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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 27. Mai 2016 um 16:03 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Gipfel in Japan: G7-Staaten drohen Russland mit neuen Sanktionen
  2. Also doch Sonderrechte
  3. Die Sanktionen gegen Syrien und die Syrer sind unverzüglich aufzuheben
  4. Das deutsche Lohnregime und der Merkantilismus
  5. Schäubles Denkfehler in der Rentendebatte
  6. Linke Politik erzwingt Konflikt mit Superreichen
  7. Die französische Polizei und der Front National: Gemeinsam gegen Sozialproteste
  8. DGB-Chef Hoffmann: „Das Integrationsgesetz arbeitet mit Restriktionen und das ist Populismus“
  9. Weißbuch für Sicherheitspolitik: Keine Grundgesetzänderung für Bundeswehr im Innern
  10. Ein Tunnel blamiert die Kanzlerin
  11. Ihr seid doch nur unsicher
  12. Die Ära des Revisionismus (III)
  13. „Irak 2003 – Die Kehrseite des Krieges (1/2)“
  14. Kommentar: US-Kurs in Vietnam zielt auf Schwächung Chinas ab
  15. Die doppelte Zweiteilung der Welt: Nord und Süd, Arm und Reich
  16. Die gelenkte Vorwahl
  17. Spenden für CDU und SPD
  18. Zu guter Letzt: Schock-Studie: BER-Witze drohen auszugehen, bevor BER fertig ist

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gipfel in Japan: G7-Staaten drohen Russland mit neuen Sanktionen
    Sie wollen globale Flüchtlingshilfe, weniger Terror, mehr Wirtschaftswachstum: Darauf haben sich die G7-Staaten bei ihrem Gipfel in Japan geeinigt. Stark belastet bleibt das Verhältnis zu Moskau. […]
    Wirtschaftswachstum: “Globales Wachstum ist unsere dringliche Priorität”, heißt es in der Erklärung. Es müssten alle zur Verfügung stehenden politischen Mittel genutzt werden, um die weltweite Nachfrage anzukurbeln – darunter haushalts-, geldpolitische und strukturelle Maßnahmen. Zudem sollen auch die Bemühungen verstärkt werden, “die Verschuldung auf einen nachhaltigen Weg zu bringen”. Diese Formulierung war vor allem Merkel wichtig.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Die Überschrift hätte eigentlich lauten müssen: Merkel würgt das Wachstum ab. Oder: Merkel setzt auf Weiter so. Denn die Kanzlerin weigert sich weiterhin, über Konjunkturprogramme auch nur nachzudenken. Die deutsche Haltung hatte Finanzminister Schäuble zuvor bereits auf seinem Ministertreffen festgezurrt, obwohl der Rest der G7 damit nichts anfangen kann und eher vor einer Zuspitzung der Krise warnt.

