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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 29. Januar 2016 um 8:42 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Asylpolitik
  2. Gewaltwelle: BKA zählt mehr als tausend Attacken auf Flüchtlingsheime
  3. TTIP-Leseraum
  4. Freihandelsabkommen zwischen Europa und Afrika
  5. Ungleichheit bekämpfen – Vermögende gerecht besteuern
  6. IW „Studie“ zu Lohnstückkosten: Viel Lärm um eine reine Lobbyarbeit
  7. Neue BND-Akten aufgetaucht: Das schwarze Loch des D. B.
  8. Schulessen: Minister Schmidt und der heiße „Dampf“…
  9. Die Deutsche Bahn AG mogelt weiter
  10. Zeitenwende für die globale Hochfinanz
  11. EU Steuerpaket: Kapitulation vor Steueroasen
  12. Bundeswehreinsatz in Mali: Falsche Begründung, unerreichbares Ziel
  13. Europas Militärapparat: Weltmachtanspruch versus Deutsches Europa
  14. Steinmeier und das Oberlandesgericht
  15. Dicke Luft: Wenn Städte ersticken
  16. Nach Griechenland?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Asylpolitik
    1. Das Asylpaket II ist nur eine Luftbuchung
      Jetzt aber. Drei Monate hat es gedauert, bis sich die Parteichefs von SPD, CDU und CSU darauf einigten, worauf sie sich schon einmal geeinigt hatten. Durchgesetzt hat sich damit die CSU. Denn der Kompromiss vom Kompromiss, den Angela Merkel und Sigmar Gabriel vereinbart hatten, sah vor, den Nachzug nur für ein Jahr zu verhindern. Doch das wollte die CSU nicht akzeptieren. Es wäre für Horst Seehofer eine zu bittere Pille gewesen.
      Quelle: Welt Online

      Anmerkung André Tautenhahn: Bei diesem Zirkus in der Politmanege kommt es vor allem auf das Wohlbefinden der Christsozialen an. Und aus deren Sicht ist eine Punktlandung geglückt. Denn nach den Pleiten mit der Maut und dem Betreuungsgeld im letzten Jahr braucht es etwas, worauf die Anhängerschaft im Bierzelt noch anstoßen kann. Schizophrene Drohbriefe und ein albernes Stoiber-Spezial-Ultimatum helfen da eher wenig beim wichtigsten Termin des Jahres (Hochamt der CSU). Sehr richtig schreibt der Autor ja den Satz: „Man darf gespannt sein, wie Seehofers Rede diesbezüglich am politischen Aschermittwoch am 10. Februar in Passau ausfällt.“

    2. Die Stunde der Juristen schlug …
      Wer die Asyldebatten der letzten Jahrzehnte kennt, der oder die kennt auch die Sprüche vom «Asylmissbrauch» und weiß, dass sie beileibe nicht nur an Stammtischen zu hören sind. Asyl- und migrationspolitische Debatten bieten rechten Hasspredigern und Wahlkämpfern ideale Gelegenheiten, ihr Gift zu verspritzen. In dem Punkt unterscheidet sich die aktuelle Auseinandersetzung nicht von denen früherer Jahre. Neu ist jedoch, dass die Hassprediger Unterstützung erhalten von namhaften Verfassungsrechtlern, die die «Sicherung» der Grenzen zu einem zentralen Verfassungsgrundsatz erklären. […]
      Die Herren Verfassungsrechtler müssen sich die Frage gefallen lassen, warum ihnen erst die Krise des Schengen-Dublin-Systems so zu Herzen geht und nicht bereits der Normalzustand. Dank des europäischen Grenzschutzes und dank des politischen Drucks aus Deutschland, das in den Schengen-Debatten immer Ton angebend war, bestand dieser Normalzustand nämlich darin, dass Tausende Menschen im Mittelmeer ertranken, dass viele unter elenden Bedingungen in Lagern vor den europäischen Grenzen – im Libyen Ghadafys und in der Ukraine – festgehalten wurden, dass Flüchtlinge von diesen Staaten zurückgeschoben wurden – schlicht und einfach in die Wüste oder in Staaten, in denen sie definitiv nicht sicher waren, dass in Syrien vier Jahre lang Krieg herrschte und nur ein paar wenige Flüchtlinge den Weg nach Europa und noch weniger den nach Deutschland fanden …. Di Fabio erinnert sich zwar an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das Dublin-Rückschiebungen nach Griechenland stoppte, weil es dort kein ernstzunehmendes Asylverfahren, dafür aber Internierung von Flüchtlingen gab. Er weiß auch, dass diverse Verwaltungsgerichte Abschiebungen nach Ungarn stoppten – aus denselben Gründen. Und ihm ist auch bekannt, dass in Italien seit Jahren viele Flüchtlinge obdachlos sind. Ihm ist durchaus bewusst, dass das Dublin-System die Binnenstaaten der EU begünstigt und Asylsuchende es nur in den reichen Norden schafften, wenn sie die Registrierung umgingen und ihren Fluchtweg verschwiegen oder Märchen erfanden.
