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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 21. April 2022 um 8:40 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Das Gedenken der Wehrhaften
  2. Vom Schachbrett zum Schlachtfeld
  3. »Lass im Dorf die Ziehharmonika klingen!«
  4. Türkische Grossoffensive: Beklemmendes Schweigen des Westens
  5. “Deutschland und Frankreich sollten in der Nato eine eigene Stimme erheben”
  6. Klimawende statt Gasembargo
  7. Assange darf ausgeliefert werden
  8. Wie die künftige internationale Geldordnung aussehen könnte und was das für den Euro bedeuten würde
  9. Familien mit niedrigem Einkommen leiden aktuell am stärksten unter Inflation
  10. Arbeitsminister Heil kündigt neues Rentenpaket an
  11. Gerade einmal zwölf Fahnder für ganz Hessen
  12. Amazon hat 2021 keine Steuern in Europa gezahlt
  13. Florence Gaub bei Markus Lanz: Vielleicht sind Russen ja doch auch Europäer?
  14. Das Letzte: Zur Mai-Demo nur mit Maske

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Das Gedenken der Wehrhaften
    Im Schatten der militärischen Formierung des Westens gegen Russland zeichnet sich eine Verschiebung in der offiziellen Berliner Gedenkpolitik ab. Dies ergibt sich aus den Terminplänen für die Reise von Außenministerin Annalena Baerbock in die drei baltischen Staaten, die gestern in Lettland begonnen hat. Neben ihren Gesprächen bei militärischen Stellen will Baerbock heute in Estland ein Denkmal für die Opfer des Kommunismus besuchen; ein Gedenken aber an die Opfer der NS-Besatzer und baltischer Kollaborateure, durch deren Terror fast die ganze jüdische Bevölkerung zu Tode kam, ist nicht eingeplant. Aus Rücksicht auf die baltischen Staaten hat die Bundesregierung bereits in der Vergangenheit einer Resolution der UN-Generalversammlung wiederholt nicht zugestimmt, die sich gegen die Verherrlichung des Nationalsozialismus und seiner Kollaborateure richtet. Einheimische NS-Kollaborateure werden in allen drei baltischen Staaten öffentlich geehrt. Baerbock erklärte vor ihrer Reise, aktuell gehe es vor allem um „Wehrhaftigkeit“ gegenüber Russland; dazu lasse sich im Baltikum viel lernen.
    Quelle: German Foreign Policy
  2. Vom Schachbrett zum Schlachtfeld
    Hoffnung kam auf, als der ukrainische Präsident Selenskij Anfang März Friedensverhandlungen vorschlug: Er sei bereit, mit Russland über eine Neutralität des Landes zu verhandeln. Außerdem wolle er mit Moskau einen Kompromiss über den Status der abtrünnigen Gebiete Luhansk und Donezk finden. Aber das waren doch wesentliche Forderungen Moskaus, über die zu verhandeln Anfang des Jahres vom Westen abgelehnt worden war! Auch die Umsetzung der Minsker Verträge wurde schon seit Jahren von der Ukraine verweigert. Im letzten Dezember hatten deutsche Ex-Diplomaten und -Militärs dringend die »Anerkennung der Sicherheitsinteressen beider Seiten« angemahnt, ohne jede Resonanz seitens der Nato-Länder; die Medien erwähnten den Aufruf nicht einmal. Fassungslos fragt man sich: Warum wurden alle diese Initiativen vor dem Krieg boykottiert? Hätte der Krieg durch Verhandlungen verhindert werden können? Verhandlungen wurden verweigert – nicht obwohl, sondern weil damit eine Eskalation entstehen musste.
    Auch jetzt, im Krieg, scheint der Westen nicht auf Verhandlungslösungen zu setzen. Während sich Russland und die Ukraine immerhin zu Gesprächen in der Türkei treffen, schwören die westlichen Vorkämpfer die Menschen auf einen langen Krieg ein. Wie schon zuvor wirtschaftlich, scheinen westliche Führer auch militärisch eine Globalstrategie auf Kosten der Menschen zu verfolgen: Ein langer Krieg schwächt Russland, während die Ukraine zwar zerstört wird, aber in jeder Hinsicht in westlich orientierter Abhängigkeit bleibt.
