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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 14. Juni 2022 um 8:10 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Frankreich: Linksallianz Nupes bietet Macrons Ensemble erfolgreich Paroli
  2. Die Glaubwürdigkeit der EU
  3. Der soziale und ökologische Umbau braucht eine neue Wirtschaftspolitik und eine umfassende Reform der EU
  4. Monetäre Staatsfinanzierung: Fluch oder Segen?
  5. Mega-Deals: Indien kauft russisches Öl und verkauft es teuer nach Europa
  6. Biden Admin Quietly Urging Companies To Purchase Russian Fertilizer
  7. Triumph des Wehrwillens
  8. Das endgültige Ende des Gemeinwesens, wie wir es kennen
  9. Neue Studie: Fehlendes Personal, alte Ausstattung – so schlecht steht es um deutsche Kitas
  10. Uniklinik Bonn klagt gegen Streik
  11. Erleichterter Zugang zu Kurzarbeitergeld soll verlängert werden
  12. Friedensaktivistin verbrachte neun Tage in Einzelhaft
  13. Pulverfass Taiwan: USA provozieren China
  14. Harald Schmidt: Wenn ich in Berlin zu tun habe, übernachte ich in Hannover

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Frankreich: Linksallianz Nupes bietet Macrons Ensemble erfolgreich Paroli
    Die Linksallianz Nupes geht aus der ersten Runde der Parlamentswahl als stärkster Gegner des Präsidenten hervor. Ob der große Coup gelingt, ist nicht vollends ausgeschlossen, dennoch eher zweifelhaft
    Das ist schon eine beinahe tragikomische Situation, um nicht gleich das Reizwort „tragisch“ zu bemühen. Für Frankreich steht eine mehr als gravierende Weichenstellung an, aber gerade einmal die Hälfte der Gesellschaft will daran teilhaben. Bei knapp 48 Millionen Wahlberechtigten ist es nicht gelungen, gut 23 Millionen aus Politikverdrossenheit, Wahlabstinenz und -lethargie zu reißen.
    Auch der neuen Linksallianz Nupes blieb das bei ihrem respektablen Ergebnis in der ersten Runde der Parlamentswahl verwehrt. Immerhin gab es diesmal im Vergleich zum Votum von 2017 eine Beteiligung von 53 statt 48 Prozent. Leider ist das für den Macron-Herausforderer Jean-Luc Mélenchon von der Mobilisierung her nicht genug. Die erzielten gut 26 Prozent für die Linke sind zwar eine Kampfansage an den Macron-Zusammenschluss „Ensemble!“, der etwa gleichauf liegt, aber sie bescheren nicht jenen Durchbruch, auf den das Bündnis aus der Partei La France Insoumise, aus Sozialisten, Kommunisten und Grünen gehofft hat.
    Quelle: Lutz Herden in der Freitag
  2. Die Glaubwürdigkeit der EU
    Vor der Entscheidung der EU-Kommission über die Vergabe des EU-Beitrittskandidatenstatus an die Ukraine gerät der Beitrittsprozess in Südosteuropa immer weiter ins Stocken. Am Wochenende ist Kanzler Olaf Scholz mit seinem Versuch gescheitert, Bulgarien zur Aufgabe seines Vetos gegen die geplanten Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien aufzugeben. Die bulgarische Regierung begründet ihr Veto mit völkischen Behauptungen, nach denen die Bevölkerung Nordmazedoniens Teil des „bulgarischen Volkes“ ohne eine wirkliche Eigenständigkeit sei; Skopje müsse seine Zugehörigkeit zum „Bulgarentum“ anerkennen. Sofia hat ein „bulgarisches Kulturzentrum“ in der nordmazedonischen Stadt Bitola nach einem NS-Kollaborateur benannt, der den Kampf für seine großbulgarischen Zielsetzungen an der Seite NS-Deutschlands führte. Dass 19 Jahre nach dem förmlichen Beitrittsversprechen der EU nicht einmal die notwendigen Verhandlungen gestartet werden können, stößt in Nordmazedonien auf starken Unmut. Die EU müsse sich im Klaren sein, dass letzten Endes nicht Versprechungen, sondern Taten zählten, heißt es in Skopje.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: Kiew will rein
    EU-Kommissionschefin stellt Ukraine Bedingungen für Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Skepsis in Niederlanden und Skandinavien
    Vor den entscheidenden Beratungen über die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine hat Kommissionschefin Ursula von der Leyen das Land zu »weiteren Reformen« aufgefordert. Sie sehe, dass die dortige Verwaltung bereits gut funktioniere, sagte sie bei einem ­Kiew-Besuch am Sonnabend. Doch seien weitere Anstrengungen nötig. Präsident Wolodimir Selenskij drängte gegenüber von der Leyen erneut darauf, der Ukraine schon bald den Kandidatenstatus zu verleihen. Das ukrainische Volk habe bereits zahllose Opfer für die gemeinsame Freiheit gebracht, so Selenskij. Es verdiene eine »europäische Perspektive«. Auf der Rückfahrt von Kiew sagte von der Leyen, »Europa« müsse jetzt darauf achten, nicht in 20 Jahren eine falsche Entscheidung zu bereuen. Entscheidend für das Ansehen der EU sei, dass sie in dieser Frage einheitlich auftrete.