  2. Also doch Sonderrechte
    Sigmar Gabriels Wirtschaftsministerium will auch in der EU spezielle Schiedsgerichte für Investoren. Das ist gefährlich.
    Sondergerichte brauche man nicht zwischen “entwickelten Rechtsstaaten”, hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in der Vergangenheit immer wieder behauptet. Nun hat sein Ministerium das revidiert – nachdem die ZEIT in der vergangenen Woche über ein bis dahin geheimes Papier berichtet hatte. Darin plädieren Deutschland und vier weitere Länder für ein neues innereuropäisches Investitionsschutzabkommen, und zwar mit folgendem Ziel: Auch in der EU soll es künftig Schiedsgerichte geben, vor denen private Investoren Länder verklagen können. Zwar betont ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums, es gehe dabei nicht um private Schiedsgerichte. Eine zweifelhafte Kehrtwende bleibt der Schritt dennoch.
    Quelle: Zeit Online
  3. Die Sanktionen gegen Syrien und die Syrer sind unverzüglich aufzuheben
    2011 hat die Europäische Union beschlossen, Wirtschaftssanktionen gegen Syrien zu verhängen. Die EU stellte sie als „Sanktionen gegen Persönlichkeiten des Regimes“ dar. Tatsächlich verhängte sie gegen das ganze Land ein Öl-Embargo, eine Blockade jeglicher Finanztransaktionen und ein Handelsverbot für sehr viele Güter und Produkte. Diese Maßnahmen sind immer noch in Kraft. Dagegen wurde 2012 aufgrund einer schwer verständlichen Entscheidung das Öl-Embargo für die Regionen aufgehoben, die die bewaffnete und dschihadistische Opposition kontrolliert. Dadurch soll offenkundig den sogenannten „revolutionären Kräften und der Opposition“ wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
    Quelle: Appell kirchlicher Würdenträger aus Syrien [PDF]
  4. Das deutsche Lohnregime und der Merkantilismus
    Die langjährige deutsche Lohnzurückhaltung ist für die Europäische Währungsunion fatal. Haben das starke deutsche Gewerkschaften gewollt – oder sind sie so schwach, dass sie diese Entwicklung nicht verhindern konnten? Die Unfähigkeit der Teilnehmer des Euro, ihre Lohnauftriebe zu synchronisieren, hat sich als Sollbruchstelle der Währungsunion erwiesen – ein Umstand, der in der internationalen Fachdebatte außerhalb Deutschlands kaum noch bestritten wird. Erhebliche Uneinigkeit besteht aber, wenn es um die Frage geht, warum gerade Deutschland im realen Abwertungswettlauf, der mit der Eurogründung einsetze, so exzeptionell vorpreschte.
    Manche Teilnehmer der Debatte verweisen auf die Erosion genau jener Merkmale, die für das „koordinierte“ bzw. „organisierte“ deutsche Lohnregime einst typisch waren, insbesondere auf den Rückgang der tarifvertraglichen Deckungsraten. „Koordiniert“ heißt hier: Die Lohnpolitik ist vergleichsweise gut steuerbar, weil die Verbände stark sind und sich Abschlüsse mit Pilotfunktion über Regionen und Sektoren hinweg ausbreiten. Wer also auf den Niedergang der Lohnkoordination verweist, deutet die deutsche Lohnzurückhaltung primär als von den Gewerkschaften nicht beabsichtigten Effekt strukturellen Wandels.
    Quelle: Martin Höpner auf Makroskop

    Anmerkung: Heute geht Heiner Flassbecks neues Projekt „Makroskop“ an den Start. Siehe dazu auch das Editorial von Albrecht Müller. Das gesamte NachDenkSeiten-Team wünscht Heiner Flassbeck und seinen Mitstreitern viel Erfolg!

    dazu: Makroskop 0
    Liebe Leserinnen und Leser,
    heute beginnt eine neue Art von Zeitrechnung und die Einheit heißt Makroskop. Nach vielen Monaten der Vorbereitung freuen sich Paul Steinhardt und ich, Ihnen diese Plattform für kritisches Denken vorstellen zu können.
    Wenige Jahre nach der großen Finanzkrise ist die Weltwirtschaft weiterhin in einem sehr fragilen Zustand. Die EU erlebt die größte Krise ihrer Geschichte. Die politischen Strukturen, die über viele Jahrzehnte aufgebaut worden sind, werden brüchig. Die politische Rechte erstarkt im Norden und im Süden. Offenbar sind weder die nationale noch die internationale Politik den vielfältigen ökonomischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen gewachsen.
    Es findet jedoch keine ernsthafte gesellschaftliche Auseinandersetzung zu diesen großen Themen statt. Die sogenannten Leitmedien decken das politische Versagen und versagen selbst bei der Aufgabe, den Bürger unabhängig und kritisch zu informieren.
    Quelle: Heiner Flassbeck auf Makroskop