      Dennoch: Der europäische Normalzustand müsse wieder hergestellt werden, meinen die Herren Verfassungsrechtler, und wenn das nicht gelingt, dann müssten eben die nationalen Grenzen dicht gemacht werden. Hauptsache, das Staatsvolk wird vor einer «gravierenden Bevölkerungsveränderung» bewahrt und die Staatlichkeit bleibt gesichert.
      Quelle: Heiner Busch auf grundrechtekomitee.de
    3. Der ausbleibende Aufstand
      Es mag eine seltsame, aber doch gleichwohl bezeichnende Nebensächlichkeit sein, dass eine politische Einigung, die sich ausdrücklich gegen den Schutz von und die Hilfe für Menschen in Not richtet, in der Öffentlichkeit weithin als »Asylpaket« bezeichnet wird. Was die Spitzen der Koalition, die seit Wochen darum einen Streit darum aufführen, am Donnerstagabend festgezurrt haben, ist auch keine »Asylverschärfung«. Der Beschluss läuft darauf hinaus, dass ausgeschlossen wird, dass Menschen Asyl erhalten, dass Familien zusammenbleiben. Es ist ein Anti-Asylpaket – und es ist eines, das Menschen wohl mit ihrem Leben bezahlen werden.
      Quelle: Tom Strohschneider, Neues Deutschland
  2. Gewaltwelle: BKA zählt mehr als tausend Attacken auf Flüchtlingsheime
    Die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte hat sich 2015 laut Bundeskriminalamt verfünffacht. Die Sicherheitsbehörden sind alarmiert – auch, weil nicht nur radikale Rechte zu Gewalt greifen. Flüchtlingsunterkünfte werden immer häufiger zum Angriffsziel aggressiver Fremdenfeinde: Nach einer Erhebung des Bundeskriminalamts (BKA) gab es im vergangenen Jahr 1005 Attacken auf Asylunterkünfte. Davon haben demnach 901 einen eindeutig rechtsradikalen Hintergrund. Die Zahl hat sich damit binnen eines Jahres verfünffacht: 2014 waren es noch 199 Attacken, von denen 177 einen solchen Hintergrund hatten. […]
    BKA-Staatsschützer hatten bereits im vergangenen Herbst eine Typologie der Täter erstellt. Sie gilt auch weiterhin. Fast immer handelt es sich den Erkenntnissen zufolge bei den Angreifern um Männer im Alter zwischen 18 und 35 Jahren. Zwei von dreien wohnten auch in dem Ort, in dem sie ihre Tat begingen, zwei von dreien sind vorher schon straffällig geworden. Allerdings: Ebenfalls zwei von dreien hatten laut BKA “keine rechten Bezüge”.
    Das heißt, sie bewegten sich bislang nicht im rechtsextremen Spektrum. Ein Drittel der Verdächtigen wiederum entstammt eindeutig der rechten Szene.
    Quelle: Spiegel Online
  3. TTIP-Leseraum
    1. Vizekanzler Sigmar Gabriel über die überwachten TTIP-Leseräume: „Überflüssig“
      Nach monatelangen Diskussionen um die mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen zum Handelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa (TTIP, Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) wurde gestern bekannt, dass es für Volksvertreter in Zukunft mehr Einblick geben soll. Dazu werden sogenannte TTIP-Leseräume eingerichtet, in denen nun auch Abgeordnete des Deutschen Bundestages in einige der Verhandlungspapiere Einsicht nehmen können.
