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Titel: „Schlimmer als Deutschland 1945“ – O-Töne zu Irritationen nach Wadephuls Syrien-Aussage
Datum: 11. November 2025 um 12:00 Uhr
Rubrik: Innen- und Gesellschaftspolitik
Verantwortlich: Redaktion
Unter ihrer berühmten „Wir schaffen das!“-Losung leitete die damalige Kanzlerin Angela Merkel 2015 eine beispiellose Einwanderungswelle aus Syrien ein. Zwar stellte sie sich das wie einen „zeitweiligen Schutz“ vor, bis der Krieg in Syrien zu Ende ist – wie aber der jetzige Stand zeigt, haben deutsche Behörden nun große Probleme damit, diesem „zeitweiligen Schutz“ ein Ende zu setzen. Und die jüngste Auseinandersetzung um Johann Wadephuls Syrien-Äußerung führt deutlich vor Augen, dass in dieser Frage selbst in den oberen politischen Etagen Deutschlands keine Einigkeit herrscht. Eine neue Ausgabe der O-Töne. Von Valeri Schiller.
Bundeskanzlerin Angela Merkel 2016
„Nahezu keiner der zu uns Kommenden bekommt einen Asylanspruch – sondern alle bekommen einen zeitweiligen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder aber einen subsidiären Schutz, der nochmal darunter liegt. Dieser Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention ist auf drei Jahre befristet. Sie erinnern sich an den Jugoslawien-Krieg. Damals waren auch eine halbe Million Menschen zu uns gekommen. 70 Prozent davon sind wieder zurückgegangen. Und wir müssen bei allem, was wir bei der Integration machen – und ich bin dafür, wir wissen ja nicht genau, wann ist Syrien-Krieg zum Beispiel zu Ende, wann ist der IS im Irak besiegt – müssen wir den Menschen aber auch sagen: Es ist ein temporärer Aufenthaltsstatus, und wir erwarten, dass, wenn wieder Frieden in Syrien ist, wenn der IS im Irak besiegt ist, dass ihr auch wieder mit dem Wissen, was ihr jetzt bei uns bekommen habt, in eure Heimat zurückgeht.“
(Quelle: @Alex__Steffen)
Welt TV am 5. November 2025
„Außenminister Johann Wadephul sorgt erneut für Irritationen. In der Sitzung der Unionsbundestagsfraktion soll er nach Teilnehmerangaben gesagt haben, Syrien sehe schlimmer aus als Deutschland 1945. Und schon letzte Woche in Syrien selbst hatte Wadephul ein zerstörtes Stadtviertel besucht. Dort bezweifelte er, dass Menschen dort würdig leben könnten. Damit geriet er in Widerspruch zu Bundeskanzler Friedrich Merz, für den der Bürgerkrieg beendet ist. Merz will deshalb, dass möglichst viele Syrer in ihre Heimat zurückkehren.“
(Quelle: WELT Nachrichtensender)
Bundesaußenminister Johann Wadephul am 30. Oktober 2025
„Kurzfristig können sie nicht zurückkehren. Ein dermaßen großes Ausmaß an Zerstörungen hab ich persönlich noch nicht gesehen, hab ich mir auch nicht vorstellen können. Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“
(Quelle: ARD, ab Minute 2:47)
AfD-Chefin Alice Weidel am 4. November 2025
„Unser Außenminister Wadephul hat das erklärt, dass das alles gar nicht geht, und die CDU erklärt uns in Gänze, dass man syrische Flüchtlinge nicht abschieben kann. Eben aus allen anderen Ländern geht das, nur aus Deutschland geht das nicht (…)
Und wir werden entscheiden, ob es nicht vielleicht besser wäre, diese Menschen zurück in ihre Heimat zurückzuführen, denn dort werden sie ja gebraucht. Denn wir haben, wie wir ja damals 2015 gemerkt haben, ausnahmslos Raketenwissenschaftler und Zahnärzte geschenkt bekommen, die hochgradig qualifiziert sind, die einen akademischen Abschluss haben, die Berufsabschlüsse haben. Diese Menschen haben wir geschenkt bekommen, und die werden unbedingt beim dem Scharia-Regime in Syrien gebraucht. Und dementsprechend müssen wir diesem Land, nicht nur diesem, sondern auch Syrien, dem Scharia-Regime, großen Gefallen tun und diese Menschen wieder zurückführen, die Aufbauarbeit leisten können.“
