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Titel: Anmerkungen zum Tarifabschluss Metall

Datum: 7. Mai 2007 um 15:10 Uhr
Rubrik: Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Gewerkschaften
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Weil der Tarifabschluss kompliziert ist und wir keine falsche Interpretation liefern wollten, haben wir uns bis zur genauen Prüfung zurück gehalten. Wir werden von Lesern auf andere Quellen hingewiesen, in denen auf der Basis nicht nachvollziehbarer Berechnungen die Rede davon ist, die 4,1% seien „hochgezogen worden, um die Arbeitnehmer ruhig zu halten“.
Berauschend finden wir das Ergebnis angesichts der langen Stagnation der Arbeitnehmereinkommen auch nicht, aber ein Erfolg ist es angesichts des Ungleichgewichts auf dem Arbeitsmarkt und der schwachen Position der Arbeitnehmerschaft schon. Hier die Fakten und einige Interpretationen.

Die Fakten: Von Januar bis März 2007 gilt noch die Tarifvertrags -Erhöhung von 2006/2007: plus 3,0 Prozent.

Der neue Tarifvertrag beginnt ab 1. April mit (nicht tabellenwirksamen) Einmalzahlungen von jeweils 200 Euro für April und Mai. Prozentual umgerechnet wäre das eine Erhöhung um acht Prozent (Facharbeiter-Ecklohngruppe, bei angelernten Arbeitnehmern bis 12%). Von Juni an gibt es eine tabellenwirksame Erhöhung um 4,1 Prozent mit einer Laufzeit von 12 Monaten. Über die Gesamtlaufzeit von 14 Monaten wäre das rechnerisch eine Erhöhung um etwa 4,3 Prozent.
Von Juni 2008 an bis Oktober 2008 gibt es eine weitere Erhöhung für fünf Monate um tabellenwirksame 1,7 Prozent plus 0,7 Prozent (nicht tabellenwirksam) pro Monat.

Die Gesamtlaufzeit des Tarifvertrags beträgt 19 Monate. Es gibt keine mathematische Musterrechnung, um eine prozentuale Jahreserhöhung auszurechnen. Jede Umrechnung auf 24 Monate wäre Quatsch, weil der Abschluss ab November 2008 nicht bekannt ist.

Ökonomisch, verteilungs- und tarifpolitisch ist der Abschluss für die ersten 14 Monate auf jeden Fall ein großer Erfolg. Eine große Bedeutung hatte dafür die ausgesprochen gute Mobilisierung von 300 000 Warnstreikenden am Tag vor der entscheidenden Verhandlung.

Der Wermutstropfen ist die erstmalig im Tarifvertrag aufgenommene Option, per freiwilliger Betriebsvereinbarung (also nur mit nicht erzwingbarer Zustimmung des BR) die Tariferhöhung ab Juni 2008 um 4 Monate hinausschieben zu können.

Das könnte, muss aber nicht, ein Einstieg in einen tarifpolitischen Paradigmenwechsel sein. Negativ für die Arbeitnehmer ist vor allem, dass nur eine optionale Abweichung “nach unten” vereinbart wurde.

Wie verteilungs- und “ordnungspolitisch” (negativ) wirksam diese Klausel wirklich ist, wird sich erst im nächsten Jahr erweisen. Eine wichtige Frage ist es dabei, ob die Arbeitgeber in den Unternehmen diese Abweichungsklausel werden durchsetzen können.

Die Höhe des Abschlusses von 2,4 % ab Juni 2008 für fünf Monate lässt sich ökonomisch und verteilungspolitisch erst dann beurteilen, wenn erstens die realen Wirtschaftsdaten für diesen Zeitpunkt vorliegen und wenn zweitens der darauffolgende Abschluss in eine Bewertung einbezogen wird.


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