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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 27. Juli 2017 um 8:44 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Der schwarze Motor-Block
  2. EU kennt seit Jahren Kartell-Verdacht in Autobranche
  3. Steigende Sozialabgaben: Arbeitgeber sehen Tausende Jobs in Gefahr
  4. Flüchtlingskrise: EU braucht Marshallplan
  5. Das EU-Asylrecht bleibt ein System der Unverantwortlichkeit
  6. EU verlängert Marinemission “Sophia” vor Libyen
  7. Ein griechisches Wunder?
  8. A7 – ÖPP-Fass ohne Boden
  9. Russland warnt USA vor neuen Sanktionen
  10. Hütet euch vor der Diktatur der Mehrheit!
  11. „Generation Y“: individualistisch, aber nicht unsolidarisch – Hohe Wertschätzung, aber relativ wenig Engagement für Mitbestimmung
  12. Angriff auf die Mitbestimmung abgewehrt – aber das Problem bleibt: Zum Erzberger-Urteil des Europäischen Gerichtshofs
  13. EuGH: Bruchlandung mit Terrorangst
  14. «Sogar» Daimler und BASF
  15. Zu guter Letzt: Werbung für Fenster in Russland Martin Schulz, alter Schwede

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Der schwarze Motor-Block
    Wenn die TV-Satire im Sommer Sendepause hat, gilt das noch lange nicht für die Realität. Die produziert derzeit mit Kartellabsprachen und Abgasskandal die schönsten Anlässe. Damit sich die politischen Verhältnisse nicht so alleingelassen fühlen, hat der Autor der Satiresendung “Die Anstalt” ein Realkabarett für die 378. Montagsdemo verfasst.
    Nach den Ausschreitungen von Hamburg waren sich Politiker aller Parteien Grün bis Christlich einig: Die Straße ist kein rechtsfreier Raum. Gegen Autonome muss mit aller Härte vorgegangen werden. Ihre Straftaten dürfen nicht verharmlost werden, sonst messen wir mit zweierlei Ma(as)ß – Heiko und alle anderen: Das sind sehr gute Stichworte, die wir gern aufnehmen.
    Wir hätten da lediglich ein paar Fragen: Wenn wir gegen straffällige Autonome konsequent vorgehen können, warum lassen wir dann all die straffälligen Autonamen gewähren? Wenn wir mit aller Härte einschreiten gegen gewalttätige Ausschreitungen auf der Straße, warum sehen wir dann illegalen Ausscheidungen auf unseren Straßen tatenlos zu?
    Sie sagen, man sollte nicht mit dem gefährlichen großen schwarzen Block auf die Straße gehen, man weiß schließlich, wie das ausgeht. Vielleicht sollten wir dann auch aufhören, jeden Tag mit gefährlichen großen schwarzen Motorblöcke auf die Straße zu fahren, wir wissen ja schließlich, was da hinten rauskommt.
    Sie erlassen Demonstrationsverbote für ganze Innenstädte, wenn die Sicherheit von Politikern gefährdet ist. Aber obwohl die Gesundheit der Bürger nachweislich gefährdet ist, gibt es bis heute kein Fahrverbot für Diesel. Die Straße darf kein rechtsfreier Raum sein? Tatsächlich ist sie das in Deutschland jeden Tag, denn hier darf jeder nach Belieben gegen Umweltrecht verstoßen.
    Sie pochen auf das Vermummungsverbot bei Auto-Anzündern, aber sie lassen es zu, dass Autohersteller massenhaft gegen das Verdummungsverbot verstoßen: Die Rechtfertigungen der Autonomen mit und ohne Räder sind gleichermaßen hanebüchen. Wir halten uns ja an die Regeln – gut, nicht überall, aber im eigenen Viertel, sagt ein Sprecher der Roten Flora. Wir halten uns ja an die Regeln – gut, nicht auf der Straße, aber im Labor, sagen die Sprecher von Daimler und Co. Was können wir dafür, dass die Leute partout an der Straße wohnen wollen und nicht im Labor?
    Quelle: Dietrich Krauß auf Kontext: Wochenzeitung