  5. Schäubles Denkfehler in der Rentendebatte
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plädierte am 20. April 2016 für eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit aus demographischen Gründen. Dabei wandte er eine Simpellogik an: Werden wir älter, müssen wir länger arbeiten. Eingängig, aber falsch – aus vier Gründen.
    1. Ein Blick in das letzte Jahrhundert
    Die Lebenserwartung stieg von 46 auf 78 Jahre, die Lebensarbeitszeit sank von 70 auf 65 Jahre. Gleichzeitig sanken Jahres- und Wochenarbeitszeiten massiv. Und die Arbeitskräfte gingen dabei nicht aus, eher die Arbeitsplätze. Im Jahre 1999 betrug die offizielle Arbeitslosigkeit 4,1 Millionen.
    Der Anteil der über 64 Jährigen stieg in dem Jahrhundert von 4,9 auf 16,7%, der Anteil der Rentner noch stärker. Und trotzdem ging es Allen materiell deutlich besser.
    Schäubles Logik auf das Jahr 1900 angewandt versagt total. Der Grund: Er denkt ohne Wirtschafts- und Produktivitätsentwicklung, also völlig eindimensional!
    Quelle: Gerd Bosbach auf Lügen mit Zahlen
  6. Linke Politik erzwingt Konflikt mit Superreichen
    Der Gesellschaft ist die Gerechtigkeit abhandengekommen. Die Mittelschicht wird enteignet, die Menschen im Niedriglohnsektor und die Erwerbslosen werden im Stich gelassen.
    So lässt sich das Resultat der Rentenpolitik der großen Koalition zusammenfassen. Heute reichen selbst 45 Jahren ununterbrochener Arbeit in Vollzeit mit einem Bruttolohn von 2500 Euro gerade mal für eine Rente knapp über der Grundsicherung. Wer weniger als zwölf Euro pro Stunde bekommt, geht trotz lebenslanger Arbeit sicher in die Altersarmut.
    Um die Renten zu stabilisieren, braucht es höhere Löhne, einen Mindestlohn von zwölf Euro und eine Abkehr von der Agenda-2010-Politik. Statt aber das Rentenniveau wieder auf mindestens 53 Prozent zu erhöhen – wie vor den Rentenkürzungen unter Rot-Grün – und eine armutsfeste Mindestrente einzuführen, flüchtet sich die Regierung in Scheinlösungen.
    So plant die Mindestlohnkommission der Regierung eine Erhöhung des Mindestlohns um lächerliche 33 Cent. Die von SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles bejubelten Korrekturen bei der Leiharbeit sind nicht mehr als Etikettenschwindel. Erst ab dem neunten Monat den gleichen Lohn – das bringt den meisten Leiharbeiter nicht, denn mehr als die Hälfte von ihnen arbeitet nicht länger als drei Monate bei der gleichen Firma.
    Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat kürzlich einen bemerkenswerten Satz gesagt: „Angesichts der neuen sozialen Frage wirkt die SPD zu sehr als eine emotional ermüdete Partei im Hamsterrad der Sozialreparatur.“
    In Gabriels Worten schwingt die Ahnung eines grundlegenden Problems mit. Wie in vielen europäischen Ländern führt die marktradikale Politik der Wettbewerbsfähigkeit zu einer Entsolidarisierung der Gesellschaft, die den Nährboden für das bedrohliche Aufkommen von Rechtspopulisten bildet.
    Quelle: Bernd Riexinger in der Frankfurter Rundschau
