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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 25. Februar 2011 um 9:22 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Guttenberg; Angekaufte Daten-CDs Steuersünder sanieren Staatshaushalt; Schäuble will Schulden beschleunigt abbauen; Trotz Milliardengewinns: Commerzbank zahlt keine Zinsen auf Staatshilfen; Das schwarze Schaf; Diskussion um Hartz IV: Schmerzmittel – mehr nicht; EU-Gesetzentwurf: „Mindestlohn ausgehebelt“; Totale Unsicherheit; Druck, Schikane und Angst – ein Leiharbeiter packt aus; Pharma-Industrie Millionenbetrug bei HIV-Medikamenten; Neusprech heute: Der „Anreiz“; AWD-Mitarbeiter packen aus; Zehn Mann für den Cyber-War; Was Vorratsdaten über uns verraten; Bild im Iran: Dummheit und Gefahr; A revolution against neoliberalism? ; Das Allerletzte: Merkel – Mehr für Schutz geistigen Eigentums tun; zu guter Letzt: Springer (MB/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Guttenberg
  2. Angekaufte Daten-CDs Steuersünder sanieren Staatshaushalt
  3. Schäuble will Schulden beschleunigt abbauen
  4. Trotz Milliardengewinns: Commerzbank zahlt keine Zinsen auf Staatshilfen
  5. Das schwarze Schaf
  6. Diskussion um Hartz IV: Schmerzmittel – mehr nicht
  7. EU-Gesetzentwurf: „Mindestlohn ausgehebelt“
  8. Totale Unsicherheit
  9. Druck, Schikane und Angst – ein Leiharbeiter packt aus
  10. Pharma-Industrie Millionenbetrug bei HIV-Medikamenten
  11. Neusprech heute: Der „Anreiz“
  12. AWD-Mitarbeiter packen aus
  13. Zehn Mann für den Cyber-War
  14. Was Vorratsdaten über uns verraten
  15. Bild im Iran: Dummheit und Gefahr
  16. A revolution against neoliberalism?
  17. Das Allerletzte: Merkel – Mehr für Schutz geistigen Eigentums tun
  18. zu guter Letzt: Springer

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Guttenberg
    1. Guttenberg hat systematisch getäuscht
      Der Bremer Juraprofessor Fischer-Lescano rügt die Uni Bayreuth für den ungeprüften Titelentzug. Bundestagspräsident Lammert sieht die Übernahme von Bundestagsgutachten in Guttenbergs Dissertation deprimierend eindeutig.
      Quelle: Tagesspiegel
    2. Bundeswehr-Offizier nach Plagiatsfall degradiert
      Vor zwei Jahren ist ein Bundeswehr-Offizier degradiert worden, weil er an der Bundeswehr-Universität München eine plagiierte Examens-Arbeit eingereicht hat. Das teilte ein Sprecher der Hochschule der MZ mit. Die Anfertigung eines Plagiats gilt an Universitäten der Bundeswehr als dienstrechtliches Vergehen und kann disziplinarisch geahndet werden. „Die bei der Abgabe der Diplomarbeit vorgeschriebene Erklärung, dass die Arbeit selbstständig angefertigt wurde, ist eine dienstliche Meldung“, heißt es auf der Homepage der Bundeswehr-Universität München zum Thema Plagiate. „Entspricht sie nicht den Tatsachen, kann dies entsprechende Konsequenzen haben.“ Der Sprecher erklärte, dass Arbeiten abgeschrieben würden, komme „immer wieder mal vor“. Je nach Schwere der Fälle könne dies Geldstrafen oder Degradierungen nach sich ziehen. Werde nachgewiesen, dass eine eingereichte Arbeit von einem Ghostwriter stamme, sei „ein Offizier nicht mehr tragbar“.
      Quelle: Mitteldeutsche Zeitung online
    3. Schummeldissertationen in der Union: Gestern Kasper, heute Guttenberg
      Schummeldissertationen sind in der Union nichts Neues – erst 2010 wurde der CDU-Kommunalpolitiker Andreas Kasper in einem ähnlichen Fall drakonisch bestraft.
      Quelle: TAZ
    4. Uni Bayreuth prüft Täuschungsvorwurf gegen Guttenberg
      Nach der Aberkennung des Doktortitels prüft die Universität Bayreuth, ob Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Hochschule mit seiner fehlerhaften Arbeit bewusst getäuscht hat. “Einen Täuschungsvorsatz nachzuweisen ist sehr komplex und langwierig, zumal zu Guttenberg diesen Vorwurf bestreitet”, sagte Universitätspräsident Rüdiger Bormann. Die Kommission für die Selbstkontrolle der Wissenschaften an der Universität Bayreuth werde das Fehlverhalten des Ministers eingehend untersuchen und bewerten. Dies werde wohl einige Wochen dauern.  Das Ausklammern dieses strittigen Themas sei nötig gewesen, um zu einer zügigen Entscheidung zu kommen.
      Quelle: Zeit

