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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 1. September 2009 um 7:05 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  1. Steueroase Deutschland
  2. USA: «Die grösste Steueroase der Welt»
  3. Frankreich haut auf die Steuertrommel
  4. Es lebe Tobin
  5. Ein bisschen Sand ins Geldgetriebe
  6. HSH-Nordbank: Stegner unter Druck
  7. Wie viel Export hätten Sie denn gern?
  8. Fest an der Kaimauer
  9. Mindestlohn: Kleine Fortschritte
  10. Schmidt mahnt Ärzte wegen Klinik-Kopfprämien ab
  11. TV-Dokumentation: Der Patient als Fleischplatte
  12. Kommunen kaufen Windpark: Stadtwerke gehen auf Ökokurs
  13. Demonstration “Freiheit statt Angst 2009 – Stoppt den Überwachungswahn” am 12. September 2009 in Berlin
  14. Schwarzbuch mit Sprengkraft
  15. Die Wahlen vom 30. August 2009 – Zusammenfassung und erste Bewertung
  16. Lasst die Schulen los!
  17. DIW: Zweitjobs: Domäne von Fachkräften und Akademikern
  18. Skandal um Vetternwirtschaft – Föderaler Wahnwitz ARD

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Steueroase Deutschland
    Finanzminister Steinbrück kämpft wegen der Krise mit wachsenden Staatsdefiziten. Und Konzerne wie Superreiche zahlen weiterhin zu wenig Steuern, oft völlig legal, denn die Schlupflöcher sind riesig.
    Das Getöse des Ministers gegen Schwarzgeld-Eldorados übertönt ein weitaus größeres Problem: Mitten in Deutschland floriert eine ganz legale Steuervermeidungsindustrie. Eine Branche, die von den Fehlern lebt, die Ministerien und Parlament in der Steuergesetzgebung unterlaufen. Kaum ein Gewerbe blüht derart unabhängig von der Konjunktur. Und kaum eines arbeitet derart effizient.
    Während deutsche Angestellte dem Fiskus wehrlos ausgeliefert sind, rechnen sich Millionäre und Unternehmen mit Hilfe aggressiver Steuermodelle künstlich arm – und das alles ganz legal.
    Es sind keine Peanuts, die dem Land verlorengehen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) errechnete, dass zwischen den nachgewiesenen Profiten der Kapital- und Personengesellschaften und den steuerlich erfassten Gewinnen eine Lücke von 100 Milliarden Euro klafft.
    Tatsächlich stellen hiesige Konzerne ihre internationalen Tochterfirmen genau so auf, dass die größten Gewinnbringer in den Ländern mit den tiefsten Steuersätzen residieren. Nur 2,8 Prozent tragen Kapitalgesellschaften mit der Körperschaftsteuer zum gesamten Steueraufkommen von 561 Milliarden bei, den größten Teil liefert das Heer der Lohnempfänger …
    Im internationalen Geflecht ihrer Tochtergesellschaften lenken sie die internen Geldströme mit Hilfe von drei Stellschrauben in Richtung Steueroasen: Zinszahlungen, Lizenzgebühren und Verrechnungspreise.
    “Deutschland ist eine Steueroase für Großunternehmen”, urteilt der Wiesbadener Ökonom Lorenz Jarass. “Normalverdiener werden ausgeplündert.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung KR: Man kann es drehen und wenden wie man will: Dieser Artikel verdient das Prädikat „kritisch“! Davon würden wir im SPIEGEL gerne mehr lesen.