(Quelle: WELT Nachrichtensender, ab Minute 4:16 und ab Minute 7:41)
Britta Hasselmann, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grüne, am 4. November 2025
(Zum CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer – Anm. Red.) „Aus Ihrem Sessel sagt sich das superbequem, dass man nach Syrien abschieben kann und dass es in Syrien Regionen gibt, wo das geht. Herr Wadephul war gerade vor Ort und hat eine Einschätzung gegeben über die Region. Das ist Ihr Außenminister. Warum trauen Sie ihm nicht? (…) Sie haben ihn in das Amt gebracht. Ich finde auch, es ist der Außenminister unseres Landes, ich habe großen Respekt vor ihm. Sie aus Ihrem Sessel sagen jetzt im Gegensatz zu Herrn Wadephul, der vor Ort war, der die Zerstörung gesehen hat, der gesagt hat: ‚Ich bin mir nicht sicher, dass man hier leben kann. Ich halte das für unwürdig.‘ Sie aus Ihrem Sessel heraus sagen: ‚Doch ja, schon, das geht.‘ Ich finde das sehr zynisch.“
(Quelle: ARD, ab Minute 25:50)
Alexander Hoffmann, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, am 4. November 2025
„Wir wollen und wir werden wieder nach Syrien abschieben. Ich bin dem Bundeskanzler ausdrücklich dankbar, dass er das eindeutig klargestellt hat. Die Sicherheitslage in Syrien hat sich nach dem Sturz des Assad-Regimes geändert, und darauf können wir und müssen wir entsprechend reagieren (…)
Hierbei geht es in einem ersten Schritt um Straftäter und Gefährder, die in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden sollen. So haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart und so setzen wir es auch um. Und es muss, meine Damen, meine Herren, in einem zweiten Schritt auch darum gehen, wie wir zu Rückführungen kommen bei arbeitsfähigen Syrern, die in Deutschland keiner Beschäftigung nachgehen. Mehr als 500.000 Syrer beziehen aktuell in Deutschland Bürgergeld.“
(Quelle: phoenix, ab Minute 0:01 und ab Minute 0:37)
Roger Köppel, Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Weltwoche“, am 4. November 2025
„Als deutscher Politiker brauchen sie extrem viel Rückgrat und Mut, dass sie nicht dauernd den Gutmenschen glauben raushängen zu müssen. Und ein deutscher Politiker, ein Regierungspolitiker, zum Beispiel ein Außenminister, der hinsteht und sagt: ‚Oh, ich war jetzt in Syrien. Dieses Land läuft hervorragend. Alle Syrer, die wir jetzt in Deutschland haben, die können jetzt wieder nach Hause, die können wieder nach Syrien.‘ Es ist irgendwie undenkbar, dass ein deutscher Politiker das sagt. Würde er das sagen, würde er natürlich international auch angeprangert werden. Es entstünde ein gewaltiger Aufschrei. Er würde zusammenbrechen.“
(Quelle: DIE WELTWOCHE, ab Minute 18:05)
Syrischer Einwanderer am 4. November 2025
Journalistin: „Du hast damals ein Selfie zusammen mit Angela Merkel gemacht. Das ist ziemlich bekannt geworden. Hat Dich das irgendwie motiviert, dass Du bekannt geworden bist?“
Syrer: „Also auf jeden Fall das Selfie mit Angela Merkel hat mich damals richtig motiviert. Ich wollte auch tatsächlich die Sprache schnell lernen, um Frau Merkel selber zu sagen, dass ich gut bin, mich integriert habe“ (…)
Syrer: Also ich bin jetzt vor Kurzem schon zurück aus Syrien. Ich war schon in Syrien über drei Wochen, aber ich werde da nicht oft bleiben. Die Situation ist noch nicht 100 Prozent sicher in Syrien. Also ich werde dorthin fliegen, um Urlaub zu machen, meine Familie zu besuchen, aber nicht auf Dauer. Ich liebe Berlin, ich fühle mich sehr gut in Berlin.“
(Quelle: Berliner Zeitung, ab Minute 1:18 und ab Minute 3:58)
Titelbild: Screenshots x.com/@Alex__Steffen, WELT Nachrichtensender, phoenix, ARD, Berliner Zeitung
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