      Tilo Jung nutzte heute die Gelegenheit, den Bundeswirtschaftsminister, SPD-Parteivorsitzenden und Vizekanzler Sigmar Gabriel nach den Umständen dieser TTIP-Sichtungen zu befragen. Es ergab sich ein kleiner Dialog, den wir hier wiedergeben. Hier sind die Fragen und Antworten ab Minute 42.50 nachzuhören, jung & naiv wird auch das Video noch online stellen.
      Quelle: Netzpolitik.org

      dazu: Sigmar Gabriel eröffnet “TTIP-Leseraum”
      Zu Gast im “TTIP-Leseraum” bei Sigmar Gabriel: Der Vizekanzler hat heute den Ort eröffnet, an dem Bundestagsabgeordnete ab dem 1. Februar Einblick in TTIP-Dokumente nehmen können. Dabei werden sie z.B. überwacht und dürfen keine Abschriften machen. Tilo wollte von Gabriel wissen, ob er sich die Unterlagen denn auch persönlich angucken wird: “Neee. Jedenfalls nicht hier. Im Internet!” Wo auch wir das im Netz finden können, bleibt aber ein Geheimnis.
      Quelle: Jung und Naiv via Facebook

    2. Bitte sagen Sie jetzt nichts!
      Unsere Abgeordneten dürfen nun zwar lesen, was in den geheimen TTIP-Dokumenten steht. Darüber reden aber dürfen sie nicht. Wie lächerlich ist das denn? Das also soll ernsthaft ein Fortschritt sein? Ab Montag dürfen Abgeordnete in einem Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium die geheimen Unterlagen der europäisch-amerikanischen Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP lesen. Wenn sie sich in der Woche vorher für einen zwei-Stunden-Termin angemeldet haben. Wenn sie ihr Handy abgeben. Wenn sie nichts kopieren oder fotografieren. Und wenn sie danach schweigen. Sie dürfen also keine Experten fragen, wie das zu beurteilen ist, was sie da gelesen haben. Sie dürfen niemanden um Hilfe bitten, der vielleicht besser Englisch kann als sie – die Unterlagen sind nicht übersetzt. Sie dürfen nicht ihre Mitarbeiter informieren. Und schon gar nicht die Presse oder die Bürger. Das ist kein Fortschritt, das ist hochgradig lächerlich. Und es ist genau das Gegenteil von dem, was nötig wäre.
      Quelle: Zeit Online
    3. Maulkorb für Abgeordnete
      Das Wirtschaftsministerium feiert es als Erfolg, dass Bundestagsabgeordnete künftig TTIP-Dokumente unter Aufsicht lesen dürfen. Doch ein bisher geheimes Dokument der EU-Kommission macht klar, dass diese Leseräume jederzeit geschlossen werden können, falls Abgeordnete den Inhalt der TTIP-Dokumente der Öffentlichkeit verraten.
      Quelle: correctiv
  4. Freihandelsabkommen zwischen Europa und Afrika
    Welche Folgen hat der globale Handel? Für ein Land oder eine Region und die Menschen, die dort leben? Afrika ist am Außenhandelsvolumen Europas mit etwa 2 Prozent beteiligt. Das soll sich jetzt ändern. Die EU möchte mit den Staaten Afrikas Freihandelsabkommen abschließen, die “Economic partnership agreements”, kurz EPAs. Während die Unterhändler der EU schon auf die enormen Rohstoffe und die endlosen Hektar afrikanischen Ackerbodens spekulieren, verweigern die Afrikaner ihre Unterschrift. Sie befürchten eine Überschwemmung ihrer Märkte mit europäischen Waren. Schon führen die Europäer im großen Stil Milchviehherden ein, um den afrikanischen Verbraucher an den fremden Geschmack von Käse, Quark und Latte Macchiato zu gewöhnen.
