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Titel: Von Watergate zu Waterloo – Neuigkeiten vom Young Leader des Deutschen Journalistenvereins
Datum: 27. November 2025 um 11:00 Uhr
Rubrik: Medienkritik, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Redaktion
Was vermutlich jeder inzwischen weiß: Eine BBC-Nachrichtensendung vom 24. Oktober 2025 hatte eine Trump-Rede vom Januar 2021 derart kreativ geschnitten, dass die Zuschauer glauben mussten, der gefrustete Wahlverlierer habe den MAGA-Mob zu „höllischen Kämpfen“ gegen die Biden-Senatoren aufgehetzt. Von Wolf Reiser.
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Vor gut zwei Wochen wurde die eingemottete Doku wieder ins Licht gerückt. Als Wiedergutmachung für die Fake News wurden von Washington eine Milliarde Euro angesetzt. Im Londoner Nebel gab man sich zunächst verwundert, dann aber wurden sehr zügig Entschuldigungen formuliert und noch zügiger zwei verantwortliche Top-Leute der BBC gefeuert. Beim Geld hört der Spaß auf.
Man darf annehmen, dass derzeit sowohl an der Themse wie auch in den Kellern der ARD, speziell beim SWF und ZDF, von Panik getriebene Lösch- und Schreddereinheiten Tag- und Nachtschichten schieben. Das Allerletzte, was der moralisch wie materiell marode Funkmoloch derzeit benötigt, wäre ein siebenstelliger Straftransfer aus dem GEZ-Topf.
Nein, man muss weder Trump noch Hoeneß oder einen Mähroboter mögen, aber wo er recht hat, hat er recht. Immerhin dreht es sich um eine recht plump fabrizierte Anklage in Sachen Hochverrat und Aufruf zum Staatsstreich. Und de facto glauben das auch bei uns 93 Prozent der aufgeklärten Wahlberechtigten.
Kaum war die Schreckensnachricht aus dem Weißen Haus eingetroffen, kam es, wie es kommen musste, und man hätte die Uhr danach stellen können. Am 13. November meldete sich DJV-Vorstand Mika Beuster zu Wort und appellierte (eine der Lieblingsposen des Justemilieu) an die bereits abgeknickten BBC-Führer, bloß nicht einzuknicken. Dies wäre fatal für alle kritischen und unabhängigen Medien, weil dann drohe „uns allen“ eine „totale Unterwerfung nach Autokratenmanier“.
Dieses unerträgliche, hohle und schamlose Paar aus „Wir“ und „Unser“ symbolisiert die bleierne Zeit der Merkel- und Steinmeierdekaden mitsamt ihren enervierenden Trauer- und Sonntagsreden.
Einen Tag später, am 14. November 2025, gab Herr Beuster dem befreundeten NDR ein Interview – Flaggschiff meets Bollwerk, sozusagen. Anstatt die Stunden dazwischen zu einer Art Reflektion über journalistische Standards zu nutzen, begab sich der oberste Journalist heldenhaft in die Mühle der Schubumkehr. Es sei völlig hinreichend, dass sich die BBC „transparent entschuldigt“ habe und Trump zusagte, die Doku in diesem Zustand nicht zu wiederholen. Für weitere Bücklinge oder gar Entschädigungen gäbe es keinen Grund, weil „sonst nähme der Journalismus großen Schaden … Wir kennen ja alle Trump. Er ist impulsiv. Aber gerade er muss mit Kritik leben. Er muss sich stellen und sachlich reagieren.“
So können nur Menschen argumentieren, die sich seit vielen Jahren ohne Widerspruch und Gegenwind in der journalistischen Abteilung einer Offenen Psychiatrie aufhalten, inkl. der Stationen „Morgenmagazin“, „Mittagsmagazin“, „Kulturzeit“ und „Titel, Thesen, Temperamente“.