  2. USA: «Die größte Steueroase der Welt»
    Am Dienstag wird sich die US-Steuerbehörde IRS an einem OECD-Treffen in Mexiko als Siegerin über das Schweizer Bankgeheimnis feiern lassen. Derweil versucht der Gastgeber, die Steueroase USA zu knacken. Finanzminister Agustin Carstens, wird in Los Cabos die Gelegenheit nicht verpassen, auf Konzessionen beim «US-Bankgeheimnis» zu drängen. Mexiko hat Grund zur Annahme, dass reiche Mexikaner, inklusive der Drogenbosse, im großen Stil Geld auf US-Bankkonten lagern.
    Quelle: NZZ
  3. Frankreich haut auf die Steuertrommel
    Nach Aussagen des französischen Budgetministers Eric Woerth liegen Paris etwa 3000 Kundendaten von drei Banken aus der Schweiz vor. Woerth vermutet, es handle sich um Fluchtgelder im Umfang von rund 3 Milliarden Euro. Die betroffenen Bankkunden, so führte Eric Woerth jedenfalls weiter aus, sollten ihre Situation rasch selbst klären. Er räumte ihnen dazu noch bis Ende Jahr Zeit ein. Sie könnten sich bei der zuständigen Behörde melden; diese werde indessen am 31. Dezember ihre Türen definitiv schliessen. Danach sei es zu spät. Die Finanzaufsicht werde «in ihrer ganzen Härte» aktiv, notfalls unter Einbezug der französischen Justiz. Zu Massnahmen der Behörden gehörten allenfalls detaillierte Untersuchungen und wenn nötig auch Beschlagnahmungen. Eine Steueramnestie lehnte der Haushaltminister ab. Man müsse sich darüber im Klaren werden, dass in Steuerangelegenheiten eine neue Epoche begonnen habe – eine Epoche, wie er an anderer Stelle ausführte, in der es um die Krisenbewältigung gehe, bei der die Banken eine zentrale Rolle einnähmen.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Bemerkenswert ist auch die angehängte Nachricht, dass der geschäftsführende Teilhaber der ältesten Bank der Schweiz (1741), der Bank Wegelin, nicht mehr in die USA reisen werde, da er glaube, dass er auf einer Liste als Persona non grata aufgeführt werde. Eine Zivilklage gegen Wegelin sei nicht möglich, da sie nicht auf US-Territorium aktiv sei. Er rechne aber mit Amtshilfegesuchen, erklärte Hummler. So reiche es, wenn ein US-Bürger eine Selbstanklage mache und dabei die Bank Wegelin erwähne (warum wohl?). Dazu muß man wissen, dass die Bank Wegelin unter Beifall des Schweizer Publikums vor kurzem angekündigt hat, sich wegen „zunehmender Rechtsunsicherheit“ aus US-Kapitalmarkt zurückzuziehen. Offensichtlich wurde hier der zweite Schritt vor dem ersten getätigt. Die Bank Wegelin will offensichtlich keine amerikanischen Wertschriften mehr halten, da deren Spitzenmanager sich nicht mehr in die USA trauen, was sie aber müßten, wenn sie ihre Kunden korrekt über amerikanische Anlagen informieren wollten. „Zunehmende Rechtsunsicherheit“ heißt nichts anderes, als dass die USA beabsichtigen, Steuerschlupflöcher endgültig zu schließen und dabei auch gewillt, ist geltendes Recht gegen ausländische Helfershelfer rigide anzuwenden. Warum Schweizer Banker davon besonders betroffen sind, liegt für alle nur nicht für das Schweizer Publikum auf der Hand. Siehe die Leserbriefe.
    Offiziell begründet die Bank ihren Ausstieg mit dem Hinweis auf eine „unattraktiven Grossmacht mit enormen Schulden- und Problembergen“. Dabei verkennt die Wegelin vollkommen, dass die USA mit ihren Maßnahmen durchexerziert, was in der Europäische Union in ähnlicher Form zur Diskussion steht. Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass das, was man einst unter Schweizer Bankgeheimnis verstanden hat, perdu ist.

  4. Es lebe Tobin
    Die Tendenz der Banken, ihr Heil im Casino-Kapitalismus zu suchen, hat uns die Krise eingebrockt. Jetzt braucht es Hürden für das Finanzkapital. Die Tobin-Steuer wäre ein erster Schritt.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: So erfreulich der Vorschlag des Vorsitzende der britischen Finanzaufsichtsbehörde FSA, Adair Turner, ist, die Tobin-Tax auf Finanztransaktionen einzuführen, so skeptisch sollte man doch bleiben. Da wird doch eine wohlbekannte Sau durch das Dorf getrieben. Das Argument, die zu hohen Boni seien nicht regulieren, ist doch vordergründig. Man muß man doch gar nicht direkt regulieren. Es geht doch vor allem darum, die Risikoaffinität im Bankgeschäft zu minimieren, dann erledigen sich die hohen Boni von selbst. Wenn, wie zeitweise in den USA, 30-40 Prozent der gesamten Unternehmenserträge der Volkswirtschaft aus dem Finanzsektor stammen, dann sind doch die hohen Boni nicht weiter verwunderlich. Zur Begrenzung der Finanzwirtschaft auf eine volkswirtschaftlich vertretbare Größe sind mittlerweile, auch aus Großbritannien, bereits etliche Ideen in die allgemeine Debatte geworfen worden, aber allmählich möchte man doch erfahren, welche Pläne im Vorfeld des G20-Treffens ernsthaft in Angriff genommen werden. Wo bleiben z.B die Vorschläge des Gouverneurs der Bank of England, Mervyn King, oder der Schweizer Nationalbank, zu große Banken notfalls aufzuspalten bzw. die Bankengröße anderweitig zu reduzieren. Dann könnte man doch auch mal locker eine Bank in die Insolvenz schicken. Zumindest könnte man bestimmte Finanzprodukte verbannen und neue einer Regelprüfung unterwerfen. Die FSA hat doch selbst bereits höhere Kapitalforderungen und schärfere Kontrollen gefordert. Es existieren also bereits etliche erwägenswerte Vorschläge, die Tobin-Tax könnte dazu gehören, nur, setzt sie doch endlich um!

