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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. November 2015 um 9:07 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. „Mein Antrieb ist Empörung“
  2. Flüchtlinge
  3. Querverteilung und Spitzeneinkommen in Deutschland
  4. Sind die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank lernfähig?
  5. Jede Wette, dass die Schuldenbremse die nächste Krise nicht überlebt
  6. EZB-Spitzenkräfte trafen Finanzmanager vor wichtigen Beschlüssen
  7. Schattenfinanzindex 2015 – Deutschland auf Platz 8
  8. „Nicht erklärbare“ CO2-Werte bei weiteren 800.000 Autos
  9. Arbeitszeit: Bis dass wir uns tot schuften
  10. Krankenkassenbeiträge: Arbeitgeber angemessen beteiligen
  11. Indisch-Deutsche Regierungskonsultationen
  12. Merkel: Daten sind Rohstoffe des 21. Jahrhunderts
  13. Ein Versuch, den BND freizusprechen
  14. Satelliten-Projekt “Tandem X”: USA drängen auf Daten-Deal mit der Bundeswehr
  15. Mahnwachen für den Frieden
  16. Partei im Aufwind – Frische Kräfte aus Industrie und Mittelstand für FDP
  17. Kalter Medienkrieg
  18. Berge, Bienen & Backpacke

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. „Mein Antrieb ist Empörung“
    Jürgen Roth im Gespräch mit Max Uthoff über dessen Arbeit bei der ZDF-Satiresendung „Die Anstalt“, die Einheitsmeinung der etablierten Medien und Kabarett als fünfte Gewalt. Die Redaktion veröffentilcht an dieser Stelle die Langfassung des Gesprächs, das im Oktoberheft in der Sonderbeilage literatur konkret erschienen ist.
    Quelle: konkret

    Anmerkung JB: Dieses Interview ist nicht „nur“ für Fans der Anstalt eine absolute Leseempfehlung.

  2. Flüchtlinge
    1. Union in der Flüchtlingskrise: Ein Herz und eine Seele
      Familienstreit beendet und jetzt gemeinsam gegen die Sozis: CSU-Chef Seehofer demonstriert in Berlin neue Einigkeit mit der Kanzlerin. Wie lange hält der Frieden diesmal?
      Der 66-Jährige macht Politik im Stile eines Blasebalgs: Erst entweicht mit voller Kraft die Luft und heizt die Glut an. Dann folgt eine Phase der Erholung, in der neue Luft eingesogen wird. Seehofer ist gerade in dieser Phase, er deeskaliert die Situation mit der Schwesterpartei, um gemeinsam gegen die SPD für die Transitzonen zu kämpfen (Lesen Sie hier mehr über diese Zonen).
      Folgerichtig spricht der CSU-Vorsitzende am Dienstag vorm Fraktionssaal gemeinsam mit Merkel unisono von Reduzierung. Ein Herz und eine Seele. Familienstress in der Union – war da was?
      Vor den Abgeordneten von CDU und CSU witzelt Seehofer über die Wortklauberei, spricht sowohl von Begrenzung als auch von Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Doppelt hält besser. Und Merkel? Auch sie nutzt Teilnehmern zufolge das Wort von der Begrenzung einmal – wenn auch etwas “verschämt”. Einer, der Merkel in der Flüchtlingspolitik kritisch sieht, sagt später, Seehofer habe einen “bärenstarken Auftritt” hingelegt.
      Freundlicher Applaus sei nicht allein vom CSU-Teil der Fraktion gekommen, sondern auch von den CDU-Abgeordneten aus dem Osten. Die Stimmung in der Fraktion ist: entspannt. Nix mit Rebellion.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Dazu: Kommentar von Friedrich Küppersbusch: Wir tanzen dem Publikum in einer fein abgestimmten Choreo ganz großen Krach in der Koalition vor, weil wir die Deutungshoheit haben wollen.
      „Ich seh‘ das auch nicht so, dass die sich nicht geeinigt haben. Die haben sich drauf geeinigt, am Samstagabend, CDU/CSU in einer fünfstündigen Sitzung, und gestern nun eben die Spitzen der Koalition, darauf, dass sie dem Publikum auch weiterhin einen großen tollen Konflikt vortanzen. … Man ist sich einig in einem anderen ganz Punkt: Wir tanzen dem Publikum in einer fein abgestimmten Choreo ganz großen Krach in der Koalition vor, weil wir die Deutungshoheit haben wollen. Wie gehen wir mit der Zuwanderung um: Wir wollen radikale Positionen, wie es sie in der SPD gibt, und manchmal auch, ich weiß inzwischen nicht mehr, woran’s liegt, bei Frau Merkel, „Arme offen“, „freundliches Gesicht“, „sonst ist das nicht mehr mein Land“, und andere radikale Positionen wie sie Hotte Seehofer formuliert, „geht alles gar nicht“, „Schnauze voll“, „ich lass es krachen“, „stelle Ultimaten“. In dieser Bandbreite bildet die Koalition ja im Moment praktisch die ganze öffentliche Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland ab und sagt, „na, da braucht ihr wenigstens keine anderen Parteien“. Das steckt nämlich dahinter.
      Quelle: rbb radioeins

      Anmerkung CW: Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer vielleicht dass es mehr einem inszenierten Schmierentheater gleicht als einem choreografierten Tanz.