Nochmals auf die manipulativen Schnittmuster angesprochen, gibt Beuster sich und uns zu bedenken: „Ja, es war ein handwerklicher Fehler. Aber das Ganze sei nicht so schlimm, denn die Leute in den USA hätten sich nach der Rede genau so verhalten, wie es die BBC geschnitten hat.“ So stellt man sich Studierende eines Goebbels-Seminars vor: Eine bewusste Manipulation wird durch zufällige Geschehnisse hinfällig und damit entschuldigt. Man solle also, so Beuster, dieses kleine Missgeschick „nicht zum Popanz aufbauschen“, sondern doch lieber mal „die Kirche im Dorf lassen“.
Anstelle einer brutalstmöglichen Nachfrage bot der Haltungskamerad vom NDR seinem Gast reichlich Platz für das Gemurmel zeitgeistiger Rosenkranzverse: „Unsere Aufgabe als Journalistinnen ist es, Desinformation zu entlarven und die Mächtigen zu kontrollieren.“ Es gäbe derzeit gewaltige Kräfte und riesige Kampagnen, die speziell „unseren Journalismus“ schlecht machen wollen, vor allem „diesen professionellen Qualitätsjournalismus mit einem herausragenden Ruf, gerade in Deutschland“, diesem „Leuchtturm für Europa, für die Welt“. Die BBC und auch der DJV befänden sich im größten Feuer nach dem Zweiten Weltkrieg, und nun gehe es darum, „unser mediales System zu verteidigen, weil es uns schützt und uns guttut“. Eine desaströse Montage als Kollateralschaden im Kampf für das Gute und Erhabene.
93 Prozent der geschätzt 25.000 Mitglieder haben Mika vor zwei Jahren zum Bundesvorsitzenden des DJV gewählt, der in Suchmaschinen gleich unter der radikal-extremistischen „Deutsche Jugend Voran“ aufploppt.
Mangels eines Gegenkandidaten ruckzuck im Amt, warf er sogleich die programmierte Moral-KI an:
„In Zeiten von Desinformation, Kriegspropaganda und Übergriffen auf Berichterstattende braucht es uns als Fressfeinde der Fake News. Wir lassen uns nicht unterkriegen. Ich will mit dazu beitragen, dass die Pressefreiheit durch guten Journalismus wieder Wumms bekommt.“
Wumms, Doppel-Wumms, Bazooka und Rambo-Zambo. Ein Land zwischen militär-intellektueller Ab- und Aufrüstung. Abteilung stillgestanden. Haltung einnehmen. Präsentiert Sneaker und Smartphone. Rechts um. Im Gleichschritt marsch und mal wieder Weihnachten in Stalingrad.
Vor gut 60 Jahren begann der lange Marsch, mit Rudi Dutschke und mit Enzensberger, Teufel, Pispers, Polt und Floh de Cologne. Man hatte ein wenig Mao im Gepäck, Lenin und Trotzki, Woodstock und Marcuse nebst den illuminierten Fackeln der Aufklärung. Vom Zauber des Anfangs erzählen heute nur noch Polaroids. Dafür beherrschen jene Staatsfunktionäre das Spielfeld, vor genau denen man damals davonmarschiert war, Infotainer wie Böhmermann, Hirschhausen Kekebus, Klamroth, Bosetti und Mikas herumschweifende Mikrobande.
16 Jahre Merkel haben die leitmediale Branche sediert und an die Kette gelegt, und was seit ihrem vermeintlichen Rückzug geschieht, kann man als Verwesungskommentierung beschreiben. Dank der mysteriösen Rochaden ihres Apparats in Sachen Atom, Migration, Viren- und Russenwahn ereignete sich eine formidable Zersetzung, die Stilllegung des pluralistischen Markts und die dauerhafte Installation eines grauen und öden Blocks, den Hegel als „die Nacht der schwarzen Kühe“ bezeichnet hätte.
Keine Zeit dokumentiert diese Implosion besser als die Covid-Ära. Während normale, besorgte Menschen gegen das putschartige Aushebeln der Grundgesetze demonstrierten, erlebte man Maske tragende Jugendtrupps, die sich Arm in Arm mit der Knüppelpolizei auf die stigmatisierten Querdenker und Neonazis stürzten. Die Antifa als regierungstreuer Schlägermob – das hätte sich nicht einmal Micha Wolf vorstellen können.
