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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 2. März 2017 um 8:27 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Agenda 2010
  2. Sabine Zimmermann, DIE LINKE: Arbeitsmarkt braucht grundlegende Reformen
  3. Managergehälter: Die Millionäre sind Nebensache
  4. Bericht: Reiche leben länger als Arme
  5. Von wegen unbezahlbare Renten: Produktivität schlägt Demografie
  6. Die griechischen Zahlentricksereien aus dem Hause Schäuble (Update)
  7. Griechenland erneut in der Mangel
  8. “Das ist die Umkehrung unseres Rechtssystems”
  9. Warum kuscht Merkel?
  10. EU sagt Deutschland sieben Millionen Zuwanderer voraus
  11. Erfassung mangelhaft – Europarat verlangt Details zu Angriffen auf Minderheiten
  12. EU-Weißbuch: Die Titanic umsteuern
  13. Abriss von Öl-Plattformen: Das wird teuer
  14. Wie aus Immobilien Anlageprodukte werden
  15. UNO: Keine Einigung über syrische Chemiewaffen
  16. China warnt vor Installation des THAAD-Raketenabwehrsystems in Südkorea
  17. Journalistengewerkschaft, die Fake-News verbreitet und heimliche Kungelrunden mit Regierenden verteidigt, fühle ich mich nicht vertreten
  18. »Es gab ein besonderes Unbehagen«

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Agenda 2010
    1. Weise warnt vor Martin Schulz’ Ideen
      SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will die Agenda 2010 schleifen. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit schreibt, warum er davon nichts hält.
      Der Chef der Bundesagentur für Arbeit geht auf Distanz zu den Plänen des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, im Falle eines Wahlsiegs Älteren länger Arbeitslosengeld zu zahlen. „Mehr Verteilung schafft Leistungsempfänger statt Leistungserbringer“, schreibt Frank-Jürgen Weise in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
      Mit Blick auf den Wahlkampf warnt Weise vor einem „politischen Wettlauf um die höchsten Zahlungen“. Dieser führe in eine Sackgasse, denn er schaffe oder sichere keine Arbeitsplätze, sondern belaste Steuer- und Beitragszahler. „Die triviale Erkenntnis, dass die Verteilung erst am Ende der staatlichen ,Nahrungskette‘ steht und zuvor die höheren Steuer- und Beitragseinnahmen von Arbeitnehmern und Wirtschaft aufzubringen sind, gerät so in Vergessenheit.“
      Quelle: Frankfurter Allgemeine

      Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten haben den Vorstoß von Herrn Schulz bezüglich seiner (angeblichen) Agenda 2010-Korrektur kritisch begleitet – u.a. hier und hier. Die Kritik von Herrn Weise könnte – jedenfalls aus Perspektive von erwerbslosen Personen – als nicht gerechtfertigt erscheinen. Sie passt jedoch in das Schema von neoliberalen Denkansätzen. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass Herr Weise Mitglied der CDU ist. Auch das könnte ein Motiv für seine Kritik sein.

