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Titel: Lernen im Gleichschritt – die schöne neue Hochschulwelt

Datum: 7. August 2007 um 16:43 Uhr
Rubrik: Hochschulen und Wissenschaft, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft, Strategien der Meinungsmache
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„Der Bolognaprozess mit seinen 45 Mitgliederstaaten setzt Standards, die auf der Ebene des jeweiligen Landes umgesetzt werden müssen“. Dies ist eine grotesk falsche Sachaussage, und man kann fast nicht annehmen, dass die Landesregierungsministerialen, die ja in der Regel Juristen sind, so blind gewesen sind, dies zu übersehen. Viel näher liegt da schon die Vermutung, dass die wahren Motive, die die Bundesländer zur zwingenden Durchsetzung der Bologna-Beschlüsse treiben, verdeckt werden sollen. Es ist also die Frage zu stellen: Welchen Vorteil haben die Bundesländer von der neuen Studienstruktur – einmal abgesehen von den hehren Phrasen zu Propagandazwecken? Die Antwort ist vor dem Hintergrund, dass fast alle Hochschulen seit zwei Jahrzehnten systematisch kaputt gespart worden sind, leicht zu finden: Es geht darum, Reformaktivität zu zeigen, ohne dass es etwas kostet, besser noch: dass die Reformaktivität sogar Argumente für weitere Einsparungen liefert.
Ein Beitrag von Dietrich Lemke, er ist als apl. Professor Schulpädagoge an der Universität Bielefeld.

Machen wir ein Gedankenexperiment und stellen uns vor, ein im Dienste an seiner Wissenschaft ergrauter Professor der Pädagogik käme nach sechs Jahren Abwesenheit wegen Aufenthalts in einem von allen Nachrichten abgeschirmten Forschungsinstitut am Ende des Wintersemesters 2006/2007 wieder zurück an die Universität Bielefeld, seine einstige Wirkungsstätte. Es ist Montagmorgens um kurz vor 10 Uhr. Unser Professor, vom Parkhaus kommend, versucht mit Mühe, sich, ohne zu Boden gerissen zu werden, in den dichten Menschenstrom einzureihen, der sich unaufhaltsam in Richtung Haupteingang wälzt. Vor dem Eingang kommt es zu Stockungen, weil ein paar unentwegte Raucher es nicht lassen können, eine Frühstückszigarette zu sich zu nehmen und, aus der Unihalle verbannt, hastig ein paar Züge inhalieren, ungeachtet des eisigen Windes. Nachdem er glücklich die Halle erreicht hat und sich mühsam im Gewimmel zu orientieren sucht, wird unserem Professor sogleich ein Handzettel aufgenötigt, der ihn in Kenntnis setzt, dass der einst mit vielen Vorschusslorbeeren als großartige Innovation auf den Weg gebrachte integrierte Studiengang Kunst/Musik plötzlich abgeschafft werden soll. Bereitwillig unterschreibt der Professor, der diesem Studiengang als selbst künstlerisch interessierter Mensch von Anfang an viel Sympathie entgegengebracht hatte, eine gegen die Auflösung gerichtete Protestresolution und stolpert gleich anschließend über einen Informationsstand, an dem studentische Berater ihre Dienste anbieten, falls jemand zwecks Rückzahlung der ihm abverlangten 500 Euro Studiengebühren für das Wintersemester eine Klage vor dem Verwaltungsgericht einreichen will. „Wie bitte? Studiengebühren?“ fragt sich unser Professor, „das war doch von Bildungspolitikern aller Richtungen immer als völlig undenkbar bezeichnet worden, schon wegen der Förderung von Studierenden aus unterprivilegierten Schichten. Ist das denn plötzlich alles nicht mehr wahr?“ Die nächste Horrornachricht wartet aber schon auf ihn: Ein Informationsstand der Gewerkschaft macht ihn darauf aufmerksam, dass die Angehörigen der Universität seit dem Jahreswechsel nicht mehr im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) stehen, sondern aufgrund des von der konservativen Landesregierung durchgesetzten Hochschulfreiheitsgesetzes nunmehr im Dienste der Universität stünden, was zumindest für die unteren Dienstränge gravierende Einbußen an Mitbestimmungsrechten mit sich brächte. „Das kann ja heiter werden!“ entfährt es unserem Professor, während er sich bemüht, sich einen Weg durch das studentische Gedränge vor dem Eingang des Audi Max zu bahnen. Er wirft einen irritierten Blick durch die Tür des Hörsaales: Fast alle Plätze sind schon besetzt, einige Studenten lagern bereits auf den Gängen. „Wie soll jemand unter derartigen Studienbedingungen nur etwas lernen?“ fragt sich unser Professor, „da muss man doch kein Didaktiker sein, um den Unsinn dieser Studienorganisation zu erkennen!“ Verunsichert begibt er sich zum Fahrstuhl, um den Gebäudeteil zu erreichen, in dem er früher heimisch war, doch da ereilt ihn eine weitere unangenehme Überraschung: Die ihm einst vertrauten Kollegen sind größtenteils nicht mehr da. Drei Schulpädagogen sind in den Ruhestand gegangen, ohne dass ihre Stellen wieder adäquat besetzt wurden. Stattdessen sind ihre Büros von Nachwuchswissenschaftlern besetzt, die in befristeten Arbeitsverhältnissen Drittmittelforschung zu schulfremden Themen betreiben. Unserem Professor ist unklar, wie die wenigen noch verbliebenen Schulpädagogen die Ausbildung für über 2000 Lehramtsstudenten tragen sollen. Später erfährt er dann, wie es den Verantwortlichen gelingt, diesen Mangel zu verschleiern, nämlich durch abgeordnete Lehrer und Lehrerinnen sowie Lehrbeauftragte, mit deren Hilfe die auffälligsten Löcher im Lehrangebot kaschiert werden. Es gibt aber noch einen weiteren Verschleierungstrick, von dem später die Rede sein soll. Der nächste Schock besteht dann in der Mitteilung, dass in Bielefeld die Lehrerbildung seit dem Wintersemester 2002/2003 auf Bachelor und Master umgestellt worden ist und dass entgegen ursprünglichen Verlautbarungen nun auch der Diplomstudiengang vor dem Ende steht. Der Professor wendet sich mit Grausen und sucht sein Heil in der Flucht.
Soweit unser Gedankenexperiment. Es sollte zeigen, wie viele früher undenkbare Veränderungen an unserer Hochschule in so kurzer Zeit stattgefunden haben, wobei hinzugefügt werden muss, dass leider die Liste noch nicht vollständig ist, weil manches nicht direkt beobachtet werden kann. Zumindest der allgemein geschürte Rankingwahn mit seinen „Leuchtturmprojekten“ und „Exzellenzinitiativen“ darf hier nicht ungenannt bleiben, aber auch die so genannte Akkreditierung von Studiengängen, deren teure Nebenwirkungen der Öffentlichkeit völlig unbekannt sind, genau wie ihre mangelnde Rechtsgrundlage. Die Frage aber ist nun: Ist das beschriebene Bündel von Neuerungen nur zufällig im gleichen Zeitraum eingeführt worden oder gibt es so etwas wie eine gemeinsame Ursache, die in unterschiedlichen Vermittlungsformen zu den genannten Symptomen führt? Um die Antwort in einer These vorwegzunehmen: Es gibt sowohl einen Verursachungsprozess, den so genannten Bologna-Prozess, als auch mehrere Verursacher, die im Weiteren benannt werden sollen.

