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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 18. Dezember 2022 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Scholz und die Zeitenwende in den Gräben von Artjomowsk
  2. Deutschland kauft atomwaffenfähige F-35-Kampfjets: Ein Segen für das Pentagon
  3. Anton Hofreiter: Entweder Nato-Mitgliedschaft für Ukraine oder 3200 Leopard-Panzer
  4. Uno-Bericht: Mehr als 11.000 Kinder durch Bürgerkrieg im Jemen getötet oder verstümmelt
  5. Martin Sonneborn zu Eva Kaili und Korruption: „Festnahme hat mich überrascht“
  6. Unterstützung für Tafeln: Gefahr der Vereinnahmung
  7. Wohnungsnot kein Thema mehr?
  8. Soll die Wissenschaft den Kontakt nach Russland abbrechen?
  9. Wolfgang Kubicki: Warum eine Aufarbeitung der Corona-Jahre dringend nötig ist
  10. Simple Erklärungsmuster: Ralf Fücks erläutert die Gefahr alternativer Medien

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Scholz und die Zeitenwende in den Gräben von Artjomowsk
    Dass der lange Artikel von Olaf Scholz “Die globale Zeitenwende”, der in der US-amerikanischen Zeitschrift Foreign Affairs veröffentlicht wurde, wäre er ein Schulaufsatz, wegen Themaverfehlung mit einer “6” benotet werden müsste, ist symptomatisch. Denn die Frage, die im Untertitel gestellt wird und die tatsächlich einige Bedeutung hat, lautet: “Wie ein neuer Kalter Krieg in einer multipolaren Ära vermieden werden kann.” Aber die Frage wird nicht beantwortet.
    Stattdessen ist es ein surrealer Text, der die veränderte Wirklichkeit nicht ansatzweise zur Kenntnis nimmt und mit allerlei Winkelzügen nichts als ein “weiter wie bisher” anstrebt. Scholz preist sich, Peking in Bezug auf Menschenrechte belehrt zu haben, und meint, “die Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten kann niemals eine ‘innere Angelegenheit’ eines einzelnen Staates sein, denn alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben sich dazu bekannt, diese Rechte und Freiheiten zu wahren”.
    Als Jurist muss sich Olaf Scholz darüber im Klaren sein, dass sich jede beliebige rechtliche Frage als eine der Grundrechte und Grundfreiheiten darstellen lässt. So ist beispielsweise die Steuererhebung ein Eingriff in das Recht auf Eigentum, oder auch die Haft eines Straftäters ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht. Das ist Stoff des ersten Semesters. Wäre die Lesart zutreffend, die Scholz hier gibt, könnte sich jeder Staat in jede einzelne Entscheidung eines anderen Staates einmischen. So ist das natürlich von Scholz nicht gemeint, dann könnte er sich gleich einen entsprechenden Vortrag von den Chinesen über die Missachtung des Rechts auf angemessene Wohnung durch die Bundesregierung abholen (ein Recht, das durchaus Teil der Grundrechtecharta der Vereinten Nationen ist); er meinte nur jene Rechte, die sich gerade für die westliche Politik als nützlich erweisen.
    Quelle: Dagmar Henn in RT DE

    dazu: Scholz schreibt ein Manifesto über Geopolitik
    Der Bundeskanzler hat etwas veröffentlicht, das man als sein Manifest interpretieren kann, in dem er erklärt, wie er die Geopolitik versteht und wie er Deutschlands Rolle in der Welt sieht. Die Tatsache, dass sein Machwerk im Magazin des einflussreichen amerikanischen Council on Foreign Affairs veröffentlicht wurde, kann man als stillschweigende Zustimmung der US-Geostrategen für die Positionen von Scholz verstehen. Das verwundert nicht, denn in erster Linie ist das Machwerk von Scholz ein Treueschwur an die USA.
    Quelle: Anti-Spiegel