      Anmerkung Orlando Pascheit: Offensichtlich waren die Kanzlerin und ihr Minister nicht darüber informiert, dass auch von offizieller Seite die Sache noch nicht ausgestanden war. Intern war die Haltung zu einer weitergehenden Prüfung zumindest strittig. Oder glaubten sie allen Ernstes einen offiziell des Täuschens Überführten weiterhin im Amt halten zu können? Die Kanzlerin hat, als sie von Bayreuther Entscheidung bei einer Veranstaltung der Stiftung Ordnungspolitik (!) in Freiburg erfuhr, noch gemeint: “Die Entscheidung der Uni Bayreuth liegt auf der Linie dessen, was der Verteidigungsminister vorgegeben hat. Sie macht daher Sinn.” Man lese diesen Satz einmal ganz langsam. Es ist Ungeheuerlich, was sie da sagt. Die Universität habe in ihrem ureigensten Bereich, der Wissenschaft, einer Vorgabe der Politik entsprochen. Und sie setzt dann noch nach, sie mache deswegen Sinn. Der Beschluss der Universität sei also sinnvoll, da er der politischen Vorgabe entsprochen habe. Ohne auf die persönliche Vorgeschichte Angela Merkels anspielen zu wollen, diese findet man eher in totalitäre Parteidiktaturen wie der ehemaligen DDR.
       Aber schon die Zweiteilung in einen versagenden Wissenschaftler und einen erfolgreichen Minister ist bei näherer Betrachtung vollkommen daneben. Das wird bei der variantenreichen Reproduktion dieser Formel besonders deutlich. „Minister werden hier in diesem Hause, in diesem Lande nicht wegen ihrer wissenschaftlichen Qualitäten beurteilt, sondern ihrer Fähigkeit, die Bundeswehr ordentlich zu führen“, sagte CSU-Landesgruppenschef Hans-Peter Friedrich im Parlament. Vergessen wir einmal, dass charakterliche Qualitäten Herrn Friedrich nicht interessieren, interessant ist, dass für die Führung einer Institution, die zwei Hochschulen beherbergt wissenschaftliche Qualitäten keine Rolle spielen. “Die im Jahr 1973 gegründete Universität der Bundeswehr München dient grundsätzlich der wissenschaftlichen Ausbildung von Offizieren und Offizieranwärtern” heißt es auf ihrer Website und in Hamburg: „Die Helmut-Schmidt-Universität …  steigert die Attraktivität des Offizierberufs und ist zugleich Impulsgeber und Leistungsträger für die Streitkräfte.” Können wir diese Universtäten jetzt streichen. Wozu braucht der einfache Offizier eine wissenschaftliche Ausbildung, wenn der Minister diese nicht benötigt. Nun ja, im Sinne des Sparhaushalts der Regierung wäre das doch ein Vorschlag? Aber im Ernst, natürlich braucht ein Minister wissenschaftliche Qualitäten. Nur, dazu braucht man keinen Doktor, wahrscheinlich nicht einmal ein Studium, obschon es gewiss hilfreich ist. Wissenschaftliches Arbeiten umfasst nicht nur die Beachtung bestimmter Regeln, wie z. B. das korrekte Zitieren, also nicht nur das formale Verfahren, sondern ist vor allem eine Form des Nachdenkens, des Herangehens an ein Problem, das zur Problemlösung führt oder zumindest das Nichtwissen auf ein höheres Niveau führt. Es beginnt mit dem Sammeln von Informationen, die aufbereitet und analysiert sein wollen und dann hinsichtlich der Fragestellung mit eigenen Überlegungen zur Synthese gebracht werden müssen. Klicken wir bei „Word“ auf Synonyme für wissenschaftlich, so erscheint methodisch, feststellbar, erklärbar, nüchtern, planvoll, zielgerecht. Wissenschaftliche Qualitäten sind sicherlich an ein anspruchsvolles Vorgehen gekoppelt, aber nicht an eine Dissertation. Methodisches, feststellbares, erklärbares, nüchternes, planvolles, zielgerechtes Vorgehen ist von einem Minister unbedingt zu erwarten, u.a. Dies müsste Guttenberg eigentlich leichter fallen, da er immerhin studiert hat. Warum also plötzlich von dieser Qualifikation absehen?