    Kritische oder gar pazifistische Stimmen haben es schwer, denn sie stehen nicht auf der Seite der Guten. Es macht nachdenklich und betroffen: Woher kommt die moralische Selbstgewissheit, den Feind hassen zu dürfen, ja, zu müssen – wie vor dem ersten Weltkrieg? Denn es geht nicht nur um die Verurteilung des Angriffskrieges, schon gar nicht um Suche nach Ursachen und Lösungen. Es geht um Empörung und Hass und Feindschaft. Als wären viele erleichtert, nicht die perverse Dissonanz aushalten zu müssen, zwar zu der selbsternannten Wertegemeinschaft der Demokraten und Verteidiger der Menschenrechte zu gehören, aber dabei zu erleben, wie diese »Guten« ganz ungehemmt Länder überfallen, foltern, ganz selbstverständlich die Weltherrschaft beanspruchen und Völkerrecht und UN-Charta verachten.
    Es ist diese Heuchelei, die fassungslos macht.
    Quelle: Ossietzky 08/0222
  3. »Lass im Dorf die Ziehharmonika klingen!«
    Reportage von einem Besuch im Kriegsgebiet Donbass. Von Ulrich Heyden
    Als ich Ende März das Angebot von der Presseabteilung des russischen Verteidigungsministeriums bekam, mich an einer Journalistenreise in den Donbass zu beteiligen, habe ich nicht lange gezögert und zugesagt. In kurzer Zeit ohne langen Organisationsaufwand einen Einblick in die Folgen des Krieges zu bekommen, war für mich verlockend. Ich mache Reisen in die international nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk in der Regel auf eigene Faust, um dort nur an bestimmten Tagen an Frontexkursionen bei den Truppen der »Volksrepubliken« teilzunehmen. Denn natürlich ist es wichtig, auf einer Reise auch Menschen auf der Straße zu befragen. Nur so wird das Bild wirklich rund. Ich schicke diese Worte voran, damit der Leser Bescheid weiß, unter welchen Umständen folgende Reportage zustande gekommen ist.
    Quelle: Ulrich Heyden in junge Welt
  4. Türkische Grossoffensive: Beklemmendes Schweigen des Westens
    «Wertegemeinschaft» bleibt stumm: Trotz eines Angriffskriegs wagt der Westen die Türkei nicht einmal zu kritisieren.
    Seit dem frühen Montagmorgen, 18. April, führt die Türkei einen Angriffskrieg in der Luft und am Boden gegen kurdische Kämpfer in benachbarten Nordirak. Artillerie, Kampfflugzeuge und Hubschrauber seien an den «Angriffen auf Lager, Tunnel, Munitionsdepots und Unterstände beteiligt», teilte das Verteidigungsministerium mit. Kommandos und Spezialeinheiten würden anschliessend per Hubschrauber in die Region geflogen: «Unsere Operation wird wie geplant erfolgreich fortgesetzt», erklärte Verteidigungsminister Hulusi Akar der Presse. Dabei liess er sich im Hauptquartier der Luftwaffe in Ankara ablichten, flankiert von seinen Stabschefs. «Die Terroristen müssen begreifen, dass sie sich nirgendwo verstecken können; sie müssen sich ergeben, da ihr Ende gekommen ist».
    Quelle: Infosperber
  5. “Deutschland und Frankreich sollten in der Nato eine eigene Stimme erheben”
    Die aktuelle Krise der EU und neue Chancen für Kerneuropa? – Interview mit Klaus von Dohnanyi, Teil 3
    Zu wenig Selbstbewusstsein, zu wenig Sinn für Geschichte und historisch gewachsene Zusammenhänge – in seinem Buch “Nationale Interessen” skizziert der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt, Klaus von Dohnanyi, die komplizierte Lage des europäischen Kontinents. “Vereinigte Staaten von Europa” seien nicht wünschenswert, Vielfalt sei gut, Vielstimmigkeit problematisch.