Zunächst aber wollen wir klären, auf welche Weise und aus welchem Grund dieser Bologna-Prozess es fertig bringen konnte, nicht nur die Universität Bielefeld, sondern das gesamte deutsche Hochschulwesen in so wenigen Jahren zu deformieren, tendenziell vielleicht auch bald die gesamte europäische Hochschullandschaft.

Am Anfang stand, so viel ist unstreitig, eine in Bologna abgehaltene Konferenz der mit großem Tross angereisten Bildungsminister aus 29 europäischen Staaten, die nach nur eintägiger Beratung am 9. Juni 1999 eine rechtlich völlig belanglose Absichtserklärung verkündeten, in der es heißt, man wolle einen europäischen Hochschulraum „als Schlüssel zur Förderung der Mobilität und arbeitsmarktbezogenen Qualifizierung seiner Bürger und der Entwicklung des Europäischen Kontinents insgesamt“ schaffen. Das einzige, was konkret beschlossen wurde, war eine Folgekonferenz, die im Jahre 2001 in Prag stattfand, dann ging es als Biennale weiter: Berlin 2003 und Bergen 2005.

Liest man die jeweiligen Abschlussdokumente, dann ist unverkennbar, dass in rasantem Tempo immer rigidere Regelungen beschlossen wurden, so zum Beispiel auf der Berliner Konferenz erstmals die Festlegung, alle Studiengänge von Universitäten und Fachhochschulen auf Bachelor und Master umzustellen. Das wäre als solches aber völlig folgenlos geblieben, wenn die Hochschulen sich dem widersetzt hätten, denn Europa hat keinerlei Kompetenz, dergleichen rechtlich durchzusetzen. Dennoch stehen wir heute allenthalben vor der Behauptung, der Umgestaltungsprozess (ich nenne es lieber ganz deutlich die Destruktion) der Hochschulen sei bereits unumkehrbar. [1]

Einzige Rechtsgrundlage für den so genannten Bologna-Prozess war in Deutschland zunächst das von der damaligen Bundesministerin für Bildung und Wissenschaft Edelgard Bulmahn eingebrachte Hochschulrahmengesetz aus dem Jahre 2002. Diese Ministerin hatte ja von Anfang an die Umsetzung der zunächst ganz informellen „Bologna-Beschlüsse“ mit großer Energie vorangetrieben, was ihr von Seiten des Erziehungswissenschaftlers Ulrich Herrmann den Vorwurf eintrug, sie habe die Zerstörung der deutschen Universität erzwungen. [2] Diese Schuldzuweisung hat offensichtlich gute Gründe, kann aber nicht die ganze Wahrheit sein, denn im § 19 (1) dieses Gesetzes wird zwar expressis verbis die Einrichtung von BA-/MA-Studiengängen erwähnt, aber nur als Möglichkeit („können … einrichten“), nicht einmal als Empfehlung, geschweige denn als Verpflichtung. Schon die Kompetenz der Länder in Bildungsfragen stand dem im Wege. Erst die Übernahme dieser Empfehlung in neue Hochschulgesetze der Länder gab diesem längst in Gang befindlichen Umwandlungsprozess überhaupt eine Rechtsgrundlage. Dessen scheinen sich die zuständigen Gesetzgeber in den Ländern aber, wenn man eine Täuschungsabsicht nicht unterstellen will, gar nicht bewusst zu sein. Wie Hauke Brunckhorst in seinem lesenswerten Kommentar in der taz vom 12.08.2006 mit dem Titel: „So wird Sachzwang gebaut“ [3] anschaulich illustriert, sind die Verantwortlichen in vorauseilendem Gehorsam gegenüber den „höheren Mächten“ Europas bereit, ihre genuine gesetzgeberische Kompetenz freiwillig aufzugeben. Bezeichnend für diese Tendenz ist ein von Brunckhorst zitierter Satz aus der Vorlage der schleswig-holsteinischen Landesregierung für ein neues Hochschulgesetz: „Der Bolognaprozess mit seinen 45 Mitgliederstaaten setzt Standards, die auf der Ebene des jeweiligen Landes umgesetzt werden müssen“. Dies ist eine grotesk falsche Sachaussage, und man kann fast nicht annehmen, dass die Landesregierungsministerialen, die ja in der Regel Juristen sind, so blind gewesen sind, dies zu übersehen. Viel näher liegt da schon die Vermutung, dass die wahren Motive, die die Bundesländer zur zwingenden Durchsetzung der Bologna-Beschlüsse treiben, verdeckt werden sollen. Es ist also die Frage zu stellen: Welchen Vorteil haben die Bundesländer von der neuen Studienstruktur – einmal abgesehen von den hehren Phrasen zu Propagandazwecken? Die Antwort ist vor dem Hintergrund, dass fast alle Hochschulen seit zwei Jahrzehnten systematisch kaputt gespart worden sind, leicht zu finden: Es geht darum, Reformaktivität zu zeigen, ohne dass es etwas kostet, besser noch: dass die Reformaktivität sogar Argumente für weitere Einsparungen liefert. Als problematisch wurde ja schon seit längerem die hohe Verweildauer deutscher Studierender an den Universitäten angesehen, ein zweiter Punkt war die gegenüber verschulteren Hochschulsystemen höhere Abbrecherquote. Was liegt da näher als die Einführung eines nur sechssemestrigen Kurzstudiengangs (Bachelor), der hochstaplerisch als berufsqualifizierend bezeichnet wird und auch solchen Studierenden durch Verschulung und herabgesetzte wissenschaftliche Anforderungen das Erreichen eines Hochschulabschlusses ermöglicht, die zu wissenschaftlichem Denken gar nicht in der Lage wären? [4] Dies ist auch für die Außendarstellung gegenüber der OECD vorteilhaft, die ja in regelmäßigen Abständen die angeblich zu geringe Hochschulabsolventenquote in Deutschland moniert. Wenn man also die meisten Studierenden schon nach 6 Semestern wieder von der Hochschule schickt, hat man billig die Statistik geschönt, wenn auch festzuhalten ist, dass der BA-Abschluss ohne ein anschließendes MA-Studium nur als zertifizierter Studienabbruch bezeichnet werden kann. Dass zeitgleich in vielen Bundesländern entgegen allen früheren Absichtsbekundungen Studiengebühren eingeführt worden sind, kann bei dieser Herabsetzung der Standards (man könnte von „Bildungs-Limbo“ sprechen) nur noch als Unverschämtheit gewertet werden. [5] Gleichzeitig sieht man aber an der geplanten Staffelung der Studiengebühren, dass eine Abschreckung möglichst vieler Studierender von einer längeren Nutzung des universitären Bildungsangebots tatsächlich beabsichtigt ist.

Offen bleibt darüber hinaus aber die Frage, wann denn nun bei den verbleibenden MA-Studierenden, die sowohl die Notenhürde als auch die Gebührenhürde überwunden haben, die Verwissenschaftlichung des Studiums beginnen soll. Wenn wir den Bielefelder Modellversuch zur „konsekutiven Lehrerbildung“ als Beispiel nehmen, besteht im Nebenfach Erziehungswissenschaft gar keine Hoffnung, denn es kann sowohl Bestandteil des BA-Studiums als auch des MA-Studiums sein, und die Lehrveranstaltungen sind für beide Studiengänge identisch. In den Hauptfächern könnte es sich prinzipiell anders darstellen, aber beim MA für Grund-, Haupt- und Realschulen (GHR) dauert das Masterstudium nur noch 2 Semester, so dass für eine wissenschaftliche Vertiefung keine Zeit bleibt. Allenfalls bei Studierenden des MA-Studiengangs für Gymnasien und die Oberstufe von Gesamtschulen (GymGe) besteht also eine gewisse Chance, über ein oberflächliches Lernstudium hinauszukommen. Wie allerdings Studierende, die drei Jahre lang im BA-Studium auf Büffeln von viel zu viel Faktenwissen sozialisiert sind, nun plötzlich zu problembewussten und kritischen Wissenschaftlern mutieren sollen, ist mir schleierhaft.