    2. Industrie fordert Politiker zu mehr Effizienz in der Flüchtlingsfrage auf
      Anstatt über einzelne Worte zu streiten, sollte die Politik den Mehrwert von Flüchtlingen für die deutsche Wirtschaft anerkennen. „Wir sind alle gefordert“, so der BDI-Chef in Berlin.
      Angesichts der Herausforderungen der Flüchtlingskrise hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die europäische und deutsche Politik eindringlich zur Einigkeit aufgefordert. „Wir sind alle gefordert“, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo am Dienstag in Berlin beim Tag der Deutschen Industrie im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Letztlich werde deutlich werden, „was es für Europa zu gewinnen gibt“.
      Die Situation werde lange andauern und eine „gewaltige Kraftanstrengung“ für Politik, Gesellschaft und die Wirtschaft darstellen, sagte Grillo in Richtung der in Berlin regierenden Parteien CDU, CSU und SPD, die in den vergangenen Tagen teils kontrovers um Reaktionen und neue Lösungsansätze hatten. „Die große Koalition hat eine große Verantwortung, gerade jetzt“. Einigkeit in ihren Reihen sei in der jetzigen Lage „unabdingbar“.
      Die deutsche Industrie stehe bereit, „ihren Teil“ zur Integration von Flüchtlingen zu leisten, betonte der BDI-Präsident. Es gebe hierzulande aktuell 600.000 offene Stellen, dazu kämen zudem noch jene, die gar nicht offiziell ausgeschrieben seien. Zugleich warnte er allerdings auch davor, „überzogene Erwartungen“ zu wecken. „Qualifikation und Spracherwerb können nicht herbeigebetet werden. Ebenso sind die Bedürfnisse des deutschen Arbeitsmarkts nicht nach Wunsch gestaltbar.“
      Quelle: FAZ

      Anmerkung unseres Lesers J. A.: Man darf wohl annehmen, daß “die Industrie”, sprich die Arbeitgeberverbände, keinen weiteren Beitrag liefern als das Fordern und Fordern und das Abgreifen der im Artikel beschriebenen Vorteile, die ihnen die Flüchtlingswelle bringt: erst einmal den höheren Binnenkonsum, dann die größere Anzahl von billigen Arbeitskräften und den zusätzlichen Lohndruck. Höhere Unternehmensteuern und höhere Erbschaftsteuern, mit denen der Staat den geforderten Einsatz leisten kann, oder höhere Löhne stehen sicher nicht auf der Agenda der “Industrie”.

    3. Ruf nach dem Staat
      Industrieverband fordert von Regierung öffentliches Investitionsprogramm und Absicherung der Flüchtlingsintegration. Steuererhöhungen abgelehnt
      Schon am Morgen gab Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), hier vor Journalisten seine Ansagen an die Politik durch. Er äußerte sich zur Flüchtlingskrise, zu Chancen und Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zu letzteren zählt der BDI-Chef und Unternehmer vor allem die – auch in einer vom Verband vorgelegten Halbzeitbilanz der großen Koalition aufgelisteten – »Eigentore« der Regierung wie die Einführung der Rente mit 63 für langjährige Beitragszahler, die Energiewende und den gesetzlichen Mindestlohn. Die Untergrenze beim Entgelt will Grillo aber auch in Zeiten des Zuzugs Hunderttausender nicht antasten. Er sei dagegen, sie aufzuheben, weil dies für die Stimmung im Land »verheerende Folgen« hätte, sagte er.
      Dass die Inhaber von großen Vermögen, Firmen bzw. Unternehmensanteilen sich an den enormen Kosten der Integration nicht beteiligen können, ist für den BDI jedoch ebenso klar. Hier müsse der Staat ran, betonte auch der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Markus Kerber. Es werde fünf bis sieben Jahre dauern, bis die jetzt in die BRD Gekommenen problemlos in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Bis dahin soll die öffentliche Hand für alles, insbesondere für die Vermittlung von Sprach- und anderen Kenntnissen, für die Betreuung und Bildung von Kindern und Jugendlichen, aufkommen. »Mehrere Tausend Lehrer« müssten eingestellt werden, forderte Kerber. Die Organisation von Sprachkursen und anderen Bildungsmaßnahmen seien »keine Leistungen, die Sie von den Unternehmen erwarten können«. …
      An das Kabinett richtete Grillo die Forderung, in der Flüchtlingsfrage geschlossener zu agieren als bisher. Nötig sei »effizientes Krisenmanagement« anstelle von Debatten darüber, ob etwas nun Transitzone oder Einreisezentrum genannt werde. Eine Obergrenze bei der Aufnahme von Schutzsuchenden könne es nicht geben, denn das Recht auf Asyl sei ein von der Verfassung garantiertes Grundrecht. Nötig seien aber »geordnete Verfahren«.
      Quelle: junge Welt