Mika Beusters Vorgänger Frank Überall verkündete im Herbst 2021 auf Twitter:
„Hallo. Ich bin Frank Überall, Journalist, Wissenschaftler und engagiert als Vorsitzender des @DJVde. Ich bin vollständig geimpft. Wissenschaft und Solidarität sind der Weg aus der Pandemie. Deshalb: Lasst Euch impfen!“
Bei Lanz und Hayali wurden halbwegs balancierte Politiker wie Kriminelle verhört und zu strengeren Maßnahmen angestachelt. Den Vogel schossen die ergrauten 68er ab. Monatelang standen sie bei Wind und Wetter in Schlangen vor den Impfstationen und holten sich im Kampf gegen Weidel und Gauland ihre Dosen ab: „Jetzt erst recht, mein Körper gehört mir!“
Überall sehen die selbsternannten Moralapostel des Relotius-Milieus Hakenkreuze und endlos wiederkehrende Führer-Hologramme. Solche Zwangsvisionen schweißen zusammen. Und in diesem Sinne sendet Beuster aus seiner Berliner Reichsschreibkammer solidarische Grüße an Jimmy Kimmel und informiert die USA und den Rest der Welt: „Hier wird der Druck nicht von der Regierung ausgeübt, sondern von Rechtspopulisten und fanatischen Medienhassern in den sozialen Netzwerken.“
Wieso, um Himmels willen, sollte auch irgendeine der Koalitionen seit 2005 Druck auf ihre bestens geschmierte Agitprop-Abteilung ausgeübt haben?
Seit Schröders Abgang dienten DJV und die Querfront aus u.a. FAZ, taz, SZ, Stern, FR, Spiegel, DPA, Springer & Bertelsmann in allen Belangen dem angloamerikanischen Diktat, dem Verbund aus CNN, NYT und WP, dem Clinton- & Obama- & Blinken-Lager, den Top-Ten-Stiftungsoligarchen, dem Pharma- und NATO-Komplex, dem Brüsseler Green Deal, den Hedgefonds, Großbanken und drei großen Geheimdiensten. Bei jedem neuen Unterwerfungsgang, jedem neuen PR-Kitsch, NGO-Junk, Faktencheck oder preisgünstigen Influencer-Content wuchs der Frust, auch über die eigene Heuchelei, und dagegen machte man sich einfach Mut mit all den Parolen der Solidarität, Menschenrechte, Freiheit, Gleichheit, Humanität. Am Ende glaubt man die Märchen vom Sturmgeschütz, verleiht sich gegenseitig Preise und hängt sich wie im Honecker-Reich Blechorden um den Hals. Hoch über den Event-Bühnen leuchtet es grell und bunt: Demokratie leben!
Das ganze Ritual hat allerdings eine suizidäre Komponente. Beuster und Konsorten haben in ihrem verklärten Widerstand gegen die Chimären des Bösen den Bogen überspannt. Und der Apparat hat bei der Fabrikation von Lügen mit enormer Gehässigkeit, schäbigen Tricks und kriminellen Methoden gearbeitet. Genau deswegen erwachen jeden Morgen Zehntausende neue „Hater.“ Und die von PEGIDA erfundene „Lügenpresse“ gibt seit 20 Jahren rund um die Uhr ihr Bestes, damit die AfD bald allein oder mit einer CDU als Schreibhilfe und Kofferträger regieren könnte. Es ist davon auszugehen, dass sich auf deren Seite ziemlich viel Wut und potente Revanchegelüste aufgestaut haben. Dummerweise hat Rot-Grün-Schwarz dank seiner Paranoia, Machtgier und Intoleranz eine perfekte Gesetzeslage geschaffen, die sich für einen rechtskonservativen Radikalschnitt anbietet.
P.S.: Bis heute hat man übrigens bei der BBC noch keine plausible Erklärung parat, wieso die Live-Reporterin am 11. September 2001 so gegen 17 Uhr den Zusammenbruch des dritten Turms 20 Minuten vor dessen Staubwerdung schilderte.
Titelbild: Parinya.Maneenate/shutterstock.com
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