Viel näher liegt da die ideologiekritische Vermutung, dass kritisches und eigenständiges Denken als universitäres Ausbildungsziel gar nicht mehr angestrebt oder einer winzigen Elite während ihres Doktorandenstudiums vorbehalten werden soll. Diese Beurteilung der Sachlage teile ich mit Konrad Paul Liessmann, der in seinem Buch „Theorie der Unbildung“ [6] auf das Problem aufmerksam macht, dass in der so genannten Wissensgesellschaft gar kein wirkliches, persönlich bedeutsames Wissen mehr angestrebt werden soll, sondern das „Bildungsideal“ im Erwerb eines nur für eine begrenzte Zeit gültigen und nachgefragten Wissens ohne Tiefgang besteht. Die eigentlich interessante Frage ist dabei, wer denn das nachgefragte Wissen definiert und nach eigenen Interessen kontinuierlich umdefinieren kann. Hier kommen nun unweigerlich hochschulfremde und bildungsfeindliche Interessen ins Spiel, und zwar ökonomische Interessen. Der Bologna-Prozess in Deutschland kann gar nicht zureichend erklärt werden ohne seinen bislang nicht erwähnten Motor, die Bertelsmann-Stiftung. Diese betreibt offensiv eine Politik der neoliberalen Entstaatlichung der Gesellschaft und damit auch des Bildungswesens, um ihre spezifischen Interessen im Bildungswesen voranzutreiben. Sie hat sich im Laufe der Jahre zum einflussreichsten Stoßtrupp des Privatisierungsgedankens im Bildungswesen entwickelt. [7] Bezogen auf die Hochschulpolitik war der folgenreichste Schachzug der „Bertelsmänner“ die Gründung des „Centrums für Hochschulentwicklung (CHE)“ zusammen mit der dafür ins Boot geholten Hochschulrektorenkonferenz (HRK) im Jahre 1994 in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH. Die vorher eher betulich und konservativ agierende HRK verwandelte sich unter dem Einfluss der Bertelsmann-Stiftung zu einer Institution, die von sich aus den Bologna-Prozess aggressiv vorantreibt. Auf ihrer Internet-Seite kann man zum Beispiel einen Fahrplan zur Umstrukturierung von Studiengängen herunterladen (Titel: 10 Schritte nach „Bologna“). Einen weiteren Hinweis auf die Durchsetzungskraft der Bertelsmann-Stiftung bietet der überstürzte, ohne erkennbare Rechtsgrundlage erfolgte Aufbau eines privaten Akkreditierungswesens in Deutschland. In keinem anderen Land Europas gibt es eine ähnliche Entwicklung, wie auch Johanna Witte [8] feststellt, die immerhin im Sold des CHE, also der Bertelsmann-Stiftung, steht. Mit der Einrichtung von Akkreditierungs-Agenturen, die für teures Geld jeden einzelnen Studiengang nach willkürlichen und vor allem weitgehend wissenschaftsfremden Kriterien zu bewerten haben, ist ein großer Schritt zur Privatisierung des Hochschulwesens vollzogen worden. Dabei muss man sich klarmachen, dass die Kosten (ca. 15.000 Euro pro Studiengang) von den Hochschulen getragen werden müssen, und zwar alle 3-4 Jahre wieder. Das Geld für diese höchst parasitäre quasi-staatliche Parallelverwaltung wird also dem eigentlichen Studiengang entzogen. Schon dadurch werden die Hochschulen massiv geschädigt, was dann progressiv zu Personalabbau und Sachmittelkürzungen führt. Der immer mehr zusammengekürzte Etat der Unibibliothek legt davon genauso Zeugnis ab wie die in unserem Gedankenexperiment erwähnte Schließung von Studiengängen und die didaktisch unverantwortliche Renaissance der Großvorlesung aus schierer Personalknappheit. Wie der Verfassungsrechtler Joachim Lege [9] feststellt, ist der Zwang zur Akkreditierung ein deutlicher Verstoß gegen die grundgesetzlich verbriefte Freiheit von Forschung und Lehre, und die Abgabe der Fachaufsicht über die Hochschulen an private Agenturen entbehrt jeder Rechtsgrundlage. Hier könnte es noch spannende Entwicklungen geben, wenn sich ein Kläger findet.

Damit hatte sich unter anderem das Land NRW schon sehr weit aus der Verantwortung für das krankgesparte Hochschulwesen zurückgezogen, sollte man meinen, aber auch der letzte noch fehlende Schritt, der formale Verzicht auf die Fachaufsicht über die Hochschulen, wurde mit dem zum Jahreswechsel in Kraft getretenen „Hochschulfreiheitsgesetz“ darüber hinaus noch vollzogen. Der Text zu diesem Gesetz wurde nachweislich im Hause Bertelsmann vorformuliert, und der Bildungsminister hat nun auch noch das CHE damit beauftragt, die Implementation dieses Gesetzes zu überwachen.

Welchen Vorteil hat die Landesregierung von dieser bedingungslosen Kapitulation vor dem Medienimperium? Warum flüchtet sie in die Verantwortungslosigkeit? Die Antwort ist verblüffend einfach: Man kann jetzt den Landeshaushalt ungeniert durch weitere Einsparungen im Hochschulbereich sanieren, ohne die dadurch verursachten Schäden gegenüber den Betroffenen oder der politischen Öffentlichkeit noch selbst verteidigen zu müssen. Die Exekutierung der Grausamkeiten wird delegiert an die unteren Etagen. Die Entscheidung darüber, wen oder was man opfern soll, muss jetzt das Rektorat jeder einzelnen Hochschule treffen, während die Landesregierung sich aus der Schusslinie zurückgezogen hat. [10] Dieser Zweck wäre aber auch unter Beibehaltung der bisherigen Universitätsstruktur zu erreichen gewesen, sodass die im „Hochschulfreiheitsgesetz“ dekretierte Einsetzung eines aus mindestens 50 Prozent universitätsfremden Personen bestehenden Hochschulrates als oberste Lenkungsinstanz nur als ein weiteres Indiz für den Einfluss der Bertelsmann-Stiftung gedeutet werden kann. Hier wurde ja nicht nur die universitäre Selbstverwaltung zerschlagen, ein erklärtes Ziel der Bertelsmann-Stiftung seit der Gründung des CHE, sondern darüber hinaus der Einfluss der Wirtschaft auf die Hochschulen ganz offiziell institutionalisiert. Wer so naiv ist zu glauben, dass die hochschulfremden Mitglieder des Hochschulrates sich ähnlich wie die Aufsichtsratgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens aus Vertretern aller als gesellschaftlich relevant angesehenen Interessengruppen rekrutieren würden, möge sich einmal dort umsehen, wo es solche Hochschulräte schon gibt, z. B. in Bayern oder Baden-Württemberg. Ein besonders beeindruckender Beleg dafür, dass die Repräsentanten von Großkonzernen und wirtschaftlichen Spitzenverbänden dabei sind, die Macht an den Hochschulen zu ergreifen, ist die kürzlich zur Eliteuniversität gekürte Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Zusammensetzung des Hochschulrates ist auf der Internet-Seite der Hochschule nachzulesen.

