruf angeschlossen haben.
    Quelle: Berliner Zeitung
  9. Tropfen auf den heißen Stein
    Freigabe der Ölreserven: US-Regierung will Rückwirkungen ihrer antirussischen Embargopolitik mit unzulänglichen Maßnahmen abfedern
    Der Schritt wurde von vielen Medien als »historisch« bezeichnet. Doch die jüngsten Anordnungen der US-Regierung zur Entlastung des internationalen Erdölmarkts haben nur zu einem geringfügigen Sinken der Preise geführt. Der wichtigste Orientierungswert Brent wurde am Montag mittag mit 106 US-Dollar pro Barrel notiert. Vor Beginn des Ukraine-Kriegs am 24. Februar lag er bei 95 US-Dollar pro Barrel. Experten bezweifeln zudem den mittel- und langfristigen Effekt der Maßnahmen. Ein Anschließen der EU an das totale Einfuhrverbot der USA für russisches Öl und Erdgas, über den immer aggressiver gesprochen wird, hätte voraussehbar schwerste wirtschaftlichen Folgen, die nicht mehr aufgefangen werden könnten.
    US-Präsident Joseph Biden hatte am Donnerstag bekanntgegeben, dass in den nächsten sechs Monaten insgesamt 180 Millionen Barrel Öl aus der Vorratshaltung »Strategic Petroleum Reserve« (SPR) der USA zum Verkauf freigegeben werden – eine Million Barrel für jeden einzelnen Tag. Das ist der größte jemals erfolgte Zugriff auf die SPR, seit diese 1975 als Reaktion auf das Ölembargo der arabischen Staaten geschaffen wurde. Zuvor hatte Biden schon zwei kleinere Entnahmen aus der strategischen Reserve veranlasst: Im November 2021 wurden 50 Millionen Barrel freigegeben, und im März des laufenden Jahres beteiligten sich die USA mit 30 Millionen Barrel an der Aktion von rund 30 Staaten, dem Weltmarkt insgesamt 60 Millionen Barrel aus ihren Reserven zur Verfügung zu stellen.
    Quelle: junge Welt
  10. Die Rivalen ausspielen
    EU versucht, China und Russland weiter zu isolieren und einen Keil zwischen sie zu treiben – kein gutes Omen für westliche Firmen
    Sorgen ruft das allerdings auch in der deutschen Wirtschaft hervor, für die ihr China-Geschäft in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Bereits die Tatsache, dass es auf dem EU-China-Gipfel nicht gelungen ist, Fortschritte in Richtung auf die Umsetzung des EU-China-Investitionsabkommens zu erzielen, ist für Firmen aus Europa mit Interessen in der Volksrepublik kein gutes Omen. Die Perspektive, der Westen könne unter Umständen China wie Russland mit Sanktionen zu isolieren suchen, treibt inzwischen manche Unternehmen zur Suche nach Alternativen – allerdings nicht alle. Volkswagen hat Mitte März mitgeteilt, man werde die Konzerntätigkeiten in Europa wegen der hiesigen Instabilität zurückfahren müssen und sie auf anderen Kontinenten ausbauen – in den USA, vor allem aber in China.
    Wie sich die Dinge unter Umständen entwickeln können, zeigt die am Freitag auch von der EU aufgestellte Behauptung, China könne Russlands Kriegführung mit der Lieferung von Waffen oder anderen kriegswichtigen Gütern direkt unterstützen. Beijing weist den Vorwurf, für den es nicht den geringsten Beleg gibt, kategorisch zurück. Das wird den Westen jedoch kaum daran hindern, ihn weiter zu erheben und mit ihm bei Bedarf Sanktionen zu begründen.
    Quelle: junge Welt
  11. Der Krieg und das Klima
    In der Bundesrepublik entfaltet sich eine kontroverse Debatte über die klimapolitischen Folgen der russischen Invasion in die Ukraine sowie der Reaktion des Westens auf sie. So fordert etwa der Vorsitzende der Deutschen Energieagentur, Andreas Kuhlmann, der Ukraine-Krieg müsse zu einem „Umdenken bei der Energiewende“ führen; es werde nötig sein, stärker auf Kohle zu setzen als zuletzt geplant. Konservative Medien loben einen bemerkenswerten „grünen Realitätssinn“, der sich unter anderem darin äußere, dass Bundeswirtschafts- und -klimaminister Robert Habeck bereit sei, den Klimaschutz zugunsten außen- und militärpolitischer Vorgaben zurückzustellen. Führende EU-Vertreter hingegen werben dafür, radikal auf die Nutzung „grünen“ Wasserstoffs als Energieträger umzuschwenken. Beobachter weisen allerdings darauf hin, dass bereits eingeplante Wasserstofflieferanten in Nordafrika und im Nahen und Mittleren Osten die aktuell gewonnene Energie für ihren Eigenbedarf benötigen. Kritiker warnen, die Welt könne sich angesichts der Klimakrise den neuen globalen Rüstungswettlauf nicht leisten.
