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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 17. September 2012 um 8:52 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (KR/WL)

  1. Bundesverfassungsgericht und ESM
  2. “Brauchen Außerirdische, mit denen wir Handel treiben können”
  3. Proteste in Spanien und Portugal
  4. Studie: Finanzmärkte sind oft Bremsklötze für Entwicklung und Wachstum
  5. Gehaltssystem der Banken – Der Bonuswahnsinn
  6. Thomas de Maizière: “Aus gutem Grund geheim”
  7. Macht der Verfassungsschutz noch Sinn?
  8. Rentendebatte
  9. Fehlerhafte Interpretationen zur Armutsgefährdungsquote von jetzt 15,1%
  10. Geschäfte deutscher Energiekonzerne mit Uran aus Russland: Deutscher Strom aus russischen Atombomben
  11. Biosprit-Debatte
  12. „Die Kassenärzte jammern auf sehr hohem Niveau“
  13. Private Krankenversicherer müssen Beiträge erhöhen
  14. Rhön-Universitätsklinik Gießen-Marburg: Abbau auch bei Ärzten
  15. Koalition genehmigt Alternative zur Bahn
  16. Neckermann droht endgültiges Aus
  17. Zukunft à la SPD
  18. Oskar Lafontaine: “10 Jahre Agenda 2010: Eine kritische Bestandsaufnahme”
  19. TV-Tipp: Pelzig hält sich
  20. Zu guter Letzt: Der Organhandel wird immer bizarrer

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Bundesverfassungsgericht und ESM
    1. Rettung von Grundgesetz und Deutungshoheit
      Gedanklich hat die Politik die Grenzen des Grundgesetzes längst überschritten, die das Bundesverfassungsgericht in seinen früheren Urteilen zu den Verträgen von Maastricht und Lissabon so überdeutlich markiert hat. Das öffentliche Nachdenken über Verfassungsreformen und -referenden im Vorfeld der ESM Entscheidung war deshalb auch ein subtiles aber offenkundig wirksames Signal an das Bundesverfassungsgericht: Die Richter wissen seitdem, dass eine große politische Koalition in Deutschland bereit ist, die Verfassung dieses Landes neu zu schreiben, sollte die Karlsruher Lesart des Grundgesetzes den Weg in eine vertiefte politische Union weiter versperren.
      Vor diesem Hintergrund ist der höchstrichterliche Akt der Selbstbescheidung im ESM Urteil zugleich ein raffiniertes Manöver zur Rettung des Grundgesetzes und der eigenen Deutungshoheit darüber. Die Richter haben den Ball zunächst einmal an die Politik zurückgespielt, anstatt weiter die Grenzen einer Verfassungsentwicklung zu betonieren, die ohnehin nicht mehr zu halten sind.
      Quelle: DLF
    2. Wie das ESM-Urteil umgesetzt werden kann
      Wie sind diese vom Senat formulierten Erfordernisse umzusetzen? Eine Klarstellung im ESMV selbst durch eine Nachverhandlung des Vertrages scheint politisch ausgeschlossen, da dies eine erneute Ratifikation des Vertrages in den anderen Mitgliedsländern erfordern würde.
      Ernsthaft in Betracht kommen daher nur entweder die Abgabe eines völkerrechtlichen Vorbehaltes oder einer Interpretationserklärung.
      Nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 lit. d) Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) ist ein Vorbehalt „eine wie auch immer formulierte oder bezeichnete, von einem Staat bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung eines Vertrags oder bei dem Beitritt zu einem Vertrag abgegebene einseitige Erklärung, durch die der Staat bezweckt, die Rechtswirkung einzelner Vertragsbestimmungen in der Anwendung auf diesen Staat auszuschließen oder zu ändern“.
      Abzugrenzen ist der Vorbehalt von bloßen politischen Absichtserklärungen oder reinen Interpretationserklärungen, mit denen sich ein Staat eine bestimmte Auslegung einzelner Vertragsbestimmungen zu Eigen macht. Ob eine Erklärung als Vorbehalt oder Interpretationserklärung wirkt, hängt dabei nicht von ihrer Bezeichnung ab, sondern davon, ob deren Auslegung auf den Willen der erklärenden Partei(en) schließen lässt, mit der Erklärung eine Rechtsänderung herbeizuführen. Ist dies der Fall, handelt es sich um einen Vorbehalt; wirkt die Erklärung lediglich klarstellend und verdeutlichend, ohne die Vertragsverpflichtungen zu berühren, ist von einer Interpretationserklärung auszugehen…
      Damit die Vorbehalte wirksam werden, müssen diesen allerdings die anderen Vertragspartner nach dem Regelungsregime des Art. 20 WVRK zustimmen. Das kann auch konkludent, also durch schlüssiges, zustimmendes Verhalten geschehen.
      Zu prüfen wäre in diesem Zusammenhang noch, ob die Sonderregelung des Art. 20 Abs. 3 WVRK greift. Dann muss es sich hinsichtlich des ESMV um eine Gründungsurkunde einer internationalen Organisation im Sinne des Art. 20 Abs. 3 WVRK handeln. Allerdings befindet sich der ESM noch in Gründung, ist als Internationale Organisation also noch nicht „in der Welt“. Wenn Art. 20 Abs. 3 WVRK dennoch anzuwenden sein sollte, dann müsste das zuständige Organ dieser Organisation zustimmen. Insoweit wird man angesichts der Organisationsstruktur des ESM auf die Auffangkompetenz des Gouverneursrates nach Art. 5 Abs. 7 lit. n) ESMV zurückgreifen können. Danach beschließt der Gouverneursrat mit qualifizierter Mehrheit (vgl. Art. 4 Abs. 5 ESMV).
      Nicht nur insoweit bleiben also noch manche Fragen zu klären.
      Quelle: Verfassungsblog

      Anmerkung WL: Laut Spiegel (Printausgabe)wollen auch die Österreicher und die Niederländer eine solche Erklärung. Es soll eine allgemeingültige Deklaration geben, die für alle Euro-Länder gilt.