Dass die Bertelsmann-Stiftung das „Hochschulfreiheitsgesetz“ in Nordrhein-Westfalen nur als Etappensieg auf dem Wege zur weiterverfolgten völligen Privatisierung aller Hochschulen verbucht hat, kann als sicher gelten.

Wie kommt es, dass die einst so selbstbewusste Professorenschaft der Hochschulen, insbesondere der Universitäten, sich diesem politischen Handstreich, von wenigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen [11] – nicht nur nicht widersetzt hat, sondern sogar mit beschämender Beflissenheit nach wie vor Beihilfe dazu leistet? Warum unterwerfen sie sich den von der Bertelsmann-Stiftung veranstalteten, nach willkürlichen Kriterien angestellten Rankings und arbeiten Akkreditierungsagenturen zu, die den Hochschulen großen finanziellen Schaden zufügen? Wieso beteiligen sie sich an „Exzellenzinitiativen“, obwohl ihnen klar sein muss, dass jeder Euro, der einem solchen Projekt zufließt, an irgendeiner anderen Stelle im Bildungswesen weggekürzt wurde? Aus welchem Grund lassen sich die Hochschulen und Fakultäten von den Regierenden in eine sinnlose Konkurrenz treiben, anstatt solchen Zumutungen geschlossen entgegen zu treten? Ich denke, das all diesen „Mitmachern“ gemeinsame Motiv ist die von der Obrigkeit auch absichtsvoll geschürte Hoffnung, für sich selbst oder den eigenen Fach- oder Forschungsbereich irgendeinen noch so begrenzten Profit aus der allgemeinen Bildungsmisere zu schlagen. Zwar wurden die Bildungsausgaben in Deutschland im Jahre 2006 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes schon wieder gegenüber dem Vorjahr um 1,4 Milliarden Euro gekürzt, entgegen allen vollmundigen Phrasen von allerhöchster Stelle, aber durch Umverteilung der geschrumpften Mittel ist für manche Beteiligte doch noch etwas zu gewinnen. Das Mittel der Wahl ist die „Exzellenzinitiative“, und dabei sind die jetzt schon besser gestellten Hochschulen gegenüber den ärmeren klar im Vorteil, so dass, wie in der deutschen Gesellschaft generell, die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird.. Dies erklärt hinreichend, warum die Reichen das System der Konkurrenz stützen. Warum aber machen die Armen mit, die doch täglich erfahren, dass sie immer weiter ausgehungert werden? Die Antwort liegt wohl in der depressiven Grundstimmung der Unterprivilegierten, die dazu führt, dass es auch im „Untergeschoss“ des Hochschulwesens eine Konkurrenz gibt. Hier besteht der angestrebte Erfolg darin, bei der mit Sicherheit zu erwartenden nächsten Kürzungswelle etwas schonender behandelt zu werden als die anderen. Das Mittel dazu ist die bedingungslose Unterwerfung, ja der vorauseilende Gehorsam gegenüber allen Zumutungen der Obrigkeit: Folgsamkeit als „Exzellenz der Armen“!

Nach Klärung der Mitmachmotive sollen nun die tragenden Kernbegriffe des Bologna-Prozesses analysiert werden, wobei auch die Konsequenzen und Nebeneffekte ihrer konkreten Umsetzung am Beispiel des Bielefelder Modellversuchs zu prüfen sind.

Beginnen wir mit dem „Zwei-Zyklen-Modell“ der Bologna-Erklärung, das in der Folge sehr schnell zum Bachelor-/Master-System verengt wurde und dessen Bielefelder Variante als „konsekutive Lehrerbildung“ bezeichnet wird. Dazu ist zu sagen, dass jeder geplante Studienaufbau in dem Sinne konsekutiv ist, dass die einzelnen Studienelemente in einer mehr oder minder festgelegten Reihenfolge zu durchlaufen sind. Auch eine Zwischenstation in Form der Vordiplomprüfung oder der Bescheinigung über den Abschluss des Grundstudiums hat es schon lange gegeben. Neu ist lediglich die Behauptung, der Bachelor-Abschluss sei bereits ein berufsqualifizierender, vollwertiger Studienabschluss. Wie die Leistungsanforderungen des BA-Nebenfachs Erziehungswissenschaft belegen, kommen die Studierenden aber während der sechs Semester bis zum Erwerb des Bachelorabschlusses über das Niveau des früheren Lehramtsgrundstudiums qualitativ nicht hinaus. Der Bielefelder Lehramtsbachelor stellt also zumindest im Fach Erziehungswissenschaft nur eine verbreiterte Form des ehemaligen Grundstudiums dar. Hinzu kommt die unleugbare Tatsache, dass der BA-Abschluss eben nicht in dem Sinne berufsqualifizierend ist, dass man damit gleich ins Referendariat gehen könnte. Es muss ein zwei- oder viersemestriges Masterstudium hinzutreten, um in die zweite Phase der Lehrerausbildung aufgenommen zu werden. Dass auch die Wahlmöglichkeit, das Nebenfach Erziehungswissenschaft entweder im BA-Studium oder im anschließenden MA-Studium zu betreiben, der Idee eines konsekutiven Studiums widerspricht, muss nicht besonders betont werden.
Als nächstes soll das Prinzip der Modularisierung von Studiengängen analysiert werden. Der Begriff Modul stammt aus dem Bereich der Technik und bezeichnet dort ein relativ selbständiges Element in einem größeren System, das ausgetauscht werden kann, ohne dass das umgebende System adaptiert werden muss. Sowohl die Austauschbarkeit als auch die innere Organisation sind also charakteristisch für ein Modul. Bezogen auf die Organisation von Studiengängen haben diese beiden Charakteristika unterschiedliche Konsequenzen, die sich bei der Modularisierung eines strukturierten Studiengangs zeigen. Ein berufsqualifizierender Studiengang, der mit der Zielvorstellung der Professionalisierung ernst macht, müsste ja zunächst ein Anforderungsprofil der angestrebten Profession erstellen und dann die in einer sinnvollen Reihenfolge zu erwerbenden allgemein wissenschaftlichen und speziell fachbezogenen Qualifikationen und Lerninhalte bestimmen. Diese stringente Zielführung wird mit der Modularisierung aufgebrochen, weil die einzelnen Module verselbständigt werden und demnach in unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendbar sind und auch sein sollen. Polyvalenz heißt das Zauberwort, das die Orientierungslosigkeit verschleiern soll. Der BA-Nebenfachstudien-gang Erziehungswissenschaft soll polyvalent sein. Dies zeigt sich zum Beispiel an der Tatsache, dass das Orientierungspraktikum in der Studieneingangsphase nicht in der Schule stattfinden muss. Und so geht es weiter: Die für das weitere Studium zentralen „Profilmodule“ sind ihrer Intention nach „berufsfeld- und schulstufenübergreifend angelegt, und jedes Profil kann zudem in eine Tätigkeit in außerschulischen Berufsfeldern einmünden“. [12] Wie die behauptete „Einmündung“ in ein bestimmtes Berufsfeld sich nach einem derart diffusen Studium schließlich ereignen soll, bleibt der Phantasie des Lesers überlassen. Dabei wäre es heute sehr einfach, ein professionelles Lehramtsstudium zu konzipieren.