  2. Deutschland kauft atomwaffenfähige F-35-Kampfjets: Ein Segen für das Pentagon
    Jahrelang wurde um eine europäische Lösung gerungen. Nun gibt der Bundestag grünes Licht für den Kauf von F-35-Kampfjets des US-Rüstungskonzerns Lockheed Martin […]
    Da Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages am heutigen Mittwoch die ersten Milliarden des von Olaf Scholz angekündigten 100-Milliarden-Aufrüstungs-Programms durchgewunken haben – das Märchen von der schlecht ausgerüsteten Bundeswehr ist ja inzwischen fest in den Köpfen verankert –, lohnt es sich, das prominenteste Projekt etwas näher zu betrachten: die Beschaffung von 35 F-35-Kampfjets für 8,3 Milliarden Euro. Ein einträgliches Geschäft für den amerikanischen Hersteller Lockheed Martin, denn es wird bestimmt nicht bei 8,3 Milliarden bleiben, und ein Segen für die Strategie des Pentagons, das die volle Kontrolle über die nukleare Teilhabe der Bundesrepublik behalten möchte. Einem europäischen Kampfjet hätten die US-Strategen ihre Atombomben nicht so ohne weiteres anvertraut, da bleibt man – trotz aller Nato-Partnerschafts-Ideologie – weiter misstrauisch. Eine F-35 dagegen sendet alle Einsatzdaten automatisch ans Pentagon.
    Die Entscheidung für den superteuren und anfälligen Tornado-Nachfolger (Stückpreis gut 200 Millionen Euro) fiel nur drei Wochen nach Beginn des Ukrainekriegs. Davor wurde jahrelang zäh um eine europäische Lösung gerungen, um ein Joint Venture, das dem von Airbus sehr ähnlich ist; auch eine Weiterentwicklung des Eurofighter hätte genügt oder das Warten auf das europäische Future Combat Air System (FCAS). Aber Zeit glaubte man angesichts der russisch-chinesisch-iranischen Bedrohung nicht mehr zu haben. Zeitdruck macht immer gute Geschäfte.
    Quelle: Wolfgang Michal in der Freitag
  3. Anton Hofreiter: Entweder Nato-Mitgliedschaft für Ukraine oder 3200 Leopard-Panzer
    Der Grünen-Politiker hat den Berliner Verlag besucht. Er sprach über ein Ende des Ukraine-Kriegs, wieso Macron sich überschätzt und was zu tun ist, damit China uns nicht mehr erpressen kann. […]
    Es gebe nur zwei Möglichkeiten, die Ukraine nach einem Ende des Krieges dauerhaft zu schützen. Entweder man nehme sie in die Nato auf, wofür Hofreiter plädiert und was er die „kostengünstigere Variante“ nennt. Oder man statte die Ukraine danach mit 3200 Leopard-Panzern aus. „Dann wird niemand sie mehr angreifen.“
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung Florian Warweg: Diese Aussage von Hofreiter bestätigt nochmal eindringlich den Verweis von Sarah Wagenknecht, dass die Grünen derzeit die gefährlichste Partei Deutschlands sind.

    Anmerkung Albrecht Müller: Immer wieder muss man mit Erstaunen und mit Frösteln feststellen, welch ein reaktionärer Kalter Krieger Geist unter dem Deckmantel der Grünen in die Politik eingezogen ist.

