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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. Dezember 2023 um 8:45 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Gipfel im Kanzleramt: Habeck sagt wegen Haushaltskrise Reise zur Klimakonferenz ab
  2. Wenn Karlsruhe wackelt
  3. Interner Cum-Ex-Schriftverkehr: “Scholz, der Jesus von der Alster”
  4. Scholz fordert mehr Tempo bei der Energiewende
  5. Rohstoffe und Fachkräfte
  6. Die Hassdynamiken umkehren
  7. Israel lässt KI Angriffsziele in Gaza auswählen – Experten äußern Bedenken
  8. Zukunft für Juden: Deutsche sind in ihrer Israelsolidarität nicht zurechnungsfähig
  9. Europa in der Krise – es ist Zeit für Bescheidenheit
  10. Baerbocks Außenpolitik – Aggressiver als die der USA
  11. Tag der Entscheidung: Liebknechts Nein zum Krieg
  12. „Größtmöglicher Schaden“ – Putins Geheimangriff auf die deutsche Wirtschaft
  13. The Nord Stream Lies Just Keep Coming
  14. Vor die Tür gesetzt
  15. Sorge um Jugendliche in Marzahn-Hellersdorf: „Wir kriegen jetzt erst mit, was Corona bewirkt hat“
  16. Stuttgart 21 wird nochmal teurer

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gipfel im Kanzleramt: Habeck sagt wegen Haushaltskrise Reise zur Klimakonferenz ab
    Die Verhandlungen der Ampelspitzen über eine Lösung in der Haushaltskrise stocken. Auf Bitten von Kanzler Scholz hat Wirtschaftsminister Robert Habeck nun seine geplante Reise nach Dubai bis auf Weiteres verschoben.
    Die Verhandlungen der Ampel-Spitzen über die Lösung der Haushaltskrise haben auch an diesem Wochenende noch zu keinem Durchbruch geführt. Deshalb hat Wirtschaftsminister Robert Habeck nach SPIEGEL-Informationen nun seine für den Montagabend beginnende Reise auf die Arabische Halbinsel verschoben. »Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und Vizekanzler, Robert Habeck, sagt seine geplante Reise zur COP und in die Region in Absprache und auf Bitten des Bundeskanzlers ab und verschiebt sie auf den nächstmöglichen Zeitpunkt«, sagte ein Sprecher dem SPIEGEL.
    Trotz intensiver Gespräche zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Vizekanzler Habeck (Grüne) konnte keine Entscheidung darüber gefällt werden, wie 17 Milliarden Euro kurzfristig für das Stopfen des Lochs im Etat zu finden sind.
    Quelle: DER SPIEGEL

    dazu auch: Die schwäbische Hausfrau agiert eiskalt
    Sobald die Tugend der Sparsamkeit bedroht ist und Politiker um den Staatshaushalt ringen, taucht zuverlässig irgendwo die schwäbische Hausfrau auf. In der Regel wird dann ihr vorbildhaftes Wirtschaften beschworen, an dem man sich gefälligst ein Beispiel nehmen solle. Denn dank ihrer Disziplin ist die Tasche der schwäbischen Hausfrau stets gut gefüllt. Damit ihr das schöne Geld nicht durch die Finger rinnt, trägt sie den sprichwörtlichen Igel in der Tasche – ein alter Schwabentrick, denn die Stacheln bewahren davor, allzu oft und allzu tief in die Tasche zu greifen.
    Es war Angela Merkel, die im Finanz- und Bankenkrisenjahr 2008, dem eine globale Wirtschaftskrise folgte, die schwäbische Hausfrau zur Galionsfigur erhob, als sie beim CDU-Parteitag sagte: „Man hätte einfach die schwäbische Hausfrau fragen sollen. Sie hätte uns eine Lebensweisheit gesagt: Man kann nicht auf Dauer über seine Verhältnisse leben.“ Besonders dreist spannte der einstige baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus die schwäbische Hausfrau für seine Zwecke ein: 2010 machte er etwa 4,7 Milliarden Euro für den Rückkauf der ENBW-Anteile von dem französischen Energieversorger Électricité de France locker und kommentierte den Deal mit den Worten: „Die schwäbische Hausfrau wird von dem Geschäft begeistert sein.“ Allerdings standen der schwäbischen Hausfrau in Wahrheit wohl die Haare zu Berge – der Staatsanwaltschaft übrigens auch.
    Unvergessen ist natürlich auch Wolfgang Schäubles Liebe zur Knausrigkeit der schwäbischen Hausfrau. Es gebe, so Schäuble, eine Art von Großzügigkeit, die ganz schnell das Gegenteil von dem bewirken könne, was beabsichtigt sei. Jürgen Habermas warf ihm vor, er spiele sich als „Zuchtmeister Europas“ auf. Bei Begriffen wie Nachtragshaushalt, Rettungspaket, schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm und Schuldenbremse bleibt die schwäbische Hausfrau eiskalt. Sie weiß ja, wie man spart.
    Dennoch lässt man sie als Symbolfigur bei fiskalischen Debatten besser aus dem Spiel. Ein Staatshaushalt ist schließlich kein Privathaushalt. Der dänische Ökonom Jacob Funk Kirkegaard sagte kürzlich in einem Interview mit dem „Spiegel“, der Hausfrauenvergleich zeuge von ökonomischem Analphabetismus. Die Hausfrau, so der Ökonom, werde älter und müsse Geld für die Rente zurücklegen. Staaten seien aber darauf angelegt, ewig zu leben. Doch ewig leben könne man nur, wenn der Haushalt funktioniere und die Wirtschaft fit für die kommenden Jahrzehnte sei.
    Auf die Frage, ob Deutschland ein Schuldenproblem habe, antwortet er: „Nein, nein, nein!“ Das dürften all jene gerne hören, die dem Geiz der schwäbischen Hausfrau noch nie viel abgewinnen konnten.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das klingt fast so, als würde sogar die FAZ der Schuldenbremse abschwören – leider nur im Feuilleton.