Spätestens seit der großen Studie von Wang, Haertel und Walberg [13] ist empirisch erwiesen, welche Faktoren einen fördernden Einfluss auf Schülerleistungen haben. Nicht alle Faktoren sind schulisch unmittelbar zu beeinflussen. Dies trifft besonders für den stärksten Einflussfaktor, die Intelligenz der Schüler und Schülerinnen, zu. Aber schon der zweitstärkste Faktor, die Qualität der Klassenführung, fällt in den Zuständigkeitsbereich des Lehrers wie auch die bald folgenden Faktoren fachliche und didaktische Fähigkeiten und Kenntnisse, während der Faktor schulorganisatorische Maßnahmen, das Hauptgebiet von Schulreformen, weit abgeschlagen auf Platz 18 rangiert.

Didaktik und Lehrerverhalten kommen zwar inzwischen als Unterpunkte des Profilmoduls 4 „Organisation und Schulentwicklung“ im Studiengang Erziehungswissenschaft vor, aber ihr Studium ist nicht obligatorisch im Gegensatz zum alten Lehramtsstudium, das im Hauptstudium einen Leistungsnachweis in Didaktik vorschrieb. Hier möchte ich noch einmal präzisieren: Wenn ich die zerschlagene alte Studienstruktur mit ihren größeren Wahlmöglichkeiten bei klarem Vorschreiben des Notwendigen gegenüber dem verschulten BA-Studium besser bewerte, so ist damit nicht die Behauptung verbunden, früher hätten alle Studierenden die objektiv gegebenen Vertiefungsmöglichkeiten auch genutzt. Ich beharre aber nach jahrzehntelanger Lehr- und Prüfungspraxis auf der Feststellung, dass eine durchaus nennenswerte Anzahl von Studierenden zu einem beachtlichen Niveau vorgedrungen war, während heute jede Vertiefung zu Lasten der geforderten inhaltlichen Breite geht. Bei den heutigen Befürwortern der BA-/MA-Struktur habe ich allerdings den begründeten Verdacht, dass sie ihre frühere Studienfreiheit deswegen nicht zu schätzen wissen, weil sie auch schon damals nur die engen Grenzen ihres eigenen Bildungsverständnisses abgeschritten sind.

Einen Vorteil hat die konfuse Konzeption des BA-Nebenfachs Erziehungswissenschaft aber für die Lehrplanung der Fakultät für Pädagogik. In den verschiedenen Profilmodulen, die ja den Löwenanteil des Lehrangebots ausmachen, können sich wegen der mangelnden Schulbezogenheit Lehrende aller fachlichen Schattierungen tummeln. Sie sind eine Spielwiese für Sozialpädagogen, Medienpädagogen, Bildungsökonomen und sozial-psychologisch angehauchte Diagnostiker und Berater. Da fällt das mangelnde Angebot von lehramtsrelevanten Lehrveranstaltungen gar nicht so auf. Wenn aber jemand, geschult an den Ergebnissen von Wang und Mitarbeitern, eine Relevanzanalyse des Lehrangebots durchführt, wie es die Studierenden in meinem Einführungsseminar im vergangenen Wintersemester getan haben, dann kommt er mit viel Wohlwollen auf einen relevanten Anteil von 20 Prozent. Dies als Errungenschaft der Lehrerausbildung zu preisen, erfordert schon ein hohes Maß an Realitätsverleugnung.
Wir haben nun gesehen, dass auf der Makro-Ebene die Modularisierung einer zielgerichteten Studiengangsplanung entgegenwirkt, eine Erscheinung, die sich auch in der Leistungserbringungsform des so genannten Portfolios widerspiegelt, dessen inhaltliche Ausgestaltung völlig beliebig ist. Genau genommen, ist die im Bielefelder Modellversuch praktizierte Variante der „konsekutiven Lehrerbildung“ viel diffuser als das von seinen Befürwortern so geschmähte Lehramtsstudium. An dieser Einschätzung kann auch der Verweis auf die zwei Pflichtpraktika nichts ändern, denn das Orientierungspraktikum muss, wie schon erwähnt, gar nicht in der Schule stattfinden, und auch das später stattfindende Praktikum im Rahmen des so genannten Fallstudienmoduls hat nicht die Zielsetzung, den Praktikanten die Möglichkeit eigenen Unterrichtens zu geben. Ein Praktikum, das nur zum Beobachten von Unterricht da ist, verdient diesen Namen nicht, denn es enthält den Studierenden die vorher vorhandene Gelegenheit vor, sich selbst im Umgang mit einer Schulklasse zu erproben und eventuell rechtzeitig festzustellen, dass die Eignung dazu fehlt.

Auf der Mikro-Ebene wirkt sich die Modularisierung aber ganz anders aus. Wie Philipp Gonon in einem Beitrag zum Thema in der Zeitschrift Forschung und Lehre [14] plausibel erklärt, führt die Modularisierung in der Binnenstruktur von Lehrangeboten oder Studienelementen zur Standardisierung und zu kleinschrittig aufgebauten Lernsequenzen, deren Erfolg auch unmittelbar darauf abgeprüft wird. Hier feiert im Interesse einer sehr vordergründig und ökonomisch verstandenen Unterrichtseffizienz die Primitivvariante der Lernzielorientierung fröhliche Urstände, die ich mit meiner Habilitationsschrift [15] schon vor 25 Jahren überwunden zu haben glaubte. Das Interesse an der leichten Kontrollierbarkeit der erzielten Lernergebnisse führt schon bei der Lernzieldefinition zu einer Bevorzugung simpler Ziele. Die prinzipiell ja durchaus gegebene Möglichkeit, die Instrumente der Lernzieltheorie zu einer Steigerung des Bildungsniveaus im Sinne heuristischen Denkens und des Erwerbs von für die Fachstruktur bedeutsamen Inhaltskategorien zu nutzen, wird leider meistens nicht wahrgenommen.
Damit kommen wir zum noch ausstehenden Thema der Leistungspunkte. Dies ist eine echte Neuerung gegenüber den hier bisher üblichen Studiengängen, wenn denn die schlichte Übernahme des in den USA schon lange üblichen Punktsystems als Neuerung bezeichnet werden soll. In den hier bisher gewohnten Studiengängen wurden die zu absolvierenden Studienanteile in einer real feststellbaren Einheit, den aufsummierten Semesterwochenstunden und Leistungsnachweisen definiert. Dagegen wird die Recheneinheit der Leistungspunkte damit beworben, dass hier die Arbeitsbelastung (workload) der Studierenden viel umfassender gewürdigt werde, weil auch Vor- und Nachbereitung von Seminarsitzungen sowie häusliche Lektüre mit in die Bewertung eingingen. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach meiner inzwischen fast fünfjährigen Erfahrung mit diesem Leistungspunktsystem die für eine Lehrveranstaltung angegebenen zu erwerbenden Leistungspunkte ein völlig fiktiver Wert sind. Ich kenne keinen Kollegen, der je versucht hätte, die von ihm über den Daumen eingeschätzte Arbeitsbelastung seiner Studierenden empirisch zu überprüfen. Vollends ad absurdum wird das Leistungspunktsystem dann geführt, wenn, wie schon vorgekommen, für die Absolvierung einer bestimmten Lehrveranstaltung je nach Studiengangszuordnung unterschiedlich viele Leistungspunkte vergeben werden. Ich schlage daher vor, die Umstellung der deutschen Hochschulen auf amerikanische Strukturen als McDonaldisierung des Bildungswesens zu bezeichnen, denn geistiges fast food ist ihr Inhalt und ihr Ziel. Nur nebenbei sei bemerkt, dass es vielleicht auch absurd erscheinen könnte, einen Europäischen Hochschulraum dadurch installieren zu wollen, dass man die bewährten europäischen Universitätstraditionen zugunsten einer oberflächlichen Amerikanisierung preisgibt.