    Dies ist nach Medienberichten nicht gesichert. Wie das ukrainische Portal strana.news aufzählte, sind insbesondere die Niederlande und Dänemark gegen die schnelle Aufnahme von Beitrittsgesprächen. Weniger deutlich vertrete auch Schweden die selbe Position. Den Kritikern geht es demnach darum, dass die Ukraine verschiedene Kriterien für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen nicht erfülle: insbesondere wegen »Korruption, Oligarchenherrschaft, Elend und Nationalismus«, aber auch fehlender Unabhängigkeit der Justiz. Einer anderen EU-Fraktion, zu der die Bundesrepublik und Frankreich gerechnet werden, gehe es darum, mit beschleunigten Verhandlungen mit der Ukraine nicht die Staaten des Westbalkans zu brüskieren, die teilweise seit 20 Jahren auf die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen warten.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Für die ukrainische Staatsführung dürfte es nicht sehr relevant sein, ob ihr Land nun von der EU oder der NATO aufgenommen werden würde, denn ein EU-Beitritt der Ukraine wäre gleichbedeutend mit einer NATO-Mitgliedschaft (mit einer Anmerkung).

  3. Der soziale und ökologische Umbau braucht eine neue Wirtschaftspolitik und eine umfassende Reform der EU
    Der Ukraine-Krieg wirkt wie ein Brandbeschleuniger für die soziale und ökologische Krise. Es wird immer klarer: Für die gigantischen Herausforderungen, vor denen wir stehen, braucht es eine handlungsfähige öffentliche Hand. Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters der Probleme gilt das gerade für die EU. Die Debatte um ihre Zukunft gilt es zu nutzen: Nur mit einer eingreifenden und demokratischen Wirtschaftspolitik und -verfassung der Union gelingt der notwendige sozial-ökologische Umbau.
    Der Angriffskrieg Russlands hat den Anstieg der Energiepreise und damit die Teuerung verschärft. Die öffentliche Hand hat es bisher verabsäumt, den Sozialstaat armutsfest zu machen. Die Übergewinne der Energiekonzerne werden in vielen Ländern nicht abgeschöpft und gerade nicht an jene verteilt, die sich Strom- und Gasrechnungen nicht mehr leisten können. Daher spitzt sich die soziale Frage in ganz Europa zu.
    Quelle: A&W blog
  4. Monetäre Staatsfinanzierung: Fluch oder Segen?
    Die „unkonventionelle Geldpolitik“ der EZB hat gezeigt, dass ein Staat weder Steuerzahler noch Sparer benötigt, um seine Ausgaben zu finanzieren. Warum sollte man dann nicht auf die Erhebung von Steuern und die Emission von Staatsanleihen ganz verzichten?
    Die Mainstream-Ökonomik nimmt an, dass Staatsausgaben einer Finanzierung durch Dritte bedürfen. Sie sieht dabei drei mögliche Finanzierungsgeber: (1) Den Steuerzahler, (2) den Kapitalmarkt und (3) die Zentralbank. (3) wird als monetäre Staatsfinanzierung bezeichnet und als intrinsisch inflationär behauptet. Eine Eigenschaft, die (1) und (2) nicht hätten, so die THESE.