    3. Rudolf Hickel: Auf dem Weg in die parlamentarisch abgesicherte Fiskalunion – zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts
      Den Verzicht auf Hinweise zur richtigen Strategie kann sich nur das Bundesverfassungsgericht, jedoch nicht die Politik leisten. Es geht jetzt vor allem um die Fragen, welchen Beitrag der Rettungsfonds zur Stabilisierung des Euro leistet und vor allem wem dieser nützt. Um den Nutzen sowie über die Nutznießer dieser Rettungspolitik muss gestritten werden. Wer behauptet, der künftige Rettungsschirm sei ein Programm zur Rettung der Banken, der muss nach dem voreiligen Jubel klar sehen, dass das Urteil für ihn eine schwere Niederlage ist.
      Auch Banken dürfen mit deutschen Garantien gerettet werden. Es kommt jetzt darauf an, mit diesem Rettungsprogramm die Entmachtung der Banken zu verkoppeln. Dazu dient eine mit Aufsichts- und Eingriffsrechten ausgestattete Bankenunion. Das Bundesverfassungsgericht spielt den Ball in die Politik zurück.
      Jetzt kommt es darauf an, über die richtigen Instrumente der Eurorettung und die Zukunft innerhalb einer Währungs- und Wirtschaftsunion zu entscheiden. Dazu gehört der Rettungsfonds, der die Spekulanten aus dem Geschäft der Refinanzierung der Krisenstaaten raus hält. Hinzu kommen Schuldenschnitte zu Lasten bisheriger Gläubiger, ein Schuldentilgungsfonds für die Euroländer zusammen mit der Finanzierung über eine Vermögensabgabe, Eurobonds und vor allem anstatt einer zerstörerischen Rotstiftpolitik Programme zum Aufbau und zur Stärkung von Wirtschaftsstrukturen etwa in Griechenland. Dabei sind die Kosten der Rettung, etwa die Haftungsrisiken für den ESM, deutlich niedriger als die Schäden durch einen Euro-Ausstieg. Bei all diesen Instrumenten sind neue Klagen in Karlsruhe derjenigen gewiss, die eine Rückkehr zu renationalisierten Währungen fordern.
      Quelle: Arbeitsgruppe alternative Wirtschaftspolitik [PDF – 43.6 KB]
    4. Egbert Scheunemann: Notwendige Anmerkungen zum Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM und zu den Angriffen des politischen Stammtischs auf den ESM und den Euro insgesamt
      Der grundsätzlich positive Aspekt des ESM ist die teilweise Entkoppelung der kreditären Staatsfinanzierung von den privatkapitalistisch organisierten Finanzmärkten. Es ist völlig richtig und sinnvoll, wenn der ESM (bzw. bislang der EFSF) als Kreditnachfrager auftritt und Kredite für sehr geringe oder auch gar keine Zinsen aufnimmt (die ersten EFSF-Anleihen im August 2012 konnten sogar Negativzinsen erzielen!), um diese dann gering verzinst an seine Mitglieder weiterzugeben – statt dass diese Wucherzinsen auf den freien Kapitalmärkten zahlen. Noch richtiger und sinnvoller wäre es, für diese Zwecke allein EZB-Kredite zu verwenden – was einer vollständigen Entkoppelung von den internationalen Finanzmärkten und der Finanzmarktspekulation gleichkäme. Nicht richtig und völlig unsinnig ist allein, diese Kredite an die genannten, neoliberalen Kriterien genügenden Kreditvergabebedingungen zu knüpfen – statt z. B. an einen ökosozialen Umbau der jeweiligen Nationalökonomien. Dass Letzteres nicht geschieht, liegt nicht am ESM, sondern an den neoliberal ausgerichteten politischen Kräften, die ihn tragen.
      Selbst der – vor dem Hintergrund des bislang Gesagten völlig hypothetische, theore-tische, fiktive – Worst-Case-Fall der Abforderung der gesamten ESM-Haftungssumme von 700 Mrd. Euro wäre ein Firlefanz – gemessen an der Wirtschaftskraft der gesamten Euro-Zone, deren BIP 2011 fast 9,5 Billionen Euro betrug. 700 Mrd. Euro – das wären gerade mal 7,3 Prozent der gesamten Wirtschaftskraft des Euro-Raumes! Wer – von Hartz-IV-Empfängern abgesehen – ist pleite, wenn ihm 7,3 Prozent des Einkommens flöten gehen?…
      Das Scheitern des Euro1 wäre eine ökonomische und politische Katastrophe und ein Triumph politischer und ökonomischer Dorftrottelei – von den Gefahren nicht zu reden, die die Reanimation des Nationalen und Völkischen schon jetzt erahnen lässt.
      Quelle: Egbert Scheunemann [PDF – 66.4 KB]
    5. Elmar Altvater: Getrennt lässt Europa sich nicht retten
      Mit einem Rauswurf Griechenlands und anderer mediterraner Eurostaaten oder mit einer freundschaftlichen «Scheidung auf Europäisch» wäre nichts gewonnen. Eine Antwort auf den Artikel von Unctad-Chefökonom Heiner Flassbeck in der letzten WOZ.
      Heiner Flassbecks fröhlich-aufmuntern­des «Trennt euch» bleibt einem daher im Halse stecken. Denn der Grexit hätte in Europa schlimme Folgen. Auf den Finanzmärkten sowieso, aber vor allem auf dem Arbeitsmarkt und in den durch die Austeritätsmassnahmen eh schon wankenden Systemen der sozialen Sicherheit. Die Internationale Arbeitsorganisation rechnet vor, dass die Zahl der Erwerbslosen in den Ländern der heutigen Eurozone um 4,5 auf 22 Millionen steigen dürfte, wenn der Grexit stattfindet. Insbesondere die junge Generation, die doch die Zukunft der geschiedenen Partner sichern sollte, wäre an den Rand gedrängt. Mehr als ein Drittel, in einigen Ländern mehr als die Hälfte der jeweiligen Altersgruppe, befinden sich jetzt schon auf Jobsuche.
      Nicht nur in den Krisenländern an den Ufern des Mittelmeers, auch in den nördlichen Breiten der Eurozone wird der Sommer unwiederbringlich vorüber sein, wenn der Euro, nein: wenn Griechenland den Finanzmärkten geopfert wird, weil der Grexit – so Deutschlands Wirtschaftsminister Philipp Rösler – «seinen Schrecken verloren» habe.
      Quelle: WOZ