Noch ein letztes grundsätzliches Argument gegen die BA-/MA-Studienstruktur im Bereich der Lehrerbildung möchte ich mir aber doch nicht verkneifen: Der Wegfall einer Abschlussprüfung ist für mich unter prüfungsrechtlichen Aspekten höchst bedenklich. Der Abnehmer, also das Schulsystem, hat ein genuines Interesse daran, zu erfahren, welchen Leistungsstand die Absolventen eines lehrerbildenden Studiengangs am Ende ihres Studiums haben. Im
BA-/MA-System sind jedoch alle Prüfungen studienbegleitend. Das hat die Folge, dass zum Beispiel schlechte Leistungen am Ende des Studiums linear mit guten Leistungen aus der Anfangsphase verrechnet werden können. Hinzu kommt die Möglichkeit, Prüfungen, die nicht zur gewünschten Note geführt haben, einfach zu wiederholen, so dass dieses Prüfungsverfahren mit den Bedingungen eines Staatsexamens in keiner Weise zu vergleichen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Staat in Bereichen, wo die Qualifikation der Studienabsolventen von großem Öffentlichkeitsinteresse ist, wie etwa den Rechtswissenschaften und der Medizin, jemals auf das Staatsexamen als Qualitätskontrolle verzichten wird.

Was noch bleibt, ist eine persönliche Bilanz der fünf Jahre, in denen ich gezwungen war, mich mit dem hier behandelten Problem auseinanderzusetzen. Auffällig war für mich von Anfang an der ungeheure Propagandaaufwand, mit dem der Bielefelder Modellversuch zur konsekutiven Lehrerbildung in Szene gesetzt wurde. Festzuhalten ist aber, dass es sich hier nicht um eine Bielefelder Sondererscheinung handelt, sondern sogar eine ganz typische Facette der im Zusammenhang mit dem Bologna-Prozess auf allen Ebenen festzustellenden schönfärberischen „Innovationsrhetorik“ [16] darstellt. Der Trick dabei besteht darin, dass mit einem eigens dafür erfundenen Vokabular (z.B. „Konzentration“ statt des gemeinten „Einsparung“) die von den Betroffenen gar nicht gewollten Veränderungen sozusagen hinterrücks durchgesetzt werden. Eine verlogene Sprache war noch nie das Kennzeichen lauterer Absichten! Auch die immer wieder angewendete Überrumpelungstaktik ist ein in die gleiche Richtung weisendes Indiz: Bei der Einführung des Bielefelder Modellversuchs hieß es noch, man brauche das Ganze doch gar nicht so grundsätzlich zu diskutieren, es sei doch nur ein Versuch, der auch wieder rückgängig gemacht werden könne. Noch vor Ablauf des Versuches heißt es nun, alle Studiengänge müssten auf das BA-/MA-Format umgestellt werden, dem könne sich niemand entziehen. Auch jetzt wird nirgends die Grundsatzfrage diskutiert, ob eine solche Umstellung überhaupt sinnvoll sein kann. Ein Paradebeispiel für die Politik der vollendeten Tatsachen, eine zutiefst antidemokratische Vorgehensweise! Auch die im Folgenden noch zu schildernden weiteren Symptome der „Bologna-Krankheit“ sind, wie ich inzwischen festgestellt habe, überall verbreitet, so dass meine persönlichen Bemerkungen im besten Sinne exemplarisch gemeint sind. Ich will gerne zugeben, dass manche Konsequenzen der Umstellung sich nicht ganz so krass ausgewirkt hätten, wenn die Personalsituation an unserer Hochschule nicht so desolat wäre. Dadurch wird aber die Generalisierbarkeit des Befundes nicht eingeschränkt, denn die Situation an den meisten Hochschulen in Deutschland ist allem Anschein nach vergleichbar schlecht.

In die abenteuerliche Praxis der Erprobung des zu diesem Zeitpunkt erst in Rudimenten vorliegenden Konzepts ging es im Wintersemester 2002/2003, hilfreich eskortiert von einer mehrseitigen Zusammenstellung der Pflichten des Lehrpersonals aus dem Rektorat. Verwundert nahm ich zur Kenntnis, was alles ich außer Lehre und Selbstverwaltungspflichten noch pflichtgemäß zu leisten hatte, vorwiegend Verwaltungstätigkeiten, die mit der Kontrolle der Studierenden zusammenhingen. Neu am BA-Studiengang war vor allem, dass nun für jeden einzelnen Teilnehmer einer Lehrveranstaltung darüber Buch geführt werden musste, wie Präsenz und Leistungen einzuschätzen waren. Dies ist bei den ohnehin zu hohen Teilnehmerzahlen ein aufwendiger Vorgang. Hätte ich Verwaltungsbeamter werden wollen, dann hätte ich mich um eine derartige Karriere bemüht, aber zusätzlich zu meinen eigenen eigentlichen Aufgaben empfinde ich diesen erheblichen Verwaltungsaufwand, wie viele Kollegen auch, als eine Zumutung. Wenn selbst für die „Aktive Teilname“ irgendwelche Leistungen erbracht werden müssen, fallen Korrekturen in einem unvertretbaren und zuvor nie da gewesenen Umfang an. Auch jetzt, nachdem die neuen Studiengänge zur Routine geworden sind, ist der Verwaltungsaufwand kaum geringer geworden. Zudem gibt es aufgrund der rigiden Folgestruktur und der unnötigen Kompliziertheit des Studienaufbaus einen erheblich gestiegenen Beratungsbedarf auf Seiten der Studierenden, was auch zu einer Mehrbelastung der Lehrenden führt. Hinzu kommen die schon erwähnten studienbegleitenden Prüfungen.

Aber auch die Studierenden haben Probleme, die es in dieser Form bei der alten Lehrerbildung nicht gegeben hat. Besonders ärgerlich ist die in allen Fächern festzustellende Tendenz, immer mehr Lehrveranstaltungen als Pflichtveranstaltungen auszuweisen, ohne mit den anderen Fakultäten durch Absprachen dafür zu sorgen, dass alle möglichen Fächerkombinationen auch wirklich in praxi studierbar sind. Hinzu kommt die für Studierende unerträgliche Tatsache, dass aufgrund der Personalknappheit gar nicht alle Studierenden die für sie in einem bestimmten Semester vorgeschriebenen Veranstaltungen tatsächlich besuchen können. Dies führt unweigerlich zu einem Zeitverlust, der wegen der inzwischen eingeführten Studiengebühren gleichzeitig ein Geldverlust ist, der von vielen durch zusätzliches Jobben im Semester wieder ausgeglichen werden muss. Geradezu fatal aber ist die mit der geänderten Studienstruktur einhergehende Tendenz zu flächendeckender Faktenberieselung ohne Rücksicht auf die voraussehbare Wirkung, dass das mühsam angelernte Wissen ohne Tiefgang und persönliche Bedeutung nach den jeweiligen zahlreichen Klausuren notwendig wieder dem Vergessen anheim fällt. Es ist deprimierend mit anzusehen, wie schnell pädagogisch-didaktische Erkenntnisse wie die Wichtigkeit des Entdeckenden Lernens oder des Exemplarischen Prinzips wieder in Vergessenheit geraten sind – bei den Lehrenden, wohlgemerkt! Es wird wieder Zeit, die schon bei Friedrich Wilhelm Dörpfeld [17] anzutreffenden klugen Bemerkungen zum „Didaktischen Materialismus“ nachzulesen. Er versteht darunter „jene oberflächliche pädagogische Ansicht, welche den eingelernten Stoff, gleichviel wie er gelernt sei, ohne weiteres für geistige Kraft hält und darum das bloße Quantum des absolvierten Materials schlankweg zum Maßstabe der intellektuellen und sittlichen Bildung macht“. Bemerkenswert scharf ist auch sein abschließendes Urteil: „Der didaktische Materialismus ist keineswegs eine besondere Art pädagogischer Theorie, sondern … nichts anderes als eine aparte Spezies pädagogischer Unwissenheit.“ [18]