    Nun ist zwar schon die Behauptung zweifelhaft, es gäbe drei Arten der Staatsfinanzierung (hier und hier die Gründe). Aber selbst wenn das richtig wäre, dann wäre die THESE trotzdem falsch, wie im Folgenden dargelegt werden soll.
    Quelle: Makroskop
  5. Mega-Deals: Indien kauft russisches Öl und verkauft es teuer nach Europa
    Ein weiterer Gewinner des Ölembargos heißt nun: Indien. Denn wegen eines Überflusses auf dem heimischen Markt wird russisches Rohöl international gerade doch etwas billiger gehandelt als das Rohöl aus anderen Ländern. Schon Ende Mai wurde bekannt, dass Indien (wie die Türkei) seine Ölkäufe aus Russland deutlich erhöht hat.
    So hat Indien seit dem Kriegsausbruch allein bis Anfang Juni nach Reuters-Angaben rund 62,5 Millionen Barrel russisches Öl – dreimal so viel wie im gleichen Zeitraum im Jahre 2021. Der russische Anteil an indischen Ölimporten konnte dadurch auf fast 25 Prozent gesteigert werden, zeigt eine Analyse der Marktforschungsfirma Kpler.
    Mehr noch: Private indische Ölraffinerien, die gerade große Abnehmer von billigem Öl aus Russland sind, beliefern einer weiteren Recherche von The Wall Street Journal den Weltmarkt mit Benzin und Diesel, die teilweise russisches Rohöl, ohne dabei die Herkunft des Rohöls preiszugeben.
    Insgesamt sind die indischen Kraftstofflieferungen in die Welt in den vergangenen fünf Monaten wohl um 15 Prozent gestiegen. Die täglichen Lieferungen in die EU sollen sich im Quartalsvergleich um ein Drittel erhöht haben – und jene in die USA um 43 Prozent. Doch diese Lieferungen sind keineswegs günstig. […]
    Auch die spanische Zeitung El Mundo berichtete zuletzt über die „Instrumentalisierung“ der Russland-Sanktionen durch Indien: Die EU habe zwar die meisten russischen Ölimporte als Strafe für Putins Invasion in der Ukraine verboten, aber – und das ist die Überraschung – Indien kaufe den Quellen zufolge russisches Öl mit hohen Rabatten und verkaufe es dann als raffiniertes Produkt teurer nach Europa.
    Indien entwickele sich de facto zum Raffineriezentrum für Europa, zitiert die Zeitung aus einem Bericht von Analysten der Investmentbank RBC Capital Markets. Und Europa heize damit die Inflation für die eigenen Bürger an, weil Importe mit Schiffen viel teurer seien als jene per Pipeline.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung JK: Es ist einfach unglaublich gerade mitzuerleben, wie sich die EU gerade ökonomisch selbst ruiniert. Einer der Haupttreiber, die dümmste Regierung der Welt, die Bundesregierung.

    dazu auch: Soll Maduro die deutsche Wirtschaft retten? – Bundesregierung will plötzlich Öl aus Venezuela
    Nachdem die verheerenden Auswirkungen der antirussischen Sanktion die deutsche Wirtschaft immer stärker treffen, ist die Bundesregierung eilig auf der Suche nach einer Lösung aus dem selbstverschuldeten Dilemma – nun soll die Energie-Rettung ausgerechnet aus Venezuela kommen. […]
    Jetzt plant auch die Bundesregierung die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt mit Öl aus dem bis vor kurzem noch als Paria-Staat behandelten Venezuela zu versorgen.
    Quelle: RT DE

  6. Biden Admin Quietly Urging Companies To Purchase Russian Fertilizer
    The Biden administration has been quietly urging agricultural and shipping companies to buy and carry more Russian fertilizer, according to Bloomberg, citing people familiar with the efforts. The move comes as fears over sanctions have led to a sharp drop in supplies, contributing to the ongoing ‘spiraling global food costs.