    5. Karl-Theodor zu Guttenberg: 750 000 Euro für die Uni Bayreuth
      Während der Arbeit an seiner Dissertation hat sich der CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg an der Universität Bayreuth über seinen Familienbesitz auch als Sponsor betätigt.
      Quelle: Tagesspiegel
    6. Guttenberg, “Bild” und Bundeswehr-Werbung
      Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will von März an in einer breit angelegten Medienkampagne für den Dienst in der Bundeswehr werben. Die Werbeaktion wird nach Angaben des Verteidigungsministeriums bis Dezember in Fernsehen, Radio und Printmedien laufen. Voraussichtlich im April liege der Schwerpunkt bei “Bild”, “Bild am Sonntag” und “Bild.de”. In dieser Phase sollen besonders Mannschaftsdienstgrade angesprochen werden.
      Quelle: Tagesschau

      Anmerkung unseres Lesers G.K.: Guttenberg und der Springer-Konzern scheinen die Öffentlichkeit für ausgesprochen dumm zu halten, denn der Zusammenhang zwischen dem propagandistischen Hochjubeln des Barons insbesondere durch den Springer-Konzern und der finanziell äußerst lukrativen Auftragsvergabe an Zeitungen dieses Verlages ist nicht sonderlich weit hergeholt. Guttenberg und in ganz besonderem Maße die Medien des Springer-Konzerns hatten in der Vergangenheit kräftig an dessen “Saubermann”-Image gebastet. Nicht nur die Guttenberg-Betrügereien im Zusammenhang mit der Doktorarbeit, sondern auch dessen “inniges” Verhältnis zum Kloakenjournalismus von BILD zeigen, wie deutlich das kampagnenhaft aufgebaute “Saubermann”-Image und die Realität auseinanderklaffen. Respekt vor der wieder einmal unzweideutigen Stellungnahme durch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).
      Ergänzende Anmerkung MB: Ja klar. „Anzeigenbereich und Redaktion arbeiteten bei dem Konzern streng getrennt.“ Das kennen wir bei der BILD auch in anderem Zusammenhang sehr gut. S. dazu diesen NachDenkSeiten-Beitrag vom 18.06.2006. Nutzen Sie auch die Suchfunktion in den NachDenkSeiten. Mit den Suchbegriffen „BILD“ und „Allianz“ finden Sie einige Artikel zwischen 2005 und der jüngsten Vergangenheit.

    7. Warum liebt die „Bild“-Zeitung Guttenberg so sehr?
      Ganz einfach, weil er die Auflage steigert, sagt Politikberater Michael Spreng.
      Guttenberg-Stories verkaufen sich besser als Schlagzeilen über Thomas de Maizière, sagt der frühere Chefredakteur der “Bild am Sonntag”, Michael Spreng. Der Verteidigungsminister sei der erste “Popstar” der Politik. Und Fans blieben ihrem Idol nun mal treu, egal in welche Skandale es gerate
      Quelle 1: Deutschlandradio Kultur
      Quelle 2: Deutschlandradio Kultur [mp3 – Audio]