    Quelle: Deutschlandfunk
  5. Ungleichheit bekämpfen – Vermögende gerecht besteuern
    In Deutschland wächst die Kluft zwischen Arm und Reich. Die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen ist hierzulande größer als in vielen anderen Industriestaaten.Und kaum ein anderes Land verlangt so niedrige Steuern auf hohe Vermögen und Einkommen. Das muss sich ändern: Vermögen müssen wieder besteuert, die pauschale Abgeltungssteuer abgeschafft werden.

    Ultrareiche

    Quelle: DGB Klartext

  6. IW „Studie“ zu Lohnstückkosten: Viel Lärm um eine reine Lobbyarbeit
    Das Interessenvertretungsinstitut namens Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat wieder zugeschlagen und, wie nicht anders zu erwarten, die deutsche Presse (hier die FAZ) zitiert das Werk (das man hier findet) landauf landab und zumeist, ohne klar dazu zu sagen, wer hinter diesem „Institut“ steckt.
    Viele Leser haben uns spontan geschrieben und gefragt, was jetzt los ist. Nach den Aussagen der Kölner „Forscher“ (wissenschaftlich verbrämte Interessenvertreter wäre der bessere Ausdruck) sind die Lohnstückkosten in Deutschland gar nicht hinter der internationalen Entwicklung zurückgeblieben, weswegen es jetzt auch keinen Grund gäbe, die Lohnzurückhaltung aufzugeben. Die Arbeitgeber, also die Besitzer und Auftraggeber dieses „Instituts“, haben das sofort aufgegriffen und eine mäßige Lohnrunde gefordert. Ein Schalk, wer Böses dabei denkt!
    Zunächst verwendet das IW bei seiner „Analyse“ wieder einmal die Lohnstückkosten in der Industrie, die man einfach so nicht verwenden darf, weil die Vorleistungsstrukturen in den Ländern ganz unterschiedlich sind. Sind beispielsweise in einem Land viele Vorleistungen, die von der Industrie bezogen werden, aus dem Bereich ausgelagert, der von der Statistik zur Industrie gezählt wird und in einem anderen Land nicht, dann kann man die beiden Länder schon nicht mehr vergleichen. Auch wenn die Industrie eines (kleinen) Landes sehr viel mehr Vorleistungen aus dem Ausland bezieht als die eines anderen Landes, sind die Ergebnisse nicht mehr vergleichbar.
    Quelle: flassbeck-economics

    dazu: Deutsches Lohndumping
    Österreich verliert. Noch merken es viele Österreicher nicht, aber sie werden gnadenlos enteignet – von den Deutschen. Seit 15 Jahren spielt sich ein heimlicher und brutaler Kampf ab, bei dem es um Marktanteile, Exportchancen und Wettbewerbsfähigkeit geht. Die Österreicher könnten sich jetzt noch wehren, indem sie sich mit den anderen Eurostaaten gegen Deutschland verbünden. Aber die Zeit wird knapp. Wenn die Österreicher nicht aufbegehren, werden sie verarmen.
    Die Waffe der Deutschen ist schlicht, aber wirkungsvoll: Sie haben Lohndumping betrieben und die Arbeitskosten gezielt gesenkt, um auf den Auslandsmärkten zu expandieren. Zwischen 2000 und 2010 fielen die deutschen Reallöhne im Mittel um 4,2 Prozent. Inzwischen sind die Gehälter zwar wieder leicht gestiegen, trotzdem liegen die deutschen Reallöhne auch heute nur knapp höher als zur Jahrtausendwende.
    Quelle: Ulrike Herrmann auf blog.arbeit-wirtschaft.at

  7. Neue BND-Akten aufgetaucht: Das schwarze Loch des D. B.
    “Ausspähen unter Freunden” sollte nach Ansicht des BND durchaus möglich sein. Eine entsprechende Weisung war in der Planung, als der Skandal um das Merkel-Handy plötzlich alles änderte.