    The effort is part of complex and difficult negotiations underway involving the United Nations to boost deliveries of fertilizer, grain and other farm products from Russia and Ukraine that have been disrupted by President Vladimir Putin’s invasion of his southern neighbor. US and European officials have accused the Kremlin of using food as a weapon, preventing Ukraine from exporting. Russia denies that even as it has attacked key ports, blaming the shipment disruptions on sanctions imposed by the US and its allies over the invasion. -Bloomberg

    With Moscow being a key supplier of fertilizer, the US and EU have included exemptions on sanctions against doing business with Russia – however many shippers, banks and insurers have been cautiously staying away out of fear that they might accidentally run afoul of the rules in an expensive lesson. Now, US officials are trying to encourage activity in the space.
    Quelle: ZeroHedge

  7. Triumph des Wehrwillens
    Zur Strategie, Psychoanalyse und Wirkung von Kriegspropaganda in der politischen Kultur und Kulturindustrie
    Kritiker der deutschen Beteiligung am »Verteidigungskrieg der freien Welt gegen Putin« müssen sich in den Talkshows verbalen Lynchspektakeln aussetzen. Der »Lumpenpazifist« wird von Markus Lanz und Co. ohne Gnade übers verminte Diskursfeld getrieben, seine vernünftigen Einwände mit aberwitzigen Vergleichen und Alarmrhetorik restlos in Moralinsäure aufgelöst. Die kriegspropagandistische Fortsetzung der Meinungsfreiheit mit anderen Mitteln kommt nicht aus ohne klares »Feindbild«, das unlängst die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), gefordert hat.
    Mit der Eskalation des Ukraine-Kriegs ist eine Entwicklung des Medienestablishments in eine andere Qualität umgeschlagen, die sich schon lange abgezeichnet hatte: Generalmobilmachung der Vierten Gewalt, die immer schon zu sehr Gewerbe war, um Instrument der Aufklärung zu sein, wie es sich einst Jean-Jacques Rousseau gewünscht hatte. Propaganda ist ein Strukturelement der Kulturindustrie, die in der kapitalistischen Gesellschaft im vorwiegend friedlichen Zustand die Herrschaft der ökonomischen Eliten ideologisch absichert. Im Kriegsfall aber wird sie entsichert und als Waffe in Stellung gebracht. Die Journalisten sind »Soldaten« in der »Schlacht um die öffentliche Meinung«, die genauso wichtig sei wie die Luftangriffe, sagte der damalige NATO-Sprecher Jamie Shea nach dem Kosovo-Krieg 1999.
    Quelle: junge Welt
  8. Das endgültige Ende des Gemeinwesens, wie wir es kennen
    Es hätte vielleicht eine kleine Chance auf Versöhnung gegeben, wenn nach der Pandemie nicht direkt der Krieg in der Ukraine über uns gekommen wäre. Jetzt hat sich die Gesellschaft endgültig, vermutlich unwiederbringlich auseinanderdividiert. Die Spaltung bleibt.
    Wir werden viel zu vergeben haben, sagten wir noch vor einem Jahr. Zu vergeben ja, zu vergessen jedoch nicht. Wie dünn der Lack der Zivilisation tatsächlich war, konnte man seit Mitte Juli gut beobachten. Plötzlich war die Diskriminierung kein Unwort mehr. Helge Braun, damals Kanzleramtsminister, diktierte an einem sonnigen Sonntag einer Zeitung auf die Seiten, dass seines Erachtens nun wirklich nichts gegen eben diese Diskriminierung spreche, wenn es denn nicht geimpfte Menschen treffe. Ab dem Moment schienen alle Hemmungen zu fallen – aber auch die leise Hoffnung, dass man doch noch vergeben könnte.
    Natürlich keimte immer wieder mal Hoffnung auf. Vielleicht könnte man ja dennoch irgendwie zurückkehren in eine halbwegs annehmbare Normalität. Menschen hoffen – auch wenn es irrational ist. Besonders dann. Als ich vor einigen Sätzen schrieb, wie dünn der Lack der Zivilisation tatsächlich war, habe ich bewusst die Vergangenheitsform gewählt. Denn so einen Lack gibt es nicht mehr. Überall sich Lackschäden. Und keiner hat das Zeug dazu, sie auszubessern. Dann kam der Krieg über uns, die letzten Hoffnungen auf einen neuen Gemeinsinn wurden weggewischt. Das Land gleitet vollkommen ab, aus den Lackschäden werden Einschusslöcher. Und wenn man es genauer durchdenkt: Explosionskrater.
