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Titel: Wolfgang Clement bringt seine Partei um den letzten Kredit

Datum: 23. Juli 2004 um 10:36 Uhr
Rubrik: Hartz-Gesetze/Bürgergeld
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Hartz IV und die aktuelle Diskussion darum geben einige Einblicke in die Defizite der heute handelnden Personen und der so genannten Reformer insgesamt.

Erstens: Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, der bisher versuchte, sich als Anti-Bürokratisierungs-Minister darzustellen, hat eines der bürokratischsten Machwerke vorgelegt: Hartz IV und die damit verbundenen Fragebögen. Übrigens: 42.000 neuer Mitarbeiter sind für diese neue Verwaltung der Arbeitslosigkeit nötig.

Zweitens: Der zuständige Minister hat offenbar bis heute nicht begriffen, dass diese bürokratische Maßnahme keine neuen Arbeitsplätze für die betroffenen Arbeitslosen schafft.

Drittens: Clement sieht die Schuld an der Verwirrung um die Fragebögen bei den Empfängern der neuen Arbeitslosenhilfe. Die Betroffenen hätten sich nicht rechtzeitig um die notwendigen Informationen gekümmert. Wer Geld vom Staat beanspruche, so der Bundeswirtschaftsminister laut Nachrichtenagentur AP am 20. Juli, müsse diese Arbeit auf sich nehmen. – Der zuständige Minister hat offenbar nicht einmal wahrgenommen, dass viele der Betroffenen sich auch deshalb über den gesamten Vorgang so sehr empören, weil sie die Arbeitslosenversicherung als eine Versicherung betrachten, in die sie lange, teilweise dreißig Jahre und mehr, eingezahlt haben. Sie beanspruchen aus ihrer Sicht kein „Geld vom Staat“ sondern von ihrer Versicherung.

Viertens: Clement hält die verschickten Formulare für hervorragend und veranschlagt für das Ausfüllen eine halbe bis 3/4 Stunde. Das zeigt: Die Modernisierer haben keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit der Mehrheit, die stundenlang mit diesem 16-Seiten-Fragebogen beschäftigt sein werden.
Das mangelnde Vermögen, sich in die Wirklichkeit der Mehrheit einzufühlen, ist ein durchgehendes Merkmal der heutigen Eliten. Sie übertragen ihre Fertigkeiten auf die Mehrheit der Menschen und verkennen dabei, wie schwer sich die Mehrheit mit solchen Schreibtischarbeiten tut. Die Mehrheit der einfachen, weniger gutausgebildeten Menschen sehen sich so politisch nicht mehr repräsentiert. Auch das erklärt den Niedergang der Wahlbeteiligung wie der Sozialdemokratie. Sie überlässt der Bild-Zeitung die Hilfe beim Ausfüllen der Formulare.

Ist die mangelnde Sensibilität im Falle Wolfgang Clements nur Ahnungslosigkeit und Dummheit? Oder steckt anderes dahinter? Er müsste eigentlich wissen: die ersten politischen Opfer seiner Arbeit und seiner Sprüche werden die Kommunalpolitiker des Landes sein, aus dem er kommt. In Nordrhein-Westfalen sind noch im September Kommunalwahlen.


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