  2. Wenn Karlsruhe wackelt
    Glanz und Versagen des Bundesverfassungsgerichts: Die Reputation und die Autorität des Gerichts ist an einem Kipp-Punkt. […]
    Der Leuchtturm hat Aussetzer. In der Corona-Krise hat sich das Gericht an einer grundlegenden Entscheidung vorbeigemogelt. Die Grundrechte standen unter staatlicher Quarantäne, aber Karlsruhe hat sich geweigert, die substanziellen Beschränkungen durch den Staat eingehend zu prüfen. Das Gericht fabulierte von einem angeblich schlüssigen Gesamtkonzept der Corona-Bekämpfung und ersparte sich so die penible grundrechtliche Prüfung der einzelnen Bekämpfungsmaßnahmen. Die Karlsruher Beschlüsse gaben der Politik fast alle Freiheiten bei der Corona-Bekämpfung. Das Grundgesetz wurde von Karlsruhe quasi unter Pandemievorbehalt gestellt. Das Verfassungsgericht ging dabei befremdlich vor: Erst kam ein Lobpreis der Grundrechte. Die Handlungsfreiheit wurde schön ausgemalt, das Persönlichkeitsrecht wurde gestärkt, der grundrechtliche Schutz der Familie, auch der Patchworkfamilie, wurde betont, den Kindern und Jugendlichen ein Recht auf Bildung, ein Recht auf Schule zuerkannt. Und dann wurde gesagt, dass das alles im konkreten Fall nicht helfe und die schweren Eingriffe in diese Rechte zulässig seien. Die Grund- und Bürgerrechte wurden erst hochgeschossen, dann abgeschossen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der grundrechtskritischsten Zeit der Republik versagt.
    Diesem historischen Versagen steht der historische, der zukunftsweisende Klimabeschluss vom Frühjahr 2022 gegenüber. Karlsruhe stellte fest, dass die junge Generation einen Anspruch darauf hat, die Lasten des Klimawandels nicht allein zu tragen. Das Verfassungsgericht warnte vor einer “eingriffsähnlichen Vorwirkung” der schon jetzt anfallenden Emissionen und schrieb daher vor: Wenn künftig Freiheit geschont und gesichert werden soll, müsse der Übergang zur Klimaneutralität jetzt radikal eingeleitet werden. Das war eine Entscheidung des Ersten Senats. Der Zweite Senat hat nun in seinem Schuldenbremsen-Urteil die Maßnahmen, die die Ampelregierung zur Befolgung des Klimabeschlusses des Ersten Senats eingeleitet hatte, weggekickt. Es weiß offenbar die eine Hand nicht, was die andere tut.
    Quelle: Heribert Prantl in der Süddeutschen
  3. Scholz fordert mehr Tempo bei der Energiewende
    Vor dem Plenum der Weltklimakonferenz in Dubai hat Bundeskanzler Olaf Scholz einen globalen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas angemahnt. “Wir müssen jetzt alle die feste Entschlossenheit an den Tag legen, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen – zuallererst aus der Kohle. Dafür können wir bei dieser Klimakonferenz die Segel setzen”, sagte der SPD-Politiker in seiner Rede.
    Weiter sagte Scholz, noch sei es möglich, die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen in dieser Dekade so weit zu senken, dass das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel eingehalten wird. “Aber die Wissenschaft sagt uns ganz klar: Wir müssen uns dafür sehr beeilen – aller geopolitischen Spannungen zum Trotz”, sagte er mit Blick die Kriege im Gazastreifen und der Ukraine, die auch auf der Klimakonferenz ein großes Thema sind. (…)
    Der Klimawandel bleibe “die große, weltumspannende Herausforderung unserer Zeit”, betonte Scholz. Es gebe aber schon alle nötigen Mittel, um dieser Herausforderung zu begegnen. “Die Technologien sind da: Windkraft, Fotovoltaik, elektrische Antriebe, grüner Wasserstoff.” Deutschland treibe diese Entwicklungen mit Nachdruck voran. “Als erfolgreiches Industrieland wollen wir 2045 klimaneutral leben und arbeiten”, sagte er.
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung Christian Reimann: Der Bundeskanzler, kein Klimaexperte, sondern ein gelernter Jurist, setzt auf das Prinzip Hoffnung. Für Ernüchterung bzw. Realismus könnten und sollten die aktuellen Zahlen sorgen.