    Quelle: neulandrebellen
  9. Neue Studie: Fehlendes Personal, alte Ausstattung – so schlecht steht es um deutsche Kitas
    Extreme Personalnot gehört zu den gravierendsten Missständen in der Kinderbetreuung, das zeigt eine Umfrage des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Geschäftsführer Schneider spricht von einem »Armutszeugnis«.
    Die Wartelisten sind mitunter lang, viele Eltern mühen sich verzweifelt um einen Kitaplatz für ihr Kind, doch jede zweite Kita schöpft ihre Kapazitäten nicht voll aus, weil sie nicht genügend Erzieherinnen findet – zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Darin ist von »alarmierenden Befunden« die Rede.
    Die Studie stützt sich auf die Einschätzung von knapp 1200 Befragten, überwiegend Kita-Leiterinnen, in den Einrichtungen des Verbands. Sie wurden von Anfang Juni bis Anfang August 2021 über ein Onlinetool befragt.
    Quelle: DER SPIEGEL
  10. Uniklinik Bonn klagt gegen Streik
    Seit Wochen streiken die Pflegekräfte der Unikliniken in NRW. Die Klinik in Bonn will den Ausstand nun gerichtlich untersagen lassen.
    Am Dienstag verhandelt das Arbeitsgericht Bonn nach eigenen Angaben über den entsprechenden Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Das Universitätsklinikum Bonn äußerte sich bisher noch nicht zu dem Vorstoß.
    Eine Sprecherin bestätigte lediglich, dass der Antrag auf einstweilige Verfügung am vergangenen Freitag beim Bonner Arbeitsgericht eingereicht worden sei. Das Gericht hat einen sogenannten Kammertermin für 10.00 Uhr angesetzt. In einer Pressemitteilung des Gerichts wird die Argumentation des Klinikums beschrieben.
    Quelle: WDR
  11. Erleichterter Zugang zu Kurzarbeitergeld soll verlängert werden
    Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will den erleichterten Zugang zur Kurzarbeit noch einmal um drei Monate verlängern. Bis Ende September soll Kurzarbeitergeld somit bereits dann gezahlt werden können, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten im Betrieb vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bis zum Beginn der Corona-Pandemie hatte die Schwelle bei einem Drittel gelegen. Begründet wird die geplante Verlängerung nicht mehr mit Pandemie-Auswirkungen, sondern mit den Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine. Deshalb drohe, „dass sich die bereits während der Covid-19-Pandemie aufgetretenen und durch sie mit ausgelösten Störungen in den Lieferketten weiter verschärfen“.
    Das Ministerium geht bei seinem Vorschlag von Kosten von rund 60 Millionen Euro aus, da im dritten Quartal monatlich rund 50.000 zusätzliche Beschäftigte in Kurzarbeit erwartet würden. (…)
    Wie geplant zum 30. Juni 2022 auslaufen sollen weitere pandemiebedingte Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld, nämlich höhere Leistungssätze, längere Bezugsdauer und die Einbeziehung der Leiharbeit. „Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die von der Covid-19-Pandemie ausgehenden Auswirkungen auf die Wirtschaft zunehmend nachlassen“, heißt es in dem Papier.