    2. Hartz IV, die namenlose Hölle
      SPD-Kandidat Schulz will ALG I ein bisschen reformieren. Der wahre Skandal ist aber weiterhin das ALG II, auch „Hartz IV“ genannt. In der vergangenen Woche stand überall: Martin Schulz wolle die Agenda 2010 „zurückdrehen“, an ihr „rütteln“, er pflege eine „Anti-Agenda-Rhetorik“. Schulz aber hat nichts dergleichen gesagt. Der Kanzlerkandidat will einen Bruchteil des Pakets reformieren. Also, eventuell. Arbeitslose, die älter als 50 sind und zuvor beschäftigt waren, sollen länger als 15 Monate ALG I beziehen. ALG I ist die Luxusvariante von ALG II, genannt Hartz IV. Zwar werden EmpfängerInnen ähnlich gegängelt, aber es gibt weniger Strafmaßnahmen und unter Umständen mehr Geld.
      Um ALG II drückt sich Schulz. Er spricht nur implizit von jener namenlosen Hölle, in die jene ALG-I-ler nicht abrutschen dürfen. Aber die heiligen drei Säulen der Agenda 2010 treffen vor allem die ALG-II-Bezieher: 1. die Gängelung von Arbeitslosen durch Kürzungen und Strafmaßnahmen, 2. die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und Senkung der Löhne und 3. die durch das Schröder’sche Paradigma der Eigenverantwortung vorangetriebene Entsolidarisierung. Wer arm ist, ist seither selbst schuld. ALG II ist eine kafkaesk durchbürokratisierte Armutsmaschine. Alleinstehenden stehen 409 Euro im Monat zu. Das Existenzminimum. Wegen kleinster Fristverstöße wird es zusammengestrichen. Um 10 oder 30 Prozent, um 60, dann auf null.
      Quelle: taz
    3. Mutlos in der Gerechtigkeitsfrage
      Soziale Gerechtigkeit steht bei den Grünen nach wie vor nicht hoch im Kurs. Einen Bruch mit der Agenda 2010 wagt die Partei nicht. Maue Umfragewerte, schlechte Stimmung: Die Grünen haben allen Grund, sich Sorgen zu machen. Doch einen Ausweg aus der Schulz-Falle bietet auch der „8-Punkte-Plan für einen gerechten Arbeitsmarkt“ nicht, den die Partei jetzt vorgelegt hat. Denn dieser ist dafür zu mutlos. Was die Parteivorsitzende Katrin Göring-Eckardt und ihre MitautorInnen vorschlagen, geht nicht sub­stanziell über die Vorschläge des SPD-Kanzlerkandidaten hinaus. Nur die Etiketten sind anders beschriftet. Die Grünen reden von „Garantierente“, während Martin Schulz eine „Solidarrente“ fordert. Einzige Ausnahme bildet die mit nur einem Satz erwähnte sanktionsfreie Grundsicherung, die die Grünen „zudem“ anstreben.
      Für die von Schulz geforderte Verlängerung des Arbeitslosengeldes I sprechen sich die Grünen hingegen nicht aus. Zu Recht monieren sie, dass die Bezugsverlängerung allein nur den Übergang ins Arbeitslosengeld II verzögern würde. Aber was folgt daraus? Machen die Grünen einen Vorschlag, wie Menschen, die ihr Leben lang geschuftet haben, danach nicht in kürzester Zeit ins Bodenlose fallen? Fehlanzeige. Dabei geht es hier tatsächlich um „Respekt vor den Lebensleistungen der Menschen in unserem Land“, wie es Schulz formuliert hat. Anders als Cem Özdemir glaubt, ist das alles andere als „sehr altbacken“.
      Quelle: taz
  2. Sabine Zimmermann, DIE LINKE: Arbeitsmarkt braucht grundlegende Reformen
    Lieblingsspiel der Großen Koalition: Sie lobt sich dafür, wie sehr die Erwerbslosigkeit gesunken ist. Die Realität ist längst nicht so rosig. Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, verwies in ihrem Statement zu den aktuellen Arbeitsmarktzahlen, auf die beständig hohe Zahl an Langzeitarbeitslosen, auf ältere Menschen mit Behinderungen, die keinen Job zu finden, 1,2 Millionen Menschen, die aufstocken müssen, 3,1 Millionen Menschen, die einen Zweitjob haben, darauf dass jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte zu einem Niedriglohn arbeitet und es 1 Millionen Leiharbeiter gibt. All das seien Ergebnisse der Agenda 2010.
    Quelle: YouTube

    dazu: Tatsächliche Arbeitslosigkeit
    Wer die tatsächliche Arbeitslosigkeit erfassen will, muss ehrlich rechnen. Das liegt der Bundesregierung nicht so. Weil schlechte Nachrichten nicht zur Losung von Kanzlerin Merkel passen – “Den Menschen in Deutschland ging es noch nie so gut” -, wird kurzerhand die Wirklichkeit zurechtgebogen. Jeden Monat wieder werden die Arbeitslosenzahlen geschönt. Statt 2.762.095 waren im Februar 2017 tatsächlich immer noch mehr als 3,7 Millionen Menschen arbeitslos. 974.273 Menschen wurden nicht als Arbeitslose gezählt. Zeit zu handeln statt zu tricksen.

    Quelle: Linksfraktion via Facebook

    dazu auch: Statistiktricks: So wird die Arbeitslosigkeit schöngerechnet
    Zeichnet die offizielle Statistik ein geschöntes Bild vom Arbeitsmarkt? Tatsächlich gelten viele nicht als arbeitslos, obwohl sie Arbeit suchen. Verschwiegen werden sie nicht – aber man muss nach ihnen suchen.
    Jeden Monat veröffentlicht die Bundesagentur für Arbeit (BA) die neuesten Arbeitslosenzahlen, wie auch an diesem Mittwoch geschehen. Und jeden Monat melden sich Opposition und Sozialverbände mit fundamentaler Kritik: Schönfärberei. In Wirklichkeit seien wesentlich mehr Menschen arbeitslos, doch die Regierung rechne sie mit allerlei Tricks aus der offiziellen Statistik heraus.
    Stimmt das? Zeichnet die offizielle Statistik tatsächlich ein geschöntes Bild vom Arbeitsmarkt? Die Antwort: Ja und Nein.
    Ja, weil tatsächlich mehr Menschen de facto arbeitslos sind, als die BA offiziell als “arbeitslos” ausweist.
    Nein, weil die BA jeden Monat stets zusammen mit der offiziellen Arbeitslosenzahl – durchaus nicht versteckt – eine weitere Zahl veröffentlicht, die ein realistischeres Bild des Arbeitsmarkt zeichnet. Und weil zusätzliche amtliche Schätzungen, die für das vollständige Bild der Arbeitslosigkeit wichtig sind, ebenfalls ohne Probleme im Internet allgemein zugänglich sind.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der SPIEGEL kann also, wenn er will, differenziert und nicht Fake News berichten. Gut auch der Hinweis, dass die unerträglich hohe Arbeitslosigkeit in Griechenland und in Spanien nach deutschen Methoden noch viel höher gemessen werden würde. Leider darf im Artikel nebenan gleich wieder Frank-Jürgen Weise seine Lügen verbreiten “Zahl der Arbeitslosen sinkt“, denn die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist im Jahresvergleich nicht gesunken, sondern gestiegen.