      passend dazu: „Der Tisch für die Flüchtlinge muss von denen gedeckt werden, die im Reichtum schwelgen!“
      Wie die „Willkommenskultur“ finanziert werden kann
      Der Tisch für die Flüchtlinge darf nicht von denen gedeckt werden müssen, denen es bereits schlecht geht
      Deutschland insgesamt hat die Kraft und alle Möglichkeiten, viele Flüchtlinge aufzunehmen. Wenn aber die Bundeskanzlerin erklärt: „Wir schaffen das“, dann muss man hinterfragen, wen sie mit diesem „wir“ meint. Der Tisch für die Flüchtlinge sollte nicht von denjenigen gedeckt werden müssen, denen es bereits schlecht geht – den Arbeitslosen, Geringverdienern, Leiharbeitern und den Älteren mit niedrigen Renten – sondern von denjenigen, die im Reichtum schwelgen und keine Angst haben müssen, den Wettbewerb um Wohnraum und Arbeitsplätze gegen neu hinzukommende Flüchtlinge zu verlieren. Die Trennlinie verläuft nicht so sehr zwischen Deutschen und Flüchtlingen, sie verläuft eher zwischen arm und reich, mächtig und ohnmächtig. Es ist wohlfeil, eine ungesteuerte Aufnahme von Flüchtlingen zu fordern, wenn man selbst ein gesichertes Auskommen hat.
      Wenn wir wollen, dass die viel beschworene „Willkommenskultur“ erhalten bleibt und die Stimmung in der Bevölkerung nicht kippt, dann dürfen die Benachteiligten in unserem Land nicht vergessen werden. Wir brauchen jetzt einen Mindestlohn, der ausnahmslos sowohl im Berufsleben als auch im Alter vor Armut schützt – das geht nicht unter zehn Euro die Stunde. Der Hartz-IV-Regelsatz muss zudem in einem ersten Schritt auf 500 Euro erhöht und dann durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung auf tatsächlich existenzsicherndem Niveau ersetzt werden. Der soziale Wohnungsbau ist deutlich zu verstärken. Um das zu finanzieren müssen Millionen-Einkommen, Vermögen und Erbschaften wieder angemessen besteuert werden, bei gleichzeitiger Entlastung von Normal- und Geringverdienern.
      Quelle: Oskar Lafontaine in Evangelische Aspekte

    4. Flüchtling als Identität
      „Wir brauchen eine Debatte über uns selbst“ Naika Foroutan ist Professorin für „Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik“ an der Humboldt-Universität in Berlin. Im Interview spricht sie über Ressentiments gegen Muslime und die Frage, welches Leitbild Deutschland braucht.
      Warum ist es gerade so virulent? – Eine große Rolle spielt sicherlich Pegida. Deren Wortführer arbeiten seit über einem Jahr mit dem Entfremdungsnarrativ, immer mit dem Duktus: Das Volk wird verraten. Natürlich müssen Debatten, die um die Angst vor Identitätsverlust kreisen, öffentlich geführt werden. Doch eine Gesellschaft muss argumentativ gut darauf vorbereitet sein, sonst verschieben sich ganz schnell die Grenzen des Sagbaren, und die krudesten Thesen werden ernsthaft debattiert. Sie sickern auf diese Weise ins kollektive Bewusstsein. Auch das „Volk ohne Raum“ war zunächst nur ein argumentativer Topos, der zutiefst reale Effekte erzeugt hat. …
      Warum hält die deutsche Gesellschaft so an diesen Stereotypen fest? – Das ist nichts spezifisch Deutsches. Eigene Stereotype zu hinterfragen ist grundsätzlich schwer. Außerdem spielt die vorurteilsbewusste Bildung nur eine untergeordnete Rolle in Deutschland. Wir brauchen eine Erziehung zu einer Empathie, die als Hemmschwelle für die Abwertung von anderen funktioniert. Gleichzeitig muss es automatisch weh tun im Herzen, wenn man irgendeine Form von Diskriminierung bemerkt. …
      Quelle: FAZ
    5. Flüchtlingsunterbringung – Wir wissen, dass es falsch ist
      Städte planen Großsiedlungen für Flüchtlinge. So schaffen sie soziale Probleme, kritisiert der Stadtsoziologe Jürgen Friedrichs. Doch bessere Optionen bräuchten Zeit.
      ZEIT ONLINE: Herr Friedrichs, in Hamburg plant die Stadt gerade an mehreren Standorten Großsiedlungen für Asylbewerber, auf einer Wiese an einem Eisenbahndreieck sollen 800 Wohnungen für bis zu 4.000 Menschen entstehen, bezugsfertig bis Weihnachten 2016. Was halten Sie davon?
      Jürgen Friedrichs: Nichts. Die Flüchtlinge werden so konzentriert und auch noch diskriminiert. Man erkennt sofort: “Da wohnen die Asylanten.” So wird ein ganzes Wohngebiet zum Flüchtlingsheim. Das ist nicht gut. Die Menschen dort haben keinen Austausch mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Deutsche treffen sie dann allerhöchstens mal im Supermarkt. Sie können von ihnen im Alltag nicht lernen. Sie haben keine anderen Verhaltensmodelle als die anderen Flüchtlinge in der unmittelbaren Nachbarschaft, an denen sie sich bei der Integration orientieren können. […]
      ZEIT ONLINE: Der Bedarf läge also bei circa 250.000 günstigen Mietwohnungen im Jahr. Wie lässt sich das stemmen?
      Friedrichs: Wir brauchen ein neues staatliches Städtebauprogramm. Und wir brauchen leider sehr große Anreize für private Investoren. Für sie sind Mietwohnungen gerade nicht attraktiv.
      ZEIT ONLINE: Warum?
      Friedrichs: Aktuell werden mehr Vermögen vererbt als jemals zuvor. Ein großer Teil davon geht in Grundbesitz. Die Leute wollen eine Drei-Zimmer-Wohnung in der Stadt, die kostet in Köln 400.000 oder auch mal 600.000 Euro, davon legen die Käufer die Hälfte direkt auf Tisch. Das heißt, derjenige, der Eigentumswohnungen baut, hat sein Geld sehr schnell wieder drin. Anders als bei Mietwohnungen. Wir haben hier in Köln für ein Projekt mit den fünf größten Immobilienfirmen gesprochen, die haben übereinstimmend gesagt: Wenn wir heute in einer innerstädtischen Lage neue Wohnungen bauen, haben wir die verkauft, bevor das alte Gebäude auf dem Grundstück überhaupt abgerissen ist. Warum sollte dieser Investor also günstige Mietwohnungen bauen? Da muss er ja viel länger warten, bis er sein Geld wieder rein hat. Man muss ihm also enorme steuerliche Anreize oder Zuschüsse bieten, damit er überhaupt mitmacht beim sozialen Wohnungsbau. […]
      Quelle: Zeit
  3. Querverteilung und Spitzeneinkommen in Deutschland
    Gängige Verteilungsanalysen unterschätzen das Niveau der Einkommensungleichheit in Deutschland aufgrund der Untererfassung von Spitzeneinkommen in Umfragedaten. Neuere Studien zeigen auf, dass dies auch zu erheblichen Fehleinschätzungen über die Entwicklung der Ungleichheit führt.
    Eine realitätsnahe Berücksichtigung von Spitzeneinkommen und die dadurch stärkere Abdeckung von Kapitaleinkommen legen nahe, dass die vermeintliche Trendwende der Ungleichheitsentwicklung Mitte der 2000er Jahre ein datensatzspezifisches Artefakt ist. Am aktuellen Rand ist vermutlich mit einer weiter steigenden Einkommensungleichheit zu rechnen.
    Um zukünftig bessere Aussagen über die Ungleichheitsentwicklung treffen zu können, ist eine Verbesserung der Daten- grundlagen bzw. des Datenzugangs, wie eine Verknüpfung der administrativen Steuerdaten des Taxpayer-Panels mit Daten des Mikrozensus oder der Bundesagentur für Arbeit, wünschenswert.
    Quelle: Hans-Boeckler-Stiftung