      Anmerkung WL: Siehe den Artikel von Heiner Flassbeck „Trennt Euch

    6. Riexinger: Reiche zur Begleichung der Schulden heranziehen
      Die Ursachen der Euro-Krise würden nicht angegangen, bemängelt Bernd Riexinger, Vorsitzender der Partei Die Linke: “Es ist völlig unmöglich, dass in ganz Europa Millionäre und Milliardäre die Krisenkosten, die sie selber verursacht haben, nicht bezahlen müssen.” Mit der SPD sieht er viele Anknüpfungspunkte für eine Koalition, warnt aber davor, dass diese “links blinken und rechts abbiegen” könnte…
      Na ja, man könnte ja auch mal die Auflage machen, ihr kriegt nur dann Geld, wenn ihr Eure Millionäre und Milliardäre zur Kasse bittet. Es ist ja unzumutbar, dass griechische Millionäre und Milliardäre zwei- bis dreihundert Milliarden Euro in andere Länder geschafft haben, dass sie überall in der Welt Luxusimmobilien kaufen, dass sie in Steueroasen flüchten, und zwar in der Größenordnung, die genau den Schulden von Griechenland entspricht. Dagegen werden immer die Auflagen gemacht gegen kleine Leute – wie gesagt, die Arbeitnehmer und die Rentnerinnen müssen bezahlen, ein gleiches Modell, das im Übrigen in den Ländern wie Deutschland schon lange Jahre praktiziert wird. Und das wir auch nicht akzeptieren…
      Über ESM werden die Schulden erhöht, über die EZB wird Geld gedruckt. Und was nicht gemacht wird, ist, dass umverteilt wird, dass Reiche und Vermögende zur Begleichung der Schulden herangezogen werden. Das ist aber der Weg, den Die Linke gern gehen würde…
      Wir sagen ja, dass es völliger Unsinn ist, dass die Europäische Zentralbank billiges Geld inzwischen in Billionenhöhe an die Banken gibt, die dieses Geld teuer an die Schuldenstaaten weiter verleihen mit sieben Prozent Zinsen und mehr. Und die Banken die Profite einheimsen und die Schuldenländer auf keinen grünen Zweig kommen. Deswegen fordert ja Die Linke, dass die EZB günstiges Geld direkt an die Schuldnerländer gibt oder den Umweg nimmt über eine zu gründende öffentliche Bank…
      Quelle: DLF
  2. “Brauchen Außerirdische, mit denen wir Handel treiben können”
    Zehn Länder, zehn Kapitel: Steffen Lehndorff ist Herausgeber von ­„Ein Triumph gescheiterter Ideen“. In dem Buch gehen europäische ­Wissenschaftler der Frage nach, wie ihr jeweiliges Heimatland durch die Krise kommt – und wo die Ursachen liegen. Ergebnis: Nicht nur im Süden Europas gibt es Probleme – auch das Modell Deutschland ist nicht perfekt.
    Die Exportwirtschaft ist Nutznießer der Gemeinschaftswährung. Früher führten deutsche Exportüberschüsse dazu, dass die D-Mark aufgewertet wurde – deutsche Produkte wurden teurer. Mit dem Euro fiel dieses Risiko weg. Aber wenn dem Ausland Reformen nach deutschem Muster aufgedrückt werden, verstärkt sich dort die Rezession. Das wird auf die deutsche Wirtschaft zurückschlagen.
    Durch die Hartz-IV-Gesetze ist in Deutschland ein großer Niedriglohnsektor entstanden; aus Angst, den Job zu verlieren, akzeptieren die Leute immer geringere Gehälter. Jeder fünfte Beschäftigte arbeitet für einen Niedriglohn! So sinken bei uns die Durchschnittslöhne, und andere Länder können ihre Importe nach Deutschland nicht steigern, weil hier die Kaufkraft fehlt. Das Ergebnis: noch höhere Exportüberschüsse. Aber das sind die Auslandsschulden der anderen. Wir brauchen Mindestlöhne, verbindliche Tarifverträge und Vermögenssteuern – bei uns und in den Krisenländern…
    Wenn alle werden wie wir, brauchen wir Außerirdische, mit denen wir Handel treiben können.
    Quelle: Chrismon
  3. Proteste in Spanien und Portugal
    1. Proteste gegen Spardiktat in Spanien: „Auf! Sie wollen das Land ruinieren!“
      Mehrere Hundertausend Menschen machten ihrer Empörung über die Krisenpolitik der spanischen Regierung Luft. Sie sprechen von „schwerwiegendem Wahlbetrug.“
      Quelle: TAZ
    2. Millionen demonstrieren in Spanien und Portugal
      Südwesteuropa ächzt unter den Sparanstrengungen. Portugal und Spanien wollen möglichst mit eigener Kraft aus der Krise. Die Menschen aber gehen wegen der Sparpläne auf die Straße – rund eine Million demonstrieren…
      Allein in Portugal beteiligten sich nach Medienschätzungen mehr als eine Million Menschen an den Kundgebungen in 40 Städten. Die Zeitung “Público” sprach am Sonntag von der größten Demonstration seit dem Ende der Diktatur 1974. Die Protestmärsche standen unter dem Motto “Zum Teufel mit der (Geldgeber-)Troika! Wir wollen unser Leben”.
      Quelle: FTD
  4. Studie: Finanzmärkte sind oft Bremsklötze für Entwicklung und Wachstum