  7. Die französische Polizei und der Front National: Gemeinsam gegen Sozialproteste
    „Beinahe hätte man also sagen können, dass die extreme Rechte in Frankreich sich zwar mit viel sozialer Demagogie als Alternative zum Bestehenden darzustellen versucht, aber im aktuellen Kontext zugespitzter klassenpolitischer Konflikte – rund um die geplante, für die Lohnabhängigen höchst regressive „Reform“ des Arbeitsrechts – keine soziale Bewegung unterstützt. Aber nur beinahe. Denn nun findet sich doch zumindest eine Bewegung, die rückhaltlos vom FN unterstützt wird. Am vorigen Mittwoch, den 18. Mai 16 demonstrierten, je nach Angaben, zwischen 1.000 (laut Innenministerium) und 7.000 (laut Polizeigewerkschaften) Polizistinnen und Polizisten in Paris, und in sechzig weiteren französischen Städten fanden Kundgebungen statt. Mehrere Polizeigewerkschaften, deren Einschätzungen und Forderungen nicht genau deckungsgleich sind, hatten dazu aufgerufen. Ihr Protest stand unter dem Motto Contre la haine anti-flics, ungefähr: „Gegen den Bullenhass“…“ – aus dem Beitrag „Der Front National findet eine, nun ja, soziale Bewegung völlig nach seinem Geschmack“ von Bernard Schmid (ursprünglich in gekürzter Fassung unter dem Titel „Opfer in Uniform“ am 26. Mai 2016 in der Jungle World):
    Quelle: LabourNet Germany
  8. DGB-Chef Hoffmann: „Das Integrationsgesetz arbeitet mit Restriktionen und das ist Populismus“
    Ein Euro-Jobs, verpflichtende Sprachkurse und strenge Wohnsitzauflagen: Die Koalition hat den Entwurf des neuen Integrationsgesetzes veröffentlicht, von dem Verbände als ein „Papier des Misstrauens“ sprechen. EurActiv sprach mit Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, ob der Gesetzentwurf, der noch vor der Sommerpause durch den Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll, die dringendsten Probleme der Flüchtlingspolitik lösen kann. (…)
    DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell hat über das Integrationsgesetz gesagt: Es muss verhindert werden, dass Flüchtlinge als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden, etwa als Dauerhospitanten. Schafft das neue Integrationsgesetz das?
    Da gibt es klare Kritik von uns. Vor allem, wenn es um die Ausweitung der Leiharbeit geht. Wir sind gerade dabei, in einem parallel laufenden Gesetzgebungsverfahren den Missbrauch von Leiharbeit zu verhindern. Wir halten das Integrationsgesetz in diesem Punkt für falsch.
    Genauso falsch wie die Wohnsitzauflage?
    Die halten wir für überhaupt nicht zielführend und ist aus Sicht des DGB auch nicht europakompatibel. Der europäische Gerichtshof hat die Grenzen einer solchen Auflage gerade erst im März aufgezeigt. Irrsinnig ist auch die Einführung von Arbeitsmaßnahmen. Natürlich bringen Arbeit und die Organisation von Selbsthilfe wunderbar Struktur in den Alltag, ist sinnstiftend und vieles mehr. Wenn es diese Maßnahmen aber auch in Wirtschaftsbetrieben geben soll, ist damit die Gefahr verbunden, dass ordentlich bezahlte Arbeit zurückgedrängt und durch Ein-Euro-Jobs ersetzt wird.