  3. Managergehälter: Die Millionäre sind Nebensache
    Wenn Manager von großen Konzernen bald ein paar Millionen Euro weniger im Jahr verdienen, dann wird es immer noch genug sein. Mit ihrer Begrenzung der Managergehälter tut die Bundesregierung so kurz vor Ende ihrer Amtszeit niemandem wirklich weh. Es ist ein Symbol: Seht her, die Soziale Marktwirtschaft lebt noch, es geht noch gerecht zu.
    Dieser Schritt trägt vor allem der diffusen Wahrnehmung vieler Deutscher Rechnung, dass im großen Ganzen etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Im vergangenen Jahr empfanden in einer repräsentativen Umfrage 82 Prozent der Deutschen die soziale Ungleichheit als zu groß. Die Entwicklung der Managergehälter hatte daran Anteil. Schließlich haben sich die Gehälter der Spitzenmanager längst von jeder Verhältnismäßigkeit entfernt: 1991 verdienten Konzernlenker laut einer aktuellen Studie noch das 28-Fache eines durchschnittlichen Arbeitnehmers, heute ist es das 83-Fache. Es ist gut, dass die Politik hier eingreift.
    Aber will sie Verhältnisse nicht nur symbolisch gerechter machen, müsste die Politik viel massiver und ganz woanders eingreifen: am unteren Ende der Einkommensskala.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ein Plädoyer für (deutlich) höhere Einkommen, gerade für Geringverdiener, in der ZEIT: hervorragend.

  4. Bericht: Reiche leben länger als Arme
    Männer an der Armutsgrenze sterben 10,8 Jahre früher als wohlhabende Männer / Paritätischen Wohlfahrtsverband: »Sozialpolitischer Skandal erster Güte«
    Die Unterschiede in der Lebenserwartung von armen und wohlhabenden Menschen in Deutschland vergrößern sich. Dies ist ein Ergebnis des jährlichen Armutsberichtes des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und anderer Sozialverbände, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wird. »Die Lebenserwartung steigt für die wohlhabenden Menschen in jedem Jahr stärker als für die ärmeren Menschen, und deshalb vergrößert sich der Abstand. Die Schere geht weiter auseinander«, erklärt der Vorsitzende des Paritätischen, Rolf Rosenbrock.
    Quelle: Neues Deutschland
  5. Von wegen unbezahlbare Renten: Produktivität schlägt Demografie
    Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat einst medienwirksam eine Horrornachricht verbreitet: Wenn man das Rentenniveau stabilisieren und gleichzeitig den Beitragssatz nicht ansteigen lassen wolle, müsse das Renteneintrittsalter angehoben werden – und zwar bis 2041 auf 73 Jahre. Allerdings blenden die Kölner aus, dass 2041 die Produktivität sehr viel höher sein wird als heute. Diese Produktivitätsgewinne machen es möglich, das Rentenniveau zu stabilisieren, ohne das Rentenalter anheben zu müssen. Der demografische Wandel muss immer wieder herhalten, um die angebliche Nicht-Finanzierbarkeit einer lebensstandardsichernden Rente mit menschenwürdigem Renteneintrittsalter zu belegen.
    Quelle: annotazioni

    dazu: Rentensystem: Warum Österreich ein Vorbild sein kann
    Ein starkes öffentliches Rentensystem ist möglich – das zeigt das Beispiel Österreich. Josef Wöss von der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien skizziert, wie sich konkrete Reformansätze in Deutschland an österreichischen Regelungen orientieren könnten.
    Ein starkes öffentliches Rentensystem [1] ist möglich – das zeigt das Beispiel Österreich. [2] Das „österreichische Modell“ zeichnet sich durch wesentliche Teile aus, die vom deutschen System abweichen: Leistungsniveau, Mindestsicherung, gesetzliches Rentenalter, Versichertenkreis, Finanzierung und das Rahmenrecht für die Betriebsrenten. Die wesentlich höheren Rentenzahlungen in Österreich belegen, dass die DGB-Kampagne „Rente muss reichen“, mit dem Ziel, die gesetzliche Rente zu stärken, keine utopischen Forderungen stellt. Die Systeme beider Länder sind in ihrer Grundkonzeption sehr ähnlich: Konkrete Reformansätze in Deutschland könnten sich also an österreichische Regelungen orientieren.
    In beiden Ländern wurden die Alterssicherungssysteme in mehreren Etappen umfassend reformiert, eine zentrale Rolle spielte dabei der erwartete demografische Wandel. Interessant ist, dass die in Österreich durchgeführten Reformen letztlich in eine ganz andere Richtung gingen als in Deutschland. Das österreichische System wurde nicht auf Betriebs- und Privatrenten – und damit auf „Kapitaldeckung“ – verlagert. Zwar gab es massive Vorstöße in diese Richtung [3], diese waren aber – vor allem wegen des starken Widerstands der Gewerkschaften – nicht erfolgreich. Auch nach vielen Reformen liegt in Österreich der Schwerpunkt ganz klar beim öffentlichen System. Das Ziel, den Lebensstandard durch die gesetzliche Rente zu sichern, wurde auch für die heute Jüngeren nicht aufgegeben. Gleichzeitig ist aber in Österreich der Reformprozess um einiges breiter angelegt als in Deutschland: unter anderem wurde die Beamtenversorgung reformiert und der Versichertenkreis ausgeweitet.
    Quelle: Gegenblende