    dazu: Wenn Abgase gefährlicher als Attentäter sind
    Es ist viel wahrscheinlicher, durch die Abgasbelastung an der vierspurigen Zubringerstraße zu sterben als durch die Kugeln eines Amokläufers, meint der Soziologe Stefan Kühl: In den Medien höre man dennoch nur von Attentaten, jedoch nichts von den 30 Toten pro Tag durch Stickoxide.
    Wenn man Menschen fragt, wovor sie Angst haben, hört man Antworten wie: Terroranschläge, Gewaltverbrechen oder Schweinegrippe. Dabei sind andere Gefahren viel relevanter – die freiwillige Aufnahme von zu viel Alkohol, das weniger freiwillige Passivrauchen oder die schleichende alltägliche Vergiftung durch Autoabgase. Angesichts dieser verzerrten Wahrnehmung spricht man in der Soziologie von einem Risikoparadox. Gemeint ist die systematische Überschätzung von gut sichtbaren Risiken und die Unterschätzung von nicht gut erkennbaren Risiken.
    Diese verzerrte Wahrnehmung hängt mit der Funktionsweise der Massenmedien zusammen. Ein Islamist, der mit dem Lkw in eine Menge von Fußgängern fährt, erzeugt viel mehr Aufmerksamkeit als die deutlich höhere Anzahl von Menschen, die tagtäglich aufgrund des Stickoxid-Ausstoßes von LKWs sterben. Ein Amoklauf vor einem Einkaufszentrum ist Brennpunkt der Berichterstattung – obwohl es viel wahrscheinlicher ist, durch die Feinstaubbelastung an der vierspurigen Zubringerstraße zum Einkaufszentrum zu sterben als durch die Kugeln eines Amokläufers.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    dazu: Britain to ban sale of all diesel and petrol cars and vans from 2040
    Plans follow French commitment to take polluting vehicles off the road owing to effect of poor air quality on people’s health
    Britain is to ban all new petrol and diesel cars and vans from 2040 amid fears that rising levels of nitrogen oxide pose a major risk to public health. The commitment, which follows a similar pledge in France, is part of the government’s much-anticipated clean air plan, which has been at the heart of a protracted high court legal battle.
    The government warned that the move, which will also take in hybrid vehicles, was needed because of the unnecessary and avoidable impact that poor air quality was having on people’s health. Ministers believe it poses the largest environmental risk to public health in the UK, costing up to £2.7bn in lost productivity in one recent year.
    Quelle: The Guardian

    Anmerkung unseres Lesers J.S.: Nach China, Indien, Norwegen, Niederlande, Frankreich ein weiterer Markt, in dem es langfristig nichts wird, mit dem angeblichen Zukunftsprodukt Verbrennungsmotor aus Deutschland. Umdenken wäre vor Jahren angezeigt gewesen, stattdessen wurde gekungelt und getäuscht!

  2. EU kennt seit Jahren Kartell-Verdacht in Autobranche
    Die EU-Kommission in Brüssel ist bereits seit Jahren darüber im Bilde, dass die großen deutschen Autohersteller gegen das Kartellrecht verstoßen haben könnten.
    Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat Daimler spätestens im Verlauf des Jahres 2014 eine Art Selbstanzeige in Brüssel erstattet. Daimler informierte gleichzeitig auch das Bundeskartellamt in Bonn.
    Die EU habe bislang kein offizielles Kartell-Verfahren eröffnet, betonte Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche am Mittwoch. Ein Kommissionssprecher hatte am Wochenende geäußert, die Behörde prüfe den Verdacht illegaler Absprachen deutscher Autokonzerne. Langwierige Untersuchungen sind in solch komplexen Fällen nicht ungewöhnlich. Auch in der Fahrzeugbranche prüft und ermittelt Brüssel oft jahrelang, bis ein Ergebnis feststeht.
    Dabei geht es einer Kommissionssprecherin zufolge auch darum, die Entscheidungen so zu treffen, dass sie einer Überprüfung durch Gerichte standhalten. Die EU hat laut der Sprecherin in den vergangenen zehn Jahren neun Kartelle in der Autobranche entdeckt und mit Geldbußen in Höhe von insgesamt sechs Milliarden Euro geahndet. Die Kommissionssprecherin fügte hinzu, wegen mutmaßlicher Kartelle in der Autoindustrie liefen derzeit mehrere Untersuchungen, die mit Nachdruck betrieben würden. Details nenne man nicht.
    Quelle: Süddeutsche
  3. Steigende Sozialabgaben: Arbeitgeber sehen Tausende Jobs in Gefahr
    Arbeitgeber warnen vor rapide steigenden Sozialabgaben. Laut einer Studie des Prognos-Instituts droht bei einem Anstieg der Arbeitgeberbeiträge der Verlust Zehntausender Arbeitsplätze.
    Die Arbeitgeber raten von steigenden Sozialabgaben ab: Jeder zusätzliche Prozentpunkt mehr koste bis 2040 etwa 90.000 Jobs, teilte die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) unter Berufung auf eine von ihr beauftragte Prognos-Studie mit.
    Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, forderte, dass der Gesamtbeitragssatz für die vier zentralen Sozialversicherungen 40 Prozent des Bruttoarbeitslohn nicht übersteigen dürfe. An Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung fließen derzeit rund 40 Prozent eines Bruttolohns. Davon tragen Arbeitgeber mit gut 19,4 Prozentpunkten etwas weniger als die Hälfte.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Die immer wiederkehrenden Forderungen der Arbeitgeber sind schon dreist, aber verständlich, weil sie darauf hoffen können, dass ihnen die Politik weiterhin folgt. Immerhin hat die seit Jahren betriebene Panikmache vor angeblich explodierenden und arbeitsplatzvernichtenden Sozialabgaben dazu geführt, dass die Fokussierung auf Beitragssätze inzwischen wichtiger ist, als die soziale Absicherung der Arbeitnehmer. So konnte durch die anhaltende Lobbyarbeit und die ihr folgende sog. Reformpolitik etwa der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung auf das Niveau der 1980er Jahre gedrückt werden. Die Folge: Altersarmut. In der gesetzlichen Krankenversicherung haben die unzähligen Reformen zur Auflösung der paritätischen Finanzierung geführt. Der Arbeitgeberbeitrag wurde festgeschrieben, während die Versicherten die steigenden Kosten durch Zusatzbeiträge allein zu finanzieren haben. Das Vertrauen in die Arbeitslosenversicherung ist mit der Einführung von Hartz IV im Grunde komplett zerstört worden und hat dazu geführt, dass die Arbeitnehmer eine Verschlechterung ihrer Arbeitsverträge und Arbeitsbedingungen hinnehmen, was wiederum Auswirkungen auf das allgemeine Lohnniveau hat. Steigende Sozialtransfers sind doch vor allem die Folge einer neoliberalen Politik, die es Arbeitgebern gestattet, auf eine Vielzahl prekärer Beschäftigungsformen zurückzugreifen und Dumpinglöhne zu zahlen.

