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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 20. April 2011 um 8:57 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Inflationsgespenst oder reale Bedrohung?; Lächerliches Rating; For you Southern Europe, ze inflation is over; Arbeit und menschliche Würde; Armut macht krank; Burnout auf dem Vormarsch; Hartz IV – war da nicht mal was?; Armut doppelt bestraft; Greenpeace-Studie: Energiekonzerne verweigern Investitionen in Erneuerbare Energien; Leiharbeit-Bosse bei der SPD; Nazis missbrauchen den 1. Mai; Sächsisches Versammlungsgesetz ist nichtig; Libya conflict: EU awaits UN approval for deployment of ground troops; Türkei: Prominente Kurden-Politiker von Wahl ausgeschlossen; Plagiatsvorwurf erhärtet; Prekäre Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen; Eine Woche Dauerfeuer; DGB-Aufruf zum 1. Mai (MB/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Inflationsgespenst oder reale Bedrohung?
  2. Lächerliches Rating
  3. For you Southern Europe, ze inflation is over
  4. Arbeit und menschliche Würde
  5. Armut macht krank
  6. Burnout auf dem Vormarsch
  7. Hartz IV – war da nicht mal was?
  8. Armut doppelt bestraft
  9. Greenpeace-Studie: Energiekonzerne verweigern Investitionen in Erneuerbare Energien
  10. Leiharbeit-Bosse bei der SPD
  11. Nazis missbrauchen den 1. Mai
  12. Sächsisches Versammlungsgesetz ist nichtig
  13. Libya conflict: EU awaits UN approval for deployment of ground troops
  14. Türkei: Prominente Kurden-Politiker von Wahl ausgeschlossen
  15. Plagiatsvorwurf erhärtet
  16. Prekäre Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen
  17. Eine Woche Dauerfeuer
  18. DGB-Aufruf zum 1. Mai: Das ist das Mindeste! Faire Löhne – Gute Arbeit – Soziale Sicherheit

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Inflationsgespenst oder reale Bedrohung?
    Der gegenwärtige gesamte Verbraucherpreisanstieg um 2,1 % für Februar 2011 erscheint vor dem Hintergrund der starken Preiserhöhungen bei Energie (+ 10,2 %), leichtem Heizöl (+ 32 %), Strom (+ 7,5 %) und Gas (+ 3,5 %) noch moderat.
    Die aktuellen Preissteigerungen gehen eindeutig auf das Konto steigender Energiepreise. Um diese langfristig in den Griff zu bekommen, sollten deutlich mehr Anstrengungen unternommen werden, um den Energieverbrauch durch die Energieeffizienz von Gebäuden, im Verkehrsbereich und im produzierenden Sektor zu senken. Nicht zuletzt sollten preistreibende Spekulationen mit Rohstoffen und Nahrungsmittel untersagt und zumindest mittels einer Finanztransaktionsteuer eingedämmt werden. Übrig bliebe eine moderate Kerninflationsrate, die wie heute keinen Anlass zur Sorge bietet.
    Inflationsgespenst oder reale Bedrohung
    Quelle: DGB standpunkt [PDF – 152 KB]
  2. Lächerliches Rating
    S&P hat Zweifel an der Bonität der USA. Die Einschätzung ist naiv, denn fallen die USA, fällt die Welt mit. Die Agentur aber hat den schlimmen Ruf ihrer Branche weiter verschlechtert.