    Hier der dritte und letzte Teil unseres Gesprächs mit Klaus von Dohnanyi, in dem es um den “Kerneuropa”-Gedanken geht, und darum, was sich aus der schleichenden Relativierung der amerikanischen Macht ergibt? Vor allem in Asien. […]
    Leider halte ich angesichts der Entwicklungen in Osteuropa heute auch ein “Kerneuropa” für kaum noch realisierbar. Die Staaten der EU, die nach dem Fall der Mauer nach Europa zurückkehren konnten, verfolgen mit US-amerikanischer Unterstützung eine europäische Außenpolitik, die sehr einseitig von ihren besonderen Erfahrungen unter russischer Herrschaft geprägt wurde. Das ist verständlich, aber diese Politik wird ja Russland nicht von der europäischen Landkarte streichen können.
    Es ist paradox: Ohne die mutigen Leipziger Montagsdemonstrationen wäre vielleicht die Mauer nicht gefallen, der Warschauer Pakt nicht aufgelöst und das Baltikum nicht frei geworden. Und doch würden diese Länder heute eine Ostpolitik nach dem Modell Willy Brandts innerhalb der EU und der Nato entschlossen blockieren. Deutschland leistete zur Freiheit Europas einen entscheidenden Beitrag – und verlor dabei zugleich die seinen Interessen entsprechende außenpolitische Handlungsfreiheit!
    Quelle: Telepolis
  6. Klimawende statt Gasembargo
    Ein Gasembargo kann Putins Krieg nicht stoppen. Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren und Preissteigerungen auf Kosten kleiner Einkommen zu vermeiden, brauchen wir eine Energiewende. […]
    Viele Stimmen aus Wissenschaft, Gesellschaft und Politik behaupten, Deutschland finanziere Putins Krieg. Wenn Deutschland aufhören würde, russisches Gas zu importieren, müsse Putin früher oder später den Krieg beenden, so das Argument. Der erste Punkt ist schlichtweg falsch und der zweite unabsehbar. […]
    Dennoch wird vielerorts Moralismus vorgetragen. So befand Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, man könne in diesen Tagen auch mal frieren für die Freiheit – ganz so, als könnten Einzelpersonen den Gesamtgasverbrauch beeinflussen. Der private Gasverbrauch betrug 2020 gerade einmal 30 Prozent. Ähnlich moralisch argumentiert VWL-Professor Rüdiger Bachmann, wenn er erklärt, dass man Griechenland in eine viel größere Krise geschickt habe und Deutschland sich nun zu fein sei, ein paar Prozente BIP-Abschlag hinzunehmen. Auch das falsche Verständnis von Staatsfinanzen, welches besagt, dass Deutschland Putins Krieg finanzieren würde, ist moralisch motiviert – es impliziert eine Mitschuld.
    Quelle: Jacobin

    dazu auch: Klimaschutz? Doch nicht jetzt: Fracking gilt plötzlich als Zukunfts-Technologie
    Europas Nachfrage nach Flüssiggas sorgt für einen unerwarteten Boom in den USA. Auch chinesische Unternehmen haben in letzter Zeit langfristige Abkommen für LNG-Lieferungen unterzeichnet
    Es ist noch einmal ein riesiges Unterfangen nach all den Jahren des Vertrauens auf fossile Energie. Wegen des Ukraine-Krieges sollen Exporte von Flüssiggas aus den USA die Europäische Union von Importen aus Russland befreien. Das jedenfalls sieht die von Joe Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verkündete „Erklärung zur Sicherheit der europäischen Energieversorgung“ vor.
    Nur fällt es schwer, Rhetorik und Wunsch mit der Realität der US-Erdgaswirtschaft unter einen Hut zu bringen. Probleme gibt es bei den Kapazitäten für Flüssiggas, das „Liquefied Natural Gas“ (LNG). Vor allem Kosten- und Finanzierungsfragen bleiben offen. Die auch in den USA umstrittene Fördermethode des „Fracking“ jedenfalls wird „rehabilitiert“. Für den größten Flüssiggasproduzenten Cheniere Energy im texanischen Houston und den Rest der Gasindustrie sind das gute Nachrichten. Die russische Invasion beflügelt die fossilen Interessen in den USA. Das Wirtschaftsmagazin Fortune zitierte eine Analystin der Beratungsfirma Rystad Energy, „die Chance für das amerikanische Flüssiggas“, das sei einer der „wenigen positiven Punkte“ dieser tragischen Situation in der Ukraine. Die USA seien bestens vorbereitet, „europäischen und anderen Nationen zu helfen, ihren Energiebedarf zu decken, verspricht ebenfalls in Fortune Mike Sommers, Präsident des Interessenverbandes American Petroleum Institute. Das käme nicht von ungefähr. Mit der Technologie des Hydraulic Fracturing (Fracking) und mit horizontalen Bohrungen hätten die USA neue Erdgasquellen erschlossen und seien weltweit zum „Energiedynamo“ geworden, erläutert Sommers. Fracking sei eine „mächtige Waffe gegen Russland“, heißt es in einem Kommentar bei bloomberg.com.