    dazu: Knapp jeder zehnte Beschäftigte 2014 einkommensarm
    Forscher: Zunahme bei „working poor“ unterstreicht Notwendigkeit eines Mindestlohns ohne Ausnahmen
    Die Einkommensarmut in Deutschland hat nach aktuellen Daten zuletzt von 16,1 Prozent im Jahr 2013 auf 16,7 Prozent 2014 zugenommen. Damit waren mehr als 13 Millionen Menschen in Deutschland von Armut bedroht – das heißt, sie verfügten gemäß der gängigen wissenschaftlichen Definition über weniger als 60 Prozent des bedarfsgewichteten mittleren Einkommens. Der Anstieg des Armutsrisikos geht auf den Anstieg der Altersarmut von 14,9 auf 16,3 Prozent und auf die Zunahme der Beschäftigungsarmut von 8,6 auf 9,9 Prozent zurück. Damit ist nun praktisch jeder zehnte Beschäftigte in Deutschland von Armut bedroht, ein „working poor“.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

    dazu auch: Was nicht passt, wird passend gemacht
    Eine Studie belegt: Einkommensungleichheit systematisch unterschätzt
    Laut einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung wird in den gängigen Verteilungsanalysen das Niveau der Einkommensungleichheit in Deutschland unterschätzt. Der Grund ist die Untererfassung von Spitzeneinkommen in Umfragedaten, Kapitaleinkommen werden nur lückenhaft erfasst. Dazu erklärt Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE:
    Was nicht passt, wird passend gemacht: Nach diesem Motto hat die schwarz-gelbe Bundesregierung den letzten Armuts- und Reichtumsbericht massiv geschönt und hochoffiziell die stagnierende, sogar abnehmende Einkommensungleichheit bejubelt. Nun stellt sich heraus, dass die Einkommensungleichheit in Deutschland unterschätzt wurde, weil Kapitaleinkommen nicht ausreichend erfasst werden. Die Vorschläge des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, wieder die Vermögensteuer und eine ordentliche Kapitalertragsteuer einzuführen, sind sehr zu begrüßen.
    Quelle: Katja Kipping, Die Linke