  6. Die griechischen Zahlentricksereien aus dem Hause Schäuble (Update)
    Ludger Schuknecht ist ein Ökonom. Jedenfalls führt das Bundesfinanzministerium ihn sogar als Chefökonom des Hauses. Wir wissen, dass dieser Mann sehr gerne griechische Heldensagen liest. Was er sonst den ganzen lieben Tag so treibt, ist leider unbekannt. Zumindest bekommt man aus dem Ausland betrachtet nicht so sehr viel davon mit – außer wenn Dr Schäubles oberster Volkswirt einen Brief an die Weltöffentlichkeit ablässt. Vorige Woche war es mal wieder so weit. Ludger Schuknecht holte zum Gegenschlag gegen die EU-Kommission aus.
    Brüssel hat es doch wieder einmal gewagt, die exzessiven Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands zu kritisieren. Öffentliche Haushalte und die Unternehmen würden zu wenig investieren. „Auch Beschränkungen im Dienstleistungssektor, einige ungünstige Aspekte der Unternehmensbesteuerung und der Investitionsrückstand bei der Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur stehen dynamischeren privaten Investitionen im Wege“, schreibt die Kommission (pdf).
    Die jüngsten Bemühungen, öffentliche Investitionen vor allem auf kommunaler Ebene zu erleichtern und zu beleben, hätten bislang nur begrenzt Wirkung gezeigt. Das „Jobwunder“ wird von der Kommission ebenfalls nicht so rosig bewertet wie von der Bundesregierung: „Die insgesamt günstige Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung der letzten Jahre ist nicht in allen Teilen der Gesellschaft gleichermaßen angekommen.“ Indikatoren für relative Armut und soziale Ausgrenzung steigen.
    Das starke Beschäftigungswachstum schlage sich zudem ungenügend in Vollzeitjobs nieder – das Arbeitsvolumen je Erwerbstätigen sinkt weiter. Zudem scheinen die Sozialpartner den bestehenden Spielraum für dauerhafte Lohnerhöhungen nicht voll auszunutzen. „Durch den großen Niedriglohnsektor wurden neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen, was die Einkommensungleichverteilung und die Armut trotz Erwerbstätigkeit aber eher verschärft“, schreibt die Kommission. Genau das alles verbirgt sich dahinter, wenn es heißt, dass die Deutschen übermäßig mehr im Ausland anlegen (=Leistungsbilanzüberschuss) als sie im Inland ausgeben.
    Ja, sowas in einem Wahljahr schriftlich aus Brüssel bestätigt zu bekommen, gefällt der Regierung in Berlin natürlich gar nicht. Deswegen holt Chefökonom Schuknecht auch gleich die ganz große Keule hervor. Abgesehen davon, was den Mann geritten hat, bei einem kommunalen Investitionsbedarf von 136 Mrd. € davon zu schreiben, dass Portugal und Griechenland nichts davon hätten, dass Brücken in Berlin repariert oder Schulen in Bremen gebauten werden. Ne klar, deswegen lassen wir es lieber… Doch unser Liebhaber griechischer Heldensagen kann auch mit Zahlen sehr kreativ umgehen:
    Quelle: WeitwinkelSubjektiv
  7. Griechenland erneut in der Mangel
    Die unnachgiebige Haltung der Gläubiger zeigt, dass es ohne eine Wiederherstellung der Souveränität Griechenlands keine Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung geben wird. So liebäugeln immer mehr Griechen mit einem Austritt aus der Währungsunion.
    In den letzten Monaten sah sich die Tsipras-Regierung aufgrund der Bailout-Vereinbarung, die sie im August 2015 unterschrieben hat, erneut mit schwerwiegenden Problemen konfrontiert. Die Bedingungen der Vereinbarung schließen u.a. ein, dass Griechenland einen Primärüberschuss von 0,5 % des BIP im Jahr 2016, 1,75% im Jahr 2017 und 3,5% im Jahr 2018 und allen folgenden Jahren erzielen muss. Diese Anforderungen waren so unrealistisch, dass sich der IWF geweigert hat, als Gläubiger im neuen Griechenlandprogramm zu agieren. Der Währungsfond hatte nicht nur explizit viel niedrigere Primärüberschüsse – 1,5% im Jahr 2018 und den darauffolgenden Jahren –, sondern auch einen sofortigen Schuldenerlass gefordert, damit die Schulden für Griechenland tragbar sind. Er hatte zudem verlauten lassen, dass, sofern das Primärüberschussziel für 2018 bei 3,5% bleiben würde, zusätzliche fiskalische Maßnahmen in Höhe von 2% des BIP nötig seien.
    Ohne mit der ruinösen Logik der Austeritätspolitik und dem neoliberalen Anpassungskatalog zu brechen, hatte der IWF damit zumindest etwas logisches Denkvermögen gezeigt. Der Grund dahinter ist, dass der Fond aufgrund des fehlgeschlagenen Griechenlandprogramms seit 2010 enorm viel an Glaubwürdigkeit verloren hat. Speziell, da die eigenen internen Berichte des IWF zum Vorschein gebracht haben, dass sich das Management zurückzog, als sich Griechenland politischem Druck von den Gläubigern ausgesetzt sah und einem sinnfreien Programm zustimmte. Als Resultat steht der IWF heute mit ungefähr 30 Milliarden Euro für Griechenland ein.
    Quelle: Makroskop
  8. “Das ist die Umkehrung unseres Rechtssystems”
    Die SPD-Politikerin Gesine Schwan hat vor Tendenzen gewarnt, das Prinzip des Rechtsstaates auch in Deutschland außer Kraft zu setzen. Ein Blick nach Bayern, wo das Kabinett festgelegt habe, dass Richter Verdächtige vorbeugend und unbegrenzt in Haft nehmen könnten, zeige, dass kriechend die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit angeknabbert würden, sagte Schwan im DLF. […]
    Büüsker: Frau Schwan, müssen wir uns damit abfinden, dass solche Angriffe auf unsere Freiheiten langsam zum Alltag werden?
    Schwan: Nein, das dürfen wir ganz und gar nicht, und ich habe in der Anmoderation gehört, dass demokratisch gewählte Regierungen mit demokratischen Mitteln das tun. Das erste ist sicher richtig, sie sind demokratisch gewählte Regierungen. Aber es sind nicht demokratische Mittel, die da angewandt werden, weil im Grunde die jeweiligen Verfassungsbestimmungen außer Kraft gesetzt werden. In Polen sind es auch nicht demokratische Mittel, weil man im Grunde gegen die Verfassung und gegen das Recht des dortigen Verfassungsgerichts dagegen angeht.
    Quelle: Deutschlandradio
  9. Warum kuscht Merkel?
    Indem sie in ihrer Flüchtlingspolitik auf die Despoten in Europa und Afrika setzt, macht Angela Merkel sich mehr und mehr zur Abhängigen dieser Regime. Noch Anfang Februar, bei ihrem letzten Besuch in Ankara, hatte sie Erdoğan ausdrücklich auf die überragende Bedeutung der Pressefreiheit und einen fairen Umgang mit den deutschen Korrespondenten am Bosporus hingewiesen. Die Antwort Erdoğans war es, Deniz Yücel ins Gefängnis werfen zu lassen.
    Daraufhin ist Merkel „bitter enttäuscht“, aber sonst kommt nichts. Außenminister Gabriel lässt den türkischen Botschafter zum Gespräch ins Auswärtige Amt bitten, betont aber gleich, dies sei keine förmliche Einbestellung. Angesichts dieser Reaktionen kann man sich leicht vorstellen, wie sehr Erdoğan davon beeindruckt ist. Bleibt es dabei, macht Merkel sich zur Witzfigur für die Despoten weltweit.
    Das kann und darf die Bundesregierung nicht hinnehmen. Die Verhaftung Yücels ist ein Tabubruch in den internationalen Beziehungen, der als Reaktion weit mehr als Enttäuschung erfordert. Dabei ist Merkel objektiv in einer weit stärkeren Position, als sie vorgibt, sie muss sie nur wahrnehmen. Die türkische Wirtschaft ist in einer höchst kritischen Situation und braucht dringend Unterstützung. Erdoğan ist „bitter“ auf Investitionen aus der EU angewiesen.
    Quelle: taz