    Quelle: der Freitag

  7. Assange darf ausgeliefert werden
    Ein Londoner Gericht erließ den Auslieferungsbeschluss, dem allerdings die britische Innenministerin Priti Patel zustimmen muss. Sollte sie die Auslieferung billigen, können die Anwälte Assanges noch Berufung vor dem Obersten Gericht einlegen.
    Ein britisches Gericht hatte die Auslieferung Anfang 2021 aufgrund der labilen psychischen Gesundheit Assanges zunächst untersagt. Sein Anwalt Edward Fitzgerald argumentierte damals, dass ihn die Aussicht auf Auslieferung in den Suizid treiben könne.
    Die Linken-Abgeordnete Sevim Dağdelen kommentierte auf Twitter: Die fortgesetzte Haft von Assange sei ein Verbrechen, für das die britische und die US-Regierung verantwortlich seien. Wenn Menschenrechte und Pressefreiheit noch etwas wert sein sollten, müsse die britische Regierung die Auslieferung von Julian Assange an die USA verweigern.
    Quelle: taz

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu u.a. auch Untersuchungshäftling Julian Assange seit drei Jahren im Hochsicherheitsgefängnis.

    dazu: Ob Moskau oder London – Pressefreiheit bleibt Pressefreiheit
    Jetzt ist er da, der Auslieferungsbescheid für den Journalisten Julian Assange. Die britische Innenministerin Priti Patel hat nun das letzte Wort. Sie entscheidet damit auch darüber, ob im Westen gilt, was wir in Putins Russland vermissen.
    Wer heute darauf hinweist, dass es vor Butscha, Kramatorsk und anderen ukrainischen Orten, an denen wir noch auf Spuren grausamster russischer Kriegsverbrechen treffen könnten, andere Kriege gab, geführt auch von Armeen der Nato-Staaten, in denen Mitgliedern dieser Armeen Kriegsverbrechen begangen haben, relativiert nicht das große Leid der Ukrainer.
    Denn Kriegsverbrechen bleibt Kriegsverbrechen. Dasselbe gilt auch für den Hinweis, dass nicht nur in Putins Russland, wo das öffentliche Wort schon lange nicht mehr frei ist, Journalisten eingesperrt sind, weil sie es wagen, Kriegsverbrechen zu benennen und Beweise dafür präsentieren. Denn Pressefreiheit bleibt Pressefreiheit.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Man muss die WELT auch mal loben. Denn einen ähnlichen, klar für die Pressefreiheit positionierten Meinungsartikel zu Assange kann ich bei den großen Freiheitskämpfern vom SPIEGEL, von der FAZ und von der ZEIT nicht finden.

    dazu auch: Julian Assange soll laut Gericht an USA ausgeliefert werden – Innenministerin hat das letzte Wort
    Der WikiLeaks-Gründer Julian Assange soll laut Gerichtsurteil nach langwierigem Rechtsstreit an die USA ausgeliefert werden, um sich einer Anklage wegen Spionage zu stellen. Der formelle Auslieferungsbeschluss wurde nun ausgestellt. Die endgültige Entscheidung trifft die britische Innenministerin.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Moritz Müller: Der Filmemacher Juan Passarelli, der ein Freund von Assange ist, twitterte heute: “The judge stated #Assange has a right to appeal to the high court, and that if he were to exercise his right he would have to do it after Priti Patel has made her decision wether to extradite or not.” “Der Richter erklärte, dass #Assange das Recht hat, vor dem Obersten Gerichtshof Berufung einzulegen, und dass er von diesem Recht erst Gebrauch machen kann, wenn Priti Patel ihre Entscheidung über die Auslieferung getroffen hat.”