Dass bei Studierenden, die niemals Zeit haben, über das Gelernte nachzudenken oder gar eigene Ideen zu entwickeln, keine echte Studienmotivation entstehen kann, ist nur folgerichtig. Eher beobachte ich den Fall, dass eine ursprünglich vorhandene Motivation durch die Begleitumstände des BA- oder MA-Studiums verloren geht. Wer ständig nur gehetzt ist, hat auch nie ein wirkliches Erfolgserlebnis, das ihm zu intellektuellem Selbstbewusstsein verhelfen könnte, so dass gerade bei engagierten Studierenden die Gefahr besteht, dass sie an ihrem Studium verzweifeln. [19] Die Statistik der psychosozialen Beratungsstellen weist an deutschen Hochschulen seit der Einführung der BA-Studiengänge einen deutlichen Anstieg des Beratungsbedarfs auf, selbst schon bei Anfangssemestern. Wollen wir wirklich eine Generation von psychischen Wracks heranbilden? [20] Und wie sollen aus diesen gehetzten Studierenden schließlich die gereiften Lehrerpersönlichkeiten werden, die wir uns für unsere Kinder wünschen? [21] Dieser Wunsch ist ja nur allzu berechtigt, denn spätestens seit dem Amoklauf eines Erfurter Gymnasiasten im Jahre 2002 ist auch die Bedeutung der lange vergessenen Erziehungsfunktion der Schule wieder ins Bewusstsein einer größeren Öffentlichkeit zurückgekehrt. Lehrer sollen also ihren Schülern und Schülerinnen nicht nur Wissen und fachliche Qualifikationen vermitteln, sondern auch ethische Werthaltungen. Dies aber ist nur durch eigenes Vorbild und konsequentes Handeln zu bewirken. Ein „polyvalentes“, d.h. deprofessionalisiertes Bachelor-Studium behindert eindeutig die Entwicklung erzieherischer Kompetenz! Begünstigt wird durch die neue Studienstruktur nur ein ganz bestimmter Typus von Studierenden: intellektuell anspruchslose und inhaltlich wenig interessierte Veranstaltungsteilnehmer, die sich allein durch ihre hohe Belastbarkeit hervortun. Alle anderen haben jetzt mehr Probleme als zuvor!

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die erhöhten Belastungen von Lehrenden und Studierenden durch die Bologna-Entwicklung selbst im Hause Bertelsmann nicht übersehen werden können. Die schon mehrfach erwähnte Johanna Witte sieht sich unter der Last der Fakten am Schluss ihrer Abhandlung über den Bologna-Prozess in Deutschland gezwungen zuzugeben, dass diese Probleme weit verbreitet sind. Dies ist für eine Mitarbeiterin des CHE natürlich eine unangenehme Feststellung, denn sie könnte den von ihrem Hause so vehement vorangetriebenen Umstellungsprozess nachhaltig diskreditieren. Den Ausweg aus diesem Dilemma findet sie im Sinne ihres Arbeitgebers, indem sie alle Schwierigkeiten nicht etwa der sie verursachenden Studien-“reform“ anlastet, sondern den vorher etablierten und bewährten Strukturen. Dies ist reine Demagogie, denn die genannten Probleme in dieser Form hat es vorher definitiv nicht gegeben!

Resümieren wir das im Vorigen Festgestellte, den Verlust der Bildungsperspektive, die Belastungen für Lehrende und Lernende, die finanzielle Ausplünderung der Hochschulen durch parasitäre Akkreditierungsagenturen, die Bürokratisierung der Hochschulen, schließlich die ungeheure Ressourcenverschwendung bei der Umgestaltung der zahlreichen Studiengänge aller beteiligten Hochschulen in Europa. Wie viele Arbeitsstunden hoch qualifizierter Wissenschaftler sind wohl in den letzten Jahren dafür vergeudet worden, in nicht enden wollenden Sitzungen immer wieder tagender Planungsgremien funktionierende Studiengänge in Module und Submodule zu zerlegen und sich über die dafür jeweils zu vergebende Anzahl von Leistungspunkten zu streiten? Die hier aufgewendete Energie wäre eines sinnvolleren Zieles würdig gewesen! Stellt man dies alles in Rechnung, dann drängt sich unweigerlich die Frage auf: Sind das nicht zu viele Opfer für die Einrichtung des angestrebten „Europäischen Hochschulraums“? Ist die Freizügigkeit beim Studium in Europa nicht zu teuer erkauft? Die Antwort auf diese Frage hat eine überraschende Pointe: Die Freizügigkeit ist kein bisschen größer geworden!

Bei meiner Tätigkeit als Studienberater gehört es zu meinen Aufgaben, Studierende, die von anderen Hochschulen kommen, aufgrund ihrer dort erbrachten Leistungen in ein bestimmtes Fachsemester des hiesigen BA- oder MA-Nebenfachstudiums einzustufen. Dabei ist mir schnell klar geworden, dass die durch das neue ECTS-Leistungspunktesystem geschaffene Verrechenbarkeit von Studienleistungen im Grunde nur eine Fiktion darstellt. Auch wenn zwei BA-Studiengänge im selben Fach an zwei verschiedenen Hochschulen dieselbe Anzahl von Leistungspunkten erfordern, sagt das über die inhaltliche Ausgestaltung noch überhaupt nichts aus, denn jede Hochschule bastelt sich ihre Studiengänge in eigener Regie zurecht, wobei die persönlichen Fachschwerpunkte der jeweiligen Lehrenden die dominierende Rolle spielen. Es gibt, im Gegensatz zu früheren Zeiten, noch nicht einmal mehr eine verbindliche Rahmenordnung, die für ein Mindestmaß an inhaltlicher Vergleichbarkeit garantieren könnte! Bei der Einstufung bin ich also gezwungen, im Einzelnen zu prüfen, welche Lehrveranstaltung in einem bestimmten Studiengangsmodul der anderen Hochschule bei wohlwollender Betrachtung mit einem hier geforderten Studienelement vergleichbar sein könnte. Ich habe es noch nie erlebt, dass alle erbrachten Leistungen berücksichtigt werden konnten. Jeder Wechsel hat einen Verlust für die Studierenden im Gefolge!

Die angeblich erreichte Mobilität ist also bei näherem Hinsehen eine Fata Morgana! Wenn man dies in Rechnung stellt, ist es nahe liegend, an Kafka und seine Visionen eines alles überwuchernden Bürokratismus zu denken. Der Unterschied ist nur, dass beim Bologna-Prozess zumindest für Deutschland durchaus ein Sinn zu erkennen ist, wenn man alle Propagandaphrasen beiseite lässt: der Machtgewinn und letztlich auch das Geschäftsinteresse des Hauses Bertelsmann. Dies erklärt die Tatsache, dass in keinem anderen europäischen Land die Umstrukturierung der Studiengänge und der Hochschulen so radikal und so schnell vorangetrieben worden ist wie in Deutschland. In die gleiche Richtung wirkt aber auch die bürokratische EU-Maschinerie in Brüssel, die mit ihrer neoliberalen Grundtendenz gleichzeitig die Geschäftsinteressen der Großkonzerne über die politischen Interessen der Mitgliedstaaten stellt. Der Abbau des Sozialstaates ist hier ein genauso wichtiges Symptom wie der stillschweigende Abschied von der Idee, dass Bildung ein Bürgerrecht sein könnte.