    Quelle: Ihre Vorsorge

    dazu: Konjunkturelles Kurzarbeitergeld: Ausgaben 2018 bis Mai 2022
    Von Juni 2021 bis Mai 2022 wurden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) für „Leistungen bei konjunktureller Kurzarbeit“ insgesamt 10,175 Milliarden Euro ausgegeben, davon 6,284 Milliarden Euro für das „konjunkturelle Kurzarbeitergeld“ (Kug) und 3,891 Milliarden Euro für die „SV-Erstattungen Kug und Saison-Kug“. (1)
    Im Vergleich zum bisherigen 12-Monats-Maximum – 31,907 Milliarden Euro von Mai 2020 bis April 2021, davon 18,340 Milliarden Euro für das „konjunkturelle Kurzarbeitergeld“ (Kug) und 13,567 Milliarden Euro für die „SV-Erstattungen Kug und Saison-Kug“ – sind die Ausgaben (12-Montssumme) für „Leistungen bei konjunktureller Kurzarbeit“ im Verlauf der letzten 13 Monate um 21,733 Milliarden Euro gesunken. (siehe dazu die BIAJ-Abbildung)
    Im von der Bundesregierung genehmigten und vom Verwaltungsrat der BA am 21. Dezember 2021 erneut festgestellten BA-Haushalt 2022 sind für „Leistungen bei konjunktureller Kurzarbeit“ insgesamt 2,260 Milliarden Euro veranschlagt, davon 1,482 Milliarden Euro für das „konjunkturelle Kurzarbeitergeld“ und 778 Millionen Euro für die „SV-Erstattungen Kug und Saison-Kug“. In der vom Verwaltungsrat am 12.11.2021 festgestellten BA-Haushalt (vor Verlängerung der „Sonderregelungen für die Kurzarbeit“; siehe Anmerkung unten) waren für diese Leistungen insgesamt „lediglich“ 1,710 Milliarden Euro veranschlagt.
    Quelle: BIAJ

  12. Friedensaktivistin verbrachte neun Tage in Einzelhaft
    In einer Zeit, in der Angst vor einem Atomkrieg wieder umgeht, kommen Atomwaffengegner in Deutschland vor den Richter.
    «Das Schöne war, dass ich im Gefängnis so viele Briefe bekommen habe», erklärt Ria Makein. Am 6. Juni wurde sie aus der Haft entlassen. Einen Tag vor ihrem siebzigsten Geburtstag. Sie hatte im April 2019 im Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel gegen die dort gelagerten NATO-Atombomben demonstriert und wurde wegen Hausfriedensbruchs verurteilt. Da sie die Geldbusse nicht zahlte, musste sie 30 Tage ins Gefängnis. Sie war damals zusammen mit anderen auf den Flugplatz vorgedrungen und hatte Transparente hochgehalten, auf denen unter anderem zu lesen war «Frieden schaffen ohne Waffen».
    Das war der Leitsatz der deutschen Friedensbewegung, einer Bewegung, die seit ihrer Gründung Ende des 19. Jahrhunderts mit Namen aufwarten konnte wie Bertha von Suttner, Carl von Ossietzky, Kurt Tucholsky oder Martin Niemöller. Die Bewegung erlebte ihren Höhepunkt in den 1980er Jahren mit dem breiten Widerstand gegen die Stationierung von Raketen mit Nuklearsprengköpfen in Deutschland. Die Sitzblockaden und andere gewaltfreie Aktionen wurden später nach jahrelangen Verfahren vom Bundesverfassungsgericht als legal anerkannt. Die von Vorinstanzen Verurteilten wurden entschädigt.
    Heute weht ein anderer Zeitgeist.
    Quelle: Infosperber
  13. Pulverfass Taiwan: USA provozieren China
    Die gute Nachricht zuerst: Es wird nicht nur gedroht, es wird auch noch miteinander geredet. Die Verteidigungsminister der USA und Chinas, Lloyd Austin und Wei Fenghe, trafen am Freitag zu ihrem ersten persönlichen Gespräch zusammen, am Rande des Shangri-La-Dialogs in Singapur, den manche als asiatisches Gegenstück zur Münchner Sicherheitskonferenz einstufen. Fast eine Stunde lang tauschten sich beide aus, doppelt so lange wie geplant. Ob man daraus Hoffnung ziehen darf? Nun, Zweifel sind angebracht.
