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Titel: Leserbriefe zu „Absurde Kritik an Trumps Friedensplan für die Ukraine“

Datum: 1. Mai 2025 um 15:00 Uhr
Rubrik: Leserbriefe
Verantwortlich:

Jens Berger kommentiert hier die Reaktion des „politisch-medialen Komplexes in Deutschland“ auf den von US-Präsident Trump vorgelegten „Friedensplan für die Ukraine“. Der sei abzulehnen, da er vorsehe, dass die Ukraine die russische Herrschaft über die Krim anerkenne. Das lasse die ukrainische Verfassung nicht zu. Das sei „eine Scheindebatte“, denn in Trumps Friedensplan sei gar nicht die Rede davon, dass die Ukraine ihre Ansprüche auf die Krim fallen lässt, sondern dass die USA de jure anerkenne, was de facto seit 2014 ohnehin der Fall seit – dass die Krim zu Russland gehört. In Berlin versteife man sich nunmehr „wie ein bockiges Kind, dessen Wünsche nicht erfüllt werden, in Lügen, Verdrehungen und Realitätsflucht“. Wir danken für die interessanten Leserbriefe. Es folgt nun eine Auswahl, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.


1. Leserbrief

Lieber Herr Berger,
 
Sie sprechen die Verfassungsfrage zur Krim an, das ist alles richtig, trifft aber nach meinem Verständnis nicht die wesentlichen Punkte der angeblichen Krim-Annexion. Erstens war es eine Sezession nach einem Referendum und keine Annexion. Was daran völkerrechtswidrig sein soll, verstehe ich bis heute nicht. Putin hat selbstverständlich etwas nachgeholfen, es fiel aber kein Schuss. Die blutigen Militäraktionen wie im Donbass blieben der Krim bis heute erspart. Das sollte man Putin hoch anrechnen. Elsaß-Lothringen dagegen wurde nach blutigen Kriegen hin und her annektiert, ein entscheidender Unterschied.

Zweitens, und das ist der wesentliche Punkt, war die Krim nie ukrainisch, sie wurde 1783 von Katharina der Großen nach Kriegen annektiert und ist seitdem russisch. Es gab sogar mehrere Referenden nach 1991, in denen sich die Bevölkerung für Russland ausgesprochen hatte (nachzulesen bei der nicht russenfreundlichen Wikipedia). Trumps Haltung sehe ich als realistisch an. Man mag von ihm halten, was man will, im Gegensatz zur europäischen politischen Klasse ist er hier weniger scheinheilig. Was er langfristig vorhat, weiß ich nicht. Die erlogene Bedrohung Europas und Deutschlands durch Russland könnte dann Realität werden, wenn Russland nach den ersten Tauruseinschlägen reagieren wird (muss?). Ob unsere Kriegstreiber um Merz daran denken?
 
Freundliche Grüße
Emmo Frey


2. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

mich interessiert kaum noch, was die Spacken aus Politik und Mainstream-Medien zu Trumps Äußerungen und Initiativen so alles ablassen. Es handelt sich doch nur um Kriegspropaganda, um das Ziel, Russland kleinzuhalten und die Ukraine der EU einzuverleiben, zu verschleiern. Die Menschen in der Ukraine sind denen doch vollkommen egal.

Fakt ist: Trump ist der erste westliche Staatsführer, der sich ernsthaft für Frieden einsetzt, auch wenn seine Methoden den ein oder anderen Zeitgenossen irritieren mögen. Die EU und Deutschland haben dagegen versagt. Auch hier sprechen die Fakten für sich: Deutschland nimmt gigantische Schulden auf, um aufzurüsten, und ruiniert dabei seine Wirtschaft. Wie blöd muss eine Bevölkerung sein, um das gut zu finden?! Kein Wunder, dass nicht nur Trump und Putin, sondern auch viele andere Staatsführer weltweit nur noch Verachtung für dieses Land übrig haben.
 
Beste Grüße
Hae-Joo Chang


3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

Ihr Artikel „Absurde Kritik an Trumps Friedensplan für die Ukraine“ enthält aus meiner Sicht einige problematische Argumentationsweisen.

Insbesondere die Verengung des Konflikts auf die Krim-Frage und die isolierte Betrachtung der Äußerungen von Präsident Selenskyj sind irreführend. Die von Ihnen zitierten Aussagen Selenskyjs bezüglich möglicher „Kompromisse“ müssen im Kontext seiner Forderungen nach belastbaren Absicherungen neuer Grenzlinien und dem Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft betrachtet werden. Ohne diese Kontextualisierung wird ein verzerrtes Bild der ukrainischen Position gezeichnet.

Die Verwendung der Äußerungen von Frau Baerbock als vermeintliches Gegenargument erscheint mir unangebracht. Ihre Position spiegelt die offizielle Haltung der Bundesregierung wider, die auf der Einhaltung des Völkerrechts und der Ablehnung von Annexionen basiert. Die von Ihnen beschriebene Haltung, ist die der Bundesregierung.