    dazu: Strommix Deutschland: Wie hoch ist der Anteil erneuerbarer Energien?
    Solaranlagen entlang Autobahnen und Bahnstrecken, schnellere Genehmigungsverfahren und vereinfachte Möglichkeiten, Flächen für Windkraftprojekte auszuweisen – Ende März einigte sich die Regierungskoalition auf mehrere Reformen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Denn bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen produziert werden. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz bereits angekündigt, die Regierung wolle den Ausbau der Windenergie “generalstabsmäßig” angehen.
    Bereits jetzt ist oft mehr als die Hälfte des täglich produzierten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Am Freitag waren es etwa 23,2 Prozent. Das zeigen Zahlen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme. Aus der Windenergie kamen dabei 7 Prozent des Stroms und aus der Solarenergie 0,6 Prozent. Fossile Energieträger wie Kohle und Erdgas lieferten insgesamt 76,7 Prozent des Stroms. Seit Mitte April 2023 wird in Deutschland kein Strom mehr aus Atomkraft erzeugt.
    Quelle: NDR

    dazu auch: Medienbericht: Habeck kündigt Scheitern des Kohleausstiegs an
    Nach Informationen der Bild am Sonntag soll Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen) am Mittwoch in einer Sitzung des Bundestagsausschusses für Energie angekündigt haben, Kohlekraftwerke “im Notfall” auch über ihr bislang geplantes Ende 2030 hinaus laufen zu lassen.
    Wie das Springer-Blatt berichtet, antwortete Habeck dort auf die Frage “Werden Sie überprüfen, ob der Kohleausstieg im Zeitrahmen stattfinden kann?”, dass fossile Kraftwerke auch länger laufen müssten, wenn es bis 2030 nicht genügend Ersatzkraftwerke gibt.
    Die Versorgungssicherheit bis 2030 sei an Voraussetzungen wie den Netzausbau und die Schaffung von Ökostrom-Kapazitäten gebunden. Gelinge dies nicht wie geplant, sei die Konsequenz “natürlich genau die, die Sie sagen”, antwortet Habeck laut Ausschussprotokoll. Der Minister weiter:
    “Wenn wir nicht in einer sicheren Versorgungslage sind, dann müssen fossile Kraftwerke länger laufen. Wir werden niemals die Versorgungssicherheit gefährden.”
    Quelle: RT DE

    und: COP 28: Staatenallianz für Ausbau der Atomkraft
    20 Staaten wollen zum Wohle des Klimas die Energieerzeugung aus Atomkraft deutlich in die Höhe schrauben. Bis zum Jahr 2050 sollten die Kapazitäten verdreifacht werden, hieß es in einer am Samstag auf der Weltklimakonferenz veröffentlichten Erklärung, die unter anderem von den USA, Frankreich, Großbritannien sowie dem Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate unterzeichnet wurde.
    Man halte fest, dass Atomkraft eine Schlüsselrolle dabei spiele, bis Mitte des Jahrhunderts Klimaneutralität zu erreichen und das 1,5-Grad-Ziel, mit dem die Weltgemeinschaft die schlimmsten Folgen der Erderwärmung verhindern will, im Rahmen des Möglichen zu halten, heißt es in der Erklärung. Andere Länder seien aufgerufen, sich anzuschließen, und Geldgeber, in den Ausbau von Atomkraft zu investieren.
    Verlangt wurde von der Staatengruppe, die installierte Leistung der AKWs weltweit bis 2050 zu verdreifachen – verglichen mit dem Stand von 2020. Verbreitet wurde die Erklärung durch den US-Klimabeauftragten John Kerry. Zu den Unterzeichnern zählen auch Belgien, Finnland, Japan, Polen, Schweden und die Ukraine, nicht aber Russland und China, die ebenfalls über eine größere Zahl von Atomkraftwerken verfügen.
    Quelle: ORF

  4. Interner Cum-Ex-Schriftverkehr: “Scholz, der Jesus von der Alster”
    Der Bundeskanzler will sich in der Cum-Ex-Affäre an Treffen mit einem Privatbanker nicht erinnern können. Ein interner Vermerk des Bundesfinanzministeriums beweist jetzt das Gegenteil. […]
    Streit gibt es unter anderem darüber, ob sich Olaf Scholz an die Inhalte der Gespräche mit Olearius erinnern kann. Scholz sagt, er könne sie nur aus den Medienberichten rekonstruieren, eigene Erinnerungen habe er keine. Er wurde dazu mehrfach in unterschiedlichen Gremien befragt, in Sitzungen des Finanzausschusses und auch im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Hamburg.
    Doch das ist offenbar gelogen. Unveröffentlichte Dokumente aus dem Bundesfinanzministerium, die t-online vorliegen, zeigen: Scholz wusste immer, was er mit Olearius besprochen hatte.
    Quelle: t-online

    dazu: Neues Dokument belastet Olaf Scholz im Skandal um Steuermillionen
    Kurz bevor der heutige Bundeskanzler im September 2020 erstmals behauptete, er habe alle Details aus Gesprächen mit zwei Bankern vergessen, verfassten seine Mitarbeiter im Finanzministerium ein Papier, das sich offenkundig auf Scholz-Erinnerungen zu den Treffen stützte.
    Die Gedächtnislücken von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Cum-Ex-Skandal sind fast schon sprichwörtlich. Sogar Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) machte sich jüngst über sie lustig. Jetzt bestärkt ein bisher unbekanntes sogenanntes Non-Paper – also ein Vermerk ohne Briefkopf, Datum und Unterschrift – den Verdacht, dass Scholz die Vergesslichkeit im Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg-Bank nur vorschützt.
    Das Dokument, das WELT AM SONNTAG vorliegt, entstand in der Leitungsabteilung des damals von Scholz geführten Finanzministeriums und diente zur Vorbereitung einer Sitzung des Finanzausschusses des Bundestages am 9. September 2020. Es geht um drei Gespräche mit Vertretern der Bank, die der SPD-Politiker in den Jahren 2016 und 2017 als Erster Bürgermeister von Hamburg geführt hatte.
    Quelle: Welt Online