      Zum Thema Guttenberg einige Anmerkungen unseres Lesers H.-G. B.: Vom Verteidigungsminister ist nun bekannt und von ihm selber eingestanden, dass er unter Druck erhebliche Fehler macht. Er merkt in solchen Situationen auch offensichtlich nicht, dass er im Begriff ist Fehler zu machen und hat keine Distanz zu seinem Handeln, Aufgrund der er seine Entschlüsse hinterfragen könnte. Bei seiner Dissertation ging es „nur“ um Fußnoten und Urheberrechtlicher Fragen. Als Verteidigungsminster hat er Fragen von schwerwiegener Bedeutung für Gesundheit und Leben von Soldaten und wichtigste deutsche Interressen zu entscheiden. Auch bei Guttenbergs Entscheidungen im Zusammenhang mit der Entlassung und degradierung vom Mitarbeitern und Soldaten stellt sich die Frage, ob er mit den Situationen überfordert war und falsch gehandelt hat. Es ist absolut unverständlich, dass die Bundeskanzlerin diese organisierte Verantwortungslosigkeit weiter duldet.

      Ein an der Universität tätiger Professor meint: Ich halte es ebenfalls für sehr wahrscheinlich, dass der Titel gekauft wurde bei einem überaus schlampigen Ghostwriter. Mich verblüfft jedoch, dass bisher niemand (jedenfalls für mich erkennbar) nach den beiden Gutachtern der Uni Bayreuth gefragt hat. Jede Dissertation wird von mindestens zwei Professoren des Faches geprüft, möglicherweise auch noch einem Externen – die müssen doch gemerkt haben, was da los ist, oder – der wahrscheinlichere Fall – sie arbeiten mit dem Ghostwriter zusammen, gegen Geld natürlich und vermutlich nicht zum ersten Mal. Natürlich muss Guttenberg dazu befragt werden und seinen Ghostwriter nennen, dem man auf diese Weise vielleicht das Handwerk legen kann. Folglich gäbe es gute Gründe, deutlich tiefer nachzugraben. Wieso wird das so auffällig ruhig aus der Diskussion herausgehalten? Die Gutachter sind übrigens in der Regel in der Dissertation genannt, es kann also nicht schwer sein, sie herauszufinden.

      Passend zu unserem Beitrag: Umfragen einfach ignorieren – das ist der beste Schutz vor Manipulation

      Unser Leser J.R. berichtet uns: Mir ist etwas Ähnliches gestern bei ARD-Plasberg aufgefallen: Bis gegen 17:30 war als “Umfrage-Ergebnis” dort zu lesen:
      Rücktritt ja: 70% / Rücktritt nein: 30%
      Kurz danach drehte das Ergebnis fast ins Gegenteil.
      Ja: 42% / Nein: 58%
      Heute (das Gästebuch ist immer noch geschlossen): Ja: 49% / Nein:51%
      Ich glaub, mich laust der Affe! Manipulation ist offenbar nicht nur ein Privileg der Springerpresse. Übrigens: Jeder, der auch nur einen Hauch von Kritik an der Redaktion von “Hartaberfair” im dortigen Gästebuch platzieren will, wird gnadenlos wegzensiert. Das ist mir schon mehrfach passiert. Es lebe der gebührenfinanzierte “freie” Rundfunk! Es lebe die ARD! Zum Kotzen!

      Passend dazu:
      Bild.de-Leser revoltieren gegen Guttenberg
      Kein Blatt hat in den vergangenen Monaten so viel Stimmung für Karl-Theodor zu Guttenberg gemacht wie die “Bild”-Zeitung. Doch nun begehren die Online-Leser des Blattes auf und stimmen mehrheitlich für seinen Rücktritt – in der gedruckten Zeitung ist die Guttenberg-Welt bei Springer hingegen noch in Ordnung.
      Quelle: Spiegel