    Ausgangspunkt der Arbeit mit dem Titel “Reassessing the impact of finance on growth” ist die Feststellung, dass sich in den Wirtschaftswissenschaften der vergangenen Jahre ein Konsens herauskristallisiert habe, demzufolge die Entwicklung eines großen Finanzsektors sich positiv auf das Wachstum einer Volkswirtschaft auswirke. Dabei werde allgemein von der Annahme ausgegangen, dass ein größerer Finanzsektor nicht einfach nur ein Nebenprodukt, sondern sogar die Grundlage für Wachstum und Entwicklung sei. Genau mit dieser Annahme haben neoliberale Wissenschaften und Politik in den vergangenen Jahrzehnten die massive Deregulierung der Finanzmärkte begründet – eine Deregulierung, die ab 2007 bekanntlich zur weltweit größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren geführt hat…
    Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Zwar kann ein von Jahr zu Jahr größer werdender Finanzsektor für das Wachstum einer Volkswirtschaft günstig sein. Dies gilt aber nur bis zu einer gewissen Größe des Finanzsektors – wenn diese Schwelle überschritten wird, sind dessen Auswirkungen auf das Wachstum zunehmend negativ. Außerdem darf das Größerwerden des Finanzsektors nicht zu schnell geschehen; ist die jährliche Zunahme zu umfangreich, so hat dies ebenfalls negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.
    Politische Schlussfolgerungen drängen sich angesichts dieser Ergebnisse geradezu auf: Der Finanzsektor einer Volkswirtschaft darf nicht zu groß werden, und er darf nicht zu schnell wachsen. All jene, die jahrelang das Hohelied der Finanzmärkte und der Finanzmarkt-Deregulierung gesungen haben oder dieses gar noch immer singen, sollten sich die in der Studie vorgelegten Zahlen genau ansehen. Sie können lernen.
    Quelle: annotazionie.de
  5. Gehaltssystem der Banken – Der Bonuswahnsinn
    Die Finanzkrise ist längst nicht ausgestanden, dennoch zahlen Banken ihren Mitarbeitern milliardenschwere Boni aus. Sie begründen das mit dem Wettbewerb um die besten Köpfe. Doch hohe Sonderzahlungen machen das Finanzsystem keineswegs stärker. Sie treiben es wieder auf den Abgrund zu.
    Quelle: SPIEGEL online
  6. Thomas de Maizière: “Aus gutem Grund geheim”
    In der Affäre um die rechtsterroristische NSU ist nun auch der Minister in die Kritik geraten, weil Akten des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) den Untersuchungsausschuss erst spät erreichten. De Maizière hat sich dafür entschuldigt. Die Existenz des MAD will er nicht infrage stellen.
    „Die Debatten über das Für und Wider einer Genehmigung (für Rüstungsexporte (WL)) berühren schwerwiegende Fragen wie die Beziehung zu unseren Verbündeten, die sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands und andere hochpolitische Erwägungen – und sind deshalb mit gutem Grund geheim…Eine öffentliche Verhandlung läuft den deutschen Interessen schlicht entgegen. Es ist z. B. für ein anderes Land auch nicht besonders angenehm, wenn wir eine Anfrage ablehnen. Und die Rüstungsfirmen haben ein Recht auf Vertraulichkeit, damit ihre Wettbewerber nicht hellhörig werden. Ich ärgere mich deshalb, wenn diese Geheimhaltung gebrochen wird…
    Ich darf und will mich gar nicht zu irgendwelchen Geschäften äußern. Ich habe aber mal, als Beispiel, von der stabilisierenden Rolle Saudi-Arabiens im Nahen Osten gesprochen…
    Ich bleibe aber dabei, dass sich ein unbemanntes Flugzeug von einem klassischen Kampfflugzeug ethisch nicht unterscheidet. Es kommt auf Menschen an – und es ist irrelevant, ob der Mensch im Cockpit sitzt und eine Bombe auslöst, oder vor einem Monitor auf dem Boden. Insoweit sind Drohnen und Flugzeuge ethisch neutral.“
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung WL: De Maizière gilt als „Musterschüler“, der sich auf geräuschloses Management versteht, die Bürokratie im Griff hat, so die Süddeutsche Zeitung, in Wirklichkeit ist er ein knallharter Konservativer, der aus dem Versagen – genauer müsste man annehmen: aus der Kollaboration – des MAD mit der Nazi-Terrorszene keinerlei Konsequenzen zieht, im Gegenteil er verwahrt sich gegen Forderungen aus der eigenen Koalition (Leutheusser-Schnarrenberger, Rösler) den MAD abzuschaffen.
    Bedenklich sind auch seine Einlassungen zur Genehmigung von Rüstungsexporten. Es gehe dabei um „hochpolitische Erwägungen“, die geheim bleiben müssten. Im Umkehrschluss heißt das, dass über neue Nummernschilder an den Autos oder über Rauchverbote öffentlich diskutiert werden darf, aber gerade über „hochpolitische“ Fragen eben nicht. Diese gehen die Öffentlichkeit nichts an.
    De Maizière spricht von der „stabilisierenden Rolle Saudi Arabiens“, dabei unterstützt diese Diktatur nicht nur islamische Fundamentalisten im Nahen Osten sondern sogar auch Salafisten bei uns im Lande.
    Er erklärt Drohnen und Flugzeuge für „ethisch neutral“, wohl wissend dass Drohnen die Schwelle für militärische Interventionen herabsetzen („Playstation-Mentalität des Tötens“). Über die Problematik des Einsatzes von Drohnen hinsichtlich des Menschenrechtspaktes der Vereinten Nationen und des Humanitären Völkerrechts geht er mit der Gleichsetzung von Bombern und Drohnen schlicht hinweg.