  4. Uno-Bericht: Mehr als 11.000 Kinder durch Bürgerkrieg im Jemen getötet oder verstümmelt
    Seit Jahren tobt im Jemen ein Bürgerkrieg. Bei den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen haben Tausende Kinder bereits ihr Leben verloren.
    Seit der Eskalation des Bürgerkriegs im Jemen vor fast acht Jahren sind nach Angaben der Vereinten Nationen in dem Land mehr als 11.000 Kinder getötet, verstümmelt oder verletzt worden. »Die tatsächliche Zahl der Opfer dieses Konflikts ist wahrscheinlich weitaus höher«, erklärte das Kinderhilfswerk Unicef am Montag. Tausende Kinder hätten ihr Leben verloren, Hunderttausende weitere seien vom Tod durch vermeidbare Krankheiten oder Hunger bedroht, sagte Unicef-Direktorin Catherine Russell.
    Etwa 2,2 Millionen jemenitische Kinder sind laut der Uno-Organisation akut unterernährt, jedes vierte Kind ist unter fünf Jahre alt, und die meisten sind von Cholera, Masern und anderen durch eine Impfung vermeidbaren Krankheiten bedroht. Knapp 4000 Jungen seien zudem seit 2015 rekrutiert worden, um als Kindersoldaten im Krieg zu kämpfen.
    Quelle: DER SPIEGEL
  5. Martin Sonneborn zu Eva Kaili und Korruption: „Festnahme hat mich überrascht“
    der Freitag: Herr Sonneborn, überrascht es Sie, dass sich teilweise hochrangige EU-ParlamentarierInnen mutmaßlich von Katar kaufen haben lassen?
    Martin Sonneborn: Eigentlich schon, wir sind ja nicht die EU-Kommission unter Frau von der Leyen. Meines Wissens hat die zypriotische Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides den Eingang von 4 Millionen Euro auf ihrem Familienkonto, kurz nach Unterzeichnung der Impfstoff-Verträge, bis heute nicht schlüssig erklären können.
    Was ist da in Brüssel los: Dass ein Land wie Katar denkt, es kann sich Visa-Regeln oder politische Redebeiträge einfach kaufen?
    Seit unserem Bestechungsversuch gegenüber dem FIFA-Komitee im Jahr 2000, der letztlich wohl die WM nach Deutschland gebracht hat, verfolge ich ein bisschen die Summen, die geboten werden. Während wir noch mit einem Geschenkkorb gearbeitet haben, soll Katar 13 Milliarden in die WM gesteckt haben. Dafür lässt sich einiges kaufen. […]
    Ehrlich gesagt, war ich überrascht, dass eine Parlamentarierin festgenommen wurde. Normalerweise hätte das Parlament zuerst ihre Immunität aufheben müssen. Ich warte jetzt mal ab, was bei den Untersuchungen herauskommt. Seitdem in den Medien ein rüstiger Rentnerclub als gefährliche putschbereite Terrorzelle dargestellt wurde, bin ich etwas misstrauisch. Smiley! […]
    Gibt es aus Ihrer Sicht noch andere Fälle von unlauteren oder jedenfalls unethischen Praktiken im EU-Umfeld, die Sie kritisch sehen? Sie haben ja zum Beispiel den Außenbeauftragten Josep Borrell wiederholt in den Fokus genommen. […]
    Sepp Borrell? Vorbestraft wegen Insiderhandels? Der als Präsident des Europäischen Hochschulinstituts zurücktreten musste, weil er vergessen hatte, eine jährliche 300.000-Dollar-Gratifikation zu erwähnen? Der – als höchster EU-Diplomat – erklärte, die Auseinandersetzung in der Ukraine müsse „auf dem Schlachtfeld entschieden“ werden? Der Mann ist fast so schlimm wie seine Kommissionspräsidentin. Wussten Sie, dass die Europäische Staatsanwaltschaft gegen von der Leyen ermittelt, wegen der Milliardengeschäfte mit Pfizer, die sie persönlich per SMS verhandelt hat? Und dass sie die Herausgabe der SMS verweigert …?
    Ja doch, irgendwas war da. Von der Leyen wurde gerügt, weil sie ihre SMS nicht vorlegte; später sagte die EU-Kommission, sie könne die Kurznachrichten partout nicht mehr finden. Wir bleiben dran!
    Quelle: der Freitag
  6. Unterstützung für Tafeln: Gefahr der Vereinnahmung
    Immer mehr Tafeln werden öffentlich gefördert. Tafelvertreter:innen und Politik warnen vor falschen Signalen. […]
    Mehr staatliche Förderung für die Lebensmittelausgabestellen wird aber auch kritisch gesehen. Die Berliner Tafel, als erste Tafel Deutschlands im Jahre 1993 gegründet, lehnt eine konstante öffentliche Förderung ab und erklärt in ihren Leitlinien: „Staatliche Gelder werden bewusst nicht in Anspruch genommen.“ Man wolle „den Staat nicht aus der Pflicht entlassen, die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten“, so die Leitlinien.
    Bei einer konstanten staatlichen Förderung bestehe die Gefahr, „von politischen Mehrheiten abhängig oder auch politisch vereinnahmt zu werden“, sagt Antje Trölsch, Geschäftsführerin der Berliner Tafel, „eine Förderung für uns würde zudem gleichzeitig weniger Förderung für andere Vereine und soziale Einrichtungen bedeuten“. Der Verein finanziert seine Arbeit durch Mitgliedsbeiträge und Spenden auch von Unternehmen. Der Versuch einer unliebsamen politischen Vereinnahmung zeigte sich in Berlin auch im Oktober, als die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus einen Antrag auf einen staatlichen „Fördertopf“ für die Tafeln stellte, der aber keine Mehrheit fand.
    In den Grundsätzen der Tafel steht die Lebensmittelrettung im Vordergrund und erst dann kommt die Armenversorgung. Schließlich ist der Staat dafür zuständig, den Bürger:innen durch die Grundsicherung ein finanzielles Existenzminimum zu garantieren, und er sollte sie nicht auf Lebensmittelspenden verweisen dürfen, um ihren täglichen Bedarf zu decken.
    Überdies hängen die Spenden der Tafeln von der Logistik und den Lieferbedingungen in der Branche ab und orientieren sich keineswegs an den konkreten Bedarfen der Armen. Dies weiß jedeR Tafelkund:in, die zu bestimmten Zeiten vor einem Berg von süßem Backwerk steht, während die Gemüseregale halbleer sind und kaum noch Milchprodukte zu haben sind.
    Quelle: taz