Besonders bedenklich ist die von Ihnen nicht dementierte Übereinstimmung Ihrer Argumentation mit der Position der AfD, wie in einem Bericht des Deutschlandfunks vom 25. April 2025 dargelegt wurde. Diese Nähe zu einer Partei, die für ihre umstrittenen Positionen in der Außenpolitik bekannt ist, wirft Fragen nach der Objektivität Ihrer Analyse auf.

Mit freundlichen Grüßen,
Ulrich Dißars


4. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

um ehrlich zu sein, ich bin entsetzt über Ihren Artikel zu dem absurden Friedensplan von Herrn Trump. Sie schreiben von einer Scheindebatte, da die Krim ja de facto seit 2014 zu Russland gehört. Warum hinterfragen Sie das nicht mal kritisch:

Nach der Annexion räumte Putin noch ein, dass die Krim auch ukrainisch und krimtatarisch sei. Tatsächlich war die Halbinsel Krim, die erst 1783 unter Zarin Katharina II. annektiert wurde, über Jahrhunderte weder russisch noch russländisch gewesen, sondern ein multiethnischer, multireligiöser Ort, der muslimisch geprägt war. Die Herrschaft des Zarenreichs ging mit einer fortschreitenden Zurückdrängung der Krimtataren einher, aber erst mit der gewaltsamen Massendeportation durch Stalin im Jahr 1944 wurden die Krimtataren endgültig zur Minderheit.

Politisch betrachtet stimmten selbst die nicht krimtatarischen, sondern ethnisch russischen und ukrainischen Bewohner der Krim 1991 mehrheitlich (ca. 54 Prozent) für die Unabhängigkeit der Ukraine. Nach einer kurzen Erfolgswelle Mitte der 1990er Jahre verschwanden die politischen Gruppierungen auf der Krim, die für einen Anschluss an Russland eintraten, in der politischen Bedeutungslosigkeit. Nach den letzten demokratischen Wahlen zum Krim-Parlament im Jahre 2010 hatte die Partei Russkoe Edinstvo (Russische Einheit) noch drei von 100 Sitzen. Inwiefern Russlands massive anti-ukrainische Propaganda während des Euromajdan im Winter 2013/14 dazu führte, dieses Meinungsbild zu verändern, müssen künftige Forschungen zeigen. Die weitgehende Billigung der Annexion durch die Bevölkerung der Krim zeugt allerdings davon, dass das Vertrauen in den ukrainischen Staat bei vielen nicht gefestigt war und es ausgeprägte Sympathien für Russland gab. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung der Krim im März 2014 für den Anschluss an Russland auch bei einer demokratischen Wahl gestimmt hätte, möglicherweise die Mehrheit. Dies ändert nichts daran, dass Russland völkerrechtswidrig das Gebiet eines anderen Staates annektiert hat und seitdem gezielt jene Menschen verfolgt, die sich – wie der ukrainische Filmemacher Oleg Sencov oder der prominente Krimtatare Mustafa Dzhemilev – der gewaltsamen Annexion ihrer Heimat entgegenstellten und unter Gewaltandrohung ein Pseudoreferendum inszenierte, bei dem die Option, dass die Krim Teil der Ukraine bleiben sollte, nicht einmal auf den „Stimmzetteln“ zu finden war. Die Annexion der Krim war ein Gewaltakt.

Sie hingegen bezeichnen das als bockige Verweigerung der Realität. Versetzen Sie ich bitte mal ins Jahr 1939: Nazi-Deutschland überfällt Polen und der Rest der Welt soll das doch bitte als Realität annehmen. Also Ihrer Meinung nach soll der Stärkere sich nehmen, was er will, der Rest muss diese neue Realität dann eben akzeptieren. Dann würde die Fahne der Nazis heute wohl vom Saarland bis Wladiwostok wehen.

Mit Verlaub, dieser Artikel macht mich sprachlos.

Freundliche Grüße
Martin Boremann

Anmerkung Jens Berger: Sehr geehrter Herr Boremann,

nehmen wir doch mal für einen Moment an, Sie hätten Recht. Da stellt sich dann doch die Frage: Was nun? Was fangen wir mit der Erkenntnis an, dass die Annexion, wie Sie es schreiben, „ein Gewaltakt“ war? Ob es uns gefällt oder nicht – die gesamte Geschichte ist voll von Grenzverschiebungen, Annexionen, Regime-Changes, Putschen und und und, die nicht lupenrein dem Völkerrecht entsprechen. Wollen Sie die nun alle rückgängig machen? Mit welchem Mandat? Oder denken Sie nicht auch, es sei besser, pragmatisch an die Sache heranzugehen? Toll finde ich das auch nicht. Natürlich hätte auch ich mir gewünscht, dass es für die Krim eine Lösung gegeben hätte, mit der alle Fraktionen zufrieden sind. Aber so sollte es nicht sein. Nun müssen wir das Beste draus machen.