      Und ein anonymer NachDenkSeiten-Fan teilt uns mit: Nachdem wir in den letzten Tagen die widersprüchlisten Präsentationen und Interpretationen von Meinung- und “Volks”- Befragungen in Sachen Guttenberg erleben durften, macht sich der Verdacht breit, dass sich gewisse Medien offenbar ganz gezielt auf solche Umfragen stürzen, die den Eindruck vermitteln, man “spreche fürs Volk”. In diesem Zusammenhang fiel mehr immer wieder der in Printpresse und Fernsehen kolportierte Hinweis auf eine Guttenberg-Fan-Seite auf, auf der sich bis gestern abend angeblich 250.000 “Guttenberg- Fans” Sympathien bekundet hätten. Wie unbrauchbar und leicht manipulierbar dieser ins Feld geführte “Beliebtheits-Indikator” tatsächlich ist, wird wohl jedem schlagartig klar, wenn er folgendes weiß: Facebookfans lassen sich “kaufen“. Und zwar billiger als jede Umfrage. 1.000 Fans zu 99 Euro, 10.000 Fans zu 699 Euro, 100.000 zu 4.999 Euro. Angesichts der enormen Bedeutung des Anliegens diverser Kräfte, Guttenberg unbeschadet über diese Affäre zu bringen, dürfte es ein Klacks sein, diese Summe aufzubringen.

      Ergänzung AM: In der Sendung von Maybrit Illner, wo Guttenberg auch Thema war, wurde relativ einvernehmlich festgestellt, dass die verschiedenen Umfragen nicht repräsentativ sein. Dem stimmte sogar der Vertreter der Bild-Zeitung zu. Aber dann wurde im weiteren Verlauf der Diskussion immer wieder so getan, als seien sie repräsentativ. Auch ein Symbol für die Verwilderung der öffentlichen Debatte.

  2. Angekaufte Daten-CDs Steuersünder sanieren Staatshaushalt
    Die angekauften Steuersünder-Daten erweisen sich als lukrativ: Das Finanzministerium rechnet mit Nachzahlungen von 400 Millionen Euro.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung MB: Wie viele Steuer- und Finanzprüfer könnten mit diesem Geld angemessen bezahlt werden? Es ist belegt, dass jeder Steuerprüfer ein Vielfaches seiner Personalkosten erwirtschaftet.

  3. Schäuble will Schulden beschleunigt abbauen
    Der Finanzminister will den Haushalt schneller sanieren als geplant. Gekürzt werden soll bei Gesundheit und im Sozialen. Minister Guttenberg bekommt seine Sparvorgabe gestreckt.
    Quelle: ZEIT
  4. Trotz Milliardengewinns: Commerzbank zahlt keine Zinsen auf Staatshilfen
    Das vom Steuerzahler gestützte Institut hat mit einem Jahresergebnis von 1,4 Mrd. Euro die Erwartungen übertroffen. Trotzdem wird das Geldhaus auf die Staatshilfen keine Zinsen berappen. Mit der Rückzahlung will Bankchef Martin Blessing aber noch in diesem Jahr beginnen.
    Quelle: FTD
  5. Das schwarze Schaf
    Der Sohn von Thilo Sarrazin lebt von Hartz IV, ist Ein-Euro-Jobber und leidet bis heute am Erziehungsstil seiner Eltern. Eine schrecklich zerrüttete Familie.
    Der blanke Hohn für den Sohn: Thilo Sarrazins Buch “Deutschland schafft sich ab”.
    Es klingt wie ein schlechter Witz: Der Sohn von Thilo Sarrazin ist Hartz-IV-Empfänger, lebt in einem Plattenbauhochhaus im Osten Berlins und sagt von sich, er sei gern arbeitslos. Es ist aber kein Witz. “Es ist eigentlich ganz gut, einfach nur arbeitslos zu sein und nicht gebraucht zu werden, weil man dann sein Leben selbst bestimmen kann”, wird der 30-Jährige in der Bunten zitiert.
    Ein Reporter des Magazins hat den traurig blickenden jungen Mann, der ihm Auskunft über sein zerrüttetes Verhältnis zu seinen Eltern gab, in dessen Wohnung aufgesucht. Nach einer Ausbildung zum Bürokaufmann arbeitet der Älteste der beiden Sarrazin-Söhne heute als Ein-Euro-Jobber, etwa als Gartenhelfer auf einem Friedhof. “Ich bin für meinen Vater der Sündenbock, das schwarze Schaf der Familie”, sagt er über den Exbundesbank-Vorstand, zu dem er wenig Kontakt hat. Und über seine Mutter Ursula, die umstrittene Grundschullehrerin, meint er: “Sie ist gern zu streng und übertreibt es mit Verboten und Aufsicht. Das ging mir tierisch auf die Nerven.”
    Das alles wäre kaum berichtenswert, wäre Thilo Sarrazin nicht durch abfällige Äußerungen über Hartz-IV-Empfänger berühmt geworden, denen er die Hauptschuld an ihrer eigenen Lage zuschreibt. Auch seine Forderung, deutsche Akademiker müssten mehr Kinder bekommen, um Deutschlands Abstieg zu verhindern, erscheint nun in neuem Licht. Hat er nicht in der eigenen Familie ein lebendes Beispiel dafür, dass eine Herkunft aus bürgerlichem Elternhaus nicht vor Hartz-IV-Karrieren schützt? Und wie verroht muss man sein, mit solchen Thesen hausieren zu gehen, die dem eigenen Sohn wie blanker Hohn vorkommen müssen?
    Quelle: taz