  4. Sind die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank lernfähig?
    Der Beitrag von Friederike Spiecker und mir vom vergangenen Donnerstag zur Reaktion des DGB auf eine Initiative der EU-Kommission hat erwartungsgemäß ein großes Echo ausgelöst.
    Ökonomen, die ihre Position üblicherweise nicht unabhängig von der Position der Gewerkschaften bilden, haben heftig kritisiert, dass wir die Dachorganisation der deutschen Gewerkschaften so klar ins Visier nehmen. Um es jedoch klipp und klar zu sagen: Wir bilden unsere Positionen nicht in Abhängigkeit von Organisationen auf der einen oder auf der anderen Seite des politischen Spektrums und sind für diese Art der Kritik unempfänglich.
    Argumente blieben von dieser Seite weitgehend aus. Wir können leider auch weiterhin nicht erkennen, wie man Lohnkoordination in der Währungsunion rundheraus ablehnen kann und wie insbesondere deutsche Gewerkschaften mit der Tatsache umgehen wollen, dass die deutschen Löhne (Lohnstückkosten) logischerweise sehr viel stärker steigen müssen als anderswo und als in der Vergangenheit, wenn der Euro eine Überlebenschance haben soll. Dass diese Fragen, wie von den fünf Präsidenten vorgeschlagen, erneut und intensiver auf nationaler und auf europäischer Ebene diskutiert werden, kann nur gut sein, denn bis jetzt war das Hauptproblem, dass Deutschland damit durchkam, diese Fragen überhaupt nicht in der Öffentlichkeit erörtern zu wollen. Die Tatsache, dass die Kommission ihren Text nicht vollkommen symmetrisch geschrieben, sondern Überschussländer sogar hervorgehoben hat (siehe unten), deutet schon darauf hin, dass man in den Gremien in Brüssel (und in Frankfurt) allmählich erkennt, was die Stunde geschlagen hat und wie dringend eine Kurskorrektur nun ist.
    Quelle: flassbeck-economics
  5. Jede Wette, dass die Schuldenbremse die nächste Krise nicht überlebt
    Die Schuldenbremse soll ein Signal an die Finanzanleger, also die potenziellen Geldgeber sein: Habt Vertrauen in die Euro-Zone, hier wird sparsam gehaushaltet, hier ist euer Geld sicher! Ökonomisch ist die Schuldenbremse allerdings ein Unding. Denn zum Beispiel in der Krise muss ein Staat einfach mehr Schulden machen, um den Ausfall der privaten Nachfrage auszugleichen. Wird ihm das verboten, droht ein Griechenland-Szenario: Die Wirtschaftsleistung sinkt, die Steuern schrumpfen, der Staat spart hinterher, dadurch sinkt die Wirtschaftsleistung weiter etcetera.
    Jede Wette, dass die Schuldenbremse die nächste Krise nicht überlebt. Letztlich ist sie ein Instrument insbesondere für die Bundesregierung, in die Staatshaushalte der anderen Euro-Staaten hineinzuregieren. Wie in Griechenland. Sie ist ein Instrument, die anderen Euro-Staaten auf das Programm “Wettbewerbsfähigkeit” zu verpflichten. Also auf das Programm: alles für die Investitionsrendite.
    Quelle: Telepolis
  6. EZB-Spitzenkräfte trafen Finanzmanager vor wichtigen Beschlüssen
    Für die Europäische Zentralbank war der Vorfall mehr als peinlich: Im Mai hatte sich EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré mit Vertretern von Hedgefonds und großen Banken wie Goldman Sachs und Citi zu einem Abendessen getroffen. Bei dieser Gelegenheit kündigte er an, dass die EZB einen Teil ihrer milliardenschweren Wertpapierkäufe vorziehen werde. Coeurés Rede veröffentlichte die EZB erst am nächsten Morgen. Doch schon während der Veranstaltung fiel der Eurokurs zum Dollar deutlich. Eine kleine Schar von Finanzmarktakteuren hatte einen zeitlichen Vorsprung vor allen anderen Marktteilnehmern bekommen.
    Die EZB hatte einen “internen Prozessfehler” für die verspätete Veröffentlichung der Rede verantwortlich gemacht und als Reaktion Vorabinformationen für Journalisten abgeschafft.
    Die Treffen mit Top-Entscheidern aus der Finanzbranche aber gibt es immer noch, wie die “Financial Times” berichtet (Artikel ist kostenpflichtig). Die Zeitung hat Einsicht in die Terminkalender der Mitglieder des EZB-Direktoriums verlangt. Im Zuge ihrer Recherche hat die “FT” laut ihrem Bericht mehrere Treffen von EZB-Führungsleuten mit Bankern und Hedgefonds-Managern vor wichtigen Terminen entdeckt.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung JK: Führungskräfte der angeblich neutralen EZB treffen sich mit Vertretern der Finanzindustrie und stecken diesen exklusive Informationen. Leider werden damit die düstersten Vermutungen über die Verquickung von Politik, EZB und Finanzindustrie bestätigt. Das wirft auch ein ganz neues Licht auf Entscheidungen etwa gegenüber Griechenland. Ein ganzes Volk wird in Not und Elend gestürzt um die Interessen der Zocker und Spekulanten zu wahren. So ist Europa heute.

  7. Schattenfinanzindex 2015 – Deutschland auf Platz 8
    Was ist der Schattenfinanzindex?
    Der Schattenfinanzindex (Financial Secrecy Index, FSI) ist die weltweit größte Untersuchung von Schattenfinanzzentren. Er wird seit 2009 alle zwei Jahre vom Tax Justice Network erstellt. Schattenfinanzzentren stellen die notwendige Infrastruktur bereit, mit der Personen und Unternehmen Steuergesetze und Transparenzregeln in einem anderen Gebiet unterlaufen können.
    Deutschland belegt beim Schattenfinanzindex 2015 Platz acht. Die Platzierung ergibt sich aus einem mittleren Geheimhaltungswert von 56 und einer hohen globalen Gewichtung: Auf Deutschland entfallen über 6 Prozent des globalen Marktes für Offshore-Finanzdienstleistungen. Deutschland ist somit ein sicherer Hafen für die gestohlenen Reichtümer von Diktatoren, Steuerfluchtgelder und Mafiavermögen aus aller Welt.
    Quelle: blog steuergerechtigkeit
  8. „Nicht erklärbare“ CO2-Werte bei weiteren 800.000 Autos
    Der VW-Konzern hat weitere Unregelmäßigkeiten eingeräumt, von denen rund 800.000 Fahrzeuge betroffen sein könnten. Interne Untersuchungen ergaben, dass es bei der Bestimmung des CO2-Wertes zu nicht erklärbaren Angaben gekommen ist.
    Der Abgasskandal bei VW hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Volkswagen musste nun auch Unregelmäßigkeiten bei CO2-Werten einräumen – außerdem sind damit erstmals auch Benziner und nicht nur Dieselfahrzeuge betroffen.
    Quelle: ARD Tagesschau