  7. Dazu:

  8. Macht der Verfassungsschutz noch Sinn?
    Mindestens zwei Aspekte unterscheiden den Verfassungsschutz von anderen staatlichen Behörden und machen ihn problematisch. Zum einen wird er gegen Menschen allein aufgrund ihrer Gesinnung tätig, unabhängig von konkreten Tatbeständen. Das ist mit Blick auf die Bürgerrechte fragwürdig. Und zum anderen unterhält er Verbindungsleute in jenen Gruppen, die er für Feinde der Verfassung hält. Um diese V-Leute führen zu können, entsteht der Zwang zur Geheimhaltung. Die Spitzel sind ein kaum zu überwindendes Hindernis bei jeder noch so gut gemeinten Reform der Dienste.
    Selbst wenn die Ämter den Geist des Kalten Krieges überwinden, die Verfassungsschützer angemessen ausbilden, ihre Fähigkeit zur Analyse verbessern, selbst wenn ihre Präsidenten sich nicht mehr als unangreifbare Autokraten gebärden: Sie werden Geheim-Dienste bleiben, solange sie Menschen bezahlen, die Angst vor Enttarnung haben müssen.
    Die nicht abreißende Serie von Pannen und Vertuschungen stellt dringlicher denn je die Frage nach einem Umbau der Sicherheitsarchitektur. Einen großen Teil seiner Erkenntnisse gewinnt der Verfassungsschutz aus „offenen Quellen“, das heißt, er liest Parteiprogramme, Reden und Internetseiten. Das könnten auch andere Stellen leisten. Und wenn es um Straftaten, Gewalt und Volksverhetzung geht, ist in erster Linie die Polizei zuständig.
    Die Kernfrage bei der Forderung nach einer Demokratisierung der Dienste ist die Beschäftigung von V-Leuten. Es geht um nicht weniger als das Paradox, ob wir ein nicht beherrschbares, nicht rechtsstaatliches Gebilde dulden wollen, um den Rechtsstaat zu schützen.
    Quelle: FR
  9. Rentendebatte
    1. „Die Rente ist sicher“ – Wie geht es der gesetzlichen Rentenversicherung?
      Die Deutschen werden immer älter: eine große Herausforderung für die Rentenkassen. Wir fragen einen Volkswirt, ob das Modell der gesetzlichen Rentenversicherung weiterhin die beste Lösung ist – oder zum Auslaufmodell wird.
      Quelle 1: detektor.fm
      Quelle 2: detektor.fm (Interview) [Audio – mp3]
    2. Private Altersvorsorge: Verzichten für die Rente
      Die gesetzliche Rente reicht im Alter nicht, um den Lebensstandard zu halten. Sparen ist angesagt. Worauf müssen wir heute verzichten, damit wir morgen sorgenfrei leben können? FAZ.NET hat das an drei Beispielen durchgerechnet. […]
      Deutlich wird dies an drei Beispielrechnungen. Eine nicht verheiratete, 35 Jahre alte Friseurin verdient im Monat rund 1600 Euro. Wenn sie an die Inflation denkt, braucht sie bei Rentenbeginn 1650 Euro im Monat (siehe Tabelle). Von der gesetzlichen Rentenversicherung kann sie aber nur 1040 Euro erwarten – eine Lücke von 610 Euro. Nach Berechnungen von Michael Huber vom Vermögenszentrum in Frankfurt (siehe Tabelle) müsste die Friseurin monatlich 13 Prozent ihres Nettoeinkommens sparen, um den fehlenden Betrag auszugleichen. Heute liegt er bei 147 Euro im Monat.
      Wenn das Gehalt steigt, muss der Sparbetrag mitsteigen.
      Ist das machbar? Heute schon geben Leute mit ähnlichen Einkommen rund 280 Euro im Monat aus, um Vermögen zu bilden, meldet das Statistische Bundesamt. Doch ein großer Teil des Geldes kommt nur kurzfristig aufs Sparbuch, für ein Auto zum Beispiel oder für den Urlaub. Sicher ist: Wer in der Einkommensgruppe der Friseurin eine Rentenversicherung hat, gibt dafür im Durchschnitt 60 Euro im Monat aus.
      Geht man davon aus, dass die Friseurin 100 Euro im Monat mehr sparen will, dann muss sie auf einiges verzichten. Wenn sie in einer Stadt wie Frankfurt statt mit dem ÖPNV öfter mit dem Fahrrad fährt, könnte sie 30 Euro sparen, verzichtet sie darauf, auswärts etwas essen oder trinken zu gehen, weitere 38 Euro. Verzichtet sie auf den Besuch beim Friseur (10 Euro) und gibt sie nur noch die Hälfte für neue Schuhe oder Hosen aus (20 Euro statt 43 Euro), käme sie ungefähr auf den fehlenden Betrag. Oder sie behält einen Teil ihres Ersparten zurück.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung des NDS-Lesers J.A.: Man muss der FAZ dankbar sein, denn dieser Beitrag zeigt die ganze Idiotie der Rentendiskussion und der Teilprivatisierung der Rente auf.
      Erst einmal sind alle Zahlen in Frage zu stellen: welche Friseurin bekommt überhaupt 1.600 Euro brutto im Monat (fast 10 Euro pro Stunde); liegen nicht die allermeisten (deutlich) darunter, wie auch die anderen 22% Niedriglöhner in unserem Land? Selbst wenn, sind das nur 1.125 Euro netto im Monat. Davon gehen auch bei einer Einzelperson (in Frankfurt!!) sicher 500 Euro Miete drauf und bei marginalisierter Lebensführung, z. B. auf Alg-II-Niveau, weitere 374 Euro. Urlaub, vielleicht Möbel und wenigstens gelegentliches Ausgehen kosten sicher 100 Euro zusätzlich; die restlichen 150 Euro soll die Friseurin dann auf Anraten der FAZ “sparen”.
      Und die 4% Verzinsung des Guthabens in der Ansparphase, versteckt im Kleingedruckten, muss die FAZ in einem Paralleluniversum gefunden haben, sicher nicht hier und heute in Deutschland. 2% dürften gerade noch realistisch sein.
      Kurz: die Friseurin (in dem Phantasiebeispiel der FAZ) kann schon heute ein Leben auf Hartz-IV-Niveau führen und wird im Alter mit der gesetzlichen Rente plus privater Geldanlage aller Voraussicht nach weniger Geld haben als die Grundsicherung. Schöne Aussichten und ein tolles Beispiel dafür, dass “Mehr Netto vom Brutto” in Wahrheit “weniger Netto und keine Rente” heißt, weil nur der Arbeitgeber von der Senkung der Sozialabgaben profitiert und der Arbeitnehmer draufzahlt.

    3. Riester-Rente: Still ruht der Vertrag
      Der Spiegel (Printfassung S. 96f.) berichtet über den Fall einer Riester-Sparerin, die feststellen musste, dass die Abschluss- und Bearbeitungskosten, die Ergo berechnete, sehr viel höher waren, als der staatliche Zuschuss über 154 Euro. 40 Prozent der Einzahlungen gingen in den ersten Jahren als Gebühren weg. Nicht nur die Versicherungsfirmen kassierten, sondern auch ein Heer von Fondsmanager und Versicherungsvertretern, die allein von der Provision lebten. Es stehe nicht auf der politischen Tagesordnung, dass die Riester-Rente mit der Grundsicherung verrechnet werde. Peter Bofinger wird zitiert, dass es bei gültiger Rechtslage für Arbeitnehmer mit weniger als 2000 Euro keinen Sinn mache zu riestern. Fest stehe, dass die Riester-Rente die Aufgabe nicht erfülle das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente auszugleichen.
      Es sei ein Fehler gewesen, dass bei der Rentenreform 2001 die Privatvorsorge nicht obligatorisch eingeführt worden sei, meint Bert Rürup. Riester habe seine Rente als „Pflichtvorsorge“ konzipiert, doch BILD habe gegen die „Zwangsrente“ mobilisiert. Die Zahl der Experten wachse, die die private Altersvorsorge obligatorisch machen wollten.
      Quelle: Spiegel Printausgabe

      Anmerkung WL: Wie selbstverständlich geht der Spiegel davon aus, dass an der privaten Altersvorsorge kein Weg vorbeiführe. Geradezu witzig ist, dass nun gerade die Bild-Zeitung gegen die Riester-Rente als Zwangsrente mobilisiert habe. Siehe dazu: „Schrumpfrente“. Eine gezielte Verunsicherungskampagne von BILD gegenüber den Bürgern und gegen die gesetzliche Rentenversicherung“ oder Ein heuchlerisches Schurkenstück der BILD-Zeitung: „Deutsche trauen der Rente nicht!“ oder „BILD setzt Verunsicherungskampagne über die Rentenversicherung fort“ u.v.a.m.