    Anmerkung MB: So etwas kommt in den besten Familien vor – und in den schlechtesten. Für seinen Vater kann Herr Sarrazin jr. nichts.

  6. Diskussion um Hartz IV: Schmerzmittel – mehr nicht
    Ausgerechnet im Wirtschaftswunderland Deutschland sind besonders viele Menschen über lange Zeit arbeitslos. Doch in den Jobcentern wird für sie nichts getan, sie werden wie Bittsteller behandelt.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung MB: In Vielem kann man der Kommentatorin zustimmen, nicht in ihrem Fazit im letzten Absatz. Was sie als Tröpfeln von ein paar Euro mehr auf die Bedürftigen bezeichnet, ist der gescheiterte „Versuch“, ein Urteil von Deutschlands höchstem Gericht umzusetzen. Wie soll der Erfolg von Vermittlern bewertet werden, um diesen mit Prämien zu belohnen? Um welche Stellen geht es da, spielt die Qualität einer Stelle eine Rolle oder geht es nur wieder um raus aus der Statistik? Und welche Anreize brauchen Unternehmen bitte noch, um Langzeitarbeitslose aufzunehmen? Bitte geben Sie mal in einer Suchmaschine Ihrer Wahl „Eingliederungszuschuss“ bzw. „Wiedereingliederungszuschuss“ in Kombination mit „SGB“ ein; Sie werden TAGE LANG zu lesen haben. Die finanziellen Engpässe bei der Arbeitsvermittlung haben selbstverständlich auch damit zu tun, dass innerhalb von wenigen Jahren der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um mehr als die Hälfte gekürzt wurde. Das hat natürlich Auswirkungen und gehört dazu, wird in diesem Kommentar aber leider übersehen.

  7. EU-Gesetzentwurf: „Mindestlohn ausgehebelt“
    Freibrief für Lohndumping? Neuer EU-Gesetzentwurf lässt bei Gewerkschaften die Alarmglocken schrillen. Sie warnen, es drohe eine weitere Verschärfung der EU-Arbeitsmärkte.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  8. Totale Unsicherheit
    Leiharbeiter bei Daimler: Keine Chance auf Festanstellung, keine Zukunftsperspektive.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung MB: Jetzt mal ganz sachlich – warum sollte ein solcher Konzern die unternehmerische Entscheidung treffen, Leiarbeitnehmer/innen fest zu übernehmen und damit viel höhere Personalkosten zu zahlen, wenn ihnen die Politik die Möglichkeit gibt, es bzw. sie so billig zu haben.

  9. Druck, Schikane und Angst – ein Leiharbeiter packt aus
    Der Siegerländer Georg Kaltenberg hat zwei Jahre als Leiharbeiter geschuftet. Er berichtet von schockierenden Arbeitsbedingungen. Leiharbeiter würden wie Leibeigene behandelt. Der DGB hat heute zum “Aktionstag gegen Leiharbeit” aufgerufen.
    Quelle: Der Westen

    Anmerkung unseres Lesers L.S.: Ich war selbst Zeitarbeiter. Mehr noch als die organisierte Lohndrückerei durch Politik und Wirtschaft, das scheinheilige Handeln der Gewerkschaften gegen die Leiharbeiter im Interesse der Unternehmen und Festangestellten, hat mich aber die Ablehnung und Gleichgültigkeit meiner fest angestellten “Kollegen” gegenüber uns Leiharbeitern getroffen.