    Dazu auch:

  5. Ein bisschen Sand ins Geldgetriebe
    Die Idee, Finanztransaktionen mit einer kleinen Steuer zu belegen und damit unattraktiv zu machen, stammt von US-Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger James Tobin, wurde aber bislang eher von der Linken propagiert. Nun hat sich erstmals ein prominenter Vertreter des Establishments für eine Tobin-Steuer ausgesprochen: Adair Turner, ehemals Investment-Banker und mittlerweile Chef der britischen Finanzaufsichtsbehörde FSA. Interessant erscheint vor allem Lord Turners Begründung: Aus seiner Sicht muss das Finanzgewerbe zurückgestutzt werden, weil es über das “sozial nützliche” Maß hinaus angeschwollen sei.
    Quelle: FR
  6. HSH-Nordbank: Stegner unter Druck
    In der HSH-Nordbank-Affäre gerät der schleswig-holsteinische SPD-Spitzenkandidat Stegner durch Protokollaufzeichnungen in Erklärungsnot.
    Interne Sitzungsprotokolle und Unterlagen belegen nach FOCUS-Informationen, dass Ralf Stegner früh über die riskanten Geschäftsmodelle der Bank informiert war. In seiner Zeit als Finanz- und Innenminister von Schleswig-Holstein, von 2003 bis 2007, nahm der SPD-Landesvorsitzende an entscheidenden Sitzungen von Kontrollgremien der HSH Nordbank teil, in denen es um die riskanten Geschäftsmodelle des Geldhauses ging.
    Am 17. Dezember 2003 beriet der Aufsichtsrat demnach über die Steueroase Cayman-Inseln. Ein Vorstandsmitglied referierte über die Vorteile einer kleinen Investition. Die Gründungskosten seien mit 60 000 Euro „vergleichsweise gering“, heißt es in einem Protokoll. Das Gremium „stimmte der Errichtung einer Cayman Islands Branch zu“, heißt es weiter. An der Sitzung nahmen dem Protokoll zufolge Stegner und der damalige Hamburger Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) teil.
    Quelle: Focus Online

    Anmerkung WL: Es ist eben Vorwahlkampf in Schleswig-Holstein. Es war doch klar, dass solche Protokolle in die Öffentlichkeit gelangen würden. Es war nicht nur bei der NSH-Nordbank klar, dass in allen Bankenaufsichtsgremien ähnliche Beschlüsse gefasst wurden. Solches Geschäftsgebaren war bis zum Ausbruch der Finanzkrise doch ganz üblich, um den „Finanzplatz Deutschland“ zu stärken. Es war sozusagen herrschende Meinung. Und die Politik folgte diesen Parolen ohne jede Distanz, nein, sie förderte sogar solche kriminellen Vorgehensweisen. Stegner kann sich nur dadurch retten, dass er schonungslos aufdeckt, von welchen Kreisen seine damalige Haltung bestimmt war und warum er gar nicht in der Lage war, als einzelner dagegen anzukämpfen. Das würde wirklich der Aufklärung der politischen Hintergründe der Bankenkrise dienen. Siehe dazu: Die Landesbanken sind die schlimmsten.