    Immerhin sieht das Gesetz ja Integrationskurse vor. Auch, wenn diese bei Nichtteilnahme Sanktionen nach sich ziehen sollen.
    Wer mit Restriktionen droht, sollte man erst einmal dafür sorgen, dass genügend und qualifizierte Möglichkeiten für Integrationskurse geschaffen werden – zeitnah und spätestens innerhalb von 6 Wochen – die dann auch in Anspruch genommen werden können. Wenn es das Angebot gibt, und dann etwas nicht funktioniert, muss man nachbessern. Im Integrationsgesetz wird aber mit Repression gearbeitet und das halte ich für Populismus. Damit wird eine Überschrift für die zur AfD oder sonst wohin abgewanderten, unsicheren Bürger und Bürgerinnen produziert, die sagen soll: „Jetzt wird endlich mal harte Kante gezeigt“. Das gibt eine Schieflage.
    Quelle: EurActiv.de
  9. Weißbuch für Sicherheitspolitik: Keine Grundgesetzänderung für Bundeswehr im Innern
    Mit einer Grundgesetzänderung wollte Verteidigungsministerin von der Leyen den Einsatz der Bundeswehr im Innern legalisieren. Nach teils bitterem Streit mit dem von der SPD geführten Außenamt wurde der Vorstoß nun weichgespült.
    Die Staatssekretäre aus den beiden Ressorts einigten sich nun auf einen Kompromiss. Demnach soll die Bundeswehr sich stärker als bisher auf Notfälle wie einen Terror-Anschlag vorbereiten. Ausdrücklich ist jedoch nur vor einer “Unterstützung der Polizeikräfte” statt aktiven Einsätzen wie Grenzkontrollen oder Fahndungsmaßnahmen die Rede. Wichtig sei, dass die Bundeswehr den Fall des Falls mit den anderen Sicherheitskräften regelmäßig üben soll.
    Die salomonische Formel trägt nun beiden Seiten Rechnung. Im Wehrressort hieß es in den letzten Wochen, entscheidend sei eine gute Vorbereitung auf einen Ernstfall. Ohne Übungen und eine Ausarbeitung von Meldeketten sowie Verantwortlichkeiten, so die Militärs, sei eine Hilfestellung durch die Bundeswehr nicht möglich. Die SPD wiederum kann sich auf die Fahnen schreiben, eine Grundgesetzänderung verhindert zu haben ohne die Sicherheit Deutschlands auf Spiel zu setzen.
    Ganz abgeräumt ist der Streit ums Weißbuch, für von der Leyen auch ein Prestige-Projekt für ihre Positionierung als Sicherheitspolitikerin ist, noch nicht. Zum Beispiel wollte die CDU-Politikerin den bisher auf Rüstungsexportgenehmigungen fokussierten Bundessicherheitsrat aufwerten, immer wieder war von einer Art National Security Council nach dem Vorbild der USA die Rede. Dem geheim tagenden Gremium, das im Kanzleramt tagt, gehören alle wichtigen Minister an.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Schon wieder knickt die SPD ein und so werden Stück für Stück konservative Anliegen umgesetzt. Herr Schäuble dürfte sich freuen: Sein jahrelanges Beharren auf den Einsatz der Bundeswehr im Inneren hat sich gelohnt – demnächst darf sie zumindest die Polizeikräfte “unterstützen”, was immer das im Einzelnen auch bedeuten mag. Die Unionsvertreter dürften den Begriff “Unterstützung” vermutlich dehnbarer und weitreichender auffassen als weite Teile der SPD.

