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Titel: „Sichere private Altersversorgung? Dass ich nicht lache.“

Datum: 14. Februar 2007 um 9:40 Uhr
Rubrik: Riester-Rürup-Täuschung, Privatrente
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Mit diesem Einstieg schickt uns ein Leser der NachDenkSeiten einen persönlichen Erfahrungsbericht mit Riesterrente, Betriebsrente (Metallrente), der in vielen Facetten interessant und lehrreich ist. Es ist der Bericht eines Zeitgenossen, der einen guten und gut bezahlten Beruf hat. Und sich dennoch die Distanz zu der staatlich subventionierten Privatvorsorge bewahrt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich gebe zu, auch eine Privatrente der Versicherungswirtschaft abgeschlossen zu haben, unter dem Deckmantel der “betrieblichen Altersversorgung”. Anstatt privat zu sparen, habe ich durch die Sozialversicherungsfreiheit und die Beisteuerung der eingesparten Beiträge des Arbeitgebers – nur dann ist das einigermaßen lohnend – eine Metallrente abgeschlossen. Der Schritt fiel nicht leicht: Keine oder nur ausweichende Antworten bei kritischen Fragen, mangelnde Auskünfte zu Kosten und Renditen und der Rentenberechnung, die Anwendung veralteter Sterbetafeln beim Abschluss usw. haben die Entscheidung extrem kapp werden lassen. Nur durch die massiven staatlichen Subventionen zulasten der Sozialkassen rechnet sich so ein Produkt für Besserverdienende wie mich. Für den Normalbürger ist ein solcher Abschluss Quatsch. Glücklich bin ich mit dem Produkt nicht – immerhin gibt es jetzt nach intensivem Nachfragen einmal jährlich eine Übersicht der angesparten Beträge: Sehr teuer ist die Risikosicherung und die Gebühren – die Rendite ist eher lau. Wie gesagt, meine Alternative ist das Sparen (nicht nur für die Rente) aus normal versteuertem Einkommen – das jetzt etwas zurückgefahren ist, obwohl die jeweiligen Summen über die Jahre sich in etwa gleichen. Es wurde nur vom freien Sparen zur Staatssubvention umgeschichtet- zulasten der Sozialkassen.

Überraschend war allerdings die Umstellung auf die “neue” Sterbetafel 2004, die eine reale Rentenkürzung von deutlich über 20% bedeutet hat. Eine solche Kürzung hat es in der gesetzlichen RV nie gegeben. Angesichts dieser Fakten ist für mich die private Altersversorgung über Versicherungen gestorben! Allerdings ist die Lobby so groß, dass vernünftige Alternativprodukte am Markt sabotiert werden oder der Staat nur die Schwindelrenten der Versicherungswirtschaft unter Bestandsschutz (Hartz 4 sicher) stellt. Kein Wunder, sind doch die deutschen Lebensversicherungen die größten Käufer von Staatsanleihen. Mit diesen Rechtsprivilegien werden vernünftige Sparalternativen verhindert: Z.B. Rentenvereine auf Gegenseitigkeit, bezahlbare Pensionsfonds, geschützte Sondervermögen wie z.B. in der Schweiz. Dies bewirkt gerade die Verhinderung gut abgesicherter unabhängiger Bürger, die Politiker und Wirtschaftsfunktionäre so fürchten. Ich werde sehr intensiv über den Fortbestand der “betrieblichen” Rente nach Auslaufen der SV-Subventionen 2008 nachdenken. Meine privaten Sparanlagen (nicht nur für die Rente) entwickeln sich dagegen sehr gut und jederzeit transparent: Ich kann jederzeit deren Wert abfragen und die Renditen ansehen (Aktien, Aktienfonds, Sparguthaben). Besonders pikant finde ich das Attribut “betriebliche” Altersversorgung für eine Privatrente, die der Arbeitnehmer voll bezahlt. Im Gegenzug hat meine ehemalige Firma die echte Betriebsrente gestrichen, die seit Jahren schon nur vor sich hin dümpelte und nicht weiterentwickelt wurde. Ganz im Gegenteil: Die Firma musste im Rekordjahr 2004 gezwungen werden, eine jahrelang nicht erfolgte Anpassung vorzunehmen. Die Firmen ziehen sich also mehr und mehr aus den Betriebsrenten zurück. Die Versicherungs- und Finanzindustrie macht intransparente und renditeschwache Angebote. Und der Staat kürzt mit Hinweis auf Bestehen der beiden Ersteren die gesetzlichen Renten. Am Ende steht man ohne alles da und landet in Hartz 4 ?!
Im Übrigen: Neu ist die (vernünftige) private Altersversorgung nicht. Schon die Vätergeneration hat neben der gesetzlichen Rente als Hauptsäule gespart und hinterlässt Immobilien- und Geldvermögen (geschützt durch die Pflegeversicherung). Nach über 60 Jahren ohne Krieg ist Deutschland recht wohlhabend. Dies bremst die Folgen des “dramatischen” demografischen Wandels (Achtung Übertreibung) deutlich. Ich frage meine Eltern jedenfalls regelmäßig, ob es einen Generationenkrieg in unserer Familie gäbe, und sie verneinen das immer. Die in den Medien verbreiteten Horrorszenarien sind nichts weiter als reine Panikmache.