    Quelle: German Foreign Policy
  12. Tricksereien im Bundestag
    Eine Anhörung zur Dauer des Genesenenstatus bei Corona soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und der Videomitschnitt erst nach Ende der Impfpflicht-Entscheidung zu sehen sein.
    Stell dir vor, es ist Anhörung und keiner kriegt’s mit. Kurzfristig hat der Gesundheitsausschuss im Bundestag auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion eine weitere Anhörung zum Thema Corona anberaumt. Kommenden Mittwoch, 6. April, soll es um die Dauer des Genesenen-Status nach einer Infektion oder einer Erkrankung wegen Corona gehen. Eine ziemlich spezielle Frage, wie es scheint, aber eine, die mit dem Infektionsschutz-Gesetz wie mit der Corona-Impfpflicht zusammenhängt. […]
    Erwähnenswert ist, dass im Bundestag, noch ehe das IfSG beschlossen war, die Bundestagspräsidentin in Sachen Genesenen-Status bereits Fakten geschaffen hatte. Sie verfügte, dass in den Räumlichkeiten des Parlamentes bereits seit dem 14. März dieser Genesenen-Status nur für den Zeitraum von drei Monaten Gültigkeit habe. Eine Entscheidung ohne jegliche gesetzliche Grundlage und ohne Respekt vor den verschiedenen Gerichtsbeschlüssen. Bärbel Bas hat damit nicht nur eine Art Privatrecht geschaffen, sondern auch eine Weichenstellung vorgenommen – ganz corona-konform im Sinne ihres Genossen Gesundheitsminister.
    Corona-technisch ist jedenfalls klar, dass die Dauer des Immunschutzes für Genesene und die Frage einer allgemeinen Impfpflicht inhaltlich zusammenhängen. Denn je länger dieser Immunschutz, desto weniger notwendig auch die Impfung. Womit wir wieder zur anstehenden Bundestags-Entscheidung über die Impfpflicht kommen. Die steht am Donnerstag, 7. April, um 9 Uhr auf der Tagesordnung des Bundestags.
    Am Tag zuvor, Mittwoch, 6. April, wurde nun kurzfristig und auf Antrag der Union die Anhörung zur Dauer des Immunstatus von Corona-Genesenen anberaumt. Die Fraktion verlangt explizit, die Dauer des Genesenen-Status wieder auf 180 Tage anzuheben und an die europäischen Regelungen anzugleichen.
    Die Union begründet ihren Antrag unter anderem mit der Intransparenz der getroffenen Entscheidung im IfSG. Bemerkenswert ist auch das Verfahren, einen einzelnen Punkt eines Gesetzes nachträglich zu ändern. Allerdings gilt das genauso für die andere Seite: Denn Gesundheitsminister Karl Lauterbach agitiert bereits für die vierte Corona-Impfung, während im IfS-Gesetz steht, dass ein vollständiger Immunschutz nach der dritten Impfung erreicht sei. Droht also auch von dieser Seite eine punktuelle Gesetzesänderung?
    Quelle: Krass & Konkret
  13. Was das Scheitern der Impfpflicht ab 18 Jahren bedeutet
    Die nun abgesagte Zwangsregelung war nur ein Placebo erfolgloser Krisenmanager. Ihre Argumentation barg zudem stets eine Gefahr für die Demokratie. Ein Kommentar
    Wenige Tage vor der Abstimmung im Bundestag über eine vor allem von der SPD geforderte allgemeine Impfpflicht für Personen ab 18 Jahren ist das Vorhaben erwartungsgemäß beerdigt worden. Die Abgeordnetengruppe, die diesen Vorschlag als eine von fünf Beschlussvorlagen unterbreitet hatte, machte nun einen Rückzieher. Und das ist gut so.
    Denn angesichts einer gesundheitspolitisch wie verfassungsrechtlich fragwürdigen Begründung hätte die allgemeine Impfpflicht die ohnehin lavierende Pandemiepolitik der letzten beiden Bundesregierungen endgültig an die Wand gefahren.