    Denn nicht nur die verbalen Drohungen, mit denen sich Washington und Beijing gegenseitig überziehen, auch die bedrohlichen Aktivitäten, die sie entfalten, nehmen zu. Sie kreisen nicht nur, aber immer öfter um Taiwan. Die Vereinigten Staaten rüsten die Insel mit aller Macht auf, bereiten nun sogar eine stetige Zusammenarbeit ihrer Nationalgarde mit Taipehs Streitkräften vor – ein Schritt, der gewöhnlich das Ziel verfolgt, die Kooperationsfähigkeit mit dem US-Militär zu optimieren. Die Volksrepublik reagiert, indem sie die Kriegsübungen in relativer Nähe zu Taiwan intensiviert. Immerhin operieren die USA, wenn sie sich dort betätigen, keine 200 Kilometer vom chinesischen Festland entfernt.
    Quelle: junge Welt
  14. Harald Schmidt: Wenn ich in Berlin zu tun habe, übernachte ich in Hannover
    Harald Schmidt schießt seine verbalen Pfeile jetzt in Interviews ab. Wir sprachen mit ihm über Berlin, Sahra Wagenknecht und das Robert-Habeck-Modul. […]
    Kommen Print-Journalisten auf Sie zu, weil Sie Orientierung brauchen in einer sich immer schneller verändernden Welt? Früher haben Sie die ja allabendlich gegeben.
    Ich würde nicht behaupten, dass ich jemand bin, der Orientierung gibt. Ich lerne sehr schnell aktuelle Sprachmodule und die geb ich dann zusammengefasst oder leicht geändert wieder. Aktuell ist es das Robert-Habeck-Modul, das heißt „Man weint, bevor man jemanden feuert“, und wird als neuer Politikstil gefeiert. Das kenne ich aber schon aus NRW: Wenn Industrie-Produktionen nach Rumänien verlagert wurden, kam am Nachmittag der aktuelle Ministerpräsident mit einem roten Schal und eine Stunde später gingen die Mitarbeiter mit einer Rose in der Hand vom Hof – statt Abfindung. […]
    Glauben Sie, es ist, wie Sahra Wagenknecht es in ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ sagt, dass die Diskurse um Identitätspolitik, Intersektionalität und so weiter nur von einer kleinen Gruppe akademischer Linker geführt wird?
    Selbstverständlich. Ich würde sagen: Berlin-Mitte plus die davon abhängigen Online-Medien. Ich fahre viel durch Deutschland – Tankstellen, Supermärkte und so weiter. Die Leute wissen gar nicht, dass es diese Diskussionen überhaupt gibt. Beispiel Wahl in Nordrhein-Westfalen: Wir haben rund 60 Prozent für SPD und CDU. Jetzt haben die Grünen allerdings phänomenal zugelegt, also haben wir weiterhin eine konservative Politik mit dem neuen Wohlfühl-Konservatismus, den die Grünen verkörpern – ganz klar eine Besser- und Topverdiener-Partei. Das bedeutet: Wir fahren jetzt mit dem E-Bike zu Alnatura.
    Sind Sie Wagenknecht-Fan?
    Ich kenne niemanden, der begeisterter von Sahra Wagenknecht ist als deutsche Investment-Banker, die wissen: Es ist alles richtig, was sie sagt, zum Glück kann sie es nicht umsetzen. […]
    Das nicht, aber von Luisa Neubauer, die Olaf Scholz vorwirft, er habe Klima-Aktivisten mit Nazis verglichen. Der Shitstorm funktioniert aber nicht.
    Ein Shitstorm von Luisa Neubauer ist angesichts der momentanen Weltlage bedeutungslos. Das liegt auch daran, dass die Information darüber, wer die Nazis eigentlich waren, verblasst. Die Generation „Opa erzählt vom Krieg“ stirbt weg und jetzt hört man Sätze – ich glaube, es war von unserer Außenministerin – die besagen, man fürchte eine „Kriegsmüdigkeit“. Der Begriff fiel auf jeden Fall aus grünem Munde und hat mich sehr irritiert. Für mich als Zivildienstleistenden war das immer klar, dass man kriegsmüde ist. Da hat sich einiges getan und ich verfolge mit großem Interesse, wie das weitergeht.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers C.K.: Es ist erfrischend wohltuend, einem der letzten Intellektuellen des öffentlichen Lebens zuzuhören und sich an seinem bissigen Humor zu erfreuen.

    Anmerkung JK: Harald Schmidt bringt es immer noch auf den Punkt.


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