    und: U.K. Court Brings Assange One Step Closer to Extradition
    The court formally ordered the extradition of the WikiLeaks founder to the United States, but it still needs approval from a British cabinet minister and his defense can appeal to her directly.
    A London court on Wednesday ordered the extradition of the WikiLeaks founder Julian Assange to the United States, the latest but not the last step in a long-running battle in British courtrooms. […]
    Ms. Patel could block requests, the Home Office said, only for a tightly limited set of reasons. Two concerned people previously extradited or transferred to Britain from elsewhere. The others permitted her to avoid extraditing people who might face the death penalty, or who might be sent on to another country or charged with further, previously unannounced offenses.
    Quelle: New York Times

  8. Wie die künftige internationale Geldordnung aussehen könnte und was das für den Euro bedeuten würde
    Der Dollar als Weltwährung ist angezählt, spätestens seit der Westen die russischen Währungsreserven in Dollar und Euro eingefroren und viele russische Banken vom Zahlungsverkehrsnetz Swift abgehängt hat. Da stellt sich die Frage, wie die künftige Geldordnung aussehen wird. Welche Rolle wird digitales Zentralbankgeld, welche der Rubel und der Yuan spielen? Ein russischer Wirtschaftsstratege und Regierungsberater gibt eine recht plausible Antwort, die wenig Gutes für den Euro verheißen würde. (…)
    Der Ökonom Sergei Glasjew ist Berater des russischen Präsidenten Putin und Kommissar für Integration und Makroökonomie der Eurasischen Wirtschaftsunion (Russland, Belarus, Kasachstan, Armenien und Kirgistan). In einem Aufsatz hat er vor Kurzem einen Plan für ein vom Dollar unabhängiges Währungssystem des russisch-chinesischen Blocks skizziert.
    Es ist unklar, welchen Status dieser Plan hat, ob er von der russischen Regierung und noch mehr, ob er von der chinesischen Seite so gutgeheißen und verfolgt wird. Aber klar ist: auf Seiten Chinas und vor allem Russlands muss etwas in dieser Richtung passieren. Von daher ist dieser Plan allemal interessant.
    Quelle: Norbert Häring
  9. Familien mit niedrigem Einkommen leiden aktuell am stärksten unter Inflation
    Familien mit niedrigem Einkommen tragen aktuell die höchste Inflationsbelastung, Singles mit hohem Einkommen die geringste – und die Differenz ist deutlich größer als in den Vormonaten: Gemessen an den für diese Haushaltstypen repräsentativen Warenkörben sind die Preise im März 2022 um 7,9 Prozent bzw. um 6,0 Prozent gestiegen, während der Wert über alle Haushalte hinweg bei 7,3 Prozent lag. Auch für Alleinlebende mit niedrigen, höheren und mittleren Einkommen lagen die Raten mit 6,7 bis 7,0 Prozent im März etwas unterhalb der allgemeinen Preissteigerung. Dagegen sind auch Familien und Alleinerziehende mit zwei Kindern und mittleren Einkommen etwas überdurchschnittlich von der Teuerung belastet: Für diese Haushalte beträgt die Inflationsrate je 7,4 Prozent. Bei Familien mit höherem Einkommen verteuerte sich der haushaltsspezifische Warenkorb weniger stark – um 6,8 Prozent. Die haushaltsspezifische Inflationsrate für kinderlose Paare mit mittlerem Einkommen liegt bei 7,2 Prozent (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM, Link unten, und die Informationen zur Methode). Das ergibt der IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Er liefert monatlich die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Personenzahl und Einkommen unterscheiden.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  10. Arbeitsminister Heil kündigt neues Rentenpaket an
    SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, sie wollten das Mindestrentenniveau von 48 Prozent „dauerhaft sichern“. Das Rentenniveau drückt das Verhältnis der Rente zu den Löhnen aus. Rentenkürzungen oder eine Anhebung des Renteneintrittsalters schlossen die Ampelpartner aus. Stattdessen versprachen sie, für die Rentenkasse neues Kapital anzusparen – als dauerhaften Fonds, professionell verwaltet und global angelegt. Ein Kapitalstock von zehn Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln soll 2022 der erste Schritt sein. (…)
    Heil bekräftigte, zur Stabilität gehöre auch, dass die Finanzierungsgrundlagen der Rente am Arbeitsmarkt gesichert würden. „Dazu brauchen wir eine hohe Erwerbsbeteiligung und eine angemessene Lohnentwicklung.“
    Für den nun in Vorbereitung befindlichen ergänzenden Kapitalstock aus Steuermitteln versprach der Minister: „Das werden wir vernünftig anlegen.“ Insgesamt stabilisiere das Rentenpaket II das Rentenniveau und stärke langfristig die Sicherung der gesetzlichen Rente.