  5. Rohstoffe und Fachkräfte
    Die deutsche Wirtschaft dringt vor den deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen am heutigen Montag in Berlin auf einen schnellen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern und insbesondere auf eine Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Bündnis Mercosur. In den vergangenen zehn Jahren sei die deutsche Industrie in Lateinamerika insgesamt stark ins Hintertreffen geraten, warnt der Lateinamerika-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (LADW) in einem aktuellen Papier; demnach legte der deutsche Lateinamerikaexport von 2012 bis 2022 lediglich um drei Prozent zu, der US-amerikanische um 38 Prozent, der chinesische gar um 87 Prozent. Dies soll sich nach dem Willen deutscher Unternehmen ändern – nicht nur, um Brasilien als Absatzmarkt nutzen zu können, sondern auch, um Zugriff auf Rohstoffe und Fachkräfte Lateinamerikas für den Einsatz in deutschen Firmen zu erhalten. Dazu soll nach dem Willen der deutschen Industrie nun auch endlich das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur ratifiziert werden. Brasilien wiederum kämpft als Repräsentant des Globalen Südens zunehmend gegen die globale westliche Dominanz.
    Quelle: German Foreign Policy
  6. Die Hassdynamiken umkehren
    Das Konzept Konfliktmanagement ist zusammengebrochen. Wie kann ein Ausweg aus der Katastrophe im Nahen Osten aussehen? Eine philosophische Annäherung. (…)
    Können wir einen Ausweg aus der wachsenden Enttäuschung finden über die hehren Ideale der Aufklärung, die mehr und mehr nicht nur als gescheitert, sondern geradezu als heuchlerisch wahrgenommen werden (und was die zentrale ideologische Botschaft des neuen, überall auf dem Vormarsch befindlichen Autoritarismus ist)? In einer Zeit, in der unsere Welt mit hochgradig politisierten Katastrophen konfrontiert ist – von Krieg über Hungersnot bis hin zu Massenmigration –, ist in immer komplexeren politischen Situationen moralische Klarheit erforderlich.
    Wir müssen lernen, Moral von Politik und Machtdynamik zu unterscheiden, aber nicht zu trennen. In diesem Krieg besteht die Reaktion der Handelnden allzu oft darin, sich entweder hinter der Komplexität zu verstecken, um unmoralische Handlungen zu rechtfertigen, oder Moral und Vernunft zu zerstören.
    Es sollte nicht so schwer sein, zu erkennen, dass Macht zwar moralische Erwägungen beeinflusst, diese aber nicht außer Acht lassen sollte: Israel, die stärkere Partei im Konflikt, trägt mehr Verantwortung, trägt aber nicht die ganze Verantwortung. Sowohl aus moralischen als auch aus praktischen politischen Gründen kann die Unterstützung der Palästinenser nur mit einer absoluten Ablehnung der von der Hamas begangenen Gräueltaten einhergehen. Dies heißt – nochmal – anzuerkennen, dass der gerechte Kampf für die palästinensische Befreiung von den abscheulichen Taten der Hamas unterschieden werden muss.
    Die Unterstützung Israels wiederum kann nur mit einer Ablehnung zerstörerischer Kriegsführung, die zivile Opfer hinnimmt, und auch der Ablehnung der jahrzehntelangen Besatzung und der damit verbundenen siedlerkolonialen Dynamik einhergehen. Dies würde bedeuten, zwischen einem Existenzrecht, das allen gewährt werden sollte, und einem Recht auf Unterdrückung, das niemandem gewährt werden sollte, zu trennen.
    Quelle: Yuval Kremnitzer in taz
  7. Israel lässt KI Angriffsziele in Gaza auswählen – Experten äußern Bedenken
    Im Israel-Krieg kommen auch unzählige Zivilisten ums Leben. Hinter den Angriffen des israelischen Militärs (IDF) stehen jedoch längst nicht mehr nur Militärstrategie-Fachleute und Generäle: Auch eine Künstliche Intelligenz (KI) berechnet Angriffsziele und Wahrscheinlichkeiten.
    Bei der KI handelt es sich um ein System, das auf Basis gesammelter Daten mögliche Aufenthaltsorte von Hamas-Funktionären anvisiert – und dabei etwa auch das Risiko für Zivilpersonen berechnet. Das ergaben Recherchen der britischen Zeitung Guardian, des Israelisch-Palästinensischen Magazins +972 sowie dem Hebräisch-sprachigen Medium Local Call. Auf Hebräisch trägt die KI den Namen „Habsora“, was der Guardian ins Englische mit „The Gospel“ (dt. etwa „reine Wahrheit“, „Evangelium“) übersetzt. (…)
    Die veröffentlichten Recherchen zu dem System sollen belegen, dass das System dazu eingesetzt wird, um „schnell und effizient“ Ziele im Gazastreifen auszumachen. Dazu haben die Medien mit mehreren ehemaligen Militär-Offiziellen gesprochen und auch ältere Aussagen etwa von dem ehemaligen IDF-Chef Aviv Kochavi ausgewertet. Dieser hatte in einem schon vor dem Krieg veröffentlichten Interview erklärt, dass das israelische Militär eine „Maschine“ einsetze, „die schneller als jeder Mensch riesige Datenmengen produziere und diese in Angriffsziele übersetze“.
    Quelle: FR Online
  8. Zukunft für Juden: Deutsche sind in ihrer Israelsolidarität nicht zurechnungsfähig
    Die Nichte unserer Autorin kann seit dem 7. Oktober nicht mehr lachen. Nur Sicherheit für palästinensische Kinder wird auch die jüdischen Kinder schützen. (…)
    Vielleicht sterben gerade viele Hamas-Kämpfer. Aber es sterben auch Söhne, Töchter, Brüder, Schwestern, Väter, Mütter in Gaza. Durch Bombardements von oben, ohne Iron Dome. Die Überlebenden werden genauso wie die Menschen im Süden Israels Jahrzehnte zu verarbeiten haben, was ihnen gerade passiert. Und jede Kinderpsychologin kann jetzt schon sagen, die Tausenden israelischen Bomben produzieren in diesen Tagen die nächste Generation der Hamas. Wahrscheinlich wurden die schrecklichen Mörder der Hamas vom 7. Oktober im letzten Krieg in Gaza 2014 geboren, oder dem von 2012 oder dem von 2009. Geboren unter schon vorherigen Hageln von israelischen Bomben. Geboren als eigentlich junge Menschen, Kinder, Teenager, bei denen sich durch die Tode von Verwandten, von Freunden und die Zerstörung der Umgebung mit jedem Mal ein weiterer Schattenring ums Herz legt. Und jetzt wieder. Keine Bodenoffensive, keine Beteuerung israelischer Generäle oder die Solidarität deutscher Politiker führen an diesem Faktum vorbei: Die nächste Generation der Hamas wird durch diesen Krieg noch zahlreicher, noch schlimmer, noch brutaler. (…)
    Der 7. Oktober sollte ein Weckruf für eine langjährige falsche Politik in Deutschland sein. Blinde Israelsolidarität gefährdet die Zukunft israelischer, jüdischer Kinder – und natürlich auch die der palästinensischen Kinder. Wir haben eine Regierung unterstützt, deren Führer die Hamas gegen die Fatah unterstützt haben. Netanjahu konnte seine Geldlieferungen an die Hamas einigermaßen kaschieren, aber der heutige Finanzminister Bezalel Smotrich hat sich schon 2015 im israelischen Fernsehen verplappert: Weil mit der Terrororganisation Hamas niemand verhandeln wird und so die Zweistaatenlösung umgangen werden kann, sei die Hamas ein „asset“. Die deutsche Solidarität gegenüber einer solchen Politik ist daher ebenfalls schmutzig. Sie ist auch erstaunlich ignorant gegenüber einem eigentlich sehr offensichtlich teuflischen Kreislauf der letzten Jahrzehnte: Israel ist eine Demokratie im Nahen Osten, aber nur für die eigenen Leute. Diese fehlende politische Nachhaltigkeit stärkt den Zulauf für die Hamas, Hisbollah oder das iranische Regime. Und dieser Teufelskreis wird jetzt noch verschärft: Gerade liegt dem Bundestag eine weitere Antisemitismus-Resolution vor, die die Kritik an Israel noch härter sanktioniert. Sprich, hierzulande ist offenbar die Treue zur rechten, rassistischen Regierung um Benjamin Netanjahu wichtiger als die Zukunft der israelischen Kinder.
    Quelle: Charlotte Misselwitz in Berliner Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers P.L.: Ich würde dieses Reflexionsvermögen, dieses Mitgefühl für die Betroffenen auf BEIDEN Seiten und diesen Realismus auch dem politischen Personal in Deutschland wünschen.