    Übrigens: In diesem Zusammenhang sei an die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte erinnert:

    „So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:
    Artikel 2 Absatz 2 EMRK:

    „Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

    • jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
    • jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
    • einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen.“

    Und weiter:

    „Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden (…).“

    Die Erläuterungen sind offenbar nicht lediglich Regelungen für die Ausführungen des Gesetzes, sondern – und das ist unüblich – dem Gesetzestext gleichgestellt. So nachlesbar im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14.12.2007. Darauf scheinen die Vertreter der CDU hinzuarbeiten.

  10. Ein Tunnel blamiert die Kanzlerin
    Wenn Angela Merkel am 1. Juni bei der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels in die Kameras lächelt, müsste sie vor Scham im Boden versinken. Während die Schweiz den längsten Eisenbahntunnel der Welt gebaut hat, bleibt das Schienen-Nadelöhr Basel–Karlsruhe noch mindestens 20 Jahre bestehen. Viele Tausend Menschen erwarten die Schweizer am 1. Juni zur Eröffnung der einzigen Flachbahn durch die Alpen. Es soll ein Volksfest werden. Schließlich geht es um ein Jahrhundertprojekt. Und das auf dem wichtigsten Güterkorridor Europas, der Achse Rotterdam–Genua. Das Ziel: Zigtausende Güter sollen nicht mehr auf der Straße, sondern auf der Schiene transportiert werden. Ein “epochales Ereignis”, lobt Hans-Jörg Bertschi von der Unternehmensgruppe Hupac, die auf den alpenquerenden Güterverkehr auf der Schiene spezialisiert ist.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  11. Ihr seid doch nur unsicher
    Ein verweigerter Handschlag wird in der Schweiz zur Integrations-Debatte aufgeblasen. Damit macht es sich die Politik zu einfach. […]
    Diese Überreaktion ist ein Symptom für die tiefgreifende Verunsicherung, die viele europäische Gesellschaften erfasst hat. Und ausgerechnet die Schweiz, die es geschafft hat, mit vier verschiedenen Amtssprachen zu leben und zwischen den beiden großen christlichen Konfessionen einen Modus Vivendi zu finden, der über Jahrhunderte gehalten hat, scheint davon besonders betroffen zu sein. Ganze vier Minarette reichten in dem kleinen Land bekanntlich ja bereits aus, um eine Mehrheit für ein Minarettverbot zu mobilisieren und dieses per Referendum durchzusetzen.
    Aber auch in anderen europäischen Ländern dienen oft nichtige Anlässe dazu, einen Kulturkampf vom Zaun zu brechen. In einer Wohnsiedlung bei Kopenhagen entscheiden sich die mehrheitlich muslimischen Mieter erstmals dagegen, zu Weihnachten einen Christbaum aufzustellen? Darüber diskutierte man im Advent 2012 in Dänemark so lange, bis der Baum wieder stand.
    Ein paar französische Modemacher haben Kollektionen für muslimische Frauen entworfen, die ein Kopftuch tragen? Halb Frankreich steht deswegen Kopf, denn Feministinen sehen das heilige Prinzip des Laizismus in Gefahr. Ein ausländisches Staatsoberhaupt reicht Klage gegen einen Satiriker ein? Halb Deutschland sitzt auf dem Sofa und ist empört. Das wirft die Frage auf: Wie unsicher muss man sich seiner Werte, seiner Demokratie und seiner Kultur eigentlich sein, um derart in Schnappatmung zu verfallen? Ein bisschen mehr Gelassenheit im Umgang mit solchen banalen Konflikten täte unseren Gesellschaften gut.
    Quelle: taz
  12. Die Ära des Revisionismus (III)
    In Ungarn wird ein Verehrer eines NS-Kollaborateurs als möglicher künftiger Staatspräsident genannt. Parlamentspräsident László Kövér gilt Berichten zufolge in Budapest für die nächstes Jahr anstehende Wahl als einer der wahrscheinlichsten Kandidaten. Kövér hat Schriften des Goebbels-Bewunderers József Nyirő aufgrund ihrer angeblichen “spirituellen Kraft” gelobt und empfohlen, sie Kindern zu lesen zu geben. Außerdem hat er versucht, die Überführung von Nyirős Gebeinen in dessen rumänischen Geburtsort zu überführen; das Gebiet wurde während des Zweiten Weltkriegs von Ungarn okkupiert und von NS-Kollaborateuren wie Nyirő verwaltet. Ehrungen für NS-Kollaborateure nehmen in Ungarn zu; erst vor wenigen Monaten stellten Politiker der Regierungspartei Fidesz ein Denkmal für einen begeisterten Befürworter antisemitischer Rassengesetze auf. Der Rechtskurs in Ungarn basiert auf einer völkischen Politik, der die Bundesrepublik in dem Land zum Durchbruch verholfen hat – bereits seit den 1980er Jahren.
    Quelle: German Foreign Policy
  13. „Irak 2003 – Die Kehrseite des Krieges (1/2)“
    „Am 20. März 2003 begann unter Führung der USA der Einmarsch ausländischer Truppen in den Irak. Ziel der Operation „Iraqi Freedom“ war der Sturz des Diktators Saddam Hussein und seines Regimes. Der Dokumentarfilm schildert die Ereignisse aus irakischer Sicht. Zu Wort kommen direkt am Krieg Beteiligte, z.B. ehemalige Geheimdienstagenten.“
    Quelle: arte