  10. Fehlerhafte Interpretationen zur Armutsgefährdungsquote von jetzt 15,1%
    Unter der Überschrift „Armutsgefährdung in den meisten Bundesländern gestiegen veröffentlichte am 13. September das Statistische Bundesamt eine neue Statistik
    Die aktuelle Zahlenlüge, aufgedeckt von Bosbach/Korff
    Aufgeschreckt durch den Anstieg der Armutsgefährdung in Deutschland von 14,5 % in 2010 auf 15,1 % in 2011 wird bei Erklärungsversuchen wieder einmal mit Zahlen gezaubert.
    Es darf ja nicht sein, dass die Wirtschaft um 3,0 % gewachsen ist, die Armut aber auch.

    Erster Zaubertrick: Die Armutsschwelle ist relativ (60% vom Einkommensmedian) und deshalb von 826 € in 2010 auf 848 € in 2011 gestiegen. Dadurch gerieten weitere Menschen unterhalb die Armutsschwelle, die Quote erhöhe sich also fast zwangsläufig, obwohl die Menschen mehr Geld hätten.

    Fehler 1: Hier wurden die nominalen Werte genommen, die Preissteigerungen also „vergessen“. Bei allen wirtschaftlichen Steigerungsprozessen (z.B. BIP) werden die Preise berücksichtigt. Die 826 € von 2010 entsprechen in den Preisen von 2011 845 €, so dass die Schwelle nur unwesentlich höher geworden ist. Berücksichtigt man ferner, dass die Preissteigerungen der armen Haushalte höher als die allgemeine Steigerung von + 2,3 % ist – Details auf Nachfrage – so haben die Armen in 2011 für 848 € weniger erhalten als in 2010 für 826 €. (S. dazu auch hier)
    Fehler 2 ist ein Denkfehler: Wenn mit steigender nominaler Armutsschwelle auch die Armutsquote stiege, wäre diese in den letzten Jahrzehnten (fast) dauerhaft nur massiv gestiegen.

    Zweiter Zaubertrick: Die Aussagekraft der Statistik wird in Zweifel gezogen.
    Die Daten stammen aus dem Mikrozensus, der mit 1% aller Privathaushalte (etwa 390.000 Haushalten mit 830.000 Menschen) eine deutliche höhere Genauigkeit hat, als fast alle sonst oft und gerne zitierten Untersuchungen. Vorsicht ist höchstens angebracht, wenn die Daten für kleine Teilgruppen (regional oder kleine Bevölkerungsgruppen) betrachtet werden.

    Zusatzinformation:
    Für die gerade viel diskutierte Gruppe der über 64 Jährigen hat sich die Armutsgefährdungsquote von 12,3 % in 2010 auf 13,3 % in 2011 noch deutlicher erhöht, als für alle anderen Gruppen.

    Fazit:
    Die Armut wächst generell, die Altersarmut auch. Wir müssen uns dem Problem stellen und es nicht statistisch verniedlichen!
    Deshalb hier schon mal eine Vorankündigung auf das Buch „Armut im Alter“, dass im November 2012 erscheint. Dort werden Sie neben einem Artikel von uns viele weitere interessante Beiträge finden.

  11. Geschäfte deutscher Energiekonzerne mit Uran aus Russland: Deutscher Strom aus russischen Atombomben
    In deutschen Kernkraftwerken wird nach SZ-Informationen seit Jahren Uran aus russischen Atomwaffen eingesetzt. Ein mysteriöses Geschäft der Energiekonzerne, dessen wahres Ausmaß erst nach und nach ans Licht kommt. Vertrauliche Papiere legen nahe, dass es den Managern nicht nur um den Erhalt des Weltfriedens ging.
    Quelle: SZ
  12. Biosprit-Debatte
    1. Steigende Lebensmittelpreise – Ist der Bioalkohol schuld?
      Tatsächlich gibt es in den USA, in Indien und in der Ukraine eine Trockenheit, welche Getreide verdorren lässt. Auch Überschwemmungen können Ernten gefährden. Dazu kommt, dass die Preise für Weizen, Mais usw. an Börsen gehandelt werden und dort der Spekulation unterliegen. Leute mit sehr, sehr viel Geld können dort die Preise so manipulieren, dass sie kräftig daran verdienen. Doch alles wird auf den Bio-Alkohol geschoben. Der sei angeblich an den hohen Preisen schuld. Feldfrüchte gehören auf den Tisch, nicht in den Tank, ist eine beliebte Phrase, um die Leute zu täuschen.
      Allerdings muss man wirklich die Anstrengungen in den Ländern der gemäßigten Zonen in Fragen stellen, Bio-Sprit aus den dort vorhandenen Feldfrüchten herzustellen. Mais ist nicht wirklich sinnvoll geeignet, zu Alkohol verarbeitet zu werden und auch Soja kann bestenfalls als Grundlage für Bio-Diesel dienen. In den Entwicklungsländern dagegen – wie auch den Schwellenländern, die ja meist in der tropischen Zone oder nahe der tropischen Zone liegen, kann ohne größere Schwierigkeiten Zuckerrohr angebaut werden, das sich ideal zu Alkohol-Gewinnung eignet. Die modernen Verfahren, die heute in Brasilien schon weithin verwendet werden, verwenden die ganze Zuckerrohr-Pflanze, nicht nur das Innere, aus dem vorher der Zucker gewonnen wurde. Die äusseren Teile der Pflanze werden verbrannt und dienen den Alkohol-Fabriken zur Energiegewinnung für ihren Prozess. Dadurch wird der Energieverbrauch von außen fast auf null gebracht. Viele Entwicklungsländer könnten mit diesem Verfahren Werte schaffen und unabhängiger von Hilfe werden.
      Aber die Interessen der großen Ölkonzerne sind im Kapitalismus eben das ausschlaggebende. Die versuchen uns einzureden, Biosprit und Bio-Gas seien die Schuldigen.
      Quelle: Karl Weiss
    2. BEE und Dena verteidigen Bioenergie
      Das vielfach geforderte Ende der Biokraftstoffnutzung in Deutschland wäre mit Blick auf die Weltagrarpreise wirkungslos. Dafür ist deren Menge mit 0,1 Prozent der weltweiten Getreideernte für die deutsche Ethanolproduktion viel zu gering. International würde der verringerte Absatz von Energiepflanzen zudem eher einen Rückgang von Anbauflächen bewirken als die Umwidmung für die Nahrungsmittelerzeugung. Preissteigerungen beruhen auf einer Vielzahl von Faktoren wie z. B. zunehmender Fleischkonsum, kurzfristige Wetterextreme, fehlende Anreize für höhere Lagerbestände oder Spekulationen mit Agrarrohstoffen.
      „Es ist erschreckend, wie die Gegner der Bioenergie die tatsächlichen Gründe für Getreidepreise und Hunger in der Welt ausblenden und dieses ernste Thema für simple Schlagzeilen nutzen. Wäre beispielsweise der FDP wirklich an der Hungerbekämpfung gelegen, könnte sie sich für eine wirksame Einschränkung von Agrarspekulationen einsetzen. Doch weit gefehlt“, kritisiert Schütz.
      Quelle: Biomasse Nutzung