    Quelle: RND

    Anmerkung Christian Reimann: Das Mindestrentenniveau von 48 Prozent “dauerhaft sichern” zu wollen, klingt gönnerisch. Es ist jedoch für einen großen Teil der Arbeitnehmerschaft sehr oder sogar zu wenig. Der große Niedriglohnsektor wirkt sich auch auf das Rentenniveau aus. Über den Kapitalstock von zunächst zehn Milliarden Euro dürfte sich die Finanzbranche freuen. Und wenn das “professionell verwaltete und global angelegte” Geld an Wert verlieren sollte, dürfte insbesondere die Steuern zahlende Arbeitnehmerschaft erneut zur Kasse gebeten werden. Für diese finanzielle Umverteilung von unten nach oben ist mal wieder ein SPD-Minister federführend.

  11. Gerade einmal zwölf Fahnder für ganz Hessen
    Zwei Jahre lang wurde ein Obst- und Gemüsebetrieb im hessischen Gernsheim nicht kontrolliert. Mit fatalen Folgen. Aus dem jüngsten Lebensmittelskandal hat der Kreis Konsequenzen gezogen.
    Hätte der Lebensmittelskandal im südhessischen Gernsheim verhindert werden können, wenn sich das offenbar überlastete Veterinäramt des Kreises Groß-Gerau an die Taskforce Lebensmittelsicherheit des Landes Hessen gewandt hätte? Diese Frage muss nun geklärt werden. Denn obwohl der Obst- und Gemüsebetrieb Maus nach Auskunft des Veterinäramtes seit 2019 nicht mehr kontrolliert worden war, gab es nach übereinstimmenden Aussagen des hessischen Verbraucherschutzministeriums und des Darmstädter Regierungspräsidiums keine Anfrage an die Taskforce, den Kreis bei Lebensmittelkontrollen zu unterstützen.
    Dabei hatte das Land Hessen bereits 2006 die Taskforce Lebensmittelsicherheit als Sondereinheit beim Darmstädter Regierungspräsidium eingerichtet. Die insgesamt zwölf Fahnder sind für ganz Hessen zuständig und sollen so zu einer „Stärkung des Verbraucherschutzes“ und einer „Verbesserung der behördenübergreifenden Zusammenarbeit“ beitragen. Im Fall des Obstbetriebs Maus ist das offenbar nicht geschehen, was dazu führte, dass sich mehrere Menschen aufgrund unhygienischer Zustände mit Listerien infizierten und vier von ihnen erkrankten. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt gegen den Inhaber des Betriebs.
    Quelle: FAZ
  12. Amazon hat 2021 keine Steuern in Europa gezahlt
    Trotz Umsätzen von 51 Milliarden Euro vermeldete Amazon für sein europäisches Geschäft im vergangenen Jahr 1,2 Milliarden Verlust.
    Die in Luxemburg ansässige Amazon EU Sàrl hat für das Jahr 2021 in der EU keine Einkommenssteuer gezahlt. Das geht aus Unterlagen hervor, die Bloomberg vorliegen. Amazon EU Sàrl umfasst die Märkte in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Großbritannien, Schweden und den Niederlanden.
    Für das vergangene Jahr meldete die europäische Gesellschaft des Onlineversandhändlers Verluste in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Dadurch sei keine Steuer auf den Gewinn angefallen, dafür erhielt Amazon aber Steuergutschriften, die auf zukünftige Gewinne angerechnet werden können. Gleichzeitig stieg der Umsatz im Jahr 2021 auf 51,3 Milliarden Euro, 17 Prozent mehr als noch im Jahr 2020.