  7. Wie viel Export hätten Sie denn gern?
    Land auf, Land ab zerbrechen sich die Ökonomen den Kopf darüber, was aus der Wirtschaftskrise zu lernen ist. Was muss der Staat tun? Welche Strukturen müssen aufgebrochen werden, damit es wieder aufwärts geht? Eine simple Antwort hat nun das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gegeben: „Weiter so“, unter diesem Slogan könnte man die Empfehlungen des arbeitgebernahen Instituts zusammen fassen. Gemeint sind aber nicht die Finanzmärkte, die die Krise verursacht haben, sondern die starke Exportorientierung der deutschen Wirtschaft. „Die Finanzmärkte haben die Realwirtschaft zwar in die Krise gestürzt, aber die Innovationskreisläufe der Realwirtschaft sind weiterhin intakt“, sagte IW-Direktor Michael Hüther am Montag in Berlin. Die weltmarktorientierte Industrie sei auch künftig eine wichtige Säule der deutschen Volkswirtschaft. „Deutschland ist für die Zeit nach der Krise gut aufgestellt“, sagte Hüther.
    Mit dieser Beurteilung sind arbeitnehmernahe Ökonomen nicht einverstanden. „Wir wollen die Exportorientierung nicht zurückdrehen. Aber wichtiger als den Export zu stützen, ist es, den Binnenmarkt auszubauen“, sagte DGB-Chefökonom Dierk Hirschel dem Tagesspiegel. 80 Prozent der Arbeitsplätze hingen am Binnenmarkt. Der Export werde dagegen mit dem Problem zu kämpfen haben, dass etwa die Nachfrage aus den USA wegbrechen werde. Die USA hatten jahrelang hohe Importüberschüsse erwirtschaftet, wollen sich von diesem Modell aber verabschieden. Auch Gustav Horn, Direktor des arbeitnehmernahen Instituts IMK, möchte die deutsche Binnennachfrage durch höhere Löhne und mehr staatliche Investitionen stärken. Die Weltwirtschaft werde in den nächsten Jahren nicht wieder so kräftig wachsen wie vor der Krise, sagte Horn vor wenigen Tagen. Ein „Weiter so“ stehe nicht zur Debatte, da die USA, Großbritannien und Spanien gezwungen seien ihre Leistungsbilanzdefizite, also Importüberschüsse, abzubauen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Vielleicht sollte man noch hinzufügen, dass nicht nur Dierk Hirschel und Gustav Horn der Meinung sind, dass die deutsche Wirtschaft langfristig gesehen zu einseitig auf Exporterfolge ausgerichtet ist. Zu nennen wären etwa noch der Ifo-Chef Hans-Werner Sinn, das Mitglied des SVR, Peter Bofinger, aber auch französische und amerikanische Ökonomen.

  8. Fest an der Kaimauer
    Die Wirtschaftskrise hat das Geschäft der Frachtschiffe dramatisch einbrechen lassen. Viele sind ohne Aufträge. Sie liegen festgezurrt im Hafen. Besserung ist nicht in Sicht.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wer sich bisher von statistischen Spielereien täuschen ließ, die mit dem Anstieg der Exporte  um 7,0 Prozent im Juni gegenüber dem Vormonat  Mai  eine “Erholung bei den Ausfuhren” (Die Welt) nahelegen sollten:  „Das ist der stärkste Anstieg seit September 2006“, wird mit einem Blick  auf die reale Welt eines besseren belehrt. Der Markt für Schiffsfinanzierungen ist eingebrochen, auch für Deutschlands weltgrößte Containerschiffsflotte ist keine Besserung in Sicht.

  9. Mindestlohn: Kleine Fortschritte
    Der Mindestlohn in zwei weiteren Branchen steht. Die Debatte über einen gesetzlichen Mindestlohn ist damit neu entfacht. Doch die Ergebnisse sind nur halb so viel wert, wenn die Union weiter blockiert.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Man darf schon jetzt gespannt sein, ob die SPD in den nächsten Koalitionsverhandlungen mit der CDU den Mindestlohn ohne wenn und aber durchsetzen wird.