      Dagegen allerdings:

    3. Unsinn, der auf Feldern wächst
      Zum Ausstieg aus der Biokraftstoff-Förderung gibt es keine Alternativen. Biokraftstoffe verfehlen die in sie gesetzten Hoffnungen gleich in mehrfacher Hinsicht. Inzwischen steht fest: Kraftstoffe vom Acker schaden nicht nur Umwelt und Klima, sondern verschärfen auch den Hunger in der Welt. Und Deutschland ist mit seinem Biospritdurst ein Teil davon.
      Quelle: SZ
  13. „Die Kassenärzte jammern auf sehr hohem Niveau“
    Wulf Dietrich, der Vorsitzende des Vereins Demokratischer Ärztinnen und Ärzte“ (VDÄÄ), über Bedarfsplanung im Gesundheitssystem, verfehlte Protestaktionen und das kommende Krankenhaussterben.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung KR: Interessant auch dieser Abschnitt:
    „Private Träger wie Helios oder die Rhön-Kliniken spielen eine immer größere Rolle bei der Versorgung. Wird diese Tendenz weiter gehen?
    Wulf Dietrich: Ich glaube, dieser Trend erlahmt gerade. Jeder Kuchen hat nur ein bisschen Sahne oben drauf und die privaten Träger sind nur an der Sahne interessiert – sprich an den profitablen Teilen der Versorgung. Wenn Sie sich aussuchen können, welche medizinischen Leistungen sie anbieten, ist es einfach, gute Qualität und billige Preise anzubieten. Aber die Grundversorgung bleibt dann an den anderen hängen. In München wurde 500 Meter von der Innenstadtklinik ein neues Krankenhaus gebaut. Erfahrene Oberärzte wurden abgeworben und arbeiten jetzt dort. Die machen in ihren Spezialbereichen gute Medizin, aber keine Weiterbildung oder Ausbildung. Und wenn es schwierig wird, müssen die Patienten in die öffentliche Klinik nebenan.“

  14. Private Krankenversicherer müssen Beiträge erhöhen
    Wegen der niedrigen Zinsen steigen die Tarife für Neukunden der privaten Krankenversicherung erheblich. Ab Dezember müssen sie bis zu zehn Prozent mehr bezahlen. Auch Bestandskunden müssen mit Preiserhöhungen wegen der Zinsflaute rechnen. …
    Die Branche ist ohnehin unter Druck: Ihr wird vorgeworfen, Kunden zu stark nach sozialem Status zu selektieren, zu hohe Beiträge zu haben und bei der Schadenregulierung kleinlich zu sein. Die SPD will die PKV seit Langem ganz abschaffen. Auch in der Union hat das alte System der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung immer weniger Befürworter.
    Union und FDP galten lange als Verfechter der Privaten. Angesichts explodierender Gesundheitskosten und Beiträge macht sich jedoch immer mehr die Einsicht breit, dass das System verändert werden muss.
    Quelle: FTD
  15. Rhön-Universitätsklinik Gießen-Marburg: Abbau auch bei Ärzten
    Rund 30 Arztstellen sollen an den beiden Standorten eingespart werden, erfuhr jetzt Franz-Josef Schmitz, Gynäkologe und Vorsitzender des Personalrats in Marburg. Gleichzeitig müsse sich auch die „Produktivität im ärztlichen Bereich“ steigern, habe die Klinikleitung zudem mitgeteilt.
    Mehr Leistung mit weniger Personal: So will die Rhön-Universitätsklinik Gießen-Marburg aus den roten Zahlen kommen. Der Abbau hat längst begonnen, macht auch nicht an Pflegekräften oder Ärzten halt. Dabei hieß es stets, es würden nur Personalstellen „in patientenfernen Bereichen“ gestrichen.
    Doch tatsächlich seien überall Fristverträge nicht verlängert, ausgeschiedene Kollegen nicht ersetzt worden, sagt die Marburger Betriebsratsvorsitzende Bettina Böttcher: 113 Mitarbeiter hätten den Konzern seit Jahresanfang verlassen, rund 200 weitere hätten sich bislang entschieden, ihr Recht auf Rückkehr in den Landesdienst wahrzunehmen, obwohl die offizielle Meldefrist erst zum Jahresende ausläuft. Das von Rhön offiziell ausgegebene Ziel, 236 Vollzeitkräfte weniger, sei damit schon überschritten.
    Doch es sieht so aus, als sollten es doppelt so viele werden.
    Die Klinikleitung hingegen ist derzeit nicht bereit, Anfragen der Frankfurter Rundschau zu beantworten. Antworten gebe es frühestens im nächsten Monat, nachdem die Unternehmensberater von McKinsey ihre Ergebnisse präsentiert hätten, heißt es von der Pressestelle.
    Quelle: FR
  16. Koalition genehmigt Alternative zur Bahn
    “Der Buslinienfernverkehr wird freigegeben. Künftig sind überall in Deutschland Fernbuslinien möglich, die untereinander und auch mit dem Eisenbahnfernverkehr konkurrieren dürfen”, heißt es in dem am Freitag beschlossenen Kompromiss der Fraktionen von CDU, FDP, SPD und Grünen.
     Quelle: FTD