    Gut gebrüllt, Standard & Poor’s. Die bedeutendste Ratingagentur hat die Kreditwürdigkeit der Weltmacht USA angezweifelt, zum ersten Mal seit sie 1941 die Top-Note AAA den amerikanischen Staatsschulden verliehen hat. Das ist mutig, richtig und gerecht, mag man denken, nachdem in den vergangenen Monaten immer nur die Kleinen wie Griechenland, Portugal oder Irland unter der Macht der Agenturen zu leiden hatten. Doch ein Blick auf die Reaktion der Finanzmärkte sollte uns eines Besseren belehren: Während die Euro-Krise mit jeder Rating-Herabstufung dramatischer wurde, die Anleihekurse der Wackelkandidaten abstürzten, passierte am Montag genau das Gegenteil. Der Dollar gewann gegenüber fast allen relevanten Währungen. Und die Kurse der US-Staatsanleihen beendeten den Handel höher als zum Wochenschluss. Verkehrte Welt? Nein. Die Entscheidung der Ratingagentur ist schlicht lächerlich, weil sie die kapitalistische Logik missachtet. Wo bitte schön sollen die Anleger denn ihr Geld anlegen, wenn die Leitwährung nicht mehr sicher ist? Das Einzige, was S&P mit ihren Zweifeln erreicht hat, ist die Erhöhung des Risikoempfindens und damit die Flucht in Sicherheit. Und diese Sicherheit ist nun mal der Dollar, sind die US-Staatsanleihen.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  3. For you Southern Europe, ze inflation is over
    Cezmi Dispinar points to the below slide from a presentation by Heiner Flassbeck [PDF – 155 KB] over at NachDenkSeiten. It’s all in German, and it’s about eurozone monetary policy, but stick with it!
    Lohnstückkosten in Deutschland und Südeuropa
    The chart shows unit labour costs — with the red line being Germany, the black line France, the blue line Southern Europe and the green line, the European Central Bank’s 2 per cent inflation target.
    And here’s the issue, as interpreted by Paul Krugman:
    The point is that the introduction of the euro led to a period of low interest rates in southern Europe, triggering an inflationary boom; when the boom ended, they were left uncompetitive with northern Europe. And the ECB is in effect demanding that all the removal of that competitiveness gap take place via deflation in the south, none of it through inflation in Germany.
    Quelle: FT.com/alphaville
  4. Arbeit und menschliche Würde
    Jahrhunderte hat es gedauert, bis Würde die klassenspezifische Zuschreibung eines Statusmerkmals verloren hat und, angereichert mit moralischem Ansehen, zum Bestandteil der Rechtskultur wurde. Es ist offensichtlich Lernresultat aus Auschwitz und den sonstigen Staatsverbrechen, staatliches Handeln rechtswirksam zu binden. Wenn der moralische Impuls, der selbst im Statusbegriff der Würde verborgen war, in die Verfahrensrationalität eines Verfassungssystems eingebunden wird, ist dies ein gewaltiger Rechtsfortschritt. Die Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt- und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Im normativen Gehalt unserer Verfassung sind hohe Maßstäbe gesetzt; die Unantastbarkeit der Würde ist zu achten und zu schützen. Das deutsche Volk bekennt sich zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als der Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Höher sind gesellschaftliche Humanisierungsansprche kaum zu setzen; was dem zu Grunde liegt, ist der utopische Entwurf einer friedensfähigen und gerechten Gesellschaft. Man kann hier nicht nur von der Würde des Einzelnen sprechen, sondern von der Würde des Gemeinwesens, denn ein würdevolles Leben der Einzelnen kann es nur geben, wenn die Menschen diesen verfassungsrechtlich festgelegten Schutz und die Achtung in sichtbaren und spürbaren Alltagserfahrungen der kollektiven Solidarität wahrnehmen.
    Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung
  5. Armut macht krank
    Wie Einkommen und Bildung die Gesundheit beeinflussen
    Arme Menschen haben ein höheres Risiko, krank zu werden, als die Menschen in der hohen Einkommensgruppe – auch in Deutschland. Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck, Diabetes, chronische Bronchitis, chronische Lebererkrankung, Osteoporose, Arthrose und Depression treten bei ihnen zum Teil doppelt so häufig auf. Besonders drastisch wird der Unterschied deutlich, wenn man die Lebenserwartung betrachtet. Laut Robert Koch-Institut liegt die mittlere Lebenserwartung bei Geburt bei Frauen aus der Armutsrisikogruppe rund acht Jahre unter der von Frauen aus der hohen Einkommensgruppe. Bei Männern beträgt die Differenz sogar elf Jahre. Der Verdacht liegt nahe, dass dies in erster Linie mit der Lebensweise zu tun hat. Und in der Tat ist es so, dass Frauen und Männer aus der Armutsrisikogruppe häufiger rauchen, weniger Sport treiben und deutlich häufiger übergewichtig sind. Doch Langzeituntersuchungen zeigen: Es gibt weitere Faktoren, die hier eine große Rolle spielen, von denen man lange nichts ahnte.