  10. Schmidt mahnt Ärzte wegen Klinik-Kopfprämien ab
    Mit Empörung hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auf den Bericht der F.A.Z. reagiert, wonach mehr und mehr Ärzte für die Einweisung von Patienten in Krankenhäusern Prämien verlangen. „Ich erwarte, dass derartige Praktiken durch die Kammern, die KVen und die Berufsverbände so schnell wie möglich abgestellt werden,“ sagte Schmidt am Montag.
    Prämien für die Einweisung von Patienten in Krankenhäuser seien „klar berufsrechtswidrig“. Ebenso dürfen Vertragsärzte der gesetzlichen Krankenversicherung keine Vergütung von Krankenhäusern für Leistungen fordern, für die sie sowieso einen Vergütungsanspruch hätten, fügte Schmidt hinzu.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung KR: So etwas kommt halt dabei heraus, wenn man aufgrund ideologischer Verblendung versucht, Marktmechanismen auch dort einzurichten, wo sie einfach nicht hingehören, und beispielsweise in diesem Fall Ärzte zu unternehmerischem Denken erziehen will. Die Behandlungsweise hat nur vom Behandlungserfolg abhängig zu sein und darf sich nicht auf den Verdienst des Arztes auswirken. Wir erinnern an Roger Strassburgs (deutschsprachigen) Beitrag vom vom 15.6.2009: The Cost Conundrum – what a Texas town can teach us about health care.

  11. TV-Dokumentation: Der Patient als Fleischplatte
    Ist das deutsche Gesundheitswesen wirklich so ein Unrechtssystem, wie viele sagen? In ihrer Doku “Kasse gegen Privat” steigt ARD-Talkerin Sandra Maischberger tief ins unübersichtliche deutsche Gesundheitswesen hinab – und gibt sich nach dem Faktencheck höchst kämpferisch.
    Quelle: Spiegel Online Kultur

    Anmerkung WL: Was in dieser Sendung allerdings ausgespart wurde, das ist die Rolle der Pharmaindustrie und die Preise für Arzneimittel.

  12. Kommunen kaufen Windpark: Stadtwerke gehen auf Ökokurs
    Mehr als 15 kommunale Stromversorger haben die Übernahme von Deutschlands erstem großem Windpark in Nord- und Ostsee (Offshore) angekündigt. Damit steigen Deutschlands Stadtwerke noch vor den großen heimischen Energiekonzernen in die kommerzielle Nutzung von Hochsee-Windstrom ein. Dazu zählen Unternehmen aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen sowie dem Fürstentum Liechtenstein.
    Die in der Südweststrom Windpark zusammengeschlossenen Stadtwerke wollen für 1,4 Milliarden Euro 70 Prozent an dem Windpark Bard Offshore 1 übernehmen, der 100 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum bis 2011 gebaut werden soll.
    Hintergrund des energischen Stadtwerke-Engagements ist das Bestreben, die Energieversorgung wieder verstärkt in kommunale Hand zu bekommen. Damit können die Unternehmen ihre Abhängigkeit von den Vorlieferanten reduzieren, über die sie Strom einkaufen müssen.
    Quelle: FR
  13. Demonstration “Freiheit statt Angst 2009 – Stoppt den Überwachungswahn” am 12. September 2009 in Berlin
    Eine geschützte Privatsphäre ist nicht nur angenehm für uns selbst, sie ist auch wichtige Voraussetzung einer freien Gesellschaft. Nur wer sicher ist, dass seine privaten Äußerungen nicht erfasst oder kontrolliert werden, wird seine Meinungsfreiheit wahrnehmen.
    Dafür wird am 12. September 2009 in Berlin demonstriert: “Freiheit statt Angst 2009 – Stoppt den Überwachungswahn”.
    Quelle: Humanistischer Pressedienst
  14. Schwarzbuch mit Sprengkraft
    Der ehemalige bayerische Steuerfahnder Wilhelm Schlötterer erhebt in seinem Buch “Macht und Missbrauch” schwere Vorwürfe gegen frühere CSU-Spitzenpolitiker. Der in den neunziger Jahren maßgeblich an der Aufklärung der Amigo-Affäre beteiligte ehemalige Steuerfahnder – selbst CSU-Mitglied – warf am Donnerstag auch dem bayerischen Ministerialapparat und der Justiz jahrelange Rechtsbeugung und miese Tricks vor, um Affären zu vertuschen und rechtstreue Staatsdiener kalt zu stellen.
    Die Vorwürfe richten sich insbesondere gegen den 1988 gestorbenen früheren Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, dem er vorwirft, sein Millionenvermögen kriminell erwirtschaftet zu haben. Schlötterer fordert deswegen eine nachträgliche Untersuchung. “Zu prüfen wären auch die rechtlichen Möglichkeiten, von Strauß illegal erworbenes Vermögen auch heute noch einzuziehen”, schreibt er.
    Quelle: oberpfalznetz

    Anmerkung KR: Vergleichen Sie damit bitte einmal die Berichterstattung der SZ über dieses Buch. Sie wirkt merkwürdig vorsichtig, um nicht zusagen: ängstlich: „Bei Strauß kann niemand neutral bleiben“.