    dazu: Merkels Umgang mit Autokraten
    Ägyptens Präsident Al-Sisi ist verantwortlich für die Inhaftierung von Zehntausenden Oppositionellen. Merkel strebt mit ihm ein Flüchtlings-Abkommen an. Welche Vorstellungen hat Angela Merkel eigentlich vom Umgang mit autoritären Regierungen? Es ist eine Sache, dass die Bundeskanzlerin der Türkei unter Recep Tayyip Erdogan so viel an Verletzung der Bürgerrechte durchgehen lässt, ohne darauf angemessen zu reagieren. Eine andere wird, dass sie jetzt in Ägypten einen Präsidenten besucht, dessen Führung durch Menschenrechtsverletzungen geradezu Furcht einflößend wirkt.
    Ex-General Abdel Fattah al-Sisi ist verantwortlich für die Inhaftierung von Zehntausenden Oppositionellen und die systematische Unterdrückung der Zivilgesellschaft. Dennoch strebt Merkel mit Al-Sisi ein Abkommen wie mit Erdogan zur Lösung der Flüchtlingskrise an. Menschenrechtsaktivisten fordern dagegen Distanz zum Staatschef. Denn gibt es positive Signale von Merkel, dann wird sich Al-Sisi das zugute halten. Und sich bestärkt fühlen. Merkels Umgang mit Autokraten wird noch heiß diskutiert werden – aber vor allem hier im Land, zumal im Wahlkampf.
    Quelle: Welt Online