    dazu auch: Lange Schlangen, leere Regale – und schon 2020 sollen es 1,1 Millionen Menschen gewesen sein, die sie nutzen, 2022 zwei Millionen. Die Tafeln im Spagat zwischen fragiler Zusätzlichkeit und übergriffiger Funktionalisierung
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik

  7. Wohnungsnot kein Thema mehr?
    Neben den rund 700.000 wohnungslosen Menschen leben 8,6 Millionen in überbelegten Wohnungen und 178.000 Personen sind wegen Wohnungslosigkeit in vorübergehenden Übernachtungsmöglichkeiten oder in Not- und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht.
    Um die Wohnungsnot in Deutschland ist es ruhig geworden. Im Windschatten der stürmischen Krisenatmosphäre hat das Statistische Bundesamt in seiner Pressemitteilung Mitte November 2022 darauf aufmerksam gemacht, dass die Mieten nach wie vor stark ansteigen, zu wenig gebaut wird, rund 8,6 Millionen Menschen in überbelegten Wohnungen leben und mehr als 178.000 Personen wegen Wohnungslosigkeit in vorübergehenden Übernachtungsmöglichkeiten oder in Not- und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind.
    Dabei sollten nach dem Plan der Bundesregierung jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen, darunter 100.000 Sozialwohnungen, entstehen, um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum entgegenzuwirken und die Wohnungsnot zu bekämpfen.
    Doch weit gefehlt: Im vorigen Jahr wurden lediglich 300.000 Wohnungen gebaut – und in diesem Jahr dürften es noch weniger sein. Für Menschen die auf der Straße oder in überbelegten Wohnungen leben müssen, wird sich somit kaum etwas ändern – sie müssen als Opfer der finanzialisierten Wohnungswirtschaft ausharren und auf bessere Zeiten hoffen.
    Quelle: Gewerkschaftsforum

    dazu auch: Beitrag zu mehr bezahlbarem Wohnraum: Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen kompatibel mit EU-Recht
    Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, Unternehmen, die bezahlbaren Wohnraum anbieten, wieder den Status der Gemeinnützigkeit zu verleihen. Das ist unter bestimmten Voraussetzungen mit EU-Recht kompatibel, ergibt ein neues, von der Hans-Böckler-Stiftung gefördertes Rechtsgutachten.
    Nicht nur der soziale Wohnungsbau ist seit Ende der 1980er-Jahre in Deutschland immer mehr eingeschlafen, die damalige Regierung schaffte 1990 auch die sogenannte Wohngemeinnützigkeit ab. Seither ist es nicht mehr möglich, Unternehmen, die günstigen Wohnraum für Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen anbieten, durch Steuererleichterungen und Zulagen zu fördern. Dabei haben gemeinnützige Wohnungsunternehmen zwischen 1950 und 1985 mehr als 3,6 Millionen Wohnungen errichtet und damit erheblich zur Linderung des Wohnungsmangels in der alten Bundesrepublik beigetragen.
    Heute steht der Mangel an – bezahlbaren – Wohnungen wieder oben auf der sozialpolitischen Tagesordnung. Denn besonders seit der Finanzkrise von 2008 steigen die Mieten rasant. So ist auch die Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit seit einigen Jahren im Gespräch – und laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung geplant, wobei noch kein Gesetzentwurf vorliegt. Eine offene Frage ist: Wäre eine entsprechende Subventionierung von Bauunternehmen mit dem Wettbewerbsrecht der EU in Einklang zu bringen?
    Prof. Dr. Pia Lange, Professorin für Öffentliches Recht und Europarecht an der Universität Bremen, hat sich in einem Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung mit dem Thema auseinandergesetzt.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