  9. Europa in der Krise – es ist Zeit für Bescheidenheit
    Die vollmundig angekündigte ukrainische Sommeroffensive verlor, den Verlustzahlen nach zu schließen, bereits im Juli an Kraft und ihr Scheitern ist wohl eher mit dem russischen Widerstand zu erklären, den man unterschätzte, als mit den sich verschlechternden Wetterbedingungen im Herbst. Schon beschweren sich ukrainische Regierungsmitglieder, die USA und Deutschland würden die Ukraine jetzt zu Verhandlungen nötigen (1).
    Dabei passt es ins Bild, dass sich nun auch bewahrheitet, dass Boris Johnston in der Tat im März vergangenen Jahres die Ukraine zur Fortsetzung des Kriegs aufgefordert hatte (2). Jetzt steht Selenskyj womöglich schlechter da als damals, als er noch eine weitgehend intakte Armee zur Verfügung hatte. Der militärische Misserfolg der Ukrainer ist nicht mehr abzustreiten und für eine ukrainische Variante der „Dolchstoßlegende“ ist es jetzt zu spät (3). (…)
    Westeuropa braucht eine Strategie für den Fall, dass Russland den Ukraine-Krieg nicht verliert und eine Zerteilung Russlands nicht gelingt. Das Wort Verhandlungen allein ist derzeit tabu, aber Verhandlungen zwischen dem Westen und Russland werden unausweichlich werden, wenn nicht jeder Konflikt in Europa militärisch ausgetragen werden soll und wenn nicht permanent außereuropäische Mächte Europas Konflikte regeln sollen. Wenn der Westen alle Türen zur Kooperation schließt, dann zwingt er Russland dazu, seine Sicherheit mit militärischen Mitteln zu gewährleisten – auch mit Kernwaffen. (…)
    Seit dem Ende des Kalten Kriegs hat sich die NATO bis an die Grenzen Russlands und bis knapp vor die bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich wichtigsten Gebiete des Landes ausgedehnt und hat dabei das Misstrauen Russlands geweckt. Jetzt muss sie feststellen, dass sie Russland vor seiner eigenen Haustüre nicht schlagen kann. Gefährlich ist’s den Leu zu wecken… (32). Nun müssen sich Balten und Finnen wirklich Sorgen machen, denn die Allianz, wegen der sie Streit mit ihrem Nachbarn riskierten, wird sie nicht schützen können.
    Quelle: Ralph Bosshard in Globalbridge