    Nachträgliche Anmerkung von AM: Ich halte diesen verallgemeinernden Vorwurf an die Gewerkschaften für falsch und bedaure diese Wertung in den NachDenkSeiten. Ich kann auch in der jetzt laufenden Aktion von Gewerkschaften gegen die Leiharbeit kein scheinheiliges Handeln sehen. Ich habe an der praktischen Arbeit der Betriebsräte und Gewerkschafter in meiner Region zum Beispiel mit erlebt, dass sie sich systematisch bemüht haben, Kolleginnen und Kollegen, die in unsichere Arbeitsverhältnisse eingestellt waren, in sichere Jobs zu holen.

  10. Pharma-Industrie Millionenbetrug bei HIV-Medikamenten
    Ursprünglich waren die Präparate für Patienten in Südafrika bestimmt. Pharmahändler sollen sie illegal zurück nach Deutschland gebracht und Millionen Euro verdient haben.
    Quelle: ZEIT
  11. Neusprech heute: Der „Anreiz“
    Ich werde an dieser Stelle in loser Folge einige der zentralen Begriffsinfarkte neoliberaler Färbung vorstellen, mit der wir täglich beschallt werden, ohne das sie je hinterfragt würden. Zum Auftakt habe ich mich mit der semantischen Kombizange des “Anreizes” befasst. Ein „Anreiz“ soll Verhalten beeinflussen, zu einer bestimmten Reaktion motivieren. In der öffentlichen Diskussion ist von „Anreizen“ zumeist die Rede, wenn es um entweder um Entscheidungen von Konzernen geht oder um Arbeitslose.
    Quelle: Feynsinn
  12. AWD-Mitarbeiter packen aus
    AWD ist eine der grössten Finanzberatungsfirmen für Private. Das Unternehmen erklärt, es sei den Interessen ihrer Kunden verpflichtet. Doch im «Kassensturz» berichten ehemalige Mitarbeiter, wie sie bei der Jagd nach Provisionen ungeeignete Produkte verkauft haben.
    Quelle: Schweizer Fernsehen

    Anmerkung MB: Da wird Herr Maschmeyer noch Einiges an juristischen Kapazitäten für die Berichterstattung des Schweizer Fernsehens brauchen. Neben all den Fakten lassen besonders Maschmeyers Vergleiche seiner früheren Kundschaft mit Affen und Hamstern tief blicken.

  13. Zehn Mann für den Cyber-War
    Von April an sollen in Bonn zehn Mitarbeiter für die Sicherheit des Internets in Deutschlands sorgen. Das Bundeskabinett hat die Gründung eines Nationalen Cyber-Abwehr-Zentrums (NCAZ) beschlossen.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung MB: Die Art von kritischem Kommentar, die ich bei der Überschrift erwarte, bleibt leider aus. Da müssen wir das mal wieder übernehmen …
    Wenn die Bedrohung wirklich so erheblich ist, dann sind zehn Planstellen eine lächerliche Placebo-Maßnahme. Wer wirklich Schaden anrichten oder mit dem Chaos Geld verdienen möchte, wird dadurch wohl nicht aufgehalten werden.

  14. Was Vorratsdaten über uns verraten
    Der Chaos Computer Club nennt Handys “Ortungswanzen”. Zu Recht, wie unsere interaktive Grafik zeigt: Die Vorratsdaten des Grünenpolitikers Malte Spitz enthüllen sein Leben.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung MB: Georg Schramm sagte mal in anderem Zusammenhang, wenn wir Mobiltelefone nur zum Telefonieren benzutzen würden, ginge ein gesamter Wirtschaftszweig zu Grunde.