    Laut den internen Dokumenten beschäftigt Amazons luxemburgisches Unternehmen 6.899 Angestellte. Für den Verlust seien Ausgaben in Höhe von 37 Milliarden Euro für “Roh- und Betriebsstoffe” und 15 Milliarden an “externen Kosten” verantwortlich.
    Quelle: golem
  13. Florence Gaub bei Markus Lanz: Vielleicht sind Russen ja doch auch Europäer?
    Der völkerkundliche Ausritt der Politologin Florence Gaub jüngst bei Markus Lanz war, na ja, kritikwürdig. Ein paar politisch inkorrekte Gedanken dazu. […]
    Es geht also um den Russen an sich. Obwohl sich drei Viertel seines Volkskörpers auf dem Kulturkontinent befinden, passt er irgendwie nicht dazu. Wie das klingt. In einer deutschen Talkshow. Ich meine, es ist schon eine Weile her, dass hierzulande ähnliche Töne vor großem Publikum angeschlagen wurden. Mir steht es nicht zu, das Urteil der Fachfrau über die spezifische Rustikalität östlich siedelnder Ethnien anzuzweifeln. Sie ist Vizedirektorin des EU-Instituts für Sicherheitsstudien. Ich bin nur ein Schmierschmock und folge der Wissenschaft selbst dann, wenn sie mir vorkommt wie die Kunst der Feindbildhauerei.
    Eine Frage noch: Die Lebenserwartung in der Ukraine liegt ein Jahr unter dem russischen Wert. Bedeutet das, dass den Einwohnern von Mariupol der Tod ihrer Nachkommen und Nachbarn tendenziell noch etwas schnurzer ist als den Russen die Opfer unter ihren Tätern? Im Gegenzug kann ich der in Paris wirkenden Dr. Gaub mit ostdeutscher Regionalkenntnis dienen: Obwohl die Leute dort extrem europäisch aussehen, scheinen mir postmoderne Lebenszugänge auch in der Magdeburger Börde schwächer entwickelt. Aber immerhin, die Toten werden individuell bestattet. Das passiert sogar in Vorpommern. Ich war selbst dabei und sah graue Automaten weinen. Vielleicht haben sie Gefühle.
    Quelle: Berliner Zeitung
  14. Das Letzte: Zur Mai-Demo nur mit Maske
    Die Organisator:innen der Revolutionären 1. Mai-Demo haben angekündigt, sich gegen eine mögliche polizeiliche Anordnung zur Wehr zu setzen, die das Tragen von Mund-Nasen-Masken auf ihrer Demo untersagen würde. „Wir werden juristisch gegen jeglichen Versuch eines Maskenverbots vorgehen, denn die Gesundheit unserer Demo-Teilnehmer:innen ist für uns, im Gegensatz zur Berliner Polizei, keine Verhandlungsmasse“, so Bündnissprecher Martin Suchanek. Die Veranstalte­r:innen rufen alle Teilnehme­r:innen dazu auf „Maske zu tragen und Abstände einzuhalten“.
    Zuvor hatte die taz darüber berichtet, dass die Polizei nach einer Gefahrenprognose für die Veranstaltung entscheiden will, ob bestimmte Gegenstände per behördlicher Anordnung untersagt werden können. Nach dem vor einem Jahr inkraft getretenen Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz ist es verboten, „Gegenstände zu verwenden, die zur Identitätsverschleierung geeignet sind“. Dies gilt jedoch nur, wenn diese „den Umständen nach“ darauf gerichtet sind, die „Feststellung der Identität zu verhindern“. Auf Anfrage der taz hatte die Polizei erklärt: „Das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung fällt grundsätzlich nur unter dieses Verbot, wenn es auf die Identitätsverschleierung ausgerichtet ist.“
    Quelle: taz

    Anmerkung JK: Reden wir vom 1. Mai oder vom 1. April? Was soll am jämmerlichen und peinlichen Festhalten des regierungsamtlichen Coronanarrativs revolutionär sein? Merkt man nicht, dass das Maskengebot so eingesetzt wird wie es der politischen Elite gerade passt? Das ist so irre, da findet man keine Worte mehr.


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