    dazu: Ukraine gräbt sich ein
    Selenskij befiehlt Abbruch von Offensive und Übergang zu Defensive. Bau von Befestigungen entlang der ganzen Front vorgesehen.
    Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat angeordnet, im Krieg mit Russland zur Defensive überzugehen. Entlang der ganzen Frontlinie sowie der Grenze zu Belarus sollen mehrere Linien von Befestigungen errichtet werden, um mögliche künftige russische Angriffe ebenso zum Scheitern zu bringen, wie die russischen Befestigungen und Minenfelder in der Südukraine die ukrainische Sommeroffensive gestoppt haben. Selenskijs Befehl trägt auf der unmittelbaren Ebene der Tatsache Rechnung, dass die ukrainische Offensive unter hohen Verlusten bei minimalen Geländegewinnen gescheitert ist. Der Präsident sagte gegenüber der US-Nachrichtenagentur AP wörtlich, es sei leider unbestreitbar, dass die Ukraine die gewünschten Ziele nicht erreicht habe. Er sei schon zufrieden, dass die Armee nicht zurückgewichen sei. Und er sei stolz darauf, dass seine Truppe den Kampf gegen die »auf dem Papier« zweitbeste Armee der Welt durchhalte. Bedauerlich seien dagegen die hohen Verluste. Bei einem Auftritt vor Studierenden in der südukrainischen Stadt Mikolajiw wurde der Präsident expliziter: Es werde »sehr schwer« werden, etwa das Donbass zurückzugewinnen, und zwar wegen der Haltung der dort lebenden Bevölkerung. Diese sei von Jahren des Krieges hart getroffen worden, fast jede Familie beklage dort Verluste eigener Verwandter. Die Aussage des Präsidenten – die sein eigenes Kriegsziel dementiert, die Staatsgrenzen von 1991 wieder zu erreichen – ist um so bemerkenswerter, als es Selenskij seit seinem Amtsantritt 2019 in der Hand gehabt hätte, den Beschuss ziviler Ziele im Donbass zu unterbinden. Von der Aussage seines Vorgängers Petro Poroschenko aus dem Jahr 2015, der Unterschied zwischen dem Donbass und der Ukraine bestehe darin, dass »unsere Kinder in die Schule gehen, während ihre im Keller sitzen müssen«, hat sich Selenskij bisher nie öffentlich distanziert.
    Quelle: junge Welt

  10. Baerbocks Außenpolitik – Aggressiver als die der USA
    Sowohl die NATO als auch die OSZE haben sich in dieser Woche getroffen. Die deutsche Außenministerin hat dort Deutschland vertreten und dabei deutlich gemacht, dass sie weiter an Aggression und Dialogverweigerung festhält. Baerbock verhilft Deutschland zu einem Ruf wie nach 1918. (…)
    Mahnende Stimmen und Einschätzungen, die zu einem anderen Ergebnis kommen als dem, dass die Ukraine einen Sieg über Russland nicht nur erringen kann, sondern auch erringen muss, werden von Baerbock einfach ignoriert. Selbst die russlandfreundlicher Umtriebe völlig unverdächtige NATO hat verstanden, dass dieser Wunsch eines Sieges über Russland nicht realistisch ist. Aber mit der Realität tut sich Baerbock nicht nur schwer. Die Außenministerin hat sich verbunkert und vor der Realität verschanzt. (…)
    Baerbock will kein Ende des Konflikts, sie will einen Sieg über Russland und ist bereit, die Ukraine dafür einen sehr hohen Preis bezahlen zu lassen. Die Menschen und das “unsägliche Leid” interessieren Baerbock nicht. Das tatsächliche, menschliche Leid zerfällt in Baerbocks Mund zu einem bloß rhetorischen Mittel. In Israel interessiert sie das Leid der Palästinenser in Gaza übrigens auch nicht. Sie war selbst dann noch gegen einen Waffenstillstand, als dieser in Kraft getreten war. Baerbock ist empathielos und ohne Moral. Sie repräsentiert die Abwesenheit aller Werte.
    Russland wirft sie vor, die OSZE zerstören zu wollen und betreibt dreiste Schuldumkehr.
    Quelle: Gert Ewen Ungar auf RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Während der lange erarbeitete gute Ruf Deutschlands ruiniert wird, kann die Welt zumindest auf gewisse Weise die „Verhaspler“ der derzeitigen deutschen Chefdiplomatin genießen.