  4. Flüchtlingskrise: EU braucht Marshallplan
    Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi zum Besuch von Martin Schulz beim italienischen Ministerpräsidenten
    Der deutsch-italienische Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE.) erklärt im Vorfeld des Besuchs des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz beim italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni:
    “In Italien kündigt sich ein erneutes Fiasko an. Der Widerstand gegen eine dezentrale Verteilung von Flüchtlingen in der EU kann nur gebrochen werden, wenn die Bundesregierung in den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in Europa investiert und Fluchtursachen wirksam bekämpft.
    Dies erfordert die Schließung der Investitionslücke in Deutschland von über 100 Milliarden Euro jährlich, um den EU-Partnern eine Perspektive zur wirtschaftlichen Erholung und der Abkehr Deutschlands von den chronischen Exportüberschüssen zu geben. Investitionen in Wohnraum, Gesundheitswesen und Bildung würden auch die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration von Flüchtlingen schaffen. Der Fiskalpakt muss hierfür endlich beerdigt werden. Kurzfristig muss der Stabilitäts- und Wachstumspakt reformiert werden, um öffentliche Investitionen von den Maastricht-Kriterien auszunehmen.”
    De Masi abschließend: “Darüber hinaus brauchen wir eine EU-weit koordinierte zeitlich befristete Vermögensabgabe für Super-Reiche nach dem Vorbild des deutschen Lastenausgleichs, um die soziale Balance in der Flüchtlingskrise wiederherzustellen und Mitgliedstaaten, die überproportional Flüchtlinge aufnehmen, zu unterstützen. Unter den Voraussetzungen eines solchen Politikwechsels ist auch eine Kürzung von EU-Fördermitteln für unwillige EU-Mitgliedstaaten denkbar. Die SPD-geführten Wirtschafts- und Außenministerien müssen endlich ein umfassendes Verbot von Waffenexporten in Krisengebiete verwirklichen.”
    Quelle: Fabio De Masi
  5. Das EU-Asylrecht bleibt ein System der Unverantwortlichkeit
    Von den Dakota-Indianern stammt der Spruch: Wenn Du ein totes Pferd reitest, steig ab! Das tote Pferd ist in diesem Fall die sogenannte Dublin-Verordnung, die die Zuständigkeit für Asylverfahren in Europa regelt. Die Richter steigen aber nicht ab, sie rufen stattdessen: “Weiter so, weiter reiten.” Sie tun so, als könne man mit der Dublin-Verordnung noch vorankommen. Fast jeder weiß, dass das nicht stimmt. Man kann die Indianer-Weisheit in die Gegenwart übersetzen: Die Dublin-Verordnung ist dann so etwas wie der Diesel-Motor der Flüchtlingspolitik, nur noch schlimmer. Die Richter lassen ihn weiterstinken.
    Die Dublin-Regeln bedeuten bekanntlich: Zuständig für die Asylprüfung und die Gewährung von Schutz ist der Staat, in dem ein Flüchtling zuerst ankommt. Das ist immer der Staat an der EU-Außengrenze. Die Richter scheren sich nicht sehr viel darum, was dort dann geschieht; sie scheren sich wenig darum, dass kleine EU-Grenzländer Hundertausende von Flüchtlingsverfahren unmöglich alleine bewältigen konnten und können. Die Richter erklären nur: Die anderen Staaten, die nach den Dublin-Regeln fein heraus sind, weil sie von einem Kranz anderer EU-Staaten umgeben sind (Deutschland zumal), dürfen ja, wenn sie mögen, den überlasteten Staaten freiwillig helfen. Anders gesagt: Solidarität ist freiwillig, Stupidität ist Trumpf.
    Quelle: Heribert Prantl in der Süddeutschen

    dazu: Flüchtlinge in Serbien: Ein Leben ohne viel Hoffnung
    Seit Ungarn seine Grenze dicht gemacht hat, dürfen nur noch fünf Geflüchtete pro Tag den Grenzzaun passieren. Wer illegal übertritt, wird zurück nach Serbien geschickt. Das Land droht damit vom Transitland zu einer der größten Wartehallen für Flüchtlinge im Herzen Europas zu werden.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