  8. Soll die Wissenschaft den Kontakt nach Russland abbrechen?
    Wir sollten der „Kriegslogik“ des Kontaktabbruchs eine „Friedenslogik“ entgegensetzen und das Gespräch intensivieren, fordert der Philosoph Reinhard Hesse in seinem Gastbeitrag. […]
    Wurden die philosophischen Kontakte mit anderen Ländern ebenfalls eingestellt, wenn deren Regierungen gegen das Völkerrecht verstießen? Hat man Yale und Harvard boykottiert, weil die USA Jugoslawien oder den Irak (und etliche andere Staaten) völkerrechtswidrig angegriffen und dort hunderttausende ziviler Opfer verursacht haben?
    Wäre es nicht vernünftiger, gerade jetzt das Gegenteil zu machen: Intensivierung des Kontakts, Verbreiterung des Austausches, Vertiefung des Gesprächs? Ist denn die Wissenschaft – um das bekannte Clausewitz-Wort zu variieren – eine Art Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln?
    Quelle: FR Online
  9. Wolfgang Kubicki: Warum eine Aufarbeitung der Corona-Jahre dringend nötig ist
    Die Rolle der Medien und des RKI müsse kritisch beleuchtet, die politische Krise parlamentarisch aufgearbeitet werden, fordert der FDP-Politiker in unserer Corona-Debatte. (…)
    Wir haben nicht nur erlebt, dass viele Journalisten irgendwann nur noch eine coronapolitische Erzählung verteidigten, auf die sie sich einmal festgelegt hatten, anstatt der Wahrheit weiterhin auf die Spur zu gehen. Wir haben auch erlebt, dass dies politisch sogar kultiviert wurde. Die regelmäßigen journalistischen Hintergrundgespräche von Regierungssprecher Steffen Seibert an den Tagen vor den unsäglichen Bund-Länder-Runden waren dazu da, eine öffentliche Stimmung zu erzeugen, die die politische Linie Angela Merkels stützte. Journalisten machten sich damit offenbar zu Verkündern des Regierungsnarrativs und gaben ihre demokratische Aufgabe und ihre journalistische Selbstachtung an der Garderobe des Bundespresseamtes ab. Nicht nur das ist ein beispielloses Versagen, das einer Aufarbeitung bedarf. (…)
    Und natürlich muss über die zweifelhafte Rolle des Robert-Koch-Instituts (RKI) gesprochen werden. Schon im April 2020 habe ich darauf hingewiesen, dass das RKI möglicherweise politisch motivierte Zahlen für die Corona-Politik der Bundesregierung bereitstelle. Meine damalige Nachfrage im Gesundheitsministerium zu merkwürdig ansteigenden Zahlen im Vorfeld einer Bund-Länder-Runde zeigte, dass mit doppelten Aufrundungen ein R-Wert „erzielt“ wurde, der härtere Grundrechtseinschnitte möglich machte. Die Unfähigkeit dieser von vielen als sakrosankt angesehenen Behörde, bis heute Hospitalisierungszahlen „mit“ und „an“ Corona bereitzustellen, offenbart: Wenn entweder Dilettantismus oder Methode in der miesen Kommunikation des RKI steckt, dann haben wir besonders in der Pandemie ein institutionelles Problem.
    Eine Corona-Aufarbeitung ist nötig, ja, um die schweren Verwerfungen in unserer Gesellschaft wieder zu beseitigen
    Quelle: Wolfgang Kubicki in Berliner Zeitung

    dazu: Gesteuerte Pandemie-Berichterstattung? Kubicki rügt Merkel-Regierung für Medienrunden
    Der FDP-Politiker nennt Journalisten-Gespräche vor Bund-Länder-Konferenzen „rechtlich fragwürdig“ und beruft sich auf ein neues Bundestags-Gutachten.
    Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) wirft der früheren Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, die Medienberichterstattung in der Hochphase der Corona-Pandemie durch Presse-Hintergrundgespräche mit ausgewählten Journalisten teilweise gesteuert zu haben. „Ich halte das damalige Vorgehen für rechtlich fragwürdig, zumal niemand nachvollziehen kann, welche Kriterien die Bundesregierung bei der Auswahl ihrer Gesprächspartner angelegt hat“, sagt Kubicki dem Tagesspiegel auf Anfrage.
    Quelle: Tagesspiegel