    Er ist eine Schlüsselfigur in der NSA-Selektorenaffäre und Dauergast im Untersuchungsausschuss des Bundestags. Am Donnerstag hat der Geheimdienstmitarbeiter D. B. wieder völlig neue Aspekte in die Debatte um die unzulässigen Suchbegriffe des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des US-Geheimdienstes NSA gebracht. Allerdings blieben nach der inzwischen vierten Befragung des 55-Jährigen wieder viele Fragen offen.
    Quelle: Golem
  8. Schulessen: Minister Schmidt und der heiße „Dampf“…
    „Macht Dampf“: Unter diesem Titel startete Bundesernährungsminister Christian Schmidt heute eine so genannte „Qualitätsoffensive“ für die Schul- und Kitaverpflegung. Aus Sicht von foodwatch vor allem heiße Luft: Der Minister fordert zwar flächendeckende Standards, will diese aber nicht vorgeben. Und an dem, was Herr Schmidt als Empfehlung für Kita-Essen vorlegte, hat die Lebensmittellobby fleißig mitgeschrieben…
    Zu häufig Fleisch, viel zu wenig Gemüse, zu selten eigene Küchen: Experten kritisieren seit langem, dass die Verpflegung von Kindern in Schul- und Kindergartenkantinen stark von den ernährungswissenschaftlichen Empfehlungen abweicht. „Macht Dampf“, appelliert nun Bundesernährungsminister Christian Schmidt. Das soll wohl so viel heißen wie: Es sollte häufiger mal frisch gekocht werden – und vor allem das umgesetzt werden, was die Experten seit langem fordern.
    Quelle: foodwatch
  9. Die Deutsche Bahn AG mogelt weiter
    Ausweislich ihrer eigenen Pläne, geht die Bahn längst davon aus, dass Stuttgart 21 niemals 2021 fertiggestellt wird. Genau dies behauptet sie aber fortgesetzt öffentlich und den Projektpartnern gegenüber. Man müsse sich fragen, wie lange ein bundeseigener Großkonzern folgenlos die Wahrheit derart manipulieren dürfe, so Eisenhart von Loeper, Sprecher des Aktionsbündnisses. Aufmerksame Anwohner des Netzwerks Kernerviertel hatten anlässlich der „Tage der offenen Baustelle“ im ausgehängten Bauzeitplan für den Südkopf den Widerspruch zu den öffentlichen Verlautbarungen einer Inbetriebnahme im Dezember 2021 entdeckt und ihn auf der Webseite der Netzwerke 21 dargestellt. Damit nähert sich die bahninterne Planung dem, was das Gutachten des Münchner Verkehrsplanungsbüro Vieregg und Rössler ermittelt hatte – dass nämlich mit einer möglichen Fertigstellung eher 2024 zu rechnen ist.
    Quelle: K21
  10. Zeitenwende für die globale Hochfinanz
    Manchmal kündigen sich große Veränderungen in kleinen Bemerkungen mächtiger Akteure an. Gut möglich, dass die Besucher des Weltwirtschaftsforums in Davos am vergangenen Samstag eine solche Episode erlebt haben.
    Da empfahl der Gouverneur der japanischen Zentralbank, Haruhiko Kuroda, die Regierung Chinas solle doch vermehrt „Kapitalverkehrskontrollen nutzen, um den Wechselkurs auf eine konstruktive Art zu lenken“. Gleich daneben saß Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und als solche Gralshüterin der Lehre vom Segen des freien Marktes für Währungen und Kapital. Aber Lagarde widersprach nicht. Und auch die „Financial Times“, Zentralorgan der globalen Geldelite, befand, Kuroda habe recht. „Schärfere Kontrollen“ seien Chinas „einzige Option“, um der „Kapitalflucht“ Herr zu werden.
    Quelle: Harald Schumann im Tagesspiegel
  11. EU Steuerpaket: Kapitulation vor Steueroasen
    “Die EU-Kommission vergibt die Chance, Schlupflöcher für Steuervermeidung durch Unterschiede in den nationalen Steuergesetzen zu schließen. Das Prinzip internationale Konzerne als eine Konzerneinheit zu besteuern wird aufgegeben. Die Regeln gelten zudem größtenteils nur gegenüber Drittstaaten, die Steueroasen in der EU blühen weiter. Das Europäische Parlament muss endlich klare Kante gegen Steuerdumping zeigen. Die dicken Sprüche von Steuerkommissar Moscovici können sich die Steuerzahler nicht mehr leisten.”