  6. EU verlängert Marinemission “Sophia” vor Libyen
    Die EU-Marinemission “Sophia” geht in die Verlängerung. Italien hat seine Blockade in letzter Minute aufgegeben. Der politische Streit um die Migranten auf der Mittelmeerroute geht dennoch weiter. (…)
    Der belgische Außenminister Didier Reynders forderte deshalb, dass die “Sophia”-Schiffe künftig auch in libyschen Gewässern gegen die Schlepper vorgehen. Dafür aber wäre eine Genehmigung der libyschen Regierung notwendig – doch eine solche gibt es in dem Bürgerkriegsland bisher nur in Ansätzen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte es gar zum “obersten Ziel”, keine EU-Präsenz in libyschen Hoheitsgewässern zu haben.
    Österreichs Außenminister Sebastian Kurz wiederum verlangt, dass die “Sophia”-Schiffe gerettete Migranten nicht mehr auf das italienische Festland bringen. Die Regierung in Wien hat bereits mehrfach mit Grenzkontrollen am Brenner gedroht. Andere, darunter Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, warnen davor, Migranten nach Libyen zurückzubringen, solange sich die Zustände in den dortigen Lagern nicht verbesserten.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Die Verlängerung der “Sophia”-Mission war wohl der Minimal-Konsens auf EU-Ebene. Österreichs Möchtegern-Kanzler Kurz (Vorsitzender der konservativen ÖVP) bleibt die Antwort schuldig, was mit den geretteten Menschen passieren soll, wenn sie nicht nach Italien gebracht werden sollen.

    dazu: Europas Flüchtlingspolitik: Keine Humanität, keine Solidarität
    Solidarität und Humanität sind beliebte Begriffe bei Politiker*innen. Doch in der Realität kann davon nicht die Rede sein. Die Debatte um die Verhinderung von Fluchtbewegungen über das zentrale Mittelmeer wird immer abwegiger. In Einem ist man sich einig: Wenn Schutzsuchende in Libyen festsitzen, muss sich Europa die Hände nicht schmutzig machen.
    Alle reden von Solidarität, doch nach solidarischen Vorschlägen auf europäischer Ebene sucht man vergeblich. Auf dem Treffen der Innenminister aus zwölf europäischen und afrikanischen Staaten (darunter auch Bundesinnenminister de Maizière) sowie EU-Migrationskommissar Avramopoulos am 24. Juli in Tunis wurden altbekannte Deals im Stil von »Entwicklungshilfe für Grenzabschottung« beschworen.
    »Die afrikanischen Staaten engagieren sich beim Ausbau ihrer Grenzverwaltung, die europäischen Staaten ihrerseits willigen ein, sich in ihren Entwicklungshilfekonzepten den Herausforderungen der Migration zu stellen«, so berichtet das schweizerische Innenministerium zum Treffen. Anstatt legaler Wege nach Europa und einer europäischen Seenotrettung sollen Todesfälle durch Festsetzen von Schutzsuchenden in Nordafrika verhindert werden: »Gemeinschaftliches Ziel ist die Rettung von Menschenleben dank weniger Wüsten- und Meerüberquerungen«.
    Der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka betonte, eine Rettung auf dem Mittelmeer dürfe nicht automatisch die Anlandung in einem europäischen Hafen mit sich bringen. »Vielmehr ist sicherzustellen, dass Flüchtlinge an die nächste sichere Anlegestelle innerhalb nordafrikanischer Gewässer gebracht würden, um eine Anlandung in Europa im Vorhinein zu verhindern«.
    Quelle: Pro Asyl

    dazu auch: EU-Migrationskommissar würdigt Flüchtlingshelfer im Mittelmeer
    EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hat die Einsätze privater Rettungsschiffe im Mittelmeer ausdrücklich gewürdigt. „Wir müssen den NGOs sehr dankbar sein“, sagte er der Süddeutschen Zeitung mit Blick auf die Nichtregierungsorganisationen (NGO), die dort aus Afrika übersetzende Flüchtlinge aus Seenot retten und nach Europa bringen. Die Situation im Mittelmeer werde „von den Menschenschmugglern missbraucht, nicht von den NGOs, privaten Rettungsorganisationen, wie einige behauptet haben“, sagte Avramopoulos. Der EU-Migrationskommissar wandte sich damit gegen Kommentare verschiedener europäischer Politiker, die die Einsätze von NGOs in ein schlechtes Licht gerückt hatten. Insgesamt sind nach UN-Angaben seit Anfang dieses Jahres weit mehr als 100.000 Flüchtlinge über den Mittelmeerweg nach Europa gekommen. Knapp 85 Prozent von ihnen kommen in Italien an.
    Quelle: Migazin