    dazu: Vertrauen in deutsche Abgaskontrollbehörden auf Null
    “Die neuen Ermittlungen der US-Umweltbehörde EPA zeigen: Der Aufklärungswille bei VW sowie bei Dobrindts Untersuchungskommission beschränkt sich auf das, was sowieso schon bekannt ist. Von den zuständigen deutschen Kontrollbehörden wie dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) kommt praktisch nichts. Dobrindt scheint es in alter Verbundenheit mit der Autoindustrie nur um ein Überstehen der Krise zu gehen. Und auch Umweltministerin Hendricks schweigt. Wir alle werden in unseren Städten unbeirrt mit zusätzlichen Abgasen vergiftet, damit VW & Co Extra-Gewinne einstreichen können”, erklärt Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der VW-Abgasaffäre. Leidig weiter:
    “Bei der öffentlichen Anhörung zum Abgasskandal gestern im Bundestag wurde deutlich: Die gesetzlichen Vorschriften für die Autoindustrie sind löchrig, Verschärfungen auf EU-Ebene wurden und werden immer noch von Deutschland verhindert oder hinausgezögert. Kontrolliert wird von Dienstleistern, die von der Autoindustrie abhängig sind, und die staatlichen Behörden schließen Augen und Ohren, wenn der Verdacht aufkommt, die Autoindustrie könnte manipuliert haben.
    Deutlich wurde auch, dass die Techniken da sind, um die Abgase im realen Fahrbetrieb unter die Grenzwerte zu senken. Aber es werden von Autoindustrie, kontrollierenden Behörden und der Bundesregierung für die Extragewinne der deutschen Autoindustrie auf ihrem Expansionskurs tausende vorzeitige Todesfälle in Kauf genommen. Es muss jetzt endlich eine radikale Umorientierung erfolgen. Nur wenn Autos wirklich umweltverträglich und schadstoffarm werden, haben sie mittelfristig eine Zukunft.”
    Quelle: Sabine Leidig, Die Linke

    und: Ein starkes Team
    Der Betrug bei VW zeigt, wie verflochten Wirtschaft, Politik und Behörden sind. Er ist damit Teil eines größeren Problems: Dem Wirtschaftswachstum wird alles geopfert
    Deutschland, die Heimat von VW, ist ein zufriedenes Land. Vor allem, wenn es um die Umwelt geht. Nur noch 19 Prozent der Bürger erachteten sie 2014 als eines der wichtigsten Probleme. So niedrig war dieser Anteil seit einem Jahrzehnt nicht mehr. 86 Prozent der Deutschen sind der Meinung, die Umwelt an ihrem Wohnort sei in einem sehr guten oder doch recht guten Zustand. Das hat das Umweltbundesamt (UBA) in einer repräsentativen Umfrage herausgefunden.
    Wie wird wohl die nächste Auflage der Befragung ausfallen? Die Verunsicherung ist jedenfalls groß, seitdem alle wissen, dass VW die Luft sehr viel stärker verpestet, als es eigentlich erlaubt ist. Das hat aber nicht das UBA aufgedeckt, sondern sein US-amerikanisches Pendant, die Environmental Protection Agency (EPA) mithilfe einer NGO. Und es ist kein Zufall, dass die EPA den Skandal öffentlich machte. Obwohl im UBA viele umweltbewegte Forscher ihren Arbeitsplatz gefunden haben, ist das Amt in seiner mehr als 40-jährigen Geschichte immer nur ein wissenschaftliches Beratergremium geblieben. Eine leise Gegenstimme zum lauten Konzert von Industrie und Politik, Titelmelodie: Gut ist, was Wachstum schafft. Die EPA darf Unternehmen eigenständig mit Sanktionen belegen. Das UBA darf Studien und Umfragen vorlegen.
    Dabei wären Sanktionen dringend geboten.
    Quelle: der Freitag

  9. Arbeitszeit: Bis dass wir uns tot schuften
    Überlange Arbeitszeiten, schuften nach Feierabend und in der Nacht: Für immer mehr Menschen ist das heute Alltag. Eine Lockerung des Arbeitszeitgesetzes wäre Wahnsinn.
    Die neuen Zahlen zeigen, wie stark sich die Arbeitswelt im Wandel befindet. Und mit ihr der Umgang mit den Arbeitszeiten. Erst im Sommer machte die Forderung der Arbeitgeberverbände (BDA) Schlagzeilen, das Arbeitszeitgesetz zu lockern. “Um mehr Spielräume zu schaffen und betriebliche Notwendigkeiten abzubilden, sollte das Arbeitszeitgesetz von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt werden”, heißt es in dem Positionspapier des BDA. Der fixe Acht-Stunden-Tag solle abgeschafft werden, das Arbeitszeitgesetz mit der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepause von elf Stunden zwischen zwei Arbeitseinsätzen gelockert werden. Das würde Beschäftigten wie Unternehmen mehr Zeitsouveränität geben, argumentieren die Befürworter.
    Tatsächlich wünschen sich viele Beschäftigte flexible Arbeitszeiten. Das kommt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und dem Privatleben entgegen. Was sie sich aber nicht wünschen, ist mehr Arbeit. Schon heute leidet jeder Dritte unter permanentem Stress. Und jeder Zweite arbeitet auch im Urlaub und am Wochenende – weil es keine Vertretung für ihn gibt.
    Tatsächlich müsste das nach den geltenden gesetzlichen Regelungen vom Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verhindert werden. In der betrieblichen Praxis passiert das aber selten.
    Denn in vielen Unternehmen wird ohnehin Vertrauensarbeitszeit praktiziert, und die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen immer stärker. Es ist daher zu befürchten, dass eine Lockerung des Arbeitszeitgesetzes nur in eine Richtung geht: Noch mehr Arbeitsdruck für den einzelnen, noch mehr Flexibilität für die Arbeitgeber.
    Quelle: Die ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J. A.: So weit ganz gut. Allerdings gibt auch Frau Groll einigen Unsinn von sich. “Trotz Fachkräftemangels gibt es immer noch viele Langzeitarbeitslose.” – warum übernimmt Groll diese Arbeitgeberpropaganda? Es gibt keinen Fachkräftemangel, aber sehr wohl viele langzeitarbeitslose Fachkräfte. “Wollen wir einen Arbeitsmarkt, auf dem Menschen nicht bloß Humankapital sind, dann bleiben starke Gesetze wichtig.” – was für ein beschönigender Quatsch. Schon seit Urdenken sind Menschen bloß Humankapital, vor allem schon immer im Kapitalismus, und wo in Deutschland “starke Gesetze” zum Schutz der Arbeitnehmer, die es schon lange nicht mehr gibt, *bleiben* könnten, ist mir nicht klar. Anscheinend glaubt Groll noch an “Sozialpartnerschaft”, wo die Arbeitgeber auch dank der Gesetzgebung schon lange am viel längeren Hebel sitzen und den Gewerkschaften die Tarifbedingungen diktieren.