    Quelle: Fabio De Masi (MdEP)
  12. Bundeswehreinsatz in Mali: Falsche Begründung, unerreichbares Ziel
    Der Bundeswehreinsatz in Mali werde mit falscher Begründung geführt und das erklärte Ziel, den Terror einzudämmen, nicht erreichen. Darauf weist der Bundesausschuss Friedensratschlag hin. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gehe es vielmehr darum, in der Wüste als Übungsgebiet Erfahrungen für weitergehende Einsätze zu sammeln, heißt es in einer Stellungnahme. Der massive Bundeswehreinsatz werde den französischen Kriegseinsatz befeuern und Deutschland zur Kriegspartei in Mali machen. Es sei eine Ausweitung der Kampfhandlungen und des Kampfgebiets zu befürchten. Mit militärischen Mitteln würden jedoch allenfalls Symptome einer tiefen sozio-ökonomischen Krise bekämpft oder in andere Länder und Regionen verschoben. Für die gesamte Sahelregion ist eine große internationale Anstrengung einer planvollen (land-) wirtschaftlichen Gestaltung und Entwicklung notwendig, die sich an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der dort lebenden Menschen orientiert“, so der Bundesausschuss.
    Quelle: Bundesausschuss Friedensratschlag
  13. Europas Militärapparat: Weltmachtanspruch versus Deutsches Europa
    Mit beeindruckender Deutlichkeit umriss die Bertelsmann Stiftung bereits im Jahr 2003 die wesentlichen Komponenten einer künftigen „Weltmacht Europa“ mit folgenden Worten: „Im Szenario Supermacht Europa wird das große Europa seinem objektiven Weltmachtpotential gerecht. Die Europäische Union nutzt ihre materiellen und institutionellen Ressourcen in vollem Umfang. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Bevölkerungszahl, militärisches Potential und das europäische Wertesystem bieten ihr eine beachtliche Handlungsbasis. […] Im Ergebnis einer Abtretung nationaler Souveränitätsrechte der Mitgliedstaaten an die EU entwickelt sich die Union zu einem umfassenden globalen Sicherheitsakteur. Die Etablierung einer Sicherheits- und Verteidigungsunion und vor allem der Aufbau der Vereinten Europäischen Strategischen Streitkräfte (VESS), die sich unter einem gemeinsamen europäischen Oberkommando des Atomwaffenpotentials Frankreichs und Großbritanniens bedienen können, verändern die internationale Rolle der EU. […] Die Supermacht Europa verabschiedet sich endgültig von der Idee einer Zivilmacht und bedient sich uneingeschränkt der Mittel internationaler Machtpolitik. […] Die sich stetig in Richtung einer Supermacht Europa entwickelnde Europäische Union erweist sich als ein äußerst offenes System, das auch im Prozess der Staatswerdung fähig ist, neue Mitglieder aufzunehmen. Damit ist die EU global das einzige System, das territorial kontinuierlich expandiert.“(1)
    Sowohl der Aufbau der EU-Militärkapazitäten als auch die Ausweitung der Einflusszone wurde in den Folgejahren in einem erschreckenden Tempo in Angriff genommen. Allerdings setzten die diesbezüglichen „Fortschritte“ stets die Übereinkunft der großen Drei – Deutschland, Frankreich und Großbritannien – voraus. Das nassforsche Auftreten der Bundesregierung im Zuge der Eurokrise hat dabei zur Folge, dass die Spannungen mit Paris und London spürbar zugenommen haben, was auch beträchtliche Auswirkungen auf den EU-Militarisierungsprozess hat.