  10. EU sagt Deutschland sieben Millionen Zuwanderer voraus
    Statistiker haben neue Bevölkerungsprognosen vorgelegt. Die Zuwanderung nach Deutschland fällt höher aus als erwartet. Laut Eurostat-Prognose werden von 2022 bis 2041 mehr als 84 Millionen Menschen in der Bundesrepublik leben. Die neuen Zahlen könnten die demografischen Herausforderungen relativieren. Was Auswirkungen auf den Haushalt hätte. Deutschland, ein Land, das in sich zusammenschrumpft? Das älter wird und kleiner, weil die Frauen immer weniger Kinder bekommen und nach dem großen Flüchtlingszustrom zwischen den Jahren 2015 und 2016 die Zuwanderung wieder fast versiegt?
    Geht es nach den amtlichen Statistikern, dann ist auf einmal alles halb so wild. Dann waren bisherige Prognosen viel zu pessimistisch. Das Statistische Bundesamt und auch die europäische Statistikbehörde Eurostat operieren seit dieser Woche mit Daten, denen zufolge die schleichende Verzwergung ausbleibt. In Deutschland würden demnach noch über Jahrzehnte hinweg annähernd 80 Millionen Menschen leben.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Bevölkerungsprognosen werden jetzt minimal anders gerechnet, und schon bekommen sowohl die Bundesregierung (Schäuble, Nahles) als auch die WELT “Unverantwortlich, wie sich die EU die Demografie schönrechnet” Schnappatmung. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, die Bevölkerungsapokalypse ausfällt und die Rentenkürzungs- und Austeritätspolitik, für die es noch nie eine gute Begründung gab und die schon immer schädlich war, plötzlich ohne jedes Argument und ganz nackt dasteht. Natürlich stimmt es, dass Bevölkerungsprognosen über einen so langen Zeitraum unsicher sind, aber das gilt auch für die Prognosen, mit denen die Bundesregierung und das gesamte neoliberale Lager arbeiten. Das einzige korrekte Argument ist der Hinweis auf die Ausbildung und Produktivität der Bevölkerung als wichtigsten Faktor – aber dieses Argument wird gerne mit Hinweis auf die Alterung (und Schrumpfung) vom Tisch gewischt. Im Übrigen ist es absurd, eine geringere Zuwanderung anzunehmen, weil die süd- und osteuropäischen Staaten selbst ein “demographisches Problem” hätten – bei Arbeitslosenraten jenseits von 20 Prozent und Stundenlöhnen unter 3 Euro wird der Zuzug aus den anderen EU-Ländern noch viele Jahrzehnte anhalten. Und nach allen verfügbaren Prognosen wird die Bevölkerung in Afrika und Asien in den nächsten Jahrzehnten stetig weiterwachsen. Die Vorstellung, dass der Welt die Menschen ausgingen, dass nicht das wahre demographische Problem die Überbevölkerung ist, ist extrem weit hergeholt.