    Quelle: WDR Quarks
  6. Burnout auf dem Vormarsch
    Nach einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) setzt sich der Anstieg von psychischen Erkrankungen unverändert fort. So ist 2010 nahezu jeder zehnte Ausfalltag auf eine psychische Erkrankung zurück zu führen. Bei der Untersuchung der Krankmeldungen von mehr als 10 Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmern zeigt sich: Die Diagnose Burnout (Ausgebrannt) wird von den Ärzten zunehmend dokumentiert. Um nahezu das 9-fache sind die Krankheitstage zwischen 2004 und 2010 wegen Burnout angestiegen. Insbesondere Frauen und Menschen in erzieherischen und therapeutischen Berufen sind von einem Burnout betroffen. „Zeitdruck und Stress nehmen offenbar zu und die Gefahr besteht, dass die Menschen von zwei Seiten gleichzeitig ausbrennen, vom Beruf her und durch familiäre Belastungen“, so Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO.
    Quelle 1: Wissenschaftliches Institut der AOK (Kurzfassung)
    Quelle 2: Wissenschaftliches Institut der AOK (Pressemitteilung mit Grafiken) [PDF – 66 KB]
  7. Hartz IV – war da nicht mal was?
    Die Hartz-IV-Betroffenen: Die Vergessenen und Verstoßenen einer reichen Gesellschaft?
    Zur Zeit rauschen die Meldungen zum “Bildungspaket” für die Kinder von Hartz-IV-Betroffenen durch den Blätterwald. Das Angebot wird von die Betroffenen noch kaum abgefragt, die Medien berichten von bisher gerade einmal zwei Prozent Anträgen aus dem Kreis der Antragsberechtigten für das Angebot. Ich befürchte, dass große Teile der Öffentlichkeit, was von der Regierung durchaus gewollt zu sein scheint, daher zu dem Ergebnis kommen werden, “na so knapp kann es bei den Hartz’lern ja nicht sein, wenn sie jetzt nicht rennen und das Geld einfordern.” Die Realität vor Ort sieht hingegen völlig anders aus. Seit Jahren engagiere ich mich als Sozialarbeiter ehrenamtlich für Betroffene von Hartz IV und am Wochenende hatten wir ein gemeinsames Treffen in unserer Kleinstadt im südlich-ländlichen NRW. Das Treffen warf ein Schlaglicht auf die reale Situation der hilfsbedürftigen Menschen, die weit entfernt von den Vorstellungen der meisten Politiker, großer Teile der Medien und der Wahrnehmung der Bevölkerungsmehrheit ist.
    Quelle: Spiegelfechter
  8. Armut doppelt bestraft
    Seit Jahresbeginn gelten Elterngeldkürzungen: Betroffen sind vor allem Hartz-IV-Haushalte. Regierung antwortet auf Anfragen der Linksfraktion
    Es war absehbar und so geplant: Die Bundesregierung wollte mit den im Juni 2010 beschlossenen Kürzungen beim Elterngeld 600 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Davon sollten ihren eigenen Berechnungen zufolge gerade mal 0,2 Millionen aus den Abschlägen ab einem Nettoeinkommen von 1240 Euro kommen. Dagegen bringt die Komplettstreichung des Elterngeldes von 1800 Euro monatlich ab einem Familieneinkommen von jährlich 500000 Euro dem Staat immerhin rund 43 Millionen an Minderausgaben. Es bleiben immer noch mehr als 556 Millionen Euro, die den ärmsten Familien im Lande weggenommen werden, also den Kindern, für die die Eltern später mühsam ein paar Euro aus dem Bildungspaket für Hartz-IV-Bezieher beantragen dürfen.