Meine Eltern haben mir eine gute und teuere Ausbildung finanziert und damit zahle ich über die Umlagerente und das teuersystem den Löwenanteil Ihrer Altersversorgung – ein weiterer Anteil kommt von meinem Bruder. Allerdings haben sie nicht die Möglichkeit, an der überaus guten Einkommensentwicklung der letzten beiden Jahre teilzunehmen: Statt mindestens 3% mehr Rente was locker finanzierbar wäre, fahren Sie auf unabsehbare Zeiten Nullrunden. Eine weitere Säule des Alterseinkommens sind Mieteinnahmen und ein Eigenheim. Damit ist ihre Rente relativ stabil – wenn auch ohne wesentliche Erhöhungen.

Damit sie sich keine Sorgen über die Zukunft machen müssen – versorge ich sie mit NachDenk-Informationen Ihrer Webseite. Damit können sie die aktuelle Rentenpropaganda in den Medien klar einordnen.

Mein Bruder (3 Kinder) hat seine Riesterrente “aus Geldmangel” gekündigt – sehr zum Ärger des Versicherungsvertreters. Er hat seine Riesterrente ausgerechnet und das war so wenig, das er die Fortführung für reine Verschwendung hielt. Das gesparte Geld steckt er in sein Haus und seine Familie.

Ich lache immer recht herzlich wie ignorant, widerborstig aber realistisch sich die Deutschen angesichts der vielen (oft unsinnigen) Reformen und Veränderungen verhalten (siehe Rentenkündigung des Bruders). Die Propaganda unserer “Eliten” fällt auch alles andere als auf fruchtbaren Boden. Die Deutschen sind überraschend eigensinnig und bodenständig – an denen beisst man sich die Zähne aus. Dies liegt kulturell vielleicht daran, dass Deutschland immer wieder Spielball fremder Mächte oder auch von diesen besetzt war und man sich seine Eigenständigkeit behalten wollte. Gerade solche Nichtmainstream-Informationen, die Sie liefern werden gerne weitergegeben und bieten viel Diskussionsstoff um tiefer nachzudenken.

Wenn es einmal Klick gemacht hat und sich “Lücken im neoliberalen System” nach- und beweisen lassen, ist die zunächst überraschte Person immunisiert – außer Sie gehört zu der Sorte “Elite”.

Mich ärgert übrigens enorm die einseitige Berichterstattung: Ich möchte endlich mal eine Reportage oder Diskussionsrunde ohne neoliberales Störfeuer sehen. Ist denn so etwas nicht zu machen?

PS: Ich komme gerade aus China – dort lenkt der Staat, auch wenn viele das Gegenteil behaupten, und dies macht einen Teil des Erfolgs aus (im Gegensatz zum chaotischen Indien).


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