  15. Die Wahlen vom 30. August 2009 – Zusammenfassung und erste Bewertung
    Quelle: Benjamin Hoff
  16. Lasst die Schulen los!
    Ein modernes Bildungswesen braucht heute weder die Bundesbildungsministerin noch ihre Länderkollegen. Dünne Lehrpläne, ein starker zentraler Schul-TÜV und so viel Kompetenz wie möglich für die Einzelschule heißen die Instrumente bei den Pisa-Siegern wie Kanada oder Finnland.
    Wer Schulen heute auf die Lern- und Arbeitswelt von morgen fit machen will, darf nicht mehr Lehrer versprechen oder Gratis- Studium – er muss die Schlüsselfragen beantworten: Wie sieht modernes, selbständiges Lernen aus? Wie kann man die wichtigsten Akteure der Schulreform stärken, die Schulleiter? Und wie kommen Geld und Kompetenz dorthin, wo sie gebraucht werden – in die Schule vor Ort?
    Die Antwort könnte ein intelligentes Design von zentraler und lokaler Verantwortung sein – bei der man die Vertreter aus Bund und Ländern aus dem Spiel nimmt. Wichtigste Agentur wäre eine starke, unabhängige und zugleich wohlhabende Stiftung auf Bundesebene. Sie vergibt Prämien für die besten Schulreformen. Allerdings schießt sie das Geld nicht mehr in die Länder, wo es oft versickert, sondern in die Schulen, die sich direkt darum bewerben. Eine solche Stiftung müsste auf einem zweistelligen Milliardenvermögen sitzen – und drei Themen behandeln.
    Erstens fände sich dort eine Führungsakademie für Rektoren, die mit der Wirtschaft und den besten Governance-Schools zusammen arbeitet.
    Zweitens braucht das Land eine großangelegte Fortbildungsstrategie für selbständiges Lernen, eine Alternative zum Frontalunterricht Marke Feuerzangenbowle.
    Das alles macht nur Sinn, wenn es, drittens, endlich auch Freiheit für die Schulen gibt. Das fordern ohnehin alle, seit Jahrzehnten. Ein Modell dafür sind so genannte Vertragsschulen. Sie vereinen die Vorteile der Privatschulen – Personal-, Budget- und pädagogische Freiheit – mit der sicheren und angemessenen Bezahlung durch den staatlichen Arbeitgeber.
    Quelle: der Freitag

    Anmerkung WL: Die Methode der Miesmache der Schule und das Angebot von New Public Management-Modellen kennt man schon von den Hochschulen, dort hieß die Parole „Entfesselung der Hochschulen“. So wurde die „unternehmerische Hochschule“ durchgesetzt. Der Beitrag könnte unmittelbar vom Schreibtisch der Bertelsmann Stiftung stammen. Man befreie die Schule vom Staat propagiere eine funktionelle Privatisierung der öffentlichen und überwiegend staatlich finanzierten Schulen mit einem autokratischen Direktor (oder künftig dann vielleicht besser gleich „Chief Executive Officer“) an der Spitze, der auf Anleitung „der Wirtschaft“ mit einem Top-Down-Management „selbständiges Lernen“ exekutiert. Und die Qualitätskontrolle übernimmt dann ein Schul-TÜV, der alle Schüler mit teuren quantitativen Verfahren durchtestet. Dieser ominöse TÜV weiß natürlich viel besser als alle Lehrer und alle Kultusbürokraten zusammen viel besser, was Qualität von Schulbildung ist. Die Stiftung, die das alles managt steht auch schon zur Verfügung. Man braucht der Bertelsmann Stiftung dafür nur noch den dazu notwendigen „zweistelligen Milliardenbetrag“ überweisen.
    Es ist überall die gleiche Methode der neoliberalen Reformer: Sie nutzen den Frust an den vorhandenen (staatlichen) Institutionen aus, machen das kaputt gesparte öffentliche Angebot schlecht und setzen an den real vorhanden Problemen an, um ihre Konzepte der Entstaatlichung und unternehmerischen Leitungsstrukturen als Befreiung anzupreisen.
    Statt auf diejenigen zu hören, die täglich ihren pädagogischen Auftrag erfüllen und die Bildung vermitteln, sollen die Lehrerinnen und Lehrer einem bildungsfernen autoritären Management-Konzept untergeordnet werden. Es ist die Übertragung des Bildes vom „guten“ Tyrannen auf ein demokratisches Schulwesen. Und daraus sollen dann selbstständig denkende, mündige Bürger herauskommen?
    So stellt sich die Wirtschaft Bildung vor [PDF]. Dass solche Modelle von der Bertelsmann Stiftung oder den Unternehmensverbänden propagiert werden, ist nicht erstaunlich, dass sie nun auch vom langjährigen Leiter des Bildungsressorts der taz, Christian Füller, propagiert und im „Freitag“ publiziert werden, lässt erkennen, wie sehr ehemals linksliberale Blätter in die Netzwerke der neoliberalen Reformer verstrickt sind.