    Den aktuellen Stand bei diesem neuerlichen Raubzug erfragte jetzt die Linksfraktion im Bundestag. Wie deren familienpolitischer Sprecher Jörn Wunderlich am Montag nachmittag mitteilte, geht aus den Antworten der Bundesregierung auf zwei kleine Anfragen hervor, daß seit Inkrafttreten der Änderung des Bundeselterngeldgesetzes (BEEG) am 1. Januar 125000 Bedarfsgemeinschaften von der Komplettstreichung betroffen sind, darunter 47000 Alleinerziehende. Künftig wird es Angaben zur Zahl der Betroffenen wohl kaum noch geben, da sie gar nicht erst Elterngeld beantragen können. Die Bundesregierung begründete ihre Streichorgie gekonnt: Der Grundbedarf der Empfänger von Arbeitslosengeld II sei durch die entsprechenden Regelsätze und Extraleistungen gesichert. Die »zusätzliche« Gewährung von Elterngeld verringere den »Lohnabstand«. Zudem werde auch das Kindergeld auf die Sätze angerechnet.
    Quelle: Junge Welt
  9. Greenpeace-Studie: Energiekonzerne verweigern Investitionen in Erneuerbare Energien
    Die vier großen Energiekonzerne RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW verweigern sich der Energiewende. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Berliner Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) im Auftrag von Greenpeace, die die unabhängige Umweltschutzorganisation heute in Berlin vorstellt. Gerade einmal 0,5 Prozent des Stroms aus Wind- und Sonnenkraft stammt von den vier Stromriesen. Daran soll sich laut Planung der Konzerne auch in Zukunft wenig ändern. Die Energieversorgung aus Wind- und Sonne wird zu 96 Prozent von Regionalversorgern, Stadtwerken, Bürgerwindparks und Privathaushalten getragen. […]
    Greenpeace-Studie
    Während die vier großen Stromkonzerne mit 68 Prozent der Stromerzeugung eine marktbeherrschende Stellung einnehmen, liegt ihr Anteil bei der Stromerzeugung aus Wind, Biomasse, Erdwärme und Solarstrom ohne alte Wasserkraftanlagen bei mageren 0,5 Prozent. Der Löwenanteil beim Boom der Erneuerbaren Energien stammt dagegen von Regionalversorgern, Stadtwerken, aus Bürgerwindparks und von Privathaushalten. Sie tragen zu 32 Prozent zur Stromgewinnung Deutschlands bei. Von den 13 Prozent deutschen Stroms aus Sonne und Wind liefern sie 12,5 Prozent.
    Quelle 1: Greenpeace
    Quelle 2: Studie Investitionen der vier großen Energiekonzerne in Erneuerbare Energien [PDF – 1.3 MB]
  10. Leiharbeit-Bosse bei der SPD
    In Bremerhaven betreiben führende SPDler eine Leiharbeitsfirma. Die Gewerkschaft Ver.di will nun dagegen vorgehen.
    Eigentlich finden SPD und DGB Leiharbeit nicht gut. Deswegen demonstrierte der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel noch im Februar mit dem Gewerkschaftsbund vor dem Kanzleramt. Am vergangenen Donnerstag diskutierte der Ortsvorstand der Gewerkschaft Ver.di in Bremerhaven lange und intensiv: Sollen Gewerkschafter sich an Leiharbeitsfirmen beteiligen? Soll der Magistrat eine Leiharbeitsfirma unterstützen? Das Ergebnis der Ver.di-Debatte war ein klares “Nein” – und das ist ein Sprengsatz für Bremerhaven. Denn dort gibt es die Leiharbeitsfirma “Personal aktiv”, eine Tochter der Arbeitsförderungszentrum GmbH (AFZ). Und dessen Geschäftsführer ist Siegfried Breuer, SPD-Unterbezirksvorsitzender von Bremerhaven. Chef von Personal aktiv wiederum ist Gerrit Michaelis. Und alle zwei – Breuer und Michaelis – sind im SPD-Ortsverein Bremerhaven-Mitte.