    Anmerkung des NDS-Leser D.W.F.: Wieder mal ein “schönes” Bespiel dafür, welcher Ideologie die “real existierende große Koalition” folgt: der Marktreligiosität. Anstatt über entsprechende Ordnungspolitik dafür zu sorgen, dass die Bahn keine Prestigeprojekte verfolgt, sondern Menschen in großer Zahl über ein weit verzweigtes Netz von A über B nach C oder D zu bringen, wird suggeriert: “der Verbraucher wird in Kürze die Möglichkeit haben, auch über längere Strecken kostengünstig mit dem Bus zu reisen” – sicher! Mit lohngedumpten übermüdeten Fahrern auf verstopften Autobahnen oder wie?!
    Was ist eigentlich mit diesen Pseudo-Grünen?- sind Fernbusse in der Ökobilanz auf einmal besser als Züge, ja? Oder hängen die grad mal wieder alle ihre Jacken nach dem [zahlenden] Wind?? Wieso stellt die Politik nicht sicher, dass bspw. Wochenendtickets bei der Bahn auch für das WOCHENENDE Gültigkeit haben, …
    Ach so, hätte ich ja fast vergessen, die Linke vertritt da übrigens, vollkommen zu Recht, eine andere Meinung. In der neoliberalen Mainstream-Presse natürlich kein Wort dazu, wahrscheinlich würden sonst Daimler, MAN und oder Veolia das Werbebudget kürzen, allein schon wenn dem Leser auch nur die zweite Seite der Medaille präsentiert würde.
    Anbei eine zweite Meinung aus dem Jahr 2011 zum Thema Fernbusse von den Linken:
    Quelle 1: Rede von Sabine Leidig im Bundestag
    Quelle 2: Schienenverkehr gewährleisten statt Fernbusse liberalisieren

    Ergänzende Information WL: Als Kompromiss wird ausgegeben, dass Fahrtstrecken unter 50 Kilometern Länge und mit weniger als einer Stunde Reisezeit auch künftig nicht mit Fernbussen bedient werden dürfen, um den von den Ländern mitbezahlten regionalen Zugverkehr zu schützen.

  17. Neckermann droht endgültiges Aus
    Gehen bei Neckermann am Monatsende endgültig die Lichter aus? Die Lage beim insolventen Versandhändler mit seinen rund 2.400 Beschäftigten wird immer aussichtsloser, weil sich bisher kein Investor gefunden hat. Es bleiben nur noch zwei Wochen Zeit.
    Quelle: Hessenschau – Video | 14. September 2012: Die Videos vom Freitag | Fernsehen | hr-online.de
  18. Zukunft à la SPD
    Mit einem Lobgesang auf die Agenda-Politik will die SPD in die Zukunft schreiten. … Anderthalb Jahre lang haben acht Projektgruppen nach einem Weg in das Deutschland des Jahres 2020 gesucht. … Herausgekommen ist ein 120-seitiges Papier, welches “Bausteine eines Modernisierungsprogramms [PDF – 2.8 MB]” enthalten soll – und dabei vor Eigenlob über die Agenda-Vergangenheit der Sozialdemokraten nur so strotzt. …Das umfangreiche Dokument kann als Fingerzeig gelten, in welche Richtung sich die SP bei der nächsten Bundestagswahl in einem Jahr positionieren möchte. Schnell fällt dabei auf: das “Projekt Zukunft” der Sozialdemokraten könnte auch unter dem Titel “Lob der Vergangenheit” passend beschrieben werden.
    Denn anstatt zu Beginn die großen Probleme unserer Zeit, also die Unsicherheit am Arbeitsmarkt, die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich und den wachsenden Niedriglohnsektor zu thematisieren, erklären die Sozialdemokraten den Bürgern lieber, dass doch eigentlich alles ganz prima sei. …
    An ihren Arbeitsmarktreformen hält die SPD nach wie vor fest und behauptet, dass diese die Beschäftigungsschwelle gesenkt und dank der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe “manche Perspektivlosigkeit überwunden” worden sei. …
    Darüber hinaus planen die Sozialdemokraten unter der Rubrik “starke Gewerkschaften” einen Angriff auf kleine, aber effektiv arbeitende Spartengewerkschaften wie die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) oder die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO). Das Prinzip “ein Betrieb, ein Tarifvertrag” solle gestärkt werden, kündigt die SPD für den Fall an, dass sie die nächste Bundesregierung stellen wird. …
    Faktisch läuft das Programm der SPD darauf hinaus, ausgerechnet jenen Gewerkschaften, die noch am ehesten in der Lage waren, sich für ihre Mitglieder einzusetzen, das grundgesetzlich verbriefte Streikrecht zu entziehen und damit die Position der Arbeitgeber zu stärken. …
    Dazu passt auch, dass zu wichtigen Themen wie beispielsweise der Zukunft der Rente kein Wort verloren wird. Die unter der Regierung Schröder geförderte private Rente ist dank der Krise im Bereich der Staatsanleihen mittlerweile offensichtlich in Gefahr, während gleichzeitig das gesetzliche Rentensystem durch die Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns bis 2030 weiter geschwächt wird. Hinzu kommt, dass auf die gesetzliche Rente eine Generation prekär Beschäftigter zukommt, die quasi zwangsläufig auf Grundsicherung angewiesen sein wird. Die Zukunftsbausteine der SPD sprechen dieses Problem nicht einmal an – von einer Lösung ganz zu schweigen.
    Quelle: Telepolis
  19. Oskar Lafontaine: “10 Jahre Agenda 2010: Eine kritische Bestandsaufnahme”
    Oskar Lafontaine, Finanzminister A.D., spricht auf einer Tagung des AK Real World Economics anlässlich der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik
    Quelle: YouTube

    Anmerkung: Ferner sind hier Mitschnitte der Livestreams der Referenten bspw. Flassbeck, Henn, Otte abrufbar.

  20. TV-Tipp: Pelzig hält sich
    Dienstag, 18.09.2012 im ZDF
    Quelle: ZDF
  21. Zu guter Letzt: Der Organhandel wird immer bizarrer

    Quelle: stern


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