  11. Erfassung mangelhaft – Europarat verlangt Details zu Angriffen auf Minderheiten
    Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz beim Europarat fordert die Bundesregierung auf, die Benachteiligung von Minderheiten in Deutschland besser zu erfassen. Deutschland müsse sein System zur Registrierung von Zwischenfällen reformieren und unter anderem auch rassistisch, fremdenfeindlich oder homophob motivierte Verstöße ausweisen, verlangte die Kommission am Dienstag in Brüssel.
    Zwar habe Deutschland bereits einige Schritte unternommen, Angriffe auf Minderheiten präziser zu benennen, etwa durch die Ausweisung sogenannter Hass-Kriminalität in der Polizeistatistik. Dennoch seien die Empfehlungen aus dem zwölften Protokoll der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nur in Teilen umgesetzt. (…)
    Das zwölfte Protokoll sieht unter anderem ein allgemeines Verbot von Diskriminierung wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauungen oder der Geburt vor. Deutschland unterzeichnete das am 4. November 2000 in Rom vorgelegte Protokoll, hat es aber noch nicht ratifiziert.
    Quelle: Migazin
  12. EU-Weißbuch: Die Titanic umsteuern
    Anlässlich der Präsentation des Weißbuchs zur Zukunft der EU durch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärt Fabio De Masi, wirtschaftspolitischer Sprecher der LINKEN im Europaparlament: „Die EU steckt in der tiefsten Krise seit ihrer Gründung. Brexit, Le Pen, Wilders sind Symptome einer kaputten Politik, die Investitionen, Löhne und Renten kürzt. In der EU wächst vor allem die Ungleichheit. Darum ist auch die Eurokrise zurück, die nie vorbei war. Die Finanzmärkte wurden beruhigt, aber die reale Wirtschaft – insbesondere in Italien – bleibt depressiv. Die Renditen auf Staatsanleihen für Südeuropa steigen wieder. Die Wahlen in Frankreich und Italien könnten den Euro sprengen.“
    „Die EU und besonders die Eurozone brauchen ein Regelwerk, das die wahren Ursachen der Krise angeht. Deutschland – die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt – hat Exportüberschüsse von mittlerweile fast 9 Prozent der Wirtschaftskraft. Dies basiert nicht einfach auf guten Ingenieuren, sondern auf der Ausbeutung der europäischen und internationalen Partnerländer sowie der Beschäftigten in Deutschland durch Jahre zu geringer Lohnzuwächse. Die Agenda 2010 muss daher fallen. Deutschland schafft damit die Ursachen für neue Schuldenkrisen und permanente Transfers. Doch europäische und internationale Kritik wird in Berlin abgekanzelt. Denn die EU spricht ja mittlerweile deutsch.“
    Quelle: Fabio De Masi
  13. Abriss von Öl-Plattformen: Das wird teuer
    Der Abriss von Öl- und Gasplattformen im britischen Teil der Nordsee wird teuer: Bis zu 120 Milliarden Euro wird er kosten. Bezahlen sollen das weitgehend die Steuerzahler. Durchgesetzt haben das offenbar Lobbyisten.
    Um einem Manager aus der Öl- und Erdgasbranche den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben, genügt ein einziges Wort: “Decommissioning” – zu Deutsch: “Stilllegung” oder “Außerbetriebnahme”. Die besten Jahre des Nordsee-Öls sind vorbei, viele Quellen versiegen, werden unrentabel und der niedrige Ölpreis beschleunigt den Trend. Gemäß internationalen Vereinbarungen müssen die Öl- und Gaskonzerne nicht mehr genutzte Quellen verschließen und die Förderanlagen samt Pipelines abbauen und sicher entsorgen. Vor allem bei den Offshore-Anlagen, also jenen auf dem offenen Meer, ist das eine gigantische Herausforderung – technisch, ökologisch und finanziell.
    Allein im britischen Teil der Nordsee müssen 5000 Quellen versiegelt und 470 Plattformen entsorgt werden. Für die riesigen Stahlkonstruktionen werden Spezialschiffe gebaut und Häfen erweitert. Rund 10.000 Kilometer Pipelines müssen aus dem Meer geholt, an Land gebracht und von zum Teil stark radioaktiven Ablagerungen befreit werden.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers S.C.: Diese Lobbyarbeit erinnert stark an den Rückbau der Atomkraftwerke. 1. Vieles wurde durch den Steuerzahler subventioniert. 2. Die Konzerne haben prima verdient. 3. Die Konzerne zahlen kaum Steuern und halten sich nicht an den Umweltschutz. 4. Der Staat sieht weg. 5. Die Konzerne sind fertig. 6. Sie kriegen Geld dafür das der Staat aufräumen darf.

  14. Wie aus Immobilien Anlageprodukte werden
    Wohnungen sind Mangelware, die Mieten steigen immer weiter. Dadurch werden sie für Anleger als Finanzprodukt interessant. Für Menschen in Großstädten hat das jedoch zur Folge, dass sie kaum bezahlbaren Wohnraum finden. Seit einigen Jahren schießen die Preise für Mieten und Immobilien in den Städten in die Höhe. Selbst die Deutsche Bundesbank warnt inzwischen vor einer Immobilienblase. Und es stellen sich Fragen: Warum sind Wohnungen überhaupt zu Finanzprodukten geworden und Häuserblasen offenbar zum Normalzustand? Wie können lokale Wohnungsmärkte zum Spielball globaler Finanzakteure werden?
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  15. UNO: Keine Einigung über syrische Chemiewaffen
    Der von Großbritannien verfasste Entwurf eines UN-Beschlusses über die syrischen Chemiewaffen ist am Dienstag vom UN-Sicherheitsrat nicht angenommen worden.
    Bei der Abstimmung gab es neun Ja-Stimmen, drei Enthaltungen und drei Vetos. Russland, China und Bolivien stimmten gegen den Beschluss. Kasachstan, Ägypten und Äthiopien enthielten sich. Bei dem Resolutionsentwurf handelte sich um Sanktionen gegen Syrien wegen seines Einsatzes von Chemiewaffen.
    Der chinesische UN-Botschafter Liu Jieyi sagte, die Ermittlungen zu den Chemiewaffeneinsätzen in Syrien seien noch nicht beendet und eine Schlussfolgerung sei noch verfrüht. Auf der Basis eines noch offenen Ergebnisses und der Auseinandersetzungen im UN-Sicherheitsrat könnte ein solcher UN-Beschluss nicht dabei helfen, die Frage der syrischen Chemiewaffen zu lösen. Der Resolutionsentwurf werde auch nicht zu den Friedensverhandlungen in Genf und zur politischen Lösung der Syrien-Frage beitragen, so Liu weiter.
    Quelle: CRI online

    Anmerkung Christian Reimann: Klingt anders als in den deutschen “Qualitätsmedien”, oder?