    Anmerkung unseres Lesers A.K.: Es gibt viele Dokus zum Bush-Krieg, diese seziert ihn aber sozusagen minutiös. Überaus aufschlussreich, z. B. die Äußerungen des Mannes vor dem unseligen Paul Bremer, General Jay Garner. Erster ziviler US-Verwalter für den Irak, für einen ganzen Monat. Ein Militär alter Schule, und unermesslich klüger, umsichtiger, hell- und weitsichtiger in seiner Funktion als der New-England-Bildungsbürger und „Diplomat“ Paul „Kick-Ass“ Bremer. Die Tragödie nahm dann leider ihren Lauf.

    Teil 2 ist hier abrufbar ..

  14. Kommentar: US-Kurs in Vietnam zielt auf Schwächung Chinas ab
    Die USA versuchen einen Vorteil aus dem Streit zwischen China und Vietnam um einige Inseln im Südchinesischen Meer zu ziehen, sagen chinesische Analysten. Damit reagieren sie auf die Ankündigung der USA, ein jahrzehntealtes Waffenembargo aufzuheben. (…)
    Hua Chunying, die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, sagte am Montag, dass China hoffe, dass die sich verbessernden Beziehungen zwischen den USA und Vietnam dem regionalen Frieden und der Stabilität förderlich sind.
    Fan Jishe, ein Wissenschaftler der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt US-Strategien, sagte, die Situation zeige den Willen Washingtons, seine Strategie im Raum Asien-Pazifik voranzubringen. “Ein wichtiges Element dieser Strategie ist die Stärkung der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den Ländern der Region”, sagte Fan. Vietnam habe derzeit Priorität.
    Laut Professor Su Hao von der Chinesischen Universität für Außenpolitik mit dem Schwerpunkt Asien-Pazifik sei es offensichtlich, dass die USA das Ziel haben, China zu schwächen, indem sie sich durch Beijings Territorialstreit mit Hanoi Vorteile verschaffen. “Vietnam seinerseits möchte von Ländern außerhalb der Region unterstützt werden, um im Streit mit China den Druck vergrößern zu können.” Der Analyst glaubt nicht jedoch, dass Vietnam ohne Vorbehalte die Seite der USA einnehmen wird, da das Land wirtschaftlich stark von China abhängt.
    Su sagte, dass Obamas Besuch für die beiden Länder die Gelegenheit schaffe, auf Grund gemeinsamer Interessen wie der Verteidigung vor China ihre Beziehung zu stärken. “Aber Hanoi wird sich auf keinen Fall dem Kommando Washingtons unterwerfen.”
    Quelle: German.China.org.cn
  15. Die doppelte Zweiteilung der Welt: Nord und Süd, Arm und Reich
    Was läge dieser Tage näher, als den Papst zu zitieren? „Diese Wirtschaft tötet“, proklamierte Franziskus Ende 2013. Conrad Schuhler macht in seinem jüngsten Buch Die Große Flucht deutlich, dass der Befund auch 2016 Bestand hat – und maßgeblich als Ursache für die derzeitigen Fluchtbewegungen zu nennen ist. Als Vorsitzender des Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung (isw) gehört es zu seinem Handwerkszeug, Zahlenmaterial so zu liefern, dass es beim Lesen nicht ermüdet, sondern im Gegenteil anschaulich zeigt: Wie extrem die Verelendung hier und die Profite dort sind; wie schwindelerregend die Gewinne der Rüstungsindustrie und anderer Kriegsprofiteure sind; wie frappierend etwa die von der EU mit 16 Ländern vertraglich geregelte und mit einer Milliarde Euro subventionierte Zerstörung einheimischer Fischereiwirtschaften ist; wie weit die Austeritätspolitik auch in Deutschland an die Existenz geht. Das Material stützt Schuhlers Kernbotschaft: In der Flüchtlingsfrage drückt sich eine doppelte Zweiteilung der Welt aus: in Nord und Süd, in Arm und Reich. In Zahlen: „Der globale Bestand an Brutto-Geldvermögen war 2014 auf das historische Rekordniveau von 135,7 Billionen Euro geklettert. … Doch: Auf die ärmere Bevölkerungshälfte entfallen nur fünf Prozent der Vermögenswerte.“
    Quelle: Hintergrund
  16. Die gelenkte Vorwahl
    Die Spannungen innerhalb der Demokratischen Partei eskalieren angesichts evidenter Manipulationen der Parteiführung. Der linke Underdog Sanders könnte noch der Präsidentschaftskandidat werden
    Die Welt als Wille und Vorstellung: Da die demokratische Präsidentschaftsanwärterin Hillary Clinton samt der Führung der Demokratischen Partei sich nichts sehnlicher wünscht, als ihren linken Herausforderer Bernie Sanders endlich loszuwerden, hat das demokratische Establishment schlicht beschlossen, die Vorwahlen bereits für beendet zu erklären – obwohl die Vorwahl im bevölkerungsreichsten Bundesstaat der USA, in Kalifornien, noch bevorsteht.
    Deswegen zog Clinton ihre Zusage zu einer weiteren öffentlichen Diskussionsveranstaltung mit Bernie Sanders in Kalifornien Ende Mai einfach zurück. Sanders bezeichnete den Bruch dieser Abmachung, auf die sich die demokratischen Präsidentschaftskandidaten Anfang 2016 verständigten, als eine “Beleidigung” der Wähler in Kalifornien. Hillary Clinton geht somit dazu über, ihre Versprechen bereits zu brechen, noch bevor sie ins höchste Amt der USA gewählt wurde.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung unseres Lesers M.A.: M. E. die bisher kompakteste Zusammenfassung über die haarsträubenden Zustände während der demokratischen Vorwahlen. Leider werden hier gleich mehrere “ungute Gefühle” mit Fakten belegt. Gleichzeitig illustriert der Beitrag, welche – teils illegale – Mittel einzusetzen das Team Clinton bereit ist um Sanders zu verhindern.