  11. Tag der Entscheidung: Liebknechts Nein zum Krieg
    Bedingungslose Kriegsunterstützung für die Ukraine mit nunmehr 50 Milliarden Euro Steuergeldern, Sanktionen gegen Russland, die den höchsten Reallohnverlust für Beschäftigte in der Geschichte der Bundesrepublik mit sich brachten, und eine Haushaltsplanung, die für 2024 mit 90 Milliarden Euro mehr als 20 Prozent für Militär und Waffen vorsieht. Es gibt nicht eine Fraktion im Deutschen Bundestag, die sich gegen diesen toxischen Politikmix der Ampel stellt. Entweder werden Aufrüstung, Wirtschaftskrieg und Überweisungen an Kiew befürwortet oder Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet als Verteidigung legitimiert und Sanktionen gegen russische Oligarchen in Stellung gebracht, die am Ende aber doch die gesamte Wirtschaft und damit die Bevölkerung treffen. Der Stellvertreterkrieg der NATO an der Seite der USA in der Ukraine ist ein Krieg für finstere geopolitische Zwecke, ein Krieg für eine Weltordnung, die auf Ausbeutung, Neokolonialismus und Unterdrückung des globalen Südens setzt. Verbunden ist dieser Krieg mit einem sozialen Angriff der Bundesregierung auf die eigene Bevölkerung, die die Zeche für einen neuen Militarismus zahlen soll. Über 5,5 Millionen Menschen können in Deutschland nicht mehr angemessen heizen, eine Verdoppelung seit Beginn der Energiesanktionen gegen Russland. Der Aktienwert von Rheinmetall dagegen ist seit Amtsübernahme der Ampel um über 250 Prozent gestiegen. Es ist Zeit für einen Tag der Entscheidung. Zeit, den Kriegstreibern im Land, die auf Durchhalteparolen, Mästung der Rüstungskonzerne und Steigerung des Elends der Beschäftigten setzen, in den Arm zu fallen.
    Quelle: Sevim Dagdelen in junge Welt
  12. „Größtmöglicher Schaden“ – Putins Geheimangriff auf die deutsche Wirtschaft
    Zwei russische Whistleblower verhinderten, dass Wladimir Putin Deutschland ins Chaos stürzte. Das Handelsblatt enthüllt die dramatische Rettungsaktion – und zeigt: Die Politik hat kaum etwas gelernt.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Was für eine kranke Räuberpistole. In Wahrheit ist die Geschichte aber noch teuflischer: Putin hat einen Agenten in der Ministerriege der Bundesregierung platziert, der sogar noch früher, vor dem offiziellen Start des Ukrainekriegs, die Inbetriebnahme der vollständigen Gasleitung Nord Stream 2 verweigert und auch eine spätere Öffnung immer wieder abgelehnt hat, obwohl Putin sein Gas wiederholt wie sauer Bier angeboten hat, auch noch nach der (Teil-)Sprengung der Nord Stream-Pipelines, durch den noch intakten Strang, zuletzt vor ein paar Wochen. Teuflischer geht’s gar nicht.