    Aber ist das nun der Befreiungsschlag? Ein am heutigen Montag kursierender Kompromissvorschlag, der im Original auch Telepolis vorliegt, sieht eine verpflichtende Impfung für Personen ab einem Lebensalter von 50 Jahren vor. Alle jüngeren Personen ohne Impfpflicht müssen demnach ab 18 Jahren die Teilnahme an einer Pflichtberatung nachweisen, um ihre Grundrechte den Geimpften gleichwertig wahrnehmen zu können.
    Verfassungsrechtler und seriöse Kritiker der allgemeinen Impfpflicht aus anderen Fachbereichen haben in den vergangenen Wochen und Monaten wiederholt darauf verweisen, dass zahlreiche Faktoren eine solche gesetzliche Zwangsregelung angreifbar gemacht hätten:
    Quelle: Telepolis
  14. Immer mehr Arztketten: Schadet Monopolisierung der Augenheilkunde?
    Internationale Finanzinvestoren haben in den vergangenen Jahren Hunderte Augenarztpraxen in Deutschland gekauft. In mehreren Städten und Landkreisen sind nach NDR-Recherchen bereits monopolartige Strukturen entstanden.
    Quelle: Tagesschau
  15. Das gute Leben für alle: „Armut ist kein Naturgesetz“
    Über soziale Politik, Hürden für Arbeiter*innenkinder und Allianzen: Sarah-Lee Heinrich, die Bundessprecherin der Grünen Jugend, im Gespräch […]
    Eine gute soziale Politik, wie würde die für Sie aussehen?
    Dass niemand in Armut lebt und dass alle Menschen ein gutes Leben haben: Einem Job nachzugehen, den du liebst, mit dem du etwas Positives zum Gemeinwohl beitragen kannst, bei dem du gut verdienst und gute Arbeitsbedingungen hast. Eine soziale Politik heißt für mich, dass die Dinge, die wir zum Leben brauchen, auch Grundbedürfnisse sind, dass damit keine Profite gemacht werden. Die Grüne Jugend hat keinen Hehl daraus gemacht: Wir finden den Koalitionsvertrag, besonders den Sozialteil, nicht gut. Hartz IV wird nicht abgeschafft, es gibt keine ordentliche Mietpreisbremse und keine Bürgerversicherung. Ich erwarte, dass die Grüne Partei das soziale Korrektiv in der Ampel ist und sich für soziale Belange einsetzt, wenn das die SPD nicht hinbekommt. Dafür kämpfe ich mit der Grünen Jugend.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Für mich überraschend, gar nicht schlecht, was die Vorsitzende der Grünen Jugend zu sagen hat, wenn auch mit der typischen Illusion behaftet, dass die Position der Grünen Jugend irgendeine Rolle für die Grüne Regierungspolitik spielte. Auch ist widersprüchlich und widersinnig, dass die Grüne Jugend diesem hier zu Recht scharf kritisierten Koalitionsvertrag erst zugestimmt hat, um ihn dann hinterher reparieren zu wollen.

  16. Alle Jahre wieder: Blackout-Alarm in Frankreich
    Das Land hat aber viel Glück gehabt, dass die Kältewelle erst im April kam, denn nun können erneuerbare Energien die Stromlücke zum Teil schließen
    Wieder einmal steht Frankreich vor einer “angespannten” Situation bei der Stromerzeugung, weshalb der Netzbetreiber RTE erneut zum Stromsparen aufgerufen hat.
    So war die Lage zunächst am Montagvormittag kritisch, weshalb RTE daran erinnert, dass die “Haushalte, Unternehmen oder Gemeinden” dazu beitragen können, den “Stromverbrauch zu senken”, indem der Verbrauch an den “erwarteten Spitzenverbrauch” angepasst wird. Man solle zum Beispiel “die Nutzung von Haushaltsgeräten eher auf dieses Wochenende als auf Montag” vorverlegen”, hieß es in der Pressemitteilung vom Samstag.
    Die Franzosen, die oft mit Strom oft schlecht gedämmte Wohnungen beheizen, sollten vor allem am Montag zwischen 6 Uhr und 12 Uhr den Verbrauch trotz der Kältewelle senken. Schon im Winter hatte RTE gewarnt, dass es zu Problemen kommen könnte, wie Telepolis berichtet hatte. Tatsächlich wurde der erwartete Peak von 73 Gigawatt nicht erreicht, sondern gegen 9 Uhr 15 nur gut 71 Gigawatt registriert.
    Dabei ist die Lage ist derzeit nicht einmal extrem zugespitzt, obwohl 27 der 56 meist altersschwachen Atomreaktoren nicht verfügbar sind.
    Quelle: Telepolis


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