    “Für solche Verknüpfungen gibt es auf der Anti-Korruptionsseite des Bremer Senats die Rubrik ,strukturelle Korruption'”, sagt Sascha Schomacker bitter. Er ist ein in Sachen Leiharbeit engagiertes Mitglied von Ver.di.
    Quelle: taz

    Anmerkung WL: Die Genossen vor Ort haben doch nur nachgemacht, was der ehemalige SPD-Superminister vorgemacht hat. Wolfgang Clement ist seit 2006 „Chairman“ des Adecco Instituts, also des weltgößten „Personaldienstleisters“ das jeden Tag 700.000 Menschen an 150.000 Unternehmen vermittelt.

  11. Nazis missbrauchen den 1. Mai
    Arbeitnehmerfreizügigkeit: Der Bundesregierung fehlt der Wille zur sozialen Gestaltung
    Am 1. Mai rufen Neonazis in vier deutschen Städten zu Demonstrationen auf. In Bremen wollen die neuen Rechten sogar einen Sozialkongress abhalten. “Fremdarbeiterinvasion stoppen” ist ihre Parole zum 1. Mai 2011. Der 1. Mai ist in diesem Jahr nicht nur der Tag der Arbeit. Am 1. Mai tritt auch die so genannte volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in Kraft.
    Das bedeutet, dass Arbeitskräfte aus acht osteuropäischen Ländern, die 2004 der EU beigetreten sind, uneingeschränkt in Deutschland arbeiten können. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit weckt auch bei vielen deutschen Arbeitnehmer/innen Sorgen, die von den Rechten geschürt und ausgenutzt werden. Sie hoffen auf Zulauf am 1. Mai. Aber sie werden überall in der Republik von Gegendemonstrant/innen empfangen, die ihnen keinen Meter Raum überlassen wollen.
    Eine aktuelle Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung zeigt, dass sich 73 Prozent der befragten Arbeitnehmer/innen vor der Öffnung des Arbeitsmarktes fürchten. Knapp 43 Prozent gehen davon aus, dass auch qualifizierte Arbeitskräfte hierzulande ihren Arbeitsplatz verlieren.
    Die Sorge ist groß, dass jetzt Scharen von legalen Einwanderern, die bereit sind, für noch niedrigere Löhne zu arbeiten, einheimische Arbeitskräfte verdrängen. Viele Beschäftigte spüren seit langem, wie der Druck auf das Lohngefüge immer stärker wird, wie Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung per Gesetz verschlechtert werden und nach unten eher Haltelinien gekappt als neu eingezogen werden…
    Die Bundesregierung hat es nicht geschafft, im Vorfeld auf die Situation zu reagieren und soziale Absicherungen zu schaffen. So hätte sie Ängste abbauen können. Zeit genug wäre gewesen. Und die Mittel sind auch bekannt. Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von mindestens 8,50 Euro pro Stunde würde hierzulande eine soziale Absicherung bieten. Arbeit würde nicht mehr arm machen. Er würde für alle gelten.
    Quelle: verdi News
  12. Sächsisches Versammlungsgesetz ist nichtig
    Der im Gesetzgebungsverfahren im Wesentlichen unverändert gebliebene Artikel 1 des Entwurfes eines Sächsischen Versammlungsgesetzes sah eine Übernahme des Versammlungsgesetzes des Bundes als Landesrecht vor. Der Wortlaut des Versammlungsgesetzes ließ sich weder dieser Vorlage noch den im Gesetzgebungsverfahren nachfolgenden Parlamentsdokumenten entnehmen.