  13. The Nord Stream Lies Just Keep Coming
    Want to understand why the media we consume is either owned by billionaires or under the thumb of governments? The latest developments in the reporting of who was behind the explosions that destroyed the Nord Stream pipelines that brought Russian gas to Europe provide the answer.
    Although largely forgotten now, the blasts in the Baltic Sea in September 2022 had huge and lasting repercussions. The explosion was an act both of unprecedented industrial sabotage and of unparalleled environmental terrorism, releasing untold quantities of the most potent of the greenhouse gasses, methane, into the atmosphere.
    The blowing up of the pipelines plunged Europe into a prolonged energy crisis, tipping its economies deeper into a recession from which they are yet to recover. Europe was forced to turn to the United States and buy much more expensive liquified gas. And one of the long-term effects will be to accelerate the de-industrialisation of Europe, especially Germany.
    There can be almost no one in Europe who did not suffer personal financial harm, in most cases significant harm, from the explosions.
    The question that needed urgently answering at the time of the blasts was one no media organisation was in a hurry to investigate: Who did it?
    In unison, the media simply recited the White House’s extraordinary claim that Russia had sabotaged its own pipelines. (…)
    That required an unprecedented suspension of disbelief. It meant that Moscow had chosen to strip itself of both the lucrative income stream the gas pipelines generated and of the political and diplomatic leverage it enjoyed over European states from its control of their energy supplies. This was at a time, remember, when the Kremlin, embattled in its war in Ukraine, needed all the diplomatic influence it could muster.
    Quelle: Jonathan Cook in Consortium News
  14. Vor die Tür gesetzt
    Zehntausende Zwangsräumungen jährlich. Initiative spricht von »Akt der Barbarei«. Linke fordert Verbot.
    Es passiert im Schnitt 80mal pro Tag: Menschen verlieren ihren Wohnraum, unter unmittelbarem Zwang. Im vergangenen Jahr haben Gerichtsvollzieher hierzulande knapp 30.000 Zwangsräumungen vollstreckt, berichtete dpa am Sonntag. Weitere rund 20.000 sogenannte Aufträge, Bewohner aus ihren vier Wänden zu werfen, wurden nicht exekutiert. Das sind Zahlen aus einer Antwort der Ampelregierung auf eine schriftliche Frage der mieten- und wohnungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Caren Lay, die jW vorliegen. Gemessen an der Einwohnerzahl wird in Brandenburg, Bremen, Sachsen und NRW am meisten zwangsgeräumt. Ein häufiger Grund für den Rauswurf: Mietschulden. Denn geraten zur Miete Wohnende mit zwei Monatsmieten in Zahlungsrückstand, ist das bereits ein Kündigungsgrund, fristlos. Für Vermieter ist es ein leichtes, in Zeiten von Wohnungsnot und Baulücken zahlungskräftigere Nachrücker zu finden – und ein erquickliches Sümmchen auf den Mietzins draufzuschlagen. Hinzu kommt Schlendrian in kommunalen Behörden, also lange Bearbeitungszeiten bei Wohngeldanträgen. Zu spät ausgezahlte Hilfen führten kürzlich zu Wohnungsverlusten, weiß Lay aus Sachsen. Das Bundeskabinett habe versäumt, den Mieterschutz zu verbessern, damit eine Nachzahlung der Mietschulden Kündigung und Räumung abwenden könnte. »Bisher sind überhaupt keine der angekündigten Reformen für ein sozialeres Mietrecht von der Ampel präsentiert worden«, kritisierte die Linke-Politikerin am Sonntag in einer Stellungnahme. Folgerichtig: Für immer mehr Personen sind ein paar Quadratmeter bezahlbarer Wohnraum unerfüllbarer Luxus. Mehr als 600.000 Wohnungslose waren 2022 in Deutschland statistisch erfasst, hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG-W) jüngst mitgeteilt. Ein rasanter Anstieg um fast 60 Prozent im Vorjahresvergleich. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Mietpreise explodieren munter weiter, und Heizkosten bleiben hoch. Der Sozialverband VdK mahnte am Sonntag gegenüber jW: »Das angekündigte Auslaufen der Energiepreisbremse darf nicht dazu führen, dass Heizen unerschwinglich wird und Menschen in ihrem Zuhause frieren müssen.« Und dieses möglicherweise noch verlieren. Es brauche Härtefallfonds für arme Mieter.
    Quelle: junge Welt
  15. Sorge um Jugendliche in Marzahn-Hellersdorf: „Wir kriegen jetzt erst mit, was Corona bewirkt hat“
    Sie können nicht richtig sprechen oder halten ihr Leben für wertlos. Ein Sozialarbeiter über zunehmende seelische Nöte bei Kindern und Jugendlichen in Berlin – und die möglichen Ursachen.
    Kindern und Jugendlichen in Berlin scheint es zunehmend nicht gut zu gehen. Einiges deutet darauf hin: Sei es die Zunahme von Jugendgewalt oder psychischen Erkrankungen, seien es Krawalle wie an Silvester, als Teenager Brandsätze auf Polizisten und Feuerwehrleute warfen und eine ganze Stadt sich fragte, wie das passieren konnte.
    Wie schlecht es Jugendlichen tatsächlich geht, darauf macht jetzt ein Brandbrief aus Marzahn-Hellersdorf aufmerksam. Mehr als 70 Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen schlagen Alarm, fordern mehr finanzielle Unterstützung. Von verstärkter Perspektivlosigkeit unter Jugendlichen ist da die Rede, von körperlicher Verwahrlosung, sexuellen Übergriffen, Suizidgedanken. Von einem stadtweiten Problem, das nicht nur hier im Bezirk auftrete – aber hier besonders. In der Kinder- und Jugendarbeit könne oft nur noch Notversorgung geleistet werden.
    Was das bedeutet, kann Alexander Paulsen vom Deutschen Roten Kreuz erzählen, er hat den Brief mitunterschrieben. An einem stürmischen Tag Ende November führt er durch seinen Jugendfreizeittreff M3+ im Nordwesten von Marzahn: Ein einstöckiges Gebäude mit großen Räumen, Billardtischen, Tischtennisplatten und Computerplätzen. Durch große Dachfenster geht der Blick auf die umliegenden Plattenbauten. Paulsen, ein freundlicher, sanfter Mann, arbeitet seit zehn Jahren „in der offenen Jugendarbeit“. Noch ist es still, erst in ein paar Stunden werden die ersten Kinder eintreffen.
    Quelle: Berliner Zeitung
  16. Stuttgart 21 wird nochmal teurer
    Die Projektpartner von Stuttgart 21 gehen davon aus, dass das Bahnprojekt noch teurer wird. Man könne den Kostenrahmen nicht halten, heißt es von der Deutschen Bahn. Andere Teile des Projekts hingegen sollen früher fertig werden als geplant.
    Der Flughafenbahnhof soll schon 2026, also ein Jahr früher als bisher gedacht, vollständig in Betrieb gehen. Das gab am Freitag der Lenkungskreis von Stuttgart 21 bekannt. Der Tiefbahnhof in der Stuttgarter Innenstadt soll wie vorgesehen im Dezember 2025 in Betrieb gehen. Aber die Digitalisierung des neuen Bahnhofs halte Herausforderungen bereit, hieß es. Es sei entscheidend, dass die Testphasen der neuen Bahntechnik rechtzeitig abgeschlossen werden können. (…)
    Klar wurde am Freitag auch: Stuttgart 21 wird nochmal teurer. Darin waren sich alle Projektpartner einig, allerdings ohne konkrete Details zu nennen. Gegenwärtig rechnet man mit 9,15 Milliarden Euro. Dazu kommt ein Risikopuffer von 640 Millionen Euro – also insgesamt rund 9,79 Milliarden Euro. Der Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn Berthold Huber sagte am Freitag, dass die Bahn ja bereits Mitte des Jahres Kostensteigerungen angedeutet hatte. “Wir werden sehr wahrscheinlich Kostensteigerungen über den Finanzierungsrahmen hinaus haben. Wir werden das jetzt aber erstmal eingehend bewerten und in den internen Gremien besprechen.” Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn trifft sich am 18. Dezember. (…)
    Der Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann (Grüne), betonte nach der Sitzung des Lenkungskreises, dass sich das Land nicht an Mehrkosten beteiligen werde. Darum bemüht sich das Land derzeit auch vor Gericht im Streit mit der Deutschen Bahn. Zum anvisierten Eröffnungstermin von Stuttgart 21 im Dezember 2025 sagte Hermann: “Alle wollen, dass dieser Termin gehalten wird. Alle wollen alles tun, damit es klappt. Aber wir haben heute auch gehört, dass es eng wird und es wirklich allergrößter Anstrengung bedarf, dass es klappt.”
    Quelle: SWR


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