  17. DIW: Zweitjobs: Domäne von Fachkräften und Akademikern
    Die Zahl der Menschen mit einem Zweit-Job ist deutlich gestiegen. Insgesamt haben in Deutschland rund 1,4 Millionen Menschen neben ihrem Hauptberuf einen regulären zweiten Job – das sind rund 3,7 Prozent aller Erwerbstätigen. 2002 waren es noch knapp über 2 Prozent. Eine aktuelle Studie des DIW Berlin zeigt: Zweitjobber in Deutschland sind meistens gut qualifiziert, und im überdurchschnittlichem Maße finden sich unter ihnen Akademiker.
    In den USA sind die „working poor“ längst zum feststehenden Begriff geworden: Dazu gehören nicht zuletzt  Arbeitnehmer, die zwei oder mehr Jobs haben müssen, um über die Runden zu kommen. „Dieses Phänomen gibt es in Deutschland zumindest bei legaler Beschäftigung kaum“, erklärt DIW-Forscher Karl Brenke. „Mehrfachbeschäftigungen sind in Deutschland vor allem eine Sache von Fachkräften und somit der Mittelschicht. In fast allen europäischen Ländern zeigt sich ein ähnliches Bild wie in Deutschland: Personen mit geringem Ausbildungsniveau sind unter den Zweitjobbern unterrepräsentiert.  Allerdings gibt es in den meisten EU-Ländern einen größeren Anteil von Erwerbstätigen mit einen Nebenjob als hierzulande, vor allem in Skandinavien, Polen, den Niederlanden und in Portugal. Trotz des massiven Anstiegs seit 2002 belegt Deutschland noch immer einen der Plätze im unteren Mittelfeld.
    Quelle 1: DIW
    Quelle 2: DIW

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der Verweis auf die “working poor ” in den USA ist insofern irreführend, als dass damit nicht nur Arbeitnehmer gemeint sind, die nur mit einem Zweitjob über die Runden kommen. Hier müssten auch Beschäftigte im Niedriglohnbereich genannt werden, die von Armut gefährdet sind oder auch die ca. 1,35 Millionen Erwerbstätigen, die trotz Arbeit ergänzend Arbeitslosengeld II  beziehen müssen.

  18. Skandal um Vetternwirtschaft – Föderaler Wahnwitz ARD
    Der freie Wettbewerb der Freien ist praktisch ausgeschaltet, weil Sendeplatzverteiler vorrangig die Tochterfirmen der Sender bedienen und danach die Produktionsfirmen, die willfährig sind. Wer einen Großauftrag bekommt, ist fortan käuflich oder auch, wie der Fall Heinze-AllMedia zeigt, zu illegalen Handreichungen bereit.
    Wenn eine Anstalt quasi als Monopolist darüber bestimmt, wer was produzieren darf, ist die Korruption, wie Alt-Linke sagen würden, systemimmanent. Korrupt sind alle, die sich auf Kosten des Gebührenzahlers eigene Vorteile verschaffen, bestechlich ist aber auch derjenige, der seine eigene Senderkarriere vorwärts bringt, indem er gegen die eigene Überzeugung die Meinung und die Praktiken derjenigen unterstützt, die die Fäden seiner Karriere in der Hand halten.
    Quelle: SZ


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