    Die repräsentative parlamentarische Demokratie setze den aktiv an der Arbeit des Parlaments mitwirkenden Abgeordneten voraus. Es sei deshalb geboten, dem Abgeordneten jene Informationen zu unterbreiten, die ihm eine eigenverantwortliche Entscheidung über Gesetzgebungsvorhaben ermöglichten. Solle er sein Mandat wirkungsvoll ausüben, müsse er den vorgeschlagenen Gesetzestext zur Kenntnis nehmen können.
    Quelle: Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen

    Anmerkung WL: Die sächsische Regierung probte wohl den Idealfall der Demokratie von oben: Das Parlament nickt ein Gesetz ab, dessen Wortlaut es noch nicht einmal kennt.

  13. Libya conflict: EU awaits UN approval for deployment of ground troops
    European member states poised to send 1,000 soldiers to besieged rebel city of Misrata to assist relief effort.
    The EU has drawn up a “concept of operations” for the deployment of military forces in Libya, but needs UN approval for what would be the riskiest and most controversial mission undertaken by Brussels.
    The armed forces, numbering no more than 1,000, would be deployed to secure the delivery of aid supplies, would not be engaged in a combat role but would be authorised to fight if they or their humanitarian wards were threatened. “It would be to secure sea and land corridors inside the country,” said an EU official.
    The decision to prepare the mission, dubbed Eufor Libya, was taken by the 27 governments at the beginning of April. In recent days, diplomats from the member states have signed a 61-page document on the concept of operations, which rehearses various scenarios for the mission in and around Libya, such as securing port areas, aid delivery corridors, loading and unloading ships, providing naval escorts, and discussing the military assets that would be required.
    Quelle: Guardian
  14. Türkei: Prominente Kurden-Politiker von Wahl ausgeschlossen
    Die Wahlbehörden in der Türkei haben ein Dutzend prominente Kurdenpolitiker von der Kandidatur für Parlamentsmandate bei der Wahl am 12. Juni ausgeschlossen. Zur Begründung verwies der Wahlausschuss auf die Vorstrafen der Bewerber, wie türkische Medien am Dienstag berichteten. Unter den Betroffenen ist unter anderem die Ex-Abgeordnete Leyla Zana, die Trägerin des Menschenrechtspreises des EU-Parlaments.
    Quelle: NZZ
  15. Plagiatsvorwurf erhärtet
    FDP-Frau Silvana Koch-Mehrin soll bei ihrer Promotion massiv abgekupfert haben. Dieses Prüfergebnis legt eine Online-Plattform vor.
    Nach Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg soll nun auch die FDP-Politikerin und Vizepräsidentin des Europaparlaments Silvana Koch-Mehrin des vielfachen Plagiats in ihrer Doktorarbeit überführt worden sein. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau belegt ein abschließender Prüfbericht, dass Koch-Mehrin “in erheblichem Ausmaß” in ihrer Arbeit über die “Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik” abgeschrieben hat – ohne Quellenbeleg, der Bericht weise auf 27,9 Prozent aller Seiten “sichere Plagiate” nach, sagte einer der Prüfer der Online-Plattform “Vroniplag” der FR. “Jeder kann sich selbst ein Bild machen, das ist ein klarer Fall von Plagiarismus.”
    Im Vergleich zu Guttenberg sei die Qualität nicht nur wegen des geringeren Anteils der Plagiate sondern auch wegen der Umsetzung dann auch eine andere: “Wenn wir das mit der Tour de France vergleichen, dann können wir sagen, dass wir Koch-Mehrin des Dopings überführt haben, während Guttenberg auf einem Motorrad davongefahren ist. Aber Doping führt auch zur Disqualifikation”, so ein “Vroniplag”-Sprecher zur FR.
    Quelle 1: Frankfurter Rundschau
    Quelle 2: Vroniplag

    dazu: Schnelle Kopistin
    Die Plagiatsvorwürfe gegen Silvana Koch-Mehrin sind Wasser auf die Mühlen ihrer Kritiker. Die FDP-Politikerin gilt – nicht nur unter ihren Kollegen im Europa-Parlament – als faul und inkompetent.