  16. China warnt vor Installation des THAAD-Raketenabwehrsystems in Südkorea
    Zwischen China und den USA bahnt sich der nächste Konflikt an (China zieht rote Linie für einen Krieg mit den USA). Wie schon in der Konfrontation mit Russland, als George W. Bush nach dem einseitigen Ausstieg aus dem ABM-Vertrag beschlossen hatte, in Osteuropa angeblich wegen Nordkorea und Iran das Raketenabwehrschild NMD zu installieren, löste die Entscheidung im Sommer des vergangenen Jahres, das Raketenabwehrsystem THAAD in Südkorea zu installieren, von Chinas Seite heftige Proteste aus. Das Raketenabwehrsystem Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) hat eine Reichweite bis zu 200 km und soll ballistische Raketen mit einer Abfangrakete (Kinetic Kill Vehicle) stoppen.
    Schon die Installation des Raketenabwehrschilds in Japan, das Abe nun ausbauen will, führte 2014 zu scharfer Kritik. Der Vorwurf lautete, dass die USA das strategische Gleichgewicht damit untergraben würde. Noch vor Amtsantritt von Donald Trump hatten Russland und China mit Gegenmaßnahmen gedroht, wenn das System in Südkorea stationiert werden sollte, um das strategische Gleichgewicht in der Region zu sichern. China und Russland geht es weniger um die Abfangraketen, sondern um die Radarstationen, mit denen das US-Militär weit nach Russland und China hinein Flugzeuge und Raketenstarts beobachten kann. Das AN/TPY-2-Radarsystem hat eine Reichweite bis 1000 km.
    Das bedeutet dann wohl, dass alle Seiten weiter aufrüsten, Nordkorea inklusive. Das Regime hat bereits angekündigt, eine Langstreckenrakete in diesem Jahr zu testen. Um Südkorea zu erreichen, benötigt das nordkoreanische Regime zwar keine Langstreckenraketen, aber Südkorea nahm dies zum Anlass, unter das amerikanische Raketenschild zu schlüpfen, mit dem die USA die Länder durch Abschreckung schützen, diese aber sicherheitspolitisch und militärisch auch stärker an sich binden.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Christian Reimann: Damit dürfte sich das Rad der Anspannung bzw. Konfrontation auch in dieser Region weiter drehen. Freuen wird sich wohl die Rüstungsbranche, deren Profite auch in diesem Jahr steigen dürften.

  17. Journalistengewerkschaft, die Fake-News verbreitet und heimliche Kungelrunden mit Regierenden verteidigt, fühle ich mich nicht vertreten
    Ausgerechnet der Pressesprecher des Deutschen Journalistenverbandes, meiner Journalistengewerkschaft, schrieb auf dem DJV-Blog einen Beitrag, in dem er den russischen Auslandsender RT Deutsch falsch beschuldigte. Das Dementi von RT Deutsch bezeichnete er als Kampagne gegen den DJV und lehnte es ab, dazu Stellung zu nehmen. Erst Tage später wird die Falschnachricht stillschweigend gelöscht. Für mich bringt das ein bereits gut gefülltes Fass zum Überlaufen. Ich sage tschüss.
    Quelle: Norbert Häring
  18. »Es gab ein besonderes Unbehagen«
    Über Fördergelder und Fallgruben, politisches Kino und eine grundlegende Emotion. Gespräch mit Raoul Peck
    »Der junge Karl Marx« ist ein opulenter Kostümfilm. Wie hoch war das Budget und wie kam die Finanzierung zustande?
    Mir ist nicht erlaubt, das Budget zu nennen. Ich kenne die offiziellen Zahlen auch gar nicht. Ein Drittel kam aus Frankreich, ein Drittel aus Belgien und ein Drittel aus Deutschland. Das Geld aus Frankreich und Belgien haben wir sofort bekommen, das aus Deutschland erst drei, vier Jahre später. Obwohl wir schon zwei Drittel zusammenhatten, also kein Risiko darin lag. Es gab so eine Art »Réticence«, eine besondere Abneigung, ein Unbehagen.
    Das Verhältnis der Deutschen zu Marx ist besonders schlecht?
    Natürlich, sie haben große Probleme mit ihrem Baby. Marx ist der größte Denker überhaupt, bis heute hat ihn keiner eingeholt. In Deutschland will man nicht, dass jemand anderes etwas über ihn macht, aber gleichzeitig macht man nichts. Auch so erklärt sich das Wunder, dass es bisher keinen Kinofilm über Marx gab.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Albrecht Müller: Ein lesenswertes Interview für einen vermutlich sehenswerten Film.


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