  10. Krankenkassenbeiträge: Arbeitgeber angemessen beteiligen
    Arbeitnehmer müssen 2016 mit steigenden Krankenkassenbeiträgen rechnen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach fordert eine angemessene Beteiligung der Arbeitgeberseite an den Gesundheitskosten. Die Kostenlast dürfe nicht allein den Arbeitnehmern aufgeladen werden, so Buntenbach.
    Nicht die letzte Anhebung der Zusatzbeiträge
    “Die Arbeitnehmer-Zusatzbeiträge sind inzwischen das einzige Ventil für die Krankenkassen, um den Kostendruck auszugleichen. Die angekündigte Anhebung der Zusatzbeiträge wird also nicht die letzte sein. Es ist davon auszugehen, dass die Kosten im Gesundheitsbereich bis 2019 um rund 3,5 Milliarden Euro steigen werden, so DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
    Parität wieder herstellen – Arbeitgeber angemessen beteiligen
    Buntenbach forderte: “Das darf nicht allein den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgeladen werden. Spätestens jetzt ist es Zeit, einen großen politischen Fehler zu korrigieren: Die Parität muss wieder hergestellt werden, die Arbeitgeber müssen sich wieder angemessen an den Gesundheitskosten beteiligen”.
    Quelle: DGB
  11. Indisch-Deutsche Regierungskonsultationen
    Ihr erinnert euch: Wir wollten von der Bundesregierung wissen, welche Unternehmen & Lobbyisten mit ihr nach Indien zu den “deutsch-indischen Regierungskonsultationen” reisen. Der Regierungssprecher damals so: “Nö. Das ist nicht üblich, dass wir das verraten.” FragDenStaat hat das nicht akzeptiert und die Regierung zur Transparenz geschubst. Hier ist das Ergebnis. Besonders interessant: Der Regierungssprecher meinte, dass KEINE Rüstungskonzerne mit dabei sind. Denkste! ThyssenKrupp & Airbus Group flogen mit.
    Quelle: Jung&Naiv
  12. Merkel: Daten sind Rohstoffe des 21. Jahrhunderts
    Von der Aufbereitung der Nutzerdaten versprechen sich Medienmacher ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell. Von der Kanzlerin gibt es dazu ermutigende Worte, der Datenschutz dürfe “nicht die Oberhand” gewinnen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Daten als “Rohstoffe des 21. Jahrhunderts” bezeichnet. “Hier müssen wir jetzt aufpassen, dass der Datenschutz nicht die Oberhand über die wirtschaftliche Verarbeitung gewinnt”, sagte die CDU-Politikern am Montag in Berlin beim Verlegerkongress Publishers’ Summit.
    Quelle: Heise

    Anmerkung CW: Sie hat es schon wieder getan. Erst vor drei Wochen hatte Merkel bei der Eröffnung des Bosch-Forschungsstandorts in Renningen geäußert: “Unser Verhältnis zu Daten ist in vielen Fällen zu sehr vom Schutzgedanken geprägt”. Im Klartext: „Abhören unter Freunden? – Das geht gar nicht. Außer natürlich, wenn man ein Geschäft damit machen kann.“