    In den Plagiats-Affären des ehemaligen CSU-Spitzenpolitikers Karl-Theodor zu Guttenberg und der FDP-Spitzenpolitikerin Silvana Koch-Mehrin gibt es einen bemerkenswerten Unterschied: Im Fall zu Guttenbergs rieb sich das Publikum verwundert die Augen, wie tief ein aufstrebendes Nachwuchs-Talent von einem Tag auf den anderen fallen konnte, im Fall Koch-Mehrin überwiegt die Verwunderung, wie es der Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments überhaupt gelingen konnte, so hoch zu steigen.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

  16. Prekäre Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen
    Bis zu 90 Prozent der Wissenschaftler sind befristet beschäftigt: der Soziologe Matthias Neis über die “prekäre Wissenschaft”
    Matthias Neis promoviert am Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena zum Thema “Prekäre Wissenschaft? Gefährdungspotentiale atypischer Beschäftigung in der Wissenschaft und ihre arbeitspolitische Gestaltbarkeit”. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich Wissenschaftssoziologie und Hochschulforschung. Seit Februar 2010 arbeitet er im Projekt Fairspektive der Gewerkschaft ver.di, das eine Verbesserung der wissenschaftlichen Arbeitswelt an deutschen Hochschulen zum Ziel hat. Telepolis führte mit ihm ein Interview über prekäre Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen.
    Quelle: Telepolis
  17. Eine Woche Dauerfeuer
    Im zweiten Teil der Serie »Der 1.-Mai-Komplex – Wie die linksextreme Mafia in Berlin organisiert ist« hat die Springer-Zeitung BZ am Dienstag »Drahtzieher der linken Szene« geoutet. Es handelt sich – Überraschung – um völlig legal agierende Linke, die mit ihren Namen in der Öffentlichkeit auftreten. Darunter die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Die Linke), der Rechtsanwalt Sven Lindemann, der Bundestagsmitarbeiter und jW-Autor Nikolaus Brauns, der Betreiber des Buchladens »Schwarze Risse«, Friedhelm R. sowie die Berliner Abgeordnete der Linkspartei, Evrim Baba.
    Genau genommen wird ihnen nichts Illegales vorgeworfen. Allerdings steht die Liste der »Drahtzieher« am Rand einer Doppelseite, die insgesamt als Teil 2 einer Serie über den »linksextremen Untergrund in Berlin« überschrieben ist. Im Hauptartikel »Die Krawall-Maschinerie« ist von einem »Netzwerk aus Vereinen, Anwälten und Spendern« die Rede. In den ersten Absätzen geht es um Autobrandstiftung, konkret um den einzigen Linken, der als Autobrandstifter überführt und nicht nur als solcher verdächtigt wurde. Das wird allerdings nicht erwähnt. Statt dessen skandalisiert die BZ, daß es nach seiner Festnahme »Anwälte, Freunde und Helfer« gab. Der Hinweis, daß dies nicht verboten sei, erfolgt später.
    Quelle: Junge Welt
  18. DGB-Aufruf zum 1. Mai: Das ist das Mindeste! Faire Löhne – Gute Arbeit – Soziale Sicherheit
    Wir fordern von der Bundesregierung und von den Arbeitgebern:

    • gleichen Lohn für gleiche Arbeit für Stamm- und Leihbeschäftigte,
    • den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde,
    • gute Arbeit, die eine Familie ernährt, nicht krank macht und mitbestimmt ist,
    • flexible Übergänge in die Rente statt Rente mit 67 und
    • eine solidarische Bürgerversicherung im Gesundheitssystem und in der Pflege statt Kopfpauschalen und immer mehr Eigenbeteiligung.

    Der 1. Mai ist unser Fest der Solidarität und kein Ort für alte und neue Nazis.
    Wir demonstrieren am 1. Mai in Deutschland und Europa für eine gerechte soziale Ordnung: mit guter Arbeit, fairen Löhnen und sozialer Sicherheit für alle! Wir wollen eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt.
    Quelle 1: DGB
    Quelle 2: Plakate und Slogans seit 1950


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