  7. Ein griechisches Wunder?
    Zugegeben, ich hätte nicht daran geglaubt. Doch nun ist Griechenland tatsächlich die Rückkehr an den Kapitalmarkt gelungen. Die Regierung in Athen spricht von einem “vollen Erfolg” – stimmt das?
    Nun ja. “Jubel sieht anders aus”, kommentiert die “Börsenzeitung” unter Verweis auf die bescheidene Nachfrage von gut 6,5 Mrd. Euro. Vor drei Jahren gelang eine Platzierung im Wert von mehr als 20 Mrd. Euro. Dazwischen liegt nicht nur eine Wahl, die Deutschland mit seiner Sturheit mit herbeigeführt hat, und ein Regierungswechsel. Dazwischen liegt auch ein Bailout, der Griechenland noch tiefer in die Krise stürzte.
    Dass der Streit um die brutalen Auflagen dieses Bailouts nun beendet ist, haben die Anleger honoriert. Mehr aber auch nicht. Der griechische Schuldenberg ist – Tsipras und Schäuble sei dank – heute größer denn je.
    Und die Misere der Griechen auch. “Euronews” zitiert eine Frau aus Athen:

    „Das hat doch keine Wirkung auf unsere Wirtschaft. Die Probleme bleiben gleich. Hohe Arbeitslosigkeit, die jungen Menschen wandern ab und versuchen im Ausland ihr Glück.”

    Echte Besserung wäre erst in Sicht, wenn die Gläubiger auf einen Teil ihrer Schulden verzichten würden. Dann könnte der IWF grünes Licht geben, auch die EZB könnte wieder Anleihen kaufen. Doch dazu müsste ein kleines Wunder geschehen: Merkel und Schäuble müssten über ihren Schatten springen. Erwartet das hier irgend jemand?
    Quelle: Lost in Europe

  8. A7 – ÖPP-Fass ohne Boden
    Dass mit ÖPP oft etwas nicht stimmt, ist mittlerweile schon so etwas wie ein geflügeltes Wort. Wo die Probleme im Einzelnen liegen, ist hingegen vielen nicht bekannt. Das ÖPP-Projekt auf der A7 zwischen Salzgitter und Göttingen ist ein Beispiel, und ein besonders krasses obendrein. […]
    Eine weitere Lehre aus dem ÖPP-Projekt auf der A7 in Niedersachsen ist, dass die Privaten gerne alles ausklammern, was Risiken birgt. Zur Erinnerung: Mit der Risikoübernahme wird die inhaltlich die ÖPP-Rendite begründet. Nun werden bei der A7 offenbar Abschnitte, in denen Umweltrisiken vorliegen (dort wurden Teersande verbaut) öffentlich saniert, und nur der Rest ging an das private Konsortium. […]
    ÖPP wurde durchgesetzt – gegen jede Vernunft:

    • zu Lasten der Steuerzahlenden, die nun knapp 400 Millionen Euro mehr bezahlen, für weniger Leistung,
    • zu Lasten der Beschäftigten, die ihre Sachen packen und die Autobahnmeistereien räumen mussten,
    • zu Lasten der Autofahrenden, die immer noch auf eine Sanierung der Strecke warten – seit 2004.

    Quelle: Gemeingut in BürgerInnenhand

  9. Russland warnt USA vor neuen Sanktionen
    Senat und US-Präsident müssen den neuerlichen Sanktionen noch zustimmen – doch Russland setzt bereits auf Konfrontation: Man habe die USA mehrmals vor diesem Schritt gewarnt, so Vizeaußenminister Rjabkow. (…)
    Mehrere russische Politiker hatten umgehend eine “schmerzhafte” Antwort Moskaus auf die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses gefordert, darunter Konstantin Kosatschjow. “Eine solche Reaktion muss sein. Nicht symmetrisch, sie muss den Amerikanern wehtun”, schrieb der Vorsitzende des Außenausschusses im Föderationsrat auf seiner Facebook-Seite. “Eine weitere Verschlechterung der bilateralen Zusammenarbeit ist unausweichlich.”
    Auch der Duma-Abgeordnete Leonid Sluzki sagte, die Beziehungen zu Washington würden komplizierter. “Die Möglichkeiten für diplomatische Manöver, um den Knoten durch Dialog zu lösen, reduzieren sich auf ein äußerst geringes Maß.” Wenn diese Sanktionen kämen, würde dies auch europäische Länder betreffen, die mit Russland zusammenarbeiten. (…)
    Bei Iran geht es um den Dauerstreit über dessen Raketenprogramm. Auch Irans Außenminister Abbas Araghchi kritisierte die US-Pläne. Die neuen Sanktionen seien ein “feindlicher Akt und richteten sich gegen die Islamische Republik Iran”, so Araghchi. Er kündigte eine “entschlossene Antwort” an. Er ließ offen, was er damit meinte.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Vermutlich wird es also auch mit Trump keine besseren Beziehungen der USA zu Russland geben. Im Gegenteil: Die Konfrontation scheint noch gesteigert zu werden. Offenbar haben der Militärkomplex und andere einflussreiche ökonomische Eliten sich durchsetzen können. Bitte lesen Sie dazu auch US-Willkür und Befreien aus den Fängen der USA! Geht das überhaupt? Überleben wir das?.