Europas größte Stärke war immer seine Vielfalt. Für die Brüsseler Bürokraten ist diese aber eher lästig, weil sie die Regierbarkeit einschränkt und damit die Durchsetzung der Kapitalinteressen gegen die politischen Interessen der Bürger Europas behindert. Mit dem Siegeszug des ökonomischen Denkens und der Einsetzung der Ökonomie als Leitdisziplin ist die Idee der Europäischen Universität, das Bemühen um Wahrheitsfindung und Unabhängigkeit des Denkens, schnöde an den momentanen Zeitgeist verraten worden. Mit anderen Worten: Bildung Ade! Freiheit von Forschung und Lehre, Lernen in Freiheit, alles nur noch Worthülsen für den rhetorischen Gebrauch bei feierlichen Anlässen!

Bologna konnte einmal stolz darauf sein, die erste Universität in Europa gegründet zu haben. Das war im Jahre 1088. Schade, dass der Name Bologna nun auch zum Symbol für das Begräbnis der Europäischen Universität geworden ist!

Der Autor Dietrich Lemke ist als apl. Professor Schulpädagoge an der Universität Bielefeld.

Ein Beitrag des Autors zu einer ähnlichen Thematik ist soeben publiziert worden unter dem Titel “Bologna – Anfang und Ende der Europäischen Universität – Eine Polemik”. In: Andrea Óhidy, Ewald Terhart, József Zsolnai (Hrsg.): Lehrerbild und Lehrerbildung, VS-Verlag Wiesbaden 2007, S. 277-294.


[«1] So etwa Johanna Witte im Fazit ihres Aufsatzes „Die deutsche Umsetzung des Bologna-Prozesses“. Er ist im Internet sehr leicht zu finden unter www.bpb.bund.de.

[«2] Sein lesenswerter Aufsatz „Wissenschaft im Dienste der Nation – damals und heute“ beginnt mit einer „Rückerinnerung an die entsorgte deutsche Universität“.

[«3]Internetadresse: www.taz.de/pt/2006/08/12/a0147.1/textdruck.

[«4] In diesem Zusammenhang sollte nicht übersehen werden, dass die neue Studienstruktur tendenziell auf eine Nivellierung der Differenz zwischen Universitäten und Fachhochschulen hinausläuft. So etwa die schon erwähnte Johanna Witte im Kapitel „Annäherung der Hochschularten“. Diese Annäherung wird sich nicht durch Anhebung des wissenschaftlichen Niveaus der Fachhochschulen ereignen!

[«5] Den Nachweis, dass die Kombination von Niveausenkung des Studiums mit der Erhebung von Studiengebühren kein Zufall, sondern Teil einer Strategie der Verdummung ist, führt Wolfgang Eßbach in seinem brillanten Pamphlet „Der Krieg gegen die Intelligenz“.

[«6] Erschienen im Zsolnay-Verlag, Wien 2006. Für unseren Zusammenhang besonders wichtig ist Kap. 6: „Bologna – Die Leere des europäischen Hochschulraumes“. Für eilige Leser die Zusammenfassung des Problems in Liessmanns Aufsatz „Geistige Selbstkolonialisierung. Die Universitäten in der Wissensgesellschaft“. In: Forschung und Lehre 1/2007, S. 28-29.

[«7] Wer es nicht glauben will, lese bitte bei der Internet-Adresse www.nachdenkseiten.de unter der Rubrik „Sachfragen“ den Link „Krake Bertelsmann“. Dort werden minutiös die Aktivitäten der Bertelsmann-Stiftung im Schul- und Hochschulwesen aufgespürt und kritisch bewertet.

[«8]8 In ihrem in Anm. 1 genannten Aufsatz im Kap. „Wettbewerbliche Akkreditierung“.

[«9] Joachim Lege: Die Akkreditierung von Studiengängen, ursprünglich publiziert in der Juristen Zeitung (JZ) 2006.

[«10] Hier ist jetzt nur die Öffentlichkeitswirkung gemeint. Die Landesregierung hat sich durchaus noch Eingriffsmöglichkeiten vorbehalten, nämlich über das Steuerungsinstrument der so genannten Zielvereinbarungen, die mit jeder einzelnen Hochschule abgeschlossen wurden und wo bei Nichteinhaltung seitens der Hochschule immer die Keule der Mittelkürzung im Hintergrund droht. Wie nicht anders zu erwarten, wird der Bologna-Prozess in der momentan gültigen Zielvereinbarung der Universität Bielefeld an prominenter Stelle (§ 2) thematisiert.

[«11] Z.B. die Unterzeichner der „Frankfurter Erklärung“ vom 10. Oktober 2005. Weiterhin hervorzuheben sind die Autoren des in Anm. 2 erwähnten „Forums Kritische Pädagogik“.

[«12] Zitiert nach der Informationsbroschüre der Fakultät für Pädagogik „Bachelor-Nebenfach Erziehungswissenschaft“, S. 5.

[«13] Am schnellsten zugänglich über: Helmke, A., Weinert, F.E.: Bedingungsfaktoren schulischer Leistungen. In: Enzyklopädie der Psychologie, Bd. 3, S. 71-176. Die Tabelle nach Wang u.a. steht auf S. 74.

[«14] Philipp Gonon: Modularisierung im Zeitgeist – Zeitgeistmodule. In: Forschung und Lehre 2/2005, S. 66-67.

[«15] Dietrich Lemke: Lernzielorientierter Unterricht – revidiert, Frankfurt/M. 1981.

[«16] Hierzu sehr instruktiv der Artikel „All diese schöne Innovationsrhetorik“ von Klaus Borchard in der Zeitschrift Forschung und Lehre 1/2004, S. 16-17. Gut beobachtet ist Borchards Feststellung, dass sich hinter all dieser Wortakrobatik nur die Inkompetenz der Verantwortlichen versteckt.

[«17] Friedrich Wilhelm Dörpfeld: Der didaktische Materialismus, Gütersloh 6. Aufl. 1911 (Gesammelte Schriften, Bd. 2, erster Teil), bes. S. 6-24.

[«18] Die Art und Weise, wie das in NRW gerade eingeführte Zentralabitur mit seinen Vorgaben den gymnasialen Oberstufenunterricht gängelt, bildet sozusagen die perfekte Vorbereitung für die neue Studienstruktur. Apropos Schule: Dass auch die schon fest beschlossene Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf 12 Jahre nur als weitere Sparmaßnahme im Bildungswesen verstanden werden kann, sollte nach meinen Ausführungen zum Bologna-Prozess jedem klar sein!

[«19] Ein Indiz dafür ist die Tatsache, dass an der Universität Bielefeld mit Einführung der BA-/MA-Struktur die Zahl der Studienabbrecher und Studienwechsler nicht, wie erwartet, gesunken, sondern nach meinen Recherchen tendenziell gestiegen ist.

[«20] Ich beziehe mich hier auf einen Bericht über eine Tagung der Mitarbeiter von psychosozialen Beratungsstellen an deutschen Hochschulen im April 2006 in Hannover. Er erschien am 7. April 2006 in der Tageszeitung „Neue Westfälische“ in Bielefeld.

[«21] Alarmierend erscheint mir die Tatsache, dass BA- und MA- Studierende nach meinen eigenen, bisher nicht publizierten Befragungsergebnissen, aus Zeitmangel keine Hobbies mehr haben. Das ist bei den „traditionellen“ Studiengängen nach wie vor anders!


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