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Titel: Für welchen Zweck kauft Bundeswehr aktuell Tausende Leichensäcke? – „Im hochintensiven Gefecht …“

Datum: 27. Juni 2025 um 11:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik
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Das Beschaffungsamt der Bundeswehr will derzeit per Ausschreibung exakt 8.400 luft-, wasser- und gasdichte Leichensäcke erwerben. Die NachDenkSeiten wollten vor dem Hintergrund dieser Anschaffungspläne wissen, für welchen konkreten Zweck die Bundeswehr Abertausende Leichensäcke in ihren Besitz bringen will. Die Antwort führte dann zur Nachfrage, wenn es sich um eine „Neubestellung“ handelt, welches Ereignis in den letzten Jahren zum Verbrauch Tausender Leichensäcke aus der Bundeswehr-Reserve führte. Eine weitere Frage, ob die vorherigen Leichensäcke als „Unterstützungsleistung“ in die Ukraine gingen, wurde vom Pistorius-Sprecher auffallend einsilbig beantwortet. Von Florian Warweg.

Hintergrund

Aus Kunststoff sowie luft-, wasser- und gasdicht, heißt es, sollen die zu erwerbenden Leichensäcke laut der laufenden Ausschreibung des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, kurz BAAINBw, sein. Bei aller Tendenz zur „Nachhaltigkeit“ wird in der Ausschreibung aber auch betont, dass die derzeit gesuchten 8.400 Leichensäcke nur „zum einmaligen Gebrauch“ gedacht sein sollen. Qualitative Aspekte scheinen für das Bundesamt keine große Rolle zu spielen, das „niedrigste Angebot“ würde den Zuschlag erhalten.

Der Haushalts- und finanzpolitische Sprecher der SPD in der Bremischen Bürgerschaft, Arno Gottschalk, kommentierte die Ausschreibung der Bundeswehr zum Erwerb Abertausender Leichensäcke mit folgenden Worten:

„Die ganze Logistik-Kette im Blick? Die Bundeswehr möchte 8400 Leichenbergesäcke bestellen, aber nicht kommentieren, wofür.“

Diese Ausschreibung scheint sich tatsächlich nahtlos einzufügen in die derzeit laufende mediale und politische Mobilisierung hin zu einer vermeintlichen „Kriegstüchtigkeit“. So erklärte erst kürzlich der Kommandeur der Gesundheitseinrichtungen und stellvertretende Inspekteur des Sanitätsdiensts der Bundeswehr, der Generalstabsarzt Johannes Backus, gegenüber der FAZ:

„Die fünf Bundeswehrkrankenhäuser allein reichen nicht aus. Große Teile ihrer Fachkräfte werden im Ernstfall an der Front benötigt, damit fällt eine zentrale Ressource im Inland weg.

Im Kriegsfall wird die Hauptlast auf zivilen Krankenhäusern liegen, sie wären das Rückgrat der medizinischen Versorgung. Deutschland wird in einem solchen Szenario eine logistische Drehscheibe für Truppen und Verwundetentransporte sein.“

Der Vorsitzende des Verbands der Universitätskliniken Deutschlands, Jens Scholz, stellte sich umgehend, ganz dem Zeitenwende-Geist folgend, hinter den Vorstoß von Backus. Mit Verweis auf den „Operationsplan Deutschland“ betonte er, alle Krankenhäuser seien bereits jetzt dazu verpflichtet, Unterstützungsleistungen für die Streitkräfte vorzubereiten …

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 25. Juni 2025

Frage Warweg
Das Beschaffungsamt der Bundeswehr will derzeit per Ausschreibung exakt 8400 luft-, wasser- und gasdichte Leichensäcke erwerben. Herr Müller, könnten Sie uns darlegen, für welchen konkreten Zweck die Bundeswehr aktuell abertausende Leichensäcke in ihren Besitz bringen will?

Müller (BMVg)
Ich glaube, jedem hier ist klar, für welchen Fall man diese Säcke braucht. Wenn es nämlich zum Fall der Fälle kommt, also zu einer Situation, in der das Land und das Bündnis verteidigt werden müssen, dann sind wahrscheinlich im hochintensiven Gefecht auch entsprechende Verluste möglich. Streitkräfte haben den Auftrag zu verteidigen. Das heißt Kampf – das vergisst man manchmal, aber das ist Kernelement der Streitkräfte -, und im Kampf und bei der Verteidigung des Bündnisses und der Bundesrepublik Deutschland können dann auch Personen sterben. Das bringt der Soldatenberuf mit sich, und dafür werden eben auch in den Lagern entsprechende Vorkehrungen getroffen.

Zusatzfrage Warweg
Als Laie geht man davon aus, dass die Bundeswehr per se Leichensäcke auf Vorrat gebunkert hat. Eine Neubestellung impliziert insofern, dass diese Lagerbestände nicht mehr ausreichend sind. Welches Ereignis in den letzten Jahren führte denn zum Verbrauch tausender Leichensäcke? Mir persönlich fällt außer dem Krieg in der Ukraine kein Ereignis ein, dass diese Masse an verbrauchten Leichensäcken bei der Bundeswehr erklären würde. Könnten Sie da vielleicht noch für Aufklärung sorgen?

Müller (BMVg)
Ich bin nicht im BAAINBw (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr); insofern könnten Sie gerne noch die Pressestelle des BAAINBw fragen. Ich bin aber soweit informiert, dass ich Ihnen sagen kann: Die Bestände der Streitkräfte werden natürlich kontinuierlich überprüft und auch angepasst, und zwar nicht nur an die Lageentwicklung, sondern zum Beispiel auch an den Zustand der jeweils lagernden Ware. Ich kann nicht einschätzen, wie lange entsprechende Vorräte schon lagern, aber wir haben ja auch ein bisschen Materialkunde studiert und wissen daher zum Beispiel, dass aus Kunststoffprodukten Weichmacher entweichen und dass Produkte altern. Es kann also sein – ohne dass ich vorweggreifen möchte -, dass es hier um eine reine Ergänzungsbeschaffung aufgrund der Materialalterung bestehender Vorräte geht. Das BAAINBw wird Ihnen dazu aber sicherlich eine Auskunft geben können.

Zusatzfrage Warweg
Weil ich gerade den Krieg in der Ukraine angesprochen habe: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist auszuschließen, dass die Bundeswehr die Ukraine auch durch die Bereitstellung von entsprechenden Säcken unterstützt hat und sich dieser Mangel dadurch erklärt?

Müller (BMVg)
Zu Unterstützungsleistungen kann ich nichts weiter mitteilen, da wir keine Einzelauflistungen mehr durchführen. Sie finden die Liste, die bis zum April geführt wurde, archiviert im Netz; da können Sie gerne noch einmal hineinschauen. Normalerweise subsumieren wir das unter Unterstützungsleistungen. Einzelaspekte greifen wir aber nicht mehr heraus und stellen sie auch nicht mehr dar.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 25.06.2025


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