Beste Grüße
Jens Berger

Antwort des Lesers M.B.: Sehr geehrter Herr Berger,

nehmen wir doch mal an, Sie hätten Recht. Dann hätte Deuschland Polen überfallen und niemand hätte interveniert. Danach wäre die Wehrmacht vermutlich in Russland einmarschiert und niemand hätte interveniert. In welchem Land würden Sie denn dann heute leben? Ist es das, was Sie wollen?

In Ihrem Artikel schreiben Sie ja nicht einmal, dass Sie das nicht toll finden, nein, Sie schreiben, dass de jure jetzt endlich anerkannt werden sollte, was de facto ja ohnehin schon so ist. Natürlich ist die Geschichte voller Grenzverschiebungen, aber das heißt ja nicht, dass man das tolerieren muss. Ich finde das eine sehr gefährliche Meinung. Denn Sie unterstützen damit das Recht des Stärkeren, der sich dann, Ihrer Meinung nach, holen kann, was er will. De jure sollten wir das dann ja auch anerkennen, was ja de facto dann eh schon so ist. Also vielleicht demnächst Grönland oder der Panama-Kanal, wer weiß das schon.

Freundliche Grüße
Martin Boremann


5. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

es ist immer wieder ärgerlich, aus diversen, angeblich den Mainstream vertretenden Medien, zu “erfahren”, dass Russland sich die Krim  “völkerrechtswidrig” einverleibt hätte.

Hier ein Link zu dem auf der Krim 2014 stattgefundenen Referendum, wonach 95% der Krim-Bevölkerung für einen  Beitritt zu Russland gestimmt haben. Das muss sogar der DLF zugeben: deutschlandfunk.de/krim-referendum-95-prozent-stimmen-fuer-russland-beitritt-100.html

Angesichts der Repressionen der damaligen ukrainischen Regierung gegen u.a. die Bevölkerung der Krim, wie z.B. Verbot der russischen Sprache, u.v.m., ziemlich einleuchtend.

Was die in den Donbass-Oblasten abgehaltenen Referenden betrifft, so findet man in den Medien, außer in der Nachrichtenagentur TASS, durchgehend negative Bewertungen (“Scheinreferenden”, “Annexion”, “völkerrechtswidrige Abstimmung”, etc., und was man noch alles als Negativum herbeizaubern kann).

Wenn die Zivilbevölkerung eines Gebietes, wie dies seit 2014 geschah, vom Militär des Landes, deren Staatsbürger sie sind, Tag und Nacht bombardiert, das Wasser abgedreht, die Straßen vermint, Pensionen und Gehälter nicht ausgezahlt, Bankdienstleistungen gestoppt werden, u.v.m., wie z.B. in dem Buch von Patrick Baab “Auf beiden Seiten der Front” geschildert, wen dürfte es dann noch wundern, wenn die Bewohner dieses Gebietes sich dafür entscheiden, sich unter den Schutzschirm des mächtigen Nachbarn zu begeben, indem sie mehrheitlich dafür stimmen, Teil dieses Nachbarlandes zu werden. Was insbesondere von hiesigen Medien als illegaler Akt dargestellt wird, ist bei Einschaltung des gesunden Menschenverstandes doch eigentlich vollkommen legitim, natürlich und verständlich.

Dass der Kosovo sich 2008 ohne Referendum von Serbien “abgespalten” hatte und in der Folge von 117 Ländern (darunter natürlich Deutschland unter Merkel), als Staat anerkannt wurde, dass sich dort seit 1999 “zufällig” ein 386 ha großer US-Militärstützpunkt (Camp Bondsteel) befindet, wen juckt’s? Wer hat damals nach der serbischen Verfassung gefragt? Gegessen! Ein Paradebeispiel für Messen mit zweierlei Maß, wie’s gerade in den Kram passt.

Das Hakenschlagen Selenskijs ist nicht  neu und von vernunftbegabten Menschen nicht ernst zu nehmen. Der seit Mai 2024 eigentlich Präsident a.D. der Ukraine dreht sein Fähnchen, da Uncle Sams Unterstützung nachzulassen droht (denn militärische Unterstützung inkl. Waffen  bekommt er ja bisher noch von den USA geliefert), nun nach dem von der EU-Seite – die allerdings nicht in der Lage sein wird, die USA in dieser Hinsicht auch nur im Ansatz zu ersetzen – blasenden Wind.

Meine Einschätzung: So lange die USA die Ukraine mit Waffen und militärtechnisch unterstützen, wird es dort keinen Frieden geben.    
Da ein Ende dieser Unterstützung zumindest derzeit nicht abzusehen ist, ist das angesichts des tagtäglich stattfindenden massenhaften Sterbens auf dem Schlachtfeld und des Gefühls der Machtlosigkeit sehr, sehr traurig.  

Mit besten Grüßen
G. Fernekes


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