    Quelle: Hintergrund
  14. Steinmeier und das Oberlandesgericht
    Der deutsche Außenminister lehnt den Ausschluss salafistisch-jihadistischer Milizen von den Gesprächen über eine Beilegung des Syrien-Krieges ab. Wie Frank-Walter Steinmeier erklärt, könne man sich die Verhandlungspartner beim Bemühen um die Neugestaltung Syriens “nicht aussuchen”. Lediglich der “Islamische Staat” (IS/Daesh) und Al Qaida sind bei den Gesprächen nicht zugelassen. Steinmeiers Äußerung richtet sich gegen die Forderung Moskaus, Organisationen wie Ahrar al Sham keinen Einfluss auf Syriens Neuaufbau zu gewähren und sie von den Verhandlungen fernzuhalten. Ahrar al Sham kooperiert eng mit dem Al Qaida-Ableger Al Nusra. Erst im vergangenen Jahr hat die Bundesanwaltschaft die Miliz als “terroristische Vereinigung” eingestuft; in einem Strafverfahren vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht, in dem vier Männer bezichtigt werden, Ahrar al Sham mit Militärbekleidung und -gerät beliefert zu haben, hat ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamts der Organisation eine “klassisch terroristische Kampfführung” attestiert. Sollte die deutsche Justiz Ahrar al Sham explizit als Terrororganisation einstufen, träfe dies nicht nur den deutschen Außenminister, sondern auch den NATO-Partner Türkei, der die Miliz schon seit Jahren alimentiert.
    Quelle: German Foreign Policy
  15. Dicke Luft: Wenn Städte ersticken
    Weltweit atmen 90 Prozent der Stadtbewohner feinstaubbelastete Luft. Pro Jahr sterben sieben Millionen Menschen an den Folgen. Bei Erwachsenen steigt die Zahl der Krebserkrankungen drastisch an, und Kinder leiden immer häufiger unter Asthma. In China und Indien ist der gesundheitsgefährdende Smog Dauerzustand. Die Schadstoffbelastung ist kein lokales Phänomen mehr. „Airpokalypse“ ist auch unter Wissenschaftlern eine gebräuchliche Bezeichnung für die Luftverschmutzung in Chinas und Indiens Millionenstädten. In Neu Delhi, der Stadt mit der schlechtesten Luft weltweit, überschreitet der Feinstaubgehalt an manchen Tagen aufgrund der Auto-Abgase die laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zulässigen Grenzwerte um das 100-fache. Seit rund zehn Jahren breitet sich die sogenannte asiatische braune Wolke immer weiter aus, erreicht andere Kontinente und ist für die Erwärmung der Polarregion mitverantwortlich. Die Schadstoffe werden mit den Luftmassen überallhin transportiert. Weltweit sterben pro Jahr sieben Millionen Menschen an den Folgen der Feinstaubbelastung.
    Quelle: arte
  16. Nach Griechenland?
    All diese Menschen in die deutsche Gesellschaft zu inkludieren wird ein schwieriges Unterfangen. Die Integrationsleistung wird einem gesellschaftlichen Kraftakt gleichen. Doch »there is no alternative«. Wir können diese Leute doch nicht einfach wegschicken. […]
    Natürlich sagen da viele, dass es wesentlich weniger Aufwand und zudem auch billiger wäre, wenn wir diese Leute abweisen würden. Wenn wir sie isolierten und nur bestraften, wenn es nötig wird. Aber das ist keine Alternative, ein Rechtsstaat muss allezeit den Anspruch haben, den Menschen in seinen Grenzen Chancen zu gewähren. Sie teilhaben zu lassen. Und hinter die Grenzen kann man sie ja nicht setzen. Rein rechtlich geht das schon nicht. Diese Leute haben ja den deutschen Pass, leben vielleicht schon ihr ganzes Leben hier. Nur weil sie jetzt bei Pegida Parolen skandieren, der AfD beitreten, sich mit Glatzköpfen in Bürgerwehren vereinigen und sich am Rechtsruck zu schaffen machen, kann man sie doch nicht abweisen. Auch sie haben eine zweite Chance verdient. Sie wieder zurückzuholen in das Lager der Vernunft und des Anstandes dürfte die schwierigste Integrationsaufgabe sein, die dieses Land je angehen musste. Ob sie hernach gleich Verfassungspatrioten werden, bleibt fraglich. Aber in dem jetzigen Zustand als »Verfassungsfremde« können sie auf keinen Fall weiterhin verharren.
    Quelle: Heppenheimer Hiob


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