  15. Bild im Iran: Dummheit und Gefahr
    Freundliches Shakehands mit Mahmud Ahmadinedschad. Das ist das Bild, das iranische Fernsehzuschauer seit Guido Westerwelles Besuch am Wochenende immer wieder sehen durften. Vermutlich wird das iranische Staatsfernsehen es auch in Zukunft häufig zeigen, wenn die EU-Außenminister noch einmal drohen, Iran vorerst nicht zu besuchen. Dem stellvertretenden iranischen Außenminister steht der Triumph ins Gesicht geschrieben, als er vor die Kameras tritt und erklärt, der Besuch des deutschen Außenministers sei die Verletzung eines EU-Beschlusses gewesen.
    Dabei hätte Guido Westerwelle kaum anders handeln können. Er ist erpresst worden. Doch was ist der eigentliche Hintergrund dieses Bildes? Zwei Reporter von Bild am Sonntag waren im Oktober bei dem Versuch, ein Interview mit dem Sohn der zum Tode verurteilten Sakineh Aschtiani zu führen, festgenommen worden. Jetzt, wo die beiden frei sind, kann man es aussprechen: Diese Reise war eine Mischung aus Dummheit und Verantwortungslosigkeit. Denn die Redaktion musste wissen, dass sie die Reporter ins offene Messer laufen lässt. Dass ein Vergehen wie die Einreise ohne gültiges Journalistenvisum den Behörden einen Vorwand liefern würde, hätte man ebenso wissen müssen. Und eine Aktivistin, deren Organisation in Iran als terroristisch eingestuft wird, als Übersetzerin am Telefon zuzuschalten ist an Tollpatschigkeit kaum zu überbieten.
    Aber die letzte Verantwortung liegt bei der Redaktion. Mit ihrem unverantwortlichen Vorgehen hat die BamS die deutsche Iranpolitik über Monate hinweg lahmgelegt. Und ausgerechnet am letzten Sonntag, als wieder Zehntausende bei Massenprotesten ihr Leben riskierten, wurde die deutsche Außenpolitik zu einem Kotau vor den iranischen Machthabern gezwungen. BamS hat dem iranischen Regime zu einem Propagandaerfolg verholfen, ausgerechnet in einer Woche, in der die iranische Demokratiebewegung wahrlich andere Signale aus Deutschland gebraucht hätte.
    Quelle: taz

    dazu: Die heikle Iran-Mission der BamS-Reporter
    Freiheit für Jens Koch und Marcus Hellwig. 132 Tage, fast vier Monate lang, saßen die Reporter der Bild am Sonntag im Gefängnis im Iran. Und genauso lang waren die Medien hierzulande solidarisch, schalteten große Anzeigen, hielten sich mit Kritik zurück. Doch jetzt können und müssen Fragen gestellt werden. Berechtigte Fragen. Bohrende Fragen. Zapp über eine unverantwortliche Mission und einen unverhofften Propagandasieg des Iran.
    Quelle: NDR Zapp

  16. Opinion: A revolution against neoliberalism?
    If rebellion results in a retrenchment of neoliberalism, millions will feel cheated.
    ‘Abu Atris’

    “The political economy of the Mubarak regime was shaped by many currents in Egypt’s own history, but its broad outlines were by no means unique. Similar stories can be told throughout the rest of the Middle East, Latin America, Asia, Europe and Africa. Everywhere neoliberalism has been tried, the results are similar: living up to the utopian ideal is impossible; formal measures of economic activity mask huge disparities in the fortunes of the rich and poor; elites become “masters of the universe,” using force to defend their prerogatives, and manipulating the economy to their advantage, but never living in anything resembling the heavily marketised worlds that are imposed on the poor.”
    Quelle: Aljazeera

    Anmerkung J. H.: Ich hab grade einen interessanten artikel auf aljazeera gefunden, der das involvment der army – als ägyptischer wirtschaftsfaktor – und die verquickung des mubarak regimes mit der neoliberalen agenda ganz schön durchleuchtet…
    Anmerkung AM: Leider in Englisch.

  17. Das Allerletzte: Merkel – Mehr für Schutz geistigen Eigentums tun
    Quelle: Bundesregierung

    passend dazu:
    „Raubkopierer sind Verbrecher“

    Raubkopierer sind Verbrecher

  18. zu guter Letzt: Springer
    Stuttmann 25.02.2011
    Quelle: Stuttmann-Karikaturen


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