    dazu: US-Sanktionen: Die Willkür ersetzt das Völkerrecht
    Die US-Sanktionen gegen Russland, Nordkorea und den Iran liefern eine neue Qualität im internationalen Wirtschaftsleben: Im Grunde kann der US-Präsident mit ihnen jeden, der im Wirtschaftsleben aktiv ist, verfolgen lassen. Der Gesetzestext hebelt an mehreren Stellen die fundamentalen Rechtsgrundsätze aus, nach denen auch das Völkerrecht funktionieren sollte.
    Das Gesetz ist in zwei Punkten besonders kritisch.
    So kann der US-Präsident die gefürchteten US-Strafermittler losschicken, wenn „glaubhafte Informationen“ vorliegen, dass jemand gegen die Sanktionen verstoßen hat. Ausdrücklich soll dies im Bereich der „Cyber-Kriminalität“ möglich sein. Das bedeutet: Wenn die US-Geheimdienste zur Auffassung gelangen, dass jemand als Hacker tätig geworden ist, reicht dies, um die Ermittlungen einzuleiten. Das Problem: Die Wikileaks-Enthüllungen über das Cyberarsenal der CIA haben gezeigt, dass die US-Dienste in der Lage sind, die Urheberschaft bei Cyber-Attacken zu verschleiern. Die Dienste sind in der Lage, selbst einen Angriff durchzuführen und die Spuren so zu verfälschen, dass jemand anders als Täter erscheint. Für Beschuldigte ist es kaum möglich, sich zu wehren. Denn der Hebel ist eine unzulässige Beweisumkehr: Der Beschuldigte muss seine Unschuld beweisen. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist außer Kraft gesetzt. Wie das konkret funktioniert, hat das angebliche Hacking der Russen bei der US-Wahl gezeigt: Obwohl die Dienste bis heute keine unabhängig überprüfbaren Beweise vorgelegt hat, gilt es als Faktum, dass die russische Regierung die US-Wahlen gehackt hat.
    Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten

  10. Hütet euch vor der Diktatur der Mehrheit!
    Der türkische Präsident Erdogan beruft sich mit seinem Gebaren auf das Volk – seine Partei hat die Mehrheit. Doch gerade dieser Schluss ist gefährlich, nicht nur in der Türkei.
    Demokratie ist gefährlich. Vor allem dann, wenn sie sich zu verabsolutieren sucht. Staatliche Macht, auch und gerade wenn sie sich demokratisch legitimiert, verführt zu Machtmissbrauch. Deshalb braucht die Demokratie eine Begrenzung, die ihr vorgeordnet ist und gerade nicht demokratisch legitimiert sein kann. Dieses nötige Gegengewicht zur Demokratie nennen wir Rechtsstaat. Die Unterscheidung zwischen Rechtsstaat und Demokratie ist höchst relevant; leider werden die beiden Begriffe von vielen Menschen inzwischen fast wie Synonyme gebraucht.
    Dass dies alles mehr ist als die Einleitung der Seminararbeit fürs verfassungsrechtliche Proseminar, lässt sich derzeit in Polen, Ungarn, den Vereinigten Staaten oder der Türkei studieren. Da kommt einiges zusammen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers H.K.: Was Herr Hank in seinem Oberseminar nicht erklärt, ist der Umstand, dass Unternehmen, ohne jegliche Legitimation, ausschließlich auf der Basis ihrer Finanzkraft, politische Willensbildung direkt und indirekt beeinflussen. Und obwohl er das besser weiß, bestreitet er im Presseclub der ARD von letzten Sonntag, dass es ein Kartell zwischen Politik und Automobilindustrie gibt. Das liegt wohl daran, dass auch die vierte Gewalt auf dem Feld der Meinungsbildung, in ihrer ökonomischen Abhängigkeit, Teil von Kartellen sein kann und damit zerstörerisch auf die Substanz von Demokratie wirkt. Man muss also genau hinschauen, wer für sich den Anspruch erhebt, den Staat in seiner unermesslichen Machtfülle zu begrenzen oder gar zu bevormunden. Hayek sagte auch: „Eine wirksame Verteidigung der Freiheit muss daher notwendig unbeugsam, dogmatisch und doktrinär sein und darf keine Zugeständnisse an Zweckmäßigkeitserwägungen machen.“ Das hätte Erdogan auch nicht besser sagen können.