  13. Ein Versuch, den BND freizusprechen
    Kurzer Rückblick: Die NSA hat dem BND viele Jahre lang Suchworte geschickt, mit denen er in Telefonverbindungen und im Internet nach Informationen und Menschen fahnden sollte. Diese Selektoren genannten Begriffe – insgesamt waren es bis heute wohl 14 Millionen – waren selbst in den Augen des BND ein heikles Problem. Daher hatte der Geheimdienst 40.000 davon aussortiert. Als das vor einigen Wochen bekannt wurde, wollte der NSA-Untersuchungsausschuss diese Selektoren, die er als wichtige Beweise betrachtet, sofort sehen. Die Bundesregierung aber weigert sich. Sie engagierte zur Untersuchung lieber den früheren Bundesrichter Kurt Graulich und nannte ihn eine “unabhängige Vertrauensperson”.
    Doch Graulich ist weder unabhängig noch geeignet, Vertrauen in die Spionagepraxis des Bundesnachrichtendienstes und der NSA zu erzeugen. Obwohl er sich alle Mühe gibt, diesen Eindruck zu erwecken.
    Sein 262 Seiten starker Untersuchungsbericht beginnt mit einem Zitat des Philosophen Jürgen Habermas. Das ist bemerkenswert. Besagt das Zitat doch, nur eine “kritische Publizität” mache es möglich, dass Menschen sich eine “öffentliche Meinung” über Sachverhalte bilden könnten. Die Öffentlichkeit kritisch zu unterrichten ist eine der Säulen der Demokratie. Doch der Bericht des Sonderbeauftragten der Bundesregierung ist alles andere als kritisch. Im Gegenteil, er gibt in vielen Punkten die Meinungen des Bundesnachrichtendienstes und der Bundesregierung wieder.
    Quelle: Die ZEIT
  14. Satelliten-Projekt “Tandem X”: USA drängen auf Daten-Deal mit der Bundeswehr
    Im Eiltempo will die Bundeswehr ein Rüstungsprojekt durch den Bundestag bringen. Offiziell soll “Tandem X” für rund 350 Millionen Euro bessere Satelliten-Aufklärung liefern. Doch es geht um einen geheimen Daten-Deal mit den USA.
    Offiziell liest sich das Projekt wie der Beginn einer wunderbaren Partnerschaft: Mit 35 befreundeten Ländern, so die Vorlage für die Abgeordneten, wolle man “Tandem X” gemeinsam nutzen. Deutschland liefere die Rohdaten für das Kartensystem und die nötige Software für die Editierung, also der Aufbereitung der Daten in einer 3D-Karte. Die USA, fast alle Nato-Nationen, aber auch andere Partner wie Israel, Chile oder Australien könnten das System dann gemeinsam kostensparend nutzen.
    Doch die wahren Gründe für den Mega-Deal hält das Verteidigungsministerium streng geheim. Nur eine Handvoll Abgeordnete wurden klandestin unterrichtet, dass hinter dem Ankauf der Daten ein heikles Tauschgeschäft mit den USA steckt: Washington macht das Projekt “Tandem X” zur Voraussetzung, dass die Deutschen von den Amerikanern auch weiterhin hochauflösende Satellitenbilder der “National Geospatial-Intelligence Agency” (NGA), dem amerikanischen Geheimdienst für geografische Aufklärung, bekommt.
    Quelle: Der SPIEGEL
  15. Mahnwachen für den Frieden
    Ein rechtes Projekt auf den Trümmern linker Fundamente
    Seit Beginn der Ukraine-Krise versammeln sich in ganz Deutschland jede Woche bunt zusammengewürfelte Gruppen, um für Frieden in Europa und gegen die Berichterstattung der sogenannten “Systemmedien” zu demonstrieren. Sie nennen sich Montagsmahnwachen und ähneln den Bemühungen um die Bildung einer Querfront am Ende der Weimarer Republik.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unserer Leserin M. G.: Die nächste Diffamierungswelle rollt…

  16. Partei im Aufwind – Frische Kräfte aus Industrie und Mittelstand für FDP
    Die FDP ist zurück. Liberale Köpfe aus Industrie, Mittelstand und Bürgerrechtsbewegung sammeln sich in der Partei. In den Umfragen geht es aufwärts. Doch das liegt nicht nur an eigener Stärke. […]
    Radikal sein will die FDP schon, aber in der Mitte, eindeutig verortet im Spektrum der verantwortungsbewussten, staatstragenden Kräfte in der Kontinuität der bundesrepublikanischen Demokratie. Sachlich statt populistisch, reflektiert statt reflexartig, ohne Besserwisserkonzepte, stattdessen auf der Suche nach vorläufig besten Lösungen – das soll die Marschroute sein.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Noch mehr Lobbyisten, noch mehr Arbeitgebervertreter, die die ohnehin viel zu niedrigen Löhne weiter senken und den ruinierten Sozialstaat ganz zerstören möchten – das ist mal eine Nachricht wert. Die neue FDP ist genauso extremistisch wie bisher keine “Partei der Mitte”.

  17. Kalter Medienkrieg
    Mit einer eigens eingerichteten “Task Force” arbeitet die EU am Aufbau einer prowestlichen Medienöffentlichkeit in sieben Staaten Osteuropas und des Kaukasus, darunter Russland. Dies bestätigt die Bundesregierung auf eine Anfrage im Bundestag. Demnach bemüht sich die “EU East Stratcom Task Force” um die Bildung von Netzwerken zu Journalisten in den Ländern der “Östlichen Partnerschaft” der EU und in Russland; außerdem werden “Kommunikationskampagnen” entwickelt, mit denen die Bevölkerungen dieser Staaten systematisch überzogen werden sollen. Als spezielle Zielgruppen werden unter anderem “junge Menschen” und Akademiker genannt; insgesamt richtet sich die Aufmerksamkeit der EU-Task Force offenbar vor allem auf urbane Mittelschichten, die in weiten Teilen Osteuropas stark prowestlich orientiert sind und unter anderem die ukrainischen Majdan-Proteste maßgeblich getragen haben. Über die inhaltliche Ausrichtung der Aktivitäten, die offiziell als “Förderung der Medienfreiheit” deklariert werden, erklärt die Bundesregierung, es gehe “wie bei der Öffentlichkeitsarbeit von Regierungen, Parteien, Verbänden etc.” darum, die eigenen Positionen “der Öffentlichkeit zu vermitteln”. Die Regierung bestätigt außerdem, dass die EU-Task Force die Osteuropa-Aktivitäten der Deutschen Welle mit Blick auf “mögliche Synergieeffekte” prüft.
    Quelle: German Foreign Policy
  18. Berge, Bienen & Backpacker
    Tadschikistan: Honigproduktion und regionaler Tourismus bei den Seven Lakes, zwei ganz unterschiedliche Chancen für das arme Land zwischen China und Afghanistan, das kaum jemand kennt.
    Quelle: AussenGedanken


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