    dazu auch: Corona-Debatte: Die Verantwortungsflüchtigen
    Nötig sind Entschuldigungen, Rücktritte, Erlass der Corona-Bußgelder und Hilfe bei Impfschäden, fordert unser Kolumnist.
    Im März schrieb ich, dass deutsche Politik eine Mittelmaßanfertigung ist, die im Mittelmaßmilieu des Parteienstaats entsteht und sich darin abschottet. Das führt irgendwann zum Versagen der Institutionen, die aus diesem Milieu heraus vorrangig nach machtpolitischer Loyalität besetzt werden – wie zum Beispiel im Berliner Wahldesaster.
    Wo unabhängige Köpfe mit „Canceln“ bedroht werden und mittelmäßige Loyale aufsteigen, gibt es Bedarf an rhetorischen Taktiken, die im Notfall Versagen verschleiern und den Amtssessel retten können. Diese Notfallrhetorik verwendet Begriffe mit gutem Sinn für Zusammenleben und Zusammenarbeit in unpassendem Kontext, um die Verantwortung für eigenes Tun und Unterlassen außer Fokus zu rücken und zu verschleiern. Betrachten wir zwei Sprechtaktiken näher, die aktuell von Ethikrat bis Bundestag immer wieder vorkommen.
    „Es gibt kein Versagen, es gibt nur Lernerfahrungen“ ist für Unternehmen, denen es um zufriedene Kunden und Profit geht, eine gute Devise. Schuldzuweisungen sind unproduktiv, schnell Dinge auszuprobieren und ebenso schnell Lehren aus Fehlschlägen zu ziehen macht erfolgreich.
    In der Politik aber ist es irreführend, wenn persönliches Versagen wie zum Beispiel der Erlass gesundheitsschädlicher Verordnungen durch Formulierungen wie „Mit dem Wissen von heute …“ oder „Nachher ist man immer schlauer!“ als „Lernerfahrung“ behandelt wird.
    Leicht gerät dann aus dem Blick, dass Politiker zuerst ihrem Amtseid verpflichtet sind, Schaden vom Land abzuwenden; sie erscheinen als Lebens-Azubis, die sich im Amt „ausprobieren“ und lernen. Schadet ein Politiker Land und Leuten, dann hat er vor seinem Amtseid versagt. Dass er dabei lernt, ist für seine politische Verantwortung irrelevant.
    Quelle: Michael Andrick in der Berliner Zeitung

  10. Simple Erklärungsmuster: Ralf Fücks erläutert die Gefahr alternativer Medien
    Unter anderem räumt Die Welt ihm regelmäßig breiten Raum für seine Meinungsbeiträge ein. In einem aktuellen Beitrag legt Fücks nun dar, warum ein steuerfinanzierter Internetpranger für alternative Medien und ihre Autoren seiner Meinung nach gerechtfertigt sei und warum ausgerechnet das vom reaktionären Geist durchdrungene Zentrum Liberale Moderne qualifiziert sei, diesen Internetpranger zu führen und dafür Steuergelder zu kassieren. Der Internetpranger, für den der Steuerzahler zahlt, heißt “Gegneranalyse”.
    Man sollte sich einen Blick auf die Seite gönnen, denn dann wird schnell klar, wer für Fücks der Gegner ist: Alle, die nicht zum politisch-medialen Hauptstadtklüngel gehören und eine von dort abweichende Meinung vertreten. Fücks erklärt seine Blase schlicht für sakrosankt. Er macht damit deutlich, dass er ein Elitenprojekt vertritt, das ausschließlich den Interessen des politischen und medialen Establishments dient.
    Mit der Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt sichert sich der Staat lediglich die vermeintlich unabhängige Bestätigung, dass alles gut ist, so wie es ist, und sich Kritik im Grunde verbietet. Man darf kritisieren, aber bitte nicht zu laut, bitte nicht zu offen und nicht vergessen, zwischendurch auch mal ein Lob einzustreuen. (…)
    Man muss sich vor der bundesdeutschen Realität schon sehr gut verschanzt haben, um all die offenen und verdeckten Zensurmaßnahmen zu übersehen, die in Deutschland inzwischen an der Tagesordnung sind.
    Quelle: Gert Ewen Ungar in RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu z.B. auch:

    1. 5 Millionen Euro Steuergelder – Skandal um Finanzierung der Grünen-nahen Denkfabrik „LibMod“ weitet sich aus
    2. Moderne Pickelhauben und liberale Denkhaubitzen – Russland, zieh´ Dich warm an, die Grünen kommen!


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