  11. „Generation Y“: individualistisch, aber nicht unsolidarisch – Hohe Wertschätzung, aber relativ wenig Engagement für Mitbestimmung
    In vielen Punkten unterschieden sich die jüngeren gar nicht wesentlich von älteren Beschäftigten – ein grundlegender Wertewandel sei bezogen auf Arbeit und Betrieb nicht erkennbar, schreiben die Wissenschaftler. Eine Besonderheit stellen sie aber doch fest: Die unter 35-Jährigen berichten fast durchweg von einem holprigen, durch Krisen geprägten Einstieg in die Arbeitswelt. In ihren wenigen Berufsjahren haben sie mehrere (Wirtschafts-)Krisen erlebt, verbunden mit Entlassungen und Umbrüchen in den Betrieben. Viele von ihnen mussten von Beginn an mit prekären oder befristeten Beschäftigungsverhältnissen umgehen.
    Diese weit verbreitete Erfahrung hat Spuren hinterlassen: Die Wissenschaftler stellen eine „gewisse Anspannung“ unter den jungen Beschäftigten fest. Bei vielen habe sich – trotz großer Anpassungsfähigkeit – ein Gefühl der Unsicherheit festgesetzt, das selbst dann noch anhält, wenn sie eine unbefristete Vollzeitstelle gefunden haben. Die Folge: Aus Angst um den Arbeitsplatz trauten sich viele nicht, gerechtfertigte Forderungen zu stellen oder Grenzen zu setzen, so die Forscher. Die älteren Beschäftigten leiden zwar genauso unter den Krisen der jüngsten Zeit, aber sie können häufig Selbstbewusstsein aus früheren, „besseren“ Zeiten ihres Berufslebens ziehen.
    Auffällig sei auch, dass die Jüngeren eher bereit sind, Entscheidungen der Unternehmensführung zu akzeptieren, die mit „Sachzwängen“ oder „Anforderungen des Marktes“ begründet werden.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  12. Angriff auf die Mitbestimmung abgewehrt – aber das Problem bleibt: Zum Erzberger-Urteil des Europäischen Gerichtshofs
    Eigentlich handelte es sich um eine Variante eines schon oft aufgeführten Stücks: Extensiv ausgelegte europäische Grundfreiheit kollidiert mit mitgliedstaatlichem Rechtsbestand, genauer: die Kommission behauptet, dies sei der Fall. Und doch war es diesmal anders, denn auf dem Prüfstand befand sich nicht das Verbot der Einfuhr eines Likörs mit zu niedrigem Alkoholgehalt, sondern einer der Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft deutscher Prägung. Die Große Kammer des EuGH hatte zu entscheiden, ob die deutschen Regelungen zur Aufsichtsratsmitbestimmung gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (in Art. 18 AEUV) und gegen das Verbot ungerechtfertigter Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit (in Art. 45 AEUV) verstoßen. Es liegt in der Natur der Sache, dass der deutsche Gesetzgeber Wahlen zu den Arbeitnehmerbänken der Aufsichtsräte nur im Inland anordnen kann. In diese Konstellation interpretierte der Kläger im deutschen Ausgangsverfahren eine „Beschränkung durch Diskriminierung“ hinein: Das fehlende aktive und passive Wahlrecht diskriminiere die Auslandsbeschäftigten und hindere die Inländer daher zudem am Arbeitsplatzwechsel in ein ausländisches Tochterunternehmen, weil hierdurch der Verlust des Wahlrechts drohe.
    Wäre der EuGH dieser Argumentation gefolgt, hätte das auf die Entfernung der Arbeitnehmervertreter aus den Aufsichtsräten hinauslaufen können. Der eigentliche Skandal war bei alledem nicht, dass sich ein Mitbestimmungsgegner fand, der als Kläger im Ausgangsverfahren fungierte – Feinde der Arbeitnehmermitbestimmung gibt es zuhauf und es wird sie immer geben. Der Skandal war auch nicht, dass sich mit dem Berliner Kammergericht ein Gericht fand, das den Fall dem EuGH vorlegte, auch wenn man hierüber nur traurig den Kopf schütteln kann. Und auch war der Skandal nicht, dass der EuGH die Vorlagefrage annahm und sich mit dem Fall beschäftigte. Der EuGH muss auf die Fragen vorlegender Gerichte antworten. Nein, der Skandal war das bizarre Verhalten der Kommission.
    Quelle: Verfassungsblog
  13. EuGH: Bruchlandung mit Terrorangst
    Grundrechte einschränken, um den Terror zu bekämpfen, ist heikel. Wie oft wollen die EU-Mitgliedstaaten mit ihren Vorratsdatenfantasien eigentlich noch am EuGH scheitern?
    Es hat mittlerweile etwas von einem Ritual: Wann immer die EU-Mitgliedstaaten eine Form der Vorratsdatenspeicherung beschließen, holen sie sich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine blutige Nase. Es wäre zum Lachen, wenn die Lernresistenz der Mitgliedstaaten und ihre ständige Missachtung von Grundrechten nicht so traurig wären.
    Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von 2006 hatte der EuGH im April 2014 für ungültig erklärt. Eine unterschiedslose Datensammlung über 500 Millionen EU-Bürger hielt das Gericht für unzulässig: Zwar seien die damit einhergehenden Eingriffe in die Grundrechte auf Privatsphäre und Datenschutz im Prinzip legitim, hieß es im Urteil. Dann müssen sie sich aber auf das absolut Notwendige beschränken. Eine solche Beschränkung sah die Richtlinie aber nicht vor.
    Zweieinhalb Jahre später, also Ende 2016, bekräftigte der EuGH seine Entscheidung. Im Rahmen eines sogenannten Vorabentscheidungsersuchens teilte der Gerichtshof mit, dass eine “allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten” nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Gemeint waren nationale Gesetze in Schweden und Großbritannien.
    Nun war das Abkommen mit Kanada zum Austausch von Fluggastdaten (Passenger Name Records, kurz PNR) an der Reihe. Es sollte festlegen, dass die EU bis zu 60 Einzeldaten jedes einreisenden Passagiers – darunter Abflug- und Zielort, Reiseroute, Angaben zum Reisebüro, Kontaktdaten, Zahlungsinformationen, Sitzplatz, Nummer des Gepäckanhängers sowie Essenswünsche – an die kanadischen Behörden übermittelt. Die hätten diese Daten dann bis zu fünf Jahre lang speichern dürfen. Doch auch dieses Abkommen darf nach dem Gutachten des EuGH vom Mittwoch in dieser Form nicht in Kraft treten.
    Wie schon im Fall der Vorratsdatenrichtlinie hat das Gericht zwar die Übermittlung und Speicherung der Daten nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Aber wie schon 2014 verwies es darauf, dass die Einschränkung von Grundrechten nicht auf das absolut Notwendige beschränkt wird.
    Die Richter entschieden zudem, dass eine fünfjährige Aufbewahrung sämtlicher Daten über das eigentliche Ziel des Abkommens hinausgehe, nämlich die Bekämpfung von Terrorismus und grenzübergreifender schwerer Kriminalität. Wer nach der Überprüfung seiner PNR-Daten ins Land gelassen und bis zur Ausreise nicht zum Terroristen oder Schwerkriminellen werde, müsse anschließend auch nicht mehr in der Datenbank gespeichert werden, heißt es sinngemäß im Gutachten.
    Quelle: Zeit Online
  14. «Sogar» Daimler und BASF
    Nicht die Auflistung von Journalisten und Menschenrechtlern in einem „Terroristendossier“ des türkischen Alleinherrschers Erdogan hat Gabriel auf die Palme gebracht und damit zu dem Höchststeigerungsbegriff „sogar“, nicht die Inhaftierung Zigtausender völlig unschuldiger Menschen „ganz unten“ in der Türkei hat unserem Staatsmann das hochfahrende Wort „sogar“ in den Mund gelegt! Nein, die Tatsache, dass nunmehr auch Unternehmen, deutsche Unternehmen, deutsche Großunternehmen dem Terrorismusverdacht ausgesetzt worden sind, hat den Sozialdemokraten Gabriel in äußerste Höchstrage versetzt. Auf der kapitalistischen Empörungsskala des Sozen Gabriel ist genau dieses der ganz große Skandal! Der Vertreter einer Partei, die es angeblich mit den kleinen Leuten hält, nach wie vor, läuft zu ganz großer Entrüstung auf nicht bei den Menschenrechtlern, nicht bei den Journalisten, nicht bei den unschuldigen ‚Normalbürgern’ in der Türkei, nein, bei den bundesdeutschen Großkonzernen schlägt urplötzlich das Menschenrechtlerherz des Sozialdemokraten Gabriel aufs heftigste aus. Der ganz große Skandal – verräterisch eingefangen in diesem Wörtchen „sogar“ – wird erst dort vom SPD-Vize gesehen, wo Deutschlands ganz großes Geld zuhause ist! Wir haben es mit Ethik auf Vorstandsebene zu tun, mit Entrüstung, die erst zum Schutze von Großkonzernen rhetorisch so richtig in Gang kommt, mit großer Empörung, stattlich-staatlich in Szene gesetzt, auf dem Level des ganz großen Gelds.
    Quelle: Hinter den Schlagzeilen
  15. Zu guter Letzt: Werbung für Fenster in Russland Martin Schulz, alter Schwede
    Ja, das ist doch Martin Schulz! Eine russische Firma wirbt mit einem Bild des SPD-Kanzlerkandidaten für Holzfenster. Die Moskauer Handwerkerfirma besteht darauf, es handle sich um den schwedischen Experten Tim Erikson.
    Es gibt Augenblicke, da muss ein Politiker Gesicht zeigen. Ein solcher Moment, so entnehmen wir der Zeitung “Abendliches Moskau”, ist offenbar im Leben des SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz eingetreten. In der Rubrik Kleinanzeigen sieht man sein Foto in einer Reklame für die Renovierung von Holzfenstern: “Holzfenster durch Plastikfenster ersetzen, davon rate ich ab”, sagt Martin Schulz darauf lächelnd.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Den Verdacht, dass Martin Schulz nicht echt ist, hatte man ja schon immer. Jetzt die Enthüllungen, die SPD will uns einen schwedischen Experten für Holzfenster als Kanzlerkandidaten unterjubeln.


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