    dazu: Donald Trump holt auf
    Donald Trump oder Hillary Clinton? Am 8. November wählt die größte Volkswirtschaft der Welt ein neues Staatsoberhaupt. Bis dahin werden wir in unserem Wahlkampf-Monitor USA die jüngsten Umfrageergebnisse auswerten und im Zwei-Wochen-Rhythmus aktualisieren. Den Monitor haben wir erstmals am 11. Mai veröffentlicht. Die neueste Aktualisierung zeigt, dass die Chancen von Donald Trump in den letzten zwei Wochen erheblich gestiegen. Sowohl in den landesweiten Umfragen, als auch bei der Prognose für die Wahlmännerstimmen hat Trump gegenüber Hillary Clinton kräftig aufgeholt. Bei den Buchmachern ist Clinton aber nach wie vor die klare Favoritin.
    Quelle: Makronom

  17. Spenden für CDU und SPD
    Die CDU und die SPD haben in diesem Mai jeweils 100.000 Euro als Spende von der Daimler AG erhalten. Dies geht aus einer Unterrichtung (18/8562) durch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hervor. Gemäß Parteiengesetz sind Spenden, die im Einzelfall die Höhe von 50.000 Euro übersteigen, dem Bundestagspräsidenten anzuzeigen und von diesem als Bundestagsdrucksache zu veröffentlichen.
    Quelle: Bundestag
  18. Zu guter Letzt: Schock-Studie: BER-Witze drohen auszugehen, bevor BER fertig ist
    Berlin (dpo) – Wird die Fertigstellung des Berliner Flughafens eine weitaus ernstere Angelegenheit als bislang angenommen? In einer neuen Studie warnen Experten davor, dass schon in naher Zukunft sämtliche BER-Witze aufgebraucht sein könnten – und das Jahre, womöglich gar Jahrzehnte vor der Fertigstellung des Skandalflughafens.
    Quelle: Der Postillon (Glosse)


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